der fingerabdruck - Bundesamt für Polizei

Transcription

der fingerabdruck - Bundesamt für Polizei
1913 – 2013
DER FINGERABDRUCK
1913 – 2013
DER FINGERABDRUCK IM DIENST DER EIDGENOSSENSCHAFT
100 JAHRE IM DIENST DER EIDGENOSSENSCHAFT
1913 – 2013
Der FingerabDruck
100 JAHRE IM DIENST DER EIDGENOSSENSCHAFT
inhalt
4
einleitung
5
01
entStehung Der hautleiSten unD muSter
6
1.1
Die Haut
6
1.2
Leistenhaut an den Handinnenseiten und den Fusssohlen von Primaten
8
1.3
Pränatale Entwicklung der Papillarleisten beim Menschen
8
1.4
Unveränderlichkeit der Papillarleisten
1.5
Einmaligkeit der Papillarleisten
10
1.6
Lehre der Studie an eineiigen Zwillingen, genetische Faktoren
10
02
Die internationale geSchichte DeS FingerabDruckS
2.1
Assyrien und Babylon, 2200 – 625 v. Chr.
12
2.2
Chinesisches Kaiserreich
13
2.3
Mittelalter in Europa
16
2.4
Neuzeit und Moderne: Europa und die westliche Welt
17
2.5
Frankreich: Von Eugène Vidocq zu Alphonse Bertillon
18
2.6
Britisches Weltreich: Von W. J. Herschel, H. Faulds und F. Galton zu E. Henry
22
2.7
Argentinien: Juan Vucetich
28
2.8
In Argentinien wird 1892 der erste Mord anhand eines Fingerabdrucks aufgeklärt
29
2.9
Frankreich: Alphonse Bertillons Kampf um die Anthropometrie
31
2.10
Der Diebstahl der Mona Lisa im Jahr 1911
32
2.11
Frankreich: Edmond Locard
34
2.12
Monaco 1914
36
2.13
Von wachsenden Papierbergen zur Informationstechnologie
36
03
Schweiz: anthropometrie verSuS DaktyloSkopie
40
3.1
Die anthropometrische Phase
40
3.2
Der Fingerabdruck, die Schweiz und
Professor Rodolphe Archibald Reiss
41
Die DaktyloSkopie auF bunDeSebene von 1913 biS heute
42
04
2 | 100 Jahre Daktyloskopie
vorwort
9
12
05
Die Schweiz unD DaS aFiS
50
5.1
Vom ersten AFIS Europas bis zum heutigen System Omnitrak
50
5.2
Die Zukunft – das System AFIS New Generation
60
06
iDentiFikation
62
6.1
Grundsätze
62
6.2
Vergleichsebenen
62
6.3
Identifikationsprozess
64
07
Der FingerabDruck auSSerhalb DeS StraFverFahrenS ;
biometriScher reiSepaSS
66
08
rück- unD auSblicke von kompetenter Seite
68
09
Die vielen geSichter eineS FingerabDruckS
72
10
kopien von Dokumenten auS Dem bunDeSarchiv
74
10.1
Auszug aus Kreisschreiben des Bundesrates vom 21.11.1905
74
75
10.2
Nummer 1 des Schweizerischen Polizeianzeigers
10.3
Stand der Daktyloskopie in der Schweiz am 30. Juni 1911
76
10.4
Kreisschreiben vom 13.12.1912 zur Einführung der Daktyloskopie
78
10.5
Schreiben des Polizeipräsidenten der freien Stadt Danzig von 1927
80
10.6
Schreiben von J.E. Hoover (Gründer des FBI) an Friedrich Born, Chef des ED SZPB
81
10.7
Schreiben von Edmond Locard an Friedrich Born, Chef des ED SZPB
82
10.8
Der Staatsanwaltschaft BS gehen 1945 die «Schneider- bzw. Wiener Folien» aus
83
gloSSar
86
verzeichniS textquellen
88
verzeichniS bilDquellen
90
3
VorWort
Die Entscheidung, im Jahre 1913 eine zentrale Schweizer Daten­
sammlung für Fingerabdrücke in der Forensik einzuführen, kann
auch im Rückblick als ein gelungenes Element zur Bekämpfung
der Kriminalität angesehen werden. Dies vor allem, weil die zwei­
felsfreie Identifizierung von Personen und Tatortspuren anhand
ihrer Fingerabdrücke eine wesentliche Komponente des gemäss der
dr. axel glaeser,
seit 2004 abteilungschef
Maslowschen Hierarchie zweitwichtigsten menschlichen Bedürfnis­
ses darstellt: Sicherheit.
aFis dna services
Vieles hat sich im Umfeld der Verarbeitung von Fingerabdrücken
geändert, insbesondere seit der Einführung des AFIS (Automa­
ted Fingerprint Identification System) im Jahre 1984. Mit dieser
technischen Unterstützung konnten die Erkennungszahlen dras­
tisch gesteigert und gleichzeitig die Verarbeitungszeiten gesenkt
werden. Heute haben Begriffe wie Kundenorientierung, Datenschutz,
Qualitätsmanagement, Kosten­/Nutzen­Analyse und Effizienzsteige­
rung ihren festen Stellenwert im operativen Alltag der Abteilung AFIS
DNA Services. All diesen Fokussierungen zum Trotz ist es mir ein
Anliegen – und hier stehe ich bewusst im Widerspruch zu den Aus­
sagen in populären Fernsehserien wie CSI Miami – festzuhalten, dass
die Grundlage für unsere täglichen Erfolge nicht die Technik, son­
dern der Mensch ist. In diesem Sinne gilt mein Respekt und Dank all
den Kolleginnen und Kollegen, die in den letzten 100 Jahren, heute
und auch in der Zukunft den visuellen Vergleich von Fingerabdrü­
cken als Passion betrachten und ihre Arbeit trotz gestiegenem Zeit­
druck stets als eine Mischung aus Kunst und Handwerk verstehen.
4 | 100 Jahre Daktyloskopie
EinlEitung
Straftäter hatten schon immer ein ureigenes Interesse daran, ihre
Die verfasser :
Identität zu verschleiern. Die Personenidentifikation ist daher seit
jeher ein zentrales Element der Verbrechensbekämpfung. Die erste
wirklich schlagkräftige Waffe in dieser Hinsicht wurde mit der Dak­
tyloskopie, der Identifikation mittels Fingerabdrücken, entdeckt und
erarbeitet. Die Grundlage der Daktyloskopie ist die Einzigartigkeit
und Unveränderlichkeit der Papillarlinienmuster auf den Hand­
innenflächen und den Fusssohlen. Dank dieser Methode können Per­
sonen, die über ihre Identität keine oder falsche Angaben machen,
zuverlässig und schnell aus hunderttausenden von hinterlegten Fin­
gerabdruckdaten wiedererkannt werden. Durch die US­amerikani­
schen CSI­Fernsehserien ist die Arbeit der Kriminaltechniker heute
bernhard sonderegger,
spezialist aFis dna services
breiten Bevölkerungsschichten in der ganzen Welt ein Begriff. Die
Methoden werden in diesen Serien jedoch meist stark überzeichnet;
das heisst, es ist fast immer alles möglich und das erst noch ohne Zeit­
verzug. Immerhin: Dank diesen Serien ist gerade das Fingerabdruck­
verfahren wieder vermehrt in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Mit unseren Fingern und Händen hinterlassen wir auf berührten
Gegenständen Abdrücke, ähnlich einem Stempelabdruck. Da über
die Poren der Haut dauernd Schweiss und andere Sekrete abgeson­
dert werden, übernehmen diese die Funktion der Stempelfarbe. Per­
sonen, die bereits erkennungsdienstlich registriert sind, können so
mit speziellen Methoden zweifelsfrei als Spurenleger an einem Tatort
festgestellt werden. Ein Fingerabdruck kann sich je nach Sicherungs­
Martin urs Peter,
ehemaliger aFis Projektleiter
und it-Polizeikoordinator EJPd
ort für eine Person entlastend oder belastend auswirken, wie das Bei­
spiel des ersten in der westlichen Welt, anhand eines Fingerabdrucks
aufgeklärten Mordfalles exemplarisch zeigt (s. Kapitel 2.8). Da einzig­
artig und unveränderlich, ist der Fingerabdruck gleichzeitig prädes­
tiniert für die Identifikation auch ausserhalb von Strafverfahren, so
zum Beispiel beim Reisepass (s. Kapitel 7).
Die vorliegende Publikation leuchtet die biologischen Hintergründe
sowie die lange Geschichte und die Methodik dieses Identifikations­
und Beweisverfahrens aus und soll zum 100­jährigen Jubiläum seit
Einführung der Daktyloskopie auf Bundesebene einen bleibenden
Eindruck der bewegten Geschichte der Daktyloskopie vermitteln.
Bern, im November 2012
5
01
EntstEhung
dEr hautlEistEn
und MustEr
1.1
Die haut
Die Haut, die unseren Körper bedeckt, ist ein ausgesprochen viel­
seitiges Organ, das grundsätzlich in zwei verschiedenen Typen
vorkommt: Einerseits der Leistenhaut an den Handinnenseiten und
den Fusssohlen, und andererseits der Felderhaut an den übrigen
Hautbereichen. Für die Daktyloskopie ist hauptsächlich die Leistenhaut an den Handinnenseiten und an den Fusssohlen von Bedeutung.
Funktionen der haut
Je nach Quelle werden diesem etwa 1,8 Quadratmeter grossen Organ
die verschiedensten Funktionen zugeordnet. Zu den wichtigsten
Aufgaben zählen:
Schutzfunktion
Die Hautschicht schützt im Zusammenwirken mit ihren Sekreten
vor mechanischen, physikalischen und chemischen Einflüssen und
wirkt zusätzlich als Barriere gegen viele Krankheitserreger.
regulierung des wärme- und wasserhaushaltes
Die Haut sorgt mittels vermehrter Durchblutung für den Wärme­
ausgleich im Körper und verhindert eine Austrocknung des Körpers
durch übermässigen Feuchtigkeitsverlust.
Sinnesfunktion
Viele Hautsinnesorgane nehmen mechanische Reize, thermische
Reize und Schmerzreize auf und geben entsprechende Signale an über­
geordnete Stellen weiter. So weist zum Beispiel die Körperoberfläche
etwa 250 000 Kälte­ und etwa 30 000 Wärmepunkte auf.
immunfunktion
Die Haut ist in spezifischer Weise an immunbiologischen Abwehr­
vorgängen beteiligt.
6 | 100 Jahre Daktyloskopie
aufbau der haut
Die äussere Haut gliedert sich in zwei wesentliche Schichten: Die
Oberhaut (Epidermis) und die unmittelbar darunterliegende Lederhaut (Dermis).
Die Epidermis kann in drei weitere Bereiche unterteilt werden: In die
Hornschicht, in der die Zellen zu Platten verhornen und schliesslich
als Hornschuppen abgestossen werden, in die Hornbildungsschicht
und in die Basalschicht, in der die Zellvermehrung stattfindet
(vgl. Abbildung).
Die Dermis ihrerseits kann in die tiefer liegende Geflechtschicht
und in die Papillarschicht mit den sogenannten Bindegewebspapil­
len, die massgeblich für die Bildung der Leisten verantwortlich sind,
unterteilt werden. Je zwei Papillen dringen gegen eine Leiste vor. Die
Epithelsenkung zwischen ihnen nimmt den Ausführungsgang der
Schweissdrüsen auf.
Aufgrund des anatomischen Aufbaus der Haut können Verletzungen,
die nur die Epidermis betreffen (Verätzungen, Schnitte, etc.), keine
bleibenden Schäden verursachen. Die Haut kann sich regenerieren.
Verletzungen hingegen, die bis in die Dermis reichen, führen zu irre­
parablen Schäden, da insbesondere die Basalschicht, die für den
Erneuerung der Haut verantwortlich ist, beschädigt wird.
Querschnitt eines
Felderhautbereiches [1]
7
1.2 leiStenhaut an Den hanDinnenSeiten
unD Den FuSSSohlen von primaten
Im Verlauf der Evolution bildeten sich bei allen Säugetieren Pfoten­
ballen. Gleichzeitig verschwanden dort die Haare und somit auch die
Talg­, nicht aber die Schweissdrüsen. So wurde ein besserer Boden­
kontakt ermöglicht.
links: Pfotenballen
bei der Katze [2]
rechts: Papillarleisten auf der
Fingerkuppe [3]
Zusätzlich bildeten sich bei den Primaten Leisten und Rillen an den
Handinnen­ und Fussunterseiten. Diese Leisten ergeben einen bes­
seren Griff.
1.3 prÄnatale entwicklung Der papillarleiSten
beim menSchen
tastballen
Der erste Entwicklungsschritt erfolgt ca. in der sechsten Lebens­
woche des Embryos. Die Hand hat zunächst eine flossenartige Form,
die einzelnen Finger sind nur im Ansatz sichtbar. Von der achten bis
zur zehnten Woche werden die Finger weiter entwickelt, und es erfolgt
die Drehung des Daumens. Die Tastballen sind bereits gut sichtbar
und entwickeln sich weiter bis zur zwölften Woche. Parallel zur nach­
folgenden Rückentwicklung der Tastballen (bis Woche 16) beginnt die
Entwicklung der Papillarleisten an der Unterseite der Epidermis.
die drei grundmuster [4]
8 | 100 Jahre Daktyloskopie
schlinge
Wirbel
bogen
Viele Studien beweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen
Lage, Form sowie Grösse der Tastballen und der Papillarzeichnung
gibt. Die Tastballen beeinflussen den allgemeinen Verlauf, die Grund­
muster und die Erscheinung der Papillarleisten. Genetische Faktoren
sind dabei an dieser Entwicklung mitbeteiligt.
primäre leisten
Ab der elften Entwicklungswoche des Fötus beginnt sich das Gewebe
an der Unterseite der Epidermis zu verdicken. Es entstehen einzel­
ne Einheiten, die zu Reihen oder Linien verschmelzen. Jede Einheit
weist eine Pore mit der dazu gehörenden Schweissdrüse auf.
In einer Zeitspanne von ca. vier Wochen ist die Unterseite der Epi­
dermis mit primären Leisten vollständig ausgestattet. In dieser Zeit
vergrössert sich die Oberfläche der Hand um das Fünffache. Dieser
Faktor trägt wesentlich zur Individualität des Papillarleistenbildes
bei.
Sekundäre leisten
Ungefähr zwischen der 15. und der 16. Woche ist die Ausbildung von
primären Leisten beendet. Zur selben Zeit entwickelt sich ein Sys­
tem von sekundären Leisten ohne Poren. Diese beiden Leisten­ oder
Rillensysteme entwickeln sich bis zum fünften Monat weiter. Zu die­
sem Zeitpunkt werden die Papillarleisten an der Fingeroberfläche
sichtbar.
1.4
unverÄnDerlichkeit Der papillarleiSten
Die Unveränderlichkeit der Papillarleisten ergibt sich aus dem Auf­
bau und dem Wachstum der Haut:
–
Die Basalschicht (Bindeschicht zwischen Epidermis und
Dermis) steuert in einem komplexen Vorgang das gleich­
mässige Wachstum der Haut, die sich in ca. 30 Tagen
komplett erneuert.
–
Ab der 24. Entwicklungswoche des Fötus sind die Papil­
larleisten in ihrer endgültigen Form ausgebildet.
–
Papillarleisten wachsen von da an bis zum Tod des Indivi­
–
Ausnahme: Verletzungen der Basalschicht führen
duums in ihrer Linienführung unverändert nach.
zu bleibenden Narben.
9
1.5
einmaligkeit Der papillarleiSten
Die Einmaligkeit des Leistenbildes und der Porenkonfiguration ergibt
sich hauptsächlich aus zwei Gründen:
–
Schnelles Wachstum und Vergrösserung der Oberfläche
(während die Hand wächst, werden die Primärleisten aus­
einander gezogen und neue Leisten füllen die Lücken).
–
Physischer (Spannung und Kompression) und psychi­
scher Stress in der Wachstumsphase bis zur 24. Woche.
