ELEKTRONENSTRAHL- SCHWEISSEN - pro-beam

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ELEKTRONENSTRAHL- SCHWEISSEN - pro-beam
ELEKTRONENSTRAHLSCHWEISSEN
Eine Schlüsseltechnologie im Fahrzeugbau für
Straße, Schiene, Wasser, Luft und Weltraum
Dietrich v. Dobeneck
ElektronenstrahlSchweißen
Eine Schlüsseltechnologie im Fahrzeugbau für
Straße, Schiene, Wasser, Luft und Weltraum
Dietrich v. Dobeneck
Dietrich v. Dobeneck:
Elektronenstrahl-Schweißen
Eine Schlüsseltechnologie im Fahrzeugbau für
Straße, Schiene, Wasser, Luft und Weltraum
© 2007 Alle Rechte bei pro-beam AG & Co. KGaA
Eigendruck im Selbstverlag
Printed in Germany
Inhalt:
Einführung .............................................................................................. ... 4
Automobilindustrie ................................................................................... 10
Motor- und Motorkomponenten ................................................................. 12
Treibstoff- und Verbrennungs-Management .............................................. 22
Antriebsstrang ............................................................................................. 28
Fahrwerk ..................................................................................................... 29
Zusatzaggregate .......................................................................................... 33
Zahnräder und Getriebe .............................................................................. 39
Luft- und Raumfahrtindustrie ................................................................ 47
Fluggerät und Komponenten....................................................................... 48
Flugtriebwerke ........................................................................................... 51
Treibstofftanks ............................................................................................ 55
Raketenantriebe........................................................................................... 59
Eisenbahnindustrie .................................................................................. 62
Züge............................................................................................................. 62
Schienen ...................................................................................................... 65
Schiffbauindustrie..................................................................................... 69
Herausgeber............................................................................................... 71
Danksagung ............................................................................................... 72
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Einführung
Der durch internationalen Wettbewerb ständig wachsende Druck, bessere Qualität zu niedrigeren Preisen
in kürzeren Lieferzeiten zu produzieren, führt zur Anwendung spezialisierter Prozesse, wo immer ein kleiner Vorteil zu erspähen ist. Dies gilt für eine Vielzahl
von Produktionstechnologien, einschließlich des
Schweißens. Da viele dieser spezialisierten Fertigungsprozesse sehr spezifisches und detailliertes
Wissen erfordern, das gewöhnlich in den Fertigungsbetrieben nicht zur Verfügung steht, wird die Fremdvergabe immer beliebter. Ein anderer Grund für das
„Outsourcing“ ist das hohe Startkapital, das zur
Investition in einige dieser Prozesse erforderlich ist.
Und nicht zuletzt muss hochpreisige Maschinenausrüstung rund um die Uhr arbeiten. Da gewöhnlich
das Produktionsvolumen sich nicht mit der Maschinenkapazität deckt, ist die gemeinsame Nutzung der
Maschinen mit anderen interessierten Fertigungsbetrieben eine geeignete Lösung.
Abb. 1:
Hochproduktive Schleusen-Shuttle Maschine zum Elektronenstrahlschweißen von Drucksensoren. Automatisches Be- und Entladen mit einem Portal unter Reinraumbedingungen.
5
Überträgt man diese Philosophie auf das Elektronenstrahlschweißen (EBW), so gibt es einen weiteren
Grund, um Maschinenkapazität gemeinsam zu nutzen:
Da die Größe, die Leistung, die Steuerungsmöglichkeiten und die Werkstückbewegung genau den Anforderungen jeder Anwendung entsprechen müssen, können nur Zulieferer mit einer Vielfalt von verschiedenen
Maschinen und einem starken finanziellen Rückhalt,
um die Spanne zwischen der Produktentwicklung und
dem Beginn der Produktion zu überbrücken, diese
Anforderungen erfüllen. Der Zulieferer seinerseits
versucht möglichst flexible Maschinenausrüstung einzusetzen, um sie für nachfolgende andere Aufträge
weiter nutzen zu können. Die neue Generation von
Schleusen-Maschinen erfüllt all diese Anforderungen.
Sie sind, verglichen mit der früheren Generation von
Kammermaschinen, drei- bis viermal produktiver
und sie können für jede Art von Werkstückträgern
mit einfacher oder mehrfacher Bestückung verwendet werden. Diesbezüglich sind sie viel flexibler
als die Taktmaschinen (Bild Seite 1), die bisher vorwiegend bei der Automobilindustrie im Einsatz sind.
Die exakte Reproduzierbarkeit von Prozessparametern und verbesserte Methoden der Online-Prozesskontrolle erlauben es, höchste Produktqualität einschließlich Dokumentation zu vernünftigen Preisen
zu erzeugen.
Abb. 2:
In dem Maße wie das Produktionsvolumen und die Fremdvergabe wachsen, reduziert
die Automobilindustrie eigene Elektronenstrahl-Entwicklungen und die zugehörige
Produktion.
6
Heutige Anforderungen zur Qualitätssicherung,
basierend auf ISO 9000, ISO 9100 oder TS 16949,
gelten mehr oder weniger für alle Industriezweige,
aber dennoch gibt es kleine Unterschiede. Da in der
Luft- und Raumfahrtindustrie die Werkstücke extrem
teuer sind, wird gewöhnlich nach jedem Fertigungsschritt eine Zwischenkontrolle eingefügt, wohingegen die Automobilindustrie mit hohen Produktionsvolumina versucht, zwischen den hohen Kosten
für die Kontrolle und den Kosten für eventuelle Ausschussteile zu optimieren. Am Ende bestehen alle
Gruppen darauf, mit einer Null-Fehler-Fertigung
beliefert zu werden, unabhängig davon ob fehlerhafte
Teile laufend aussortiert werden oder erst am Ende
der Fertigungskette. Indem man die „Intelligenz“ des
Elektronenstrahls nutzt und online Überwachungsfähigkeiten zur Justierung des Strahls oder zum Aussortierung von Teilen unmittelbar vor dem
Schweißen einsetzt, können wertvolle Teile innerhalb von Sekundenbruchteilen gerettet werden.
Abb. 3:
Dokumentation von
Schweißparametern.
Abb. 4:
Ultraschallprüfung
des Wurzelspikings
einer Schweißnaht.
Vollständig durchgeschweißt
Toleranzgrenze
7
Der Trend zur Fremdvergabe der Fertigung an starke
Zulieferer wird anhalten, da es immer noch ein
großes Potential zur Weiterentwicklung der Elektronenstrahltechnologie in Richtung höherer Produktivität gibt, das durch verbesserte oder neue Prozesse
zur Kostenreduzierung führen wird. Zurzeit ist die
Automobilindustrie zurückhaltend, eigenes Geld zu
investieren. Dies ebnet den Weg zur Fremdvergabe
des Elektronenstrahlschweißens, was zum Vorteil
auch aller anderen Industriezweige ist. Durch das
„Outsourcen“ seiner Produktion verlagert der OEM
jedoch auch die damit verbundenen technischen und
wirtschaftlichen Risiken auf den Zulieferer.
Elektronenstrahlmaschinen haben ein fast unbegrenztes Leben. Nur wenn es nach 30 oder 40 Jahren
keine Ersatzteile mehr gibt, werden sie vielleicht
verschrottet. Das Prinzip: „Never change a running
system“ ist jedoch in zweierlei Richtungen kontraproduktiv: Die Betreiber alter Maschinen haben nicht
teil an dem wirtschaftlichen Nutzen neuer Entwicklungen von hochautomatisierten und schnelleren
Ausrüstungen, die sich wirtschaftlich selbst rechnen.
Zum anderen ist der Eindruck auf außenstehende
Personen der einer altmodischen Technik, statt der
eines hochwissenschaftlichen und modernen Produktionsprozesses. Junge Ingenieure bevorzugen es, im
weißen Mantel in einer attraktiven Umgebung mit
zeitgemäßen Maschinen zu arbeiten. Dies sollte berücksichtigt werden, um qualifizierte und motivierte
Mitarbeiter anzuziehen.
Die Bedeutung der Automobilindustrie für die
Entwicklung des Elektronenstrahlschweißens wird
durch die Tatsache unterstrichen, dass zwei Drittel
der in den letzten fünf Jahren verkauften 590 EBMaschinen an die Automobilindustrie verkauft wurden, vor allem an Zulieferer von Aggregaten und
Komponenten. Es ist ebenfalls bemerkenswert, dass
mehr als 50% dieser Maschinen in Asien investiert
wurden. Dies hat einen einfachen Grund: die Kosten
für Elektrizität sind vor allem in Japan viel höher als
in Europa oder Amerika. Aufgrund des wesentlich
geringeren Energieverbrauchs von Elektronenstrahl-
8
maschinen einschließlich der Vakuumerzeugung, verglichen mit z.B. einem 4kW Festkörperlaser, können
pro Jahr mehr als 50.000 Euro in Europa und das
doppelte in Japan gespart werden, unabhängig von
zusätzlichen Kosten für Schutzgase, die bei Lasern
benötigt werden. Dies ist der Grund, warum Elektronenstrahlschweißen, vor allem im Getriebebau bei
Anwendungen auf denen beide Technologien im
Wettbewerb stehen, in asiatischen Ländern dominiert.
Quelle: ISF
Abb. 5:
Vergleicht man den Wirkungsgrad von Elektronenstrahl- und Laserstrahlquellen, so ist offensichtlich, dass die Betriebskosten von Lasern weit höher sind als die des Elektronenstrahls.
Es ist weiter zu berücksichtigen, dass bei gleicher Leistung die Schweißtiefe des Elektronenstrahls doppelt so hoch ist wie die des Lasers und dass Vakuum billiger ist als Schutzgas.
Neueste Laserentwicklungen wie Scheiben- und Faserlaser machen hier Boden gut.
Eine Statistik der weltweiten Verteilung von Elektronenstrahlanlagen und deren Alter, die die letzten
50 Jahre abdeckt, zeigt klar die Verschiebung der
Nutzung des Elektronenstrahls von den alten Industrienationen zu den schnell wachsenden Märkten
Asiens. Über dem ehemeligen COMECON-Bereich
gibt es wenig Informationen.
9
Gesamtzahl installierter Anlagen bis 2005
(Anlagen in der Region = gefertigt - exportiert + importiert seit 1950) abzüglich
der verschrotteten Maschinen oder im heutigen Bestand stillgelegten Maschinen,
davon
seit 1990.
Abb. 6:
Der Markt für Elektronenstrahlanlagen verschiebt sich von Amerika nach Asien.
Für die Zukunft des Elektronenstrahlschweißens von
großen Stückzahlen wird die Frage zu beantworten
sein, ob es effektiver ist, z.B. fünf identische billige
Maschinen für eine hochvolumige Produktion laufen
zu lassen, wovon vier die Fertigungskapazität abdecken und eine in Bereitschaft steht für Kapazitätsspitzen, für Wartungsarbeiten oder aus Gründen
der Sicherheit, so wie es in den 70iger Jahren in der
amerikanischen Getriebefertigung üblich war, oder ob
es besser ist, zwei hochproduktive Maschinen (natürlich zu höheren Investitionskosten je Einheit) einzusetzen?
