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Foto: Harookz
> Spotguide
„Freeriden in B. C. erfordert ungeheueren
Mut, eine Evel-Knievel-Mentalität und ist
trotzdem immer höllisch gefährlich“ – dieses
Vorurteil ist weit verbreitet und schreckt
viele von einem B. C.-Besuch ab. Grund für
das Missverständis: Extrem–Videos und
Stuntfotos wie dieses hier. Ryan Berrecloth
dropt sechs Meter von einem morschen
Northshore-Stunt in die Tiefe.
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In British Columbia steht nicht nur
die Wiege des Freeridens, das Land
an Kanadas Pazifikküste ist schlichtweg das Paradies für actionverliebte
Biker. Wir sagen euch, was ihr im
gelobten Land unbedingt erleben
müsst.
>
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> Spotguide
Wade Simmons, Northshore-Spezialist
„Riesenfarne,
Sümpfe, uralte
ZedernBäume“
Was macht die Fazination „Northshore“ aus? Der Regenwald mit
seinen Riesenfarnen, Sümpfen und uralten Zedernbäumen ist ein irres Erlebnis. Da mit dem Bike durchzufahren, begeistert mich immer wieder.
Du bist einer der ersten Freerider am Northshore gewesen. Hat er
sich über die Jahre verändert? Ja, der Hype der „Skinnies“ ist vorbei. So
nennen wir die superschmalen Leitern und Balken in schwindelnder Höhe.
Jetzt versuchen die Trailbuilder, mehr Flow in die Strecken zu packen,
statt alles mit Leitern vollzubauen. Northshore-Riding ist mittlerweile
eine Disziplin des Freeridens auf der ganzen Welt. Darunter versteht man
Stunts wie Holzbrücken, Hühnerleitern und schmale Baumstämme. Was
viele nicht wissen: All das musste gebaut werden, sonst hätten wir nicht
fahren können, wegen all der umgefallenen Bäume, Bäche und Sümpfe.
Gibt es jetzt mehr Trails? Sicher sind es über die Jahre etwas mehr Trails
geworden, doch mittlerweile mischt die Stadtverwaltung mit. Und die ist
daran interessiert, dass die bestehenden Trails gut gepflegt werden.
Welches ist dein Favorit unter den Northshore-Bergen? Das wechselt.
Vorteil von Seymour und Cypress: Man kann mit dem Auto hochshutteln.
Fromme musst du dir auf einem Forstweg erstrampeln. Er ist ruhiger, liegt
direkt hinter meinem Haus, deswegen kurbel ich da oft hoch.
Welchen Trail-Tipp gibst du uns, wenn wir einen richtigen North–
shore-Trail fahren wollen? Wenn du „Upper Oil Can“ fährst und weiter
über „Ladies only“, dann hast du den wirklichen Northshore erlebt.
Diese beiden Trails besitzen alles, was das Freeriden hier ausmacht. Am
Ende gibt es für die Action-Junkies einen Klassiker unter den Stunts: den
Felsdrop „Digger’s Rock“. Das ist ein satter 6-Meter-Drop.
Zu welcher Ausrüstung rätst du? Am Northshore kann man alles fahren,
denn es gibt ja auch wirklich leichte Trails. Wenn ich hochpedaliere, nehme
ich ein Superenduro. Für Shuttle-Touren den Downhiller und Fullface. Protektoren sind immer gut. Besonders, wenn man die Trails nicht kennt.
Selbst losziehen und die Trails suchen oder eine geführte Tour
buchen? Du kannst das Northshore-Freeriden am besten genießen, wenn
du eine Tour buchst. Mein Tipp: Endless Biking (www.endlessbiking.com).
Viel Informationen über den Northshore findest du unter www.nsmb.com
und der offiziellen Seite www.nsmba.ca
Andrew Shandros Top 5
Trails am Northshore
1. CBC (Seymour)
2. Oil Can (Fromme)
3. Ladies only (Fromme)
4. Pipeline (Fromme)
5. 5th Horsemen (Cypress)
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S
chon der Name klingt unheimliche: Northshore. Und dann
die Bilder, die man von diesem
mysteriösen Bike-Revier aus Videos
und Zeitschriften kennt: umgestürzte
Riesenbäume, modrige Stämme, Farne,
verfaulte Rinde und das Schummerlicht
wie aus einem Horrorfilm. Denn kaum
ein Sonnenstrahl schafft es, sich durchs
dichte Blätterdach zu zwängen. Mit
unserer Vorstellung von Wald hat der
Küstenwald British Columbias nichts
zu tun. Es ist Urwald. Wildnis. Das
verwundert nicht bei einem Land, das
viermal so groß ist wie Deutschland,
in dem aber nur vier Millionen Menschen leben. Fast jeder Zweite wohnt
im Großraum Vancouver. Die Stadt am
Meer hat den Ruf eine der schönsten
Küstenstädte der Welt zu sein – mit
sensationell niedriger Kriminalitätsrate.