1.6 lehre Der StuDie an eineiigen zwillingen,
genetiSche Faktoren
Es ist seit langem bekannt, dass eineiige Zwillinge übereinstimmende
DNA­Profile aufweisen. Die Fingerabdrücke hingegen sind eindeutig
differenzierbar. Hat die Genetik trotzdem einen Einfluss auf die Ent­
stehung der Papillarleisten?
Aus den meisten Untersuchungen geht hervor, dass die Abdrücke von
Zwillingen ähnlicher sind, als jene zwischen Verwandten oder nicht
verwandten Personen. Dies gilt insbesondere für folgende Faktoren:
–
Grundmuster
–
Leistenzahl (Anzahl der Leisten, die bei Wirbeln und
Schlingen durch eine gedachte, vom Delta
bis in das Zentrum laufende Linie, geschnitten werden
(vgl. Abb. rechts))
–
Gesamte Anzahl von Minutien (Gabelungen, Endungen,
–
Anzahl von einfachen Minutien
Haken, Seen, Inseln der Hautleisten)
(Gabelungen und Endungen)
–
Hauptfalten der Handflächen
Je mehr sich Menschen genetisch gleichen, desto stärker ist die gegen­
seitige Beziehung der zuvor genannten Faktoren. Im Gegensatz dazu
scheint in Bezug auf die komplexen Minutien (Seen, Haken, etc.)
aber kein Zusammenhang zwischen Zwillingen oder Verwandten zu
existieren. Dies gilt auch für die Lage der Minutien.
10 | 100 Jahre Daktyloskopie
Aus allen Untersuchungen, insbesondere solchen an eineiigen Zwil­
lingen, geht deutlich hervor, dass sowohl genetische Faktoren, als
auch absolut individuelle «Umweltfaktoren» die Konfiguration der
Papillarleistenzeichnung beeinflussen. Die genetischen Faktoren
haben jedoch eindeutig den geringeren Einfluss.
zentrum
delta
zentrum und delta eines Fingerabdrucks [5]
11
02
diE intErnationalE gEschichtE
dEs FingErabdrucKs
2.1
aSSyrien unD babylon, 2200 – 625 v. chr.
In den Ruinen von Ninive (altmesopotamische Stadt am Tigris im
heutigen Irak) wurden 25 000 Tontafeln gefunden, deren Alter auf
bis zu 4000 Jahre geschätzt wird.
Auf zahlreichen dieser in Keilschrift verfassten Urkunden fand man
neben dem Namen des Autors auch dessen Fingernagelabdruck
(Supur) als Siegel. Gleichzeitig mit den Fingernagelabdrücken hinter­
liessen die Ersteller dieser Schriften zusätzlich einen Teil des Abdrucks
ihrer Fingerkuppen und der darauf befindlichen Hautleisten. Die
Vermutung liegt daher nahe, dass sich diese Menschen der Einzig­
artigkeit ihres Papillarleistenbildes bewusst waren und dieses deshalb
als Stempel benutzten.
tontafel mit Keilschrift [6]
12 | 100 Jahre Daktyloskopie
2.2 chineSiScheS kaiSerreich
qin-Dynastie, 247 – 207 v. chr.
Kaiser Qin Shi Huangdi (259 – 210 v. Chr.) kam 247 v. Chr. als Zwölfjäh­
riger an die Macht. 221 v. Chr. einigte er die verschiedenen Herrschafts­
häuser Chinas und wurde damit der erste Kaiser des von 221 v. Chr.
bis 1911 n. Chr. ununterbrochen bestehenden chinesischen Kaiser­
reiches.
Qin shi huangdi [7]
Qin Shi Huangdi war der erste Herrscher, der Fingerabdrücke in
Lehm als Siegel für Dokumente benutzte.
13
tang-Dynastie, 618 – 907 n. chr.
Tang Xuanzong war Kaiser von 712 bis 756 und gab dieser Dynastie
seinen Namen.
Zu dieser Zeit kamen in China Papier und Seide auf. Handflächen­
und Fingerabdrücke auf Dokumenten bestätigten die Echtheit der
Papiere.
Der chinesische Dichter Kia­Kung­Yen beschreibt in dieser Epoche
auch ausdrücklich die «Hua­Chi­Methode» (Fingerabdruck) zur
Verhütung von Identitätsschwindeleien.
Song-Dynastie, 960 – 1278 n. chr.
Die Dynastie ist benannt nach deren erstem Kaiser Song Taizu.
Die Chinesen unterschieden in dieser Zeitspanne bereits zwischen
verschiedenen Musterarten der Papillarleistenbilder.
Im Lauf der Jahrhunderte hat sich die Daktyloskopie in China immer
mehr etabliert. Sogar in der Wahrsage spielte sie eine Rolle. So sollten
Wirbelmuster (Tou) Glück bringen. Schlingenmuster (Ki) standen
hingegen eher für Unheil.

Wirbelmuster:
2 Wirbel:
 –  Wirbel:
Du bleibst arm
Reichtum ist dir garantiert
Eröffne ein Pfandleihgeschäft
5 Wirbel:
Werde Grosshändler
6 Wirbel:
Deine Laufbahn als Dieb
ist vorgezeichnet
7 Wirbel:
Du bist ein Unglückswurm
 Wirbel:
Du frisst Stroh
 Wirbel,  Schlinge:
Du brauchst nicht zu arbeiten,
hast zu essen, bis du stirbst
schlinge
Wirbel
bogen
die drei grundmuster [4]
14 | 100 Jahre Daktyloskopie
Folgendes Beispiel zeigt, dass mit der Zeit praktisch die ganze chi­
nesische Bevölkerung nicht nur über den Identifizierungswert der
Papillarleistenmuster Bescheid wusste, sondern sogar privat in spe­
ziellen Fällen eigene Aufzeichnungen von entsprechenden Mustern
und Merkmalen vornahm. Es gab seit dem Mittelalter nicht nur in
Europa immer wieder sogenannte Babyklappen.
In China ist die erste solche Einrichtung 1869 dokumentiert (aus
dem Quellenstudium muss aber angenommen werden, dass es
sie schon viel länger gab). Kam eine Mutter mit ihrem Säugling
aus Armuts­ oder sonstigen Gründen nicht zurecht, so konn­
te sie ihn anonym durch eine von einem Waisenhaus betriebe­
ne Klappe schieben. Die Mutter konnte sich sicher sein, dass
man sich des Findelkindes annehmen würde. Jeder Säugling
wurde genau registriert. Neben dem Eintrittsdatum wurden ins­
besondere auch die Papillarlinienmuster des Kindes genau ver­
merkt. Wurden die unglücklichen Umstände, die eine Mutter
zur Weggabe ihres Kindes veranlasst hatten, später einmal über­
wunden, konnte sie nebst anderen Merkmalen meist auch eine
genaue Beschreibung der Papillarleistenmuster an den Fingern
ihres Kindes geben, es so identifizieren und wieder in ihre Obhut
nehmen.
China unterhielt über die Seidenstrasse zu Lande und auf dem See­
weg seit der Han­Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) rege Handels­
beziehungen mit ganz Asien. Es ist daher leicht vorstellbar, dass die
Weitergabe oder Übernahme des Wissens über die Daktyloskopie
durch die Handelstätigkeit Chinas innerhalb Asiens begünstigt
wurde. Wie in China, war die Daktyloskopie zur direkten persönli­
chen Identifizierung, wenn auch nicht im selben Umfang, nahezu in
ganz Asien, vor allem aber auch in Japan, Nepal und Indien seit Jahr­
hunderten verbreitet.
Eine Karawane auf der
seidenstrasse [8]
15
2.3 mittelalter in europa
Daktyloskopische Identifizierungsmethoden waren im Europa des
Mittelalters und lange darüber hinaus unbekannt. Um Wiederho­
lungstäter erkennen zu können, wurde ihnen bei geringfügigeren
Delikten beispielsweise ein Zeichen auf die Stirn gebrannt. Häu­
fig wurden ihnen auch die Ohren geschlitzt. Daher stammt auch die
noch heute gebräuchliche Bezeichnung «Schlitzohr» für durchtriebe­
ne Zeitgenossen. Da Wiederholungstäter jedoch ohnehin meist hin­
gerichtet wurden, erledigte sich die Frage nach der Wiedererkennung
oft von selbst.
Eine gängige hinrichtungsmethode war das rädern des delinquenten [9]
16 | 100 Jahre Daktyloskopie
2.4 neuzeit unD moDerne :
europa unD Die weStliche welt
Die Ideale der Aufklärung (nach Immanuel Kant, Jean­Jacques Rous­
seau, Voltaire, Montesquieu, u.v.a.) lösten 1789 nicht nur die Französi­
sche Revolution aus, die die Monarchie hinwegfegte. Sie beeinflussten
mit ihrem Appell an die Vernunft und die Menschenrechte auch in
anderer Weise die gesamte westliche Welt. So wurden beispielsweise
brutale Hinrichtungs­ und Foltermethoden mit der Zeit aufgegeben.
Mit der Abschaffung der Brandmarkung von Kriminellen entstand
jedoch gleichzeitig ein neues Problem: Wie konnten Wiederholungs­
täter, die ihre Identität bewusst verschleierten, sicher wiedererkannt
werden?
« la liberté guidant le peuple » Eugène delacroix, 1830 [10]
17
2.5 Frankreich :
von eugÈne viDocq zu alphonSe bertillon
eugène François vidocq
Eugène Vidocq durchlief eine schillernde Karriere. Er war Soldat,
Abenteurer, Lebemann und ehemaliger Sträfling in einem und diente
sich vom Spitzel über den Geheimagenten bis zum Chef der Pariser
Polizei hoch. Ende 1811 wurde Vidocq noch unter Napoleon Bonaparte
zum Chef der von ihm organisierten neuen Sicherheitsbehörde
ernannt, der Sûreté Nationale. Seine Methode der Personenidenti­
Eugène François Vidocq,
fizierung war denkbar einfach: Die Polizeiinspektoren hatten sich
1775 – 1857 [11]
Gesichter von Verbrechern bei Gefangenenparaden einzuprägen.
Gleichzeitig begann er jedoch auch, Karteien und Verbrecheralben
zu führen. Diese Methoden wurden auch im Ausland übernommen.
louis Jacques Daguerre
Der Ansatz von Eugène Vidocq wurde mit der Erfindung der Foto­
grafie weiterverfolgt. 1839 gelang es Louis Jacques Daguerre, brauch­
bare Fotos herzustellen. Die Fotografie wurde daher nach dem
Erfinder des ersten praktikablen fotografischen Verfahrens Daguer­
reotypie genannt.
louis Jacques daguerre,
1874 wurde bei der Pariser Polizei eine fotografische Sammlung von
1787 – 1851 [12]
Verbrecher­Porträts angelegt. Die Weiterentwicklung der Polizei­
arbeit hatte jedoch umgehend auch Auswirkung auf das Verhalten
der Verbrecher. Um der Wiedererkennung auf einer Fotografie zu ent­
gehen, mussten sie nur ihr Aussehen verändern.
links : gesuchter aus
einem schweizerischen
Fahndungsbuch [13]
rechts : daguerreotype
camera [14]
18 | 100 Jahre Daktyloskopie
untere und obere Person
ist nicht identisch [15]
untere und obere Person
ist identisch [16]
19
alphonse bertillon
Die erste wissenschaftliche Methode zur Personenerkennung wurde
von einem Beamten der Pariser Polizeipräfektur, Alphonse Bertillon,
1879 vorgestellt und 1882 nach erfolgreichem dreimonatigem Probe­
betrieb eingeführt.
Die Grundlage seiner Idee:
Was sind auf einfache Art objektiv feststellbare Unterscheidungs­
mermkale eines Menschen? Es sind bestimmte Körpermasse, die sich
alphonse bertillon,
1853 – 1914 [17]
ab dem 20. Lebensjahr – also mit abgeschlossenem Wachstum – nicht
mehr verändern.
Diese Erkenntnis hatte Alphonse Bertillon schon früh von seinem
Vater erfahren, der Physiker, Statistiker und Vizepräsident der Anthro­
pologischen Gesellschaft von Paris war. Die Methode wurde nach
ihrem Erfinder Bertillonage oder Anthropometrie genannt. Insgesamt
elf Körperpartien wurden nach der Methode von Bertillon vermessen
und auf Karten registriert. Diese wurden danach systematisch in
Kategorien abgelegt.
Erste drei Hauptkategorien:
Kopflänge
Nächste Unterkategorie:
Kopfbreite
Folgende Unterkategorie:
Mittelfingerlänge usw.
Machte eine Person bei einer erneuten Festnahme keine oder falsche
Angaben über sich selber, wurde sie ein weiteres Mal vermessen.
Anhand der neu erstellten Karte war es anschliessend möglich, in der
Kartei auf die allenfalls übereinstimmenden Daten und damit auf die
richtige Person zu stossen.
Foto und anthropometrische
Karte mit aufnahme von
Francis galton (71-jährig) [18]
Erstellt während galtons besuch
von bertillons labor
im Jahre 1893
20 | 100 Jahre Daktyloskopie
Es gelang so tatsächlich, Wiederholungstäter anhand ihrer Körper­
masse zu identifizieren. In Paris waren das im Jahr 1904 immerhin
1000 rückfällige Verbrecher. Die Methode war jedoch umständlich
und aufgrund vorkommender Messungenauigkeiten nicht immer
präzis. Trotzdem wurde sie weltweit (auch in der Schweiz) während
rund 20 Jahren angewandt.
grafische darstellung
der ersten neun Einzelschritte
bei der Vermessung [19]
aus alphons bertillon :
das anthropometrische
signalement (1895)
21
2.6 britiScheS weltreich : von w. J. herSchel,
h. FaulDS unD F. galton zu e. henry
In der Regierungszeit von Queen Victoria umspannte das Britische
Kolonialreich die ganze Welt. Zum British Empire gehörte auch
Indien. Dort waren die Grundkenntnisse über die Daktyloskopie aus
China und Vorderasien bereits bekannt (siehe Kapitel 2.2).
Königin Victoria,
1819 – 1901 [20]
gebiete, die
zwischenzeitlich teil
des britischen
Weltreiches waren
william James herschel
Von 1853 bis 1857 war William Herschel Administrator der Ost­
indienkompanie in Bengalen. 1858 wurde er Verwalter für zivile
Angelegenheiten im Hooghly Distrikt der Provinz von Bengalen.
Für Europäer ist die Unterscheidung von Asiaten bis heute nicht
einfach. Dieser Umstand wurde in Indien zu jener Zeit bewusst zu
sir William J. herschel,
1833 – 1917 [21]
betrügerischen Zwecken ausgenutzt. So wurde beispielsweise ein
Leichnam gekauft, um der britischen Verwaltung vorzugegeben, es
handle sich um einen verstorbenen angestellten indischen Arbei­
ter. Den vermeintlichen Angehörigen standen dann teilweise jahre­
lange Renten für den angeblich Verstorbenen zu. Ebenso verbreitet
war die Masche, die Gefängnisstrafe eines anderen gegen Bezahlung
abzusitzen.
William Herschel fiel auf, dass Einheimische ihre Verträge oft mit
Fingerabdrücken unterzeichneten. Gleichzeitig bemerkte er, dass
diese Dokumente so auch besser akzeptiert wurden. Herschel erkann­
te und nutzte die Vorteile der Daktyloskopie, um den erwähnten Iden­
titätsschwindeleien vorzubeugen. Er führte diese Erkennungsmetho­
de in seinem Zuständigkeitsbereich in Hooghly ein.
22 | 100 Jahre Daktyloskopie
1877 sandte Herschel einen Brief an den Generalinspektor der Gefäng­
nisse von Bengalen mit der Bitte, die Einführung der Daktyloskopie
auf ganz Bengalen auszudehnen. Der ablehnende Bescheid seines
Vorgesetzten entmutigte den durch Tropenkrankheiten geschwäch­
ten Mann jedoch dermassen, dass er den Plan fallen liess und nach
England zurückkehrte.