Dabei gilt es zu bedenken, dass gegen höhere Produktionsssicherheit bei mehr Maschinen größerer Flächenbedarf, mehr Energieverbrauch, mehr Ersatzteile
und Servicebedarf stehen.
10
Automobilindustrie
Alle Anwendungen des Elektronenstrahlschweißens
im Automobilbereich beziehen sich auf das Fahrwerk, den Antriebsstrang, das Getriebe oder den Motor und eine Reihe von Nebenaggregaten wie z.B.
Teile der Elektrik und Sensoren oder Wärmetauscher
usw. Es gibt keine Anwendung im Bereich der Karosserie, welche die Domäne des Laserstrahlschweißens darstellt.
Abb. 7:
Elektronenstrahlschweißen wird in
der Automobilindustrie
intensiv genutzt,
sowohl für die Serienproduktion, als auch
für den Rennsport.
Ein Grund, warum das Elektronenstrahlschweißen statt
anderer Fügetechnologien verwendet wird, ist die hohe
Produktivität und die gute Automatisierbarkeit für die
Serie verbunden mit der Fähigkeit zur Überwachung
der Prozessparameter, ebenso wie die hohe Flexibilität
für den Prototypenbau.
Abb. 8:
Die alte Generation
von Taktmaschinen
mit automatischer
Bestückung wird
trotz ihrer hohen
Produktivität nicht
mehr benützt. Diese
Maschine hat einstmals 1100 Zündverteilerfinger pro
Stunde geschweißt.
Schon in den 1970er Jahren waren Schweißmaschinen
in Benützung, die in der Lage waren, 1000 Teile und
mehr pro Stunde zu schweißen. Es überrascht, dass
die heutige Automobilindustrie so zurückhaltend ist
11
dieses Potential zu nutzen, oder zumindest warum es die
letzte Alternative bei der Auswahl einer Fertigungstechnologie darstellt? Mehrfach wurden Elektronenstrahlanlagen erst nach mehreren Jahren erfolgloser Experimente
mit Lasern gekauft. Kurz vor dem Serienanlauf erinnerte man sich an das Elektronenstrahlschweißen. Die Fähigkeit unserer Lohnbetriebe, die volle Produktion über
einen gewissen Zeitraum aufzufangen, bis eine neue
Maschine konstruiert, gefertigt und geliefert werden
konnte, brachte den Elektronenstrahl noch ins Geschäft.
Manchmal war es allerdings zu spät, da die Investition in
einen weniger geeigneten Prozess bereits getätigt war.
Welcher Angestellte würde in einer solchen Situation zu
seinem Vorgesetzen gehen und gestehen, dass er einen
geeigneteren Fertigungsprozess fand, dass neu investiert
und die gerade angeschaffte Maschinenausrüstung stillgelegt werden müsse? Die meisten der europäischen und
amerikanischen Automobilgesellschaften sind so stark
auf den Laser fokussiert, dass sie große Gruppen von
Laserspezialisten, einschließlich gut ausgerüsteter Laboratorien betreiben und keinen einzigen Experten mehr
besitzen, der den Elektronenstrahl voranbringt,
oder zumindest einen Blick auf seine Fähigkeiten wirft.
Abb. 9, 10, 11:
Produktionslinien bestehen typischerweise
aus 12 Stationen: Beladung, Teileerkennung,
Waschstrecke, Fügestation mit Kraft-WegMessung, Entmagnetisieren, Vorwärmen,
Bestücken, Schweißen,
Abkühlen, Bürsten,
Ultraschallprüfen und
Entladen.
12
Im Gegensatz zu asiatischen Gesellschaften sind viele
unserer europäischen Konstrukteure und Produktionsmanager nicht auf dem neuesten Stand der laufenden
Elektronenstrahlentwicklung. Dies könnte jedoch zur
Lösung ihrer Fügeprobleme hilfreich sein. Kurz gesagt: der Mangel an „Sexappeal“ eines Elektronenstrahls wird konfrontiert mit der übertriebenen Begeisterung für den Laserstrahl. Selbst Experten sind sich
nicht wirklich der Tatsache bewusst, dass ein typisches
europäisches Auto etwa 20 bis 25 EB-Nähte aufweist,
ein luxus SUV sogar 120. Die Gründe, warum und
wann das EB-Schweißen statt anderer Fügetechnologien eingesetzt wird, sind so vielfältig, dass sie am besten durch Anwendungsbeispiele erklärt werden:
Motor und Motorkomponenten
Drei verschiedene Anwendungsbereiche des Elektronenstrahlschweißens werden an PKW-Motoren aus
Aluminium-Legierungen beobachtet: verbessertes
Kühlverhalten, das wegen Leistungssteigerung der Motoren erforderlich wird, eine „closed deck“-Konstruktion, die das Gießen erleichtert und die Steifigkeit verbessert und die Verwendung von unterschiedlichen Legierungen entsprechend ihrer Funktion.
Abb. 12, 13, 14: In den Steg zwischen 2 Laufbuchsen wird ein Schlitz gefräst und mit
einem Formblech verschlossen, das mit 2 EB-Nähten abgedichtet wird. Längs- und Querschliff durch den Kühlwasserschlitz.
13
Dem Fall eins liegt die Idee zugrunde, den Hubraum
eines existierenden Motors zu vergrößern, ohne den
Abstand der Zylinderachsen zu verändern. Dadurch
verringert sich die Stegbreite zwischen den Zylinderlaufbuchsen und als Folge wird eine verbesserte
Kühlung erforderlich. Ein Spalt von 0,8 mm Breite
wird in den verbleibenden 2,3 mm breiten Steg aus
Aluminium gefräst, direkt neben den Laufbuchsen
aus Gusseisen. Der Spalt wird mit einem Blechsegment verschlossen, das auf beiden Seiten mit 16 mm
tiefen EB-Nähten abgedichtet wird. Wenn die
Schweißnähte das Gusseisen anschmelzen, entstehen
intermetallische Phasen mit Rissen, die zu Undichtigkeiten führen, so dass sich Kühlwasser mit Motoröl mischt. Das Problem dabei ist, dass die Toleranzen, die beim Gießen eingehalten werden können,
viel größer sind, als für das Schweißen zulässig.
Deshalb wurde eine automatische Nahtsuche erforderlich. Die Arbeit würde mit Schleusen-Transfer
Maschinen bewältigt, die eine Taktzeit von 49 Sekunden für die 4-Zylinder Maschine mit 6 EBNähten und von 52 Sekunden für den 6-Zylinder Motor mit 8 EB-Nähten aufweisen.
Abb. 15:
Das Schweißproblem entstand durch den Versatz
des Schlitzes wegen Gusstoleranzen.
Abb. 15:
Das wesentliche
Schweißproblem resultiert aus dem Mittenversatz des Schlitzes
durch die Ungenauigkeiten beim Gießen.
Abb. 16:Schleusen-Transfermaschine zum Elektronenstrahlschweißen von 4-Zylinder
Kurbelgehäusen.
14
Während der letzten 15 Jahre ist immer wieder die
Idee aufgetaucht, „closed deck“ Kurbelgehäuse zu
fertigen, bei denen einfachere Gussteile Verwendung
finden, in die ein passgenaues Deck eingesetzt wird
und mittels NC gesteuertem Elektronenstrahl konturgenau verschweißt wird. Feinguss und selbst Druckguss von Aluminiumlegierungen in Verbindung mit
Elektronenstrahlschweißen wurden getestet.
Abb. 17, 18: Kurbelgehäuse als „closed deck“ Konstruktion, links offen, rechts verschweißt.
Mit zunehmender Leistung der Motore wurde offensichtlich, dass die Verwendung der gleichen Legierung für Zylinderwandungen und Kurbelgehäuse
nicht gut ist. Deshalb wird viel experimentiert, um
die Gefügestruktur oder die mechanischen Oberflächeneigenschaften von Zylinderlaufbuchsen entweder durch Wärmebehandlung oder durch Auflegieren, zu beeinflussen. Manchmal ist dies mit dem
kompletten Motorblock schwierig; es kann einfacher
sein, nur die Laufbuchse zu drehen, um z.B. eine innere Oberflächenbehandlung durchzuführen und diese dann in den Motorblock einzuschweißen oder
noch einfacher, gleich ein Material zu verwenden,
das die geforderten Eigenschaften aufweist.
Da Aluminiumlegierungen mit einem hohen Siliziumgehalt gute Gleit- und Verschleißeigenschaften
aufweisen, werden sie gerne für Zylinderlaufbuchsen
verwendet. Jedoch erfüllen diese übereutektischen
Legierungen nicht die Anforderungen an Steifigkeit
und Festigkeit, die für ein Kurbelgehäuse eines
Hochleistungsmotors erforderlich sind. Deshalb werden unterschiedliche Legierungen für Laufbuchsen
und Kurbelgehäuse durch Elektronenstrahlschweißen
der Buchse im Motorblock eingefügt.
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Abb. 19, 20, 21, 22: Motorblöcke mit eingesetzten Laufbuchsen, „closed deck“ (oben)
und „open deck“ (unten).
Eine Kuriosität aus dem Bereich der Prototypfertigung war der Wunsch, einen 18-Zylinder Motor für
den Bugatti zu fertigen. Das Fahrzeug sollte mit eigenem Motor auf dem Genfer Automobilsalon vorfahren. Zunächst wurden ein Zylinder eines Standard
4-Zylinder Motors abgeschnitten und durch EBSchweißen zweier Abschnitte zu einem 6-Zylinder
Reihenmotor gefügt. Drei von solchen Motoren wurden dann in Form eines W-Motors gefügt. Der Job
war erfolgreich; Der Motor erzeugte ein wundervoll
röhrendes Geräusch.
Abb. 23:
Der einmalige 18Zylinder Bugatti
Motor mit Distanzplatten gefügt.
16
Abb. 24:
Einschmelzgefüge von
Molybdän in Aluminium.
Eine interessante und neuartige Technologie ist das
Dispersionslegieren der inneren Oberfläche von Zylinderlaufbuchsen durch Aufsprühen von Molybdän oder
Wolframtröpfchen durch Zentrifugalkräfte. Ein im
Zentrum eines Zylinders mit 5.000 bis 40.000 UpM
rotierender Stab aus Molybdän oder Wolfram wird an
seinem Ende mit einem intensiven Elektronenstrahl
über Schmelztemperatur erhitzt. Die Teilchengröße der
flüssigen Schwermetalle, bei Temperaturen, die zweimal so hoch sind wie der Schmelzpunkt von Aluminium, ist abhängig von der Rotationsgeschwindigkeit.
Die Teilchen dringen tief in den Liner ein. Nach dem
Hohnen ist die Oberfläche hart und verschleißfest.
Abb. 25, 26: Feine Wolframteilchen in Aluminium dispergiert.