Der so genannte Northshore befindet
sich im Norden der Stadt und besteht
aus drei Bergen: Mount Seymour ganz
im Osten, Mount Fromme in der Mitte
und Mount Cypress ganz im Westen.
Über die Jahre eroberten die Freerider
den Bergwald und legten an den Hängen
ein dichtes Trailnetz an. Nicht falsch
verstehen! Wir sprechen nicht von
einem touristisch erschlossenen Gebiet
mit beschilderten Bike-Touren. Eher von
einem Abenteuerspielplatz verwegener
Hardcore-Biker, die sich in jahrelanger
Mutprobe: haarsträubende
Hühnerleitern in schwindelnder Höhe. Mit solchen
Stunts wurde der Northshore
bekannt und schuf eine eigene
Freeride-Disziplin.
Mittel zum Zweck: „Die Leitern
wurden ursprünglich gebaut,
um in diesem Urwald hier
überhaupt biken zu können“,
erinnert sich Northshore-Local
Andrew Shandro. Erst später
bauten die Trailbuilder immer
extremere Stunts in den Wald.
Arbeit Stunttrails für die Feierabendrunde zusammengenagelt haben. Zwar gibt
es Trailkarten – eine Garantie, die Trails
zu finden, ist das aber noch lange nicht.
Yorick Carroux, Action-Fotograf und leidenschaftlicher Freerider, lebte einige
Jahre in Vancouver und formuliert es so:
„Freeriden am Northshore kann schnell
zum Negativ-Erlebnis werden, wenn
man den falschen Trail fährt und durch
das steile, technisch-schwierige Gelände
überfordert wird. Der Northshore ist kein
Bikepark und selbst nach einigen Jahren
in Vancouver ist es schwer, sich in dem
unübersichtlichen Gelände zurechtzu­
finden.“ Sein Tipp: An einer organisierten Tour teilnehmen. Vorteil: Die Guides
kennen das Revier wie ihre Westen­
tasche und organisieren Shuttlerides.
Wer sein Northshore-Abenteuer individuell gestalten will, sollte sich in North
Vancouver eine Unterkunft suchen. Von
dort lassen sich die Northshore-Berge in
zirka einer Stunde erstrampeln. Yoricks
Rat: „Höchstens 2-3 Tage für den North­
shore einplanen und lieber noch Zeit für
die Trails in Squamish, Whistler und
Pemperton einplanen. Denn die sind viel
flowiger, nicht so ruppig und landschaftlich wesentlich schöner mit Wildflüssen und vielen einsamen Seen.“ Über
einen Mangel an Seen kann man sich in
B. C. tatsächlich nicht beklagen. Knapp
250 000 gibt es davon.
Fotos: Dan Barham, Harookz
Text: Dimitri Lehner
Der Mythos:
Foto: Sterling Lorence
Foto: www.carroux.com
Seltene Kombination: Millionenstadt mit
Freeride-Revier im Hinterhof. Im Norden
Vancouvers recken sich die NorthshoreBerge Cypress, Fromme und Seymour in
den Himmel. Hunderte von Trails durchziehen den sogenannten temperierten
Regenwald, ein immer feuchter Urwald
an der Pazifikküste Kanadas.
Vorsicht: Rutschgefahr. Bemooste Baumstämme, morsches Moderholz, algengrüne
Felsbrocken – Freeriden am Northshore ist ein
Erlebnis für die Sinne. Doch aufpassen: Dieses
Revier ist anspruchsvoll. Tipp: sich langsam an
die Anforderungen rantasten.
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> Spotguide
Freeride-Himmel: Blick aufs
Whistler Village vom Bikepark
aus. Wenigstens ein Mal sollte
man in seinem Freeride-Leben
die Trails im Superpark gefahren
sein. Doch Obacht: Suchtgefahr!
Das Paradies:
Whistler, Whistler, Whistler! Ständig hört man, dass
es dort den besten Bikepark der Welt gibt. Ist dieser
Bikepark wirklich so außergewöhnlich, dass er alle
verzaubert? Ist er, tut er.
