Hammer!

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Hammer!
Auf dem Sprung
Eine Komödie setzt dem Skispringer
Edwards ein Denkmal Kino, Seiten 24/25
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
NRW
62
Die Superministerin
Die Partei von Nobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi
hat die Macht in Birma übernommen Politik, Seite 6
1 EURO
Steinmeier
erinnert Türkei
an Grundwerte
NACHRICHTEN
Hammer!
POLITIK
Ländle steuert auf
Grün-Schwarz zu
Die CDU-Landtagsfraktion in
Stuttgart votiert einstimmig für
die Aufnahme offizieller Koalitionsgespräche. Einfach dürften die nicht werden. Seite 5
Viele ihrer Elektrohymnen wurden Welthits: Mehr als
30 Jahre sind die Pet Shop Boys im Geschäft. Auf alten
Erfolgen wollen sich die beiden aber nicht ausruhen.
Ihr neues Album heißt genau so, wie es klingt: „Super“
Seiten 8/9
AUSLAND
Schwere Niederlage
für François Hollande
Kompromiss außer Reichweite:
Frankreichs Staatschef scheitert
mit seinen Plänen für eine Verfassungsänderung nach den Anschlägen von Paris. Seite 7
WIRTSCHAFT
Handelsriese Metro
spaltet sich auf
Die beiden wichtigsten Geschäftsbereiche, Großhandel und
Media Saturn, sollen als selbstständige, börsennotierte Unternehmen geführt werden. Seite 19
IM INTERNET
Tweets des Tages
Presse- und Meinungsfreiheit sind für
die Bundesregierung nicht verhandelbar. #Pressefreiheit
REGSPRECHER
#Steinmeier zur #Türkei: Erwarten
von EU-Partner, dass er gemeins eur
Werte teilt. #Meinungsfreiheit
#Pressefreiheit
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Auch EU schaltet sich
in Satire-Streit ein
N
ach dem türkischen
Protest gegen eine
deutsche
Satiresendung ermahnen Bundesregierung und EU-Kommission die
Regierung in Ankara zur Achtung der Pressefreiheit. „Ich
finde, dass wir von einem Partnerland der Europäischen Union erwarten können (...), dass
es unsere gemeinsamen europäischen Werte teilt“, sagte
Bundesaußenminister FrankWalter Steinmeier (SPD) bei
einem Besuch in Usbekistan.
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ließ in
Brüssel erklären, dass er kein
Verständnis für die Einbestellung des deutschen Botschafters in das Außenministerium
in Ankara habe. Damit entferne sich die Türkei weiter von
der EU, sagte seine Sprecherin. Der Schritt stehe nicht mit
der Wahrung der Presse- und
Meinungsfreiheit in Einklang.
In dem Streit mit der Türkei geht es um eine Satire der
NDR-Sendung „extra 3“ über
Präsident Recep Tayyip Erdogan. Zur Melodie von Nenas Hit „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“ wird darin
Erdogans Vorgehen gegen
Medien, Demonstranten und
Kurden auf die Schippe genommen. Das Außenministerium in Ankara zitierte den
deutschen Botschafter Martin Erdmann ins Amt, um gegen den knapp zweiminütigen Film zu protestieren.
Steinmeier wehrte sich gegen den Vorwurf, die Bundesregierung habe aus Rücksicht
auf die Zusammenarbeit mit
der Türkei in der Flüchtlingskrise zu lange geschwiegen.
„Das ist schlicht und einfach
nicht wahr“, sagte er. Sowohl
Botschafter Erdmann als auch
Staatssekretär Markus Ederer
hätten die deutsche Auffassung in der Türkei mehrfach
„an verschiedenen Stellen
hinterlegt“. Oppositionspolitiker hatten der Bundesregierung übertriebene Zurückhaltung vorgeworfen.
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2 THEMA DES TAGES
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
M
an wusste, dass ein
Anschlag kommen
würde, sagte der
belgische Ministerpräsident Charles Michel wenige
Stunden nach den verheerenden
Terroranschlägen von Brüssel.
Das klang so, als wollte er sagen:
Man habe doch alles unternommen, um eben solche Terrorattacken zu verhindern.
VON ANDRE TAUBER
AUS BRÜSSEL
WARNUNGEN WURDEN
IGNORIERT
Die Türkei hatte schon frühzeitig Hinweise geliefert, dass der
Brüssel-Attentäter Ibrahim El
Bakraoui ein militanter Islamist
sein könnte. Die türkischen Behörden griffen den Attentäter im
Juni 2015 an der Grenze zu Syrien auf. Sie vermuteten, dass er
sich dem Islamischen Staat anschließen wollte, und schoben
ihn ab. Doch die belgischen Behörden reagierten nicht. Erst
sechs Tage nach der Rückführung reichte ein Verbindungsbeamter überhaupt die Information weiter. Die Klärung weiterer
Details zog sich gar sechs Monate hin. Belgiens Innenminister
Jan Jambon räumt mittlerweile
ein, „jemand“ im Polizeiapparat
habe geschlampt.
Belgien ignorierte offenbar
auch Warnungen aus den Niederlanden und den USA. Der niederländische Justizminister Ard
van der Steur erklärte, sein Land
sei am 16. März von den USA
Weit weg vom Normalzustand:
Bewaffnete Polizisten sichern den
Metro-Bahnhof Maalbeek (o.).
Beim Eingang erinnert
Trauerflor an die Terroropfer
Chronologie
des Versagens
DPA/ OLIVIER HOSLET
Mehr als eine Woche später
sind allerdings zahlreiche Fahndungspannen bekannt geworden.
In Frankreich aber auch in den
Niederlanden regt sich Kritik am
Nachbarn. Durch eine bessere
Auswertung von Informationen,
eine bessere Zusammenarbeit
der Behörden auch über die
Grenzen hinweg hätte womöglich Schlimmeres verhindert
werden können. Die „Welt“ gibt
einen Überblick über die Mängelliste im belgischen Kampf gegen
den Terrorismus.
Belgiens Behörden sollen vor den Anschlägen gewarnt
worden sein – und unternahmen nichts
über den „kriminellen Hintergrund“ der Bakraoui-Brüder und
den „terroristischen Hintergrund“ von Khalid El Bakraoui
informiert worden. Die Informationen seien mit den belgischen
Behörden besprochen worden.
In Brüssel wird diese Darstellung bestritten. Ibrahim El BaANZEIGE
70 JAHRE DIE WELT
kraoui habe schon am 25. September 2015 auf einer FBI-Terrorliste gestanden, erklärte van
der Steur zudem.
auf „einen Flughafen“ gefunden
worden. Offiziell bestätigt sind
die Informationen nicht.
MANGELHAFTER ÜBERBLICK
ÜBER DIE ISLAMISTEN
ERMITTLUNGEN IN ATHEN
BLIEBEN OHNE FOLGEN
In Griechenland gab es schon
frühzeitig Hinweise auf eine
mögliche Attacke. Dem griechischen Sender Skai TV zufolge
fanden die griechischen Behörden bei einer Hausdurchsuchung
in der Nähe Athens schon Anfang des vergangenen Jahres Pläne des Brüsseler Flughafens. Der
französischen Zeitung „Le Monde“ zufolge seien sehr konkrete
Pläne für eine mögliche Attacke
Belgien gehört gemessen an der
Bevölkerungsgröße zu den größten
Herkunftsländern
von
Kämpfern
des
Islamischen
Staats. Man geht davon aus, dass
bislang rund 500 Islamisten in
den Kampf gezogen sind. Nach
Regierungsangaben sind mindestens 117 davon wieder zurück im
Land. Die Überwachung allerdings fällt den Behörden schwer.
Der Sicherheitsanalyst Patrick
Bury beklagte jüngst das „Versa-
gen der mangelhaft ausgestatteten belgischen Geheimdienste“,
Kontakte in die islamistische
Szene zu knüpfen. Belgien pflegt
im Fall der Attentäter einen zu
sehr nachsichtigen Umgang mit
Kriminellen. Ibrahim El Bakraoui, der zu einer neunjährigen Haftstrafe verurteilt worden
war, weil er mit einer Kalaschnikow einen Polizisten angeschossen hatte, wurde bereits nach etwas mehr als vier Jahren auf Bewährung entlassen. Auch nach
dem Verstoß gegen seine Auflagen wurde er nicht erneut in
Haft genommen. Belgiens Innenminister Jan Jambon kritisierte bereits den laschen Umgang mit Straftätern.
Gravierende Sicherheitsmängel in belgischen AKW
m August 2014 ereignete sich
im belgischen Kernreaktor
Doel-4 ein Sabotageakt erheblichen Ausmaßes. Ein Betriebsangehöriger hatte ein Ventil geöffnet und 65.000 Liter Öl auslaufen lassen. Die Kosten für den
Neukauf der Turbine und die monatelange Stilllegung des Reaktors beliefen sich jedoch auf 100
bis 200 Millionen Dollar. Damit
wurde dieser Sabotageakt zu einem der bedeutendsten in der
Nukleargeschichte.
VON HANS RÜHLE
Aufgeklärt wurde der Fall allerdings bis heute nicht. Im Verlauf der Ermittlungen stießen die
Behörden jedoch auf einen Mitarbeiter der Anlage Doel, der Zugang zum sensibelsten Teil des
Reaktors hatte. Der in Marokko
geborene Ilyass Bonghalab war
2009 über eine externe Firma der
Reaktoranlage Doel vermittelt
worden und hatte alle Sicherheitsüberprüfungen bestanden.
Bis zu seinem Ausscheiden aus
Doel gab es keine förmlichen Beanstandungen, wenngleich spätere Untersuchungen ergaben, dass
er sich nach seiner erfolgreichen
Sicherheitsüberprüfung islamistisch radikalisiert hatte.
2012 verließ Bonghalab den Reaktorkomplex Doel und schloss
sich dem IS in Syrien an. Als er
dort 2014 getötet wurde, war er
bereits als aktives Mitglied der
Gruppe „Sharia 4 Belgium“ bekannt und in Abwesenheit wegen
DPA/ JULIEN WARNAND
I
Das AKW in Thiange ist nur 70
Kilometer von Aachen entfernt
terroristischer Aktivitäten verurteilt worden; Sharia 4 Belgium
hatte sich zum Ziel gesetzt, Belgien in einen islamischen Staat
zu transformieren.
Der unaufgeklärte Sabotageakt
und die Beschäftigung eines radikalen Islamisten in der Reaktoranlage Doel waren klare Hinweise, dass bei der Rekrutierung des
Personals nicht mit bestmöglicher Sorgfalt gearbeitet worden
war. Haben die bisher dargestellten Ereignisse eher Episodencharakter, so gilt dies nicht für die
im November 2015 entdeckte
Ausspähung eines ranghohen
Mitarbeiters der SKN-CEN, eines belgischen nuklearen Forschungszentrums, in dem mit er-
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heblichen Mengen an hoch angereichertem Uran in der Medizin
benutzte Radioisotope hergestellt werden. Um das Verlassen
des Hauses sowie die abendliche
Rückkehr des Ausgespähten lückenlos dokumentieren zu können, wurde in einem Gebüsch gegenüber der Eingangstür eine Videokamera installiert.
Das Besondere, ja Dramatische
der Ausspähaktion ist, dass sie
von den in Brüssel als Selbstmordattentäter ums Leben gekommenen Brüdern Ibrahim und
Khalil El Bakroui durchgeführt
wurde. Das bedeutet, dass die
operative Ebene des IS inzwischen aktiv nuklearrelevanten
Informationen sucht.
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THEMA DES TAGES 3
ber 2015 auch nicht nachgegangen,
wonach Abdeslam in Kontakt mit
Abid Aberkan stand, in dessen Elternhaus er sich am Ende versteckte. Die Polizei räumt mittlerweile
ein: Es wurden Fehler gemacht.
REUTERS/ YVES HERMAN
PANNEN AUF DER JAGD
NACH SALAH ABDESLAM
MANGELNDE INTEGRATION
DER ARABISCHSTÄMMIGEN
GEMEINSCHAFT
Die belgischen Behörden haben zu
lange zugesehen, wie sich allmählich in einigen Vierteln Parallelgesellschaften entwickelten. Seit der
Jahrtausendwende seien die Tore
für Familienzusammenführungen
weit geöffnet gewesen und gefährlichen Islamisten sei Asyl gewährt
worden, bemängelt der liberale
belgische Senator Alain Destexhe
und frühere Chef von Ärzte ohne
Grenzen. Dass hier die Werte der
freiheitlichen Gesellschaft nichts
gelten, sei zu lange verleugnet
worden, schreibt er. Konkreten
Hinweisen auf militante Islamisten ging die Stadtverwaltung von
Molenbeek nicht nach.
MANGELNDER INFORMATIONSFLUSS ZWISCHEN BELGISCHEN POLIZEIBEHÖRDEN
Belgien ist ein zerklüfteter Staat,
die regionalen Behörden arbeiten
weitgehend unabhängig. Sechs Polizeibehörden sind für Brüssel zuständig. Das hemmt den Informationsfluss. So wurde Informationen der Polizei von Mecheln,
nördlich von Brüssel, im Dezem-
Auch in der Diskussion über
die nukleare Dimension des Verhältnisses von Belgien zum IS
kommt man nicht um die Frage
herum, welche Rolle die belgischen Sicherheitsbehörden hierbei gespielt haben. Im Zentrum
der Probleme steht hierbei wieder das belgische nukleare Forschungszentrum SKN-CEN, in
dem sich ein großer Reaktor aus
dem Jahr 1961 befindet. Dieser Reaktor wird regelmäßig von den
USA mit hoch angereichertem
Uran bestückt. Doch 2004 entschied die Regierung Bush, die
Lieferung von Uran auszusetzen,
bis die belgische Regierung Verbesserungen der Sicherheitsvorkehrungen verwirklicht habe. Die
Der Paris-Attentäter Salah Abdeslam war den Behörden mehrfach
entkommen, bevor er am 18. März
endlich gefasst werden konnte.
Zuerst winkten ihn französische
Polizisten bei einer Kontrolle
nach Belgien durch. Später waren
sich die belgischen Ermittler sicher, ihn zu schnappen, konnten
das verdächtige Haus allerdings
nicht stürmen, da die Gesetze
Razzien nicht zwischen 21.00 und
5.00 Uhr erlaubten. Immerhin: In
den kommenden Wochen dürfte
das belgische Parlament ein Ende
dieser
Razziabeschränkung
beschließen.
MANGELHAFTES VERHÖR
VON ABDESLAM
Die belgischen Behörden ahnten
zwar, dass Anschläge drohten,
doch sie verzichteten offenbar
auf ein konsequentes Verhör von
Salah Abdeslam. Nach seiner
Festnahme, bei der er angeschossen worden war, wurde er nur für
eine Stunde verhört. Ob er geredet hätte, wenn man ihm die richtigen Fragen gestellt hätte? Unklar. Aber man hätte ihn schon
fragen müssen.
DIE METRO WURDE NICHT
RECHTZEITIG GESPERRT NACH
DEN ANSCHLÄGEN
Die Anschläge von Brüssel waren
nicht so minutiös geplant wie die
Anschläge von Paris am 13. November. Die Bomben detonierten
in einem Abstand von mehr als einer Stunde. Und so stellt sich die
Frage: Warum wurde die Metro
nicht rechtzeitig geschlossen? Es
brauchte 52 Minuten, um nach
der Attacke auf den Flughafen die
Entscheidung zu treffen, die Metro zu schließen. Doch der Betreiber reagierte nicht. Gab es keine
Notfallpläne für so ein Szenario?
USA befürchteten damals einen
Angriff von Al-Qaida-Sympathisanten auf das Forschungszentrum. Noch im Jahr 2004 nahm
der damalige amerikanische Außenminister Colin Powell das
Problem der Reaktorsicherheit in
Belgien zum Anlass, den belgischen Außenminister Louis Michel auf die unhaltbare Lage hinzuweisen. Doch drei Jahre später
waren nur wenige der Forderungen umgesetzt. Begründung:
„technische, finanzielle sowie organisatorische Probleme“.
Erst 2009 gab es messbare
Fortschritte. Doch noch immer
weigerte sich die belgische Regierung, das Wachpersonal an AKW
zu bewaffnen.
B
ari ist eine bedeutende
Hafen- und Universitätsstadt in Süditalien – und
nun scheinbar auch Drehkreuz
für Terroristen, die bei ihrer
Rückkehr aus Syrien und dem
Irak und für die Weiterreise nach
Nordeuropa eine neue Identität
und logistische Unterstützung
brauchen. Die Antimafia-Staatsanwaltschaft ermittelt und fahndet fieberhaft nach einer Fälscherzentrale in der Stadt.
VON CONSTANZE REUSCHER
AUS ROM
Hinweise darauf bekamen die
Ermittler von einem 38-jährigen
Iraker, Ridha Shwan Jalal. Er war
mit einem falschen, tschechischen Reisepass verhaftet worden, als er im August 2015 mit
einer Fähre nach Griechenland
reisen wollte. Jalal hatte versucht,
in einem Reisebüro der süditalienischen Kleinstadt Matera 20
Flugtickets für die Strecke von
Sulayrmaniyah im Irak nach Paris
zu bestellen. Dank seiner Hilfe
wurden jetzt zwei weitere Verdächtige, britische Staatsangehörige irakischer Herkunft, festgenommen. Die Männer, die Terrorgruppen angehören sollen, hatten
fünf gefälschte Visa bei sich. Die
falschen Dokumente soll angeblich ein Albaner herstellen, der
seinen Wohnsitz in Bari hat.
Der Verdacht, dass Italien und
vor allem Bari die Fälscherzentrale für Europas Dschihadisten geworden sind, erhärtet sich durch
den Besuch des Paris-Attentäters
Salah Abdeslam in der Stadt. Er
machte im August 2015 gleich
zweimal einen Zwischenstopp in
Bari. Am 1. August schiffte er sich
von hier aus nach Griechenland
und – wie die Ermittler vermuten
– von dort nach Syrien ein. Am 6.
August kehrte er mit der Fähre
aus Griechenland zurück. Seine
Spur führte danach über Norditalien zurück nach Frankreich. Das
belegen Kreditkartenzahlungen
an mehreren Tankstellen.
Auch der Brüsseler Attentäter
Khalid El Bakraoui dürfte sich in
Italien mit gefälschten Identitäten versorgt haben. In Italien
hielt er sich im Juli 2015 auf. Er
benutzte sowohl einen belgischen
Ausweis als auch die nicht gerade
unauffällige Identität des ehemaligen Inter-Mailand-Kickers Ibrahim Maaroufi. Auf der Durchreise
nach Griechenland blieb er 24
Stunden in Venedig. Den italienischen Terrorfahndern fehlte damals allerdings ein Hinweis der
belgischen Ermittler.
Einem einfachen Schalterbeamten der Einwanderungsbehörde in der süditalienischen Hafenstadt Salerno ist es dagegen zu
verdanken, dass hier der mutmaßliche Passfälscher der Attentäter von Paris und Brüssel, der
Algerier Djamal Eddine Ouali, 40,
am Samstag gefasst werden konnte. Er wurde auf offener Straße in
dem kleinen Örtchen Belizzi, südlich von Salerno, von Polizisten
der „Digos”, dem Sonderkommando der Staatspolizei für Terrorismus- und Extremismusbekämpfung, verhaftet. Jetzt sitzt
Frische
Pässe aus
Italien
Besonders in Bari
sollen offenbar zig
Terroristen eine
neue, falsche
Identität bezogen
haben
Zugriff auf mutmaßliche
Fälscher in Salerno, Italien
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DIE GROSSE
SONDERAUSGABE MIT
UDO LINDENBERG
Samstag, 2. April
Pläne für Attentat
auf Premierminister
Nach belgischen Medienberichten war offenbar
auch ein Attentat auf
Premierminister Charles
Michel geplant. Auf einem
sichergestellten Computer seien Pläne und Fotos
von Amtssitz und Wohnung des Regierungschefs
entdeckt worden.
Ouali in Isolationshaft im
Hochsicherheitstrakt der Haftanstalt von Salerno.
Am 16. März, kurz vor den
Attentaten, hatte Ouali eine
Aufenthaltsgenehmigung beantragt. Ein Datenabgleich ergab, dass gegen Ouali ein internationaler Haftbefehl vorlag.
Dieser wurde am 6. Januar 2016
von der belgischen Justiz ausgestellt wegen „Zugehörigkeit
zu einer kriminellen Fälscherorganisation und Beihilfe zu illegaler Einwanderung“.
Djamal Eddine Ouali soll Mitglied der Fälscherbande sein,
deren „Werkstatt“ die belgischen Fahnder schon im Oktober 2015 in dem Brüssler Vorort
Saint Gilles ausgehoben hatten.
Dabei hatten sie über 1.000 Digitalbilder und Dokumente sichergestellt, darunter auch Hinweise auf die falschen Identitäten der späteren Attentäter von
Paris und Brüssel, Salah Abdeslam und Najim Laachroui, entdeckt. Die belgischen Fahnder
hatten Ouali beobachtet, als er
die Wohnungen der Brüsseler
Attentäter Laachroui und Khalid El Bakraoui aufsuchte. Kurz
nach den Attentaten von Paris
am 13. November soll Ouali
Brüssel verlassen haben.
Aber was wollte Ouali ausgerechnet in Salerno? „In der Gegend südlich der Stadt leben
viele Einwanderer aus Nordafrika, die hier seit vielen Jahren als Gastarbeiter in der
Landwirtschaft arbeiten“, erklärt der Chef der Digos in Salerno, Luigi Amato, der „Welt“.
Djamal Eddine Ouali soll, so berichten lokale Medien, Verwandte in der Gegend haben.
Es ist wahrscheinlich, dass er
die Deckung von Familienangehörigen brauchte, um hier unterzutauchen. Doch die Gegend
um Neapel ist auch Heimat der
Camorra und berüchtigter Fälscherwerkstätten jeder Art.
Am 1. April wird das Gericht
in Salerno über Oualis Auslieferung an die belgische Justiz
entscheiden. Die hatte der Algerier übrigens selbst gefordert, was den Ermittlern weitere Rätsel aufgibt.
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B I L A N Z . D E
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
AP/ CARMINE CAPPETTI
DIE WELT KOMPAKT
POLITIK
KOMPAKT
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Stress für Frauke Petry
TRAUERFEIER
Abschied von Lothar
Späth in Stuttgart
Die AfD-Spitze hat die Auflösung des Saar-Landesverbands
beschlossen und will die Führung ausschließen. Die wehrt sich
Mit einer bewegenden Trauerfeier hat Baden-Württemberg Abschied von dem früheren Ministerpräsidenten
Lothar Späth (CDU) genommen (1978–1991). Regierungschef Winfried Kretschmann
(Grüne) nannte Späths Tod
einen „unfassbaren Verlust“.
Späth habe mit seiner „gewaltigen Lebensleistung“
schon früh die Weichen für
eine Zukunft in einer globalisierten Welt gestellt.
W
Mehrheit möchte
Guttenberg zurück
Karl-Theodor zu Guttenberg
(44) hätte Chancen auf ein
höheres Amt, wie eine ForsaUmfrage für die Zeitschrift
„Frau im Spiegel“ ergibt. Die
Mehrheit der Deutschen
möchte den ehemaligen
Wirtschafts- und Verteidigungsminister gern wieder in
einer aktiven Rolle sehen. 48
Prozent der Befragten würden eine Rückkehr Guttenbergs begrüßen. 38 Prozent
sind dagegen, 14 Prozent
haben keine Meinung.
TERMIN DES TAGES
Mehr als 20 Jahre nach dem
Bürgerkrieg auf dem Balkan
wird das UN-Kriegsverbrechertribunal zum früheren
Jugoslawien in Den Haag
heute sein Urteil über den
serbischen Nationalistenführer Vojislav Seselj verkünden. Seselj, Vorsitzender
der großserbischen Radikalen Partei (SRS), muss sich
für die Ermordung Tausender und die Vertreibung
Zehntausender Kroaten und
Muslime in Bosnien verantworten. Die Anklage hatte 28
Jahre Haft gefordert.
HAUSHALT
Sozialausgaben der
Städte gestiegen
Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen sind die Sozialausgaben in Städten und
Gemeinden gestiegen. Im
Jahr 2015 gaben die Kommunen laut aktuellen Zahlen
des Statistischen Bundesamtes 54 Milliarden Euro
aus. Das waren neun Prozent
mehr als im Vorjahr. Der
Deutsche Städtetag forderte
deshalb mehr Unterstützung
von Bund und Ländern.
VON MATTHIAS KAMANN
Bei den Grünen erwischte es
1985 das damalige West-Berlin.
Dort existierte neben der Alternativen Liste (AL), die 1981 ins
Parlament eingezogen war, ein
konservativer bis rechter Landesverband Die Grünen Berlin.
Den löste 1985 die Bundesspitze
auf, weil er von Neonazis unterwandert worden sei.
Nicht anders nun bei der
AfD. Kurz vor Ostern beschloss
der Bundesvorstand um Frauke
Petry die Auflösung des SaarLandesverbands, nachdem der
„Stern“ über Kontakte von
AfD-Landeschef Josef Dörr und
seinem Stellvertreter Lutz Hecker zu Rechtsextremen berichtet hatte. Mit der Freien Bürger-Union (FBU), die der AfDBundesvorstand für „flächendeckend durch die NPD gesteuert“ hält, soll es nähere Absprachen gegeben haben. Nachdem
sich der AfD-Bundesvorstand
mit den Saarländern mehrmals
gestritten hatte – ohne angedrohte Sanktionen durchzuhalten –, wurde jetzt die laut Parteisatzung mögliche Auflösung
von oben beschlossen. „Aufgrund schwerwiegender Verstöße gegen die politische Zielsetzung und die innere Ordnung
der Partei“, so der Vorstand.
Aber damit hat sich die AfD
ein Problem eingehandelt, das
die Grünen damals in WestBerlin nicht hatten. Denn dort
gab es ja auch die AL, die ab
1985 zum Landesverband werden konnte. So einen „Ersatz“
hat heute die AfD im Saarland
nicht. Daher kommt dort auf
die rund 300 AfD-Mitglieder
ein heftiges Gezerre zu. Denn
der bisherige Vorstand hat gegen den Auflösungsbeschluss
Klage beim Bundesschiedsgericht der AfD eingereicht. „Wir
hoffen sehr“, so Hecker gegenüber der „Welt“, „dass das
Schiedsgericht dieser Klage aufschiebende Wirkung zuerkennt.“ Käme es dazu, würde
nicht nur der Verband vorerst
weiter existieren. Vielmehr
würde auch der geplante Landesparteitag am 17. April abgehalten. „Nach unserer Ansicht
muss dieser stattfinden“, sagt
Hecker. „Denn nur das gibt un-
GETTY IMAGES/ AXEL SCHMIDT
COMEBACK
as hat die AfD
von heute mit
den Grünen der
80er
gemein?
Eines auf jeden Fall: In beiden
Parteien hat der Bundesvorstand einen Landesverband wegen Vorwürfen aufgelöst, es gebe Verbindungen zu Rechtsextremen. Bei der AfD traf es den
Landesverband im Saarland.
Der AfD-Vorstand um Frauke Petry beschloss kurz vor Ostern
die Auflösung des Saar-Landesverbands
seren saarländischen Delegierten die Möglichkeit, über die
Zukunft dieses Landesverbandes zu entscheiden.“ Aber damit hat der Bundesvorstand ein
Problem. Denn bei den rund 60
Delegierten, den Abgesandten
der
sieben
Kreisverbände,
scheint der amtierende Landesvorstand großen Rückhalt zu
haben. Mit der von Petry verlangten Totalerneuerung würde
es also auf diesem Landesparteitag nicht viel werden.
Wenn der Landesverband jedoch aufgelöst wird – was noch
der AfD-Bundesparteitag Ende
April bestätigen muss –, dann
gilt für die Saarländer automatisch die Satzung der Bundespartei. In der aber gibt es nicht
jenes strikte Delegiertenprinzip, das Josef Dörr 2015 im Saarland durchsetzte. „Was wir im
Saarland unbedingt haben wollen, sind Mitgliederparteitage“,
sagt daher Dirk Driesang, Beisitzer im AfD-Bundesvorstand
und maßgeblich am Auflösungsbeschluss beteiligt. Somit
geht es in dem Streit auch um
innerparteiliche
Strukturen
und die Frage, ob in der AfD nur
Funktionäre oder alle Mitglieder bestimmen dürfen. Letzteres ist für die Gesamtpartei insofern relevant, als der Entwurf
des Grundsatzprogramms von
einem tiefen Vorbehalt gegen
eine abgehobene Kaste politischer Entscheidungsträger geprägt ist. Ebenfalls wie bei den
frühen Grünen.
AfD-Anhänger
vertrauen Seehofer
Die Anhänger der AfD
haben einer Umfrage
zufolge mehr Vertrauen
zu CSU-Chef Horst Seehofer als zu ihrer eigenen
Parteivorsitzenden. Frauke Petry erhält von den
AfD-Unterstützern in der
am Mittwoch veröffentlichten Forsa-Umfrage im
Auftrag von „Stern“ und
RTL nur 47 von 100 Vertrauenspunkten. Seehofer
wurde mit 69 Punkten
bewertet. Bei der Beurteilung aller Befragten
schneidet Petry noch
schlechter ab: Mit 19
Punkten bildet die Chefin
der rechtspopulistischen
Partei das Schlusslicht
des Rankings. In der
Wählergunst verliert die
AfD an Zustimmung: 10
Prozent würden die Partei
wählen, in der Vorwoche
waren es noch 13 Prozent
gewesen.
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SEITE 4
Aber klar ist zugleich, dass
die Bundesspitze aus der Basisdemokratie im Saarland einen
konkreten Vorteil zu ziehen
hofft. Nämlich: Dass mitbestimmende Mitglieder nicht
mehr auf den bisherigen Landesvorstand setzen. Für die Position des Bundesvorstands
werben sollen im Saarland nun
nach Aussage von Driesang
„Regionalbeauftragte, die den
Mitgliedern erklären, warum
dieser Schritt zur Auflösung
auch in seiner Härte nötig war“.
Noch im April solle es dazu im
Saarland „Info-Veranstaltungen und Diskussionsabende“
geben, auch um die Voraussetzungen zu schaffen, dass die
AfD 2017 in den Landtagswahlkampf gehen kann.
Aber so schnell kann sich der
Wandel nur vollziehen, wenn
das Schiedsgericht der Klage
des Landesvorstands keine aufschiebende Wirkung zuerkennt. Sollte dies doch geschehen, gäbe es am 17. April einen
Landesdelegiertenparteitag –
und womöglich weiterhin den
alten Landesvorstand. Und
dann bekäme die Bundesspitze
im Streit über die NeonaziKontakte nicht jenes schnelles
Ende mit Schrecken, das sie
jetzt anstrebt, ganz in Sinne
von Frauke Petry, die die AfD
als rechte, aber keineswegs als
rechtsradikale oder gar rechtsextreme Partei erscheinen lassen will. Hierüber mit renitenten Saarländern streiten zu
müssen kann Petry nicht gebrauchen. Zumal ihre Partei in
den neuesten Umfragen zu
schwächeln beginnt. Nach einer
Forsa-Erhebung im Auftrag von
„Stern“ und RTL büßte die AfD
drei Prozentpunkte ein und
kam auf zehn Prozent. Petry
selbst belegt beim Politikerranking mit 19 Punkten den letzten
Platz. Von ihren eigenen Anhängern wird sie immerhin mit
47 Vertrauenspunkten bedacht.
Aber CSU-Chef Horst Seehofer
erhält von den AfD-Sympathisanten 69 Punkte.
