Exposé zur Magisterarbeit - The Media Computing Group

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Exposé zur Magisterarbeit - The Media Computing Group
RWTH Aachen
Institut für Sprach- und Kommunikationswissenschaft
Lehr- und Forschungsgebiet Textlinguistik
Prof. Dr. Eva-Maria Jakobs
RWTH Aachen
Lehrstuhl Informatik 10
Media Computing Group
Prof. Dr. Jan Borchers
Exposé zur Magisterarbeit
vorgelegt von:
Studiengang:
Telefon:
Email:
Mirko Romstadt (242486)
Technik-Kommunikation (Informatik)
0177/6905502
[email protected]
Arbeitstitel der Magisterarbeit
Everybody Touch? Eine explorativ-gerontologische Studie zur Bedienbarkeit und zur Akzeptanz von
Touch-Interfaces
Motivation
Laut des Statistischen Bundesamtes wird der Anteil der über 64-Jährigen von 19% der Gesamtbevölkerung im Jahre 2005 auf etwa 30-36% im Jahre 2050 ansteigen (Eisenmenger et al. 2006). Umgekehrt geht der Anteil der Personen im Erwerbsalter (20 bis 64 Jahre) von 61% auf etwa 55% zurück. Die Gruppe der über 64-Jährigen wird in Zukunft nicht nur gesellschaftlich, sondern auch
wirtschaftlich eine immer größere Rolle spielen.
Neuere Technologien wie Touch-Interfaces sind heutzutage fester Bestandteil des öffentlichen Lebens. So setzt z.B. die Deutsche Bahn seit Mitte der 90er Jahre Fahrkartenautomaten ein, die mit
einem Touch-Interface bedient werden. Ebenso finden sich Touch-Interfaces zunehmend an Geldautomaten oder an Informationspanels einer Bushaltestelle. Auch bei mobilen Geräten werden vermehrt Touch-Interfaces eingesetzt, beispielsweise beim iPhone der Firma Apple.
Es existiert eine Reihe von Untersuchungen zu Touch-Interfaces. Auch das Verhältnis von älteren
Menschen zu Technik und Technologie im Allgemeinen wurde in der Wissenschaft untersucht (vgl.
beispielsweise Jakobs et al. 2005, Jakobs 2008). Im Hinblick auf die steigende Zahl älterer Menschen und die zunehmende Verbreitung von Touch-Interfaces besteht allerdings in diesem Feld weiterer Forschungsbedarf. Diese Studie beschäftigt sich mit der Bedienbarkeit von Touch-Interfaces
bei über 64-Jährigen. Außerdem wird untersucht, inwieweit diese Gruppe Touch-Interfaces akzeptiert.
Untersuchungsobjekte
Aufgrund des Untersuchungsschwerpunkts ergeben sich sowohl Untersuchungsgruppen als auch
Untersuchungsgegenstände, die zusammen die Untersuchungsobjekte darstellen.
Zu den Untersuchungsgruppen gehört die Gruppe der über 64-Jährigen und die Gruppe der 20- bis
64-Jährigen. Die Gruppe der 20- bis 64-Jährigen dient als Vergleichsgruppe, um Aussagen über
mögliche Spezifika für die über 64-Jährigen treffen zu können. Um aussagekräftige Daten zu gewinnen, sollte der numerische Abstand des Alters zwischen den beiden Gruppen möglichst groß
sein. Auf der einen Seite steht daher die Gruppe der jungen Erwachsenen, nach Möglichkeit zwischen 20 und 40 Jahren; auf der anderen Seite die Gruppe der Älteren, die sich bestenfalls im fortgeschrittenen Rentenalter von 75 Jahren und älter befindet.
Als Untersuchungsgegenstände eignen sich drei Geräte, die der Lehrstuhl i10 für das Projekt
„Route Charlemagne“ der Stadt Aachen entworfen und realisiert hat: der Aixplorer, das
Karlspreisexponat und das digitales Buch.
Beim Aixplorer (Abb. 1) handelt es sich um ein modifiziertes iPhone. Um das Gehäuse des iPhones
wurde ein Gummigehäuse gebaut, so dass das iPhone als solches nicht mehr zu erkennen ist. Lediglich das Touch-Interface des iPhones ist sichtbar. Zudem wurde eine vom Lehrstuhl i10 entwickelte
Software zur Führung durch das Rathaus installiert, womit die eigentlichen Funktionen des iPhones
nicht mehr zugänglich sind. Der Anwender des Aixplorers bedient ausschließlich die Zusatzsoftware.
Das Karlspreisexponat (Abb. 2 und Abb. 3) ist ein etwa 40 cm breites und 70 cm hohes, an der
Wand befestigtes Touch-Interface. Darauf werden alle bisherigen Karlspreisträger abgebildet. Bei
Auswahl eines Karlspreisträgers erhält der Anwender weitere Informationen über diesen und über
dessen Karlspreisrede.
Das digitale Buch (Abb. 4 und Abb. 5) ähnelt einem Rednerpult. Allerdings ist statt der Auflagefläche für ein Buch ein etwa 40 cm breites und 30 cm hohes Touch-Interface installiert. Das digitale
Buch lässt sich durch Tippen auf die Buchseiten oder durch virtuelles Ziehen der Buchseiten bedienen.