Text: Ralf Hauser
D
en Titel: „Die Nummer Eins unter den
Bikeparks der Welt“ bekommt man nicht
über Nacht. Zwar war Whistler einer der
ersten Parks überhaupt, aber seither haben ständige Erweiterungen, unendliche Arbeitsstunden,
ein professionell arbeitendes Team, perfekte Infrastruktur und die Unterstützung der Gemeinde
ihn erst zu dem gemacht, was er heute ist: Ein
Bike-Kosmos, dessen Streckennetz man selbst
mit maximalem Speed an einem Tag nicht abfahren könnte. Vor den gewaltigen Stunts, die jährlich Schauplatz des Crankworx-Festivals sind,
braucht sich keiner einschüchtern zu lassen. So
extrem diese Bauwerke und Sprünge im unteren
Abschnitt des Parks sind, so perfekt eignet sich
der Park doch auch für Einsteiger. Mit Trails wie
„Easy Does It“, „B-Line“, oder „Heart of DarkFREERIDE 4/10
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ness“, kann man sich in seinem eigenen Tempo
unter perfekten Bedingungen an seine Limits
herantasten. Wobei das allerdings nicht heißt,
dass diese Trails langweilig wären. Auch Fortgeschrittene nehmen gerne Abstecher auf die Strecken mit blauer Markierung. Alle Trails sind wie
die Pisten im Skigebiet je nach Schwierigkeitsgrad mit Farben gekennzeichnet. So findet der
Familienvater mit Anhang genauso schnell zu
seinem Traumtrail wie der Worldcup-DownhillPilot. Und genau wie im Skiurlaub stehen einem
täglich Ausbilder zur Verfügung, bei denen man
Privatstunden oder ganze Kurse belegen kann
– bis hin zu Weltklasseprogrammen wie den
Summer Gravity Camps, Trek Dirt Series oder
Richie Schley Freeride Camps. Während sich im
Abschnitt unterhalb der Mittelstation Levels für
alle Fahrer finden, sollten sich nur Könner bis
zum Garbanzo-Areal vorwagen. Hier kommen
vor allem Liebhaber von wurzeligen Trails und
steilen Gefällen auf ihre Kosten, obwohl es auch
Abfahrten mit vielen Sprüngen gibt, z. B. Freight
Train. Freight Train lässt sich nach Wunsch mit
der weltbekannten A-Line verknüpfen. Das Ergebnis: Eine 40-Minuten-Mega-Abfahrt vom
Gipfel bis zum Dorfplatz mit über 100 Jumps.
Die am besten gepflegten Abfahrten und relativ
geringe Besucherzahlen findet man zu Anfang
der Saison vor, obwohl täglich eine Crew von
Arbeitern ausrückt, um die Trails in Schuss zu
halten. Wann der Park nach der Winterpause
wieder öffnet, hängt davon ab, wie viel Schnee
noch in den Bergen hängt, meist ist es Anfang
Mai soweit. Wer die Trails vom Garbanzo hinun-
Whistler Backcountry
Trail-Abenteuer
Khyber Pass
Länge: 1500 Höhenmeter-Abfahrt vom der Gipfelstation. Dauer: zirka 45 Minuten Highlights: Atemberaubendes Panorama
und Blick auf die Küstenberge. Zielgruppe: Freerider, die es steil und technisch lieben. Ausrüstung: ab 160 mm-Federweg
bis Big Bike. Fullface nicht unbedingt erforderlich. Wasser und Snacks. Orientierung: Man kann den Trail nur schwer
selbst finden, leichter mit Guide. Charakter des Trails: Der Trail ist nach dem legendären Khyber Pass im Hindukusch
benannt, ein 50-Kilometer-Pfad im Grenzgebiet von Afghanistan nach Pakistan. Whistler-Locals tauften ihren Natur-Trail
auf diesen Namen, weil der Trail zwar atemberaubend schön, doch auch rau und gefährlich ist und jedem, der ihn begeht,
alles abverlangt. Zuerst verläuft er oberhalb der Baumgrenze über alpine Wiesen, Geröllfelder und windet sich als Singletrail hinunter in den Wald. Das Gelände wird zunehmend steiler. Abfahrten in der Falllinie sind das Markenzeichen für
dieses Trails. Kleine Sprünge, Anliegerkurven, Wurzelabfahren und eine herrlich gewundene Trailführung durch den alten
kanadischen Bergwald mit seinen mächtigen Bäumen machen den Khyber-Pass-Trail zum Abenteuer.