Die Saarländer geben sich
stur. Landesvize Hecker hat auf
der Facebook-Seite des Kreisverbandes Saarpfalz eine Erklärung veröffentlicht, in der er alle Vorwürfe bezüglich näherer
Kontakte mit Rechtsextremen
vehement bestreitet. „Ich weiß,
dass ich NICHTS getan habe,
das unserer Satzung und unseren Zielen zuwider läuft“,
schreibt Hecker an seine regionalen Parteifreunde, und weiter: „Und deshalb werde ich
selbstverständlich
kämpfen,
wie Sie das von mir kennen und
zu Recht erwarten.“ Aber der
Bundesvorstand kontert: Er hat
gegen Dörr und Hecker ein Parteiausschlussverfahren eingeleitet. Dörr sagte gestern, davon wisse er nichts. Und wenn
es so ein Verfahren gäbe, würde
er Einspruch einlegen. „Ich habe mir nichts zuschulden kommen lassen.“
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DIE WELT KOMPAKT
POLITIK 5
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
N
achdem die Zahl der
Flüchtlinge in den
vergangenen
Wochen merklich zurückgegangen ist, steht die Bundesregierung vor der nächsten
großen Aufgabe: die Integration
der Asylbewerber, die dauerhaft
in Deutschland bleiben dürfen.
Bundesinnenminister Thomas
de Maizière (CDU) hat jetzt genaue Überlegungen zu einem
Integrationsgesetz veröffentlicht. Gemeinsam mit Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles
(SPD) will er die Maßnahmen in
den kommenden Wochen konkretisieren. Die wichtigsten Fakten dazu im Überblick:
DPA/ WALTRAUD GRUBITZSCH
nünftig, hat aber recht wenig
mit der Aufenthaltsbeendigung
zu tun.“ Auch wer die Pflichten
missachte, könne mit einer Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis rechnen, da das nur einer von vielen Indikatoren sei.
„Für Flüchtlinge und subsidiär
Schutzberechtigte ist das weitgehend irrelevant“, so der Professor der Universität Konstanz
weiter. „Ernsthafte Verschärfungen im Bereich der Aufenthaltsbeendigung sind aufgrund der
Rechtsprechung zu Abschiebehindernissen kaum realistisch.“
VON THORSTEN MUMME
Was soll in dem Integrationsgesetz stehen?
Ein Kernelement des Gesetzes
ist eine befristete Wohnsitzauflage für anerkannte Asylbewerber. Die große Koalition ist sich
bereits seit Januar darüber einig, die Migranten dezentral in
der Bundesrepublik zu verteilen, um so einer Gettobildung
in Großstädten vorzubeugen.
Für einen bestimmten Zeitraum dürften Flüchtlinge ihren
Wohnort also nicht frei wählen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt
darauf, die Asylbewerber möglichst schnell in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Was passiert, wenn sich
Flüchtlinge nicht integrieren
wollen?
Für den Fall, dass Asylbewerber
die Integrationsangebote ausschlagen, spricht de Maizière
von Kürzungen bei der sozialen
Unterstützung. Ähnliches hatte
Nahles bereits im Februar angekündigt. Außerdem will de
Maizière die Gewährung einer
unbefristeten
Aufenthaltserlaubnis an die Bereitschaft zur
Integration binden.
Wie ist der aktuelle Stand?
Seit Oktober 2015 haben Asylbewerber und Geduldete mit
Deutschkurs an der VHS Leipzig. Wer die Sprache nicht lernt, muss mit Strafen rechnen
Harte Regeln
Innenminister Thomas de Maizière kündigt Sanktionen für
Integrationsverweigerer an. Wichtige Fragen und Antworten
guter Bleibeperspektive einen
Anspruch auf einen Integrationskurs. Die Teilnahme ist allerdings freiwillig. Anerkannte
Flüchtlinge hingegen können
von den Ausländerbehörden
und Jobcentern zu Integrationskursen verpflichtet werden.
Seit November 2015 dürfen
Asylbewerber mit guter Bleibeperspektive auf freiwilliger Basis an den Kursen teilnehmen,
falls ausreichend Plätze vorhanden sind. Daran mangelt es
aber vielerorts, wie schon ein
erster Blick auf die Teilnehmerzahlen zeigt. Mehr als eine Million Flüchtlinge kamen im vergangenen Jahr nach Deutschland. Von Januar bis Ende September 2015 nahmen den aktuellsten Zahlen des Bundesinnenministeriums zufolge aber
nur 80.423 Neuzuwanderer an
Integrationskursen teil. Für
70.052 von ihnen waren die
Kurse verpflichtend. Von 2005
bis 2014 sind 466.990 Personen
zu einem Integrationskurs verpflichtet worden.
Warum will de Maizière das
Integrationsgesetz?
Aus Sicht von de Maizière ist es
nötig, alle Erwartungen und
Pflichten, die der Staat einem
Asylbewerber entgegenbringt, in
einem Gesetz zu bündeln. „Ein
Integrationsgesetz ist eine Mischung aus Fördern und Fordern“, so der Bundesinnenminister. Beides gehöre zusammen.
Welche Probleme stehen dem
Gesetz im Weg?
Die geplante Wohnsitzauflage
stellt einen Eingriff in das
Recht auf Freizügigkeit dar. Der
CDU will mit Grünen verhandeln
Europäische
Gerichtshof
(EuGH) hat im März allerdings
klargestellt, dass diese Auflage
grundsätzlich erlaubt ist, etwa
zur Vermeidung sozialer Spannungen. De Maizière sieht die
Verhältnismäßigkeit des Eingriffs dadurch gewahrt, dass ein
Migrant seinen Wohnort wieder frei wählen kann, sobald er
seinen eigenen Lebensunterhalt verdient.
Wird jeder abgeschoben, der
sich nicht integriert?
Die Formulierung, dass die Aufenthaltserlaubnis an die Integrationsbereitschaft gekoppelt werden soll, suggeriert diese Annahme zwar. Der Jurist Kay Hailbronner stellt jedoch klar: „Die
angekündigte Verschärfung des
erleichterten Zugangs zum Niederlassungsrecht ist zwar ver-
Wie sind die Reaktionen auf
die Vorschläge?
Politiker der großen Koalition
unterstützen de Maizières Ideen. SPD-Vize Ralf Stegner sagte
der „Welt“ allerdings: „Das
Hauptproblem ist meist nicht
mangelnder Integrationswille,
sondern mangelnde Qualifizierungs- und Integrationsangebote.“ Aus der Opposition kamen
kritische Töne. „Bevor der Innenminister nach immer noch
härteren Sanktionen ruft, sollte
er erst einmal die Integrationsangebote verbessern“, sagte
Grünen-Fraktionschef Anton
Hofreiter der „Passauer Neuen
Presse“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund warnte davor, den
Eindruck zu erwecken, Geflüchtete seien bessergestellt
als Langzeitarbeitslose. Es gebe
für das Schwänzen von Integrationskursen bereits „beinharte
Sanktionen – von Kürzungen
über Bußgelder bis zu Nichtverlängerung der Aufenthaltsgenehmigung“, sagte Bundesvorstand Annelie Buntenbach. „Da
gibt es nichts zu verschärfen.“
Wann soll es in Kraft treten?
Derzeit wird das Gesetz intern
erarbeitet. Der Innenminister
will das neue Integrationsgesetz bereits im Mai vom Kabinett verabschieden lassen. So
könnte der Entwurf noch vor
der Sommerpause den Bundestag passieren und schnell in
Kraft treten.
Liberale machen Weg für
Ampel in Rheinland-Pfalz frei
In
Baden-Württemder Grünen steht solberg ist eine erste Hürchen Gesprächen ohde auf dem Weg zu
nehin nichts mehr im
grün-schwarzen KoaliWeg. Die CDU wäre
tionsverhandlungen
erstmals in ihrer Gegenommen. Die CDUschichte Juniorpartner
Landtagsfraktion voin einem Bündnis mit
tierte einstimmig für
den Grünen. Es würde
die Aufnahme offiziel- CDU-Fraktivom bisherigen Minisler Gespräche mit den onschef Wolf
terpräsidenten WinGrünen. Das sagte
fried Kretschmann geFraktionschef Guido Wolf nach führt. In Baden-Württemberg
der Fraktionssitzung am Mitt- ist Grün-Schwarz die letzte
woch. Er wollte den Beschluss Möglichkeit, eine stabile Regieam Nachmittag den Parteigre- rung zu bilden.
mien vorlegen, die ihrerseits
Bei der Landtagswahl am 13.
über Koalitionsverhandlungen März hatten die Grünen erstabstimmen wollen. Bei einem mals in Deutschland die CDU
„Ja“ könnten am Freitag offi- als stärkste Kraft überholt. Die
zielle Koalitionsgespräche auf- beiden theoretisch möglichen
genommen werden. Aus Sicht Dreierbündnisse unter Einbe-
In Rheinland-Pfalz rückt zweieinhalb Wochen nach der Landtagswahl eine Ampel-Koalition
aus SPD, FDP und Grünen näher. Die Verhandlungsführer
der drei Parteien gaben am
Mittwoch in Mainz gemeinsam
den Startschuss für Koalitionsverhandlungen. Als letzter der
drei möglichen Partner hatte
die FDP zuvor grünes Licht für
Verhandlungen gegeben.
Die SPD mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer an der Spitze war bei der Landtagswahl
Mitte März stärkste Kraft vor
der CDU geworden. Die bisherige rot-grüne Koalition hat
aber keine Mehrheit mehr im
neuen Landtag. Dreyer machte
schnell nach der Wahl deutlich,
DPA/ CHRISTOPH SCHMIDT
In Baden-Württemberg könnte grün-schwarze Regierung entstehen
ziehung von SPD und FDP hatten sich zerschlagen. Grüne
und CDU hatten in drei Sondierungsgesprächen neben Gemeinsamkeiten auch Unterschiede festgestellt, die aber
nicht als unüberwindbar gelten.
Wolf sagte am Mittwoch, Differenzen gebe es zum Beispiel
im künftigen Umgang mit der
Gemeinschaftsschule, der Verkehrspolitik und in der Inneren
Sicherheit. Die CDU werde darum ringen, dass in einem grünschwarzen Bündnis ihre Handschrift deutlich erkennbar sei.
Nun gehe es darum, Vertrauen
zu den Grünen aufzubauen.
Nur dann könne etwas Gemeinsames entstehen. „Daran wollen wir arbeiten.“
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ein Ampel-Bündnis und nicht
eine ebenfalls mögliche große
Koalition mit der CDU anzustreben. Auch die Grünen erklärten sich rasch zu Verhandlungen mit SPD und FDP bereit. Am Dienstagabend beschloss schließlich der FDPLandesvorstand, Koalitionsverhandlungen aufzunehmen.
Vor der ersten Verhandlungsrunde am Mittwoch zeigte sich Dreyer optimistisch.
„Wir gehen zuversichtlich in
die Verhandlungen“, sagte die
Ministerpräsidentin. In einem
Koalitionsvertrag müssten sich
die Ideen aller Parteien wiederfinden. Es sei klar, dass Koalitionen immer Kompromisse
erforderten.
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
6 POLITIK
Nächster Schritt im
Maut-Verfahren
Im Streit um die Pkw-Maut
will die EU-Kommission die
Gangart gegenüber Deutschland verschärfen. Im laufenden Verfahren wegen einer
Verletzung von EU-Recht
dürfte die Brüsseler Behörde
Ende April den nächsten
Schritt machen. Geplant ist,
dass sie dann auf die Antwort der Bundesregierung
reagiert und Änderungen
fordert. Falls die Bundesregierung nicht einlenkt,
könnte Brüssel im nächsten
Schritt vor den Europäischen
Gerichtshof ziehen.
SYRIEN
Assad fordert Hilfe
der UN in Palmyra
Der syrische Machthaber
Baschar al-Assad hat an die
Vereinten Nationen (UN)
appelliert, Syrien beim Wiederaufbau der antiken Wüstenstadt Palmyra zu unterstützen. Der staatlichen
syrischen Nachrichtenagentur Sana zufolge forderte
Assad UN-Generalsekretär
Ban Ki Moon am Mittwoch
außerdem auf, den Kampf
gegen den Terrorismus zu
verstärken.
TÜRKEI
Armee tötet 23
kurdische Rebellen
Das türkische Militär hat bei
Einsätzen im Südosten des
Landes 23 kurdische Rebellen getötet, teilte die
Armee am Mittwoch mit.
Seit Beginn der Militäreinsätze im vergangenen Juli
seien in diesen drei Regionen
347 Rebellen getötet worden.
Insgesamt tötete das Militär
bei seiner Offensive gegen
die verbotene kurdische
Arbeiterpartei PKK nach
Angaben von Präsident Recep Tayyip Erdogan seitdem
5300 Rebellen.
SACK REIS
Um ihre Reise zum Weltjugendtag zu finanzieren,
verkaufen belgische Jugendliche besonderes Bier. Cracovia sei speziell für den Weltjugendtag in Krakau gebraut
worden, sagte Jacques Galloy, Vorsitzender der Emmanuel-Jugend in Belgien. Bernsteinfarben, leicht und mit
sechs Prozent Alkohol – so
wird Cracovia im Internet
beworben. Das Bier basiere
nicht nur auf Malz und frischem Wasser, sondern auch
auf Liebe, hieß es.
ür Aung San Suu Kyi
war nach dem überwältigenden Sieg ihrer
Partei bei den Parlamentswahlen im November in
Birma klar, dass die Menschen
nicht nur für einen Wandel im
Land, sondern vor allem für sie
als Anführerin dieses Wandels
gestimmt hatten. Doch die „Lady“, wie sie liebevoll von den
Birmanen genannt wird, kann
wegen einer Verfassungsklausel
nicht Präsidentin werden.
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Die Lady und ihre Männer
In Birma hat die demokratische Regierung von Aung San Suu Kyi
ihre Arbeit aufgenommen. Doch die Ikone hat zwei Probleme
VON MAREIKE KÜRSCHNER
Für Suu Kyi scheint das aber
kein Hindernis zu sein: Sie wird
aus der zweiten Reihe die Regierung führen. Bereits kurz
nach der Wahl machte sie klar,
dass sie „über dem Präsidenten“ stehen werde. Die Mehrheit der Bürger erwartet auch
nichts anderes von ihrer Nationalheldin, die 15 Jahre im Hausarrest verbrachte und ihr Leben
dem Kampf gegen das Militärregime gewidmet hat.
Die 70-jährige Friedensnobelpreisträgerin steht wie keine
andere Person für den demokratischen Wandel in Birma.
Und wird auch die Erste sein,
auf die sich der Frust der Bevölkerung entlädt, wenn es bei den
wichtigsten Themen keine
Fortschritte gibt.
Gestern übergab die militärgestützte Regierung von Präsident Thein Sein in einer Zeremonie in der Hauptstadt Naypyidaw die Macht an die Nationale Liga für Demokratie
(NLD), die Partei von Aung San
Suu Kyi. Der 69-jährige Htin
Kyaw, Kindheitsfreund und enger Vertrauter der Lady, wurde
als Präsident vereidigt. Suu Kyi
selbst hat sich die Position einer Superministeringeschaffen:
Sie wird das Außen- und Bildungsministerium sowie die
Ministerien für Energie und
Elektrifizierung und das Präsidialamt leiten.
Birmas erste zivile Regierung
seit 54 Jahren muss nun die hohen Erwartungen der Bevölkerung erfüllen und wird dabei
AP/ NYEIN CHAN NAING
EUROPÄISCHE UNION
F
Aung San Suu Kyi (l.) schüttelt fleißig Hände nach ihrer Vereidigung im Parlament
nicht lange aus dem historischen Moment schöpfen können. Zwar hat die 70-jährige
Nobelpreisträgerin ein klares
Mandat – ihre Partei gewann 80
Prozent der verfügbaren Sitze
im Parlament und damit die absolute Mehrheit –, aber das Militär wird sie nicht los.
Laut Verfassung sind für das
Militär ein Viertel der Parlamentssitze reserviert und drei
zentrale Ministerien vorbehal-
ten. Das zu ändern ist kaum
möglich, denn die jahrzehntelang herrschende Junta hat sich
ein Vetorecht für Verfassungsänderungen gegeben.
Aung San Suu Kyi muss also
mit den Militärs kooperieren
und wird auf Versöhnung setzen, um die alte Machtelite
nicht unnötig zu provozieren.
Denn ohne Handlungsspielraum wird sie auch keinen Reformprozess einleiten können –
Gauck lobt demokratische Regierung
Ethnien. In dem verarmten
Land herrscht seit Jahrzehnten Bürgerkrieg zwischen Minderheiten und der
Zentralregierung. Birma –
auch bekannt als Burma
oder Myanmar – ist ein Vielvölkerstaat mit rund 55
Millionen Einwohnern, die
135 Ethnien angehören.
Bundespräsident Joachim
Gauck gratulierte dem
neuen Staatschef. „Ich freue
mich, dass nach mehr als 50
Jahren Militärdiktatur Sie
als erster ziviler Präsident
gewählt wurden“, schrieb er.
Eine große Herausforderung für die neue Regierung
werde die Aussöhnung aller
und damit keinen demokratischen Wandel. Eine Schwierigkeit dürfte sein, dass die meisten Parlamentarier der NLD
keine politische Erfahrung haben. Jeder sechste Parlamentarier saß während der mehr als
50 Jahre andauernden Militärherrschaft hinter Gittern. Viele
treibt allein die Entschlossenheit an, das Land verbessern zu
wollen. Aber ob gute Absichten
in messbare Erfolge münden,
wird sich erweisen müssen.
Ein zweites Problem hat die
70-Jährige selbst geschaffen:
Sie duldet keine Kritik an ihrer
Person. Konkurrenten in ihrer
Partei hat sie ausgeschaltet. Es
gibt kaum politischen Nachwuchs. Kritiker werfen ihr daher einen autoritären Führungsstil vor. Auch die Zusammenstellung ihres Kabinetts
zeugt von wenig Mut: Es ist
männlich dominiert, alle Mitglied sind über 60, meistens haben sie im Ausland studiert wie
auch Suu Kyi.
Brasiliens Präsidentin kämpft gegen das Aus
Dilma Rousseff will ihr Amt nicht einfach aufgeben. Regierungskrise erreicht neuen Höhepunkt
B
rasiliens Staatspräsidentin
Dilma
Rousseff
kämpft nach dem Verlust ihres wichtigsten Koalitionspartners um ihr Amt. Laut
Medienberichten will sie mehrere Ministerposten an drei andere Parteien verteilen, um eine Zwei-Drittel-Mehrheit im
Abgeordnetenhaus für ihre
Amtsenthebung zu verhindern.
In Rousseffs Umfeld werde
auch über Neuwahlen nachgedacht, berichtete die Zeitung
„Folha de São Paulo“.
Die Führung der Partei der
demokratischen Bewegung Brasiliens (PMDB) hatte am Dienstag den Abzug ihrer sechs Mi-
nister aus der Regierung beschlossen. Dabei riefen die Mitglieder: „Weg mit der Arbeiter-
AP/ ERALDO PERES
KOMPAKT
DIE WELT KOMPAKT
Brasiliens Präsidentin Dilma
Rousseff kämpft um ihr Amt
partei.“ Seit 2003 war die
PMDB Partner der linken Arbeiterpartei. Der Koalitionsbruch kann eine rasche Amtsenthebung
wahrscheinlicher
machen. Begründet wird das
Verfahren mit angeblichen
Haushaltstricks und Verschleierung des wahren Defizits.
„Dies ist ein Staatsstreich“,
sagte Rousseff der „Zeit“. „Wir
hatten in Lateinamerika einmal
eine Zeit, in der Militärputsche
stattfanden.
Heute
sehen
Staatsstreiche anders aus.“ Sie
bestritt, nichts mehr durchsetzen zu können. So habe ihre Regierung den Etat um 30 Milliarden Euro gekürzt. Eine für
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Donnerstag geplante USA-Reise will sie wegen der Lage absagen.
Bereits Anfang Mai könnte
Rousseff für zunächst 180 Tage
suspendiert werden, in der Zeit
würde der Senat die Vorwürfe
gegen sie prüfen. Im Oktober
könnte der Senat eine endgültige Amtsenthebung beschließen.
Der Vorsitzende der PMDB, Michel Temer (75), würde bei einer Absetzung Rousseffs das
Präsidentenamt übernehmen.
Die PMDB ist selbst tief gespalten. Die Regierung könnte daher versuchen, einzelne der 68
PMDB-Abgeordneten auf ihre
Seite zu ziehen.
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
DIE WELT KOMPAKT
POLITIK 7
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
VON MARTINA MEISTER
AUS PARIS
Hollande will damit ein Kapitel zuschlagen, das aber als Beleg eines beispiellosen politischen Versagens in Erinnerung
bleiben und seine fünfjährige
Amtszeit markieren wird: Er
hat nicht nur Glaubwürdigkeit
verloren, sondern auch das eigene politische Lager gesprengt. „Erbärmlich“, „peinlich“, lauteten die ersten Reaktionen aus der politischen Opposition. „All das dafür?“, frag-
DPA/ STEPHANE DE SAKUTIN
F
rançois Hollande verzichtet auf die umstrittene Verfassungsänderung. Das hat er
gestern mit ernster Miene verkündet. Der französische Präsident hatte in der Verfassung
festschreiben lassen wollen,
dass verurteilten Terroristen
mit doppelter Staatsbürgerschaft die französische entzogen werden kann. Aber diese
Verfassungsänderung, die er
drei Tage nach den Attentaten
vom 13. November feierlich auf
dem Kongress von Versailles
angekündigt hatte, ist am breiten Widerstand der Legislative
gescheitert. „Ich habe deshalb
beschlossen, die Debatte zur
Verfassungsreform hiermit abzuschließen“, sagte Hollande in
einer kurzen Ansprache im
Elysée-Palast.
François Hollande verkündet den Verzicht auf die Reform
Die entzweite
Republik
Präsident Holland scheitert mit seiner
geplanten Verfassungsänderung
te eine politische Kommentatorin fassungslos. Man könnte
auch mit Shakespeare sprechen: Viel Wind um Nichts.
Damit geht also eine vier Monate währende Debatte zu En-
de. Sie war ermüdend, furchtlos
und hat genau das Gegenteil
dessen erreicht, was der Präsident bezweckt hatte: Er habe
die Franzosen einen wollen,
sagte Hollande. Tatsächlich hat
er sie entzweit. Ende Januar
war sogar seine Justizministerin Christiane Taubira zurückgetreten, weil sie die Reform
nicht mittragen wollte. Viele
Sozialisten und Parteifreunde
Hollandes werden jetzt aufatmen. Denn der Widerstand aus
den eigenen Reihen ging weit
über die üblichen Frondeure
hinaus.
Viele Sozialisten waren gegen die Reform, weil sie die Tatsache, dass nur Bürger mit doppelter Staatsbürgerschaft davon betroffen sein konnten, als
fatales politisches Signal an
Bürger mit Migrationshintergrund verstanden. Jean-Christophe Cambadélis, Parteichef
der französischen Sozialisten,
entschuldigte sich unmittelbar
nach der Ansprache des Präsidenten bei der „Mehrheit der
Franzosen, die nur bestürzt
sein können angesichts dieses
traurigen Spektakels“.
Bei seiner kurzen Pressekonferenz, bei der keine Fragen erlaubt waren, machte Hollande
allerdings keinerlei Anstalten,
einen politischen Fehler einzugestehen. Er erwähnte lediglich
die „feindselige Haltung der
Opposition“, welche die Verfassungsänderung unmöglich gemacht hätte. Das ist allerdings
eine mehr als schöngefärbte
Version der Ereignisse. Von Außen hatte es gewirkt, als habe
sich der Präsident stur und
blind in eine symbolische Maßnahme verbissen, die keinen
Terroristen je von seiner Tat
hätte abschrecken können.
Gescheitert ist die Reform an
der Uneinigkeit der Legislative:
Die französische Nationalversammlung und der Senat konnten sich nicht auf eine Version
einigen. In der Nationalversammlung, in der die Linke die
Mehrheit hat, wurde der Gesetzestext so umformuliert, dass
theoretisch jeder Franzose hätte betroffen sein können. Aber
das hätte Staatenlose geschaffen, weshalb der Senat wieder
zur Ursprungsversion des Gesetzes zurückgekehrt ist.
„Ein symbolischer Akt war
notwendig“, sagte Hollande am
Mittwoch in Anspielung auf
den Zustand der Nation wenige
Tage nach den Attacken. Am 16.
November, als die Franzosen
noch unter Schock standen,
hatte Hollande Standing Ovations für seinen Vorschlag bekommen. Trauer und Wut hatten eine gewisse Zeit darüber
hinweggetäuscht, dass die Verfassungsänderung rein symbolisch gewesen wäre. Denn das
französische Recht räumt bereits die Möglichkeit ein, Terroristen mit doppelter Staatsbürgerschaft die französische zu
entziehen. In jüngster Vergangenheit ist das mehrfach geschehen, ohne dass eine Gesetzesreform nötig gewesen wäre.
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WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
KULTUR
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
SEITE 8
Zwei Mann,
ein Wort
KOMPAKT
ROCK
Der Boss tanzt
mit seinem Boss
Rocklegende Bruce Springsteen
hat seine 90 Jahre alte Mutter
bei einem Konzert in New York
mit einer Tanzeinlage überrascht. Während des Hits
„Ramrod“ verließ der 66-Jährige die Bühne im Madison Square Garden mit seiner Gitarre
und spielte ein paar Takte an ihrer Seite. Großen Applaus erntete Adele Springsteen, als sie
und der Star das Stück mit einem Shimmy beendeten, wie
das „Rolling Stone“-Magazin
berichtete.
Melancholie und Exzess: Die Pet Shop Boys
bleiben ihrer Erfolgsmischung auch mit ihrem
dreizehnten Album treu. Einfach „Super“
W
ie die kalifornische, auf statistische Erhebungen
aller Art spezialisierte Onlineplattform Priceonomics.com
durchgerechnet
hat, ist die Länge von Popsongtiteln seit den 60ern von durchschnittlich 3,76 Worten mittlerweile auf eine Länge von 2,72
Worten geschrumpft. In den
90ern war die Länge mit 3,64
Worten noch relativ stabil, bis
dann abrupt eine Neigung zur
Kürze einsetzte.
OPER
Netrebko übt Deutsch
für Wagner-Debüt
Die russische Starsopranistin
Anna Netrebko (Foto) feilt vor
ihrer ersten großen WagnerRolle als Elsa im „Lohengrin“
noch an ihrem Deutsch. „Für
mich ist insbesondere die Sprache eine sehr große Herausforderung“, sagte sie dem Fachblatt „Das Opernglas“. „Ich ha-
VON HARALD PETERS
DARIO ACOSTA
be mir den ganzen April freigehalten zur Vorbereitung der
Partie mit meinen Coaches.“
Netrebko debütiert am 19. Mai
an der Dresdner Semperoper in
der Rolle. Dirigent ist Christian
Thielemann, die Titelrolle
übernimmt der polnische Tenor Piotr Beczala.
DIE WELT KOMPAKT
Die Statistiker machen dafür
vor allem das Internet verantwortlich. Weil der Endverbraucher dazu neigt, statt kompletter
Alben lieber einzelne Songs zu
laden oder zu streamen, haben
Songs mit einem kurzen oder
ganz kurzen Titel, der nur aus einem Wort besteht, den Vorteil,
dass sie sich besser merken lassen. Diese Interpretation der Daten ergibt natürlich Sinn, aber
tun wir doch einfach so, als gehe
die Entwicklung auf die Pet Shop
Boys zurück.
Seit das britische Popduo 1985
mit ihrer Single „Opportunities“
reüssierte, macht es sich für Einworttitel stark. Man denke an
Hits wie „Suburbia“, „Heart“
oder „Rent“, selbst „West End
Girls“ oder „Domino Dancing“
waren für ihre Zeit unterdurchschnittlich kurz. Was ihre Studioalben angeht, sind die Pet
Shop Boys nie über die Einwortlänge hinausgegangen. Beginnend mit „Please“, erscheint
jetzt 30 Jahre und eine Woche
später ihr dreizehntes Album
„Super“, wobei ihnen der potenzielle Marktvorteil, den der kurze Titel bringen mag, wohl einigermaßen gleichgültig ist.
Die Pet Shop Boys sind an einem Punkt ihrer Karriere angelangt, an dem Plattenverkäufe
und Chartplatzierungen nur
noch eine nachgeordnete Bedeutung haben. Inzwischen sind Neil
Tennant, 61, und Chris Lowe, 56,
Gegenstand akademischer Studien. Zum dreißigsten Jubiläum ihres Debüts wurde vergangene
Woche in der Universität von
Edinburgh ein zweitägiges Symposium abgehalten, bei dem unter anderem „Sehnsucht und
Frustration im Frühwerk der
Band“ sowie „Der Pastiche von
Disco und die Bedrohung durch
Aids“ diskutiert wurden.
Im Juli sind die Pet Shop Boys
dazu eingeladen, das Royal Opera House in London viertägig zu
bespielen. Was den Bereich Popmusik angeht, gelten die Pet
Shop Boys heute als britisches
Nationalerbe, was bedeutet, dass
sie das leidige Tagesgeschäft
nicht weiter kümmern muss.
„Wir arbeiten inzwischen in einem Vakuum“, sagte ihr Keyboarder Chris Lowe. „Wir wissen, dass wir nicht mehr so oft
im Radio gespielt werden, also
können wir machen, was wir wollen.“ Das sei durchaus befreiend.
Für „Super“ haben sie die Freiheit genutzt, ein Album aufzu-
nehmen, auf dem sie sich eine
Weiterentwicklung einfach sparen. Falls der Titel sich auf den lateinischen Wortsinn „über etwas“ bezieht, dann ist „Super“
ein Pet-Shop-Boys-Album über
die Pet Shop Boys, und zwar nicht
im psychologischen Sinne, sondern im Hinblick auf ihr bisheriges Schaffen.
KUNST
Lübeck zeigt frühe
Grass-Bilder
„Ema“, die Geheimnisvolle
Einen Blick auf den frühen bildenden Künstler Günter Grass
bietet eine Ausstellung, die von
Donnerstag an im GünterGrass-Haus in Lübeck zu sehen
ist. Die Schau mit dem Titel
„Don’t fence me in“ zeigt
Zeichnungen, Aquarelle und
Plastiken, die zwischen 1948
und 1952 während Grass’ Studium an der Kunstakademie Düsseldorf entstanden sind. Die
Bilder galten lange als verschollen und wurden erst 2013 unter
einer Treppe des Hauses gefunden, in dem Grass als Student
gelebt hatte. Sie werden erstmals öffentlich gezeigt. Zu sehen sind Arbeiten aus der Zeit,
als Grass noch nicht wusste,
dass er einmal Schrifsteller
werden würde.