Dr. henry Faulds
Zur gleichen Zeit wurde auch der britische Arzt Dr. Henry Faulds
in Indien und Japan auf Fingerabdrücke aufmerksam. In einem
Brief an den berühmten Charles Darwin wies Faulds 1880 auf die
Einzigartigkeit der Fingerabdrücke hin. Zudem erwähnte er, dass
Fingerabdrücke auch an Tatorten hinterlassen werden und somit zur
Überführung von Verbrechern dienen könnten. Charles Darwin (1809
– 1882), Naturwissenschaftler und Hauptbegründer der Evolutions­
dr. henry Faulds,
theorie, war zu diesem Zeitpunkt aber bereits gesundheitlich ange­
1843 – 1930 [22]
schlagen. Er leitete den Brief von Faulds daher an seinen Cousin,
Francis Galton, weiter.
Francis galton
Galton, ein bedeutender Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts,
verfolgte die Idee von Faulds zunächst nicht weiter. Er betrieb ab
1885 im Naturwissenschaftlichen Museum in South Kensington ein
anthropometrisches Laboratorium. Das Royal Institute beauftragte
ihn, einen Abendvortrag über die Bertillonage zu halten. Während
seiner Recherchen gelangte Galton immer mehr zur Überzeugung,
dass die Daktyloskopie der Anthropometrie überlegen ist. Er vertiefte
sir Francis galton,
sich in das Gebiet der Daktyloskopie und stiess dabei auf die Erkennt­
1822 – 1911 [23]
nisse von Herschel, den er daraufhin persönlich kontaktierte. Herschel
war dermassen glücklich über die Anerkennung seiner Arbeit, dass
er Galton sein gesamtes Material zum Studium überliess. Galton
integrierte die Daktyloskopie in seine Vorlesung unter dem Titel:
«Personal Identification and Description».
Francis Galton erkannte gleichzeitig, dass folgende drei Fragen
abschliessend geklärt werden mussten, bevor die Daktyloskopie im
grossen Stil angewendet werden konnte:
– Sind Fingerabdrücke wirklich einzigartig
und unveränderlich?
– Sind die Unterschiede der Muster so deutlich,
dass eine Unterscheidung von tausenden von Personen
möglich ist?
– Können Fingerabdrücke so abgelegt werden,
dass innert nützlicher Frist festgestellt werden kann,
ob eine Person schon einmal registriert wurde?
23
24 | 100 Jahre Daktyloskopie
Versuche von William J. herschel, studium der abdrücke der gleichen Finger bzw. handballen in verschiedenen zeitintervallen, erste abdrücke von 1859 [24]
25
Galton konnte aufgrund seiner gross angelegten Untersuchungen alle
drei Fragen bejahen. 1892 fasste Francis Galton seine Erkenntnisse in
einem Buch unter dem Titel «Fingerprints» zusammen. Darin schlug
er auch gleich folgende Klassifizierungsmethode anhand der Anzahl
Deltas eines Fingerabdrucks vor:
– Bogenmuster: Kein Delta.
– Schlingenmuster: Ein Delta links oder rechts.
– Wirbelmuster: Zwei oder mehr Deltas.
An die Stelle der Bezeichnung kein Delta, mit Delta rechts, mit Delta
links und mit mehreren Deltas, setzte er die Zahlen 1 bzw. 2, 3 oder 4.
Dies ergab für ein Fingerabdruckblatt, welches in keinem der zehn Fin­
ger ein Delta aufwies die Registrierungsformel 1111111111. Ein Blatt,
das im zehnten Finger, nämlich im linken Kleinfinger ein rechtes Delta
aufwies, sonst aber keines, erhielt die Formel 1111111112, usw. Mit allen
zehn Fingern kam er so auf die unglaubliche Variation von über einer
Million verschiedener Registrierungsklassen (4 hoch 10 = 1048576).
Am 21. Oktober 1893 beauftragte der Sekretär des britischen Home
Office ein Komitee unter der Führung von Charles Troup mit der
Abklärung folgender Fragen:
– Welches ist die aktuelle Methode der Registrierung
Krimineller in England?
– Wie funktioniert die Anthropometrie?
– Wie lässt sich das neu vorgeschlagene
Fingerabdruckverfahren prüfen?
Galton versuchte im Rahmen einer Anhörung, das Troup­Komitee
von den Vorteilen der Identifikation anhand von Fingerabdrücken
zu überzeugen. Das gegnerische Lager der Anhänger von Bertillons
Methode war aber noch zu stark und Galtons Registrierungsmethode
zu wenig ausgereift. 1894 erstattete das Komitee daher einen umfang­
reichen Bericht und schlug dabei beide Registrierungsmethoden
in Kombination vor. Ab 1895 wurden Verbrecher in England somit
gleichzeitig vermessen und daktyloskopiert.
26 | 100 Jahre Daktyloskopie
edward richard henry
1891 wurde Henry zum Generalinspektor der Polizei in Bengalen
ernannt. In dieser Eigenschaft sammelte er erste Erfahrungen mit
der dort inzwischen eingeführten Anthropometrie, die ihn letztlich
aber nicht zu überzeugen vermochte.
1893 kam ihm das Buch «Fingerprints» von Galton in die Hände. 1894
besuchte er Galton in dessen Labor in Kensington, um seine Kennt­
nisse zu vertiefen. Galton, nun bereits über 70 Jahre alt, stellte Henry
sein gesammeltes Wissen inklusive der Werke von Herschel und
Faulds zur Verfügung. Auf diese Weise erfuhr Richard Henry auch
sir Edward richard henry,
vom Troup­Komitee und dem nicht zufriedenstellend gelösten Prob­
1850 – 1931 [25]
lem der Klassifizierung.
Henry entschied sich, eine Lösung für dieses Problem zu suchen. Zu
diesem Zweck engagierte er zwei zusätzliche bengalische Polizeioffi­
ziere (Khan Bahadur Haque und Rai Chandra Bose). Bis Ende 1896
hatte das Team eine praktikable Lösung für das Klassifizierungspro­
blem gefunden. Anhand der von diesem Team entwickelten komple­
xen Methode, war es neu möglich, die Abdrücke aller zehn Finger
einer Person nach Häufigkeit der Grundmuster und weiterer Merk­
male zu klassifizieren und systematisch abzulegen. Um in der Samm­
lung gezielt auf einen bereits bestehenden Daktyloskopiebogen sto­
ssen zu können, musste bei einer späteren Kontrolle derselben Person
diese erneut daktyloskopiert und der Bogen nach diesem System klas­
sifiziert werden. So wurde es möglich, Identitätsschwindler zu ent­
larven. Diese Klassifizierungsmethode erhielt den Namen Galton/
Henry. Edward Henry zollte somit auch Francis Galton gebührend
Respekt, der mit seiner Vorarbeit massgeblich zur Entwicklung die­
ser Methode beigetragen hat. Die Methode war jedoch nicht geeignet,
um Fingerabdruck­Tatortspuren zu identifizieren.
Henry beantragte 1897 bei der Kolonialverwaltung eine Untersu­
chung, die aufzeigen sollte, welche Vorteile der Fingerabdruckklassifi­
zierung gegenüber der Anthropometrie hat. Das Folge dieser Untersu­
chung war letztlich die Einführung der Daktyloskopie in ganz Britisch
Indien.
Nach einer weiteren erfolgreichen Prüfung wurde die Methode der
Daktyloskopie 1901 auch in England übernommen. Henry wurde zu
diesem Zweck nach London zurückbeordert und mit der Ausführung
dieser Aufgabe bei New Scotland Yard betraut. Unter der Direktion
des Home Office wurde New Scotland Yard somit die Fingerabdruck­
Mitarbeiterin der royal canadian Mounted Police (rcMP) in einer nach
zentrale für England und die Kolonien.
system galton/henry abgelegten registratur [26]
27
2.7 argentinien : Juan vucetich
Juan Vucetich war im Alter von 24 Jahren von Kroatien nach Argen­
tinien ausgewandert und wurde als Statistiker beim zentralen Poli­
zeidepartement in La Plata angestellt. 1891 beauftragte ihn der lokale
Polizeichef, ein anthropometrisches Büro einzurichten. Gleichzei­
tig übergab er ihm ein Exemplar der «Revue Scientifique», die eine
Juan Vucetich
(ursprünglich : ivan Vučetić),
Abhandlung über Galtons bisherige Erkenntnisse enthielt. Innert
1858 – 1925 [27]
wenigen Tagen baute Vucetich ein funktionierendes anthropometri­
sches Büro auf.
Galtons Artikel in der «Revue Scientifique» hatte ihn jedoch von den
Vorteilen der Daktyloskopie überzeugt. Vucetich entwickelte noch im
gleichen Jahr ein eigenes Klassifikationssystem für Fingerabdrücke.
Er begann auf eigene Faust, Kriminelle nach diesem System zu erfas­
sen. Seine Vorgesetzten untersagten ihm jedoch, das System offiziell
anzuwenden.
Von Juan Vucetich erstellte liste des
benötigten Materials
zur Fingerabdruckabnahme [28]
28 | 100 Jahre Daktyloskopie
2.8 in argentinien wirD 1892 Der erSte morD
anhanD eineS FingerabDruckS auFgeklÄrt
Ein schreckliches Verbrechen, das am 19. Juni 1892 in Necochea, einer
damals noch beschaulichen Hafenstadt etwa 500 Kilometer südlich
von Buenos Aires, begangen wurde, sollte die negative Haltung von
Vucetichs Vorgesetzten gegenüber der Daktyloskopie von Grund auf
ändern.
An ihrem Wohnort am Stadtrand von Necochea wurden an diesem
Tag ein toter Junge und ein totes Mädchen aufgefunden. Die beiden
Opfer waren die unehelichen Kinder der 26­jährigen Francisca Rojas.
Erste Nachforschungen der lokalen Polizeibehörden ergaben, dass die
Mutter der zwei Kinder am besagten Tag spät abends schreiend und
mit weit geöffneten Augen völlig aufgelöst in das Haus ihrer Nachbarn
gestürmt sei. Sie habe gestöhnt und gewimmert: «Meine Kinder…
meine Kinder… er hat sie umgebracht… Velasquez!». Die Nachbarn
schauten augenblicklich in Rojas Hütte nach und fanden die blut­
überströmten Leichen der Kinder mit eingeschlagenen Schädeln. Bei
der ersten Einvernahme der Mutter erfuhren die örtlichen Polizei­
beamten, dass ein älterer Knecht namens Pedro Ramon Velasquez
ihr seit längerem nachstelle und sie heiraten wolle. Am Morgen des
19. Juni 1892 hätte Velasquez sie zum wiederholten Mal bedrängt, ihn
zu ehelichen. Sie habe ihm dabei aber klar gemacht, dass sie ihn nie
heiraten werde, da sie einen anderen liebe. Velasquez habe sie dar­
aufhin wutentbrannt verlassen und dabei auch ihre Kinder bedroht.
Francisca Rojas gab gegenüber der Polizei zu Protokoll, sie habe ihre
vierjährige Tochter Teresa und den sechsjährigen Sohn Ponciano
Carballo abends tot vorgefunden, als sie nach einer Besorgung heim­
gekehrt sei.
Trotz der intensiven und schonungslosen Befragung von Velasquez
mit lokal gängigen Methoden beteuerte dieser seine Unschuld. Er gab
zwar zu, die Kinder bedroht zu haben. Aber selbst nachdem er für ein
paar Stunden gefesselt neben den Leichen der Kinder liegen gelassen
wurde, bestritt er vehement, die Tat begangen zu haben.
Am 8. Juli 1892 erreichte der Polizeirapport die Provinzhauptstadt La
Plata. Zur Unterstützung wurde daraufhin Inspektor Alvarez von der
Zentralpolizei nach Necochea gesandt. Alvarez stellte fest, dass die
örtliche Polizei bislang nach keinen weiteren Anhaltspunkten gesucht
hatte. Zudem ermittelte er innert Kürze, dass Pedro Velasquez ein Ali­
bi hatte. Er konnte verifizieren, dass dieser zur Tatzeit mit Freunden
ausgegangen war. Wie Inspektor Alaverez weiter in Erfahrung brach­
te, soll sich jedoch der wahre Liebhaber von Francisca Rojas einmal
geringschätzig geäussert haben, er würde Francisca schon heiraten,
aber nur ohne die beiden Gören.
29
Alvarez, der von Vucetich zuvor in die Praxis der Fingerabdruckkun­
de eingeweiht worden war, untersuchte auch den bereits über zwei
Wochen alten Tatort. Dort entdeckte er einen blutigen Fingerabdruck
am Rahmen der Schlafzimmertür. Da die Mutter nach dem Auffinden
ihrer Kinder nicht mit blutigen Händen in Erscheinung getreten war,
musste dieser Fingerabdruck zwingend von der Täterschaft stammen.
Obwohl Alvarez nur über rudimentäre daktyloskopische Kenntnisse
verfügte, konnte er mit einer Lupe den Vergleichsabdruck von Fran­
cisca Rojas rechtem Daumen der blutigen Tatortspur zuordnen.
Mit diesem Beweis konfrontiert, brach diese zusammen und gestand,
ihre Kinder mit einem Stein erschlagen zu haben, da sie einer Hei­
rat mit ihrem Geliebten im Wege standen. Sie hätte ihre Hände und
Kleider anschliessend gereinigt. Den zur Tat benutzten Stein habe
sie in einem Brunnen versenkt. Den Abdruck am Rahmen der Schlaf­
zimmertür hatte sie offenbar übersehen. Francisca Rojas wurde zu
lebenslänglicher Haft verurteilt.
Durch die Aufklärung dieses Mordes war der Beweis der Überlegen­
heit der Daktyloskopie gegenüber der Anthropometrie auf eindrück­
liche Weise erbracht.
1896 hat Argentinien als erstes Land überhaupt die Anthropo­
metrie abgeschafft und die Daktyloskopie offiziell eingeführt. Ab
1905 wurde Vucetichs Klassifizierungssystem in ganz Südamerika
angewandt. Der von Vucetich geprägte Ausdruck Daktyloskopie
(gr. Daktylos = Finger, Skopein = schauen) setzte sich in der Fach­
welt durch.
Fingerabdrücke von
Francisca rojas, 1892 [29]
dirección Museo Policial–Ministerio
de seguridad de la Provincia
de buenos aires, argentina
30 | 100 Jahre Daktyloskopie
2.9 Frankreich: alphonSe bertillonS kampF
um Die anthropometrie
Während Vucetich die Daktyloskopie weiter vorantrieb, verteidigte
Bertillon seine Anthropometrie mit allen Mitteln. Im Jahre 1891
schrieb er an Galton unter anderem, die Daktyloskopie sei zu
schwierig für Polizeibeamte. Trotzdem übernahm er ab 1894 Tei­
le des Fingerabdruckverfahrens in sein System. Es ist anzunehmen,
alphonse bertillon [30]
dass er dessen Vorteile sehr wohl erkannte. Denn obwohl Bertillon
nachweislich kein Freund der Daktyloskopie war, gelang ihm 1902
ironischerweise die erste Identifikation eines Mörders in Kontinental­
europa anhand von Fingerabdrücken. Wahrscheinlich steigerte dieser
Erfolg seine begründete Angst, die Daktyloskopie könnte der Anthro­
pometrie künftig den Rang ablaufen.
Als ihn Juan Vucetich 1913 persönlich besuchen wollte, verschloss
er vor dem weitgereisten Besucher sogar seine Bürotür, nicht ohne
vorher ein paar verletzende Worte an diesen gerichtet zu haben.
Sein Eifer ging so weit, dass er im Jahre 1912 eine Publikation veröf­
fentlichte, in der er anhand von zwei manipulierten Bildern darleg­
te, er habe im Papillarlinienmuster von zwei verschiedenen Personen
16 ähnliche Punkte gefunden.
Aufgrund dieser Veröffentlichung führte New Scotland Yard im Jahre
1924 den 16­Punkte­Standard ein. Zuvor lag die Schwelle für eine
Identifizierung auch in England bei zwölf Punkten.
no-Match mit 16 Punkten nach
bertillon [31]
31
2.10 Der DiebStahl Der mona liSa im Jahr 1911
Die Anthropometrie wurde in Frankreich erst nach Bertillons Tod
im Jahre 1914 durch die Daktyloskopie abgelöst. Auslöser war unter
anderem der Diebstahl der Mona Lisa aus dem Louvre am 21. August
1911. Mittels eines Fingerabdrucks hätte das Delikt innert kurzer Zeit
aufgeklärt werden können. Stattdessen blieb das berühmte Gemälde
bild der Mona lisa
(la gioconda)
von leonardo da Vinci [32]
von Leonardo da Vinci, das schon im Schlafzimmer Napoleon Bona­
partes gehangen hatte, fast zwei Jahre verschollen. In Frankreich
löste dieser Diebstahl eine Welle der Empörung aus.