0,50
Teilchendurchmesser [mm]
0,45
0,40
0,35
0,30
0,25
0,20
0,15
0,10
0,05
0
Umdrehungen pro Minute des dispergierenden Stabes
Abb. 27: Teilchengröße in Abhängigkeit von Rotationsgeschwindigkeit und zugehörige
Dispersionsoberfläche.
17
Abb. 28:
Laufbuchse aus einer
übereutektischen
Aluminiumlegierung
wird mit dem EB gegen eine Legierung
mit höherer Steifigkeit
geschweißt.
Viele Kolben werden aus Aluminium-Siliziumlegierungen hergestellt. Da der Stützring aus Stahl für den
Kolbenring eingegossen werden muss ist dieses Segment aus einer Aluminium-Gusslegierung, während
der Rest als Schmiedeteil hergestellt wird. Durch Elektronenstrahlschweißen der beiden Teile ist es möglich,
gleichzeitig den Kühlringkanal herzustellen, ohne einen Gusskern zu benötigen. Bei den gezeigten Beispielen
von größeren LKW- oder Schiffskolben wird zunächst
die Umfangsnaht, die freies Schrumpfen ohne größere
Spannungen aufzubauen erlaubt, ausgeführt. Die zweite
Axialnaht muss möglichst schlank sein, da die verwendeten Legierungen wenig Duktilität aufweisen und
deshalb empfindlich für Spannungsrisse sind. Eine anschließende Wärmebehandlung ist erforderlich. Für
kleinere Kolben werden konstruktiv zwei parallele Axialschweißnähte vorgesehen, da sie in einer Aufspannung ausgeführt werden können und so die Fertigungskosten, im Vergleich zu zwei Schweißungen in
unterschiedlicher Richtung, reduzieren.
Abb. 30: Bei kleineren Kolben
ohne Stützring wird der Kühlkanal durch 2 parallele
Schweißnähte hergestellt.
Abb. 29:
Die schlanken EBNähte ermöglichen es,
den Kühlkanal ohne
verlorenen Gusskern
zu fertigen.
Abb. 31, 32:
Die konstruktive Verbindung von Schmiede- und Gusslegierung erfordert die Fähigkeit des Elektronenstrahlschweißens.
18
Die Randschichtbehandlung an Nockenwellen aus
Gusseisen kann auf zweierlei Weise erfolgen: die
Nockenoberflächen werden entweder durch Umschmelzen der Randschicht in eine Tiefe von etwa
1 mm mit Selbstabschreckung und nachfolgendem
Schleifen, oder sie werden durch Umwandlungshärten mit einer Tiefe von etwa 0,7 mm, hergestellt. Je
nach Anzahl der Nocken die bearbeitet werden müssen, beträgt die Zykluszeit in einer Doppelkammermaschine zwischen 35 bis 55 Sekunden.
Abb. 33 und 34: Verschiedene Nockenwellen mit 6 bis 12 Nocken.
Abb. 35: Doppelkammermaschinen zur Randschichtbehandlung von Nocken.
19
Neuere Nockenwellen sind gewichtsreduziert. Durch
Innen-Hochdruck-Umformen (IHU) wird ein Rohr an
die exzentrischen Nockenringe aus Einsatzstahl angepresst. Die beiden offenen Enden des Rohres werden
durch EB-Schweißen mit Endstücken verbunden.
Abb. 36:
Hohle Nockenwellen
mit EB-geschweißten
Endstücken.
Abb. 37
Produktionslinie zum
Elektronenstrahlschweißen von IHU
Nockenwellen mit vorund nachgelagerten
Prozessen.
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Eine Kuriosität zur Gewichtsreduzierung war der Versuch, eine LKW-Kurbelwelle mit Hohlräumen zu
gestalten. An jedem Lagersitz wurde das Bauteil getrennt und das innere Material auf ausreichende
Wanddicke herausgefräst, ehe die Teile durch Elektronenstrahlschweißen wieder gefügt wurden. Diese
Idee könnte eines Tages durch Innen-HochdruckUmformen wieder zum Leben erweckt werden.
Elektronenstrahlhärten von Kurbelwellen als Serienproduktion mag schon viel früher erfolgen. Das
Problem ist das Auftreffen des Strahls unter flachem
Winkel, und dabei eine ausreichende Härtetiefe, zu
erreichen.
Abb. 38:
Versuch der Gewichtsreduzierung
an Kurbelwellen.
Abb. 39:
Elektronenstrahlhärten von Kurbelwellen.
Ein weiteres Produkt, das seit nahezu vier Jahrzehnten elektronenstrahlgeschweißt wird, sind ViskoseSchwingungsdämpfer in verschiedenen Größen bis
zu Durchmessern von 800 mm. Da es sich um ein
großes Produktionsvolumen handelt und jeder
Dämpfer zwei relativ lange Schweißnähte aufweist,
würden diese am wirtschaftlichsten in einer Schleusen-Transfer-Maschine geschweißt werden, jedoch
sind Taktmaschinen heute die typischen Fertigungsanlagen. Da die Werkstoffkombination aus Gusseisen, in Verbindung mit einem Deckel aus Weicheisen, langsames Schweißen erfordert, ist die Unterdrückung der Nebenzeiten der Schlüssel zur Wirtschaftlichkeit.
21
Abb. 40, 41:
Viscose-Schwingungsdämpfer, Ansicht von
oben und Querschliff
der zwei Nähte eines
anderen Modells.
Das EB-Schweißen bietet für experimentielle Zwecke
und für das Fertigen von Prototypen eine hohe Flexibilität. Die freie Programmierbarkeit beliebiger
Schweißbahnen erlaubt dem Konstrukteur seine Gedanken umzusetzen.
Für Rennfahrzeuge wurden Konstruktionsvarianten
erprobt, hohle Pleuelstangen aus Titanlegierungen zu
fertigen, jedoch ohne Erfolg. Die spannungsfreie Va- Abb. 42:
riante mit zwei längs geteilten Halbschalen wartet Hohle Pleuel aus Titan.
noch auf die Erprobung.
Zu Versuchszwecken werden Pleuelstangen auch
mal in ihrer Länge, unter Verwendung von Serienteilen, verändert.
Abb. 43:
Verkürztes Pleuel.
22
Hochleistungsmotoren, insbesondere für den Rennsport, verwenden Natrium gekühlte Ventile zur verbesserten Wärmeableitung aus dem Ventilkopf. Verschließt man den Ventilteller durch EB-Schweißen
ergibt sich der Vorteil, dass Vakuum im Inneren des
Ventils herrscht, was das Natrium vor Kontamination
schützt.
Abb. 44:
Ventiltellerkühlung durch das
Heatpipe Prinzip.
Abb. 45:
Leichtventil das innen hohl ist, mit um
schmelzveredelter Dichtkante.
Treibstoff- und Verbrennungs-Management
Viele Zusatzaggregate zum Motor werden ebenfalls
elektronenstrahlgeschweißt. Drucksensoren für Common-Rail-Einspritzsysteme erfordern tiefe Schweißnähte, die einem Druck bis zu 2000 bar standhalten.
Gleichzeitig muss die Wärmeeinbringung auf die
nahe der Naht liegende, temperaturempfindliche
Halbleiterschicht möglichst gering sein. Die einzige
Möglichkeit, diese widersprechenden Anforderungen
zu lösen, ist eine sehr schlanke Naht. Ein Aspektverhältnis Tiefe zu Breite von 12 wird erreicht.
Abb. 46:
Drucksensor für Common-RailEinspritzsysteme.
Abb. 47:
Schliff durch die Schweißnaht mit
0,2 mm Breite und 2,3 mm Tiefe.
Drei unterschiedliche Werkstoffe.
23
Eine weitere Anforderung ist, dass Teile die mit einem
Plan- oder Rundschlag montiert, oder die innerhalb der
Drehvorrichtung ungenau bestückt sind, nicht geschweißt werden dürfen. Dies wird durch eine unmittelbar vor dem Schweißen eingeschobene Qualitätskontrolle mittels Rückstreuelektronen erreicht. Mit 20
Scans pro Umdrehung muss die Abwicklung eine gerade Linie ergeben, um ein Gutteil auszuweisen. Ist die
Abweichung von der Geraden mehr als ±10 μm werden
die Teile nicht geschweißt und können neu montiert
werden. Auf diese Weise werden teuere Halbleiter erhalten. Die Drucksensoren werden in Schleusen-Shuttle
Maschinen (Abb. 1) mit einer automatischen Portal Beund Entladung auf 20-spindligen Drehvorrichtungen
produziert. Die Taktzeit beträgt 1,5 Min. für 20 Teile.
EB-Scan
Werkstück
Drehung
Abb. 48, 49:
Links: Drucksensor
abgebildet durch Rückstreuelektronen und
rechts: Abwicklung
der Schweißnaht. Eine
fehlerfreie Montage
zeigt eine gerade Linie
der Messpunkte ohne
Abweichungen.
Abb. 50:
Beladevorrichtung mit
einem 4-fach Greifer.
Abb. 51, 52:
Für spezielle Größen von Sensoren werden angepasste Vorrichtungen verwendet.
24
Abb. 53:
Produktionsvorrichtung zum Schweißen von Einspritzdüsen.
Abb. 54: Solenoid
Direkteinspritzdüse.
Kürzlich entwickelte Solenoid Direkteinspritzdüsen
(SDI) für Benzin, ergeben eine reduzierte CO2 Emission und ein verbessertes Kaltstartverhalten. Drei
rohrförmige Körper werden zentrisch ineinander gesteckt und unter einem Winkel von 20° mit zwei Nähten geschweißt. Die Werkstückträger sind 8-spindlige
Drehvorrichtungen. Durch den flachen Einstrahlwinkel resultiert aus Rundlauffehlern eine dreifach höhere
Abweichung der Schweißposition und diese wiederum in geringerer Einschweißtiefe. Um eine reproduzierbare Schweißqualität zu erreichen, wird eine automatische Nahtpositionierung verwendet, die die exakte Fügestelle in zwei verschiedenen vertikalen Positionen detektiert. Laden und Beladen erfolgt von
Hand. Zur Qualitätssicherung wird ein Helium Lecktest bei 120 bar Druck eingesetzt.
Das durch Innen-Hochdruck-Umformen hergestellte
Teil einer Treibstoffeinspritzleitung wird mit einem
Rohr durch eine Umfangsnaht verschweißt, die eine
hohe Zuverlässigkeit erfordert.
Abb. 55:
Treibstoffeinspritzleitung.
25
Weniger spektakulär sind die Laufräder von Turboladern, da sie seit mehr als 3 Jahrzehnten elektronenstrahlgeschweißt werden. Aber natürlich gib es auch
hier Verbesserungen – im Wesentlichen bei der Auswahl der Werkstoffe. Für das Laufrad werden Werkstoffe höherer Festigkeit bei höheren Temperaturen
verwendet und für den Schaft zähere und härtere Stähle;
jedoch ist die Werkstoffauswahl durch ihre Schweißeignung begrenzt. Superlegierungen auf Nickel- oder
Kobaltbasis mit erhöhten Titan- und Aluminiumgehalten neigen zu Mikrorissbildung in der Wärmeeinflusszone die während des Betriebs fortschreiten könnten.