Train Wreck
Länge: Zirka 3 Kilometer in der Ebene direkt am Ortseingang von Whistler. Zielgruppe: Drop- und sprungerfahrene
Freerider. Die Stunts können allerdings auch umfahren werden. Highlights: Gap-Jumps von den Zugwaggons, Wasserfälle,
Stromschnellen am Fluss, flowige Trailpassagen. Ausrüstung: Freeride-Bike, Fullface und Protektoren. Orientierung:
Leicht zu finden und gut ausgeschildert. Charakter des Trails: Der Trail wurde auf den Namen „Train Wreck“ getauft, da
hier bei einem Zugunglück in den 60er-Jahren Waggons in den Wald geschleudert wurden. Sie liegen noch heute zwischen
den Bäumen verstreut. Findige Trailbuilder bauten daraus Freeride-Stunts. Am Ortseingang Whistler (Function Junction)
folgt man den Zuggleisen nach Süden und findet nach knapp zwei Kilometern den markierten Traileinstieg. Der Trail kurvt
flowig am Fluß entlang durch den Wald. Von drei Wagons kann gesprungen werden. Tipp: Mit dem mittleren Waggon
anfangen, denn der Drop vom ersten ist am höchsten. Die Holzlandungen wurden schön steil und breit gebaut und gerade
neu renoviert.
PhD
Länge: 500 Höhenmeter, zirka 40 Minuten Uphill. Zielgruppe: Steilwand-Junkies. Highlights: Steile Rutschen, steile
Abfahrten über Granitfelsen, Panorama-Aussichten auf Mount Currie. Ausrüstung: ab 160-mm-Federweg bis Big Bike.
Fullface ratsam. Wasser und Snacks sollte man mitnehmen. Orientierung: Der Trail befindet sich 20 Auto-Minuten von
Whistler Richtung Pemperton am Highway. Am Motocross-Gelände links. Logging Road bergauf, bei V-Gabellung rechts bis
auf den Bergsattel. Dort beginnt der Trail. Guide anzuraten. Charakter des Trails: Der Trail verläuft im trockenen, lichten
Pinienwald und besticht durch seine haarsträubenden Steilabfahrten und Roll-offs von Granitfelsen. Das Gestein entwickelt
so viel Grip, dass man sich die Mutproben trauen kann, ohne ein Abschmieren zu riskieren. Dennoch: der Nervenkitzel ist
garantiert! Im Netz finden sich detaillierte Beschreibungen und Filmchen.
ter genießen will, muss sich aber bis mindestens
Juni, wenn nicht sogar Juli gedulden. Rekordwinter haben schon mehr als einmal die Öffnung des
oberen Abschnittes verzögert. Wer nach Whistler kommt, um möglichst viel im Park zu fahren,
der sollte die zehn Tage des Crankworx Festivals
(Juli/August) meiden, denn dann bilden sich am
Lift im Tal lange Schlangen, manche Abfahrten
werden für die Wettkämpfe zeitweise gesperrt
und auch die bestgepflegten Strecken sind innerhalb kurzer Zeit mit Bremswellen übersäht
– ein guter Anlass, die vielen Whistler-Trails
außerhalb des Parks zu erkunden.
Länge: 1000 Höhenmeter auf zirka 4 Kilometern Länge. Von der Gipfelstation aus zirka 30 Minuten Schiebepassage zum
Traileinstieg. Zielgruppe: Freerider, die es gerne supersteil und technisch lieben und keine Angst haben, die Haftungslimits
der Reifen auszutesten. Highlights: Steile Rutschen, Abfahrten über Granitfelsen. Ausrüstung: ab 160-mm-Federweg bis
Big Bike. Fullface ratsam. Wasser und Snacks sollte man mitnehmen. Orientierung: Der Trail verläuft außerhalb des Parks
und lässt sich mit einer guten Beschreibung selbst finden. Charakter des Trails: Wie der Name sagt, geht es hier supersteil
zur Sache. Gute Bremsen und trockene Witterung sind ein Muss, um diesen Trail mit Spaß zu erleben. Schön: die PanoramaBlicke und alpine Landschaft zu Beginn des Trails. Dann geht es in den Wald und die Rutschpartie beginnt. Steilabfahrten
über Wurzeln, Felsen, Gräben, Rinnen. Einige extrem steile aber fahrbare Stellen trugen dem Trail seine „Doppel-Diamant“Bewertung ein. Doch die Schwierigkeiten sind technischer Natur, gebaute Stunts und Drops gibt es hier nicht. Im Internet
finden sich viele Amateurfilme, die einen guten Eindruck des Trails vermitteln. „Ride, don‘t slide“ ist zweifelsohne ein tolles
Trailabenteuer für Freerider, die sich nach Tagen im Bikepark nach einem einsamen Freeride-Erlebnis mit richtigem KanadaFeeling sehnen.