Der Diebstahl spielte sich folgendermassen ab:
Vincenzo Peruggia, ein 31­jähriger Handwerker, war zu dieser Zeit
beruflich im Louvre tätig. Zu Peruggias Aufgaben gehörte die Mit­
hilfe beim Ent­ und Verglasen sowie beim Ein­ und Ausrahmen von
Gemälden. Offensichtlich war der Geschäftsleitung des Museums
nicht bekannt, welchen Tätigkeiten Peruggia sonst noch nachging.
Ansonsten wäre er wohl kaum dort beschäftigt worden, war er bei der
Pariser Polizei doch kein Unbekannter. Bereits 1909 wurde von die­
sem Gelegenheitskriminellen während einer Festnahme eine anthro­
pometrische Karte angelegt.
Am frühen Morgen des 21. August 1911 löste Peruggia das 77 mal 53
Zentimeter grosse, auf Pappelholz gemalte Bild aus dem Rahmen und
schmuggelte es unbemerkt aus dem Gebäude, das an diesem Tag nur
für die Handwerker geöffnet war. Peruggia gehörte zwar anschlie­
ssend bei den Nachforschungen der Polizei ebenso zum Kreis der
Verdächtigen wie übrigens auch der später weltberühmte Maler Pab­
lo Picasso. Die umfangreichen Ermittlungen verliefen jedoch trotz
Hausdurchsuchung bei Peruggia erfolglos, was in einen Skandal
mündete. Der Museumsdirektor wurde entlassen, und die Geschich­
te beherrschte während Wochen die Titelseiten der Tageszeitungen.
Am 12. Dezember 1913 versuchte Peruggia das Bild, das er bisher in
seiner Wohnung versteckt hatte, einem Kunsthändler in Florenz zu
verkaufen. Angeblich wollte Peruggia die Mona Lisa zurück nach Ita­
lien bringen. Der Kunsthändler Alfredo Geri ging zum Schein auf den
Handel ein, verständigte jedoch gleichzeitig den Direktor der Uffizien
des Florentiner Kunstmuseums. Die Übergabe des Gemäldes fand in
einem Hotel in Florenz statt, wo die beiden das Bild auf seine Echt­
heit hin untersuchten. Überrascht stellten sie fest, dass sie tatsächlich
«La Gioconda» von Leonardo da Vinci in den Händen hielten. Mit
dem Argument, zuerst den vereinbarten, damals namhaften Betrag
von 500 000 Lire beschaffen zu müssen, hielten sie den Dieb hin
und verständigten die Polizei. Die Reaktion der Öffentlichkeit auf
den Fund war heftig. Italienische Patrioten verlangten, dass «ihre»
Mona Lisa in ihrem angestammten Land bleiben soll. Die italieni­
sche Regierung versicherte dagegen, dass sie die Mona Lisa an den
Louvre zurückgeben werde, da das Gemälde seinerzeit rechtmässig
anthropometrische Karte des Vincenzo Peruggia [33]
32 | 100 Jahre Daktyloskopie
in französischen Besitz gelangt war.
Davor aber wurde es in Florenz, Rom und Mailand ausgestellt. Das
Bild wurde in einer eigens dafür angefertigten, gepolsterten Kiste
samt Ehrenwache transportiert. Erst danach kehrte die Mona Lisa
mit grossem Pomp wieder nach Paris zurück. Peruggia wurde festge­
nommen und in Italien zu einer erstaunlich geringen Haftstrafe von
einem Jahr und 15 Tagen verurteilt, von der er lediglich sieben Mona­
te absitzen musste. Offenbar konnte der Kunstdieb mit seinen angeb­
lich patriotischen Motiven aus italienischer Sicht durchaus von einer
gewissen Sympathie profitieren
Bei der Aufarbeitung des Falles musste die Pariser Polizei einräumen,
dass ein auf dem Schutzglaskasten am Tatort gesicherter Abdruck
des linken Daumens Peruggias nicht mit dem Vergleichsabdruck
auf seiner anthropometrischen Karte abgeglichen worden war. Es
ist umstritten, ob die Karte selbst nicht auffindbar war, ob darauf die
Vergleichsabdrücke der linken Hand fehlten, oder ob die zuständigen
Beamten sich der Beweiskraft der Tatortspur nicht bewusst waren, da
ihr Chef die Methode der Daktyloskopie scheute wie der Teufel das
Weihwasser. Möglicherweise wurde deshalb gar kein grosses Gewicht
auf den Abgleich Tatortspur/Vergleichsabdruck gelegt, was in der
heutigen Kriminalistik undenkbar wäre.
Tatsache ist: Unter Bertillon wurden in Paris ab 1894 lediglich drei
Fingerabdrücke auf den Signalementskarten aufgenommen. Ab 1908
wurden in der Regel die Abdrücke aller zehn Finger genommen. Hät­
te man also diesen Fingerabdruckvergleich umgehend vorgenommen,
so wäre Peruggia nach dem Diebstahl innert Stunden als potentieller
Täter entlarvt worden.
Nach diesem Vorfall war die Reputation der Anthropometrie auch in
Frankreich gehörig angeschlagen. Der Polizeipräfekt von Paris soll
sich nach einer Besichtigung des dortigen Erkennungsdienstes mit
dem Plan getragen haben, die Anthropometrie abzuschaffen und
alleine die Daktyloskopie als polizeiliches Identifikationsmittel ein­
zuführen. Dieses Vorhaben wurde aber erst nach Bertillons Tod im
Jahre 1914 schrittweise umgesetzt.
die Mona lisa ist zurück im louvre [34]
33
2.11 Frankreich : eDmonD locarD
Mit Edmond Locard brachte auch Frankreich einen vehementen
Befürworter und Pionier der Daktyloskopie hervor.
Edmond Locard studierte Rechtswissenschaften. Nach Erlangen des
entsprechenden Diploms assistierte er an der Universität Lyon dem
französischen Arzt Alexandre Lacassagne (1844–1921). Dieser wird
oft als Vater der modernen forensischen Medizin bezeichnet.
Locard studierte unter anderem auch in Paris bei Alphonse Bertillon,
um das anthropometrische System kennenzulernen. In den folgen­
den Jahren sammelte er Erfahrungen bei Polizeidienststellen in
Berlin, Rom und Wien sowie in den USA. Nach einem Besuch bei
dem Kriminalisten Rodolphe Archibald Reiss in Lausanne kehrte er
1910 nach Lyon zurück.
Im gleichen Jahr stieg in Lyon die Zahl der Verbrechen an. Locard
gelang es, die Lyoner Polizei von den Vorteilen eines Labors zur
Sammlung und Prüfung von Beweismaterial zu überzeugen. Im
Polizeidepartement wurden ihm daraufhin als Labor zwei Zimmer im
Dachgeschoss und zwei Assistenten zur Verfügung gestellt. Es wur­
de zum ersten Polizeilabor zur Ermittlung von Straftätern. Die Arbei­
ten waren bald von Erfolg gekrönt. Im November des gleichen Jahres
löste Locard seine erste Ermittlungsarbeit mit Hilfe eines Finger­
abdrucks.
dr. Edmond locard
(im Vordergrund),
1877 – 1966 [35]
34 | 100 Jahre Daktyloskopie
Die entwicklung der dreistufigen regel zur
identifikation von Fingerabdrücken

formulierte Edmond Locard die vielerorts noch heute­
in der Praxis angewandte Zwölf­Punkte­Regel: Zwölf in
Tatortspur und Vergleichsabdruck übereinstimmende
Minutien genügen zur einwandfreien Identifikation.

publizierte Locard eine Abhandlung über die Porosko­
pie (Beizug von Lage, Anzahl und Form der Poren der
Hautleisten beim Vergleich zwischen einer Tatortdakty­
spur und einem Vergleichsabdruck).

stellte Locard verfeinerte Regeln
für den Identifizierungsprozess vor:
Mehr als zwölf Punkte:
Die Gewissheit der Identität ist unumstritten.
Acht bis zwölf Punkte:
Grenzfälle, die Gewissheit ist abhängig von:
–
–
–
–
Der Klarheit des Abdrucks
Der Seltenheit des Musters,
vorhandenem Zentrum oder Delta
Sichtbaren Poren
Der Übereinstimmung der Breite der Linien und
Furchen, der Richtung der Linien und des Winkels
von Verzweigungen.
Weniger als acht Punkte:
In diesem Fall liefert der Abdruck keine Gewissheit,
sondern nur noch eine Wahrscheinlichkeit.
Auch wenn bereits vor fast 100 Jahren verfasst, sind die Regeln von
Locard weiterhin ausgesprochen aktuell. Die heutigen Forschungs­
gebiete in der Daktyloskopie umfassen sowohl den auf der Verwen­
dung von Wahrscheinlichkeiten basierenden nicht­numerischen
Ansatz, als auch die Poroskopie in Ergänzung zur numerischen Zwölf­
Punkte­Regel. Die Aussagen von Edmond Locard können daher als
Meilenstein in der Geschichte der Daktyloskopie angesehen werden.
35
2.12 monaco 1914
Auf Einladung von Prinz Albert I versammelten sich 1914 Polizei­
funktionäre aus verschiedenen Ländern im Fürstentum Monaco, um
die Grundlagen einer internationalen Zusammenarbeit der Polizei
zu schaffen. Der Kongress unter französischer Federführung fand
jedoch ohne Teilnehmer aus England und den USA statt.
Bertillon, der über die Art eines einheitlichen Identifizierungsverfah­
rens (Anthropometrie versus Daktyloskopie) referieren sollte, starb
Monaco [36]
kurz vor dem Kongress. Der Nachfolger Bertillons, dessen früherer
Mitarbeiter, hielt stattdessen das Referat und sprach sich dabei für
die Daktyloskopie aus. Er schlug darin auch gleich die Gründung
einer internationalen Polizeibehörde in Paris vor. Die Ausführung
dieser Beschlüsse wurde jedoch durch den Ausbruch des Ersten Welt­
krieges behindert.
1923 griff der Präsident der Wiener Polizei, Johann Schober, die Idee
einer internationalen Polizeibehörde wieder auf und legte damit den
Grundstein für Interpol (International Criminal Police Organization).
Die damals gegründete Organisation mit Sitz in Wien hiess damals
noch Internationale Kriminalpolizei­Kommission, kurz IKPK.
2.13 von wachSenDen papierbergen
zur inFormationStechnologie
Das FBI war 1946 im Besitz von hundert Millionen Fingerabdruck­
karten. Grund für das rasante Wachstum der Kartei war der Zweite
Weltkrieg. Erfasst wurden neben Rechtsbrechern auch Zivil­ und
Militärpersonen, Ausländer und Angestellte der Verteidigungsin­
dustrie.
Die Fingerabdrucksammlung des FBI wuchs bis zum Jahr 1964 auf
172 Millionen Karten an. In den Disziplinen Scanning, Muster­
Federal bureau of investigation (Fbi) [37]
erkennung und Klassifikation wurden zielgerichtete wissenschaftliche
Studien durch das National Bureau of Standards (Heute: Natio­
nal Institute of Standards an Technology, NIST) durchgeführt. Das
Ziel war die Unterstützung der bis anhin rein manuellen Arbeitswei­
se durch automatisierte Verfahren. Zahllose spezialisierte Firmen
und Forschungsinstitute, darunter Rockwell und Calspan, beteilig­
ten sich an den Arbeiten zur Entwicklung von «minutia­based finger­
print identification systems».
36 | 100 Jahre Daktyloskopie
Eine Mitarbeiterin der rcMP
vor der auch in Kanada immer
grösser werdenden daktysammlung [38]
Auch Frankreich war weiter auf der Suche nach Lösungen: Ende 1967
präsentiert der Chefingenieur der Polizeipräfektur Paris, R. Thie­
bault, vor der Interpol­Versammlung eine Studie über die elektro­
nische Verarbeitung von Fingerabdrücken. Interessant ist der the­
oretische Ansatz, mit dem die einzelnen Minutien (Endungen und
Gabelungen) in Beziehung zu benachbarten Minutien gesetzt wur­
den. Diese Theorien bildeten die Basis für ein später von der franzö­
sischen Polizei in Auftrag gegebenes und von der Firma Morpho ent­
wickeltes Fingerabdruck­System.
Die Royal Canadian Mounted Police (RCMP) in Ottawa beschaffte
sich zu Beginn der 1970er Jahre ein AMPEX Videofile System. Die
RCMP gehörte neben dem FBI zu den Pionieren und Förderern der
automatisierten Fingerabdruck­Systeme. Die Sammlung umfasste 2,1
Millionen Fingerabdruckblätter. Das Ampex­System speicherte die
Fingerabdrücke ohne die Kleinfinger in Form von Fernsehbildern auf
71 Video­Magnetbändern (zwei Zoll Format). Diese 71 Bänder wurden
nach Formelbereichen (Ordnungssystem mittels Fingergrundmus­
ter) in einer Bibliothek abgelegt. Der Zugriff auf die einzelnen Finger
musste mit Sammelanfragen erfolgen, da die Ampex­Anlage erhebli­
chen Aufwand für den Betrieb erforderte: Magnetbänder holen, Auf­
spannen, Vorspulen, Kopieren, Zurückspulen, Ablegen. Mehrmals
am Tag wurde ein Ampex­Suchlauf durchgeführt. Dazu wurden alle
Anfragen entsprechend den Formelbereichen aufgeteilt, auf Lochkar­
ten gestanzt und auf dem Steuerungscomputer eingelesen, der dem
Operator die Anweisung gab, die entsprechenden Magnetbänder auf­
zuspannen.
beim aFis-suchlauf werden bis heute u.a. die lage und die ausrichtung der Endungen und gabelungen der Papillarlinien sowie deren
beziehung untereinander ausgewertet [39]
37
Das System las nun die betreffenden Bilder ab Originalband und
kopierte sie auf ein temporäres Band, das dem Fingerabdruckexper­
ten zur Abfrage und zum Vergleich zur Verfügung stand. Dieser wie­
derum rief nun die einzelnen Finger auf einem speziellen Fernseh­
monitor mit Split­Screen ab und verglich sie mit den vorliegenden
Originalen der Anfrage.
Die Firma Rockwell baute 1975 für das FBI fünf Hochgeschwindigkeits­
Fingerabdruckleser (FINDER = Fingerprint Reader). Weil sich diese
teuren Systeme nur nach Brasilien verkaufen liessen, entwickelte
die Firma Rockwell die Systemfamilie Printrak 250. Diese Systeme
wurden bis 1981 in acht US­nationalen und internationalen Polizei­
organisationen in Betrieb genommen, darunter in Montgomery
County/Prince Georges County Maryland, Saint Paul /Minneapolis
Minnesota, Houston Texas, Kanada und Brasilien.
1978 wurde die Printrak Computerized Fingerprint Identification
User′s Group gegründet.
Die britische Firma De la Rue (Sicherheitssysteme, Pass­ und Bankno­
tendruck) kaufte 1981 von Rockwell die Rechte, übernahm das Perso­
nal und gründete im kalifornischen Orange County die Firma De La
Rue Printrak (DLRPR) Anaheim.
Eines der ersten aFis-computersysteme mit Videobändern als speichermedium für die Fingerabdrücke [40]
38 | 100 Jahre Daktyloskopie
DLR Printrak lancierte 1982 das System 300. Eines der ersten
Systeme wurde von der Schweizerischen Bundesanwaltschaft/
Zentralpolizeibüro gekauft und 1984 in Betrieb genommen.
Ab 1985 waren weltweit 29 Printrak Systeme installiert. Nach rund
zehn Jahren als alleiniger Anbieter auf dem Markt sah sich De la
Rue Printrak mit drei Konkurrenten konfrontiert: Logica (Surrey,
England), Morpho Systems (France) und NEC Information Systems
(Japan).