Deshalb ist besondere Sorgfalt zur Vermeidung solcher
Mikrorisse erforderlich.
Eine andere automobile Anwendung, die das Elektronenstrahlschweißen aus Gründen der Werkstoffauswahl erfordert, sind Klappenteller für Turbolader.
Das Material ist eine Hochtemperaturlegierung, die zur
Rissbildung neigt. Die Kreisnaht mit einem Durchmesser von 8 mm und einer Tiefe von 5 mm ist
schrumpfbehindert. Deshalb muss eine sehr schlanke
Naht erzeugt werden, um die Schrumpfspannungen zu
minimieren. Eine Naht mit einer durchschnittlichen
Breite von 0,5 mm erfordert eine Positionstoleranz des
Strahls auf der Fügestelle von 0,05 mm. Bei größeren
Toleranzen könnte sich sonst an der Nahtwurzel ein
Bindefehler ergeben. Die exakte Positionierung des
Strahls wird automatisch erreicht, indem man einen
gerasterten Elektronenstrahl benutzt, der ein Abbild der
Fügekanten des Werkstücks durch Rückstreuelektronen erzeugt. Dies erlaubt das mannlose Schweißen.
Da aufgrund der Werkstückgeometrie keine Möglichkeit der zerstörungsfreien Prüfung besteht, muss man
Abb. 56:
Turbolader: Laufrad
aus einer Hochtemperatur Superlegierung,
Schaft aus Einsatzstahl.
Abb. 57, 58:
Klappenteller (Ladedruckregelklappe) und
zugehöriger Schliff.
26
Abb. 59:
Schweißvorrichtung
für Klappenteller.
sich auf die exakte Reproduzierbarkeit des Schweißergebnisses verlassen. Die Produktion erfolgt auf einer Schleusen-Shuttle-Maschine mit Werkstückträgern, die es erlauben je nach Typ bis zu 50 Teile in
einer Charge zu bearbeiten. Der Energieverbrauch
liegt unter 25 kWh für 1000 Teile.
Der justierbare Einlaufring eines Turboladers aus
einer Hochtemperaturlegierung wird heute mit WIG
oder Plasma geschweißt. Die Montage in einer Vorrichtung, so dass alle Flügel exakt in die richtige Position ausgerichtet sind, ist ebenso zeitraubend wie das
heutige Schweißverfahren. Elektronenstrahlschweißen
mit einer Mehrstrahl-Flashtechnologie in Verbindung
mit einer automatischen Bilderkennung der Schweißpositionen ist ein Weg, die Produktionsgeschwindigkeit erheblich zu steigern.
Abb. 60, 61:
Einlaufring eines
Turboladers, Vorderund Rückseite.
27
Im Verlauf der Auspuffleitung kann je nach Motortyp ein Abgaskatalysator oder ein Partikelfilter eingesetzt werden. Die Stahlträger mit der großen Oberfläche für den Katalysator werden manchmal aus
Edelstahlwellblech hergestellt. Da alle Positionen, an
denen sich die Folien berühren, zu verschweißen
sind, aber unregelmäßig verteilt sind, erfolgt das
Schweißen mit einem in zwei Richtungen mit hoher
Frequenz oszillierenden Strahl. Auf diese Weise wird
jede Fügestelle getroffen.
Im Gegensatz hierzu erfordert das Schweißen von
Partikelfiltern ein präzises Springen des Strahls auf
die 60 radialen Fügelinien. Hierbei springt der Strahl
so schnell, dass er 1000-mal je Sekunde auf alle 60
Schweißpositionen zurückkehrt und so 60 Taschen
mit geringer Geschwindigkeit gleichzeitig geschweißt werden. Diese ist erforderlich, da das
Streckmaterial, das den Katalysator trägt, bei
höheren Geschwindigkeiten nicht gleichmäßig fließt,
sondern ein intensives Spritzen und Funkeln erzeugt.
Um die Produktivität hoch zu halten, ist gleichzeitiges Schweißen aller Nähte eine sehr attraktive
Lösung.
Die gesamte Schweißzeit beträgt 16 Sekunden verglichen mit 16 Minuten beim WIG-Schweißen.
Abb. 62:
Katalysatoroberfläche,
die mit einem gerasterten Strahl innerhalb
3 Sekunden bei 65 mm
Teiledurchmessern
geschweißt wird.
Abb. 63:
Detail von Abb. 62.
Abb. 64:
Abb. 65:
Partikelfilter mit 60 gleichzeitig Schliff durch die 4-lagige Börgeschweißten Filtertaschen.
delnaht des Partikelfilters.
28
Antriebsstrang
Von der Antriebswelle geht die Kraftübertragung über
die Kardanwelle, bei Rennautos aus Titan, zum Differentialgetriebe. Das Differentialgehäuse ist eines der
aktuellen Schweißprobleme, wobei das Fügen von
Gusseisen mit Einsatzstahl, ohne Vorwärmen und ohne
Zwischenlagematerial eine große Herausforderung darstellt. Wenn Gusseisen mit einem Kohlenstoffgehalt
über 4% mit einem typischen Zahnradstahl wie
16MnCr5 gefügt werden soll, entsteht in der SchweißAbb. 66:
Abtriebswelle eines
Geländewagens.
Die Schweißnaht mit
40 mm Tiefe muss
ein Drehmoment von
750 Nm übertragen
(Siehe Abb. 135, 136).
Abb. 67:
EB-geschweißte Kardanwelle aus Titan.
zone ein extrem hartes und sprödes Gefüge, selbst wenn
die Einsatzschicht vorher entfernt wurde. Bei einer
Schweißtiefe von 25 mm ist die Schmelze mindestens 1
mm breit. Beim Abkühlen werden die Schrumpfspannungen durch Mikrorisse abgebaut. Diese sind kleiner
als die Größe der Kohlenstofflamellen, so dass sie eigentlich keine Gefahr darstellen. Eine Wärmenachbehandlung ist nicht möglich, da der Zahnkörper bereits
fertig bearbeitet und gehärtet ist. Gegenwärtig ist die
Verwendung eines Zwischenlagematerials und lokales
Vorwärmen die Lösung. Der EB hat gute Chancen,
ohne diese Vorkehrungen auszukommen.
29
Abb. 68: Differentialgehäuse aus Grauguss und Einsatzstahl.
Fahrwerk
Elektronenstrahlschweißen von Achsen, für LKW
und PKW wird unter verschiedenen konstruktiven
Aspekten ausgeführt. Z.B. werden zwei Halbschalen
einschließlich des Differenzialgehäuses über ihre
volle Länge mit zwei gegenüberliegenden EBNähten gefügt. Die EB-Schweißkanonen sind so gegeneinander montiert, dass sie sich im Fall einer
Schweißung ohne Werkstück nicht gegenseitig zerstören. Bei einer anderen Konstruktion wird die rohrförmige Achse durch einen Achsstummel verlängert,
wobei bei einer Variante auch der Bremsflansch in
einer Aufspannung mit angeschweißt wird.
Abb. 71: Zwei Halbschalen einer Achse (Probestück für
Schweißversuche).
Abb. 69, 70: Der Lösungsansatz mit geringer Einschweißtiefe ohne Zusatzwerkstoff und mit
Einsatzschicht ist erfolgreich.
Fig. 72:
Achsen für Anhänger.
30
Abb. 73, 74: Ein Achsstummel einer LKW-Achse wird mit der
oberen Schweißnaht an die Achse geschweißt. Der Bremsflansch wird mit mehreren nebeneinander liegenden Schweißnähten an der Achse befestigt, um den tragenden Querschnitt
zu vergrößern.
Auch diese Schweißungen werden gleichzeitig mit
zwei Strahlkanonen ausgeführt, ebenso wie die folgende Radaufhängung eines SUV-Fahrzeugs.
Abb. 75: SUV-Achse aus zwei Schmiedeteilen und einem umgeformten Rohr hergestellt.
31
Es gibt eine Reihe von verschiedenen Designs für Autofelgen die, zur Gewichtsreduzierung nicht gefederter
Massen, aus Aluminium oder Magnesium, gefertigt
werden. Manchmal werden sie durch Umfangsnähte
oder Axialnähte gefügt, in anderen Fällen wird die
Speichenkontur entsprechend einem NC Programm
geschweißt. In allen Fällen sind die Schweißungen sicherheitsrelevant und sie müssen bei schlauchlosen
Reifen leckdicht sein. Solche Felgen werden für MoAbb. 76: Motorradfelge
torräder, Trikes, PKWs und Rennautos gebaut.
aus Aluminium-Druckguss.
Abb. 77, 78, 79:
Felgen für Rennautos
aus geschmiedeter
Magnesiumlegierung.
Schweißtiefe 20 mm.
Abb. 80:
Felge mit geschweißten
Speichen (links).
Elektronenstrahlschweißen von Stoßdämpferkolben
scheint eine einfache Aufgabe zu sein, doch gibt es
auch hier eine Reihe von Fertigungsschritten, die
präzise ausgeführt werden müssen. Wie immer vor
dem Elektronenstrahlschweißen ist sorgfältiges Reinigen wesentlich, um Poren oder Auswürfe zu vermeiden, die durch Restverunreinigungen z.B. durch
Schneidschmierstoffe entstehen. Bei der Montage ist
auf spaltfreies Zusammenfügen zu achten, da Restspalte einen Nahteinfall bewirken. Es ist wichtig,
dass die beiden Teile nicht verkantet montiert werden, was zu einem Taumelschlag führen würde.
32
Um solche Fehler zu erkennen, wird eine Qualitätsprüfung am gesamten Umfang durch Elektronenstrahlscannen ausgeführt. Wenn der Befund gut
ist, wird anschließend an der automatisch gefundenen Nahtposition lokal vorgewärmt und geschweißt
und das Teil, zur Rückverfolgbarkeit der Produktionsdaten, beschriftet. Anschließend erfolgt eine erneute Rundlaufvermessung und eine Ultraschallprüfung auf Poren und Bindefehler. Alle Prüfwerte werden in einem integrierten Datenerfassungssystem dokumentiert.
Abb. 81:
Kolbenstange eines Stoßdämpfers mit Schweißnaht und Identifizierung durch Elektronenstrahlbeschriften.
Abb. 82, 83:
Elektronenstrahlscanner überprüft den Rundlauf (links) ehe
geschweißt wird (rechts).
33
Zusatzaggregate:
Ein elektronenstrahlgeschweißtes Produkt hoher Stückzahlen sind Membranspeicher für Hydrauliksysteme in
verschiedenen Ausführungen. Sie haben gemeinsam,
dass nahe an der Schweißstelle eine Gummimembran
an einen Stützring befestigt ist, der mit demselben
Schweißumlauf dicht gefügt werden muss, mit dem die
zwei Halbschalen verbunden werden. Dies bedeutet,
dass der I-Stoß zwischen den Halbschalen einem hohen
Druck standhalten muss und die Überlappnaht mit dem
Ring an der Wurzel des I-Stoßes leckdicht ausgeführt
sein muss. Gleichzeitig muss die Wärmeeinbringung so
gering gehalten werden, dass der Gummi nicht schmilzt.