Vor 50 Jahren malte Gerhard Richter sein heute bekanntestes Bild. Es wurde Ziel einer Messerattacke
erhard Richter (84) findet es absolut blöde,
wenn man ihn den „Picasso des 21. Jahrhunderts“
nennt, so wie das einmal der britische „Guardian“ getan hat. Genauso blöde dürfte er es finden,
dass sein heute bekanntestes
Werk mitunter als die „Kölner
Mona Lisa“ bezeichnet wird.
Das Bild zeigt eine lebensgroße nackte Frau, die scheinbar
schlafwandlerisch eine Treppe
hinuntergeht. Der richtige Name
des Bildes lautet „Ema – Akt auf
einer Treppe“. Im Mai ist es genau 50 Jahre her, seit Richter es
malte. Panzerglas schützt das
Millionenobjekt im Kölner Museum Ludwig, seit es 1981 Ziel ei-
nicht nur Bewunderung,
sondern auch Aggressionen hervorgerufen. Eine
schöne nackte, noch dazu
blonde Frau realistisch zu
malen, das konnte man in
den 1960er Jahren einfach
nicht bringen, das war
reaktionär.
Heute dagegen ist das
Das Gemälde „Ema auf der Treppe“ im
Bild eine Ikone. BestselMuseum Ludwig in Köln
ler-Autor
Bernhard
Schlink („Der Vorleser“)
nes Anschlags geworden ist: In ließ sich davon zu einem ganzen
einem unbeobachteten Moment Roman inspirieren, „Die Frau auf
hatte ein Unbekannter dem Bild der Treppe“. Viele Betrachter
mit einem Messer oder einem an- empfinden „Ema“ als geheimnisderen spitzen Gegenstand einen voll, andere als verführerisch.
20 Zentimeter langen Schnitt zu- Die wenigsten wissen wohl, dass
gefügt. Seit jeher hat „Ema“ die Dargestellte kein beliebiges
DPA/ OLIVER BERG
G
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Modell ist, sondern Richters erste Frau Marianne Eufinger, genannt Ema. Zum Entstehungszeitpunkt des Bildes im Mai 1966
war Ema gerade im zweiten Monat schwanger.
Die schöne Modedesignerin
und der ebenfalls nicht unattraktive Künstler aus Dresden heirateten 1957 und setzten sich vier
Jahre später in den Westen ab,
wo er ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf begann.
1982 folgte die Scheidung. Seitdem hat Ema mit „Herrn Richter“ abgeschlossen und tritt in
der Öffentlichkeit nicht mehr in
Erscheinung. Ein so intimes Bild
wie „Ema“ hat der unterkühlte
Richter selten gemalt.
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
KULTUR 9
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
lässt – was, den Tanzfiguren folgend, nebenbei bedeutet, dass
der Weg zum Glück nicht immer
geradlinig ist.
In der wunderbaren ersten
Single-Auskopplung „The Pop
Kids“ erzählt Tennant dann die
Geschichte eines Freundes, der
in den frühen
Sie nannten
90ern von Biruns die Popmingham
nach
kids“: Chris
London gezogen
Lowe (l.) und
ist, um am King’s
Neil Tennan
College Geschichte zu studieren,
wo er sich in eine Biologiestudentin verliebt, die seine Liebe
zur Musik teilt. „Sie nannten
uns die Popkids / denn wir kannten die Pophits“ heißt es darin
übersetzt – und nach einer kurzen Pause fügt Tennant hinzu:
„Ich liebte dich!“
In der Tradition von
Pet-Shop-Boys-Gassenhauern wie „Hit
Music“ und „Vocal“
handelt
„The
Pop
Kids“ natürlich auch
davon, wie die Band
sich einst in Pop verliebte. Ihre Liebe zur lateinamerikanischen Musik, der sie auf ihrem Album „Bilingual“ von 1996
nachgingen, wird wiederum mit
dem Titel „Twenty-something“
belebt, bei dem es inhaltlich um
so banale Dinge wie Smartphones, Start-ups und die angebliche Unmöglichkeit der Liebe in
modernen Zeiten geht. Wie auf
ihrem skeptischen Album „Elysium“ von 2012 mokiert sich Tennant in einem leicht altväterlichen Tonfall über das Leben von
heute und schlägt anschließend
mit „Groovy“ in die gleiche KerSänger Neil Tennant singt darin, be, indem er sich über die Celedass der Weg zum Glück weit sei, britykultur lustig macht. Der
einem aber gar nichts anderes Song ist eine Fortsetzung des
übrig bleibe, als irgendwie ans Stückes „Ego Music“, das schon
Ziel zu kommen. Dazu hat er sich vor vier Jahren nur begrenzt
eine Gesangsmelodie ausge- amüsant war.
Zur Hochform laufen Tennant
dacht, die einen gewissen Country-&-Western-Moment hat, was und Low dann aber in „The
aus dem Song eine Art Square- Dictator Decides“ auf, ein Stück,
dance im House-Format werden in dem Tennant in die PerspektiPELLE CREPIN/ VERSTÄRKER
DIE WELT KOMPAKT
Jeder der zwölf Songs hätte so
auch auf einem anderen ihrer Alben veröffentlicht werden können. Alles, was die Band auszeichnet, ist vertreten. Mit dem ersten
Titel „Happiness“ schließen sie
nahtlos an das Vorgängeralbum
„Electric“ an, zitieren dabei den
Großraumdiscosound von „Very“
(1993) und „Nightlife“ (1999).
ve eines amtsmüden Diktators
schlüpft, der sich von seiner Rolle ebenso geknechtet fühlt wie
sein Volk von ihm: „Wenn ihr es
schafft, mich loszuwerden, könnten wir alle frei sein.“ Obwohl
Tennant beim Verfassen des Textes wahrscheinlich eher an einen
waschechten
Diktator
vom
Schlage eines Kim Jong-un dachte, lässt die letzte Strophe eine
ganz andere Inspiration vermuten: „Der Witz ist, dass ich nicht
einmal ein richtiger Demagoge
bin/ Hast du je eine meiner Reden gehört?/ Die Fakten sind erfunden/ Wenn ich spreche, klinge
ich irre/ So verblendet, dass man
es kaum glaubt“ – es ist, als hätten die Pet Shop Boys unbeabsichtigt einen Kommentar zu
Donald Trumps Wahlkampf in
Songform gebracht.
Das Interesse an Politik begleitet die Pet
Shop Boys seit Beginn.
1990 veröffentlichten
sie mit „My October
Symphony“
einen
Song, der den beginnenden Zerfall der
Sowjetunion zum Thema hat,
2006 ging es dann mit „I’m with
Stupid“ vielleicht nicht ganz so
subtil um die Liebe des ehemaligen britischen Premierministers
Tony Blair zum damaligen USPräsidenten George W. Bush.
Es ist die Mischung aus Feingeist und radikaler Oberflächlichkeit, Ernst und Satire, Melancholie und Exzess, die über die
Jahre hinweg den Reiz der Pet
Shop Boys ausmacht, es ist ihr
Mut, auch bollernde Clubtracks
wie „Pazzo!“ und „Inner Sanctum“ unter die Mischung zu heben, die den beiden trotz ihres
fortgeschrittenen Alters gut stehen. So muss man sagen, dass
das Album vielleicht nicht wirklich super geraten ist, aber dafür
ziemlich gut. „Pretty Good“ wäre als Titel also treffender gewesen, doch der kam natürlich
schon deshalb nicht infrage, weil
er leider ein Wort zu lang ist.
Überreste
von Karl May
obduziert
Starb der Autor durch
Metallvergiftung?
E
ine chronische Schwermetallvergiftung hat den
Abenteuerschriftsteller
Karl May (1842-1912) wahrscheinlich ins Grab gebracht. In
seinen Knochen wurden auffällig hohe Konzentrationen von
Blei und Cadmium gefunden,
wie die Karl-May-Stiftung in
Radebeul (Sachsen) unter Verweis auf ein aktuelles forensisches Gutachten mitteilte.
„Das Trinkwasser war damals sehr bleihaltig“, sagte
Carsten Hädrich vom Institut
für Rechtsmedizin der Universität Leipzig. Er und ein Kollege
hatten die sterblichen Überreste in der Gruft unter Mays
Grabmal im Oktober 2014 obduziert – und sie zugleich eindeutig als die des Erfinders von
Winnetou und Old Shatterhand
identifiziert.
Die Todesursache des sächsischen Dichters war bisher unbekannt – und Stoff für Spekulationen. Diese reichten von
Lungenkrebs bis Gattenmord.
„Auf dem Totenschein vom 30.
März 1912 ist nichts vermerkt“,
sagte Stiftungsvorstand Ralf
Harder.
Woran der legendäre Autor
aber mit 70 Jahren genau starb,
könne ohne die Organe schwer
aufgeklärt werden, sagte Hädrich. Das Skelett ist fast vollständig von Weichteilen befreit. „Mit absoluter Sicherheit
ist die Todesursache nicht
mehr herauszufinden.“ Das
Gutachten soll laut Harder zur
Wahrheitsfindung
beitragen
und wissenschaftlich diskutiert
werden. „Es enthält interessante Details für die Forschung.“
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SPORT
Blessuren an Kopf
und Wirbelsäule
Nach einem folgenschweren
Discobesuch fällt ZweitligaProfi Zlatko Tripic längere Zeit
bei der SpVgg Greuther Fürth
aus. Der Offensivspieler stürzte
in der Nacht zum Montag in einem Nürnberger Nachtclub
von einer Empore und erlitt
Verletzungen an Kopf und Wirbelsäule, wie sein Verein mitteilte. Laut Bundespolizei war
es in der Diskothek zu einer
Schlägerei gekommen, an der
Tripic allerdings nicht beteiligt
war. Der 23-Jährige habe sich
auf einem Sofa in Sicherheit gebracht. Als ein Tisch gegen das
Sofa krachte, habe er das
Gleichgewicht verloren und sei
drei oder vier Meter in die Tiefe
gestürzt, sagte ein Sprecher am
Mittwoch. Wie lange er ausfällt,
ist nach Vereinsangaben vom
Dienstag unklar. Es ist nicht das
erste Mal, dass die nächtlichen
Ausflüge von Fürther Spielern
für Aufsehen sorgen. Stefan
Thesker, der derzeit an Twente
Enschede ausgeliehen ist, hatte
etwa beim Verlassen eines
Clubs im Dezember einen Türsteher angepöbelt und mit
Geldscheinen geworfen.
Ägypten durch
Messi-Spende
„gedemütigt“
Weltfußballer stiftet
Schuh und erhält Zorn
Mit einer Spendenaktion hat
Weltfußballer Lionel Messi den
Zorn der Ägypter auf sich gezogen. Nach einem Bericht der
„BBC“ hat der Argentinier in der
TV-Sendung „Yes, I‘m famous“
(“Ja, ich bin berühmt“) der Moderatorin Mona El-Sharkawy
seine Fußballschuhe übergeben.
Seine Bitte: Sie solle das Paar für
einen guten Zweck versteigern.
Doch mit den Reaktionen auf
seine Spende hätte Messi wohl
nicht gerechnet. „In den vergangenen 7000 Jahren wurden wir
Ägypter noch nie so gedemütigt“, kommentierte der Parlamentarier Said Hasasin den Fall.
Er war so erbost, dass er in seiner eigenen TV-Show einen seiner Schuhe mit den Worten „Ich
werde dich mit meinem Schuh
schlagen, Messi“ in die Kamera
hielt. In der arabischen Welt gilt
der Schuh als Inbegriff von Unreinheit. Wenn ein Araber Abscheu ausdrücken will, schlägt
er den Gegner oder dessen Bild
mit seinen staubigen Sohlen.
Y
oga steht an erster Stelle. Noch. Das Hotel „Giardino“ in Ascona bietet
seinen Gästen zahlreiche Kurse an, doch in den nächsten Wochen geht es in dem FünfSterne-Haus mehr und mehr um
Fußball. Am 23. Mai schlägt die
deutsche Fußball-Nationalmannschaft hier für zwölf Tage ihr
Trainingslager auf, wie bereits
während der Europameisterschaft 2008, und die Angestellten
des Hotel treffen bereits alle Vorkehrungen.
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
SEITE 12
Das sind Löws
Tops und Flops
Die Kandidatenliste des Bundestrainers umfasst 42 Spieler,
doch nur 23 dürfen mit nach Frankreich. Nach den letzten
Länderspielen vor der EM gibt es klare Gewinner und Verlierer
VON JULIEN WOLFF UND
LARS GARTENSCHLÄGER
AUS MÜNCHEN
Bundestrainer Joachim Löw wird
seine Spieler am Lago Maggiore
auf die am 10. Juni beginnende
EM in Frankreich vorbereiten.
Und von hier aus einige Spieler
nach Hause schicken. 23 Spieler
darf er mit zu dem Turnier
nehmen, bei den letzten
Tests gegen England (2:3) und
Italien
(4:1)
waren 25 dabei, insgesamt umfasst Löws Kandidatenliste 42
Spieler. Dass Löw Spieler mit zur
EM nehmen wird, die er bislang
noch nie nominiert hat, ist unwahrscheinlich.
Wenngleich
Joshua Kimmich vom FC Bayern und Julian Weigl von
Borussia Dortmund den
Bundestrainer mit ihren
Leistungen im Verein beeindruckt haben. „Wir
wollen
Konkurrenzkampf, es gibt einen harten Kampf“, sagt Löw über
die EM-Plätze.
Löw hat seine Stammelf für
Frankreich bereits im Kopf, bei
den Ergänzungsspielern sind
noch Plätze offen. „Die
Welt“ nennt die Gewinner und Verlierer der
letzten Länderspielreise vor der EM
und
ihre
F
unktioniert Plan A nicht,
muss man halt Plan B auspacken. Genau das dürfte
sich Bundestrainer Joachim Löw
nach der mäßigen 2:3-Niederlage
gegen England im Berliner Olympiastadion gedacht haben. Nachdem Deutschland am Ostersamstag im altbekannten 4-4-2 nicht
zu überzeugen wusste, stellte er
gegen Italien um – auf ein italienisches System. Die DFB-Elf
schlug den Erzfeind mit dessen
eigener Waffe: der Dreierkette.
VON TOBIAS ESCHER
Mittlerweile erfreut sich die
Dreierkette wieder hoher Beliebtheit in fußballtaktischen
Kreisen. Bayern München, Bo-
Chancen auf einen Platz im Kader für das Turnier.
durchlebt schwierige Wochen.
Sein Klubtrainer Pep Guardiola
ließ ihn sich zuletzt meist ver-
GEWINNER
Mario Götze
Der Offensivstar
des FC Bayern
BONGARTS/ GETTY IMAGES/ DENNIS GROMBKOWSKI
Fürth-Profi
verletzt sich
in der Disco
DIE WELT KOMPAKT
Zwei Marios in Ballerlaune:
Gomez (l.) und Götze trafen in
den Testspielen per Kopf und
zählen zu den Gewinnern bei
Bundestrainer Jogi Löw
PA/ ZB/ DPA/ THOMAS EISENHUTH
Mit neuer Dreierkette
und Doppelsechs
zu alter Stärke
Nach der England-Pleite baute Joachim Löw
um und schlug die Italiener beim 4:1 in
München mit deren eigenen Waffen
russia Dortmund, Juventus Turin
– all diese Teams experimentierten zuletzt mit Dreierketten. Vor
fünf Jahren war diese taktische
Spielerei praktisch ausgestorben,
so gut wie jedes Team agierte mit
einer Viererkette. Nur in Italien
lebte die Dreierkette weiter, so-
wohl bei der Nationalmannschaft
als auch in der Liga. Italien war
die letzte Hochburg.
Dementsprechend
beherrschen italienische Verteidiger die
Mechanismen einer Dreierkette
so gut wie keine anderen Spieler
auf der Welt. Sie wissen, wann
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geblich warmlaufen, setzte Götze lediglich 54 Minuten ein. Zudem kritisierte ARD-Experte
Mehmet Scholl den Weltmeister
vor Millionen Zuschauern, Götze
würde nicht genug trainieren.
Und das, obwohl Götze in Winterurlaub einen Personal Trainer
mitnahm und zuletzt auch an
freien Tagen an der Säbener Straße zu sehen war. Entsprechend
verwundert ist Götze: „Ist er
beim Training dabei? Meines
Erachtens trainiere ich genug.“ Löw gab ihm das Vertrauen, stellte Götze gegen
Italien von Beginn an auf,
und der 23-Jährige bedankte sich mit dem 2:0 und leitete das 3:0 ein. Sein Jubel
nach seinem Treffer zeigte,
wie erlösend dieser Dienstagabend für Götze war. Da fiel offensichtlich viel von ihm ab. Und
von der Tribüne aus sahen Guardiola und Bayern-Vorstandschef
Karl-Heinz Rummenigge zu.
Götze: „Ich bin sehr glücklich.
Ich finde es einfach super, dass
der Trainer mir das Vertrauen gegeben hat. Und dann noch hier in
München, das war das i-Tüpfelchen.“
Mario Gomez
Nach der verpassten Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien
hatten ihn viele abgeschrieben, jetzt ist der 30-Jährige wieder da. Der Stürmer von Besiktas Istanbul spielte gegen England
von Beginn an und traf
zum 2:0. Für ihn war es
aus der Dreierkette eine Fünferkette werden muss oder in welchen Situationen ein zentraler
Verteidiger herausrücken kann.
Nach der WM betonte Löw, man
dürfe nun nicht arrogant werden,
sondern müsse weiter internationale Trends beobachten – und
nannte dabei namentlich die italienische Dreierkette.
Der Bundestrainer ließ den
Worten Taten folgen. Beim Spiel
gegen Italien in München agierte
sein Team mit Ball in einem 3-24-1, ohne Ball in einem 5-4-1-System. In der Dreierkette funktionierte besonders das Auffächern
bei Ballbesitz sehr gut: Die beiden äußeren Verteidiger rückten
nach Außen, fast bis an die Seitenlinie. Deutschland bekam so-
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
der erste Treffer im deutschen
Trikot seit Juni 2012. Ein echter
Stürmer, kein „falscher Neuner“
– Gomez hat beste Chancen, bei
der EM dabei zu sein.
Marc-Andre ter Stegen
Gegen Italien fehlte Stammtorwart Manuel Neuer wegen einer Magenverstimmung. Für ihn
brachte Löw nicht wie von vielen
erwartet Bernd Leno von Bayer
Leverkusen – sondern ter Stegen.
Und wechselte zur zweiten Halbzeit auf dieser Position auch
nicht. Ein Zeichen, dass der Torhüter des FC Barcelona nun die
klare Nummer zwei ist. Leno
oder Kevin Trapp von Paris St.
Germain – einen der beiden Torhüter ohne Länderspieleinsatz wird Löw
vor dem EM aus dem
Aufgebot streichen.
Jonas Hector
Außenverteidigung, die Problemposition der Nationalmann-
SPORT 13
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Italien spielte Podolski nicht. Mit
seinem Verein Galatasaray Istanbul läuft es hingegen gut, und
Löw schätzt vor allem Podolskis
Erfahrung und positive Ausstrahlung, die für die interne Stimmung wichtig ist. Die EM wäre
für Podolski bereits sein achtes
Turnier, mit dem verletzten Kapitän Bastian Schweinsteiger ist
er dienstältester Nationalspieler.
Andre Schürrle
Auch er saß gegen Italien 90
Minuten auf der Bank, gegen
England spielte er die letzten 25
Minuten. Auch für seinen Verein
VfL Wolfsburg zeigte Schürrle
zuletzt nicht immer Topleistungen. Löw schätzt allerdings seine
Schnelligkeit und seine Stärke
bei Hereingaben, die Schürrle
zum Beispiel vor Götzes 1:0 im
WM-Finale demonstrierte.
Erik Durm, Marcel Schmelzer
und Ilkay Gündogan
Drei Spieler von Borussia
Dortmund, die Löw nicht nominierte. BVB-Trainer Thomas
Tuchel überraschte, dass
Löw in den beiden Tests
auf Durm und Schmelzer
verzichtet hat: Beide hätten sich gern aufgedrängt, nun bleiben Löw
wohl erst mal die jüngsten
Eindrücke
von
Hector und Rudy in Erinnerung. Abgeschrieben sind Durm und
Schmelzer
dennoch
nicht. Ilkay Gündogan
wird zum EM-Kader gehören,
erst
recht,
falls
Schweinsteiger nicht rechtzeitig fit wird. Ein Spiel wie
das gegen Italien, in dem Toni Kroos als Anführer überzeugte, hätte jedoch auch
ihm gutgetan.
Am Ende der Länderspielreise sagt Bundestrainer Löw: „Jetzt hängt es
natürlich auch davon ab,
wie die Spieler die
kommenden Wochen
in den Vereinen spielen.“ Es werden
spannende
zwei
Monate bis zum
Check-in im Hotel „Giardino“.
schaft. Seit 2006 hat Löw hier
über 30 Spieler getestet. Der Kölner überzeugte gegen England
nicht. Dafür steigerte er sich
dann gegen Italien, schoss das
3:0. „Die beiden Außenverteidiger Jonas Hector und Sebastian
Rudy haben ihre Sache diszipliniert gemacht“, so Löw.
VERLIERER
Kevin Volland
Spielte gegen England gar
nicht, gegen Italien nur in den
letzten vier Minuten. Der Angreifer der abstiegsbedrohten TSG
Hoffenheim musste von der Bank
aus zu sehen, wie sich Konkurrent Gomez aufdrängt. Volland
muss um seine EM-Teilnahme bangen.
Lukas Podolski
Gegen England wechselte
Löw ihn für die
letzten 15 Minuten ein, gegen
Andre Schürrle
(l., 25 Minuten)
und Lukas Podolski
(15) bekamen in den
Tests kaum Spielzeit.
Sie müssen um ihre
EM-Teilnahme bangen
PA/ DPA/ MARVIN GUENGOER
ze, Thomas Müller und Julian
Draxler tauschten immer wieder
die Positionen. Italiens Fünferkette war weitgehend beschäftigungslos, da sich die drei Angreifer immer wieder zurückfallen
BONGARTS/ GETTY IMAGES/ MATTHIAS HANGST
PA/ DPA/ PRESSEFOTO ULMER/ MARKUS ULMER
mit viel Breite ins Aufbauspiel.
Die Italiener mussten das gesamte Feld im Pressing abdecken,
was ihnen jedoch selten gelang.
Dass Deutschland den Ball in
der eigenen Hälfte gut zirkulieren lassen konnte, lag auch an
der gut funktionierenden Doppelsechs. Mesut Özil agierte hier
etwas überraschend neben Toni
Kroos. Özil, eigentlich von Beruf
Zehner, fügte sich auf der Sechs
gut ein. Kroos ließ sich oft zurückfallen, unterstützte das Aufbauspiel in der Tiefe. Özil besetzte die Reihe davor, bot sich immer an. Deutschland konnte über
ihn aus der Abwehr nach vorne
umschalten.
Im Angriff agierte Deutschland äußerst flexibel. Mario Göt-
Bundestrainer Löw ging mit neuer
Taktik volles Risiko – und gewann
ließen. Tore erzielte Deutschland
schließlich über die rechte Seite.
Hier kombinierte sich die Mannschaft über das Dreieck Rudy,
Özil und Müller vor das Tor.
Der Garant für den Sieg war jedoch die Dreierkette. Sie war
Dreh- und Angelpunkt des Aufbauspiels und defensiver Fels in
der Brandung. Mit dem 4:1-Erfolg
verschiebt sich auch die taktische
Ausgangslage für Löw vor der Europameisterschaft Anfang Juni in
Frankreich.
Zuletzt zeigte die DFB-Elf mit
Dreierkette stärkere Auftritte als
mit Viererkette, so beispielsweise beim Testspiel-Sieg über Spanien (1:0) im November 2014. Die
neue Fornation wird Löw vor der
EM also weiter beschäftigen.
Barca-Fans fordern das
„Estadi Johan Cruyff“
Nach dem Tod der Klub-Ikone soll das Camp Nou
umbenannt werden. Der Klub plant längst anders
D
ie offiziellen Trauertage
beim FC Barcelona gingen am Dienstagabend
mit der Schließung des „Memorial
Cruyff“ zu Ende. Sie hinterlassen
eindrucksvolle Zahlen und Bilder.
Über 60.000 Menschen haben
den improvisierten Schrein am
Haupteingang des Camp Nou besucht, um Abschied zu nehmen,
darunter etliche Weggefährten
und Größen des Sports. Zum Abschluss sprach sein Sohn Jordi bewegende Worte im Namen der Familie: „Johan gehört nicht nur
uns. Er gehört allen.“
VON FLORIAN HAUPT
AUS BARCELONA
Am Samstag beim ersten Spiel
nach seinem Tod, wie bestellt gegen Real Madrid, wird es weitere
Feierlichkeiten geben. Und dann?
„Die ganze Arena ist ein Schrei“,
titelte dieser Tage die vereinsnahe
Zeitung „Sport“ mit der ersten
Zeile der Vereinshymne – und fügte die Forderung hinzu: „Estadi
Johan Cruyff“. Soll der Verein also
sein Allerheiligstes, das 1957 erbaute Stadion, die größte Sportstätte Europas mit ihren knapp
100.000 Plätzen umbenennen? So
eine Debatte, die heikler ist, als es
zunächst klingen mag.
Eigentlich sollte keine Würdigung zu groß sein angesichts der
Verdienste des Genies, der die
letzten 43 Jahre seines Lebens
überwiegend in Katalonien verbrachte. Cruyff hat Identität und
Mentalität des Klubs neu entworfen, als Spieler ihm in Zeiten der
Franco-Dikatur den Stolz zurückgegeben, als Trainer mit ihm den
ersten Europapokal der Landesmeister gewonnen und seine beiden weltweit bewunderten Säulen
etabliert: Spieldoktrin und Nachwuchspflege.
Doch nicht alle liebten ihn bei
Barca auch dafür. Dieser Tage
wurde fast schon als Sensation
vermeldet, dass alle acht noch lebenden Ex-Präsidenten am Samstag zusammen Platz nehmen werden in der Loge des Camp Nou –
so verfeindet sind die Faktionen
des Vereins. In diesem bisweilen
geradezu biblischen Bruderkampf
gab es immer auch Leute, denen
Cruyffs Einfluss nicht passte.
Als mit Sandro Rosell einer
von ihnen 2010 zum Präsidenten
gewählt wurde, gab Cruyff seine
Ehrenpräsidentschaft freiwillig
zurück, ehe sie ihm entzogen
werden sollte. Es folgten Jahre
der Funkstille, in denen der Klub
zwischenzeitlich auch die Unterstützung seiner Stiftung für benachteiligte Kinder einstellte.
Erst unter Rosells Nachfolger Josep Maria Bartomeu besserte
sich das Verhältnis wieder, gera-
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de noch rechtzeitig. Die letzte
Unterschrift seines Lebens habe
sein Vater unter ein neues Abkommen mit dem Verein bezüglich der Stiftung gesetzt, berichtete Jordi Cruyff am Dienstag.
„Er war wahnsinnig stolz auf diese Einigung. Sie gab ihm Frieden.
Es war eine finale Umarmung
mit Barca, die spät kam, aber
noch kam.“
Weg frei also auch für das „Estadi Johan Cruyff“? Nicht überall
ist die Begeisterung über diese
Idee so groß wie bei Umfragen unter den Anhängern. Und der Klub
hält sich mit Äußerungen tunlichst zurück. Die Frage sei im
Präsidium bisher nicht diskutiert
worden, erklärte ein Klubsprecher: „Solche Dinge erfordern
Zeit und Reflexion“. In den Medien wird derweil spekuliert, dass
Cruyffs anderer Herzensklub Ajax
Amsterdam mit einer Umbenennung seiner Arena den Katalanen
zuvorkommen könnte. Was aus
Sicht der Barca-Führung wohl die
eleganteste Lösung wäre.
Das eigentliche Problem lautet:
Cruyff müsste sich den Namen
mit einem Sponsoren teilen. Im
Sommer beginnt der Klub mit den
Arbeiten am „Espai Barca“, einer
neuen Vereinslandschaft, in deren
REUTERS/ALBERT GEA
DIE WELT KOMPAKT
Blumen am Camp Nou erinnern
an Klub-Ikone Johan Cruyff
Rahmen auch das Camp Nou
grundrenoviert wird, insbesondere überdacht und auf 105.000 Plätze ausgebaut. Damit sollen mehr
Einnahmen generiert werden.
Der „Espai Barca“, zu dem auch
ein neues Stadion für die zweite
Mannschaft und eine neue Basketballhalle gehören sollen, lässt
sich aus eigenen Mitteln jedenfalls nicht bestreiten – er ist mit
der pharaonischen Kostendimension von 600 Millionen Euro veranschlagt. Das Camp Nou wird also tatsächlich bald einen Zusatznamen tragen. Aber wohl nicht
den der größten Vereinsikone,
sondern beispielsweise den von
Katar, um mal den aktuellen Trikotsponsoren herbei zu zitieren.
Von einem Emirat ohne Tradition
im Fußball, aber mit dubiosen
Menschenrechtsstandards.
Einem Regime, auf dessen Payroll
sich Johan Cruyff – anders als so
viele Branchenkollegen – nie hätte setzen lassen. Auch das machte
ihn so groß.
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
14 SPORT
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
KOMPAKT
Superstar Neymar (kein WM-Qualifikations-Tor) ist mit Brasilien am Boden
FUSSBALL
Schaaf verlässt
96 bei Abstieg
Hrubesch feiert mit
U21 letzten Sieg
Die U21 bescherte in der
EM-Quali ihrem Trainer
Horst Hrubesch einen perfekten Ausstand. Die DFBAuswahl gewann beim 2:0 in
Russland auch ihr siebtes
Pflichtspiel und bleibt mit 21
Punkten souveräner Tabellenführer vor Österreich
(15). Für Hrubesch war es der
letzte Auftritt als U21-Coach,
ehe er im Sommer die Olympia-Mannschaft in Rio betreut. Seinem Nachfolger
Marcus Sorg hat er ein bestelltes Feld hinterlassen.
TURNEN
Schulter legt
Hambüchen lahm
DPA/ PATRICK PLEUL
Deutschland muss ohne
Fabian Hambüchen (Foto)
die Olympia-Qualifikation
Mitte April in Rio de Janeiro
bestreiten. Der Olympia-
Zweite am Reck sagte seine
Teilnahme an der Veranstaltung in der Olympiastadt
wegen anhaltender Schmerzen in der Schulter ab.
Der dramatische
Absturz der Selecao
E
ine Fußball-WM ohne
Brasilien undenkbar?
Keinesfalls. Nach dem
2:2 (0:1) in Paraguay
wäre trotz des Last-MinuteAusgleichs von Daniel Alves das
Worst-Case-Szenario nach heutigem Stand bittere Realität für
die einst ruhmreiche Seleção,
die als Tabellensechster in der
südamerikanischen Qualifikation bei der Endrunde 2018 in
Russland erstmals in der WMHistorie Zuschauer wäre.
„Natürlich beunruhigt uns
die Tabellensituation. Aber wir
sind auch nur vier Punkte von
der Spitze entfernt“, beschwichtigt
Nationaltrainer
Carlos Dunga nach dem dritten
Auswärtsspiel ohne Sieg. Doch
die heimische Presse schießt
sich weiter auf den 52-Jährigen
ein. „Der Seleção fehlte die Seele, der Druck auf die Arbeit
Dungas wächst“, schreibt das
Internetportal „Globoesporte“.