Das AFIS­ISAR (Image Storage And Retrieval), ein Bildspeichersystem
mit optischen Speicherplatten, war 1987 verfügbar.
Die neue Generation AFIS von Printrak, das AFIS Orion, löste im Jahr
1989 die Systeme der Reihe 250 und 300 auf dem Markt ab.
Werbung für das Fingerabdruck-identifikations-system der Firma
De la Rue verkaufte 1990 die Printrak­Sparte. Richard Giles und ein
rockwell [41]
paar Getreue wurden durch «Management Buy­out» neue Besitzer der
Firma, die «Printrak International» hiess. Das neue System ORION
wurde zum Marktrenner.
Printrak war 1991 die erfolgreichste Firma im Fingerprint­Geschäft.
Das ORION­System und zahlreiche Erweiterungen und Verbesserun­
gen waren für die nächsten Jahre das Kerngeschäft der Firma.
Printrak gewann 1993 zusammen mit der Rüstungsfirma Harris den
FBI NCIC 2000 Kontrakt gegen fünf andere namhafte Anbieter.
1996 lancierte Printrak das System AFIS 2000.
Im Jahr 2000 wurde Printrak von Motorola aufgekauft. Motorola/
Printrak lancierte 2002 die AFIS Generation Omnitrak.
Die französische Firma Sagem Morpho übernahm 2009 Motorolas
biometrische Abteilung Printrak.
39
03
auszug aus entsprechendem
Kreisschreiben des
bundesrates vom 21.11.1905
siehe anhang 10.1
schWEiz:
anthroPoMEtriE VErsus
daKtYlosKoPiE
3.1
Die anthropometriSche phaSe
Nachdem Alphonse Bertillon die Anthropometrie 1882 in Frankreich
eingeführt hatte, war deren weltweiter Siegeszug vorerst nicht mehr
aufzuhalten. Auch bei den schweizerischen Polizeikorps wurde diese
Identifikationsmethode gestaffelt eingeführt.
Die föderale Struktur der Schweiz hatte im Polizeibereich den Nach­
teil, dass Wiederholungstäter auch mit dieser Methode kantons­ oder
landesübergreifend nicht wiedererkannt werden konnten. Zu diesem
Zweck musste eine zentrale Datensammlung geschaffen werden. Der
Gedanke wurde an einer Polizeidirektorenkonferenz lanciert und
auf Bundesbeschluss vom 26. Oktober 1903 hin wurde in Bern das
Schweizerische Central Polizei Bureau geschaffen. Das SCPB (spä­
ter SZPB) wurde im EJPD (Eidgenössisches Justiz­ und Polizei­
departement) der damaligen Eidgenössischen Polizeiabteilung ange­
gliedert (Nachfolgebehörde: Bundesamt für Polizeiwesen; Heute:
Bundesamt für Polizei fedpol).
Wildstr. 3 in bern, erster standort des scPb [42]
40 | 100 Jahre Daktyloskopie
Dem SCPB wurden folgende Aufgaben übertragen:
–
–
–
Führung einer anthropometrischen Zentralregistratur
Führung des Zentralstrafregisters
Herausgabe des schweizerischen Polizeianzeigers
Nach Ablauf der Referendumsfrist nahmen die Büros ihren Dienst
an der Wildstrasse 3 in Bern auf. Im selben Gebäude war ab 1914 das
Amt für Mass und Gewicht untergebracht.
Am 1. April 1904 begannen die Beamten der anthropometrischen
Zentralregistratur mit ihrer operativen Tätigkeit. Auf die Dienste des
Zentralstrafregisters konnte ab dem 1. Januar 1905 zurückgegriffen
werden. Von diesem Datum an erfolgte auch die regelmässige Her­
ausgabe des Schweizerischen Polizeianzeigers.
3.2 Der FingerabDruck, Die Schweiz unD
proFeSSor roDolphe archibalD reiSS
Im Jahr 1909 gründet Professor Rodolphe Archibald Reiss an der Uni­
versität Lausanne das «Institut de police scientifique», das der rechts­
wissenschaftlichen Fakultät angegliedert wurde. Die Geschichte der
Daktyloskopie in der Schweiz wie auch auf internationalem Parkett
wurde und wird bis heute durch dieses Institut massgeblich mitge­
Professor rodolphe archibald reiss,
prägt.
1875 – 1929 [43]
Am 31. Oktober 1912 wurde in Lausanne der schweizweit erste Straf­
täter allein aufgrund von Daktyspuren verurteilt. Es ging dabei um
einen Einbruchdiebstahl in das Café des Kursaals in Lausanne,
begangen durch einen Mann namens Emile H. Dessen Finger­ und
Handballenspuren waren auf einer aufgebrochenen Tür gesichert
worden. Die Identifikation im Polizeiinstitut von Professor Reiss an
der Universität Lausanne wurde durch einen Mitarbeiter des Profes­
sors durchgeführt. Emile H. wurde nach seiner Überführung zu 100
Tagen Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust verurteilt.
Professor Reiss und seine Mitarbeitenden konnten zuvor bereits in
etwa 30 Deliktsfällen Daktyspuren sichern. Der älteste Fall stammt
aus dem Jahre 1904. Vor Gericht gab es in diesen Fällen allerdings
auch noch weitere Beweismittel, die höher gewichtet wurden als die
Daktyspuren.
41
04
diE daKtYlosKoPiE
auF bundEsEbEnE
Von 1913 bis hEutE
Am 1. Januar 1913 wurde die schnellere und präzisere Daktyloskopie
auf Bundesebene eingeführt, welche die Anthropometrie rund ein
Jahrzehnt später endgültig ablöste. Die Klassifizierung erfolgte nach
dem System Galton/Henry.
Einige Kantone hatten die Daktyloskopie
schon wesentlich früher eingeführt:
Basel Stadt
1904
Luzern
Aargau
Bern
1905
1908
1908
Schaffhausen 1909
alphabetische Registratur,
anschl. Daae
(modif. Methode Vucetich)
Registratur nach Galton/Henry
Registratur nach Galton/Henry
Versuch nach Daae
(modif. Methode Vucetich)
Registratur nach Galton/Henry
(Kopie der entsprechenden Dokumente siehe Anhang 10.3 und 10.4)
Die deutschsprachigen Kantone übernahmen bei der Personenerken­
nung tendenziell die Methode nach Galton/Henry, während sich die
die französischsprachigen Kantone vorzugsweise für die Methode
nach Vucetich entschieden. Die unterschiedlichen Registrierungsar­
ten blieben zum Teil bis in die 1990er Jahre erhalten. Bedingt durch
die elektronische Datenverarbeitung, erfolgt die Ablage der Daktybo­
gen seit 1996 mehrheitlich nach Prozesskontrollnummern, der soge­
nannten PCN.
1914 wurde erstmals der Begriff Erkennungsdienst in die Bundes­
gesetzgebung eingeführt.
42 | 100 Jahre Daktyloskopie
Da es prinzipiell nicht möglich war, mittels gezielter Recherche ein­
zelne Tatortspuren den korrespondierenden Vergleichsabrücken in
der Galton/Henry­Sammlung zuzuordnen, wurde 1926 beim Erken­
nungsdienst des SZBP die Einzelfingersammlung (Monodaktylos­
kopie, System Born) eingeführt. Die Galton/Henry Klassifizierung
erfolgte hauptsächlich anhand der Grundmuster aller zehn Fin­
ger. Mit einer einzelnen Tatortspur konnte deshalb die zur Suche im
Klassifizierungsystem nötige Formel gar nicht erstellt werden. Hier­
zu bedurfte es eines ausgeklügelten Systems mit einer Formel pro Fin­
ger, eben einer Einzelfingersammlung. In diese Formel wurden dann
die diversen Untermusterarten, unterschiedliche Ausformungen des
Zentrums, die Distanz Delta­Zentrum, etc. mit einbezogen. Das SZPB
wurde 1929 organisatorisch der Bundesanwaltschaft unterstellt.
blick in die ersten büroräumlichkeiten des Erkennungsdienstes
an der Wildstr. 3, bern [44]
beispiel einer Karte aus der
Einzelfingersammlung [45]
43
Die kantonalen Erkennungsdienste und teilweise auch ausländische
Stellen – wie beispielsweise Scotland Yard – bezogen ihre schwarzen
Gelatinefolien zur Daktyspurensicherung bis zum Ende des Zweiten
Weltkrieges direkt in Wien bei einem gewissen Rudolf Schneider. Die­
se Folien werden deshalb bis heute oft auch Wiener­ oder Schneider­
Folien genannt. Nach der Kapitulation des Deutschen Reiches und
dem Einmarsch der sowjetischen Truppen in Wien war der Bezug die­
ser Folien jedoch nicht mehr möglich. Die schweizerischen Erken­
nungsdienste begannen daher ab 1945, die Wiener Folie teilweise sel­
ber herzustellen. (Kopie des Schreibens siehe Anhang 10.8)
Von 1945 – 1975 erlebt die Daktyloskopie in der Schweiz eine stabile
Phase ohne grosse Veränderungen.
1975 erfolgt der Umzug des SZPB von der Wildstrasse 3 an den Bun­
desrain 20, ebenfalls in der Stadt Bern. Der Erkennungsdienst des
SZPB verwaltet zu diesem Zeitpunkt rund 400 000 Fingerabdruck­
bogen.
Friedrich born, chef Erkennungsdienst, im Jahr 1937 [46]
büro an der Wildstrasse
im Jahr 1937 ; Fingerabdruckblätter abgelegt nach system
galton/henry [47]
44 | 100 Jahre Daktyloskopie
beispiel eines zehn-Finger-daktybogens. oben rechts ist die galton/henry Klassifizierungsformel erkennbar [48]
45
teil der mit reitern nach delikten gekennzeichneten
zugang zum Eidgenössischen
früheren tatortspurenkartei [49]
Verwaltungsgebäude am bundesrain 20, bern [50]
schränke und schubladen zur aufnahme der Fingerabdruckblätter
und der tatortspuren am neuen standort bundesrain 20, bern [51]
46 | 100 Jahre Daktyloskopie
Pro Jahr gingen durchschnittlich 16 000 neue Bogen ein. 50% der ein­
gehenden Fingerabdruckbogen stammten dabei von ausländischen
Staatsangehörigen. Gesamtschweizerisch wurden jährlich an rund
7200 Tatorten etwa 16 000 Fingerabdruckspuren gesichert.
Das daktyloskopische Verfahren war arbeitsintensiv. Die speziali­
sierten Daktyloskopen mussten viel Zeit für die Pflege der Kartei­
en aufwenden. Neben der daktyloskopischen Galton/Henry­Haupt­
sammlung mussten auch die Kurzpersonalien in einer alphabetisch/
phonetisch organisierten Kartei geführt werden. Eine daktyloskopi­
sche Personenidentifikation dauerte damit zusammen mit den erfor­
derlichen Karteikonsultationen im Durchschnitt rund 30 Minuten.
Entgegen der weit verbreiteten Vorstellung war es jedoch nicht mög­
lich, mit einzelnen Tatortspuren gezielt nach den übereinstimmen­
den Fingerabdrücken in der nach Galton/Henry sortierten Zehn­Fin­
ger­Sammlung zu suchen. Diese diente der direkten Identifikation von
Personen. Für eine Recherche in der Galton/Henry­Hauptsammlung
bedurfte es deshalb den Abdruck aller zehn Finger der abzugleichen­
Pierre Mouche, Mitarbeiter des Erkennungsdienstes
den Person. Nur so konnten auch die abzugleichenden Finger formu­
anfang der 1980er Jahre beim Vergleich
liert werden. Mit dem zum Tatortspurenabgleich neu geschaffenen
tatortspuren – zehn-Finger-abdruckbogen [52]
monodaktyloskopischen Verfahren war auch eine gezielte Suche nach
einzelnen Fingerabdrücken möglich. Der Unterhalt der Monodakty­
sammlung war aber mit einem grossen Arbeitsaufwand für die Pflege
der Einzelfinger­ und Handballensammlungen verbunden. Der Zehn­
Fingerbogen einer erkennungsdienstlich behandelten Person musste
separat klassifiziert und abgelegt werden. Diese aufwendige Zusatzar­
beit wurde vorwiegend bei mehrfach überführten Tätern ausgeführt.
Die Sucharbeiten waren aber ermüdend und brachten nur vereinzel­
te positive Resultate. Die meisten Erfolge wurden durch das systema­
tische Analysieren und Vergleichen der ungelösten Tatortspuren mit
den neu eingehenden Zehn­Finger­Abdruckbogen erzielt, bevor diese
in der Registratur abgelegt wurden. Diese Methode basierte auf dem
fotografischen Gedächtnis der spezialisierten Sachbearbeiter. Wäh­
rend dem täglichen Formulieren der eingehenden Daktybogen trafen
sie von Zeit zu Zeit auf ein Muster, das sie schon einmal gesehen hat­
ten. Ein Treffer war selten und kam durchschnittlich nur einmal alle
20 Arbeitstage vor. Ein solches Ereignis wurde im Erkennungsdienst
dann jeweils entsprechend gefeiert. Die Identifizierung der Tatort­
spuren blieb somit bis zur Beschaffung des AFIS, dem automatisier­
ten Fingerabdruck­Identifikations­System, die Ausnahme.
47
Ab 1984 begann durch die Einführung des AFIS eine nicht mehr zu
stoppende technische Entwicklung (vgl. Kapitel 5).
1997 beschlossen die Chefs der Kriminaltechnischen Dienste an
der jährlichen Tagung in Solothurn, mittelfristig vom numerischen
Identifikationsstandard (Zwölf­Punkte­Regel) abzurücken und die­
sen durch eine Wahrscheinlichkeitsberechnung zu ersetzen.
Im Jahr 2000 nahm die nationale DNA­Datenbank ihren Probebetrieb
auf. Fünf Jahre später erfolgte der Übergang vom DNA­Probebetrieb
zum definitiven Betrieb. Die AFIS Services wurden in die neuen
Prozesse eingebunden und in AFIS DNA Services umbenannt.
Die Umsetzung des Grundsatzentscheids von 1997 wurde bei der Kon­
ferenz der Schweizerischen Chefs der Kriminaltechnischen Dienste
im Jahr 2007 basierend auf den Arbeiten einer ad hoc­Kommission
zur Daktyloskopie beschlossen. Dabei wurde die folgende Erklärung
verabschiedet, hier in der 2012 leicht angepassten Form:
Die Ausbildung der Spezialisten in der Daktyloskopie und die Schu­
lung ihrer Kompetenzen finden im Rahmen eines dreistufigen Sys­
tems (Grundlagen, Spezialist, Experte) statt, welches periodisch
überprüft wird. Der daktyloskopische Identifikationsprozess und –
entscheid erfolgt aufgrund einer probabilistischen Betrachtungs­
weise. Das heisst, er basiert auf einer sowohl qualitativen als auch
quantitativen Bewertung der zu vergleichenden Elemente und nicht
auf einer minimalen Anzahl an Galton­Punkten. Der Identifikations­
prozess sieht ein hierarchisches Vorgehen bei der Verifizierung sowie
eine Kontrolle der daktyloskopischen Vergleiche vor, wobei bereits in
der Analysephase zwischen einfachen und komplexen Fällen unter­
schieden wird. Dieser Ansatz beruht auf der ACE­V Methode (Ana­
lysis, Comparison, Evaluation – Verification). Die Koordination des
Gesamtprozesses wird durch das Komitee der Arbeitsgruppe Dakty­
loskopie gewährleistet.
Damit wurde der Übergang vom numerischen, auf der Übereinstim­
mung von zwölf Punkten basierenden Standard, auf den nicht­nume­
rischen Standard festgelegt.
48 | 100 Jahre Daktyloskopie
49
05
diE schWEiz
und das aFis
5.1 vom erSten aFiS europaS
biS zum heutigen SyStem omnitrak
Die Firma Rockwell International, Hersteller von Fingerabdruck­
systemen, trat zu Beginn 1976 mit dem Schweizerischen Zentral­
polizeibüro in Verbindung und ermöglichte den Spezialisten des
Erkennungsdienstes und des Dienstes für Informatik der Bundesan­
waltschaft eine detaillierte Einsicht in die neue Technologie.