Gemein ist allen drei vorgestellten Untersuchungsgegenständen, dass sie ausschließlich auf Berührung reagieren. Ein Touch-Interface ist das einzige Eingabemittel, um die Geräte zu bedienen. Eine
Tastatur, eine Maus oder andere Eingabegeräte sind nicht vorhanden.
Untersuchungsgruppen und -gegenstände müssen im Verlauf der Magisterarbeit gegebenenfalls angepasst werden. Z.B. könnte sich herausstellen, dass die Studie aufgrund der Datenmenge auf ein
oder zwei Untersuchungsgegenstände beschränkt werden muss.
Forschungsfragen
Es ergibt sich folgende explorative Fragestellung:
Gibt es eine altersabhängige Divergenz zwischen der Gruppe der jüngeren und der Gruppe der älteren Menschen sowohl in der Bedienbarkeit als auch in der Akzeptanz von Touch-Interfaces?
Des Weiteren lassen sich zusätzliche Forschungsfragen formulieren, die im Verlauf der Untersuchung präzisiert, erweitert oder verworfen werden können:
Lassen sich aus den eventuellen Divergenzen in der Bedienbarkeit und in der Akzeptanz von
Touch‑Interfaces Optimierungsvorschläge in Bezug auf ältere Menschen herleiten?
Besteht ein Zusammenhang zwischen der Bedienbarkeit und der Akzeptanz innerhalb der jeweiligen
Altersgruppen?
Wie lässt sich die Akzeptanz von Touch-Interfaces im Allgemeinen oder bei älteren Menschen im
Besonderen erhöhen?
Forschungsdesign
Die Studie soll empirisch-qualitativ angelegt sein. Es wird ein Fragebogen entwickelt, um soziodemografische Daten sowie Erfahrungen mit bzw. Einstellungen gegenüber technischen Geräten bei
den Teilnehmern im Vorfeld abzufragen. In einem Benutzertest soll die Bedienbarkeit der Untersuchungsgegenstände ermittelt werden. Mit einem anschließenden qualitativen, teilstrukturierten Interview sollen Bedien- und Akzeptanzprobleme der Untersuchungsgruppen bei der Benutzung der
Untersuchungsgegenstände festgehalten werden. Sowohl der Benutzertest als auch das Interview
sollen mit einer Videokamera dokumentiert werden.
Die gesamte Datengewinnung findet in den Räumlichkeiten des Rathauses statt. Hier bietet sich die
Möglichkeit, den Umgang mit den Untersuchungsgegenständen direkt an ihrem Einsatzort zu erforschen.
Aufgrund des qualitativen, explorativen Charakters der Studie ist die Teilnehmerzahl beschränkt.
Untersucht wird die Gruppe der über 64-Jährigen. Als Vergleichsgruppe wird die Gruppe der 20 bis
64-Jährigen herangezogen. Es sollen aus beiden Gruppen jeweils mindestens zehn Personen an den
Benutzertests und den Interviews teilnehmen. Die Akquise der Teilnehmer soll vor Ort erfolgen,
alternativ im Freundes- und Bekanntenkreis.
Zur Datenauswertung und -interpretation wird unter anderem die qualitative Inhaltsanalyse nach
Mayring/ Brunner (2007) eingesetzt. Hiermit soll neben der Bedienbarkeit vor allem der Aspekt der
Akzeptanz untersucht werden. Für die Bedienbarkeit sollen zudem verschiedene Heuristiken mit
den Ergebnissen der Benutzertests verglichen werden (beispielsweise Burmester 2007; Shneiderman 1998; Shneiderman 2004; Nielsen/ Mack 1994; Wagner 2002). Diese sollen zeigen, inwieweit
allgemeine Heuristiken für die Bedienbarkeit von Touch-Interfaces auch für ältere Menschen geeignet sind. Außerdem sollen gegebenenfalls Optimierungsvorschläge in Bezug auf ältere Menschen
erarbeitet werden.
Zeitplan
Insgesamt werden für die Abschlussarbeit 24 Wochen angesetzt, das entspricht in etwa 6 Monaten.
Zur besseren Übersicht der einzelnen Arbeitsschritte dient ein grafischer Zeitplan:
1
Themenfindung
Literaturrecherche, -studium
theoretische Grundlagen erarbeiten
Entdeckungszusammenhang klären
Verwertungszusammenhang klären
Forschungsdesign festlegen
Forschungsfragen präzisieren
Untersuchungsobjekte festlegen
Interviews/Fragebögen erstellen
Benutzertests erstellen und testen
Benutzertests durchführen
Interviews transkribieren
Ergebnisse analysieren/interpretieren
Puffer und Korrektur
Arbeit anfertigen
2
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Anhang
Abb. 1: Der Aixplorer
Abb. 2: Das Karlspreisexponat
Abb. 3: Das Touch-Interface des Karlspreisexponats
Abb. 4: Das digitale Buch
Abb. 5: Das Touch-Interface des digitalen Buchs