Abb. 84: Membranspeicher für Hydrauliksysteme.
Lenksäulen wurden vor 40 Jahren in großen Stückzahlen elektronenstrahlgeschweißt. Neueren Datums
ist eine Lenksäule die für das Lenkradschloss eine
Verstärkung benötigte. Mit einer Manschette wurde
die Säule gedoppelt.
Abb. 86.
Lenksäule mit Verstärkung für das Schloss.
Abb. 85: Schweißwurzel
am Stützring.
34
Konstruktionen für Rennfahrzeuge ändern sich sehr
schnell und die zu schweißenden Teile sind typischerweise einmalig. So z.B. die Schaltgestänge aus
Titan für einen Formel 1 Rennwagen.
Abb. 87: Schaltgestänge.
Die verstellbare Rückenlehnenbefestigung für den
Fahrer- und Beifahrersitz existiert in sehr vielen unterschiedlichen Ausführungen was den Befestigungsflansch betrifft, während das Taumelgelenk für die
Verstellung immer dasselbe bleibt. Deshalb ist es
sinnvoll, dieses Stanz- Umformteil auf einer kleinen
Maschine in hohen Stückzahlen mit einfachen Werkzeugen zu fertigen und die Befestigungsflansche
in ihrer Vielfalt an Formen durch Elektronenstrahlschweißen zu fügen.
Abb. 88:
Taumelgelenk zur Rückenlehnenverstellung an PKW-Sitzen.
35
Abb. 89:
Gasgeneratoren für
Fahrer-Airbags mit
fünf konzentrischen
Schweißnähten.
Abb. 90:
Gasgeneratoren für
Beifahrer-Airbags
mit einer achsialen
und zwei radialen
EB-Schweißnähten.
Elektronenstrahlschweißen von Gasgeneratoren für
Fahrer- und Beifahrer-Airbags war lange Zeit üblich.
Der Grund für das EB-Schweißen ist die geringe
Wärmeeinbringung, da die Verschlussnähte mit der
Sprengstofffüllung erfolgten. Der Gasgenerator würde
sowohl bei zu hoher Temperatur zünden, als auch
wenn der Strahl direkt oder über Spritzer den Treibstoff treffen würde.
Neuerdings verlangen Gesetze, dass der Druck innerhalb des Ballons an das Gewicht und die Sitzposition
des Beifahrers angepasst wird. Der Sitz wird über vier
Kraftsensoren befestigt, die signalisieren, ob ein Kind
oder eine schwere Person nahe an der Windschutzscheibe oder weit hinten sitzt. Sie steuern die Gasfüllung des Ballons entsprechend. Drei Schweißnähte
fügen die Feder mit dem Gehäuse bzw. der Befestigungsschraube des Sensors und acht weitere Heftnähte
36
befestigen einen Deckel. Da die Schweißnähte sicherheitsrelevant sind und das Material für Spannungsrisse empfindlich ist, wird intensiv geprüft. Jeder Sensor
ist über einen Data Matrix Code identifiziert. Nach
dem Reinigen der drei Teile werden Gehäuse, Feder
und Schraube montiert, in einer Spannvorrichtung
fixiert und elektronenstrahlgeschweißt. In einem
zweiten Durchlauf wird der Deckel montiert und festgeschweißt. Dann erfolgt ein 100%iger Biegetest und
eine 100%ige Röntgenkontrolle. Das Biegen verbessert die Festigkeitswerte des Werkstoffs durch Kaltumformen.
Abb. 91, 92:
Kraftsensor zur Erfassung der Sitzposition und des Gewichts
von Fahrer und Beifahrer. Spannpalette zum Schweißen von
24 Sensoren.
Eine Standheizung bei Benzin- und Dieselfahrzeugen
wärmt den Motor nach vorgegebener Zeit vor. Der
notwendige Treibstoff darf nach Vorschrift nicht aus
dem Tank entnommen werden, sondern aus einem
Zusatzbehälter mit beschränktem Volumen. Dieser
wird aus Al-Druckguss hergestellt und muss Helium
37
leckdicht sein. Deshalb ist in der Schweißnaht keine
Porosität zulässig. Durch Mehrstrahlschweißung, z.B.
indem drei Strahlen kurz hintereinander geführt werden, lässt sich das erreichen. Der zugehörige Wärmeübertrager, auch als Zusatzheizung bei Dieselfahrzeugen, wird EB-dicht geschweißt.
Abb. 93:
Zwischenspeicher und Wärmeübertrager einer Zusatzheizung.
Es gibt nur wenige aber manchmal wesentliche Elektronenstrahlschweißnähte an der Automobilelektrik.
Die Batterieklemme mit integrierter Überwachungselektronik erfasst den Ladezustand und den Stromfluss
der Batterie über einen Messwiderstand und
Elektronik. In ihr befinden sich fünf EB-Schweißnähte
und eine EB-Lötung.
Temperaturempfindliche Elektronikbauteile, die in der
Nähe des Motors befestigt werden müssen, benötigen
Kühlung und Schutz vor Schmutz und Öl. Deshalb
wird die Platine in ein Aluminiumgehäuse mit guter
Wärmeleitung eingebaut und durch EB-Schweißen
abgedichtet.
Abb. 94: Batteriekabel-Klemme.
Abb. 95: Gehäuse für Elektronik-Platine.
38
Abb. 96, 97, 98, 99:
In einer Entfernung von
2,5 m durch Strahlablenkung geschweißte
Nähte: Kehlnaht, Überlappnaht, I-Stoß und
Bördelnaht.
Abb. 100:
Das Prinzip des Remote-Schweißens einer Autotüre in
einer Schleusen-Shuttle Maschine.
Im Vorwort zu diesem Kapitel wird erwähnt, dass das
Elektronenstrahlschweißen nicht an der Karosserie verwendet wird. Dennoch ist das Potential zum „RemoteSchweißen“ von Blechen recht gut, sowohl für verzinkte Stahlbleche, als auch für Leichtmetalle wie Aluminium oder Magnesium. Die Schweißnähte sind glatt ohne
Einbrandkerben und optisch perfekt. Die Schweißnähte
werden nur durch Strahlablenkung in einer Entfernung
bis zu 2,5 m ausgeführt. Der wesentliche Vorteil gegenüber dem Laserstrahlschweißen ist das Vakuum, da die
Verwendung von Schutzgas, sofern erforderlich, ein
Problem beim Laser-Remote-Schweißen darstellt. Genaues Spannen ist wesentlich. Durch Verwendung einer
Schleusenmaschine beträgt die Taktzeit für eine 4 m
lange Schweißnaht an einer Autotüre etwa 1 Minute.
39
Abb. 101: Tailored blank als Auflage für den Stoßdämpfer. Eine 2 mm dicke Scheibe
wird in das 1 mm dicke Blech für den Radkasten eingeschweißt und anschließend
umgeformt.
Zahnräder und Getriebe
Schweißen von Getrieberädern ist die Anwendung
innerhalb der Automobilindustrie, die die meisten
Elektronenstrahlmaschinen beschäftigt. Sie beruht auf
der Möglichkeit, fertig bearbeitete Zahnräder untereinander oder Zahnräder an Wellen oder Flansche als
letzten Arbeitsschritt zu fügen. Dies macht das Elektronenstrahlschweißen attraktiv. Der Verzug der beim
Abkühlen des Schmelzbades entsteht ist so gering,
dass das Fertigprodukt innerhalb der erforderlichen
Abb. 102:
Der Synchronring mit
geringer Masse und
das Zahnrad mit großer Masse erwärmen
und dehnen sich unterschiedlich schnell.
Dies ist die typische
Schweißsituation zum
Fügen von Synchronringen mit Zahnrädern.
40
Toleranzen gehalten werden kann. Die verbleibende
Exzentrizität bewegt sich innerhalb von hundertstel
Millimetern und beeinflusst die Funktion des Getriebes nicht. Dennoch wird das Geräuschniveau durch
minimale Unrundheit beeinflusst und deshalb ist es
vorteilhaft durch eine symmetrische Wärmeeinbringung mit einem, gleichzeitig an mehreren Stellen
schweißenden Elektronenstrahl, den Verzug weiter
zu reduzieren. Dadurch wird ein Versatz der Rotationsachsen der Bauteile vermieden. Weiter ergibt sich
neben der Geräuschreduzierung eine Kostenreduzierung aufgrund der kürzeren Bearbeitungszeit. Die zu
schweißenden Zahnräder können bereits gehärtet
sein, jedoch ist es notwendig, die Einsatzschicht im
Schweißbereich vorher zu entfernen.
Abb. 103, 104: Drei Schweißstrahlen mit um 120° versetzter symmetrischer Wärmeeinbringung verhindern Achsversatz.
Abb. 105, 106: Die Serienfertigung von Zahnrädern wird
durch die Mehrstrahltechnik verbessert: Verringerung des
Verzugs durch symmetrische Wärmeeinbringung und schlanke Nähte; Rechts: Reduzierung der Schweißzeit da die Heftnaht entfällt und sich die Nahtlänge für jeden Strahl verkürzt.
41
Abb. 107, 108, 109, 110: Eine Auswahl von Zahnradkombinationen für Autogetriebe.
Abb. 111, 112: Kegelräder und Dreifachverzahnungen werden vorteilhaft gefertigt, indem die Bauteile einzeln zerspanend bearbeitet werden. Das anschließende Fügeverfahren erfordert einen Prozess mit geringer Wärmeeinbringung, da die Teile häufig schon
gehärtet sind und nur geringster Verzug zulässig ist, um die spezifizierten Toleranzen
einzuhalten.
Es ist die Grundidee der Konstruktion von elektronenstrahlgeschweißten Zahnrädern, das Schmieden und
Bearbeiten zu erleichtern, was mit Einzelkomponenten
offensichtlich einfacher und wirtschaftlicher der Fall
ist, als bei einem Monoblock. Da die Werkzeuge zum
Bearbeiten der Zähne Platz zum Auslauf benötigen, ist
eine aus einem Stück gefertigte Zahnpaarung immer
42
größer als eine gefügte. Letztere führt nicht nur zur
Gewichtsreduktion der einzelnen Zahnradpaarungen,
sondern auch des gesamten Getriebes einschließlich
Wellen und Gehäuse. Die kompakte und steife Anordnung reduziert zusätzlich Schwingungen. Und letztlich
eröffnet das Elektronenstrahlschweißen, die Möglichkeit Konstruktionen aus umgeformten Blechteilen und
Abb. 113: Gesinterte Kupplungstrommel an umgeformte
Zahnscheibe und Welle geschweißt.
Abb. 114:
Fügen von geschmiedeten und zerspanten Zahnkörpern.
Abb. 115: Radiale EB-Schweißnähte
zwischen Flanschen und Zahnkörpern.
Abb. 116: Tiefgezogenes Blechteil mit Hohlwelle einer Kupplung.
43
pulvermetallurgischen Komponenten einzuführen, wie
sie heute in Automatik-Getrieben höchst erfolgreich sind.