Rockwell stellte eine Vorführung des Einzelfinger­Identifikations­
systems in Frankfurt für europäische Interessenten in Aussicht.
Im August 1976 ersuchte Rockwell um Zusendung von 100 Finger­
abdruckblättern von in der Schweiz daktyloskopierten Personen.
Diese Blätter wurden in Kalifornien eingelesen. Kurz darauf wurde
eine Test­Datenbank mit 1000 Einzelfingern aufgebaut. Um die Tests
möglichst wirklichkeitsnah zu gestalten, wurden Fingerabdrucksets
gewählt, die mit wenigen Ausnahmen Schlingen als Grundmuster
enthielten. Die Resultate der Tests waren vielversprechend, obschon
das Testsystem für einen Suchlauf rund eine Stunde benötigte. Ein
ausführlicher Bericht zu diesem Test führte in der Schweiz zum
Projektantrag AFIS.
Dieser wurde am 18. April 1977 eingereicht und in der Folge vom Bun­
desanwalt und dem damaligen Bundesamt für Organisation geneh­
migt. Die Phasen Voranalyse und Konzept wurden damit freigegeben.
Ein Arbeitsauftrag erging am 27. Juli 1977 an die Projektleitung AFIS.
50 | 100 Jahre Daktyloskopie
Das Arbeitsziel wurde wie folgt umschrieben:
Voranalyse und Konzept eines automatisierten FingerabdruckIdentifikationssystems für das Schweizerische Zentralpolizeibüro, umfassend:
– Automatische Zehn­Finger­ und Einzelfinger­Identifikation
– Computergestütztes Namenindex­System mit Terminals
für die ganze Abteilung
– Ein einfaches Mikrofilm­System für den raschen Zugriff auf die zu
verfilmenden Fingerabdruckbogen der daktyloskopischen Hauptsammlung
Einflussfaktoren bzw. Voraussetzungen für die Verarbeitungsleistung eines
automatisierten Systems waren:
– Alle eingehenden Zehn­Fingerbogen
– Alle eingehenden Spuren
– Ein Namen­, Such­ und Erfassungssystem
verbunden mit der Fotosammlung
– Rasche Konsultation der Originalabdrücke bei Suchresultaten
– Kein Personalmehrbedarf
Die Konzeptarbeiten sahen vor, einen Marktüberblick zu gewinnen und folgende Systeme nach Möglichkeit zu testen:
– Das System des Bundeskriminalamts (BKA), Deutschland
– Das System des Federal Bureau of Investigation (FBI), USA
– Das System der Royal Canadian Mounted Police (RCMP), Kanada
– Zwei Systeme in Grossagglomerationen der USA,
nahe Washington DC und Minneapolis/St.Paul
Bei allen Besuchen wurden wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Es
wurde klar, dass die drei Systeme des BKA, des FBI und der RCMP
ungeeignet oder zu gross für die Schweiz waren. Die beiden «kleineren
Systeme» schienen dagegen geeignet für die Bedürfnisse der Schweiz
und bewiesen in einem von der Schweiz entwickelten Test, dass sie
die geforderte Leistung erbringen konnten.
51
Das AFIS Konzept wurde 1980 fertiggestellt, vom Bundesrat ge­
nehmigt und das System Printrak 250 S bestellt.
Nachdem der Startschuss für die Erfassung der Namenkartei des
Erkennungsdienstes gefallen war, begannen die Arbeiten: Mit zehn
Hilfskräften und zahlreichen Mitarbeitenden aus allen kantonalen
Erkennungsdiensten wurden 1981 die Sammlungen bereinigt. Die
Fingerabdruckbogen wurden zusätzlich mit einer Prozesskontroll­
nummer versehen, gemäss dem AFIS­kompatiblen Standard NCIC
formuliert und mikroverfilmt.
1982 wurde Rockwell von De La Rue übernommen. Der General­
unternehmer für die amerikanischen Systeme, Ascom Autelca, war
für die Wartung der Printrak Systeme verantwortlich. Die Firma De
La Rue Printrak stellte der Schweiz ohne Mehrkosten das wesentlich
leistungsfähigere neue System Printrak 300 zur Verfügung.
Die Lieferung des Systems 300 erfolgte 1984. Damit konnte mit der
Datenkonversion begonnen werden. Mit grossem Aufwand und unter
Mithilfe der kantonalen Erkennungsdienste wurde die nunmehr auf­
bereitete Daktysammlung auf den drei Printrak Read­Edit Konsolen
eingelesen und das neue System in Betrieb genommen.
Die Datenkonversion wurde Mitte 1985 abgeschlossen. Die ersten
Erfolge bestätigten die Tauglichkeit der Printrak­Anlagen. Der Dele­
gierte für das Flüchtlingswesen (DFW) begann, das System zur
system dlr Printrak 300 [53]
52 | 100 Jahre Daktyloskopie
Überprüfung von Zehn­Fingerbogen der Asylbewerber zu nutzen. Die
Datenbank wurde damit zusätzlich zum Dienst für die Polizei auch
innerhalb des EJPD amtsübergreifend im neu geschaffenen Bundes­
amt des Delegierten für das Flüchtlingswesen genutzt.
Wegen der zusätzlichen Belastung durch den DFW konnten die Read/
Edit Konsolen nicht mehr für die Spurensuche genutzt werden. Eine
zweite Spurenkonsole schaffte 1986 Abhilfe.
Polizeibeamte aus verschiedenen Kantonen helfen mit,
Fingerabdruckblätter
im system 300 einzulesen [54]
Ein blick in den aFis computer
raum system delaruePrintrak
dlrPr 300, damals noch am
bundesrain 20, bern, 1. stock
West [55]
53
Weil die Verarbeitungszahlen besonders im Asylbereich stark anstie­
gen, musste die Mikrofilm­Anlage mit einer Bildverarbeitungsanlage,
die über optische Platten verfügte, ersetzt werden (ISAR, Image
Storage and Retrieval). Entsprechend wurde ein Projekt ausgearbei­
tet und die vorgeschlagene Beschaffung bewilligt. Man erhoffte sich
dadurch einen erheblichen Zeitgewinn, da die mühsamen Vergleichs­
arbeiten mit Mikrofilm entfielen. Mögliche Treffer auf Spuren wurden
bis anhin auf einer Papierliste mit Anzeige der Nummern der in Frage
kommenden Zehn­Finger­Daktybogen ausgedruckt. Diese Dakty­
bogen mussten danach auf Mikrofilm gesucht und mit der auf einen
Schirm projizierten Tatortspur verglichen werden.
1988 erfolgte ein Upgrade auf das System 400. Die Daten für das
ISAR wurden elektronisch erfasst, indem die Fingerabdrucksamm­
lung abschnittweise mit robusten Holzkoffern in die USA und zurück
transportiert wurden. Die Firma Printrak hatte zu diesem Zweck für
alle Kunden ein professionell organisiertes Erfassungszentrum ein­
gerichtet.
Ebenfalls im Jahr 1988 wurde die Daktyloskopierung aller Asylbewer­
ber verfügt. Die Identifizierungsbegehren des DFW nahmen darauf
wiederum stark zu und mit ihnen wurden die Rückstände in der Ver­
arbeitung grösser.
Vergleich Mikrofilmaufnahme mit tatortspur [56]
54 | 100 Jahre Daktyloskopie
Der Rückstand beim DFW betrug bald mehr als ein halbes Jahr. Als
Sofortmassnahme wurde beschlossen, die Printrak 400 Anlage durch
eine ORION­Anlage zu ersetzen. Die Fingerabdruckblätter des DFW
wurden zudem neu in den USA beim Konversionszentrum Printrak
eingelesen.
Der Gebrauch des AFIS machte die Ablage der Original­Daktybogen
nach der Klassifikation Galton/Henry unnötig. Daher wurden diese
auf Bundesebene numerisch fortlaufend abgelegt.
Mit dem erneuten Ansteigen der Asylzahlen entstand 1990 der selb­
ständige Erkennungsdienst des Bundesamtes für Flüchtlinge (BFF),
vormals DFW. Im gleichen Jahr wurde das Orion­System geliefert und
in Betrieb genommen.
Das neue Orion­System wurde 1991 ohne Probleme erweitert. Die
Asylbegehren nahmen weiter zu. Nach der Intervention der Politik
wurde zusammen mit Printrak das Rapid Response AFIS (kurz RRA)
entwickelt. Das RRA ist eine Kombination von Einzelfinger­Scannern
und schnellen Datenbanken zur Identifizierung von Personen inner­
halb weniger Minuten.
roland gander, ehemaliger chef der aFis services, an der Printrak orion Konsole [57]
55
Im Jahr 1992 wurden die ersten Live­Scan­Anlagen für die Zehn­
Finger­Abnahme in Europa eingeführt. Diese optischen Aufnahme­
geräte für Fingerabdrücke wurden in den Empfangszentren des
damaligen Bundesamtes für Flüchtlinge in Betrieb genommen. Sie
ersetzten dort den aufwendigeren Prozess der Fingerabdruckab­
nahme mit Druckerschwärze.
Das System RRA wurde 1995 operativ. Dieses System bildete die
Grundlage für eine zukunftsgerichtete Modernisierung des AFIS und
für eine flankierende Reorganisation der beiden Erkennungsdiens­
te beim Bund. Im Februar 1996 hatten die Verantwortlichen im GS
EJPD, BAP und BFF beschlossen, die Aufgabe der Identifizierung
mit der Schaffung der AFIS Services amtsübergreifend und gesamt­
schweizerisch anzugehen.
Im selben Jahr erfolgte die Reorganisation und Umbenennung
des Erkennungsdienstes in AFIS Services mit folgenden Neuerungen:
–
–
–
–
–
Suchlauf für sämtliche eingehenden Daktybogen
(keine vorgängige Namensabfrage mehr).
Speicherung sämtlicher eingehender Daktybogen
anstelle des jeweils qualitativ besten Bogens
(so auch mehrere Bogen der gleichen Person).
Integration des Dienstes in das Rechenzentrum
des EJPD.
Auslagerung des erkennungsdienstlichen Interpol­
Bereiches (das heutige Kommissariat Internationale
Identifizierungen bei der Hauptabteilung
Internationale Polizeikooperation von fedpol).
Einführung der Prozesskontrollnummer
(PCN, s. Glossar).
Im Juli 1997 wurde das Projekt mit der Unterstellung der AFIS Servi­
ces beim Rechenzentrum EJPD erfolgreich abgeschlossen. Durch die
Modernisierung des AFIS wurde die Identifikationszeit von Personen
innert Tagen/Stunden auf wenige Minuten verkürzt.
1998 wurde der Wandel vom isolierten, von wenigen Spezialisten
bedienten AFIS hin zu prozessorientierter Dienstleistung und lan­
desweit ausgelagerten erkennungsdienstlichen Funktionen vollzogen.
Eine nationale Prozesskontrollnummer (PCN) diente neu als gesamt­
schweizerische Referenz. Von den rund 45 000 Identifizierungsauf­
trägen stammten im Jahr 1997 rund 23 000 (51 %) von den Kantonen,
20 000 vom BFF (44,5 %) und 2000 vom BAP (4,5 %).
56 | 100 Jahre Daktyloskopie
identifikation von tatortspuren [58]
3'500
manuell
AFIS System 300
AFIS ORION
AFIS 2000
SWISS AFIS
neue
Erkennungsverfahren
3'000
Anzahl an Iden1fika1onen
2'500
2'000
1'500
1'000
500
0
2003 – 2005 : zusätzliche verarbeitung alter tatortspuren;
ab 2008: Verarbeitung
geänderte zählweise
2003 -­‐ 2005: Zusätzliche
alter Tatortspuren
ab 2008: geänderte Zählweise
identifikation von personen durch treffer mit Fingerabdruckbogen [59]
30'000
manuell
AFIS System 300
AFIS ORION
AFIS 2000
neue
Erkennungsverfahren
25'000
Anzahl an Iden1fika1onen
SWISS AFIS
20'000
15'000
10'000
5'000
0
1991 : aufarbeitung von rückständen aus dem asylbereich; zählweise bis 1996: nur treffer mit anderen identitäten
Die Tatortspurenidentifikationen wurden gegenüber der Vor­AFIS­
Zeit um das Zehn­, später um das Dreissigfache gesteigert.
Bei den Personenidentifikationen bedurfte es einer neuen AFIS Gene­
ration und einer zusätzlichen Umstrukturierung der Arbeitsabläufe
im Jahre 1996. Ab diesem Zeitpunkt wurden alle eingehenden Dakty­
bogen einem AFIS­Suchlauf unterzogen, was die Abläufe wesentlich
vereinfachte. Damit kam es zu einem signifikanten Anstieg der Iden­
tifikationen. Zuvor war es üblich, zuerst mittels einer Namensabfra­
ge im Polizeiindex herauszufinden, ob eine Person bereits registriert
war. Der Anstieg im Jahre 1991 ist durch das Verarbeiten der erwähn­
ten Rückstände aus dem Asylbereich zu erklären.
57
Im Jahr 2000 wurde der 24 Stunden/365 Tage Schichtbetrieb bei den
AFIS Services eingeführt. Damit wurde die Echtzeitidentifikation neu
rund um die Uhr ermöglicht. Die AFIS Services wurden organisato­
risch in das BAP zurückgeführt.
Mitarbeitende der aFis dna
2002 wurde mit dem Projekt Swiss AFIS das AFIS 2000 durch das
services an den verschiedenen
System Omnitrak abgelöst. Mit dem Systemwechsel wurde neu
aFis arbeitsstationen [60]
auch die automatisierte Identifizierung von Handballen möglich.
Gleichzeitig wurde der «Message Handler» eingeführt, eine auf
Internet­Technologie basierende Kommunikationsplattform. Damit
konnten erstmals automatisch positive oder negative Meldungen
aus dem Datenbankabgleich mit den Daten der allenfalls identifi­
zierten Personen versehen und den Kunden unmittelbar zur Verfü­
gung gestellt werden. Parallel dazu wurde die Echtzeit­Identifikation
von «Rapid Response AFIS» in «Identiscan» umbenannt. Die meisten
Polizeikorps, das Grenzwachtkorps und viele Visa­Abteilungen der
Botschaften wurden an dieses Identifikations­System angeschlossen.
Seither können Identifikationsanfragen dieser Behörden innerhalb
von wenigen Minuten beantwortet werden.
58 | 100 Jahre Daktyloskopie
2008 wurde der mobile Einfingerscanner für das GWK und die Polizei
(Mobile AFIS) eingeführt. Die Anzahl der eingesetzten Geräte nimmt
seither stetig zu.
bildschirmanzeige eines
handballentreffers nach
datenbankabgleich mit dem
system omnitrak [61]
Einfingerscanner Mobile aFis [62]
2010 wurden auf der Datenbank alle Zehn­Finger­Daktybogen auf
1 000 Pixel pro Inch konvertiert. Die Bildqualität konnte damit mas­
siv gesteigert werden. Gleichzeitig wurde die papier­basierte Dakty­
Datensammlung vernichtet. Seitdem werden alle Daktybogen beim
Bund nur noch elektronisch gespeichert.
Am 7. November 2012 wurde die Evaluationsphase im Rahmen des
Projektes AFIS New Generation beendet. Der Zuschlag für das neue
AFIS ging an die französische Firma Sagem Morpho.
59
5.2 Die zukunFt – DaS SyStem aFiS new generation
medienmitteilung, des eJpD vom 22.12.2010
bern. Der bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung der beschaffung eines neuen
automatisierten Fingerabdruck-identifikationssystems (aFiS) zugestimmt.
Das « aFiS new generation » wird das bestehende System voraussichtlich
2013 ablösen. es ist ein zukunftsorientiertes instrument für die biometrischforensische tatortspurenaufklärung und personenidentifikation.