Abenteuer-Garantie: Nicht
nur im Bikepark kann man
Spaß haben, Whistler hat
noch viel mehr zu bieten.
Foto: Rob Rebholz
Foto: Sterling Lorence
Ride, don’t slide
Dirtjumpen
Auch Dirtjumper kommen in Whistler auf ihre
Kosten. Ganz in der Nähe des Bikeparks gibt es >
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> Spotguide
einen perfekt geshapten Dirtjump-Park. Im „Airdome“ kann man auch bei
Regenwetter seine Trickliste erweitern und bisher nie gewagte Flips in die
Schnitzelgrube probieren. Es zahlt sich übrigens aus, sein eigenes Rad über
den großen Teich mitzubringen, nicht nur weil man sich auf seinem eigenen
Bike meistens sicherer fühlt, sondern auch weil vollwertige Downhiller oder
Freerider mit bis zu 100 Dollar Mietpreis pro Tag ein ordentliches Loch ins
Budget brennen – und das, obwohl es an jeder Ecke gut sortierte Shops
mit einem riesigen Angebot gibt.
Whistler Back Country
Noch immer hat es sich kaum herumgesprochen, dass es auch außerhalb
des Parks ein phänomenales Trailnetz gibt, angefangen von Einsteigerrouten
in Lost Lake in der Nähe des Whistler Village, bis hin zur vierstündigen epischen Tour auf „Comfortably Numb“, die sich zu 100 Prozent auf Singletrails
aus der Wildnis in die Zivilisation zurückschlängelt. Auch selbstgebaute
Stunts, wie sie Vancouvers Northshore so berühmt gemacht haben, gibt es
zuhauf, sie liegen an Trails mit Namen wie „Kill Me Thrill Me“, „A River
Runs Through It“, „Cheap Thrills“ oder „Shit Happens“.
In Whistler dürfen alle Wege von Bikern befahren werden, viele wurden
sogar extra für Biker angelegt, alle sind nach Schwierigkeitsgraden unterschieden, auf einer speziellen Karte eingezeichnet und leicht zu finden.
Hintergrund dieser paradiesischen Verhältnisse ist eine sehr fahrrad- und
sportbegeisterte Gemeinde – es ist nicht ungewöhnlich, dass man nach
Feierabend dem Bürgermeister von Whistler auf dem Mountainbike begegnet.
Augen zu und durch: Der Whistler
Bikepark ist gespickt mit gut geshapten Nervenkitzeln.
Jumpline in Perfektion: Die Trails
werden so gut angelegt und gepflegt, dass man gleich eine Klasse
besser fährt.
Pemperton und Squamish
Pemberton liegt ungefähr eine halbe Stunde nordöstlich von Whistler und
beherbergt ein Trail-Netzwerk mit epischen langen All-Mountain-Runden
und radikalen Downhill-Trails, die man am besten mit dem Auto shuttlt,
denn Seilbahnen gibt es hier nicht.
Südlich von Whistler stößt man auf Squamish, das neben seinen fabelhaften
Mountainbike-Routen auch unter Kitesurfern und Kletterern bekannt ist.
Vorteil beider Orte: Aufgrund ihres etwas wärmeren Klimas, kann man
in Pemberton oder Squamish schon wieder in die Pedale treten, wenn in
Whistler noch Schnee auf den Trails liegt. Tipp: In B. C. ist es am einfachsten,
im Local-Bikeshop nach den Trails zu fragen. Dort wird einem garantiert
geholfen, oder die Jungs laden dich gleich ein und zeigen dir die Trails
persönlich.
Reise-Infos
Berühmter Sprung: Mit dem „GLC“Drop endet der Bikepark-Run genau
vorm gleichnamigen Restaurant im
Whistler Village. Besser man landet
hier mit Style, statt auf dem Gesicht.
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Fotos: www.carroux.com, Mathias Hanish, Mattias Fredriksson
Neben toll gebauten Jumptrails
steckt der Whistlerpark auch voller
technischer Abfahrten.