Dunga hatte die „Selecao“
nach dem blamablen 1:7 im
WM-Halbfinale 2014 gegen die
deutsche Nationalelf übernommen. Er sollte das Trauma des
verpassten Titels beim Turnier
im eigenen Land schnell vergessen machen. Doch seitdem
konnte Brasiliens Auswahl nur
selten überzeugen.
Seleção-Koordinator Gilmar
Rinaldi sprang seinem Untergebenen sofort zur Seite, lobte
demonstrativ den „Mut Dungas“, nach einem 0:2-Rückstand durch die Tore des Ingolstädter Bundesliga-Profis Dario Lezcano (41.) sowie Edgar
,,
Brasiliens stolze Nationalelf
droht als Quali-Sechster die
WM in Russland zu verpassen
Weltmeister, bei dem Münchens Douglas Costa und der
Wolfsburger Luiz Gustavo in
Asunción in der Startelf standen, stürmische Monate, denn
die Quali-Runde wird erst im
September fortgesetzt.
Das Schicksal Dungas als Nationaltrainer kann sich aber
schon vorher im Fall von weite-
Natürlich beunruhigt uns
die Tabellensituation
Carlos Dunga, Nationaltrainer Brasiliens
Benitez (49.) das komplette defensive Mittelfeld zugunsten
offensiverer Kräfte aufgelöst
zu haben.
Die Trotzreaktion war dank
der Tore von Ricardo Oliveira
(79.) und des an den beiden Gegentreffern nicht schuldlosen
Alves in der Nachspielzeit immerhin erfolgreich. Dennoch
warten auf den fünfmaligen
ren Rückschlägen bei der Jubiläumsausgabe der Copa América im Juni in den USA oder auf
der Jagd nach dem PremierenOlympiagold im August in Rio
de Janeiro entscheiden.
Bitter für Brasilien: Alle anderen Favoriten siegten am
sechsten von 18 EliminatoriasSpieltagen und rückten noch
enger zusammen. Ganze vier
Punkte trennen den neuen Tabellenführer Uruguay und den
Siebten Paraguay.
Edinson Cavani von Paris St.
Germain schoss Uruguay mit
seinem Siegtor (53.) beim 1:0
gegen Peru mit nun 13 Punkten
an die Spitze. Argentinien
(Platz drei/11 Punkte) stieß mit
einem 2:0 gegen Bolivien in die
Zone der vier WM-Direkttickets vor. Dank der Doppelpacks von Mauricio Pinilla (32./
51.) und des Münchners Arturo
Vidal (71./90.+2) machte auch
Copa-América-Sieger
Chile
nach zuletzt drei sieglosen
Spielen beim 4:1 (1:1) in Venezuela als neuer Tabellenvierter
(10 Punkte) Boden gut. Die erste Niederlage in der laufenden
WM-Qualifikation
kassierte
der bisherige Tabellenführer
Ecuador (13 Zähler) mit dem 1:3
(0:1) in Kolumbien. Zweifacher
Torschütze beim WM-Viertelfinalisten von 2014 war der von
Bayern München umworbene
AC-Mailand-Stürmer
Carlos
Bacca. Die Cafeteros liegen mit
zehn Punkten auf Platz fünf,
der einen WM-Startplatz über
den Umweg interkontinentaler
Play-offs ermöglicht. Erst dann
kommen die Brasilianer...
VOLLEYBALL
Berlin greift nach
erstem Europacup
Die Berlin Volleys dürfen
weiter vom erstmaligen
Gewinn eines Europapokals
träumen. Im Final-Hinspiel
des CEV-Pokals bezwang
der deutsche Vizemeister
ZSK Gazprom-Ugra Surgut
Russland vor 5853 Zuschauern mit 3:2 (28:26, 16:25,
25:17, 20:25, 15:11). Das Rückspiel findet Samstag in Surgut statt. Die Volleys brauchen dort erneut einen Sieg,
egal in welcher Höhe, um
sich als Europacup-Gewinner feiern zu lassen.
Handball-Vize streicht Köln als WM-Standort
Bob Hanning äußert Unmut über Hallen-Posse. Länderspiel gegen Dänemark verlegt
D
er Vize-Präsident des
Deutschen
Handball
Bundes (DHB), Bob
Hanning, hat mit großem Unmut auf die Verlegung des Länderspiels der Deutschen wegen
der doppelt belegten Halle in
Köln reagiert. „Das ist für unsere Fans und Sponsoren nicht
hinnehmbar. Ich bin bedient“,
sagte Hanning. Jugendteams
hätten extra für das am Freitag
geplante Spiel gegen Dänemark
Busse bestellt, „die Sponsoren
konnten ihre gebuchten Reisen
nicht antreten. Der Image-Schaden ist sehr groß.“ Versöhnlicher gaben sich die Kölner Haie.
„Es freut uns, dass es für das
Handball-Spiel eine Lösung
gibt“, sagte Haie-Geschäftsführer Peter Schönberger, „so können wir uns jetzt – aller ärgerlichen Nebengeräusche zum
Trotz – auf ein tolles Sportwochenende in Köln freuen.“
Weil das Kölner EishockeyTeam morgen (19.30 Uhr) das
erste Playoff-Halbfinale um die
deutsche Meisterschaft gegen
den EHC München spielt, muss
der
Handball-Europameister
nun auf Samstag (15.45 Uhr/
Sport1) ausweichen. Das Management der Kölner Multifunktions-Arena hat seinen Fehler
durch die Doppelbelegung eingeräumt und sich sowohl beim
DHB als auch beim dänischen
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Verband „in aller Form“ entschuldigt. Hanning konnte dies
aber nicht versöhnlich stimmen.
„Für mich kommt Köln bei der
WM 2019 nicht als Spielort in
Frage. Vielleicht fällt den Hallen-Betreibern kurzfristig ein,
dass sie Tischtennis-Platten aufstellen müssen“, schimpfte er.
Hanning zeigte sich zudem verärgert, dass das Präsidium des
Deutschen
Handballbundes
nicht informiert worden sei.
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REUTERS/ PAULO WHITAKER
Thomas Schaaf bleibt nur im
Fall des Klassenverbleibs
über den Sommer hinaus
Trainer des akut abstiegsbedrohten Bundesligisten
Hannover 96. Darauf haben
sich der Klub und Schaaf
geeinigt. Eine Zusammenarbeit in der 2. Liga werde es
nicht geben, heißt in einer
Vereinsmitteilung.
DIE WELT KOMPAKT
FORUM 15
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
LEITARTIKEL
KOMMENTAR
Gefährliche
Harmonie
Beim Bundeshaushalt fährt die Regierung einen
bedenklichen Kurs: zugunsten von Rentnern und
zulasten von deren Enkeln. Wolfgang Schäubles Etat
verkommt immer mehr zu einem Sozialhaushalt. Die
„schwarze Null“ ist deshalb nur noch wenig wert
W
olfgang Schäuble
gab sich auf einmal
ganz diplomatisch.
„Bei solchen Gesprächen gibt es nur
Sieger“, sagte der Bundesfinanzminister bei der Vorstellung der Haushaltsplanung vergangene Woche. SPD-Chef
Sigmar Gabriel und er hätten sich nicht
gezankt, sondern gedankt für die guten
Verhandlungen. Tatsächlich wurde der
Haushaltskrach innerhalb der großen
Koalition schnell wieder begraben.
Entgegen allen Blockadedrohungen der
SPD hielt die Bundesregierung den
Zeitplan ein. Und am Ende schien es
sogar nur Sieger zu geben: Die Union
hat ihre „schwarze Null“ verteidigt, die
SPD ihr Integrationspaket auf den Weg
gebracht und die Bundesregierung nach
den drei Landtagswahlen ihre Handlungsfähigkeit unter Beweis gestellt.
Doch wie heißt es in der Politik:
Wenn alle mit einer Reform unzufrieden sind, hat ein Minister etwas richtig
gemacht. Im Umkehrschluss bedeutet
dieser Satz für Schäubles Finanzplanung: Wenn alle mit seinem Bundeshaushalt zufrieden sind, hat er irgendetwas falsch gemacht. Der Haushaltsstreit zwischen Union und SPD mag
entschärft sein. Die strukturellen Probleme im Bundeshaushalt sind verschärft worden. Denn im Haushalt 2017
findet sich nach Mütterrente und Rente
mit 63 der nächste sozialpolitische
Sündenfall: die Lebensleistungsrente.
Der Bundeshaushalt verkommt immer
mehr zu einem Sozialhaushalt.
Dies zeigt die Sozialleistungsquote,
der Anteil der Sozialausgaben am Gesamthaushalt. Diese Quote steigt von
47,3 Prozent im Jahr 2013 auf den Rekordwert von 53,7 Prozent im Jahr 2018.
Bereinigt man den Haushalt noch um
Zinsausgaben, gibt der Staat Ende des
Jahrzehnts sogar 57,3 Prozent für Soziales aus, also deutlich mehr als jeden
zweiten Euro. In absoluten Zahlen ist
der Sprung ebenfalls groß: Zwischen
2014 und 2020 steigen die Sozialausgaben von 145,7 auf 186,8 Milliarden Euro.
Wäre die Arbeitslosigkeit hoch, wäre
eine solche Steigerung nicht weiter
verwunderlich. Doch in wirtschaftlich
guten Zeiten wie diesen dürften die
Sozialausgaben niemals so stark steigen. Dass sie es dennoch tun, zeigt, wie
wenig ernst es die Bundesregierung mit
einer soliden Haushaltspolitik meint,
„schwarze Null“ hin oder her. Denn
zum soliden Haushalten gehört neben
einem ausgeglichenen Haushalt auch,
MARTIN GREIVE
ǑǑ
Wenn alle
mit seinem
Bundeshaushalt
zufrieden sind, hat
Wolfgang Schäuble
irgendetwas falsch
gemacht
nicht im Hier und Jetzt gewaltige Sozialansprüche für die Zukunft aufzubauen. Doch genau das tut die Bundesregierung. Jede kleinste Meinungsverschiedenheit löst sie mit Geld.
Das ist nicht nur ein unpolitischer
Politikansatz, die Koalition entlarvt
sich damit auch doppelt selbst. Erstens
gibt es anders als von der SPD behauptet keine soziale Schieflage bei den
Ausgaben, im Gegenteil: Wenn es eine
Schieflage gibt, dann zugunsten von
Sozialausgaben. Forderungen nach
Sozialpaketen sind daher unbegründet.
Zweitens hat die Bundesregierung offenbar noch immer nicht begriffen, wie
sehr der demografische Schock ab 2020
zuschlagen wird – und dass es deshalb
ihre verdammte Pflicht wäre, jetzt
Vorkehrungen für diese Zeit zu treffen.
Diesen Vorwurf muss sich besonders
die Union gefallen lassen, die jeden
Abbau von Steuersubventionen ablehnt.
Mit einer solchen Haltung lässt sich
finanzpolitischer Spielraum gar nicht
erst gewinnen. 1Das ist umso ärgerlicher, weil die Bundesregierung in vielen
Bereichen tatsächlich mehr Geld ausgeben muss. Die Erhöhung des Verteidigungsetats war überfällig, nachdem
Grün-Schwarz,
historisch
die Truppe zwar regelmäßig auf gefährliche Auslandsmissionen geschickt
wurde, nur nie die dafür notwendige
Ausrüstung erhielt. Daneben muss die
Regierung mit Terror und Zuwanderung gleich zwei große Herausforderungen meistern. So sprach Wolfgang
Schäuble bei der Vorstellung des Haushalts einen Tag nach den Anschlägen
von Brüssel von „zwei obersten Prioritäten“. An mehr Bundespolizisten oder
Integrationskursen für Flüchtlinge
führt jedenfalls kein Weg vorbei.
Dass die Regierung trotz dieser
Mehrausgaben an der „schwarzen Null“
festhalten will, ist auch richtig. Denn
würde der Bund mit einer hohen Verschuldung ins nächste Jahrzehnt starten, könnte die Tragfähigkeit der deutschen Staatsfinanzen wegen der demografischen Probleme schneller an den
Finanzmärkten infrage gestellt werden,
als das heute viele glauben. Vor diesem
Hintergrund hat der ausgeglichene
Haushalt als Orientierungspunkt
durchaus eine tiefere Bedeutung.
Nur ist eine „schwarze Null“ wenig
wert, wenn sie nicht erarbeitet ist und
wenn gleichzeitig die Rücklagen der
Sozialkassen verpulvert werden. Bislang hat die Bundesregierung keine
Anstrengungen unternommen, bei den
Ausgaben irgendwo irgendetwas einzusparen. Stattdessen verlässt sie sich
einfach auf die äußeren Umstände: auf
die seit Jahren sprudelnden Steuereinnahmen und auf die dank Niedrigzinsen sinkenden Ausgaben für den
Schuldendienst. Musste der Bund im
Jahr 2008 noch 40 Milliarden Euro für
Zinsen zahlen, sind es 2017 nur noch
22,4 Milliarden.
Doch weder Niedrigzinsen noch
Aufschwung werden von Dauer sein –
anders als die Ansprüche, die sich aus
den schwarz-roten Rentenreformen
ergeben. Bereits im Jahr 2020 dürfte
der Bundeszuschuss zur Rentenkasse
die Marke von 100 Milliarden Euro
überschreiten. Schon ein Jahr zuvor
müssen trotz dieses Rekordzuschusses
die Rentenbeiträge steigen, um die
Reformen finanzieren zu können. Und
die für 2017 geplante Einführung der
Lebensleistungsrente droht weitere
Löcher in Rentenkasse und Bundeshaushalt zu reißen.
Wenn so viel Geld in Soziales fließt,
müssen Zukunftsinvestitionen
zwangsläufig zu kurz kommen. Wie
sehr die Maßstäbe verrutscht sind,
zeigt ein Ausgabenvergleich der beiden Bereiche: So hat die Regierung die
Zukunftsinvestitionen in dieser Legislaturperiode um rund 38 Milliarden
Euro erhöht. Die in dieser Wahlperiode auf den Weg gebrachten Rentenreformen kosten bis 2030 jedoch rund
das Dreieinhalbfache, 130 Milliar-den
Euro. Die Politik hat klare Prioritäten
zugunsten von Rentnern und zulasten
von deren Enkeln gesetzt.
Die 20 Millionen Rentner sind somit
die Gewinner der Finanzplanung. Verlierer sind alle unter 50-Jährigen. Sie
werden wegen der Rentenreformen
schon bald höhere Steuern und Sozialabgaben zahlen müssen – und damit
den Preis für die Haushaltsharmonie
der Bundesregierung. Die Politik muss
endlich erkennen, dass auch zu hohe
Abgaben den sozialen Zusammenhalt
gefährden können.
ie CDU-Fraktion in Stuttgart stimmt für Koalitionsverhandlungen mit den
Grünen, und schon hört man die
ersten Kommentatoren bedeutungsschwer von der historischen Tragweite dieses Beschlusses reden.
Recht haben sie. Wenn sich in Baden-Württemberg Grüne und
Schwarze unter Führung des bisherigen Ministerpräsidenten zusammenfänden, wäre dies nicht nur eine
Premiere. Mit Blick auf den Bund
würde es der CDU-Chefin auch
neue Möglichkeiten zum Weiterregieren nach der nächsten Bundestagswahl eröffnen. Angela Merkel
könnte dann der erste Bundeskanzler werden, der drei verschiedene
Koalitionsbündnisse bildete. Der
Tag, an dem in Stuttgart eine grünschwarze Partnerschaft geschlossen
wird, mag also tatsächlich in die
Geschichte eingehen. Doch die Geschichte ist auch in diesem Fall das,
was sie schon immer war: eine
Sammlung von Tatsachen, die vermeidbar gewesen wären.
Mit einer Mischung aus gebändigtem Pathos und frei fließendem
Schmalz verweisen die baden-württembergischen Unionspolitiker auf
die Interessen des Landes, die nun
eine „Verantwortungskoalition“
erzwängen. Sie verdrängen dabei
eines: Es war ihr Verhalten, das sie
in diese Ehe drängt. Wo bleibt die
große Beichte, die Selbstbefragung,
das gnadenlose In-sich-Gehen, die
Fahndung nach den eigenen Versäumnissen samt dem Wunsch, sich
zu ändern? Seit der Demontage
ihres einstigen Landesvaters Erwin
Teufel im Jahr 2005 reiht die badenwürttembergische CDU einen Fehler an den anderen. Sie kümmerte
sich nicht mehr um das Land, sondern nur noch um die Partei und
ihre Flügel – vom ehrgeizigen Fraktionsvorsitzenden Günther Oettinger angefangen bis hin zur schmatzenden Selbstzufriedenheit eines
Stefan Mappus. Die Christdemokraten haben die Macht in Baden-Württemberg für selbstverständlich gehalten und sich dementsprechend
benommen. Zuletzt sind sie mit
einem Kandidaten ins Rennen gegangen, den man noch so sehr hätte
schütteln können, Substanzielles
wäre nicht herabgefallen. So sind sie
nun zur Juniorpartnerschaft in
einem Land verdammt, in dem sie
leicht der Senior hätten sein können. Auch deswegen ist diese Koalition eine miese Ehe. Sie mag
staatspolitisch geboten sein, trotzdem verwischt sie die parteipolitischen Grenzen und schränkt den
Bewegungsspielraum des Wählers in
der rechten Mitte weiter ein. Dieser
Umstand gewinnt gegenwärtig ein
Ausmaß, das man ebenfalls historisch nennen kann. Leider.
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JACQUES SCHUSTER
D
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16 BILDER
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DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
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DIE WELT KOMPAKT
FORUM 17
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
JAQUES HENRY LARTIGUE/ VERLAG SCHIRMER MOSEL (5)
Die Welt
in Farbe
Er gilt als der französischste
aller französischen Fotografen:
Jacques Henri Lartigue. Doch
obwohl der 1894 geborene
Bonvivant schon seit dem Alter
von sieben Jahren die Welt mit
der Kamera erkundete, wurde
er erst mit 69 entdeckt. Berühmtheit erlangte er schließlich durch seine ikonischen
Schwarzweiß-Fotografien. Der
jüngst erschienene Bildband
„Das Leben ist bunt“ offenbart
jedoch nun, 30 Jahre nach
seinem Tod, eine ganz andere
Seite Lartigues: Bisher kaum
publizierte Farbaufnahmen –
von Autochromen über Rollfilme bis hin zu Porträts im
Kleinbildformat – zeigen die
Leichtigkeit des Lebens. Fröhliche Momentaufnahmen und
aufmerksame Naturbeobachtungen stellen außerdem eine
deutliche Verbindung zur zweiten großen Leidenschaft des
Franzosen her: der Malerei.
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Jacques Henri Lartigue:
Das Leben ist bunt
Schirmer/Mosel,
München
168 S., 34 Euro
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18 REPORT
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
D
ie Flüchtlinge in
Deutschland sollen
sich integrieren, die
Sprache lernen, ihre
Kopftücher ab- und deutsche Sitten anlegen. Ich versuche es anders herum. In den letzten 25 Jahren habe ich meist im Ausland gelebt. Als Fremde kein Fremdkörper zu sein ist nicht immer einfach – und überall auf der Welt
mit anderen Herausforderungen
gewürzt. Man wird belehrt und
begrapscht, von oben herab behandelt und kriecherisch hofiert,
betrogen und ausgenutzt. Es folgen ein paar Schlüsselmomente –
eine Art persönliche Landkarte
meiner Integrationserfahrungen.
VON SOPHIE MÜHLMANN
DPA/ WALLACE WOON
AUS SINGAPUR
März 2014, spätnachmittags,
kurz vor dem Feierabendverkehr
und nach dem täglichen Platzregen an einer kleinen Kreuzung in
Singapur: Der Herr im steifgebügelten Hemd wandert bedächtig
zu mir herüber und klopft an
mein Autofenster. Als ich die
Scheibe senke, steckt er mir seinen Zeigefinger durch die Öffnung und schwenkt ihn vor meiner Nase hin und her, wie eine
Schulmeisterkarikatur. „Sie sind
über eine grüne Fußgängerampel
gefahren, ohne zu bremsen!“, ermahnt er mich mit bedrohlich
sanfter Stimme. Meinen Einwand,
der Übergang sei doch menschenleer und meine Abbiegeampel
grün gewesen, wischt er streng
beiseite: „Unser Gesetz schreibt
es vor, anzuhalten.“
Als Ausländer wird man in Singapur, wo wir seit 2003 leben,
häufig belehrt. Der brave Bürger
hat sich eigens die Mühe gemacht,
drei Fahrspuren zu überqueren,
um mich auf mein Verfehlen hinzuweisen. Ich fühle mich wie ein
gescholtenes Kind. Eine unangenehme Rolle, auch wenn ich mich
im Recht weiß, und ein tägliches
Phänomen. Man wird nicht integriert, man wird geduldet. Mal
mehr, mal weniger.
Eher weniger an jenem Morgen, als ein Ferrarifahrer aufs Gas
trat und auf mich und meine Kinder zuhielt, die es gewagt hatten,
die Straße zu überqueren als er
noch weit entfernt war. Als ich
„Stop!“ schrie und mich in Todesangst vor meinen Nachwuchs
warf, brüllte er: „Du Ausländerin
sagst mir nicht, was ich tun soll!“
In chinesisch geprägten Gesellschaften wie Singapur regiert die
Hierarchie von Geld und Macht.
Der Mann im Ferrari steht in seinen Augen klar über mir: Er ist
reicher und er ist hier zuhause.
Deshalb kann er die Ausländerin
mit ihren Kindern umfahren, die
zum Bus hastet.
Singapur braucht die „Expats“.
Der kleine Stadtstaat ohne eigene
Ressourcen würde ohne die über
zwei Millionen Ausländer (über
ein Drittel der Gesamtbevölkerung) nicht gedeihen. Vielleicht
sind wir gerade deshalb nicht
wirklich beliebt. Da mag man die
Verkehrssprachen Chinesisch und
Malay noch so fließend beherrschen oder mit fliegenden Ess-
Am anderen Ende der Welt: Als Ausländer wird man in Singapur, wo „Welt“-Autorin Sophie Mühlmann seit 2003 lebt, häufig belehrt
stäbchen flutschige Fischbälle aus
Suppenschalen angeln können.
Und doch wird man immer Zugereiste bleiben. Touristen sind prima, Haushaltshilfen, Bauarbeiter
und andere Arbeitskräfte aus asiatischen Nachbarländern machen
die Drecksarbeit und haben ganz
offen kaum Rechte und keinerlei
Privilegien. Für sie gelten nicht
einmal die gängigen Verkehrsregeln: Während für jeden anderen
im Auto selbst hinten Anschnallpflicht besteht und mit teuren
Geldbußen eingefordert wird, hocken die Inder und Bangladeschi
ungeschützt auf den Ladeflächen
der Kleinlaster, die sie zu den Baustellen der Stadt karren. Bremst
der Wagen, kegeln sie haltlos
durcheinander. Wir „Westler“
werden grundsätzlich mehr respektiert, weil wir hier mehr Geld
ausgeben. Aber je drückender Singapurs eigene ökonomische und
soziale Probleme werden, desto
dünner wird die Firniss des herzlichen Willkommens. Und die pöbeligen „Go home!“-Ausbrüche
nehmen zu.
In China, wo ich in den 90erJahren studierte und später arbeitete, wird jedem Ausländer in einer Hierarchie der Weltregionen
ein Stempel aufgedrückt und man
behandelt ihn entsprechend.
Stammt man aus einem wohlhabenden Heimatland mit Einfluss,
wird man hofiert, fühlen sich die
Chinesen überlegen, wird der
Umgang extrem abfällig. Tief im
Nordosten, in Shenyang, lebten
damals kaum Ausländer. Es gab einige Russen, die Haushaltskram
aufkauften und in riesigen blauweiß-roten Plastiktaschen in die
Züge gen Wladiwostok schleppten. Und es gab eine Handvoll
Amerikaner, die meisten offiziell
Englischlehrer, inoffiziell missionarisch unterwegs. Russland galt
zu der Zeit unter Chinesen als
Bettlerland, die USA als stinkreiche Superpower. Und so biederten sich die meisten bei den Amerikanern an, die Russen aber wurden verachtet. Und je nachdem,
für welche Gattung mich die Pas-
„Du Ausländerin
sagst mir nicht,
was ich tun soll!“
„Welt“-Autorin Sophie Mühlmann hat ein
Vierteljahrhundert in der Fremde verbracht.
Und erfahren, wie sich Rassismus
in China und Singapur anfühlt.
Nun kehrt sie nach Deutschland zurück
santen hielten, waren sie zuvorkommend oder grob und distanzlos. Wie oft sie mir in die roten
Haare griffen, aus massiver Neugier und mangelndem Respekt,
kann ich nicht zählen. Am
schlimmsten traf es die Afrikaner.
Chinesen können extrem rassistisch sein. Sie schnüffelten angeekelt in der Luft herum oder rieben den dunkelhäutigen Austauschstudenten mit spitzem Finger über die Haut, um zu prüfen,
ob der „Dreck“ abfärbte. Einzig
die jungen Leute suchten gezielt
den Kontakt. „Kann ich von Dir
Englisch lernen?“, raunten sie
uns in der Mensa zu, oder – so
kurz nach dem Tian’an Men
Massaker
noch
riskanter:
„Kannst Du mir erklären, was
Demokratie ist?“ Die meisten anderen beäugten uns misstrauisch, aber verpassten keine Gelegenheit, uns nach Strich und Faden über den Tisch zu ziehen.
All das hat sich geändert. China
ist heute weltoffen und viel
selbstbewusster. Das zeigt sich
auch in seinem Umgang mit uns
Ausländern. Keine Spur mehr von
Unterwürfigkeit, im Gegenteil:
Heute leben die meisten Chinesen getreu der uralten Legende
von der Erschaffung der Menschheit, die mir einst ein Professor
nur halbironisch erzählte: Die
Götter formten die ersten Men-
Nur mit Schal: Sophie Mühlmann (2.v.l.) 2002 in Afghanistan
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schen aus Teig und schoben sie in
den Backofen. Doch sie holten sie
zu früh wieder heraus. So blieben
die Gestalten bleich und roh: die
Kaukasier. Beim zweiten Versuch
ließen sie die Teigformen allzu
lange in der Hitze, so dass sie verbrannten – das waren die Afrikaner. Endlich, beim dritten Versuch, gelangen die Menschen perfekt: goldgelb und genau richtig,
die Chinesen.
Wenn man als Fremdling in einem fremden Land lebt, dann bemüht man sich um Anpassung.
Genau wie die Deutschen es von
den Flüchtlingen erwarten. So
verbarg ich in Afghanistan, wo ich
nach dem 11. September 2001 und
dem Beginn des Bundeswehreinsatzes mehrfach als Reporterin
unterwegs war, immer meine
Haare unter einem Schal.
Oft musste ich meine anerzogenen Gewohnheiten und Höflichkeiten ganz bewusst verlernen
und das Gegenteil von dem tun,
was meine Mutter mir einst beigebracht hatte: In Asien ist es grob
unhöflich, Älteren in die Augen zu
schauen. In Westafrika ebenso.
Man lässt in China bei Tisch etwas übrig, sonst gibt man den
Gastgebern das Gefühl, sie hätten
nicht genug aufgetischt.
Man passt sich an und spielt
mit. Man will so gut es geht mit
dem Strom schwimmen, niemanden brüskieren. Und man bringt
es den eigenen Kindern ebenso
bei. Meine Tochter und mein
Sohn, in Asien geboren, sollten
trotzdem die deutsche Heimat
kennen. Und so singe ich deutsche Kinderlieder mit ihnen, pflege die guten alten Weihnachtsbräuche und stelle an Nikolaus die
Schuhe vor die Tür – auch wenn
ich dann zwei Monate später beim
chinesischen Neujahrsfest die
Weidenkätzchen in die Vase drapiere. Getreu dem Motto: Mach es
in Rom wie die Römer.
Nach Jahrzehnten in der weiten Welt ziehen wir im Sommer
nun nach Hannover – man darf
gespannt sein, ob dort die
Integration gelingt.
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WIRTSCHAFT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
SEITE 19
FINANZMÄRKTE
DATEN VON
Marktstimmung in Deutschland
gemessen am Angst-Index VDax
GETTY IMAGES/ BLEND IMAGES RM
Kunden der Sparkasse ist
kürzlich bei Zahlungen mit
der EC-Karte offenbar bundesweit durch einen technischen Fehler der doppelte Betrag abgebucht worden. Auch
andere Kreditinstitute seien
von dem Problem in der Datenverarbeitung betroffen gewesen. Die Sparkassen hätten
den IT-Fehler, der vergangene Woche auftrat, daher gemeinsam mit der Deutschen
Kreditwirtschaft analysiert.
Der Hessischen Landesbank zufolge trat der Fehler
bei Zahlungen auf, die am 22.
März mit EC-Karten und Eingabe einer PIN getätigt wurden. Inzwischen sei das Problem jedoch identifiziert, an
einer Lösung werde gearbeitet. Betroffenen Kunden werde das abgebuchte Geld in
den kommenden Tagen zurückerstattet,
EC-Karten
könnten sie weiter nutzen.
PICTURE ALLIANCE/ DPA/ ARMIN WEIGEL
Bundesweit
doppelte
Abbuchungen
Ob Waschmaschine oder CDs: Metros Elektromärkte sind beliebt
Metro im Doppelpack
Lebensmittelhandel und Media Saturn sollen künftig getrennte Wege gehen
E
ine geplante Aufspaltung des Handelsriesen Metro in zwei völlig unabhängige Unternehmen soll allen Vorteile bringen, die damit zu tun haben:
Kunden, Beschäftigten und Aktionären. Das verspricht zumindest Vorstandschef Olaf Koch.
VON MICHAEL GASSMANN
Aktuell
-
Vorheriger Handelstag
W Beschwingtheit
W Niedergeschlagenheit
W Verzweiflung
W Gleichgültigkeit
Dax
Punkte
Euro-Stoxx-50
30.03.
10046,61
Dow Jones
30.03.
3044,10
Gold
Punkte
30.03.
Punkte
$/Feinunze
17697,29
30.03.
1236,25
feln, ob die großen Einkaufskästen in den Vorstädten sich trotz
des aufkommenden OnlineTrends beim Lebensmittelhandel weiter durchsetzen können,
zeigte Koch sich von der Sanierungsfähigkeit dieser Handelsform überzeugt. „Es gibt keine
Zweifel, dass wir an Real festhalten“, dementierte er immer wieder aufkommende Verkaufsspekulationen.
Auch im Elektronik-Handel
zähle der direkte und persönliche Kontakt zu den Kunden:
„Wer die Produkte kaufen, einrichten
oder
aktualisieren
möchte, braucht Beratung“,
sagte Koch – eine unausgesprochene Spitze gegen reine Online-Händler wie Amazon. Mit
täglich über fünf Millionen
Kundenkontakten in den gut
tausend Geschäften verfüge
Media Saturn über eine gute Basis für weiteres Wachstum.
Koch lobte demonstrativ den
amtierenden
Media-SaturnChef Pieter Haas: Dank dessen
guter Leistung hätten die Ketten Media Markt und Saturn in
den 15 Ländern, in denen das
Unternehmen aktiv ist, einen
Marktanteil von 14 Prozent erreicht, mehr als je zuvor.