Abb. 117, 118: Zahnräder mit radialen und axialen Schweißnähten.
Abb. 119, 120, 121: Getriebeeinheit für einen Radlader.
Abb. 122: Viel-Spindel-DrehAbb. 123: Schweißnahtdetail der Schweißung 122.
vorrichtung zum wirtschaftlichen
Schweißen von Zahnrädern in
kleineren Stückzahlen.
44
Das Gehäuse für Planetenträger ist ein weiteres typisches Beispiel für das Elektronenstrahlschweißen.
Die Käfige können aus Schmiedeteilen für LKWs
oder aus umgeformten Blechteilen für PKWs bestehen. Sowohl das kontinuierlich schaltende Multitronik Getriebe CVT (continuous varible transmission), für den Längseinbau und das Doppelkupplungsgetriebe DCT (dual clutch transmission) für quer eingebaute Motoren werden auf Produktionslinien für
automatisches, mannloses Elektronenstrahlschweißen gefertigt
Abb. 124, 125:
Der dreieckige Querschnitt der Füße eines
LKW-Planetenträgers
muss über die gesamte
Fläche kerbfrei verschweißt werden.
Abb. 126: Achstrommel für homokinetisches Getriebe.
Abb. 127: Kettenrad
für Nockenwellen.
45
Abb. 128, 129, 130, 131: Planetenträger mit drei Radialnähten (oben) und mit Antriebsrad, das durch die Öffnung hindurch geschweißt wird. Es ist Teil eines Getriebes
mit kontinuierlicher Geschwindigkeitsverstellung (CVT).
Abb. 132, 133: Roboterunterstützte Bestückung der Schweißmaschine für mannlose
Produktion (links) und 6-Spindel-Vorrichtung mit manueller Bestückung für kleinere
Stückzahlen des obigen CVT-Getriebes.
46
Ein weiterer Grund, der für das EB-Schweißen
spricht, ist die Zugänglichkeit zur Fügestelle mit dem
extrem schlanken Strahl, ebenso wie die Fähigkeit
auch nahe an einer Kante tiefe, parallele Schmelzbäder
auszuführen, was Zahnräder zu schweißen erlaubt,
die ein hohes Drehmoment zu übertragen haben.
Abb. 134:
Zahnradkonstruktion
mit schwierigem Zugang
zur Schweißstelle am
Grunde des Spaltes.
Abb. 135, 136:
Querschliff der Antriebswelle mit 35 mm
Nahttiefe zur Übertragung von hohen
Drehmomenten.
Schweißposition nahe
der Welle.
Aktuelle Entwicklungen für neue Automobil-Anwendungen sind Startergeneratoren, Brennstoffzellen
oder Wasserstofftanks. Die Ergebnisse sind erfolgversprechend, aber noch vertraulich
Wenn man diese Auswahl von typischen Anwendungen des EB-Schweißens im Automobilbau zusammenfasst, so ist ersichtlich, dass der Konstrukteur sich der
Fähigkeiten und Möglichkeiten des EB-Schweißens
bewusst sein muss, um konzeptionelle Lösungen vorschlagen zu können. Diese sind minimale Wärmeeinbringung im Vergleich zu allen Schmelzschweißverfahren, was zu geringer Schrumpfung und minimalem
Verzug führt. Durch Fügen unterschiedlicher Werkstoffe, entsprechend ihrer Funktion, können wesentliche Kosten eingespart und gleichzeitig die Eigenschaften verbessert werden. Gewichtsreduzierte Konstruktionen, werden durch das EB-Schweißen unterstützt. Bei
steigenden Kosten für Rohstoffe und Energie und fallenden Kosten pro Stück für das Schweißen durch verbesserte Prozesse, wird die Attraktivität des Elektronenstrahl-Schweißens weiter zunehmen.
47
Luft- und Raumfahrtindustrie
Abb. 137
An der Ariane Rakete
gibt es zahlreiche
Elektronenstrahlschweißnähte.
Die Luft- und Raumfahrtindustrie hat schon Mitte der
1960iger Jahre mit dem EB-Schweißen begonnen, da
die Schutzgase zum Schweißen reaktiver Werkstoffe,
wie Titan und seine Legierungen, noch nicht rein genug waren, um gute Schweißnähte zu liefern. Wasserstoffversprödung war das Hauptproblem neben der
Verunreinigung durch Sauerstoff und Stickstoff. Alle
hochfesten Werkstoffe reagieren empfindlich auf Veränderungen der Gefügestruktur. Deshalb wird ein
Schweißprozess mit geringer Wärmeeinbringung und
kleiner Wärmeeinflusszone bevorzugt, um qualitätsreduzierende Einflüsse auf den Werkstoff zu minimieren,
wie z.B. Verzug, Wärmebeeinflussung oder Restspannungen. Das EB-Schweißen ist der bevorzugte Prozess
zum Fügen von Nickelbasis-Superlegierungen oder
Titanlegierungen und selbst Stahl- oder Aluminium-
48
strukturen im Flugzeug werden mit sehr guten Ergebnissen EB-geschweißt. Darüber hinaus ist die schlanke
und parallele Schweißnahtgeometrie gut geeignet für
eine zerstörungsfreie Prüfung. Da einige der zu
schweißenden Bauteile sehr groß waren, z.B. der Flügelkasten des MRCA Flugzeuges oder die Triebswerksverkleidungen der Concorde, wurden große Elektronenstrahlmaschinen gebaut, wie z.B. die berühmte
Clamshell oder die Tunnelmaschinen, von denen einige immer noch in Betrieb sind. Die drei wesentlichen
Kriterien für die Konstruktion von Fluggeräten, die eng
mit der Werkstoffauswahl und der Fähigkeit des
Schweißprozesses in Verbindung stehen, sind statische
Festigkeit, Flugelastizität und Ermüdungsdauer.
Fluggeräte und Komponenten
Abb. 139: MRCA Flügelkasten.
Abb. 138:
Ein sicherheitskritisches
Bauteil, das aus vier
geschmiedeten Titansegmenten mit EB
geschweißt wurde.
trägt die Rotorblätter
des Cheyenne Hubschraubers.
Abb. 140: Überschallflugzeug Concorde mit den
EB-geschweißten Triebwerksverkleidungen.
49
Abb. 141:
Die „Clamshell“ war mit einem Volumen von nahezu 100 m³
die größte Elektronenstrahl-Schweißmaschine in den 1970ern.
Entwürfe der Concorde Triebwerksverkleidungen als
stabile, selbsttragende Strukturen wurden erprobt.
Die gewellte Rippe wurde auf ein Band gelötet und
dann im Schweiß-Abstand bis zu 2,3 m an die Innenund Außenhaut EB-geschweißt.
Abb. 142: Studie einer Triebwerksverkleidung aus Titan.
Eines der aktuellen Themen des Elektronenstrahlschweißens im Flugzeugbau sind die Armlehnen für
verschiedene Fluglinien. Die hohlen Armlehnen sind
eine Leichtgewichtskonstruktion aus Aluminium
Druckguss. Die Anforderungen an das Schweißen
sind eine optisch perfekte Naht auf der Unterseite, da
diese für den Passagier sichtbar ist, während die Oberseite mit einer Polsterung abgedeckt wird. Es
handelt sich um ein großes Produktionsvolumen und
deshalb wird eine Mehrfach- Schwenkvorrichtung
verwendet, die es erlaubt in einer Evakuierung von
allen vier Seiten zu schweißen.
50
.
Fig. 143: Armlehne von der Ober- und Unterseite.
Abb. 144: Mehrfachvorrichtung zum
Schweißen der Armlehnen von vier
Seiten.
Hohlkugeln in verschiedenen Größen werden wegen
ihres geringen Gewichts zum Fördern von Paletten innerhalb des Flugzeuges verwendet. Die Schweißnaht
erfordert eine tragende Verbindung und keine Einbrandkerben an der Oberfläche, da die Kugeln oberflächenpoliert werden und keine Dellen aufweisen dürfen.
Abb. 145: Hohlkugeln zur Beladung von Flugzeugen mit
Frachtpaletten.
Abb. 146, 147: Tragarm mit Schweißvorrichtung und geschweißter Kantenkontur.
51
Ein Tragarm aus hochfestem Aluminium kommt bei
Hubschraubern zum Einsatz. Die dreidimensionale
Gussstruktur wird mit einem Deckel verschlossen,
der entlang der Profilkante EB-geschweißt wird.
Flugtriebwerke
Courtesy RR
Abb. 148: 10 m³ EB Anlage zum Schweißen von Triebwerkskomponenten vol CNC gesteuert.
Courtesy RR
Abb. 149: 4-Achsenmanipulator obiger Maschine: x-y-Tisch
mit Dreh-Schwenk-Vorrichtung.
52
Bereits in die dritte Maschinengeneration investiert
derzeit die Flugtriebwerksindustrie. Sie betreibt eine
große Anzahl von mittelgroßen Elektronenstrahlmaschinen mit Vakuumkammern zwischen 10 und 20 m³.
Im Gegensatz zur Automobilindustrie verwenden die
Triebwerkhersteller höchst anspruchsvolle Anlagen
mit allen technischen Einrichtungen, die eine sichere
Produktion von manchmal extrem teueren Bauteilen
wie z.B. Turbinenrotoren oder Blisks (bladed disks)
ermöglicht. Es ist kennzeichnend für diesen Industriezweig, dass Schweißparameter die einmal entwickelt und auf einer bestimmten Maschine zertifiziert
sind, für die gesamte Lebensdauer dieser Produktion
eingefroren werden. Weder die Maschine noch die
Schweißspezifikation darf ohne eine kostenträchtige
neue Entwicklung und Zertifizierung der Schweißanweisung geändert werden. Der wesentliche Grund
für diese Sicherheitsmaßnahme ist, dass Werkstoffe
wie z.B. Nickelbasis Superlegierungen, wie sie typischerweise im Turbinenbau verwendet werden,
Abb. 150:
Rotor einer Flugturbine
aus einzelnen Scheiben
gefügt.
Courtesy RR
Abb. 151, 152: Blisks
(bladed disks) sind Bauteile der höchsten Sicherheitsklasse. Sie werden
aus zwei unterschiedlichen Titanlegierungen
gefertigt und in der Hochdruckstufe des Kompressors eingesetzt. Die
Schaufeln sind integraler
Bestandteil der Scheiben,
die über Umfangsnähte
zur Rotortrommel verschweißt werden.
Courtesy MTU
Courtesy MTU
53
zuverlässig bei sehr hohen Temperaturen arbeiten
müssen. Da diese Kategorie von Superlegierungen
heißrissempfindlich ist, müssen alle Prozessparameter einschließlich der Wärmevor- und Nachbehandlung sorgfältig erarbeitet und genau eingehalten werden. Es bleibt der Wunsch, dass sich durch die kürzlich eingeführte Online Strahlanalyse, die es erlaubt
einen Strahl exakt zu beschreiben und mit anderen
Strahlen von verschiedenen Maschinen zu vergleichen, diese Relikte älterer Maschinengenerationen
erübrigen wird. Die Grundidee dabei ist, dass zwei
Elektronenstrahlen von verschiedenen Maschinen
oder von der gleichen Maschine zu unterschiedlichen
Zeiten erzeugt, genau die gleiche Schweißnaht her-
Abb. 153: Die automatische Strahljustierung beinhaltet
Fokussierung, Zentrierung und Stigmatisierung. Aus der
Analyse des Strahls ergibt sich ein Formfaktor.