Das automatisierte Fingerabdruck­Identifikationssystem AFIS unter­
stützt die Identifikation von Personen und Tatortspuren aufgrund
von Finger­ und Handflächenabdrücken. Das zentrale, nationa­
le AFIS wird vom Bundesamt für Polizei fedpol seit 1984 betrieben
und ist aus der heutigen Sicherheitslandschaft Schweiz nicht mehr
wegzudenken. 2009 wurden mit AFIS rund 128 000 Überprüfungen
durchgeführt, was zu 52 000 Personenidentifizierungen geführt hat.
Gleichzeitig konnten über Analyse und Vergleich von Finger­ und
Handflächenabdrücken, die an Tatorten gesichert wurden, rund 2300
Personen identifiziert werden. Dabei handelt es sich grösstenteils um
Täterspuren.
Dringliche ablösung
Seit der letzten Erneuerung des Systems im Jahre 2002 hat sich das
Auftragsvolumen massiv erhöht. Die technischen Leistungsgrenzen
in allen Bereichen des Gesamtsystems sind erreicht. Eine Weiterfüh­
rung des bestehenden Systems könnte mittelfristig zu einem Total­
ausfall des gesamtschweizerischen Fingerabdrucksystems führen.
Das Bundesamt für Polizei könnte dann seinen Leistungsauftrag
gegenüber seinen Partnern (Kantonspolizeien, Grenzwachtkorps,
Bundesamt für Migration, Botschaften, Interpol­Partnerstaaten) die
das System rund um die Uhr nutzen, nicht mehr wahrnehmen.
Neben den technischen Gesichtspunkten gilt es auch den zunehmen­
den internationalen Bedürfnissen Rechnung zu tragen. Der Daten­
austausch geschieht heute über die Schnittstelle zu Eurodac, der euro­
päischen Asyldatenbank, sowie mit den Interpol­Partnerstaaten.
Damit die technischen und qualitativen Anforderungen auch in
Zukunft erfüllt werden können, muss das bestehende AFIS durch das
neue System « AFIS New Generation » abgelöst werden. Die Investiti­
onskosten für das neue System belaufen sich auf rund 18,5 Millionen
Franken, die durch den Bund getragen werden.
60 | 100 Jahre Daktyloskopie
klare gesetzliche grundlagen
Die Arbeiten mit dem AFIS unterliegen klaren gesetzlichen Grund­
lagen. Das Informationssystem stützt sich einerseits auf Artikel 354
Absatz 1 und Absatz 4 des Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.0). Die Ein­
zelheiten regelt der Bundesrat auf Verordnungsstufe. Bezüglich Aus­
länderinnen und Ausländer stützt sich das AFIS anderseits auch auf
Artikel 102 Absatz 2 des Ausländergesetzes (AuG; SR 142.20).
Die Verordnung vom 21. November 2001 über die Bearbeitung biome­
trischer erkennungsdienstlicher Daten (SR 361.3) schränkt die biome­
trischen erkennungsdienstlichen Daten auf Finger­ und Handballen­
abdrücke, Tatortspuren, Fotografien und Signalemente ein und regelt
den Einsatz des AFIS. Die Grundlagen für den internationalen Daten­
austausch finden sich für Eurodac im Asylgesetz (SR 142.31; Art. 102a
bis 102e) sowie für Interpol im StGB (Art. 350 bis 352).
die Mitglieder des bundesrates in der zusammensetzung 2013, aufgenommen im sitzungszimmer des bundesrates [63]
61
06
idEntiFiKation
6.1 grunDSÄtze
In der Daktyloskopie gelten folgende Grundsätze:
–
Fingerabdrücke sind einzigartig
–
Fingerabdrücke sind unveränderlich
Mit unseren Fingern hinterlassen wir auf berührten Gegenständen
Abdrücke, ähnlich einem Stempel. Meist sind diese Abdrücke nicht
ohne Weiteres sichtbar. Sie müssen zuerst sichtbar gemacht werden.
Eine der ältesten, aber nach wie vor gebräuchlichsten Methoden, ist
das Einstäuben mit feinstem Aluminiumpulver. Das Pulver bleibt an
den Schweiss­ und Talgrückständen haften. Die Abdrücke werden
dadurch sichtbar. Der Abdruck kann in der Folge mit einer speziel­
len Folie, der sogenannten «Wienerfolie» (vgl. Kapitel 10.8), gesichert
und fotografiert werden.
spurensicherung mittels Pinsel
und aluminiumpulver [64]
Mit dieser Methode kann eindeutig nachgewiesen werden, dass eine
Person einen Gegenstand berührt hat. So kann bei einem Delikt unter
Umständen ein Tatzusammenhang hergestellt werden.
6.2 vergleichSebenen
Der Vergleich von Fingerabdrücken geschieht auf insgesamt drei
Ebenen, die in einem Ansatz «vom Groben zum Feinen» vom Daktylo­
skopen durchlaufen werden.
62 | 100 Jahre Daktyloskopie
ebene 1
Die erste Ebene ist die von blossem Auge gut sichtbare. Es werden die
Grundmuster unterschieden.
die drei grundmuster [4]
schlinge
bogen
Wirbel
ebene 2
Um die zweite Ebene zu analysieren, wird eine Lupe benötigt. Hier
werden die Minutien (Gabelungen, Endungen, Seen…) erkennbar:
gabelung
Endung
Punkt
see
haken
diverse Papillarlinienmuster [65]
ebene 3
Die dritte Ebene wird erst unter dem Mikroskop gut sichtbar. Dabei
geht es um die Unterscheidung von Form und Anzahl Poren sowie um
die Unterscheidung der Form der Papillarleisten.
Auf den modernen Computersystemen können diese drei Ebenen
heute stufenlos und ohne Lupe oder Mikroskop vergrössert und
betrachtet werden.
Ein beispiel für die
markante Form der Poren
und Papillarleisten [66]
63
6.3 iDentiFikationSprozeSS
Beim Identifikationsprozess werden im Spurenbereich (Finger und
Handballen) die folgenden Schritte nach dem international standard­
isierten Verfahren ACE­V (Analysis/Comparison/Evaluation – Verifi­
cation) durchlaufen:
analyse (analysis)
Qualitative und quantitative Beurteilung der Merkmale aller drei
Ebenen eines Fingerabdrucks.
vergleich (comparison)
Vergleich der bei der Analyse festgestellten Merkmale mit einem Ver­
gleichsabdruck hinsichtlich Übereinstimmungen und Abweichungen.
64 | 100 Jahre Daktyloskopie
bewertung (evaluation)
Ziel ist die Erlangung eines Befundes:
–
Identisch
–
Nicht identisch
–
Person XY kann als Spurenverursacher nicht
ausgeschlossen werden
verifikation (verification)
Die vorgängigen Schritte (ACE) werden anschliessend durch einen
zweiten qualifizierten Daktyloskopen in einer ergebnisoffenen Unter­
suchung nachvollzogen. Nur für den Fall, dass der zweite Experte das
Ergebnis des ersten Bearbeiters bestätigt, wird dieses offiziell.
beispiel eines Vergleichs mit zwölf übereinstimmenden Minutien bei einer handballenspur :
links tatortspur, rechts Vergleichsabdruck aus der datenbank [67]
65
07
dEr FingErabdrucK aussErhalb
dEs straFVErFahrEns;
bioMEtrischEr rEisEPass
Biometrische Daten im Pass sind nichts Neues. Pässe enthalten seit
jeher biometrische Daten. In der Regel ein Foto, die Grösse und die
Unterschrift der Person, auf deren Namen er lautet. Mit Ausbruch
des Ersten Weltkrieges erklärten 1914 sämtliche europäische Staaten
Pässe für obligatorisch. Gleichzeitig wurden Klagen laut, dass
Schweizer Bürger im Ausland oft nicht als solche erkannt würden.
Die bis dahin verwendeten Passformulare der Kantone wurden 1915
deshalb notrechtlich durch einen gesamtschweizerischen Pass ersetzt.
An der zweiten ordentlichen Tagung der internationalen kriminal­
polizeilichen Kommission IKPK (Vorläufer von Interpol mit damali­
albert Einsteins schweizer Pass, 1923 [68]
gem Hauptsitz in Wien) vom 26. – 29. April 1926 wurde beschlossen,
Fingerabdrücke in die Pässe aufzunehmen (vgl. Schreiben des Polizei­
präsidenten der freien Stadt Danzig, vom 19.1.1927, Kapitel 10.5).
In der Schweizerischen Passverordnung von 1928 wurde aufgrund
politischer Bedenken entschieden, im Schweizer Pass vorläufig auf
Fingerabdrücke zu verzichten.
Die Einführung von E­Pässen wurde international schon in den
90er Jahren diskutiert. Dies vor dem Hintergrund einer allfälligen
Beschleunigung bei der Grenzkontrolle. Die Terroranschläge vom
11. September 2001 auf das World Trade Center in New York haben
schliesslich zu einer beschleunigten Einführung von E­Pässen
geführt. Die US­Behörden waren die treibende Kraft hinter diesem
Vorhaben und setzten die Idee des biometrischen Reisepasses inter­
national durch.
anschlag auf die zwillingstürme
des World trade centers
in new York am 11. 9. 2001 [69]
66 | 100 Jahre Daktyloskopie
Zusätzlich zu den bisher im Pass enthaltenen Personendaten wurde
ab 2006 auf einem Chip ein digitales Foto abgespeichert, das mit dem
im Pass abgebildeten Foto identisch ist.
Ein überparteiliches Komitee reichte 2008 bei der Bundeskanzlei in
Bern 63 733 gültige Unterschriften für ein Referendum gegen die Ein­
führung biometrischer Pässe ein. Das Referendum richtete sich ins­
besondere gegen eine zentrale Datenbank und gegen den Beschluss,
dass nach einer zweijährigen Übergangsfrist Identitätskarten nicht
mehr bei den Gemeinden beantragt werden können.
In der Volksabstimmung von 2009 stimmte das Schweizer Stimmvolk
äusserst knapp für die Einführung des biometrischen Passes (50,14 %
Ja­Stimmen). Den Ausschlag gaben nur gerade 5504 Stimmen.
Ein Staatsvertrag mit der Europäischen Union legt fest, dass ab dem
1. März 2010 Pässe ausgestellt werden, die standardmässig zwei Fin­
gerabdrücke enthalten. Der Pass 10 wurde pünktlich auf diesen Ter­
min eingeführt. 37 kantonale Zentren und über 120 Vertretungen
im Ausland wurden mit der nötigen technischen Infrastruktur aus­
gerüstet, über 600 Personen geschult. Ein halbes Jahr nach Einfüh­
rung waren bereits über 250 000 Schweizerinnen und Schweizer im
Besitz dieses Passes mit elektronisch gespeicherten Daten. Sofort
etabliert hat sich die neue Möglichkeit der Online­Bestellung via
www.schweizerpass.ch.
Die Schweiz musste infolge einer Weiterentwicklung des Schengen­
Rechts biometrische Daten auch auf Ausländerausweisen für Dritt­
staatsangehörige einführen. Seit dem 24. Januar 2011 werden damit
für Drittstaatsangehörige mit Ausländerausweis B, C und L auf einem
Datenchip nebst dem Gesichtsbild neu auch zwei Fingerabdrücke
gespeichert. Sämtliche Daten der biometrischen Ausländerauswei­
se werden im zentralen Migrationsinformationssystem (ZEMIS) im
Bundesamt für Migration verwaltet und sind gegen unberechtigten
Zugriff geschützt.
Alle Daten zu Reisepässen und Identitätskarten für Schweizer Bürger­
innen und Bürger werden separat gespeichert und im Bundesamt für
Polizei fedpol von der Sektion «Ausweisschriften, Nachforschungen
nach vermissten Personen» verwaltet. Auch sie sind gegen unberech­
tigten Zugriff geschützt.
Pässe seit 1915 [70]
67
08
rÜcK­ und ausblicKE
Von KoMPEtEntEr sEitE
ruDolF wySS,
cheF DeS Szpb von 1988 – 1993
«In der zweiten Hälfte der Siebzigerjahre hatte ich als Sachbear­
beiter der Sektion Auslieferung immer wieder das Vergnügen, mit
dem Erkennungsdienst zusammenzuarbeiten. Die hilfsbereiten,
fast durchwegs in weisse Berufsschürzen gekleidete Daktyloskopen
gaben mir einen Crashkurs über die Bedeutung der Fingerabdrücke
im Bereich der internationalen Personenfahndung. Rasch war mir
klar, wie wichtig die Daktyloskopie für die Beweisführung in Straf­
prozessen generell war. Imponiert hat mir stets die äusserst präzise
und hochspezialisierte Arbeitsweise dieser Leute.
Nachdem die Fingerabdruckauswertung von den USA her elek­
tronisch weiterentwickelt wurde, gelang es meinem Vorgänger zu
Beginn der Achtzigerjahre, die notwendigen Kredite für die Beschaf­
fung eines AFIS (Automatisiertes Fingerabdruck Identifikations Sys­
tem) zu erwirken. Wenn ich mich richtig erinnere, hat die Erstbe­
schaffung über zehn Millionen Franken gekostet. Glücklicherweise
stellte sich die Anschaffung bald als Erfolg heraus und die Anzahl
der Identifikationen von Fingerabdrücken stieg kontinuierlich und
eindrücklich an. Für die Kollegen vom Erkennungsdienst hat mich
gefreut, dass für jeden definitiven Hit (Treffer) aber immer noch das
Spezialwissen des Daktyloskopen gefragt war.
Als Leiter des Zentralpolizeibüros ab 1988 durfte ich verschiedene
Ausbauschritte des AFIS mit begleiten und dessen Benutzung für
den Asylbereich ermöglichen sowie die spätere Erweiterung in den
Bereich der DNA­Registrierung anschieben.
Der Erkennungsdienst war bis anfangs der Neunzigerjahre eine Sekti­
on im Schweizerischen Zentralpolizeibüro. Dieses wiederum war eine
Hauptabteilung der Bundesanwaltschaft und umfasste neben dem
Erkennungsdienst auch das Zentralstrafregister, Interpol Schweiz
und die Sektion Zentralstellendienste, aus der später die Bundeskri­
minalpolizei hervorging.
68 | 100 Jahre Daktyloskopie
Solange der Mensch Verbrechen begeht – insbesondere solche gegen
Leib und Leben oder Eigentumsdelikte – wird er dies mit seinen Hän­
den tun und oft Fingerabdrücke hinterlassen. Es werden andere Tat­
ortspuren dazukommen, die durch elektronische Speicherung und
Bearbeitung an Bedeutung als Beweismittel zunehmen. Die Dakty­
loskopie wird auf voraussehbare Zeit ihre Bedeutung zur Spurenzu­
weisung oder zum Ausschluss von Tatbeiträgen aber behalten. Trotz
zu erwartender weiterer Perfektionierung der elektronischen Auswer­
tung werden die Daktyloskopen nicht verschwinden. Sie werden sich
der neuen Verfeinerungen der Technik zu bedienen wissen – gleich
wie sie seinerzeit mit der Einführung des AFIS langsam die weissen
Berufsschürzen weggelegt haben!»
rolanD ganDer,
cheF Der aFiS ServiceS von 1996 – 2004,
ab 2004 aFiS SpezialiSt
«Die Inbetriebnahme des Automatisierten­Fingerabdruck­Identifika­
tions­Systems (AFIS) im Jahre 1984 bedeutete einen Quantensprung
für die Daktyloskopie in der Schweiz. Der Entscheid des Bundes, das
AFIS­Zentralsystem selbst zu finanzieren und die Dienstleistung
den Kantonen gratis zur Verfügung zu stellen sowie die relativ kom­
fortable finanzielle Lage der Schweiz ermöglichten es, während Jahr­
zehnten an der Spitze der Technologie zur Verarbeitung von Finger­
abdrücken zu sein. Mit der Gründung der AFIS Services im Jahre 1996
wurden beim Bund die Frauen gleichwertig in die daktyloskopische
Verarbeitung integriert.
Als eines der wenigen Länder hat die Schweiz auch das gesamte
Umfeld des AFIS Systems reorganisiert und mit der Gründung der
AFIS Services den Grundstein für die heute noch beispielhaft effizi­
enten Dienstleistungen im Dakty­Bereich gelegt. Mit der Einführung
des Handballensystems 2002 wurde eine letzte Lücke in der Dakty­
spuren­Identifizierung geschlossen. 440 Personen wurden diesbezüg­
lich auf Deutsch, Französisch und Englisch ausgebildet.