Das dürfte Kellerhals, einen
erklärten Gegner von Haas,
nicht gerade erfreut haben. Offenbar will er sich dem Spalktungsvorhaben aber nicht widersetzen. „Wir haben die Mitteilung der Metro mit Interesse zur
Kenntnis genommen und werden das weitere Vorgehen aufmerksam verfolgen“, sagte ein
Sprecher der Kellerhals-Firma
Convergenta und ergänzte: „Unsere Rechte als GmbH-Gesellschafter der Media-Saturn Holding sehen wir durch die Pläne
der Metro nicht berührt.“
Beide Unternehmen sollen
neue Namen bekommen, während die Kunden der Handelsketten wohl weiter auf die Bezeichnungen Metro, Media
Markt, Saturn oder Real treffen
werden.
United Airlines hat die meisten Verspätungen
DAX
Name
Am Mittwoch stellte er den
überraschenden Plan vor, den
Konzern demnächst in die Sparten
Unterhaltungselektronik
mit Media Saturn als Kern sowie
das Großhandels- und Lebensmittelgeschäft rund um die Ketten Metro Cash & Carry und
Real aufzuteilen. „Beide sind
bestens für eine eigenständige
Zukunft gerüstet“, zeigte sich
Koch überzeugt.
Auch für ihn selbst hat der
Plan einen großen Vorzug: Da er
Chef des Großhandels- und Lebensmittelgeschäfts
werden
soll, wird er das lästigste Thema
seiner bisher vierjährigen Amtszeit elegant los: einen verbissenen Streit mit Media-SaturnMinderheitsgesellschafter Erich
Kellerhals um Strategie, Spitzenpersonal und Gesellschafterrechte bei Europas größtem
Elektrohändler.
Geht es nach Koch, sollen die
Kunden der bisher verbundenen
Ketten davon profitieren, dass
das Management sich aufs operative Geschäft konzentrieren
kann, statt sich von der Komplexität eines Konzerngebildes wie
der heutigen Metro mit 60 Milliarden Euro Umsatz und 230.000
Mitarbeitern in 30 Ländern ablenken zu lassen. So werde der
Großhandel das Thema der Digitalisierung in Gastronomie
und Hotellerie – etwa in Form
automatisierter Bestellungen –
in den Vordergrund rücken. In
den gut 300 Real-Filialen wiederum solle das Sortiment von
jetzt im Schnitt 65.000 Artikeln
nochmals ausgeweitet werden.
Während viele Experten bezwei-
Schluss
30.03.
Adidas NA
104,60
144,55
Allianz SE vNA
BASF NA
67,12
Bayer NA
103,40
Beiersdorf
80,55
82,11
BMW St
Commerzbank
7,67
Continental
200,60
Daimler NA
67,93
15,16
Deutsche Bank NA
Deutsche Börse NA
74,74
Deutsche Post NA
25,00
Deutsche Telekom NA 15,95
8,67
E.ON NA
Fres. Med. Care
77,91
63,95
Fresenius SE&Co
HeidelbergCement
75,95
98,93
Henkel Vz.
Infineon NA
12,66
Linde
130,90
Lufthansa vNA
14,07
74,07
Merck
Münchner Rück vNA 179,65
45,90
ProSiebenSat.1
RWE St.
11,39
SAP SE
71,16
Siemens NA
93,33
ThyssenKrupp
18,20
Volkswagen Vz.
113,55
31,76
Vonovia SE
+/%
+2,15
+1,01
+1,80
+1,08
+0,64
+2,06
+0,29
+2,95
+2,38
-1,37
+1,00
+3,46
+1,66
+6,42
+1,14
+1,85
+2,03
+1,45
+2,06
+0,77
-0,28
+0,14
+1,21
+1,65
+5,42
+0,47
+1,98
+8,27
+0,44
+1,00
52 Wochen
Hoch
Tief
104,8
62,51
170,2
126,6
97,22
56,01
146,5
91,08
89,54
67,92
117,9
66,00
13,39
6,21
231,9
171,3
92,70
57,01
33,42
13,03
87,41
69,80
31,19
19,55
17,63
13,39
14,85
7,08
83,17
63,10
70,00
51,01
77,18
58,17
115,7
87,17
14,20
8,32
194,8
113,5
15,41
10,25
111,9
70,68
206,5
156,0
50,95
37,62
25,54
9,13
75,75
53,91
104,2
77,91
26,43
12,56
254,5
86,36
32,31
23,81
Renommierte Fluggesellschaften sind nicht pünktlicher. Sieger ist ein ungarischer Billigflieger
K
eine andere Fluglinie war
vergangenes Jahr in
Deutschland so oft stark
verspätet wie United Airlines.
Das geht aus den Daten des britischen Reisedatendienstes Official Airline Guide (OAG) hervor, die das Portal Flightright
für die „Welt“ ausgewertet hat.
Demnach hatten rund 401
Flüge von United Airlines, die
von deutschen Flughäfen starteten, mehr als eine Stunde Verspätung oder wurden gleich
ganz annulliert. Das entspricht
einem Anteil von 7,82 Prozent.
Kaum besser schneidet Turkish
Airlines ab: Rund sieben Prozent aller Flüge – insgesamt 1135
– hatten mehr als eine Stunde
Verspätung oder sind ausgefallen. Auf den Plätzen drei, vier
und fünf folgen die Gesellschaften Vueling, British Airways und
EasyJet. Besonders pünktlich
starteten der Auswertung zufolge die Flüge der Gesellschaften
Wizz Air, Air France, TUIfly, Air
Berlin und Condor. Bei allen genannten Linien hatten weniger
als zwei Prozent der Flüge, die
in Deutschland starteten, eine
Verspätung von mehr als einer
Stunde oder wurden annulliert.
Bei Spitzenreiter Wizz Air, einer ungarischen Billigfluglinie,
waren das nur 91 Flüge, was 1,39
Prozent entspricht. EasyJet er-
verlängert“, teilt das Unternehmen mit. Wie stark
Flüge verspätet sind, hängt
auch vom Abflugflughafen
ab. Schönefeld gehörte
2015 aber nicht einmal zu
den unpünktlichsten Flughäfen. Deutschlands unpünktlichster Flughafen
Bei verspäteten Flügen wie hier in
war der Analyse zufolge
Berlin sind starke Nerven gefordert
Dresden. 3,52 Prozent aller
Flüge – 321 insgesamt –
klärt die Verspätungen 2015 auf hatten vergangenes Jahr minAnfrage mit einem „ungewöhn- destens eine Stunde Verspälichen Jahr.“ „Aufgrund der Sa- tung. Auf dem zweiten Platz der
nierung am Flughafen Berlin Trödel-Flughäfen landete ausSchönefeld vom Frühjahr bis gerechnet Deutschlands größter
zum Herbst 2015 wurden die Luftverkehrsknotenpunkt
Rollzeiten am Boden erheblich Frankfurt am Main.
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PA/ DPA/ HANNIBAL HANSCHKE
-
W Euphorie
Das Lebensmittelgeschäft von Metro wird künftig eigenständig
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
20 WIRTSCHAFT
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
KOMPAKT
VERBRAUCHERPREISE
Inflation zieht
wegen Ostern an
ANGELIKA WARMUTH/ DPA/ PICTURE ALLIANCE
Die Verbraucherpreise in
Deutschland haben sich im
März erhöht. Die Inflationsrate gegenüber dem Vorjahresmonat betrage voraussichtlich 0,3 Prozent, teilte
das Statistische Bundesamt
mit. Im Vergleich zum Februar 2016 erhöhten sich die
Verbraucherpreise demnach
um 0,8 Prozent. Nahrungsmittel verteuerten sich auch
wegen des Osterfestes um 1,3
Prozent, Dienstleistungen
um 1,6 Prozent.
Umkämpftes Stück Schiene: Ein Autozug auf dem Hindenburgdamm zwischen Sylt und dem Festland
BURKHARD LOHR
Die Bahn kämpft um die
Verbindung nach Sylt
K+S-Finanzvorstand
soll Chef werden
Burkhard Lohr, der Finanzvorstand von K+S, soll einem
Bericht zufolge neuer Vorstandsvorsitzender des Salzund Düngemittelherstellers
werden. Der 53-jährige Lohr
(rechts im Bild) solle noch
vor der Hauptversammlung
am 11. Mai zum Konzernchef
bestellt werden, berichtet
das Wirtschaftsmagazin
„Bilanz“, das am Freitag der
„Welt“ beiliegt, unter Berufung auf Firmenkreise. Von
Der DB-Konzern und ein amerikanischer Konkurrent liefern sich
eine skurrile Fehde um die gewinnbringende Strecke
E
DPA/ BORIS ROESSLER
r war erst der Architekt
des geplanten Börsengangs der Deutschen
Bahn (DB) in der Ära Hartmut
Mehdorns, dann die Wunderwaffe von Nachfolger Rüdiger
Grube – und in Zukunft wird
Alexander Hedderich eines der
größten Ärgernisse des Bahnvorstandes sein.
K+S war zunächst keine Stellungnahme erhältlich. K+SVorstandschef Norbert Steiner (61) hatte kürzlich erklärt, er wolle mit Ablauf
seines Vertrages im Mai 2017
in den Ruhestand gehen.
VON NIKOLAUS DOLL
UND PHILIPP VETTER
Der ehemalige Chefstratege
des DB-Konzerns und zuletzt
glücklose Leiter der Schienengüterbahn, der im August vergangenen Jahres seinen Hut bei
der Deutschen Bahn nehmen
musste, wechselt nach Informationen der „Welt“ zur Konkurrenz. Hedderich wird Mitglied des neu installierten Aufsichtsrates des US-amerikanischen Bahnunternehmens Rail-
road Development Corporation
(RDC) in Deutschland. Mit
Hedderich zieht ein weiterer
ehemaliger DB-Manager in das
Kontrollgremium von RDC
Deutschland ein, in dem gleich
drei ehemalige Deutsche-BahnManager sitzen.
RDC ist hierzulande ein winziger Bahnbetreiber, allerdings
einer, der den DB-Konzern stärker piesackt, als die meisten anderen Rivalen. Die Amerikaner
sind die einzigen, die der Deutschen Bahn mit dem HamburgKöln-Express auf deren Heimatmarkt im Schienenfernverkehr Konkurrenz machen. Kopfzerbrechen bereitet RDC Bahnchef Grube aber vor allem, weil sie
dem DB-Konzern einige
Der ehemalige Bahn-Vorstand Alexander Hedderich
arbeitet nun für RDC
der begehrten, weil äußersten
lukrativen Verbindungen vom
Festland auf die Insel Sylt abgenommen hat. Mit dem Autozug
Sylt will RDC ab April die Strecke Niebüll-Westerland bedienen. Die Deutsche Bahn wehrt
sich mit allen legalen, allerdings ungewöhnlichen Mitteln
gegen die neue Konkurrenz, die
eigentlich schon im Februar
den Betrieb aufnehmen wollte.
Doch auf Dauer verhindern
lässt sich der Start von RDC auf
der Strecke nicht.
Weil die Deutsche Bahn auch
andere Betreiber ihr
Schienennetz befahren lassen muss,
spielt sich um die
Verbindung vom
Festland nach Sylt
derzeit
eine
fast
unglaubliche Posse ab. Weil das
Unternehmen, das die längere
Verbindung anbietet, häufiger
mit seinen Autozügen über den
Hindenburgdamm zur Insel
fahren darf, hat die Deutsche
Bahn ihre Strecke künstlich
verlängert. An den in Niebüll
beginnenden Autozug wird nun
häufig ein Personenzug angekuppelt, der bereits im einige
Kilometer entfernten Bredstedt
losfährt. „Sylt Shuttle Plus“
nennt die DB diese Variante.
Der Personenzug ist allerdings meistens komplett leer,
weil es für Reisende ohne eigenes Auto deutlich billiger – und
schneller – ist, mit der regionalen Nord-Ostsee-Bahn zu fahren, denn die Bahn verlangt für
ein Ticket im Geisterzug Fernverkehrspreise. Nun könnte
man meinen, es wäre allein das
Problem der Deutschen Bahn,
wenn sie unrentable, leere Personenzüge ankuppelt, doch diese Strategie hat Auswirkungen
auf den gesamten Bahnverkehr
zur Insel und zurück. Denn der
Bahnhof auf Sylt in Westerland
ist zu kurz für den verlängerten
Autozug. Deshalb müssen bei
jeder Fahrt nach der Ankunft
die Personenwagen mühsam
abgekuppelt und umrangiert
werden, damit die beiden Zugteile nacheinander am Bahnsteig halten können. Das verursacht teilweise erhebliche Verspätungen, die sich dann wiederum auch auf die anderen Züge, die auf der gleichen Strecke
fahren, auswirkt.
Lokal- und Landespolitiker
laufen daher Sturm gegen den
Kampf der beiden Konkurrenten, der auf dem Rücken der
Passagiere ausgetragen wird.
Beide Unternehmen sollen sich
endlich einigen, so die Forderung. Bislang bleibt sie allerdings ungehört.
Doch nicht nur die DB blamiert sich mit dem Hickhack
um die Syltstrecke. Auch RDC
macht keine glückliche Figur.
Eigentlich sollte die neue alternative Autozug-Verbindung bereits im Februar gestartet sein.
Doch wann es endlich losgeht
mit der Konkurrenz für die DB
steht noch immer nicht fest.
PA / DPA / ARNE DEDERT
FLUGZEUGBAUER
Boeing will 4500
Stellen streichen
In Schweden verschwindet das Bargeld
Boeing verschärft im Konkurrenzkampf mit Airbus
seinen Sparkurs und will
mehr als 4500 Stellen abbauen. Von den Kürzungen
seien damit rund drei Prozent der zuletzt gut 160.000
Jobs bei dem US-Flugzeugbauer betroffen, teilte der
Konzern mit. Allein 4000
Arbeitsplätze fielen bis zur
Jahresmitte in der Sparte
Verkehrsflugzeuge weg. Um
die Kosten zu senken, würden auch Hunderte Stellen
bei Managern und Führungskräften gestrichen. Auf betriebsbedingte Kündigungen
will Boeing verzichten.
Beinahe die Hälfte der Bevölkerung zahlt per App. Selbst Kirchen ziehen Kollekte elektronisch ein
I
m Dom von Uppsala steht
schon seit acht Jahren ein
„Kollektomat“ und sammelt
die Kirchenkollekte. Per Klick
am Touchscreen entscheiden
Kirchgänger über die Spendensumme, die in die neue Orgel
fließen soll – und zahlen mit
Karte. „Es gibt kaum noch Kirchen in Schweden, in denen das
anders läuft“, sagt Ökonom Niklas Arvidsson von der Königlich Technischen Hochschule in
Stockholm. „Sonst wären die
Kollekten auch leer, die meisten
Schweden haben ja kein Bargeld
im Portemonnaie.“
Und sie wollen das auch
nicht: Schweden ist auf dem
Weg in die bargeldlose Gesellschaft. „Der Bargeldgebrauch
sinkt rapide“, sagt Arvidsson.
Nur jeder fünfte Einkauf wird
hier noch bar bezahlt. Zum Vergleich: In Deutschland ist es jeder zweite. „Für die schwedische Volkswirtschaft spielt Bargeld kaum noch eine Rolle.“
Und auch im Alltag nicht. „Das
ist hier kein Aufregerthema“,
sagt Arvidsson. „Da sind die
Schweden ganz anders als die
Deutschen, hier finden die
meisten das einfach nur prak-
tisch.“ Vor allem dank Swish,
einer 2012 von schwedischen
und dänischen Banken entwickelten Smartphone-App: Der
Zahlende schickt per Handy
den Betrag an die Mobilnummer des Empfängers, Swish
schreibt es sofort gut. „So bezahlen Menschen ihren Freunden einen Kaffee, ziehen Bustickets oder kaufen im Supermarkt ein“, sagt Arvidsson.
Mehr als vier Millionen der
9,5 Millionen Schweden haben
sich nach Firmenangaben bei
Swish registriert. Tendenz:
stark steigend. „Quasi jeder
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Smartphone-Nutzer zahlt hier
so.“ Sorgen um die Datensicherheit gebe es in der Bevölkerung „nicht ansatzweise so wie
in Deutschland“, sagt Arvidsson. In ländlichen Regionen gebe es manchmal Schwierigkeiten mit dem Mobilnetz. Aber
sonst? „Für einige Gruppen ist
die bargeldlose Gesellschaft
problematisch“, sagt Arvidsson.
„Einige Ältere kommen mit
Swish nicht zurecht, und Menschen ohne Konto können nicht
daran teilhaben.“ Das gelte
auch für Flüchtlinge, die kein
Konto in Schweden hätten.
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
DIE WELT KOMPAKT
WIRTSCHAFT 21
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Geld macht nicht glücklich,
aber langlebig
79,4
Am Starnberger See werden die Menschen
am ältesten. Am niedrigsten ist die Lebenserwartung
im strukturschwachen Pirmasens
A
rme Menschen in
Deutschland
haben
weniger Chancen auf
ein langes Leben als
wohlhabende. Die Lebenserwartung liegt in struktur- und einkommensschwachen Regionen
erkennbar niedriger als in wohlhabenden Gegenden, wie Daten
des Bundesinstituts für Bau-,
Stadt- und Raumforschung
(BBSR) zeigen.
VON STEFAN VON BORSTEL
Nach Einschätzung der Bundesregierung sind die regionalen Unterschiede in der Lebenserwartung und Sterblichkeit
„mit der regionalen sozioökonomischen Lage assoziiert“, wie
sie auf eine Anfrage der LinkeBundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann mitteilt. Entscheidend sind danach eine
„Vielzahl von individuellen Einfluss- und Risikofaktoren, wie
Bildung, Gesundheitsverhalten
,,
Je höher
Einkommen
und Bildung,
desto größer
die Chance auf
langes Leben
(Rauchen, Ernährung, Bewegung) sowie Arbeits- und weitere Lebensbedingungen“.
Pirmasens ist mit einer
durchschnittlichen Lebenserwartung von 73,0 Jahren bei den
Männern Schlusslicht. Die ehemalige Schuhmacherstadt in der
83,0
77,2
Rostock
82,9
78,1
73,6
Hamburg
Emden
Lebenserwartung
in ausgewählten
deutschen Städten/
Landkreisen
82,9
77,9
Berlin
Westpfalz kämpft mit StrukturAltersangabe in Jahren
problemen und hoher VerschulFrauen
Männer
dung. Eine eher geringe Lebenserwartung gibt es generell auch
in weiten Teilen Ostdeutschlands, im Ruhrgebiet und in Tei82,6
78,2
len des Saarlands oder Frankens
84,7
74,1
79,5
79,5
Köln
– also in eher strukturschwaEisenach
Dresden
chen Regionen mit Problemen
79,6
73,9
wie hoher Arbeitslosigkeit.
Suhl
Der höchsten Lebenserwartung erfreuen sich die Männer
82,9
79,0
demnach im reichen Starnberg.
73,5
79,9
Dort sind es im Schnitt 81,3 JahHof
Frankfurt
re. Es folgen der Hochtaunuskreis bei Frankfurt, München
( jeweils 80,9), Böblingen in Ba77,1 73,0
den-Württemberg (80,8), der
Pirmasens
Bodenseekreis und der
Landkreis Ebersberg bei
Die Größe der Kreise
74,5
79,6
84,7
79,9
München (80,7 Jahre).
zeigt, wie viel länger
Straubing
Menschen in Deutschland
Bei den Frauen ist die
Tübingen
leben, im Vergleich zur
Lebenserwartung
im
niedrigsten
Schnitt deutlich höher als
80,3
Lebenserwartung
84,6
bei
den
Männern.
(73 Jahre, Männer
85,0
79,5
in Pirmasens)
Schlusslicht ist auch hier
München
Pirmasens mit 77,1 Jah83,6
81,3
Breisgau
ren. Starnberg liegt bei
83,6 Jahren. Spitzenreiter ist
Starnberg
der
Kreis
Breisgau-Hochschwarzwald mit 85,0 Jahren.
Die Regionen mit hoher Lebenserwartung liegen vor allem wicklung. Dahinter stecke ein ökonomische Status, desto hö- Fettleibigen sei deutlich größer
in Baden-Württemberg, Bayern ganzes Bündel von Faktoren, her ist das Erkrankungsrisiko“, als in den Gruppen mit höheund Hessen.
vor allem ein besserer Zugang erklärt das RKI. „Zu diesen rem sozialem Status. Ärmere
Die geografische Lage ist zu medizinischen Leistungen Krankheiten zählen Herzinfarkt verrichten öfter körperlich
aber nicht die Ursache der Un- und ein gesünderer Lebensstil und Schlaganfall, bestimmte schwere Arbeit, dafür treiben
terschiede. So beträgt die Le- mit bewusster Ernährung und Krebsarten wie Lungen- und die höheren Statusgruppen häubenserwartung etwa in Gelsen- Prävention.
Magenkrebs, Stoffwechselstö- figer Sport. Ärmere nehmen
Unterteilt man das Einkom- rungen sowie Erkrankungen des nach den Daten der Forscher
kirchen im Ruhrgebiet bei den
Männern im Schnitt nur 75,2 men in seiner Spannbreite in Muskel- und Skelettsystems.“ auch seltener Angebote des GeJahre – in der 70 Kilometer fünf Gruppen von Arm bis Auch von psychischen Störun- sundheitswesens in Anspruch
entfernten gediegenen Univer- Reich, dann liegt der Unter- gen sind Ärmere stärker betrof- wie Krebsfrühuntersuchungen.
sitätsstadt Münster liegt sie schied zwischen der niedrigsten fen. Das höhere KrankheitsrisiDie Linke-Abgeordnete Zim4,3 Jahre darüber. Nach Ein- und der höchsten Einkommens- ko und häufigere Gesundheits- mermann schlussfolgert: „Wer
schätzung von Experten gibt es gruppe bei Männern bei 10,8 probleme spiegelten sich in ei- wenig verdient, muss häufiger
einen engen Zusammenhang Jahren. Bei Frauen unterschei- ner erhöhten vorzeitigen Sterb- schwere und gesundheitlich bezwischen sozialem Status und det sich die Lebenserwartung lichkeit sozial benachteiligter lastende Arbeit leisten, muss
der Gesundheit – und damit immerhin noch um 8,4 Jahre. Bevölkerungsgruppen.
unter Lärm und Luftverschmutauch der Sterblichkeit. Je höher Das zeigen Daten des RobertGroße Bedeutung komme da- zung leiden, kann sich nicht so
Einkommen und Bildung seien, Koch-Instituts (RKI) für die ak- bei dem Rauchen zu, dass in är- gut ernähren und stirbt früher
desto größer sei auch die Chan- tuelle
Gesundheitsberichter- meren Schichten stärker ver- als Besserverdiener.“ Um das zu
ce auf ein langes Leben, erklärt stattung des Bundes. „Für eine breitet sei. Zudem ernähre sich verändern, brauche es mehr als
Stephan Sievert vom Berlin-In- Vielzahl chronischer Krankhei- diese Gruppe ungesünder als Programme zur Gesundheitsstitut für Bevölkerung und Ent- ten gilt: Je niedriger der sozio- Wohlhabendere, der Anteil der prävention.
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WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
22 WIRTSCHAFT
DIE WELT KOMPAKT
W
enn Lena Wagner ihre Englischblätter
braucht, holt sie
ihr iPad aus dem Schulranzen.
Die Siebtklässlerin wischt sich
durch digitale Dokumente, bis
sie das Arbeitsblatt gefunden
hat, das sie zu Hause ausfüllen
soll. Dazu benötigt sie weder
Füller noch Tinte: Ein Klick,
schon tippt sie die Vokabeln
aufs Tablet. Fertig.
PICTURE ALLIANCE / DPA/ INGO WAGNER
VON JULIA WELLER
So schnell und einfach wie
Lena erledigen schon mehr als
200 Schüler der Realschule am
Europakanal in Erlangen ihre
Hausaufgaben. Von der siebten
Klasse an können sich die Kinder für das papierlose Lernen
entscheiden, die Geräte zahlen
allerdings ihre Eltern. Schulleiter Markus Bölling weiß, dass
das für viele Familien eine erhebliche Belastung sein kann,
die Entscheidung für die Tablets habe aber einen entscheidenden Vorteil: „Die iPads sind
wenig wartungsanfällig, Updates erfolgen automatisch,
und die Software macht eigentlich nie Probleme.“ Das ist ein
Luxus, den sich andere Schulleiter vergeblich herbeisehnen.
Nur wenige Kilometer entfernt kämpfen Felix Jentges
und seine Kollegen regelmäßig
mit der Technik. „Die Nutzung
der Geräte bei uns ist durchwachsen, da gibt es technische
Probleme“, erzählt der Matheund Physiklehrer am ChristianErnst-Gymnasium. Als eine der
ersten Erlanger Schulen hatte
es 2010 sogenannte Smartboards bekommen. Auf diese
interaktiven Tafeln mit Beamer
und angeschlossenem Computer schreiben Lehrer mit Tastatur oder digitalem Eingabestift.
Die Geräte kosten mehrere
Tausend Euro, dafür spielen sie
Videos ab, motivieren die Schüler mit Lernprogrammen zum
Mitmachen oder speichern Tafelbilder dauerhaft. Zumindest
in der grauen Theorie.
Denn selbst an den fortschrittlichsten Schulen kann es
Woran die
Digitalisierung
der Schulen
scheitert
Smartboards kosten so viel wie
Kleinwagen, setzen aber oft Staub an,
denn die Wartung ist teuer und
Reparaturen dauern. Deshalb lernen
viele Schüler noch mit Tafel und Kreide
passieren, dass teure Geräte
nach ihrer Anschaffung ungenutzt herumstehen. Laut einer
Bitkom-Studie gaben 48 Prozent der Lehrer an, dass sie digitale Medien gern öfter einsetzen würden, es aber nicht kön-
nen. Weil sie sich etwa mit der
Technik nicht auskennen oder
Angst haben, dass sie nicht
funktioniert. „Ich habe erlebt,
dass Lehrkräfte mit FlipchartPapier und Edding in die Schule
gekommen sind und weiterhin
an die Wand geschrieben haben“, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV). Dieses
Beispiel sei bei weitem kein
Einzelfall: „Es
Ein elektroist durchaus
nisches Smartverbreitet,
board in einer
sich möglichst
Schulklasse in
viele Geräte
Lingen im
anzuschaffen,
Emsland
um schick zu
sein und als
topmoderne Vorzeigeschule zu
gelten“, berichtet sie.
Die Kosten für die Smartboards am Christian-ErnstGymnasium hatte als zuständiger Sachaufwandsträger die
Stadt übernommen. Mittlerweile sind die Geräte aber veraltet, die Garantiefrist ist abgelaufen, und bei der Wartung
fühlt sich die Schule alleingelassen. Ein bundesweites Phänomen. Oft werden die Geräte
von ambitionierten Schulträgern angeschafft, ohne zu kalkulieren, dass es damit nicht
getan ist. Hielt eine Tafel mehr
als fünf Schülergenerationen,
so begleiten die neuen Geräte
nicht einmal eine einzige von
der Einschulung bis zum Abschluss.
Das Hauptproblem ist die
Wartung. Dafür hat etwa Erlangen gemeinsam mit seinen
Nachbarn Fürth und Schwabach vor sechs Jahren einen eigenen IT-Dienstleister gegründet: KommunalBIT, eine Anstalt des öffentlichen Rechts.
Laut Felix Jentges ist die durchaus effektive Abteilung aber
personell unterbesetzt und mit
den 33 Erlanger Schulen zahlenmäßig schlicht überfordert. Das
bestätigt Vorstand Walter Brosig: „Wir haben neun Mitarbeiter, die sich um 3900 IT-Arbeitsplätze kümmern müssen.
Das reicht natürlich nicht immer, um alle Wünsche erfüllen
zu können.“ Über ein Ticketsystem können die Schulen
Probleme melden. „Und das
dauert dann schon mal zwei
oder drei Monate, bis da etwas
passiert“, erzählt Felix Jentges.
Auch im Deutschen Philolo-
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
genverband kennt man die Probleme: „In aller Regel gibt es
noch nicht mal professionelle
Wartung von außen, und das
größte Problem ist, dass die
Dinge oft nur zu 50 Prozent
funktionieren“, sagt der Vorsitzende Heinz-Peter Meidinger.
Für einen zukunftsgewandten
Unterricht sei das Gift: „Wenn
ein Lehrer zwei- oder dreimal
eine Stunde nicht abhalten
kann, weil die Technik streikt,
dann haben Sie den verloren.“
Deshalb fordert Meidinger
professionelle
externe
ITDienstleister für alle staatlichen Schulen. Neben den Kommunen sieht er die Kultusministerien der Länder in der
Pflicht, sie tragen die Kosten
für das Lehrpersonal, sind aber
nicht bereit, technisches Personal an den Schulen zu beschäftigen. Stattdessen werden ausgesuchten Lehrern Entlastungs- oder Anrechnungsstunden gewährt, in denen sie die
Pflege der Geräte zusätzlich
zur eigentlichen Lehrtätigkeit
übernehmen sollen.
Auch Felix Jentges war mehrere Jahre lang Systembetreuer,
doch die Pflege der Technik war
ihm dabei streng genommen
gar nicht erlaubt. Stadtverwaltung wie Dienstleister KommunalBIT sehen es nicht gern,
wenn die schulischen Betreuer
selbst Hand anlegen. „Aber
wenn das Internet nicht geht,
müssen wir eben selbst im Keller den Router neu starten“,
sagt Jentges.
Ohnehin seien die zwei Wochenstunden für den Pädagogen viel zu knapp bemessen für
die Pflege der Technik, das Entwickeln pädagogischer Konzepte zur Mediennutzung und die
Schulung der Kollegen. Smartboards, Tablets und Dokumentenkameras haben Einzug in die
Klassenzimmer gehalten, ohne
dass sich Lehrer in Schulungen
hinlänglich über Bedienung
und Einsatzmöglichkeiten informieren
können,
meint
BLLV-Präsidentin
Fleischmann. Man dürfe die Lehrer auf
dem Weg ins digitale Klassenzimmer zu verlieren.
Unerwartete Schlappe für die Bausparkassen
Stuttgarter Gericht stellt sich auf die Seite einer Kundin: Institute können bestehende Verträge nicht einfach kündigen
I
n der Prozesswelle um die
Kündigung von Bausparverträgen hat das Oberlandesgericht Stuttgart als erstes Berufungsgericht zugunsten einer
Sparerin entschieden.
VON ANNE KUNZ
Die Bausparkasse Wüstenrot
habe kein Recht, den Vertrag zu
kündigen, sagte Richter Thomas Wetzel gestern in Stuttgart. „Der Vertrag ist fortzusetzen.“ Wüstenrot hatte gekündigt, weil die Kundin ihr angespartes Geld seit 22 Jahren auf
dem Konto bunkerte und dafür
drei Prozent Zinsen einstrich,
statt das Darlehen abzurufen.