Abb. 154: Das Strahlparameterprodukt (BPP) ist abhängig
von der Geometrie der Triode und der Qualität der optischen
Elemente und ist eine Funktion der Strahlleistung.
54
vorrufen unter der Bedingung, dass die Strahlleistung
und seine Leistungsdichteverteilung identisch sind.
Physiker würden sagen: zwei Strahlen mit identischem Strahlparameterprodukt (mm x mrad) und
gleicher Leistung erzeugen identische Schweißnähte.
Diese Art der Qualitätskontrolle ist viel genauer und
zeitsparender im Vergleich zu den üblichen Keilproben oder alternativen zerstörenden Testmethoden.
All gears by courtesy of P&W.
Abb. 155, 156, 157, 158, 159, 160: Getrieberäder einer Gasturbine.
55
Treibstofftanks
Ein weiterer großer Fortschritt ist die jüngste Entwicklung in der automatischen Nahtfolge. Frühere Nahtfolgesysteme erforderten genau definierte Fügekanten,
um den Strahl exakt in die richtige Schweißposition zu
führen. Heute ist es möglich, Fügestöße zu detektieren,
die manchmal mit dem Auge und selbst mit dem Teleskop nicht zu erkennen sind und trotzdem den Strahl
mit hoher Genauigkeit zu positionieren.
Abb. 161:
Mit einem Presssitz gefügte und überdrehte Titanteile. Die
Fügestelle ist nicht erkennbar.
Abb. 162:
Beim Scannen mit einem Elektronenstrahl erkennt man nicht
nur die Fügestelle sondern das Bild zeigt, dass es sich um
zwei verschiedenen Legierungen handelt, was mit dem Auge
nicht sichtbar ist.
56
Ein typisches Produkt, das diese Fähigkeit benötigt,
sind Satellitentanks, da die Halbschalen so genau bearbeitet sind, dass es manchmal schwierig ist, die Stoßfuge zu erkennen. Durch Verwendung von Rückstreuelektronen wird die Information zum genauen Positionieren verbessert.
All tanks by courtesy of EADS.
Abb. 163, 164, 165, 166:
Treibstofftanks aus Titan in verschiedenen Größen mit Umfangs-, Pol- und Innennähten.
Abb. 167, 168:
Alter Titantank von
1965 mit meridionalen Schweißnähten.
57
Treibstofftanks für Satelliten und Raketen werden in
Größen von wenigen cm³ bis zu einigen m³ gefertigt.
Früher wurden die großen Tanks aus vorgeformten
Blechsegmenten zusammengefügt, die in meridionaler
Richtung geschweißt werden, während sie heute aus
zerspanten Schmiedeteilen in azimutaler Richtung geschweißt werden. Neben den Schweißnähten an der
Außenhaut gibt es eine Reihe von innen liegenden
Schweißnähten, vor allem für die Struktur des Treibstoffmanagement-Systems, oder bei den Ein- und Auslassventilen. Eine schwierig auszuführende EB-Naht
befindet sich am Pol des Tanks, weil sie in einem Abstand bis zu 2 m von innen her erfolgen muss. Nur ein
Strahl mit sehr guter Qualität ist in der Lage, in einem
so großen Abstand genau zu treffen und tief zu schweißen. Da einige Teile des Treibstoffmanagement Systems sehr empfindlich auf Druckunterschiede reagieren,
muss für das Verschließen des Tanks bei der letzten
Naht sehr langsam evakuiert und später wieder belüftet
werden. Ein maximaler Druckunterschied von 4 mbar
pro Minute ist zulässig, was bei großen Tanks zu Pumpzeiten und Belüftungszeiten bis zu jeweils 10 Stunden
führt. Deshalb baut pro-beam eine Maschine mit einer
Zusatzvakuumkammer zum Pumpen und Belüften. Dies
erlaubt, die Maschine selbst für andere Schweißarbeiten
zu benutzen und so die Wirtschaftlichkeit erheblich zu
steigern. Die Maschine hat eine vertikale und eine horizontale Strahlkanone, die um 500 mm vertikal verschoben werden kann. Es ermöglicht Schweißungen in verschiedenen Positionen auszuführen, ohne das Hochvakuum, das zum Schweißen von Titanlegierungen erforderlich ist, zu unterbrechen.
.
Abb. 169:
Polstück eines Tanks
von außen angeschweißt.
Abb. 170:
Große Elektronenstrahlmaschine spezialisiert zum
Schweißen von
Treibstofftanks.
Kammervolumen
45 m³, Zusatzkammer
10m³. Der Tanktransfer erfolgt unter
Volumen.
58
Oberflächenspannungs-Treibstoff-Managementsysteme
dienen dazu, freies Gas von Flüssigkeiten zu trennen,
indem mikroporöse Membrane benetzt werden. Anwendungen dieser Systeme reichen von der gezielten
Flüssigkeitszufuhr aus Vorratstanks von Raumfahrzeugen, die ohne Schwerkraft arbeiten, ebenso wie
Treibstoffe, die unter hohen Beschleunigungsmanövern von Flugzeugen oder Raketen betrieben werden.
Die Membrane zum Trennen sind entweder feine Gewebe aus Draht oder elektronenstrahlperforierte Siebe.
Abb. 171, 172:
Oberflächenspannungs-TreibstoffManagementsysteme
mit EB-geschweißten
Sieben.
Abb. 173, 174:
Tank für das Haupttriebwerk und die
Oberstufe der Ariane
Rakete, geschmiedet
aus zusammengeschweißten Platten
und anschließend
zerspant.
59
Abb. 175, 176:
Schweißwurzel und
Makroschliff durch die
Schweißnaht mit Gegenschweißung bei Druckbehältern erforderlich.
Abb. 177:
Die Platte mit 6 m
Durchmesser passt
gerade in die Vakuumkammer.
Abb. 178:
Zum Versand ist ein
Spezialtransport erforderlich.
Hochdrucktanks, für das Haupttriebwerk und die Oberstufe bestehen aus Kalotten. Da 70 mm dicke Al-Platten
nicht in der geforderten Breite gefertigt werden, werden
sie aus schmaleren Streifen mit dem Elektronenstrahl
zusammengeschweißt. Dann werden sie in die gewünschte Form des Domes geschmiedet und das Material zwischen den Rippen, die zur Versteifung erforderlich sind, zur Gewichtsreduzierung herausgefräst.
Raketenantriebe
Schubdüsen gibt es in sehr kleinen bis zu sehr großen
Abmessungen. Die kleinen dienen zur Lagekontrolle von
Satelliten im Weltraum und weisen bis zu 20 Elektronenstrahlschweißnähte einschließlich der Ventile auf. Die
Schubtriebwerke der Ariane für das Haupttriebwerk als
auch für die Oberstufe haben jeweils 4 Schweißnähte.
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Abb. 179:
Schubdüsen zur Lagekontrolle von Satelliten
im Raum.
Abb. 180:
Schubdüse der Ariane.
Der LOX-Dom befindet
sich oberhalb der Düse.
Das Einspritzsystem für die Hauptstufe, der sogenannte
LOX-Dom wird mit 3 Elektronenstrahlnähten gefügt, an
die höchste Qualitätsanforderungen gestellt werden.
61
Abb. 181, 182:
Treibstoffeinspritzsystem des Haupttriebwerkes der Ariane in zwei verschiedenen
Schweißpositionen.
Das Elektronenstrahlschweißen wird nicht nur bei
Produkten angewandt, die im Weltraum zum Einsatz
kommen, sondern auch als eine Methode im Weltraum selbst zu schweißen. Das vorhandene gute
Vakuum erlaubt eine einfache handgeführte Ausrüstung. Es werden keine Pumpen benötigt, jedoch
muß die Beschleunigungsspannung der Elektronen
reduziert werden, um die Astronauten vor harten
Röntgenstrahlen zu schützen. Typischerweise werden
15 kV verwendet. Das Elektronenstrahlschweißen im
Weltraum mit handgeführten Geräten wurde sowohl
von den Amerikanern als auch von den Russen entwickelt und es wird zur Installation von Antennenmasten und für die Reparatur der Aussenhaut der
Raumstation im Falle von Schäden durch Meteoriteneinschläge verwendet.
Das Arbeiten mit dem Elektronenstrahl in der Luftund Raumfahrtindustrie ist besonders interessant, da
die Art und Vielfalt der Werkstoffe höchste Ansprüche stellen und die Bauteile von kleinsten bis zu
riesigen Abmessungen von ausserordentlichem Wert
sind. Fast alle Schweißnähte sind sicherheitsrelevant.
Daraus resultieren hohe Anforderungen an die Stabilität, Reproduzierbarkeit, Zuverlässigkeit und Kontrolle aller Prozesse einschließlich der Qualitätssicherung. Der Elektronenstrahl ist in der Lage diese
Anforderungen zu erfüllen.
Abb. 183, 184:
Amerikanische und
russische Astronauten
mit handgeführten
Elektronenstrahlkanonen.
62
Eisenbahnindustrie
Abb. 185:
Der ICE Hochgeschwindigkeitszug
wurde unter den
Gesichtspunkten der
Verbesserung von
Wirtschaftlichkeit und
Komfort konstruiert.
Man sagt die Eisenbahnindustrie sei konservativ in ihrer Auswahl von Werkstoffen und Fertigungsprozessen. Jedoch hat sich dies mit der Entwicklung der
Hochgeschwindigkeitszüge geändert. Die Reduzierung
von Gewicht und Fahrgeräusch ist ebenso wichtig geworden wie in der Automobilindustrie, um Energie
einzusparen und Fahrkomfort zu erhöhen. Die Verwendung von verschleißfesten Werkstoffen vergrößert
die Lebensdauer von Rädern und Schienen und natürlich bringt auch hier der Zwang zur Kostenreduzierung
neue Fertigungstechnologien in die Produktion.
Züge
Abb. 186, 187:
Einbausituation des
EB-geschweißten
Obergurtes im
Waggon.
Abb. 188:
Gurtprofil mit zwei EB-Nähten 35 bzw.
40 mm tief.
Abb. 189:
Makroschliff der
Schweißnähte.
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Der Obergurt eines Wagenkastens wird aus extrudierten Aluminiumprofilen hergestellt. Da diese Profile zu
groß sind, um sie in einem Stück zu extrudieren und da
die beiden Schenkel verschieden lang sind, werden sie
mit dem Elektronenstrahl mit zwei gegenüberliegenden
Nähten gefügt. Wenn ein Zug beschleunigt, hängt seine gesamte Masse an diesem Querträger.
Abb. 190, 191:
Kupplungen zwischen
Eisenbahnwaggons.