Beste Reisezeit: Juni bis September Flugkosten/Dauer: ca. 1000 €/ca. 12 Stunden (Zielflughafen: Vancouver). Bike-Transport: je nach Airline, oft kostenlos. Unbedingt anmelden. Transfer
nach Whistler: Vom Flughafen aus mit dem Perimeter-Bus (www.perimeterbus.com). Für rund 110
kanadische Dollar (Hin- und Retour) kann man stressfrei die unglaubliche Aussicht den Highway
99 hinauf genießen. Wer den Ausblick aufs Meer will, sollte sich auf die linken Seite setzen. Von
8 bis 21 Uhr verkehrt der Bus im Sommer zirka alle zwei Stunden direkt vom Ausgang des Flughafens Richtung Whistler (Stopps in Downtown Vancouver und Squamish). Sofern man in Whistler
in einem Partnerhotel absteigt, wird man dort in kleinere Shuttles verladen. Voranmeldung ist
erforderlich, besonders wenn man sein eigenes Rad mitnehmen will. Nach ähnlichem Prinzip
funktioniert auch der Whistler Shuttle Bus (www.whistler.com/shuttle). Mietwagen: Am Flughafen
sind alle gängigen Mietwagenfirmen vertreten. Zum Beispiel hat Avis (www.avis.com) auch eine
Rückgabestation in Whistler, sollte man das Mietauto nur als Transfer benutzen wollen. Wer sich
zusätzlich die Bikeparks Silverstar und Sunpeaks ansehen will, kommt um einen Mietwagen nicht
rum. Whistler-Bikepark: Whistler Bikepark (www.whistlerbike.com) Whistler: Tourism Whistler
(www.whistler.com) Kartenmaterial: (www.whistler.com/bike_guide), Papierkarten liegen in vielen
Shops aus: Whistler Bike Guide (www.whistlerbikeguide.com) Fahrtechnik-Camps: Whistler Bike
Park (www.whistlerbike.com/camps-lessons), Summer Gravity Camps (www.summergravitycamps.
com), Trek Dirt Series (www.dirtseries.com), Richie Schley Mountain Adventure (www.richieschley.
com) Guides: Ticket 2 Ride BC (www.ticket2ridebc.com). Restaurants: In Whistler findet sich alles
von Fast Food bis zu Fünf-Sterne-Restaurants mit renommierten Auszeichnungen. Absolutes Muss:
ein Besuch im Sushi Village in der Nähe des Bikeparks. Dort gibt es die besten Strawberry Sake
Margaritas in Nordamerika. Wer Sushi liebt, aber günstig, sollte Samurai Sushi besuchen. Hier
treffen sich die Locals zum Sushi-Essen. Samurai Sushi liegt etwas außerhalb des Dorfzentrums,
bei Nester‘s Market am Highway 99. Gleich neben Samurai Sushi bekommt man im Java Cafe die
mit Abstand besten Sandwiches. Nachtleben: GLC, Garfinkels, Citta‘s, Amsterdam, Longhorn,
Savage Beagle, Tommy Africa, Maxx Fish oder Moe Joes sind nur einige wenige Tipps für eine
lange Nacht in Whistler.
Richie SChley
Was rätst du Bike-Touristen, die für zwei Tage nach Whistler kommen und die
absoluten Supertrails fahren wollen? Ich empfehle „Side Trak“ und „Schleyer“ –
meinen Signature-Trail. Mein persönlicher Liebling im unteren Park ist eine Kombina–
tion. Ich fahre „Upper Joyride“, dann crosse ich rüber zu „Schleyer“, dann zu „Rockcity“
über den steilen Felsen von „National Course“, weiter zu „Clown Shoes“ – fahre dort
all die Northshore Stunts – fahre weiter über „Lower Joyride“ und beende den Run
mit „Hear of Darkness“. Hätte ich nur einen Run im Park, dann wäre das meine Wahl,
denn da steckt alles drin: Flow, steile Felsabfahrten, technische Passagen, Sprünge
und Northshores. Wer einen richtigen Männer-Trail sucht, der sollte „D1“ fahren. Doch
Vorsicht! Wenn du nicht wirklich springen kannst, wirst du da stürzen. Der Trail hat
einen magischen Rhythmus – Wahnsinn! Das ist einer MEINER Favoriten.
Alle sprechen von „A-Line“. Nur ein Hype? Nein, „A-Line“ ist ein Must-do.
Dein Tipp für Bikepark-Neulinge? Wer noch nie im Whistler-Park gefahren ist, sollte
„Crank it up“ wählen. Das ist die perfekte Einführung in die Springerei im Park. Denn
die Sprünge der „A-Line“ sind ziemlich groß und der Trail ist sehr schnell. Da wird
der Whistler-Neuling möglicherweise überfordert.
Mein Favorit ist „Dirt Merchant“. Was sagst du dazu? „Dirt Merchant“ ist der
nächste Schritt nach „A-Line“. Der Trail ist zwar langsamer, doch gibt es viele GapSprünge. Wer „Dirt Merchant“ mag, sollte vom Gipfel den „Freight train“ nehmen und
im unteren Teil auf „Dirt Merchant“ biegen – eine 40-Minuten-Superabfahrt!