Die Entscheidung hat großes
Gewicht: Die Bausparkassen
wollen derzeit viele ihrer Kunden loswerden. Ihre einst heiß
begehrten Guthaben sind den
Instituten lästig geworden. Am
Kapitalmarkt werfen sie kaum
Zinsen ab, und als Darlehen
können die Bausparkassen nur
einen Bruchteil davon weiterreichen. Trotzdem müssen sie
weiter die einmal zugesagten
Zinsen von bis zu fünf Prozent
zahlen – für die Institute ein dickes Verlustgeschäft. Die Bausparkassen setzen deshalb Kun-
den vor die Tür: Institute wie
Schwäbisch Hall, Landesbausparkassen oder die BHW haben bereits rund 200.000 Kunden gekündigt.
In fast 1000 Fällen haben die
Sparer dagegen geklagt. Bisher
gab es rund 140 Urteile bundesweit, von denen 90 Prozent zugunsten der Bausparkassen ergingen. In den fünf Fällen, die
bisher bei Oberlandesgerichten
gelandet waren, hatten die Sparer den Kürzeren gezogen.
Wüstenrot werde nun eine Revision gegen das Urteil vor dem
Bundesgerichtshof prüfen, erklärte deren Anwalt Herve
Edelmann. Das ist auch im Sinne des Stuttgarter Oberlandesgericht. Schließlich gehe es um
Millionen von Anlegergeldern,
sagte Richter Wetzel.
Das Prinzip der Bausparkassen ist relativ simpel: Der Kunde legt eine Zeit lang regelmäßig Geld zur Seite. Dafür bekommt er verhältnismäßig wenig Zinsen. Doch sobald er 40
Prozent der vereinbarten Bausparsumme angespart hat, ist
der Kredit zuteilungsreif: Der
Verbraucher darf dann ein Darlehen aufnehmen, für das er
dann ebenfalls besonders niedrige Zinsen zahlt.
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Doch in Zeiten von Minizinsen war das für die Verbraucher
wenig attraktiv. Die damals versprochenen niedrigen Zinsen
von drei oder vier Prozent für
ein Immobiliendarlehen sind im
Branchenvergleich nicht mehr
günstig. Die Kunden entscheiden sich in den meisten Fällen
lieber für einen Sofortkredit
und lassen das Geld bei der Bausparkasse liegen und dieses –
wie vertraglich zugesichert –
mit drei bis vier Prozent verzinsen, denn das ist heutzutage
hoch attraktiv. Allerdings nur so
lange, bis die Bausparkassen diesen Kunden plötzlich kündigten.
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DIE WELT KOMPAKT
WIRTSCHAFT 23
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Der nächste Tabubruch in der Euro-Zone
Ein Geheimabkommen der EZB könnte zur Bankenrettung genutzt werden – mit teuren Folgen für Steuerzahler
T
ransparenz
gehört
nicht gerade zu den
Kernkompetenzen einer Notenbank. Das
gilt insbesondere für die Europäische Zentralbank (EZB), bei
der 19 nationale Notenbanken
mit zum Teil völlig unterschiedlichen und gegenläufigen
Interessen mitmischen.
VON ANJA ETTEL
UND HOLGER ZSCHÄPITZ
Entsprechend lange haben
die Euro-Hüter gezögert, ihr
sogenanntes
Geheimabkommen ANFA offenzulegen. Dieses verschafft den nationalen
Zentralbanken gewisse Spielräume, um über die Beschlüsse
der EZB hinaus Wertpapiere
auf eigene Faust und mit eigens
geschaffenem Geld zu kaufen.
Auf Druck der Öffentlichkeit
gab die EZB Anfang Februar ihr
milliardenschweres Abkommen
dann doch preis. Doch was dazu
gedacht war, die Debatte über
die vermeintliche verbotene
Staatsfinanzierung zum Ver-
stummen zu bringen, hat eher
noch mehr Diskussionsbedarf
ausgelöst. Insbesondere die
Frage, was das Geheimabkommen für die Bankenrettung im
Euro-Raum bedeutet, ist durchaus brisant. Offensichtlich bietet das „Agreement on Net Financial Assets“, wie ANFA im
Original sperrig heißt, auch die
Möglichkeit, marode Kreditinstitute mit dem Geld von Zentralbanken zu retten. Zwar legt
das Abkommen bestimmte –
und bisher nicht veröffentlichte
– Obergrenzen fest, die die Nationalbanken bei ihren Sondergeschäften einhalten müssen.
Gleichzeitig sieht ANFA aber
auch ausdrücklich Ausnahmen
von dieser Regel vor, sogenannte „exceptional cases“, bei denen die Notenbanken eben
doch über die festgelegten
Grenzen hinaus Geld schöpfen
und dafür Papiere in ihre Bücher nehmen können.
„Die veröffentlichten ANFADokumente zeigen, dass man
diesen Weg der Bankenabwicklung als Ultima ratio offensicht-
Pleitewahrscheinlichkeit
in den kommenden 5 Jahren in Prozent
2,1
20
1 ,8
15
Deutschland
1 ,5
Deutsche Bank
10
1 ,2
5
Okt. 2014
April 2016
Quelle: Thomson Reuters
lich einkalkuliert hat“, sagt der
Berliner Finanzwissenschaftler
Daniel Hoffmann. „Die Politik
mag den Eindruck vermitteln,
dass mit der Schaffung der europäischen Bankenunion die
Steuerzahler nicht mehr für die
Rettung oder Abwicklung von
Kreditinstituten zur Kasse gebeten werden. Doch sobald ein
systemrelevantes Institut in
Schieflage gerät, wird man vermutlich eben doch die EZB-Op-
tion nutzen.“ Es wäre nach der
Rettung von bankrotten Staaten und dem Ankauf von Staatsanleihen der nächste Tabubruch im Euro-System.
Tatsächlich hatte der Finanzwissenschaftler Martin Hellwig
vom Max-Planck-Institut in
Bonn bereits in einem Gutachten für den Bundestag im Oktober 2014 davor gewarnt, dass
die avisierte Haftungskaskade
zur Bankenrettung – das Herz-
stück der Bankenunion – bei
systemrelevanten Großbanken
unrealistisch sei. Im Zweifel
werde auf den staatlichen Rettungsfonds ESM oder die Notenbank zurückgegriffen. An
den Finanzmärkten sieht man
das ähnlich. Die Pleitewahrscheinlichkeit der Deutschen
Bank läuft seit Mitte 2015 fast
parallel
zum
Ausfallrisiko
Deutschlands. Mit anderen
Worten: Die Investoren kalkulieren fest ein, dass im Falle einer Schieflage des systemrelevanten deutschen Branchenprimus der Steuerzahler einspringen wird. Selbst bei einer Rettung mit Notenbankgeld, müssen am Ende die Steuerbürger
dafür gerade stehen.
Entsprechend kritisch sehen
es Experten, wenn die EZB ihre
Bilanz immer weiter aufbläht.
Mittlerweile entspricht die Bilanzsumme rund 28 Prozent
der europäischen Wirtschaftsleistung, Tendenz steigend. Jede zusätzliche Form der Geldschöpfung zur Bankenrettung
lässt diese Summe steigen.
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B I L A N Z . D E
Klaus Boldt, Chefredakteur
24 KINO
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
I
Schiffsunglück in
„The Finest Hours“
Z
DPA/ WALT DISNEY STUDIOS
wei Männer, zwei Schiffe
und die große Gefahr:
Mit „The Finest Hours“
kommt jetzt ein Katastrophenfilm ins Kino, wie er klassischer
(oder herkömmlicher) kaum
sein könnte. Im Mittelpunkt
steht Bernie Webber (Chris Pine) von der US-Küstenwache,
der mitten in einem schrecklichen Sturm mit drei Kollegen in
einem kleinen Boot aufbricht,
um die Besatzung eines regelrecht zerborstenen Tankers zu
retten. An Land warten bangend der wachhabende Offizier
(Eric Bana) und wütend Webbers Verlobte (ein Lichtblick:
Holliday Grainger).
Auf dem zerbrochenen Tanker nimmt derweil der ranghöchste Offizier Ray Sybert
(Casey Affleck, Bens Bruder)
die Dinge in die Hand. An seiner Seite dabei: der Schiffskoch.
Hier folgt der zweite Lichtblick
des Films, Abraham Benrubi,
der überdimensionale „Kubiac“
aus der Serie „Parker Lewis –
Der Coole von der Schule“.
Das war es auch schon an
Lichtblicken in diesem dunklen
Film. Bei aller Dramatik sind
Trotzt dem Sturm: Chris Pine
als Bernie Webber
die Charaktere nichts als Statisten. Eine besondere Schwäche
des Films ist dabei Casey Affleck. Der Schauspieler teilt mit
seinem Bruder Ben die seltene
Gabe, einen kompletten Film
mit einem einzigen Gesichtsausdruck bestreiten zu können.
Wie blutleer und gefühlsarm
dieser Film von Regisseur Craig
Gillespie daherkommt, ist umso erstaunlicher, da er auf einer
wahren Begebenheit beruht.
Am 18. Februar 1952 traf nämlich jener gewaltige Sturm tatsächlich auf New England an
der US-Ostküste und versenkte
einen großen Tanker. Die tapferen Männer, die aufbrachen, um
die Besatzung zu retten, gab es.
In „The Finest Hours“ aber
stellt sich Spannung lediglich
über gelungene Effekte ein. Allerdings nutzen sich selbst die
anfangs spektakulär wirkenden
3D-Szenen schnell ab.
uuttt
Altbackenes und pathetisches
Action-Drama ohne Geist
n jedem echten Helden ist
dieses kleine pummelige
Kind mit den dicken Brillengläsern, dem niemand etwas
zutraut. Weil jeder echte Held
erst einmal für einen Spinner gehalten werden muss, sonst ist er
kein Held, sondern einfach nur
ein Mitläufer. Und Mitläufer sind
nicht nur langweilig, sie sind
auch der Untergang von allem
Menschlichen.
VON FRÉDÉRIC SCHWILDEN
Michael Edwards aus dem englischen Badeort Cheltenham ist
so ein kleines, pummeliges Kind
mit dicken Brillengläsern. Seit er
denken kann, träumt er davon,
als Athlet für sein Land zu den
Olympischen Spielen zu fahren.
Aber es gibt einfach keine Sportart, in der er gut genug ist. Beim
Speerwurf zum Beispiel verfehlt
er den Kopf seines Vaters nur um
wenige Zentimeter und trifft die
Fensterscheibe. „Eddie“, schreit
sein Vater, „du bist kein Athlet.“
Diese Geschichte gibt es wirklich. Sie ist die Geschichte von
Michael Edwards, der später als
„Eddie The Eagle“ zum Symbol
bedingungslos britischer Liebe
für einen Sportler wurde, von
dem gar nicht erwartet wurde,
Sportler zu sein. Ein Suppenhuhn wurde zum Adler gemacht.
Engländer sind wie kein anderes
Volk stolz auf ihre Sonderlinge,
auf ihre Spinner, auf ihre Freaks.
Der Film „Eddie The Eagle –
Alles ist möglich“ von Regisseur
Dexter Fletcher mit dem relativ
unbekannten Taron Egerton als
Michael Edwards, dem sehr bekannten Hugh Jackman als dessen saufender und rauchender
Trainer Bronson Peary und der in
Deutschland auf Ewigkeiten geliebten Iris Berben als die bayerische Kellnerin Petra, wird groß
als Komödie beworben. Und der
Film ist so saukomisch wie lange
kein Film mehr. Aber nicht, weil
er plump oder slapstickig ist,
sondern weil er von einer großen
Wahrheit erzählt, die so tragisch
ist, dass man lachen muss.
Der Vater, ein Maurer, will,
dass Eddie auch ein Maurer wird.
Der Sieg des
dicken Jungen
Kein Land liebt seine Sonderlinge so wie Großbritannien. Und der
englische Skispringer Michael Edwards ist wahrlich ein Sonderling.
Die Komödie „Eddie The Eagle“ setzt ihm jetzt ein Denkmal
Er will ihn von der olympischen
Karriere abhalten. „Willst du da
raus in eine Welt, in der dich keiner kennen will“, fragt er. Und
Eddie antwortet: „So what’s
new.“ Er lebt noch in seinem Ju-
gendzimmer und ist so irgendwas kurz nach der Volljährigkeit.
An den Wänden hängen Skifahrerposter. Eddie, der durch seine
Brille fast nichts sehen kann,
trägt einen gelben Pullover auf
N
atürlich macht man sich
schreckliche Sorgen von
Anfang an. Wie die Frau
schon Auto fährt! Rums, rauf auf
den Bürgersteig. Raus aus der
Schrottkiste
und
irrerweise
gleich mal abgeschlossen, obwohl hinten die beiden Jungs
drinsitzen. Dann rein in den Kindergarten und die kleine Marie
geschnappt. Die aber im nächsten Moment fallen gelassen. Einfach so. Plopp.
MISSING FILMS
Wahre
Katastrophe
auf hoher See
Ben Litwinschuh ist Jonas, er beobachtet die Spinne im Kindergarten
VON BARBARA MÖLLER
Zu Hause brennt’s dann in der
Küche, weil die Frau nicht in der
Lage ist, aufs Mittagessen aufzupassen. Zeit, die übliche Drohung
auszustoßen: „Wenn das jemand
gesehen hat, sagt wieder einer,
ich hab’s nicht im Griff – dann
holen sie euch!“ Aber es geht
„Du kannst sie haben.
Ich will sie nicht mehr!“
Wenn Mütter ausflippen: Mara Eibl-Eibesfeldts
Spielfilmdebüt „Im Spinnwebhaus“
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dem „Mister Fun“ steht. Er
schaut Videoaufnahmen vom
Skisprung. Und fährt schließlich
einfach nach Garmisch-Partenkirchen, um dort das Skispringen
zu trainieren, und um sich für die
noch schlimmer. Die Kinder werden wieder in den alten Fiat gestopft, und dann geht’s ab zum
Vater. „Du kannst sie haben. Ich
will sie nicht mehr!“ Der aber
auch nicht. Also alle Mann wieder rein in die Karre und zurück,
über die nächtliche Serpentinenstraße. Einen „märchenhaften
Charakter“ schreibt Mara EiblEibesfeldt ihrem Spielfilmdebüt
„Im Spinnwebhaus“ zu. Aus den
Märchen kennt man schlimme
Rabenmütter, aber die Wirklichkeit kann es immer noch besser:
Ausgangspunkt für dieses Drama
war ein Fall aus Berlin, wo eine
Frau zu ihrem Liebhaber zog und
ihre vier Kinder über Monate
sich selbst überließ. Als die Polizei sich endlich Zugang zur Wohnung verschaffte, waren die Räume mit Spinnweben zugewuchert. Eibl-Eibesfeldt – sie ist ei-
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
DIE WELT KOMPAKT
KINO 25
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Winterspiele in Calgary 1988 zu
qualifizieren. Er schläft in der offen gelassenen Rumpelkammer
einer Wirtschaft, weil die Hotels
zu teuer sind.
Die wirklich heiße Wirtin Petra findet ihn dann. „Du bist
nicht der erste Skispringer, der in
meiner Kammer geschlafen hat.
Aber normalerweise schlafe ich
dann mit dir hier drin“, sagt Petra mit ihren großen dunklen Augen, den langen dunklen Haaren
und den Nagellackfingern, die
über Eddies Brust streichen.
Natürlich lehnt Eddie ab. Er
weiß gar nicht, was sie da will von
ihm, diese von Iris Berben gespielte Petra. Mit Iris Berben
nicht zu schlafen ist immer
schon ein Fehler gewesen. Aber
es ist auch ein Triumph. Ein Triumph des Willens. Darf man das
eigentlich schreiben? So heißt ja
ne Enkelin des gleichnamigen berühmten Verhaltensforschers –
war aber weniger an dem Sozialdrama interessiert als an der
Gratwanderung zwischen realistischem Erzählen und der kindlich märchenhaften Fantasie. Vor
allem dank der poetischen Kameraführung von Jürgen Jürgesfühlt sich der Schwarz-WeißFilm wie eine einzige große Prüfung an: Wenn die Kinder alles
richtig machen, wird die Mutter
(Sylvie Testud) zurückkommen.
Auf diesem Weg gleitet der
zwölfjährige Jonas (Ben Litwinschuh), der seine Geschwister
beschwört „Und du sagst nichts!
Wir alle sagen nichts. Alle sagen
wir nichts!“, immer weiter ab in
die Dunkelheit, die reale Welt
wird immer schemenhafter, die
Angstwelt
immer
klaustrophobischer. Natürlich assoziiert
auch dieser schlimme Nazifilm
von Leni Riefenstahl. Aber das
passt jetzt auch alles zusammen,
und auch nicht. Schaut man sich
die Schanze in Garmisch an und
wie sie vom Regisseur gefilmt
wurde, dann muss man unweigerlich an die Nazis denken, weil
sie so groß ist, und so gewollt erhaben in den Berg gebaut wurde,
so als hätte Hitler selbst sich das
Skispringen ausgedacht. Und
dann plumpst „Eddie The Eagle“
da runter.
Und in jeder seiner Umdrehungen, bei denen er Spielball
der Schwerkraft ist, mit jedem
Mal, bei dem sein behelmter
Kopf dumpf auf dem Boden aufschlägt, je mehr Prellungen er bekommt bei diesem Sprung in
Garmisch, der ihn für die Olympischen Spiele in Calgary qualifizieren soll, da merken wir, was es
heißt, ein kleiner, pummeliger
Junge zu sein und kein Mitläufer.
„Eddie The Eagle“ war ein Widerstandskämpfer. Er hat keine
einzige Medaille bei den Olympischen Spielen gewonnen. Aber
sein Leben war ein Sieg der
Menschlichkeit.
VON PATRICK HEIDMANN
Eine Überraschung ist „10 Cloverfield Lane“ – vom Produzenten bevorzugt als „Blutsverwandter“ des Originals bezeichnet – nicht nur, weil die bloße
Existenz des Films erst wenige
Wochen vor dem Start bekanntgegeben wurde. Vor allem erstaunt, wie wenig er mit dem
Vorgänger zu hat. Visuell und
formal ist das ein Segen: Von wackeliger Handkamera und anderen „Found Footage“-Mätzchen
ist dieses Mal zum Glück keine
Rede mehr. Doch auch inhaltlich
gibt es zwischen den beiden Filmen quasi keine Bezüge.
Allzu viel verraten sollte man
zu „10 Cloverfield Lane“ nicht,
das würde den Spaß verderben.
Daher nur das Nötigste: Nach einem emotionalen und übereilten
Aufbruch, bei dem der Ehering
zurückgelassen, die Whisky-Flasche aber mitgenommen wird,
jagt Michelle (Mary Elizabeth
Winstead) mit dem Auto durch
die amerikanische Provinz und
kommt nachts von der Straße ab.
Als sie wieder zu sich kommt,
hängt sie in einem beinahe leeren Raum am Tropf und ist mit
ihrem verletzten Bein an der
Wand festgekettet. Als wenig
später Howard (John Goodman)
vor ihr steht, behauptet er mit
der Pistole am Gürtel, nicht ihr
Entführer, sondern ihr Retter zu
sein. Er habe sie gefunden und
Retter oder Entführer? Howard mit der gefangenen Michelle
Versteckspiel mit
einem Monster
Drei Personen in einem Bunker: John Goodman
brilliert im Psychothriller „10 Cloverfield Lane“
mit in seinen unterirdischen
Bunker genommen. Denn an der
Oberfläche sei es zu einem jener
Ereignisse gekommen, mit denen
er schon immer gerechnet hatte:
Atomangriff der Russen, Terrorangriff mit Chemiewaffen oder
möglicherweise auch einer Invasion der Außerirdischen.
Was sich dann entspinnt, ist
zunächst ein Psychothriller als
klaustrophobisches
Kammerspiel, der seine Spannung zu weiten Teilen aus einer geschickt
montierten Tonspur und vielen
Schockmomenten gewinnt. Was
geht hier eigentlich vor? Bei dieser Frage kommt nicht nur die
Protagonistin immer wieder zu
ganz unterschiedlichen, stets bedrohlichen Antworten. Die Rätselhaftigkeit hat erst ein Ende,
als „10 Cloverfield Lane“ im letzten Drittel eine noch größere
(Genre-)Wendung nimmt, mit
der man durchaus rechnen kann,
die aber trotzdem nicht jedermanns Geschmack sein dürfte.
Bis mindestens dahin ist der
Film ohne Frage höchst unterhaltsam und von Regiedebütant
Dan Trachtenberg erfreulich effektiv und versiert inszeniert.
Mehr noch als auf das Drehbuch,
das unter anderem durch die
Hände von Damien Chazelle
(„Whiplash“) ging, kann er sich
dabei auf seine Hauptdarsteller
verlassen: Goodman war selten
so furchteinflößend, und Winstead empfiehlt sich als erfreulich
toughe „Leading Lady“, die locker einen ganzen Film schultern
kann.
uuuut
Unberechenbarer Film mit darstellerischen Höchstleistungen
Diagnose: Brustkrebs
uuuut
Tragisch-komische Hommage an
einen liebenswerten Außenseiter
man Ian McEwans Roman „Der
Zementgarten“, diese Geschichte
der vier Geschwister, die beschließen, den Tod der Eltern zu
verheimlichen, um vom Jugendamt nicht getrennt zu werden.
Andrew Birkin hat ihn 1993 fürs
Kino adaptiert.
Aber von der Düsternis dieses
Films ist „Im Spinnwebhaus“ ein
ganzes Stück entfernt. Es ist eines jener meisterhaften Debüts,
die es in der Kunst immer wieder
gibt.Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch
heute? Die Berliner Kinder sind
damals übrigens ins Heim gekommen. Ihre Mutter wurde zu
einem Jahr und neun Monaten
auf Bewährung bestraft. Willkommen in der Wirklichkeit.
„Im Himmel trägt man hohe Schuhe“: mit Galgenhumor gegen den Tod
W
ie soll man einen Film
über Krebs machen,
ohne in tiefster Trauer zu versinken? Nun hat „Twilight“-Regisseurin
Catherine
Hardwicke dieses Thema nach
dem Drehbuch der britischen
Komödiantin Morwenna Banks
verfilmt: Die Krebsdiagnose einer jungen Frau überrascht sie
und ihre beste Freundin. Statt
Drinks und High Heels gibt es
nun Pillencocktail und Chemotherapie im Krankenhaus. Die
Tragikomödie „Im Himmel trägt
man hohe Schuhe“ ist witzig,
tröstlich und hochemotional, vor
allem dank der Hauptdarstellerinnen Drew Barrymore und Toni Collette.
Letztere spielt die hübsche
Milly. Sie hat ihre wildesten Zeiten hinter sich und lebt mit ihrem Mann Kit (Dominic Cooper)
NEUEVISIONEN.DE
2016 TWENTIETH CENTURY FOX
Ein unsportlicher Möchtegern-Skisprungprofi und sein saufender
Lehrmeister: Bronson Peary (Hugh
Jackman, l.) und Michael Edwards
(Taron Egerton)
DPA/ PARAMOUNT PICTURES
2016 TWENTIETH CENTURY FOX
W
er hätte damit gerechnet: Acht Jahre nach
dem von J.J. Abrams
produzierten Mystery/SciFi/Horror-Mashup
„Cloverfield“
kommt doch noch eine QuasiFortsetzung in die Kinos! Eigentlich passend, schließlich war
schon damals das Unerwartete
und Überraschende entscheidender Bestandteil des Films.
uuuut
Ganz große Kunst
Drew Barrymore (l.) und Toni Collette müssen zusammenstehen
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und ihren Kindern als glückliche
Familie. Ihre beste Freundin Jess
(Barrymore) kann davon nur
träumen. Sie hat mit Jago (Paddy
Considine) Sex nach Plan, um
endlich schwanger zu werden.
Eines Tages dann der Schock:
Milly hat Brustkrebs, von der
bösartigen Sorte. Fortan dreht
sich alles nur noch um die Krankheit, auch wenn Milly und Jess
versuchen, dem Schicksal mit
Galgenhumor zu trotzen. Gegen
Ende gerät der Film leider aus
dem Rahmen. Die emotionalen
Höhepunkte häufen sich – sowohl bei Jess, als auch bei Milly.
Sie lenken von der eigentlichen
Frage ab: Was macht wahre
Freundschaft aus und wie kann
sie die großen und kleinen Krisen
des Lebens überdauern, vielleicht über den Tod hinaus?
uuttt
Krebs lässt sich so einfach nicht
weglachen
WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
26 INTERNET
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
KOMPAKT
HACKERPROZESS
Angeklagter weist
Vorwurf zurück
Weil er mehr als 300.000
fremde Computer unbemerkt
mit einem Trojaner infiziert
haben soll, sitzt ein 29 Jahre
alter Mann erneut auf der
Anklagebank. Der Ostallgäuer
muss sich seit Mittwoch wegen des Ausspähens von Daten und Computerbetrugs
wieder vor dem Landgericht
Kempten verantworten. Zum
Prozessbeginn wies der Angeklagte die Vorwürfe zurück.
„Ich kenne mich mit Computern nicht aus“, sagte er. Sein
Laptop sei fremdgesteuert
gewesen. Mit einem Komplizen soll der Angeklagte im
Jahr 2012 ein sogenanntes
Botnetz – ein Netzwerk aus
Rechnern – aufgebaut und die
Leistung der gekaperten
Rechner genutzt haben, um
virtuelles Geld in der digitalen Währung Bitcoin zu generieren. 2014 war er unter anderem wegen des Ausspähens
von Daten und Computerbetrugs zu drei Jahren Haft
verurteilt worden.
auch über Whatsapp-Web
genutzt werden.
FOXCONN
Apple-Zulieferer
übernimmt Sharp
NACHRICHTENDIENST
Der japanische ElektronikKonzern Sharp hat einem
reduzierten Übernahmeangebot des Apple-Auftragsfertigers Foxconn zugestimmt.
Das beschloss der Vorstand
von Sharp am Mittwoch, wie
die Nachrichtenagentur Kyodo meldete. Auch der Vorstand von Foxconn habe sich
für den Deal entschieden.
Sharp hatte der Übernahme in
einem ersten Anlauf bereits
vor Wochen zugestimmt.
Doch wenige Stunden danach
hatte Foxconn auf die Bremse
getreten und auf neu entdeckte finanzielle Risiken
verwiesen. Daraufhin reduzierte Foxconn das Angebot
von 489 Milliarden Yen auf
nun 388 Milliarden Yen (3 Mrd
Euro). Der Vertrag zur Übernahmen solle am Samstag
unterzeichnet werden, hieß
es. Es wäre die größte Übernahme eines japanischen Elektronikkonzerns durch ein
ausländisches Unternehmen.
Textformatierung
für Whatsapp
DER MOBILE VIDEO-TIPP
Manche Innovation spielt sich
im Kleinen ab – so wie Textformatbefehle bei Whatsapp.
Nutzer können nun Text fett,
kursiv oder durchgestrichen
schreiben. Zum Fetten wird
einfach ein „*“ vor und hinter
das Wort gesetzt, Unterstriche „_“ setzen das Wort kursiv, die Tilde „~“ erlaubt das
Schreiben durchgestrichener
Worte. Momentan tauchen
die Formatierungen nur in
den App-Versionen von Whatsapp auf, sie können aber
elekomkunden mit Music-Streaming-Option
müssen sich ab Ende
April unter Umständen auf eine
Drosselung ihrer Spotify-Zugänge einstellen. Wie die Telekom in ihrem Kundendienstblog erklärt, soll ab dem 28.
April mit dem Aufbrauchen des
monatlichen Datenvolumens
im Mobilfunk der Datenverkehr
auch beim Musik-Streaming gebremst werden. Die Telekom
beruft sich bei dem Schritt auf
eine EU-Verordnung zur Netzneutralität, die Ende April in
Kraft tritt. Diese schreibt allerdings eine Drosselung nicht
zwingend vor. Verwirrend für
Kunden: Ist die Tarifoption
Music Streaming gebucht, be-
Zerbrochene Displays und schwächelnde
Akkus: Lohnt sich eine Reparatur überhaupt?
S
chnell
ist
ein
Smartphone durch die
Finger geglitten – es
fällt, der Bildschirm des
teuren Hightech-Geräts zersplittert. Das eben noch makellose
Display ist nun von tausend kleinen Haarrissen übersät – ein
hässlicher Anblick. Dann stellt
sich die große Frage: Teure Reparatur beim Hersteller mit Originalbauteil oder zum günstigen
Angebot des Handyladens um die
Ecke greifen?
„Unabhängige
Dienstleister
sind günstiger und nicht immer
per se schlecht“, sagt Falko Hansen von Teltarif.de. Allerdings
treibt der harte Preiswettbewerb
manche Anbieter zu Spottpreisen,
die skeptisch machen sollten.
VON STEPHAN DÖRNER
Der Comedian Bernhard Hoecker schaffte es in der NDR
Talk Show, mit einer einfachen, aber plausiblen Rechnung die gefühlte Bedrohung
der sogenannten Flüchtlingswelle auszuhebeln.
bit.ly/1PFcROh
Telekom drosselt ab April
Streaming-Dienst Spotify
T
OP-Termin
für das
Smartphone
lastet die Nutzung von Spotify
das monatliche Inklusivvolumen nicht. Erst wenn ein Kunde das Volumen mit anderen
Internetdiensten wie Messaging, Mails oder Videos verbraucht hat, wird durch die
Drosselung auf 64 Kilobit pro
Sekunde (kbit/S) im Download
und 16 kbit/S im Upload eine
Nutzung von Musik-StreamingDiensten faktisch unmöglich.
Als Ausweg können gedrosselte Nutzer weiterhin über
Wlan Musik streamen oder sich
Musikdateien über den Offlinemodus von Spotify auf ihrem
Gerät speichern. Wer weiter
mobil streamen will, kann die
allerdings kostenpflichtige Option SpeedOn benutzen.
Doch wie können Verbraucher
die seriösen von den unseriösen
Anbietern unterscheiden? Experten raten dazu, vorher Fragen zu
stellen – zum Beispiel: „Wird
staubfrei und ladungsgesichert
gearbeitet?“, sagt Olaf Meyer
vom Vergleichsportal handyreparaturvergleich.de. Das schützt
die Elektronik vor Schäden bei
der Reparatur.
„Das Thema Qualität der Ersatzteile ansprechen und sich
darüber schriftliche Garantien
geben lassen“, rät Hansen. Manche Anbieter würden beispielsweise mit Ersatzteilen werben,
die „der Originalqualität entsprechen“. Auch die Länge der
Garantie, die ein Dienstleister
auf die Reparatur gibt, kann ein
Hinweis auf die Qualität sein –
sie schwankt in der Regel zwischen 6 und 24 Monaten.
Vergangenes Jahr hatte die
Stiftung Warentest die Reparaturdienste einer Reihe von Herstellern und großer Online-Anbieter getestet. Testsieger wurde
Apple mit der Gesamtnote gut
(2,0), weil der iPhone-Hersteller
Geräte nicht reparierte, sondern
gleich ganz austauscht.
Unter den alternativen Anbietern abseits der Hersteller schnitt
der Online-Anbieter Handyreparatur123 mit der Gesamtnote „befriedigend“ (2,7) noch am besten
ab. Die Reparatur war allerdings
„mittelmäßig, zum Teil recht teu-
er, aber relativ flott“, urteilten die
Tester. Günstig war dagegen die
getestete iPhone-Reparatur mit
139 Euro. „Das Ersatzdisplay
reichte sogar an die Originalqualität heran“, schrieb Stiftung Warentest damals.