Abb. 192, 193:
Haken einer Lokomotive (oben) und Schliff durch die beiden
gegenüberliegenden Nähte.
Der Zug wird an die Lokomotive gehängt und die
Waggons sind mit Kupplungen verbunden. Beide, der
Zughaken und die Kupplungen sind EB-geschweißt.
Die Idee dieses Konzepts ist Kosteneinsparung. Der
Haken und die Augen sind Standardprodukte, die in
größeren Stückzahlen geschmiedet werden. Die jeweiligen Verlängerungen werden entsprechend der Anforderung unterschiedlich konstruiert, für die Untergrundbahn von Shanghai bis zum deutschen ICE Zug.
64
Abb. 194: Lokomotive wartet auf den
Achsaustausch.
Abb. 195: Hohlwellenlager werden an den
gegossenen Achskörper geschweißt.
Beim Austausch von Hohlwellen- Lagerringen für Lokomotiven wird das zentrale Gussgehäuse wieder verwendet. Es gibt höchste Genauigkeitsanforderungen in
Bezug auf Winkelstellung, Toleranz der Innenbohrung
und Gesamtlänge. Im Gegensatz zur Originalfertigung
gibt es keine zerspanende Endbearbeitung mehr.
Abb. 196, 197:
Biegeweiche und
torsionssteife
Membrankupplung.
Abb. 198:
Zwischenwelle mit
zwei EB-Nähten.
65
Die Konstruktion einer flexiblen Kupplung sieht das
Fügen von Federplatten durch EB-Schweißen vor, wodurch ein torsionssteifes, flexibles Kupplungselement
entsteht. Es gleicht zulässige Toleranzen zwischen dem
Motor und dem Antriebssystem aus, während die Zwischenwelle in allen Richtungen steif ist.
Schienen
Abb. 199:
Weichenzunge mit
Schienennetz.
Abb. 200, 201, 202:
Die Oberfläche einer Weichenherzspitze wird durch verschleißfesten Stahl verstärkt. Schweißnahttiefe 100 mm.
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Eine der großen Herausforderungen für das Elektronenstrahlschweißen sind Weichenherzen. Der zentrale
Bereich unterliegt starkem Verschleiß, da die Räder
der Züge teilweise nicht aktiv gelenkt werden, sondern
durch Reibung in die neue Richtung geschoben werden. Bis heute wird die Oberfläche durch Aufschweißen einer Platte von Maragingstahl verstärkt und dieser
Block wird anschließend zerspanend bearbeitet, um die
Zungenspitze zu formen. Die Idee, Standardschienen
zu schäften und zu verschweißen ist alt, aber wegen
des hohen Kohlenstoffgehalts von 0,8% endeten die
Schweißversuche in Rissen und Auswürfen.
Abb. 203, 204, 205:
Risse die bei der Selbstabschreckung der
Schmelze entstehen
und Auswürfe sind
das Ergebnis beim
Schweißen von
Standardschienen
mit falscher Temperaturführung.
Die heutigen Möglichkeiten der Computersimulation
machten es möglich, ein enges Band der Prozesstemperatur zu finden, das eine akzeptable Härte ergab und
das die perlitische Struktur der Schiene erhielt.
Abb. 206:
Simulierte Temperaturverteilung einer EBSchweißung. Man erkennt die auf einem
engem Raum begrenzte
Erwärmung der
Schmelze.
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Abb. 207:
Härteverteilung mit
und ohne korrekter
Temperaturführung.
Abb. 208, 209: Schliff
durch eine korrekt geschweißte Schiene und
Oberraupe.
Abb. 210, 211: Querschliffe in unterschiedlichem Abstand von der Weichenspitze.
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Abb. 212:
Die Elektronenstrahlschweißmaschine mit
dem Spannjoch.
Eine Schlüsselfunktion zu diesem Schweißprozess
übernimmt die schnelle und einheitliche Erwärmung,
die keinen Temperaturgradienten in den Schienen
aufweist. Dies wurde durch Verwendung des UMH
Prozesses erreicht (Uniform Magnetic Heating).
Abb. 213: Vier Weichen- Abb. 214: UMH Anlage.
herzen zum Test.
Abb. 215:
Prüfstand für
Biegewechselbelastung.
Die spezifizierten 2 Mio. Lastwechsel mit einer Last
von 320 kN wurde bei weitem überschritten; bei 5,5
Mio. Wechseln mit einer Endlast von 570 kN erfolgte
der Bruch. Das positive Schweißergebnis führte zu
einer voll automatisierten Produktionslinie einschließlich
Montage und Spannwerkzeuge, Vorwärmen, EBSchweißen, Wärmenachbehandlung, Qualitätskontrolle und Dokumentation.
Das Elektronenstrahlschweißen von Weichenherzen
ist ein Beispiel für die erfolgreiche Zusammenarbeit
von Experiment und Computersimulation, die in
einem attraktiven Produkt geendet hat.
69
Schiffbau
Abb. 216:
U-Bootkörper werden
in großen Vakuumkammern elektronenstrahlgeschweißt.
Das Elektronenstrahlschweißen im Schiffbau hat nur
wenige Anwendungen. Die bekannteste ist das
Schweißen von Rumpfsektionen von U-Booten. Es
gibt zwei große Elektronenstrahlanlagen mit Vakuumkammer Durchmessern von 10 bzw. 12 m, die in der
Lage sind, Stahl und Titan bis zu einer Dicke von
100 mm zu verschweißen. Leider gibt es keine zugänglichen Informationen über weitere Anwendungen an diesen Maschinen. Wir könnten uns vorstellen, dass Ruderblätter oder deren Lagerungen mit
Schweißtiefen zwischen 50 und 100 mm in Frage
kämen.
Abb. 217, 218, 219: Kupplungsnabe und Membrankupplungen.
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Der Motor wird über eine Kupplungsnabe über Membrankupplungen an die Antriebswelle gekoppelt. Die
Membrankupplung weist 3 EB-Nähte auf. Ihre Aufgabe ist es, die Vibrationen des Motors zu kompensieren. Marine Antriebe zeigen ähnliche, nur größere
Schweißungen, wie bei Lastwagen an Kolben, Einspritzdüsen und Zahnrädern auf. Zum Transport von
großen Schiffsmotoren werden Hebelaschen EBgeschweißt.
Abb. 220, 221:
Kolbenboden eines
Dieselmotors für Schiffe
und Makroschliff der
die EB-Härtung der
Nutflanke für den
Kolbenring zeigt.
Abb. 222, 223:
Hebelaschen für Schiffmotoren (links), Dieseleinspritzdüse für Schiffsmotoren (rechts).
Abb. 224:
Schwinge zum Steuern des Schleppers
aus Abb. 225.
Abb. 225: Ein Hightech-Antriebssystem für
Schlepper mit verstellbaren Vorschub in
Kraft und Richtung erlaubt es, das Boot auf
der Stelle zu drehen.
Der Herausgeber dieses Buches:
Die Firma pro-beam wurde 1974 als Elektronenstrahl-Lohnbearbeiter gegründet. Mit zwei Mitarbeitern und zwei gebrauchten Maschinen, eine zum
Schweißen und eine zum Bohren, begannen die Aktivitäten. Zehn Jahre später
wurden erste Laseranlagen angeschafft.
Heute, nach 33 Jahren kontinuierlichen Wachstums, beschäftigt die pro-beamGruppe 225 Mitarbeiter an fünf inländischen und drei ausländischen Standorten. Sie betreibt 32 EB-Schweißmaschinen, fünf EB-Perforationsanlagen
und fünf Laser. Die EB-Anlagen haben Strahlleistungen im Bereich von 1 bis
60kW und Kammergrößen von 0,05 bis 630 m³. Die Nd: YAG- und CO2Laser werden im Leistungsbereich von 150 W bis 12 kW betrieben. pro-beam
bearbeitet an bis zu sieben Tagen in der Woche im Dreischichtbetrieb
Aufträge für seine Kunden. Damit ist pro-beam der größte EB-Lohnbearbeiter
weltweit und die einzige Firma, die jahrzehntelange Erfahrung in den möglichen Anwendungsgebieten Schweißen, Bohren, Schneiden und der Veredelung von Oberflächen durch Härten, Umschmelzen und Auflegieren mittels
Laser- und Elektronenstrahl-Technik hat. pro-beam bearbeitet dabei sowohl
Einzelteile als auch Großserien.
Aus den Erfahrungen der Vielfalt der Anforderungen im Bereich der Lohnanwendungen hat pro-beam in den letzten zehn Jahren eigene EB-Anlagen bis
zur Serienreife entwickelt und im eigenen Lohnbetrieb getestet. Seit 2000 ist
pro-beam mit seiner Tochter pro-beam Anlagen GmbH, Chemnitz, auch als
Maschinenlieferant positioniert.
Derzeit entwickelt die pro-beam-Gruppe mit 30 Ingenieuren und einer Reihe
externer Institute und Firmen eine neue Generation von Anlagen und Verfahren, um dem Elektronenstrahl weitere Anwendungsfelder zu erschließen.
Ziel ist es, die technologische Spitzenstellung des EB-Schweißens, -Bohrens,
der EB-Randschichttechnologien und als Anlagenlieferant auszubauen und
zugleich die Marktführerschaft der Firmengruppe zu festigen. pro-beam ist in
den einschlägigen Arbeitskreisen des DVS und des DIN vertreten.
pro-beam ist zertifiziert nach DIN EN ISO 9001:2000, ISO/TS 16949:2002
Automobil, DIN EN 9100 Luft- und Raumfahrt, DIN 6700-2 Bahn, WTD 61
Wehrtechnik Marine, HP0 Druckbehälter, DIN EN 729-3 QS und seine
Anlagen nach DIN EN ISO 14744:2006, sowie das Prüfpersonal nach DIN EN
473 und die Anlagenbediener nach DIN EN 1418 für EB- und Laseranlagen.
pro-beam AG & Co.KGaA
Behringstr. 6
D-82152 Planegg
Tel.
089/ 89 92 33-0
Fax
089/89 92 33-11
E-Mail [email protected]
www.pro-beam.de
Danksagung
Es ist nicht möglich, ein solches Buch zu schreiben, ohne auf eine Fülle von
Bildern und Anwendungen zurückgreifen zu können. Deshalb gilt mein
besonderer Dank unseren Kunden, die über einen sehr langen Zeitraum ihre
Produkte zum EB-Schweißen zu pro-beam gebracht haben.
Ich hoffe, dass sie im Gegenzug angeregt und ermutigt werden, aus den
gezeigten Beispielen Nutzen zu ziehen.
Weiter gilt mein herzlicher Dank meinen beiden Kollegen, die für viele der
gezeigten Produkte verantwortlich waren: Herr Franz Rappold, der 25 Jahre
lang die Produktion leitete und Herr Manfred Müller, dem 20 Jahre lang die
Konstruktion und der Vertrieb unterstanden. Beide sind jetzt im wohlverdienten Ruhestand.
Dietrich von Dobeneck
Von links: Manfred Müller, Franz Rappold, Dietrich von Dobeneck.