Braucht man einen Guide, um die Trails zu finden? Nein, in Whistler sind die Trails
gut ausgeschildert. Eine Karte reicht, die kriegst du im Bikeshop.
Nicht nur im Park gibt es gute Trails. Außerhalb warten auch richtige AbenteuerTrails. Welche soll man unbedingt erleben? Der „Khyper“ ist eine der besten
Abfahrten. Er führt vom Gipfel bis hinunter ins Tal und hat alles, was das Biken in
Whistler ausmacht. Auf der anderen Talseite gibt es „Cheap Thrills“ und „Industrial
Desease“ mit steilen, technischen Abfahrten. Allerdings muss man dort 1000 Höhenmeter hochpedalieren. Doch die Trails außerhalb sind etwas schwieriger zu finden.
Kanada ist bekannt für Heli-Biken. Muss das sein? Heli-Biken in Whistler ist
überbewertet. Da lohnt mehr, einen Guide zu heuern und den „Khyber“-Trail zu fahren
oder „Ride, don’t slide“. Da hat man mehr davon.
Whistler ist ein teures Pflaster. Wo kommt man günstig unter? Hier gibt es auch
viele günstige Bed & Breakfast-Pensionen, auch eine Jugendherberge.
Wo muss man noch hin? An Vancouvers Northshore? Auf alle Fälle! Doch ich rate
zuerst nach Whistler zu fahren, um sich unter idealen Bedingungen an das B. C.-Biken
zu gewöhnen. Der Park ist so designt, dass man unter sicheren Bedingungen Spaß hat.
Erst dann sollte man sich an den Northshore wagen. Denn dort ist es sehr technisch und
schwierig. Die Trails werden von irgendwelchen Typen in den Wald gezimmert. Zuerst
an den Northshore zu gehen, ist komplett unvernünftig, denn der Normal-Freerider
ist dafür noch nicht bereit.
Auf welche Vorurteile triffst du immer wieder? Ich höre immer wieder: „Oh ich weiß
nicht, ob ich gut genug für Whistler bin.“ Die Leute denken, Whistler sei das, was man
in „New World Disorder“ sieht. All diese furchterregenden Stunts, wo nur die besten
Fahrer der Welt fahren können. Doch Whistler ist designt, dass jeder – egal welcher
Könnensstufe – Spaß hat und sicher fahren kann. Whistler hat mehr sichere und
spaßige Trails als jeder andere Bikepark in der Welt. Das ist Whistlers Erfolgsrezept.
Man hört auch, dass Squamish toll sein soll. Ich denke sogar, dass Squamish
verglichen mit Whistler und dem Northshore der beste Spot ist. Dort ist die Erde so
perfekt, dass die Trails viel flowiger sind. „Half Nelson“ heißt dort einer von vielen
Trails, den man gefahren sein muss. Ideal als Zwischenstopp, denn Squamish liegt auf
der Strecken von Vancouver nach Whistler. Also: unbedingt anschauen!
Foto: www.carroux.com
„Whistler ist so
designt, dass jeder
SpaSS hat!“
Eigentlich reicht der Bikepark
aus, um den Freeride-Lebenshunger zu stillen. Denn um all die
Park-Trails wenigstens einmal zu
fahren, braucht man schon Tage.
Dennoch: Auch außerhalb des Bikeparks wimmelt es von epischen
Abenteuern.
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> Spotguide
Markenzeichen von Silverstar: hohe
Anlieger-Kurven. Man hat das Gefühl
wie ein Nescar-Renner durch die
Steilwand-Turns zu pressen.
Die Alternativen:
Neben dem Superpark Whistler bietet British Columbia
noch zwei Bikeparks erster Sahne – ideal, um sie bei
einem Roadtrip miteinander zu verbinden.
Die haben’s begriffen: Jeder
Bikepark braucht Step-ups, die
richtig zünden. Hier feuert sich
Flo Gottschlich in die Luft.
Abenteuerspielplatz: Die Parks in
B. C. sind vollgepackt mit Erlebnissen. Wie hier die Steilwände
von Sunpeaks.
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Überall im Einsatz: schnelle Sessel.
In Schlange stehen unbekannt: In den Bikeparks
Sunpeaks und Silvestar wird’s selten trubelig.