Der Markt für Handy-Reparaturen boomt – genau wie der
Markt für Smartphones insgesamt. Auch wenn es über den
stark fragmentierten Markt keine offiziellen Statistiken gibt, gehen Marktbeobachter davon aus,
dass das Angebot stärker wächst
als die Nachfrage.
„Momentan ist es sehr hart für
die Anbieter“, sagt Meyer. Einzelne, wie der Berliner Anbieter Giga Fixxoo, hätten den Markt bereits wieder aufgegeben und konzentrierten sich auf Handy-Zubehör. Die harte Konkurrenz am
Markt führe zu teilweise lächerlich geringen Margen für die
Dienstleister. „Es gibt Geräte, da
bleiben ein, zwei Euro Marge übrig“, sagt Meyer. Er erwartet in
den kommenden Jahren eine Bereinigung des Marktes.
Häufigster Reparaturfall ist
ein zersprungener Bildschirm.
„70 bis 80 Prozent sind Displayschäden“, schätzt Meyer. Beim
iPhone 6 machten Bildschirmschäden beispielsweise mehr als
63 Prozent der Reparaturfälle auf
dem Vergleichsportal aus, beim
Samsung S5 seien es rund 72 Prozent. Gerade beim Displaytausch
schwanken auch die Preise stark.
Dabei wird in der Regel nicht nur
das gesplitterte Glas ausgetauscht, sondern aufgrund der
stark integrierten Bauweise moderner Smartphones der gesamte
Bildschirm.
„Ein Austausch der oberen
Glasschicht ist zwar bei vielen
Modellen auch heute noch technisch möglich und sogar für Laien durchführbar – es gibt Reparaturkits im Netz, die aber sehr
fehleranfällig und arbeitsintensiv
sind, weil das Ablösen und Auftragen der dünnen Schicht extremes Fingerspitzengefühl erfordert“, sagt Andreas Seeger, Redakteur bei der Fachzeitschrift
„Connect“. „Davon ist unbedingt
abzuraten.“ Bei Apple ist der
Preisunterschied zwischen Herstellerreparatur und einem dritten Dienstleister besonders groß.
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Der Tausch eines defekten Bildschirms kostet bei Apple bei den
meisten Modellen 147 Euro. Für
das aktuelle iPhone 6S Plus werden 167 Euro fällig – für das iPhone 6 nur 127 Euro.
Media-Markt-Filialen mit eigenem Reparaturdienst berechnen
für den Displaytausch eines iPhone 5S dagegen nur 99 Euro, beim
iPhone 6 werden 139 Euro fällig.
Den Akku tauscht Media Markt
beim iPhone 5S bereits für 39 Euro aus, bei Apple kostet das 79
Euro. Dabei werden anders als
bei anderen Herstellern im Falle
Apples keine Originalteile verwendet, weil diese nicht frei am
Markt erhältlich sind.
Samsung-Kunden können laut
Hansen den Akku eines Galaxy
S6 in der Regel für 50 Euro beim
Hersteller austauschen lassen –
hier ist der Unterschied zum freien Marktpreis also geringer. „Ich
würde generell empfehlen, einen
Dienstleister zu wählen, der vom
Hersteller autorisiert ist, auch
wenn das mehr kostet“, sagt Seeger von der „Connect“. „Der
Tausch wird hierbei dann von lokalen
Reparaturwerkstätten
durchgeführt, die bei Samsung
unter Vertrag sind. Außerhalb
der Garantiezeit können die Preise daher auch geringfügig
schwanken“, sagt Hansen von
Teltarif.de. Samsung selbst will
sich zu konkreten Preisen nicht
äußern. „Die Preisgestaltung ist
nicht zuletzt auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben dem jeweiligen Reparaturbetrieb überlassen
und kann daher variieren“, sagt
Andreas Beck, Service-Chef von
Samsung Deutschland.
Das Unternehmen rät dazu,
Reparaturen nur durch von
Samsung qualifiziertes Personal
durchführen zu lassen. Fehlt
beispielsweise ein ausreichender Schutz gegen elektrostatische Aufladung, könne dies
Schäden am Gerät hervorrufen,
„die oftmals erst einige Zeit
nach der Reparatur für den Kunden bemerkbar und dann entsprechend schwierig zu reklamieren sind“, sagt Beck. Wer
das Handy aus Preisgründen
nicht vom Hersteller selbst oder
zertifizierten Service-Werkstätten reparieren lässt, bekommt
selten Originalteile. „Im Falle
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DIE WELT KOMPAKT
INTERNET 27
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
FRANZISKA GABBERT/ DPA/ PA
Aufwändige Reparaturen am Mobiltelefon können teuer werden
von Apple-Geräten gibt es gar
keine Originalteile bei anderen
Anbietern“, sagt Meyer.
Sinnvoll kann in manchen Fällen auch eine Neuanschaffung
sein: Im Test der Stiftung Warentest verlangte ein Anbieter kurioserweise für eine Reparatur fast
170 Euro mehr als das gleiche
Handymodell zum Zeitpunkt des
Schadens neu gekostet hätte. Einige Hersteller behaupten, dass
die gesetzlich vorgeschriebene
Gewährleistung erlischt, wenn
ein Handy durch einen nicht zertifizierten Dienstleister repariert
wird. „An diesem Apple-Produkt
dürfen Serviceleistungen ausschließlich durch Apple oder einen Apple Service Provider erbracht werden“, heißt es beispielsweise in den Garantiebedingungen von Apple. Auch Samsung ist dieser Auffassung. „In
dieser Pauschalität stimmt die
Aussage nicht“, sagt Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Nur wenn durch
die Reparatur selbst Schäden auftreten, sind diese von der Gewährleistung natürlich ausgeschlossen.“ Es bestehe aber die
Gefahr, dass später auftretende
Mängel vom Händler auf die
nicht zertifizierte Reparatur geschoben würden.
Zwischenzeitlich hatte Apple
sogar iPhones, bei denen durch
freie Reparaturwerkstätten der
Fingerabdrucksensor
ausgetauscht wurde, komplett deaktiviert. Später ruderte Apple zurück und entsperrte die Geräte
wieder. Machtlos sind die Reparaturwerkstätten in der Regel bei
Wasserschäden.
Ist
das
Smartphone ins Klo gefallen, was
gar nicht so selten passiert, können höchstens noch die Daten
vom Smartphone gerettet werden. „Die häufigste Fehlerursache bei iPhones ist ein Wasserschaden, oft zurückzuführen auf
Unachtsamkeit auf der Toilette“,
heißt es bei Kroll Ontrack, einem
Unternehmen für Datenrettungen. Der Anteil der Datenrettungsaufträge für Apple-Geräte
hat sich bei Kroll Ontrack in der
Region Deutschland, Österreich
und Schweiz in den letzten fünf
Jahren vervierfacht – von 5 auf
etwa 20 Prozent.
Daimler-Chef trifft
den Taxi-Schreck Uber
Zukunft der Mobilität: Konferenz Noah ist
Forum für Start-ups und Industrie
D
ie Digitalkonferenz „Axel
Springer Noah Berlin“
bringt in diesem Jahr ein
außergewöhnliches Duo auf die
Bühne: Daimler-Chef Dieter Zetsche wird mit Uber-Chef Travis
Kalanick über die Zukunft der
Mobilität diskutieren. Die Konferenz findet am 8. und 9. Juni im
Berliner Tempodrom statt. Der
Medienkonzern Axel Springer
(„Welt“, „Bild“) ist Mitveranstalter der Konferenz. Daimler investiert bereits seit Langem in
Start-ups und Technologieunternehmen, die Mobilitätskonzepte
abseits des klassischen Autoverkaufs anbieten. So kaufte Daimler beispielsweise die TaxirufApp Mytaxi, investierte in den Limousinendienst Blacklane und
gründete den Carsharing-Dienst
Car2go.
Die Vision des Stuttgarter Autobauers: Mit der hundertprozentigen Tochter Moovel will
Daimler zum „Amazon der Mobilität“ werden. Die gleichnamige
App bietet unter anderem Bahn-
tickets, Taxiruf, Nahverkehrsfahrschein oder die Nutzung von
Carsharing-Diensten.
Taxi-Schreck Uber, das derzeit wertvollste mit Wagniskapital finanzierte Unternehmen abseits der Börse, hat das Taxigeschäft in den USA und zahlreichen anderen Ländern bereits
gründlich durcheinandergewirbelt. In Deutschland dagegen ist
das Unternehmen nach zahlreichen juristischen Niederlagen
nur noch als normale Taxivermittlungs-App aktiv. Gerade der
alles andere als diplomatisch
auftretende Uber-Chef Travis
Kalanick gilt dabei als Hassfigur
der Taxifahrer. Einst sagte er etwa, sein Gegner sei „ein Arschloch namens Taxi“.
Die Noah-Konferenz bringt
nun den Industriegiganten mit
dem Turbokapitalisten zusammen – „Bild“-Herausgeber Kai
Diekmann wird das Gespräch
moderieren. Die Konferenz für
digitale
Wachstumsunternehmen wird seit 2009 veranstaltet.
© Tine Acke/warner music
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SAMSTAG, 2. APRIL 2016
70 JAHRE DIE WELT
DIE GROSSE SONDERAUSGABE MIT UDO LINDENBERG
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28 WISSEN
DIE WELT KOMPAKT
KOMPAKT
ARCHÄOLOGIE
„Hobbit“ lebte
früher als gedacht
Der als „Hobbit“ bezeichnete Homo floresiensis hat
vermutlich doch nicht zur
gleichen Zeit in Südostasien
gelebt wie der moderne
Mensch. Nach mehrjährigen
Analysen datierte ein Forscherteam das Alter der
Knochen, die auf der indonesischen Insel Flores entdeckt wurden, nun auf
60.000 bis 100.000 Jahre.
Bislang hatten Wissenschaftler manchen Funden ein
Alter von nur 18.000 Jahren
zugeschrieben, zum Erstaunen einiger Kollegen.
Malawi testet
Drohnen gegen HIV
Das südafrikanische Malawi,
das eine der höchsten HIVInfektionsraten weltweit hat,
testet den Einsatz von Drohnen im Kampf gegen die
Krankheit. Sie könnten in
Zukunft Blutproben für HIVTests in ein Labor fliegen
und damit die Wartezeit auf
Ergebnisse von Wochen oder
Monaten auf fünf Tage reduzieren – der Transport über
Land ist wegen schlechter
Straßen und hoher Benzinkosten langsam und mühselig. Etwa zehn Prozent der
Malawier im Alter zwischen
15 und 49 Jahren sind nach
UN- und Regierungsangaben
HIV-positiv.
Tschüss, Winterblues! Im Frühling
bringt die Sonne Körper und Seele
wieder in Stimmung
GETTY IMAGES/ TOM MERTON
GESUNDHEIT
Lebenselixier
Sonnenlicht
P
flanzen
wachsen
schneller, wenn sie
genug Sonne bekommen, Hühner legen
mehr Eier, wenn man sie hellem Licht aussetzt – das ist alles schon lange bekannt. Dass
jedoch auch beim Menschen
ein enger Zusammenhang zwischen Licht und Gesundheit
besteht, ist erst in den letzten
Jahrzehnten
genauer
erforscht worden. Das neue Wissen wird von der Medizin bereits in der Behandlung von
depressiven Verstimmungen
genutzt – mit Erfolg.
WELTRAUM
So viele Satelliten
wie noch nie
Die aktuelle Weltraum-Mission zum Mars bedeutet für
Europas Satelliten-Kontrolleure einen Rekord.
Noch nie war das Kontrollzentrum von Europas Weltraumagentur Esa in Darmstadt für so viele Flugkörper
im All zuständig. Im Esoc
(European Space Operations
Centre) werden derzeit 18
Satelliten gleichzeitig gesteuert, wie der Chef des
Esa-Flugbetriebs, Paolo
Ferri, sagte.
GÜRTLERS
GESAMMELTE GRÜTZE
Die heißesten natürlichen
Quellen in Europa gibt es im
serbischen Vranjska Banja
(96 Grad Austrittstemperatur) im französischen Chaudes Aigues (81 Grad), im
deutschen Aachen (74 Grad)
und im tschechischen Karlsbad (72 Grad).
MEHR GRÜTZE: WELT.DE/GRUETZE
VON LAJOS SCHÖNE
Licht ist der stärkste Zeitgeber des sogenannten circadianen Systems. Es steuert die innere Uhr, die den Schlaf-WachZyklus, Körpertemperatur und
Hormonhaushalt im Takt hält.
Helles Licht wirkt über die Augen auf den Hypothalamus und
unterdrückt dort die Ausschüttung des Schlafhormons Melatonin. Dieser natürliche Stoff
wird immer nachts ausgeschüttet, kann müde machen und die
Stimmung drücken. Helles
Licht drosselt die Produktion
von Melatonin und hellt die
Stimmung auf.
Die Sonne befeuert auch die
geistige
Leistungsfähigkeit.
Testpsychologen in Philadelphia teilten Hundert etwa
gleich begabte Studenten in
zwei Gruppen ein und ließen
sie zwanzig Aufgaben aus verschiedenen
Wissensgebieten
lösen. Der einzige Unterschied:
Die eine Gruppe arbeitete nur
an Tagen mit Sonnenschein, die
andere nur bei Regen, über
zehn Tage hinweg. Die „Sonnenarbeiter“ machten 50 Fehler
weniger und waren mit den Lösungen 18 Stunden schneller
fertig als die Vergleichsgruppe.Das Sonnenlicht hat auch auf
das Immunsystem Auswirkungen. Es fördert die Bildung von
Vitamin D in der Haut und vermindern so die Anfälligkeit gegen Infekte. Ein Mangel an Vitamin D kann zu schwerwiegenden Störungen führen: Bei
Babys und kleinen Kindern zur
Rachitis (Knochenerweichung),
im späteren Alter zur Osteoporose (Knochenschwund). Der
Einfluss des Lichts auf das Immunsystem könnte sogar bei
der Verhütung von Herzkrankheiten eine Rolle spielen. Übers
Jahr gesehen tritt der Tod bei
Herz- und Lungenkranken am
häufigsten im Winter ein.
Dass mangelndes Licht die
Stimmung trübt, ist bekannt.
Aber bei den Bewohnern nördlicher Regionen oder bei Teil-
Die Libido
unterliegt den
Einflüssen des
Lichts
nehmern von Polarexpeditionen treten gegen Ende des monatelangen Polarwinters zudem
eine deutliche Leistungsschwäche, Haltungsverfall, erniedrigter Blutdruck und niedrige
Blutzuckerwerte auf. Der Wasserhaushalt ist gestört, es
kommt zu Haarausfall und
Schlaflosigkeit. Die organischen Symptome werden von
Beklemmungsgefühl und Depression begleitet. Diese durch
Lichtmangel ausgelöste Reizbarkeit ist als „Polarkoller“ bekannt. Auch die sexuellen Funktionen unterliegen den Einflüssen des Lichts: Bei den Bewoh-
nern des Nordens, bei Schweden, Norwegern und Finnen,
lässt in den langen dunklen
Wintermonaten die Libido
deutlich nach. Das in der Dunkelheit produzierte Melatonin
hemmt außerdem den Eisprung. Darauf ist es wohl zurückzuführen, dass die Frauen
im nördlichen Finnland in den
Wintermonaten viel weniger
Kinder empfangen als zwischen
Mai und Juli.
Die Psychiater kennen unter
ihren Patienten viele Menschen, die unter einer Winterdepression („saisonal affektive
Störung“) leiden. „Charakteristisch für diese Störung ist: Im
Frühjahr verschwindet sie wieder“, sagt Professor Dr. Siegfried Kasper, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen
Universität Wien. „Die Betroffenen fühlen sich dann wie ausgewechselt, sind motiviert und
fröhlich – bevor sie im nächsten
Herbst wieder ins Stimmungstief stürzen. Schätzungsweise
bis zu fünf Prozent der Bevölkerung leiden regelmäßig daran. Vom Winterblues, einer
leichteren Form, sind bis zu
zehn Prozent betroffen.“ Lichtmangel führt laut Kasper schon
bei Gesunden zu messbaren
Veränderungen im Serotoninhaushalt, einem Neurotransmittersystem, das die Stimmung beeinflusst.
Damit seine innere Uhr richtig tickt, braucht der Mensch
täglich etwa zwei Stunden helles, weißes Licht, das wie das
Sonnenlicht alle Wellenlängen
enthält, sagt der Wiener Psychiater. Schwermütige Patienten, die mit einer entsprechenden Lichttherapie behandelt
werden, berichten über eine angenehme, beruhigende und entspannende Wirkung und eine
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DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
Besserung der Stimmung. Einige bemerken allerdings eine ungewöhnliche Betriebsamkeit,
einen erhöhten Wachzustand,
eine innere Unruhe und ein
Aufgedrehtsein wie nach zehn
Tassen Kaffee.
Unsere innere Uhr steuert
fast alles, was in unserem Körper mit einem täglichen Rhythmus abläuft, zum Beispiel die
besten Zeiten zum Einschlafen,
Aufwachen, Lernen, Essen,
Konzentrieren oder Joggen.
Empfindliche Menschen reagieren schon auf kleinere Zeitverschiebungen, was sich auch in
der alljährlich aufflammenden
Diskussion über die Sommerzeit widerspiegelt. Bereits eine
Zeitverschiebung von einer
Stunde hat Auswirkungen auf
die innere Uhr: Bekannte Nebenwirkungen sind zum Bespiel
Übelkeit, Müdigkeit, Konzentrationsstörungen und schlechte Stimmung.
Einen Beitrag zur aktuellen
Forschung lieferte kürzlich Dr.
Kenneth B. Wright mit seinem
Team vom Labor für Chronobiologie und Schlaf der Universität Colorado in Boulder (veröffentlicht im Fachblatt „Current Biology“). Die Forscher
untersuchten acht Probanden
zunächst im üblichen Alltag
und maßen den Melatoninspiegel im Blut. Melatonin wird
nachts im Gehirn gebildet und
ist an der Regulation des TagNacht-Rhythmus beteiligt. Es
stellte sich heraus, dass der Tagesrhythmus der acht Freiwilligen um etwa zwei Stunden
gegenüber dem natürlichen
Tag-Nacht-Rhythmus im Sommer verschoben war – wie das
für moderne Menschen in einer elektrisch erleuchteten
Umgebung typisch ist. Die Probanden neigten dazu, bis Mitternacht wach zu bleiben und
erst um etwa acht Uhr morgens aufzustehen.
Anschließend verbrachte die
Gruppe eine Woche beim Campen in den Rocky Mountains.
Dort flackerte abends und
nachts nur das Licht des Lagerfeuers, es gab kein elektrisches
Licht und auch Mobiltelefone,
Taschenlampen und andere
elektrische Geräte waren Tabu.
Im Laufe der sieben Tage verschwand die zweistündige Zeitverspätung. Der nun gemessene
Melatoningehalt begann etwa
bei Sonnenuntergang anzusteigen und fiel am Morgen gleich
nach Sonnenaufgang, noch bevor die Probanden wach wurden. Dabei schliefen die campierenden Versuchskaninchen
genauso lange wie zu Hause, sie
wurden abends jedoch schneller müde und wachten morgens
im natürlichen Tageslicht früher auf.
Was aber kann man tun, um
dem frühjahrsmüden Organismus zu mehr Aktivität zu verhelfen? Das beste und natürlichste Heilmittel ist das Licht.
Man sollte sich in diesen Monaten möglichst viel im Freien
aufhalten, vor allem dann,
wenn die Sonne zu sehen ist.
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DIE WELT KOMPAKT
RÄTSEL 29
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
HOROSKOP
WIDDER (21.03.–20.04.)
Es wird etwas Ärger geben. Doch dahinter brauchen Sie nicht gleich das
Unglück zu vermuten. Der Arbeitsalltag
bleibt freundlich! Sie sind Ihres eigenen Glückes Schmied. Schmieden Sie
nur weiter so und das Glück lässt nicht
auf sich warten.
STIER (21.04.–20.05.)
Eignen Sie sich das Verhalten eines
Kämpfers an. Lassen Sie in geschäftlichen Dingen nicht locker. Es wird sich
gut auszahlen. Genießen Sie Ihr Leben
in vollen Zügen. Das muss man nicht
wörtlich nehmen. Den schönsten Duft
hat rauchfreie Luft!
ZWILLINGE (21.05.–21.06.)
Die liebenden Sterne schenken Ihnen
angenehme Erfahrungen, wodurch sich
Ihre Ansprüche an die Liebe erheblich
verfeinern. Eine Last wird von Ihnen
genommen. Sie fühlen sich freier und
kraftvoller. Ein kleiner Ausflug steigert
das Wohlbefinden.
SUDOKU UND KREUZWORTRÄTSEL
VON STEFAN HEINE
Auflösung der letzten Rätsel:
KREBS (22.06.–22.07.)
Seien Sie jetzt kein Bewegungsmuffel.
Herz und Kreislauf zuliebe sollten Sie
ruhig etwas mehr Ausgleichssport treiben. Sträuben Sie sich nicht gegen Neuerungen am Arbeitsplatz. Diese werden
sich auf Dauer gesehen nur positiv auf
Sie auswirken.
LÖWE (23.07.–23.08.)
Warten Sie nicht ab, tun Sie etwas und
setzen Sie sich für Dinge ein, an die Sie
glauben und die eine Bedeutung für Sie
haben. Zurzeit haben Sie eine Erholung
dringend nötig. Überanstrengungen gehen erheblich auf Kosten Ihres Seelenfriedens.
JUNGFRAU (24.08.–23.09.)
Frischluft tut Ihnen besonders gut. Sie
fühlen sich unschlagbar, spüren neue
Kräfte in sich, könnten Bäume ausreißen. Kopf hoch und gelassen bleiben.
Sie kommen voll auf Ihre Kosten, wenn
Sie dem Gegenüber und sich selbst genug Zeit geben.
Jede Ziffer von eins bis neun wird in jeder Spalte, jeder Zeile und in jedem 3x3-Feld genau einmal eingetragen. Das linke
Sudoku ist von mittlerer Schwierigkeit, das Rätsel rechts daneben etwas leichter. Mehr Sudoku-Rätsel auf welt.de/sudoku
WAAGE (24.09.–23.10.)
Ihre Vorstellungskraft bewegt sich in
sehr realistischen Bahnen und inspiriert Sie im Job zu vielversprechenden
Plänen. Eine kleine Ungeschicktheit
lässt sich ohne Weiteres aus der Welt
schaffen. Die Sterne stehen Ihnen zur
Seite. Nur Mut!
SKORPION (24.10.–22.11.)
Viel Entspannung täte Ihnen gut. Sie
erholen sich am besten, wenn nicht zu
viele Vorgaben Ihr Lebensgefühl einengen. Sie erhalten in beruflichen Angelegenheiten einige Dämpfer. Mit einem
freundlichen Wesen können Sie Pannen
wieder ausgleichen.
SCHÜTZE (23.11.–21.12.)
Leichtsinn und Überforderung sind zu
vermeiden. Achten Sie auf ein gesundes
Mittelmaß zwischen Aktivität und Passivität. Eine kleine Krise in der Beziehung lässt sich nur durch deutliche
Worte aus der Welt schaffen – zum
richtigen Zeitpunkt!
STEINBOCK (22.12.–20.01.)
Anzeichen von Erschöpfung sollten Sie
ernst nehmen. Die Devise heißt heute:
nichts übertreiben! Halten Sie Maß! Im
Job läuft nicht alles nach Plan, aber das
sollte kein Grund zu ernster Besorgnis
sein. Sie sollten Ihre Ziele weiter verfolgen!
WASSERMANN (21.01.–19.02.)
Im Arbeitsbereich werden Sie mit
Sympathien überschüttet. Rücken Sie
die Dinge, die Ihnen am Herzen liegen,
ins rechte Licht. Ihre Leistungskurve
geht deutlich bergauf. Nehmen Sie
auch die kleinen Erfolge wahr, dann
können Sie täglich feiern!
FISCHE (20.02.–20.03.)
Sie tragen eine große Liebeskraft in
sich. Mit dieser Wärme werden Sie
viele Herzen erreichen und gute Gesellschaft genießen. Nicht zu sehr verausgaben! Dann können die derzeit idealen
Regenerationsmöglichkeiten am besten
ausgenutzt werden.
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30 TV-PROGRAMM
DIE WELT KOMPAKT
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
ARD
ZDF
RTL
SAT.1
PRO 7
VOX
5.30 ¥ g ZDF-Morgenmagazin
9.00 ¥ Tagesschau 9.05 ¥ Rote
Rosen 9.55 Sturm der Liebe 10.45
¥ g Gefragt – Gejagt 11.35 ¥ g
Nashorn, Zebra & Co. 12.00 ¥ Tagesschau 12.15 ¥ g ARD-Buffet
13.00 ¥ g ZDF-Mittagsmagazin
14.00 ¥ Tagesschau
14.10 ¥ Rote Rosen Telenovela
15.00 ¥ Tagesschau
15.10 Sturm der Liebe Telenovela
16.00 ¥ Tagesschau
16.10 ¥ g Verrückt nach Meer
17.00 ¥ Tagesschau
17.15 Brisant Boulevardmagazin
18.00 ¥ Wer weiß denn sowas?
18.50 ¥ g In aller Freundschaft – Die jungen Ärzte
Drama-Serie. Gewissensentscheidung
19.45 Wissen vor acht – Mensch
19.50 g Wetter/Börse
20.00 ¥ Tagesschau
20.15 ¥ g Donna Leon: Das
goldene Ei Kriminalfilm
(D 2016) Mit Uwe Kockisch,
Karl Fischer, Julia Jäger
Regie: Sigi Rothemund
21.45 ¥ g Kontraste
U.a.: Neues Erbschaftssteuergesetz: Reiche Unternehmer können aufatmen
22.15 Tagesthemen Mit Wetter
22.45 ¥ g Ladies Night
23.30 ¥ g Olaf verbessert die
Welt Gäste: Katja Ebstein,
Herbert Feuerstein
0.00 ¥ g Nachtmagazin
0.20 ¥ g Donna Leon:
Das goldene Ei Kriminalfilm
(D 2016) Mit Uwe Kockisch
Regie: S. Rothemund (Wh.)
1.55 ¥ Håkan Nesser:
Münsters Fall Kriminalfilm
(S 2005) Mit Sven Wollter
3.25 ¥ g Ladies Night
5.30 ¥ g ZDF-Morgenmagazin
9.00 g heute Xpress 9.05 g Volle Kanne Top-Thema: Wechseljahre / Einfach lecker: RhabarberMohnkuchen 10.30 ¥ g Die Rosenheim-Cops Krimi-Serie 11.15 ¥
g SOKO Wismar 12.00 g heute
12.10 g drehscheibe 13.00 ¥ g
ZDF-Mittagsmagazin
14.00 g heute – in Deutschland
14.15 Die Küchenschlacht
15.00 ¥ g heute Xpress
15.05 ¥ g Bares für Rares
16.00 ¥ g heute – in Europa
16.10 ¥ SOKO Wien Krimi-Serie
17.00 ¥ g heute
17.10 ¥ g hallo deutschland
17.45 ¥ g Leute heute Magazin
18.05 ¥ g SOKO Stuttgart
19.00 ¥ g heute/Wetter
19.25 ¥ g Notruf Hafenkante
Action-Serie. Melody
20.15 ¥ g Lotta & der dicke
Brocken Komödie (D 2016)
Mit Josefine Preuß
Regie: Edzard Onneken
Erstausstrahlung
21.45 ¥ g heute-journal Wetter
22.15 ¥ g Maybrit Illner Feinde
im eigenen Land – was
tun gegen den IS-Terror?
23.15 ¥ Markus Lanz Talkshow
Prominente Gäste und
Experten aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens diskutieren mit Lanz
in lockerer Atmosphäre.
0.30 g heute+
0.45 ¥ g Broadchurch (4/4)
Kriminalfilm (GB 2013)
Mit David Tennant, Olivia
Colman, Jodie Whittaker
Regie: James Strong
2.20 ¥ g Maybrit Illner (Wh.)
3.20 ¥ SOKO Stuttgart (Wh.)
4.05 ¥ SOKO Wien (Wh.)
5.15 g Verdachtsfälle – Spezial
Doku-Soap 6.00 g Guten Morgen
Deutschland Magazin. Moderation: Jennifer Knäble, Bernd Fuchs
8.30 g Gute Zeiten, schlechte
Zeiten 9.00 g Unter uns 9.30 g
Betrugsfälle Doku-Soap 10.00 g
Die Trovatos – Detektive decken
auf Doku-Soap 11.00 g Die Trovatos – Detektive decken auf
Doku-Soap 12.00 g Punkt 12
14.00 g Der Blaulicht-Report
15.00 Verdachtsfälle – Spezial
16.00 g Verdachtsfälle
17.00 g Betrugsfälle Doku-Soap
17.30 g Unter uns Soap
18.00 g Explosiv – Das Magazin
18.30 Exclusiv: Das Star-Magazin
18.45 g RTL aktuell
19.05 g Alles was zählt Soap
19.40 g Gute Zeiten, schlechte
Zeiten Soap
20.15 g Der Lehrer
Comedy-Serie. Die 1-1-2 ist
so viel leichter zu merken
Mit Hendrik Duryn. Stefan
sorgt dafür, dass die Härtefälle der Schule die Organisation für die Jubiläumsfeier der GSG übernehmen.
21.15 g Der Lehrer
Comedy-Serie
22.15 Nikola Comedy-Serie
Die Unzertrennlichen /
Ein heißes Wochenende
23.10 Ritas Welt Sitcom. Katzenjammer / Nichts geht mehr
0.00 g Nachtjournal
0.30 g Der Lehrer (Wh.)
2.20 Nikola Comedy-Serie (Wh.)
2.45 Nikola Comedy-Serie (Wh.)
3.10 g Nachtjournal (Wh.)
3.40 g Explosiv –
Das Magazin (Wh.)
4.10 Exclusiv: Das Star-Magazin
4.25 g Verdachtsfälle
5.30 Sat.1-Frühstücksfernsehen
ViP mit Vanessa Blumhagen / Talk:
Andi Einbeck. Zu Gast: Vanessa
Blumhagen, Andi Einbeck. Moderation: Marlene Lufen, Jan Hahn 10.00
Auf Streife – Die Spezialisten
11.00 Richterin Barbara Salesch
12.00 Richter Alexander Hold
14.00 Auf Streife Reportagereihe
16.00 g Anwälte im Einsatz
17.00 Mein dunkles Geheimnis
Koch auf Abwegen
17.30 g Schicksale - und
plötzlich ist alles anders
Ich liebe Dich,
ich hasse Dich
18.00 g Auf Streife –
Die Spezialisten
19.00 g In Gefahr – Ein
verhängnisvoller Moment
Zelia – Perfides Spiel
19.55 g Sat.1 Nachrichten
20.15 g Criminal Minds
Krimi-Serie. Alarm um
Mitternacht. Mit Thomas
Gibson. In Montana wurden
zwei Männer ermordet
Beiden wurde ihr auf
Alarm eingestelltes Handy
in den Mund gesteckt.
21.15 g Criminal Minds KrimiSerie. Der einsame König
22.10 g Criminal Minds
Krimi-Serie. Das Haus
auf dem Berg
23.10 g Profiling Paris
Krimi-Serie. Hexenjagd
0.10 g Criminal Minds (Wh.)
2.40 g Profiling Paris KrimiSerie. Hexenjagd (Wh.)
3.25 g In Gefahr – Ein verhängnisvoller Moment
Zelia – Perfides Spiel (Wh.)
4.10 g Schicksale – und plötzlich ist alles anders (Wh.)
4.45 Auf Streife (Wh.)
5.00 Scrubs Comedy-Serie 5.40 g
Mike & Molly 6.20 g How I Met
Your Mother 7.00 g Two and a
Half Men 8.45 g 2 Broke Girls
9.30 g The Big Bang Theory
11.05 g Mike & Molly ComedySerie 11.50 How I Met Your Mother 12.45 g Two and a Half Men
14.25 g 2 Broke Girls
15.15 g The Big Bang Theory
Comedy-Serie. Freiflug nach
Genf / Sheldon pro se /
Die Herren des Rings / Die
dunkle Seite des Mondes
17.00 g taff U.a.: Handy-Atlas /
Good Boss, bad Boss (3)
18.00 g Newstime
18.10 Die Simpsons ZeichentrickSerie. Wenn der Rektor mit
der Lehrerin / Der tollste
Hund der Welt
19.05 g Galileo
20.15 g Germany’s next
Topmodel – by Heidi Klum
Jury: Heidi Klum, Thomas
Hayo, Michael Michalsky
22.30 g red!
Was trägt Frau jetzt drunter? / Royal Twins / Vom
Pummel zum Superbody /
Dick im Geschäft. Moderation: Annemarie Carpendale
23.30 g Cover Up – Wir retten
dein Tattoo Doku-Soap
23.55 g Two and a Half Men
Comedy-Serie
Ponys und Einhörner
0.25 g Two and a Half Men
Comedy-Serie
0.45 g Are You There,
Chelsea? Comedy-Serie
Der Gynäkologe
1.10 g Are You There,
Chelsea? Comedy-Serie
1.35 g Apartment 23
2.25 Two and a Half Men (Wh)
5.00 Medical Detectives Böses
Blut 5.25 g CSI: NY Krimi-Serie
5.50 g CSI: NY Krimi-Serie 6.50 g
Verklag mich doch! Doku-Soap
10.50 g vox nachrichten 10.55
Mein himmlisches Hotel 12.00 g
Shopping Queen 13.00 g 4
Hochzeiten und eine Traumreise
14.00 g Schrankalarm
Claudia, Hamburg
15.00 g Shopping Queen
16.00 g 4 Hochzeiten und eine
Traumreise Tag 3:
Gabriella aus Pattensen
17.00 Mein himmlisches Hotel
Thüringen, Tag 3: Rennsteighotel Kammweg in
Neustadt am Rennsteig
18.00 mieten, kaufen, wohnen
Doku-Soap
19.00 Das perfekte Dinner
Tag 3: Marc, Ingolstadt
20.00 g Prominent!
20.15 H ¥ g Hangover II
Komödie (USA 2011)
Mit Bradley Cooper, Ed
Helms, Zach Galifianakis
Regie: Todd Phillips
Das Männer-Quartett
geht wieder auf Reisen,
dieses Mal nach Thailand,
wo Stu seine süße Lauren
heiraten möchte.
22.15 H ¥ g Redemption –
Stunde der Vergeltung
Actionfilm (GB/USA 2013)
Mit Jason Statham
0.05 g vox nachrichten
0.25 H ¥ g Hangover II
Komödie (USA 2011)
Mit Bradley Cooper (Wh.)
2.05 H ¥ g Redemption –
Stunde der Vergeltung
Actionfilm (GB/USA 2013)
Mit Jason Statham (Wh.)
3.45 Medical Detectives
KABEL 1
TIPPS DES TAGES
8.25 Without a Trace 9.20 g The
Mentalist 10.15 g Navy CIS 11.15
g Without a Trace 12.10 g
Numb3rs 13.05 Cold Case 14.05 g
Navy CIS 14.55 g The Mentalist
15.50 g News 16.00 g Castle
16.55 g Abenteuer Leben 17.55
g Mein Lokal, Dein Lokal – Spezial 18.55 g Achtung Kontrolle!
Einsatz für die Ordnungshüter
20.15 H g Der Mann, der niemals
lebte Politthriller (USA 2008) 22.40
H g Blood Diamond Drama
(USA/D 2006) 1.20 g Late News
1.25 H Der Mann, der niemals lebte Politthriller (USA 2008) (Wh.)
Donna Leon:
Das goldene Ei
Lotta & der
dicke Brocken
ARD | 20.15 Brunetti (Uwe Kockisch) untersucht den vermeintlichen Suizid des geistig zurückgebliebenen Davide. Die gläubige Ana
will ihrem Sohn geholfen haben.
ZDF | 20.15 Lotta (Josefine
Preuß) unterbricht ihr Studium,
um die Leitung des Familienbetriebs zu übernehmen. Ihr Vater
liegt nämlich im Krankenhaus.
ARTE
ZDF NEO
RTL 2
12.35 360° Geo Reportage 13.20
ARTE Journal 13.50 H g Cocktail für eine Leiche Thriller (USA
1948) 15.10 g Wildes Deutschland 15.55 g Medizin in fernen
Ländern 16.20 g Frankreich,
Geschichte(n) eines Landes (3/4)
17.05 g X:enius (Wh.) 17.35 g
Frauen, die Geschichte machten
18.25 g Belgien zwischen Himmel und Erde 19.10 ARTE Journal
19.30 g Schlösserwelten Europas 20.15 g Unter Verdacht:
Türkische Früchtchen TV-Krimi
(D 2013) 21.45 g Nordkurve 0.30
g Die Katze Thriller (D 1988)
5.25 g Down Under – Mit Simon
Reeve durch Australien 6.25 ¥ g
Der Fall Borgia 7.10 Lanz kocht
8.10 Lafer! Lichter! Lecker! 8.55 ¥
g Bares für Rares 9.50 Hart aber
herzlich 11.25 g Drei Engel für
Charlie 12.10 ¥ Die Rettungsflieger 13.40 g Ein Fall für zwei
15.40 Hart aber herzlich 17.15 ¥
Die Rettungsflieger 18.40 g Columbo: Meine Tote – Deine Tote
TV-Krimi (USA 1974) 20.15 g Candice Renoir 22.00 g Sketch History 22.25 g Neo Magazin Royale 23.10 g Kessler ist ... 23.40 g
Blockbustaz 0.10 g Im Knast
5.10 g Die Straßencops – Spezial (7) 5.55 g Privatdetektive im
Einsatz 8.55 g Frauentausch
10.55 g Family Stories 12.55 g
Köln 50667 13.55 g Berlin – Tag
& Nacht 14.55 g Hilf mir! 16.55
g Privatdetektive im Einsatz
18.00 g Köln 50667 19.00 g Berlin – Tag & Nacht 20.00 g News
20.15 g Die Kochprofis Clubhaus
„TC Cassella” in Frankfurt. Neue
Folgen 21.15 g Frauentausch
23.00 exklusiv – Die Reportage
0.00 Autopsie 0.55 g Flashpoint – Das Spezialkommando
2.20 g Warehouse 13
MDR
TELE5
3 SAT
15.00 ¥ g LexiTV – Wissen für
alle 16.00 ¥ g MDR um vier 17.45
¥ g MDR aktuell/Wetter 18.10 ¥
g Brisant 18.54 ¥ Unser Sandmännchen 19.00 MDR Regional
19.30 ¥ g MDR aktuell 19.50 ¥ g
Alarm für Feuerwache 1 (4/5)
20.15 ¥ g Voss & Team 21.00 ¥
g Hauptsache gesund 21.45 ¥ g
MDR aktuell 22.05 ¥ g artour
22.35 g Nah dran 23.05 g Andreas Dresen – Auf halber Strecke
23.35 g Max Roach Quartet – Live
von der Jazzbühne Berlin 1984
0.35 g Galakonzert mit Szenen
aus Opern von Richard Strauss
5.30 Reich und schön 5.49 g Serien-Insider 6.00 g Joyce Meyer
6.24 Dauerwerbesendung 7.25 g
Joyce Meyer 7.54 Dauerwerbesendung 14.05 Star Trek – Deep
Space Nine 15.05 g Star Trek –
Das nächste Jahrhundert 16.05
Star Trek – Raumschiff Voyager
18.05 Star Trek – Deep Space Nine 19.05 g Star Trek – Das
nächste Jahrhundert 20.15 g Firefly Sci-Fi-Serie. Leichte Mädchen
21.15 g Firefly 22.15 WWE RAW
0.20 g Man vs Fly (4) (Wh.) 0.25
g Boomarama Late Night 1.00 H
g Dobermann Actionfilm (F 1997)
11.45 ¥ g Universum 12.30 g
ECO – Spezial 13.00 ¥ g ZIB
13.20 ¥ g Im Zauber der Wildnis
14.50 g Märkte 18.30 g nano
19.00 ¥ g heute 19.20 g Kulturzeit 20.00 ¥ g Tagesschau 20.15
g Bye-bye Bargeld Dokumentation 21.00 g scobel Ohne Bargeld
in die Zukunft? 22.00 ¥ g ZIB 2
22.25 H g Reality Komödie (I/F
2012) Mit Aniello Arena 0.15 g
10vor10 0.45 g Rundschau 1.25
g Brüderchen und Schwesterchen 1.55 g Hessen-Reporter
2.20 ¥ g Im Zauber der Wildnis
(Wh.) 3.50 g Märkte (Wh.)
5.15 g Naturgewalten
12.45 Börse am Mittag
13.00 N24 Nachrichten
13.05 g Die Transporter –
Let’s move it!
14.05 g Top Gear USA
15.10 N24 Cassini
16.05 Auf der Spur der
Riesenwellen
17.15 g Friedman schaut hin
18.15 Börse am Abend
18.30 N24 Cassini
19.10 g Welt der Wunder
20.05 g Science of Stupid:
Wissenschaft der
Missgeschicke
WDR
NDR
RBB
BR
SWR
HR
20.15 ¥ Tatort: Das namenlose
Mädchen TV-Krimi (D 2007) Mit
M. Furtwängler 21.45 ¥ g WDR
aktuell 22.10 ¥ frauTV 22.40 ¥ g
Menschen hautnah 23.25 ¥ g
Lieber leben – Tobis neues Herz
20.15 ¥ Länder – Menschen –
Abenteuer 21.00 ¥ g Länder –
Menschen – Abenteuer 21.45 ¥
g NDR//aktuell 22.00 ¥ Utta Danella: Lügen haben schöne Beine
Drama (D 2015) 23.30 Cuckoo
20.15 Polizeiruf 110: Endspiel TVKrimi (D 2009) 21.45 rbb aktuell
22.15 Stilbruch 22.45 g Die Meisterfälscher aus Neukölln 23.10 g
Leben mit Beethoven 23.55 Stilbruch (Wh.) 0.25 Abendschau
20.15 ¥ quer 21.00 Kabarett aus
Franken 21.45 ¥ Rundschau Magazin 22.00 Capriccio 22.30 ¥ Lido 23.15 Rundschau Nacht 23.25
Der Pianist Paul Wittgenstein
0.20 ¥ Dahoam is Dahoam (Wh.)
20.15 ¥ Zur Sache Baden-Württemberg! 21.00 Vorsicht, Verbraucherfalle! 21.45 ¥ Landesschau aktuell 22.00 g odysso –
Wissen im SWR 22.45 g
Kunscht! 23.15 g lesenswert
20.15 Schlagerstars und ihre Hits
21.45 ¥ Mord mit Aussicht 22.35
g hessenschau kompakt 22.50
Hauptsache Kultur 23.20 ® Firma
Hesselbach 0.00 ¥ Bottled Life
Dokumentarfilm (D/CH 2012)
20.25 g Auf Leben und Tod
22.10 g Mayday
0.35 g Brücken am Limit (2)
1.25 g Tornadosicher – Der
Trump Tower in Chicago
2.05 g Auf Leben und Tod
3.30 g Science of Stupid:
Wissenschaft der
Missgeschicke
19.10 Heute u. a. folgendes
Thema: Pakete im Härtetest
PHOENIX
10.30 GrenzTour Dreiländereck
11.45 Vor Ort 12.00 Der ReiseCheck 12.45 Die Trucker 14.15
Fernfahrer zur See 15.15 Der
Reise-Check 16.00 Life’s a Beach
16.45 Abenteuer Wohnmobil
17.30 Vor Ort 18.00 7 Tage Taxi
18.30 Malaysias Regenwald (Wh.)
20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Der
Mietreport – Wenn Wohnen unbezahlbar wird Dokumentation
21.00 Die Mietrebellen 21.45 ¥
heute journal 22.15 ZDF-History
23.00 Andreas Baader – Das Leben eines Staatsfeindes Dokufilm
(D 2010) 0.00 ZDF-History
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Heute um 17.15 Uhr
Friedman schaut hin
Blutwurst oder Tofu – Der Glaubenskrieg ums Fleisch
© Sibilla Calzolari
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WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
VON ANTJE HILDEBRANDT
Lotto zu spielen lohnt sich.
Dabei hat Deutschlands beliebtestes Glücksspiel seine besten
Jahre hinter sich. Das zeigt das
Ergebnis einer Umfrage unter
11.500 Menschen zwischen 16
und 70 Jahren, die die Bundeszentrale für gesundheitliche
Aufklärung herausgegeben hat.
Danach gaben nur 22,7 Prozent
der Befragten an, sie hätten im
vergangenen Jahr die 6 aus 49
getippt. 2009 waren es noch 40
Prozent.
Das Ergebnis dürfte die Ministerpräsidenten der Länder
alarmiert haben. Denn die Vergabe von Lizenzen und Kontrolle von Glücksspielanbietern
ist Ländersache. Der Markt
boomt, nur geht der Trend eben
weg vom Lotto-Schein, hin zum
Online-Casino oder zur illegalen Sportwette. Und das bedeutet: Weniger Steuereinnahmen.
Nach dem jüngsten Jahresreport der Glücksspielaufsichtsbehörden erwirtschaftete die
Branche 2014 knapp elf Milliarden Euro. Davon entfielen aber
nur noch 84, 7 Prozent auf den
regulierten Markt, also auf
staatliche Lotterie-Gesellschaften, lizensierte Kleinanbieter,
Spielautomaten und Casinos.
15,3 Prozent davon kassierten illegale Unternehmen. Macht ein
Minus von 1,65 Milliarden Euro.
Höchste Zeit für die Länder,
einen Vertrag zu überarbeiten,
dessen Name klingt, als habe
ihn sich Loriot ausgedacht: der
Glücksspielstaatsvertrag.
Er
verankert das Lotterie-Monopol beim Staat, genauer: bei den
Bundesländern. Die reklamierten diesen Anspruch bisher mit
dem Hinweis auf den Jugendschutz und der Prävention von
Geldwäsche. Ein vorgeschobenes Argument, sagen Kritiker
mit Blick auf die Einnahmen
aus diesem Gewerbe. Rund
vierzig Prozent sollen an den
Fiskus fließen.
Die fetten Jahre des LottoMonopols sind jedoch vorbei.
Der Staat muss den Markt für
private Anbieter öffnen und Lizenzen für Sportwetten-Anbie-
IMPRESSUM
Herausgeber und Chefredakteur:
Stefan Aust
Stellvertreter des Chefredakteurs:
Dr. Ulf Poschardt, Arne Teetz
Stellvertretende Chefredakteure:
Beat Balzli, Oliver Michalsky
Leitender Redakteur:
Matthias Leonhard
Stellv.: Henning Kruse; Philip Jürgens,
Christian Gaertner, Lars Winckler
Die Lottofee
hat ausgedient
Die fetten Jahre des Lotto sind vorbei.
Illegale Glücksspielanbieter bringen den
Fiskus mittlerweile um Millionen Euro.
Jetzt müssen die Länder den Markt auf
Druck der EU weiter öffnen
Früher noch hoch im Kurs: Lottofee Franziska Reichenbacher
ter erteilen. So hat es der Europäische Gerichtshof 2012 gefordert, weil das strenge deutsche
Recht stark vom EU-Recht abweicht.
Außer
Schleswig-Holstein
hat sich daran jedoch kein Bundesland gehalten. Im Rest der
Republik wurden Lizenzen nur
schleppend vergeben. Trotzdem drängten private Anbieter
auf den Markt - häufig mit Lizenzen aus dem EU-Ausland,
aber ohne die nötige Rechtssicherheit. Mit Freispielen, Bonus-Guthaben und höheren Gewinnchancen köderten sie ausgerechnet jene Klientel, die als
besonders spielsucht-gefährdet
gilt: Männer zwischen sechzehn und 25 Jahren, niedriges
Bildungsniveau, oft mit Migrationshintergrund. Nach der gerade veröffentlichten Umfrage
der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist ihre
Zahl von 5,7 Prozent (2013) auf
12,8 Prozent (2015) gestiegen.
Ein alarmierendes Ergebnis.
Davor können jetzt auch die
Länder nicht mehr die Augen
verschließen.
„Die Regulierung des Glücksspielmarktes befindet sich in einer Sackgasse“, resümiert Hessens Innenminister Peter Beuth
(CDU) selbstkritisch. Hessen
ist für die Vergabe von Sportwetten-Lizenzen
zuständig.
Und deshalb macht der Innenminister jetzt Druck bei der Suche nach einer Lösung. Dem
Geschäftsführender Redakteur:
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DIE WELT KOMPAKT erscheint in Kooperation mit der Axel Springer Akademie. Leitung: Marc Thomas Spahl
(www.axel-springer-akademie.de)
Sonderthemen: Astrid Gmeinski-Walter
2012 auch von seiner Landesregierung neu ausgehandelten
Glücksspielstaatsvertrag stellte
er jetzt ein verheerendes Zeugnis aus. Suchtkontrolle? Infeffektiv. Maßnahmen gegen den
Schwarzmarkt?
Mangelhaft.
Der Jugend- und Spielerschutz?
Unzureichend.
Vor Ostern hat Peter Beuth
der Ministerpräsidenten-Konferenz
einen
novellierten
Glücksspielstaatsvertrag vorgelegt. Er sieht vor, dass die 2012
ausgehandelte Begrenzung für
Sportwetten auf zwanzig Lizenzen abgeschafft wird. Das bestehende monatliche OnlineEinsatzlimit von tausend Euro
soll durch ein Verlustlimit von
tausend Euro ersetzt werden.
Zudem soll eine Aufsichtsbehörde für das Glücksspiel errichtet werden, die unabhängiger von der Politik über die Vergabe von Lizenzen und Verbote
entscheiden kann.
Von der digitalen Wirtschaft
wird dieser Vorstoß unterstützt. Verbraucher könnten
nur dann wirksam geschützt
werden, wenn das OnlineGlücksspiel legalisiert und die
Anbieter einer staatlichen Kontrolle unterstellt würden, heißt
es bei dem Branchenverband
Bitkom. Den privaten LottoAnbietern dürfte der neue Gesetzentwurf jedoch nicht weit
genug gehen. Sie klagen schon
seit 2012 darüber, die Länder
klammerten sich mit fragwürdigen Methoden immer noch an
dem staatlichen Glücksspielmonopol fest. Es gibt Krach um
gekürzte Provisionen und Lizenzvergaben, die sich, so der
oft geäußerte Vorwurf, monatelang hinziehen und nicht transparent seien.
Keine Frage: Die 6 aus 49,
dieses Kleinod deutscher Spießbürgerlichkeit mit notariell beglaubigter TV-Ziehung und
blonder Lottofee, hat seinen
unschuldigen Charme verloren.
Aber vielleicht war ein Hauptgewinn schon immer eher
Fluch als Segen. Und niemand
geringeres als Erwin Lindemann hat diese Botschaft schon
1976 propagiert. In dem bekannten Loriot-Sketch muss er
seiner Freude über den Lottogewinn im Interview mit einem
TV-Team so oft Nachdruck verleihen, dass aus der Lobeshymne eine Farce wird: „Ich heiße
Erwin und bin Rentner. Und in
66 Jahren fahre ich nach Island,
und da mache ich einen Gewinn
von 500.000 Mark. Und im
Herbst eröffnet dann der Papst
mit meiner Tochter eine Herrenboutique in Wuppertal.“
Verantwortlich im Sinne des Pressegesetzes: Seite 1: Henning Kruse Deutschland: Marcus Heithecker Ausland: Dr. Sascha Lehnartz Forum: Andrea Seibel Wirtschaft/Finanzen: Olaf Gersemann Sport:
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Anzeigen: Stefan
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Mölling,
WeltN24
Zippert
zappt
D
ie deutsche Gesellschaft wird immer älter, der Anteil der
Hochbetagten wächst ständig.
1950 stellten die Uralten nur ein
Prozent der Bevölkerung, heute
sind es fast sechs Prozent. Der
Anteil der 200-Jährigen ist bislang noch kaum messbar, aber
in
zwanzig
Jahren
wird
Deutschland überwiegend von
Hundertjährigen bewohnt. Man
fragt sich, wie schaffen es eigentlich so viele Hundertjährige, sich in Deutschland anzusiedeln? Gleichzeitig nimmt die
Zahl der jungen Menschen unter 20 stetig ab. Da ist es eigentlich gut, dass im Moment so
viele junge Menschen aus dem
Ausland zu uns kommen. Aber
wie kann man Deutschland attraktiver machen? Sollte man
die Rente ab 18 einführen? Das
wäre sicher ein interessantes
Modell, wenn man gleichzeitig
eine neue Obergrenze festlegt.
Ab 30 wird die Zahlung eingestellt und die alle müssen bis
zum 90. Lebensjahr für die
Uralten arbeiten. Oder man
denkt komplett um. Heute finanzieren noch 2,5 Arbeitnehmer einen Rentner aber es wäre
doch sehr viel sinnvoller, wenn
in Zukunft 2,5 Rentner einen
Arbeitnehmer finanzieren.
LEUTE VON WELT
DPA/ BRITTA PEDERSEN
V
on dieser Summe hätte Erwin Lindemann,
der verschrobene Lottogewinner aus dem
Loriot-Sketch, nicht einmal zu
träumen gewagt: 76,8 Millionen
hat ein Lottospieler aus dem
Rheinland vor Ostern gewonnen - so viel wie noch nie in der
deutschen
Lottogeschichte.
Der Mann hatte den Euro-Jackpot geknackt.
Verleger Axel Springer (1985 †)
MENSCHEN & MEDIEN 31
DONNERSTAG, 31. MÄRZ 2016
PICTURE-ALLIANCE/ DPA/ HEINZ UNGER
DIE WELT KOMPAKT
Lena in Love
Model Lena Gercke (28) ist mit
dem Münchner Arzt-Sohn
Kilian Müller-Wohlfahrt (35)
zusammen. Dem Magazin „Gala“ bestätigte sie entsprechende Gerüchte, die es schon länger gab. „Ja, wir sind in einer
Beziehung und ich bin sehr
glücklich“, sagte sie der Zeitschrift. Seit dem vergangenen
Sommer sei sie mit dem Sportmediziner Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt zusammen.
„Die Beziehung ist uns beiden
sehr wichtig. Wir sind uns sehr
wichtig“, wird Lena zitiert.
WeltN24 GmbH: Verlagsgeschäftsführung: Dr. Stephanie Caspar, Dr. Torsten
Rossmann General Manager: Johannes
Boege Gesamtanzeigenleiter: Stefan Mölling Nationale Vermarktung: Christoph
Schmidt (Display), Peter M. Müller (Handel). Es gilt die Preisliste der WELT-Gruppe Nr. 94, gültig ab 1. Januar 2016. Alle
Rechte vorbehalten. Die Rechte für die
Nutzung von Artikeln für elektronische
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20350. Der Preis für das Abonnement beträgt monatlich 18,90 € und kann zum Monatsende beendet werden. Abbestellungen
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WELT KOMPAKT -2016-03-31-sil-16 9fc15d6087a379aa66f7660e1a0728fa
32 PANORAMA
DIE WELT KOMPAKT
NACHRICHTEN
Foto mit
Entführer
DEUTSCHLAND
Schwimmbad:
Tote identifiziert
Angriff mit
Elektroschockgerät
Eine 64-jährige Frau ist in
Lübeck-Travemünde von
einem unbekannten Mann
mit einem Elektroschockgerät angegriffen worden.
Der Täter habe ihr das Gerät
an die Hüfte gehalten und
mehrfach ausgelöst, teilte die
Polizei gestern mit. Die Frau
hatte am Dienstagvormittag
ihr Auto in der Travemünder
Innenstadt abgestellt. Beim
Aussteigen kam der etwa 30
bis 40 Jahre alte Mann auf
sie zu, attackierte sie mit
dem Elektroschockgerät und
flüchtete.
LOTTO
Die Zahlen
Lotto: 1- 5- 9- 13- 26- 41
Superzahl: 1
Spiel 77: 2863410
Super 6: 546979
(Alle Angaben ohne Gewähr)
AFP/ GEORGE MICHAEL
Hat er Angst oder freut er sich? Ein
26-jähriger Schotte setzte der Entführung der Egypt-Air-Maschine am
Dienstag die Krone auf. Ein Mann
hatte aus persönlichen Gründen das
Flugzeug gekidnappt. Er trug einen
Sprengstoffgürtel, der sich später als
Attrappe herausstellte. Anstatt in
Panik zu verfallen, posierte der Passagier Ben Innes erst einmal für ein
Foto mit dem Entführer. Bei Twitter
wurde es rasant verbreitet.
SCREENSHOT DIE WELT
Der Tod eines Mannes und
zweier Jungen im privaten
Schwimmbad einer Wohnanlage bei Köln ist weiter
ungeklärt. Die Obduktion
der am Dienstag entdeckten
Leichen führte zunächst
„nicht zur Klärung der Todesursachen“, wie die Staatsanwaltschaft Köln und die
Polizei Bergheim am Mittwoch mitteilten. Derweil
untersuchten Spezialisten
weiter den Unglücksort in
Bergheim-Ahe. Sie gingen
unter anderem dem Verdacht
auf einen Stromschlag nach.
Laut Polizei sind die Toten
20, 13 und zwölf Jahre alt.
Die Leichen waren Dienstag
im Schwimmbad der Wohnanlage gefunden worden.
Gourmet-Essen im Gefängnis
Jakobsmuscheln und Entenbrust: Im Londoner „The Clink“ servieren und kochen Häftlinge
M
it
Ledersesseln,
Glastischen und
gehobenen Preisen ist „The Clink“
auf den ersten Blick ein ganz
gewöhnliches Londoner Restaurant. Auf der Karte stehen
Jakobsmuscheln oder Entenbrust. Doch das Besteck ist aus
Plastik und das Fenster gibt den
Blick auf Stacheldraht frei. Um
hier zu essen, müssen Gäste
drei Sicherheitsschleusen passieren: „The Clink“ liegt im Gefängnis von Brixton, Dutzende
Häftlinge servieren hier bis zu
120 Londonern täglich das Mittagessen. „Gefängnis ist die
schlimmste Erfahrung meines
Lebens“, sagt Matt, der seit
neun Monaten als Lehrling in
der Küche arbeitet. „Das hier
hat mich gerettet, es hat mich
vor dem Durchdrehen bewahrt.“ Vor der Haft hatte der
45-Jährige ein Bauunternehmen, hier bereitet er Entenbrust im Sesammantel mit Chinakohl zu, sein Gericht kommt
später für umgerechnet 19 Euro
auf den Tisch. Mit fünf anderen
Häftlingen belegt er heute einen Meisterkurs bei Gilles
Quillot, dem Chefkoch der
französischen Botschaft in
London. „Ich war ein bisschen
nervös, in ein Gefängnis zu
kommen, wie Sie sich vorstellen können“, sagt Quillot, während er einem Azubi die Zubereitung von weißem Spargel
zeigt. „Doch ich muss sagen, die
Jungs sind fantastisch. Ich habe
schon einem oder zwei von ihnen einen Job angeboten!“
„The Clink“ – „Der Knast“ –
wird von einer karitativen Organisation mit dem gleichen
Namen betrieben, die Häftlinge
auf das Leben nach der Entlas-
,,
Das hier hat
mich vor dem
Durchdrehen
bewahrt
Matt, Lehrling
Rostock
9
Frankfurt
18
8
17
8
12
4
Nürnberg
18
Friedrichshafen
20
5
12
3
Dresden
15
3
4
4
15
Samstag
Norden
4
14
Mitte
6
17
Süden
4
18
Norden
7
17
Mitte
8
19
Süden
5
19
Sonntag
Stuttgart 5
20
9
3
13
Berlin
Hannover
10
4
Saarbrücken
11
3
Süden
Düsseldorf Leipzig 10
3
Kassel
10
5
4
Mitte
Hamburg 4
11
10
5
4 Münster
Köln
Norden
4
10
4
11
3
11
3
München
23
9
Status: In einer
Beziehung mit Europa.
* Ausgewählte Flüge, Buchung LH.com, Reisen:
April 2016 bis August 2016, begrenztes Sitzplatzangebot.
6
Kiel
7
Bremen
-9 bis -5
7
Dublin
11
12
London
Kopenhagen
7
6
10
13
10
Bordeaux
Dublin
Hin & Zurück ab
*
Lissabon
15
Economy Light Tarif
Malaga
26 Algier
20
22
T
23
Palma
Hoch/Tief Warmfront
Kaltfront
5
Kiew
Wien 22
21
14
Budapest
Zagreb
20
17
15 Rom
21
9
14
Istanbul
21
15
31
Las Palmas
H
Nizza
Moskau
Warschau
18 Zürich
Madrid Barcelona
12
21
Riga
13
Berlin
Brüssel
Paris
9
119€
6
6
Stockholm St. Petersburg
Oslo
4
Der Nachschub an Regen oder Sprühregen lässt an
und in den Mittelgebirgen so schnell nicht nach.
Später steigt die Wahrscheinlichkeit für Regenschauer und Gewitter auch im Südwesten und am
Main an. Die Temperaturen erreichen 7 bis 20 Grad.
4
Helsinki
Reykjavik
Teils Regen, teils wechselnd bewölkt
Freitag
Großbritannien, Inspektoren
kritisieren den veralteten Zustand und die beengten Unterkünfte. Die rund 800 Insassen
gelten als wenig gefährlich, im
Rahmen ihrer Resozialisierung
arbeiten manche von ihnen
tagsüber als Freigänger. Anstaltsleiter Giles Mason lobt
das Restaurant. Es sei „ein richtig gutes Beispiel für unsere Arbeit hier in Brixton“.
Gleichzeitig weist er darauf
hin, dass bei der Sicherheit keine Kompromisse eingegangen
werden. Die Küchenmesser
sind nummeriert, jede Nutzung
wird genau dokumentiert. Jamie ist eigentlich Dachdecker,
verbrachte die vergangenen
zehn Jahren jedoch in 17 verschiedenen Haftanstalten. Das
Kellnern stärke sein Selbstvertrauen, sagt er: „Ich habe mir
eine zweite Chance gegeben.“
sung vorbereitet. Sie hat inzwischen vier solcher Restaurants.
Die Rückfallquote ihrer Absolventen, so sagt die Organisation, liege bei nur 13 Prozent –
statt der sonst üblichen 50 Prozent. Vielen Azubis hilft das
Programm aber auch schlicht
dabei, die Haft zu überstehen:
Die 1819 erbaute Vollzugsanstalt
Brixton ist eine der ältesten in
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