Text: Dimitri Lehner
S
ilverstar gefällt mir besser als Whistler“, berichtete Cam McRae,
Macher der Online-Plattform nsmb.com und unser FREERIDE-Reporter in British Columbia. Damit erstaunte er uns Europäer. Wie? Gibt
es in British Columbia etwa noch mehr Bikeparks neben dem Superpark
Whistler? Gibt es, doch davon wissen die wenigsten. Etwa sechs Stunden
von Whistler entfernt im Landesinneren, nahe der Stadt Vernon befindet
sich das Ski-Ressort Silverstar (www.skisilverstar.com). Schon die Fahrt
dorthin durchs Hinterland von B. C. ist ein landschaftliches Erlebnis, denn
die Vegetation ändert sich abrupt. Herrscht am Northshore und in den Coast
Mountains von Whistler ein feuchtes Klima, trifft man hier auf trockene
prärieartige Landschaft. Paradebeispiel: Kamloops mit seinen strohgelben
Grashängen. Silverstar selbst ist eine kleine Ansammlung bunter Holzhäuser direkt oben am Berg. Hier tickt die Zeit langsamer als im hektischen
Whistler. Ohne Mühe kann man entweder seinen Camper für die Nacht
parken oder für vernünftige Preise ein Zimmerchen mieten. Silverstar ist
wesentlich kleiner als Whistler, doch mit vielen stuntgespickten Trails und
allen sonstigen Gimmicks ausgestattet, die ein Bikepark haben sollte. Highlights: riesige Anlieger, toll gebaute Wallrides und viele gut dimensionierte
Sprünge. Zwar können wir Cam McRaes Urteil nicht ganz teilen – dafür
bietet Whistler einfach zu viel – doch Silverstar ist definitiv die Reise wert
und schlägt jeden europäischen Bikepark um Längen. Nette Filmchen finden
sich im Netz und vermitteln einen guten Eindruck von diesem Bikepark.
Näher noch an Whistler, in unmittelbarer Nähe der Freeride-Keimzelle Kamloops, liegt das Skiressort Sunpeaks – zirka 4 Stunden von Whistler entfernt.
Wer nach Sunpeaks kommt, wird erst einmal die Augenbrauen nach oben
ziehen: Was ist das denn? Japanische Investoren haben hier ihre Fantasien
ausgelebt und ein österreichisches Bergdorf in die kanadischen Berge
gestellt. Orginal! Selbst wir als Österreich-Experten konnten kaum einen
Fehler finden. Freeride-Touris, die dennoch fremdeln, finden in der Sunpeaks
Lodge (www.sunpeakslodge.com) bei Silvia und Mario Linderung, denn die
Hoteliers sind aus Deutschland hierher ausgewandert. Der Bikepark (www.
sunpeaksressort.com) umfasst 30 Trails in allen Schwierigkeitsgraden. Vom
Downhill über Jumptrails bis zu Northshore-Trails im Wald. Sunpeaks ist
das Trainingsrevier der Freeride-Pros Matt Hunter und Graham Agassiz,
die sich hier auf ihre Video-Stunts vorbereiten. „Sunpeaks
gefällt mir wegen seiner atemberaubenden Landschaft“,
sagt auch Wade Simmons, der hier sogar Fahrtechnik-Seminare anbietet. „Hier gibt es super
gebaute Jumptrails, aber auch natürliche
Freeride-Trails in alpiner Umgebung.
Dazu das relaxte Ambiente von dem
kleinen Bergressort.“ sagt Simmons
und rät, seinen B. C.-Trip so zu planen,
dass man nach einem Whistler-Besuch über Sunpeaks nach Silverstar
fährt und dann wieder zurück cruist
nach Vancouver, um den Urlaub
mit einigen Tagen am Northshore
zu beenden – was will man mehr.
Wenn das kein Plan ist!
Fotos: Hubert Hager
Simmons
Jumptrails in Silverstar. Warum sind
die Nadelbäume hier eigentlich so
spitz und schlank?
Bunt und sehr ruhig: Silverstar.
Die Bergsiedlung aus Holzhäusern
erinnert an den Wilden Westen, die
Farben an Schweden.
Northshore-Trails gibt es nicht nur
am wirklichen Northshore, sondern
in allen Bikeparks von B. C. Hier in
Sunpeaks.
Es könnte Saalbach-Hinterglemm
sein. Doch es ist Sunpeaks. Das
Skiressort wurde nach österreichischem Vorbild erbaut.
Schilderwald: Da sollte man
meinen, es sei unsere Stärke,
richtig auszuschildern und Trails
vernünftig anzulegen. Aber nein, die
Kanadier genießen die Vorreiterrolle. Jeder Park in B.C. ist ein Musterbeispiel in Sachen Trailbaukunst,
Streckenpflege und Ausschilderung.
Das doppelte Diamant-Symbol
steht für die höchste Schwierigkeitsstufe.
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