Durch Beibehalten eines hohen Qualitätsstandards in der Spurenver­
arbeitung konnten Angriffe gegen die Aussagekraft und Glaubwürdig­
keit der Daktyloskopie in der Schweiz weitgehend vermieden werden.
Die Beschaffung eines komplett neuen AFIS­Systems im Jahre 2013
ist der Garant für die Beibehaltung des hohen Dienstleistungsgrades.
Durch die noch lange andauernden Auswirkungen der Finanzkrise
auf die Budgets wird die Daktyloskopie als rasches und relativ güns­
tiges Hilfsmittel zur Aufklärung von Delikten und Verbrechen weiter­
hin im Mittelpunkt stehen.»
69
martin urS peter,
aFiS proJektleiter unD it-polizeikoorDinator eJpD,
aktiv von 1975 – 2010
«Mit der Daktyloskopie habe ich mich seit 1976 beschäftigt. Ich war
damals Analytiker im Informatik­Grossprojekt KIS, einem kriminal­
polizeilichen Informationssystem für Bund und Kantone. Wir beka­
men unerwartet Besuch eines Vertreters der Rockwell Autonetics
Group, der uns das System Printrak 250 vorstellte und unser Inter­
esse wecken konnte.
Da ich im Rahmen von Prozessanalysen mit den vier Sektionen des
Schweizerischen Zentralpolizeibüros (Erkennungsdienst, Zentral­
stellendienste, Interpoldienst und Zentralstrafregister) befasst war,
bot sich mit Printrak mittelfristig ein Potential zur Steigerung der
Möglichkeiten der Verbrechensbekämpfung im Rahmen des EJPD
mit Auswirkungen auf die ganze Schweiz.
Wir haben uns an die Arbeit gemacht, und aus der guten Idee wurde
nach sehr viel Projektarbeit ein Gesamtsystem mit personellen und
technischen Komponenten, das 1984 in Betrieb genommen werden
konnte. Bereits nach kurzer Zeit zeigte sich, dass die Erwartungen
durch Effizienzsteigerungen und neue Aufklärungsmöglichkeiten um
den Faktor Zehn übertroffen werden konnten. Es war mir in der Fol­
ge eine Ehre und ein Vergnügen, das AFIS in anderen beruflichen
Funktionen massgebend begleiten zu können, zuletzt als Leiter des
Rechenzentrums EJPD und als IT­Koordinator Polizei.
Die Welt der automatisierten Identifizierung von Fingerabdrücken
hat sich seit der Einführung des AFIS dramatisch verändert und
wird sich künftig weiter verändern. Alle fünf bis sechs Jahre werden
voraussichtlich neue Funktionen für eine zukunftsgerichtete Moder­
nisierung des AFIS eingeführt, die wiederum die motivierten AFIS­
Benutzer fordern werden. Dazu wünsche ich den AFIS DNA Services
viel Glück und Erfolg.
Wie sagt doch der Amerikaner: Hits are the name of the game!»
DeniS challet,
beamter erkennungSDienSt, SpÄter aFiS SpezialiSt,
aktiv von 1983 – 2008
«Engagé en 1983 au BCSP en tant que spécialiste en dactyloscopie, j′ai
dû apprendre la classification décadactylaire GALTON­HENRY. Dès
1984, nous avons commencé l′enregistrement des données des fiches
dactyloscopiques dans le système informatique, dont les fiches étaient
classées sous la formule NCIC. Plusieurs collaborateurs des Services
Identifications Judiciaires nous ont aidé dans cette tâche.
70 | 100 Jahre Daktyloskopie
Une fois de plus, il a fallu s′adapter à ce nouveau système d′identi­
fication automatisé ( AFIS ), qui a été renouvelé continuellement.
Grâce à cette nouvelle technologie, les recherches dactyloscopiques
sont devenues de plus en plus efficaces et avec une rapidité vertigi­
neuse. A l′heure actuelle, il ne serait plus possible d′effectuer, sans
l′informatique, l′identification de personnes et des traces digitales
laissées sur les lieux de crimes ou de délits.»
pierre mouche,
beamter erkennungSDienSt, SpÄter aFiS SpezialiSt,
aktiv von 1974 – 2004
«J′ai aujourd′hui 69 ans. En 1970, je suis entré à la police cantonale
bernoise, au service d′identification. J′étais passionné de dactylo­
scopie. La formulation des fiches dactyloscopiques était alors la
méthode ‹ Vucetich ›. En 1974 je m′engageais au BCSP (bureau central
suisse de police) dont les locaux se situaient à la Wildstrasse 3 à Berne.
Nous étions 10 collaborateurs, tous anciens policiers. Deux ans après,
notre service prenait possession de ses nouveaux locaux à la Tau­
benhalde, Bundesrain 20. La section ‹ Service d′identification › utili­
sait alors la méthode ‹ Galton­Henry ›, aux fins de classification, de
recherches d′identité d′individus et également de traces d′empreintes
digitales relevées sur les lieux de délits. Les fiches dactyloscopiques
étaient classées manuellement dans des tiroirs. Ensuite, dans les
années 1984 le système informatique ‹ AFIS › a pris le relais, ce qui
a permis un nombre impressionnant d′identifications des traces
latentes. A cela, environ 10 ans après, notre service a géré en plus la
banque de données ‹ ADN ›. Aujourd′hui ce service compte quelques
25 personnes n′ayant pas forcément une formation de policier. C′est
après plus de 30 ans au service de la police que j′ai pris ma retraite que
j′estime bien méritée!»
markuS heSS,
ehemaliger leiter DeS aFiS-SupportS (aScom),
heute leiter DeS FachbereichS Strategie/planung
iDentiFikation bei FeDpol
«‹Schneller, besser, billiger›: die Prämissen von gestern haben in einem
gewissen Sinn noch heute ihre Gültigkeit. Neu hinzugekommen sind
aber ‹vernetzt, sicher, nachvollziehbar und flexibel›. Die Schweiz mit
dem ersten AFIS in Europa hat sich immer an vorderster Front für die
Weiterentwicklung der AFIS Technologie und der dazu notwendigen
organisatorischen Strukturen engagiert. Wir können stolz sein, mit
der neusten AFIS Generation diese Erfolgsgeschichte weiterzuschrei­
ben und einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit der Schweiz beizu­
tragen. Bei all den technischen Veränderungen des AFIS seit den 80er
Jahren: die Leidenschaft, Verbrechen zu bekämpfen, ist geblieben.»
71
09
72 | 100 Jahre Daktyloskopie
diE ViElEn gEsichtEr
EinEs FingErabdrucKs
trouvaillen auS Der Sammlung von kilian StuDer,
SpezialiSt aFiS Dna ServiceS :
73
10
KoPiEn Von doKuMEntEn
aus dEM bundEsarchiV
10.1 auSzug auS kreiSSchreiben
DeS bunDeSrateS vom 21.11.1905
74 | 100 Jahre Daktyloskopie
10.2 nummer 1 DeS SchweizeriSchen polizeianzeigerS
75
10.3 StanD Der DaktyloSkopie in Der Schweiz am 30. Juni 1911
76 | 100 Jahre Daktyloskopie
77
10.4 kreiSSchreiben vom 13.12.1912
zur einFührung Der DaktyloSkopie
78 | 100 Jahre Daktyloskopie
79
10.5 Schreiben DeS polizeiprÄSiDenten
Der Freien StaDt Danzig von 1927
80 | 100 Jahre Daktyloskopie
10.6 Schreiben von J.e. hoover (grünDer DeS Fbi)
an FrieDrich born, cheF DeS eD Szpb
81
10.7 Schreiben von eDmonD locarD
an FrieDrich born, cheF DeS eD Szpb
82 | 100 Jahre Daktyloskopie
10.8 Der StaatSanwaltSchaFt bS gehen 1945
Die « SchneiDer- bzw. wiener Folien » auS
83
84 | 100 Jahre Daktyloskopie
85
glossar
AFIS
Automated Fingerprint Identification System, Fingerabdruck­ und
Handballendatenbank des Bundes.
Anthropometrie
Der Begriff «Anthropmetrie» setzt sich aus dem griechischen Wort für
Mensch (anthropos) und lat./gr. für messen (Metrum) zusammen.
Biometrie
Der Begriff «Biometrie» setzt sich aus dem griechischen Wort für
Leben (bios) und lat./gr. für messen (Metrum) zusammen.
Daktyloskopie
Daktylos gr. = Finger, Skopein gr. = schauen. Wörtlich somit: Finger­
schau. Von Juan Vucetich geprägter Begriff.
DNA/DNS
Desoxyribonukleinsäure (Des|oxy|ribo|nukle|in|säure; kurz DNS, en.
DNA) (lat.­fr.­gr. Kunstwort) ist ein in allen Lebewesen und DNA­
Viren vorkommendes Biomolekül und Träger der Erbinformation,
also der Gene, welche die Information für die Herstellung der Ribo­
nukleinsäuren (RNA, im Deutschen auch RNS) enthalten.
EJPD
Eidgenössisches Justiz­ und Polizeidepartement.
FBI
Federal Bureau of Investigation, US­amerikanische Bundeskriminal­
polizei.
Forensik
Unter diesem Begriff werden die wissenschaftlichen Arbeitsgebie­
te zusammengefasst, in denen kriminelle Handlungen systematisch
identifiziert (beziehungsweise ausgeschlossen) sowie analysiert oder
rekonstruiert werden. Der Begriff stammt vom lateinischen Forum/
Marktplatz. Forum (Pl. Foren), da Gerichtsverfahren, Untersuchun­
gen, Urteilsverkündungen sowie der Strafvollzug im antiken Rom
öffentlich und meist auf dem Marktplatz durchgeführt wurden.
Minutien
Als Minutien (lat. Minuzien = Kleinigkeiten) werden die Endungen
und Verzweigungen der Papillarleisten der menschlichen Leisten­
haut bezeichnet. Die Anordnung und Ausprägung dieser charakteris­
tischen Punkte der Hautleisten ist für jeden Menschen und Finger ein­
86 | 100 Jahre Daktyloskopie
malig.
Papillarleisten
Papillar lat. für Warze. Feine, warzenartige Erhebungen auf den
Innenflächen der Finger und Zehen sowie der Hand­ und Fussflächen,
die häufig Muster bilden. In den Papillarleisten ist der Tastsinn loka­
lisiert.
PCN
Process Controll Number; mit DNA oder Fingerabdruckdaten ver­
knüpfte und codierte, zehn­ oder zwölfstellige Nummer, aus der
der Datenbesitzer und die Datenart (Spur, Person) herausgelesen
werden kann. Durch den Gebrauch einer zweistelligen Prüfziffer ist
es möglich, manuelle Fehleingaben zu erkennen.
Poroskopie
Als Poroskopie wird der Beizug der Anzahl und der Form der Poren
der Hautleisten im Identifikationsprozess beim Vergleich zwischen
einer Tatortspur (Finger­ oder Handballenabdruck) und einem
Vergleichsabdruck bezeichnet.
87
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mp=20050828141444, medOCT­group at the Centre of biomedical Technology and Physics, Medical University Vienna,
lizenziert unter CreativeCommons­Lizenz by­sa­2.0
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Pfotenballen bei der Katze; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:2010­03­14­Mangos_Pfote.JPG&filetimesta
mp=20101020191120
[3]
Papillarleisten auf der Fingerkuppe; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Fingerbeere.scharf.jpg&filetimesta
mp=20080208113230, Kku, lizenziert unter CreativeCommon­Lizenz by­sa­3.0
[4]
Die drei Grundmuster; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[5]
Zentrum und Delta eines Fingerabdrucks; Forensisches Institut Zürich
[6]
Tontafel mit Keilschrift; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Amarna_Akkadian_letter.png&filetimesta
mp=20081129053242
[7]
Qin Shi Huangdi; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Statue_Qin.JPG&filetimestamp=20111214150431, Proso­
pee, lizenziert unter CreativeCommon­Lizenz by­sa­3.0
[8]
Eine Karawane auf der Seidenstrasse; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Caravane_sur_la_Route_de_la_soie_­_
Atlas_catalan.jpg&filetimestamp=20060802095039
[9]
Eine gängige Hinrichtungsmethode war das Rädern des Delinquenten; Das Rädern des Hans Spiess, Diebold Schilling Chro­
nik 1513, copyright Eigentum Korporation Luzern
[10]
« La Liberté guidant le peuple», Eugène Delacroix, 1830; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Eug%C3%A8ne_Del­
acroix_­_La_libert%C3%A9_guidant_le_peuple.jpg&filetimestamp=20111019082907
[11]
Eugène François Vidocq, 1775 – 1857; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Achille_Dev%C3%A9ria_­_Vidocq.jpg&fi
letimestamp=20070925084135
[12]
Louis Jacques Daguerre, 1787 – 1851; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Jean­Babtiste_Sabarier­
Blot_L.J.M.Daguerre.1844.JPG&filetimestamp=20101106040627
[13]
Gesuchter aus einem schweizerischen Fahndungsbuch; Martin Urs Peter
[14]
Daguerreotype Camera; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Daguerreotipo.bw.jpg&filetimesta
[15]
Untere und obere Person ist nicht identisch; System und Praxis der Daktyloskopie, S. 447, Dr. R. Heindl,Vereinigung Wissen­
mp=20060210230800
schaftlicher Verleger, 1922
[16]
Untere und obere Person ist identisch; System und Praxis der Daktyloskopie, S. 448, Dr. R. Heindl, Vereinigung Wissen­
schaftlicher Verleger, 1922
[17]
Alphonse Bertillon, 1853 – 1914; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Bertillon_selfportrait.jpg&filetimesta
mp=20100420161911
[18]
Foto und anthropometrische Karte mit Aufnahme von Francis Galton (71-jährig); http://de.wikipedia.org/w/index.
php?title=Datei:Galton_at_Bertillon%27s_(1893).jpg&filetimestamp=20060211234221
[19]
Grafische Darstellung der ersten neun Einzelschritte bei der Vermessung; http://de.wikipedia.org/w/index.
php?title=Datei:Vornahme_der_Messungen.jpg&filetimestamp=20110205112309
[20]
Königin Victoria, 1819 – 1901; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Victoria_in_her_Coronation.jpg&filetimesta
mp=20100127235943
[21]
Sir William J. Herschel, 1833 – 1917; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:William_James_Herschel.jpg&filetimest
amp=20080702235015
[22]
Dr. Henry Faulds, 1843 – 1930; http://en.wikipedia.org/wiki/File:Henry_Faulds.jpg
[23]
Sir Francis Galton, 1822 – 1911; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Francis_Galton_1850s.jpg&filetimesta
mp=20050328183500
[24]
Versuche von William J. Herschel, Studium der Abdrücke der gleichen Finger bzw. Handballen in verschiedenen Zeitintervallen, erste Abdrücke von 1859; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Fingerprints_taken_by_William_James_
Herschel_1859­1860.jpg&filetimestamp=20080702235359
[25]
Sir Edward Richard Henry, 1850 – 1931; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:WP_Edward_Richard_Henry.jpg&file
timestamp=20080128181511
[26]
Mitarbeiterin der Royal Canadian Mounted Police (RCMP) in einer nach System Galton/Henry abgelegten Registratur;
Royal Canadian Mounted Police, Kanada
[27]
Juan Vucetich (ursprünglich: Ivan Vučetić),1858 – 1925; http://en.wikipedia.org/wiki/File:Juan_Vucetich_100.jpg
[28]
Von Juan Vucetich erstellte Liste des benötigten Materials zur Fingerabdruckabnahme; http://www.nlm.nih.gov/visible­
proofs/media/detailed/iii_c_211.jpg
90 | 100 Jahre Daktyloskopie
[29]
Fingerabdrücke von Francisca Rojas, 1892; http://www.nlm.nih.gov/visibleproofs/media/detailed/iii_c_214a.jpg
[30]
Alphonse Bertillon; http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a0/Alphonse_Bertillon.jpg
[31]
No-Match mit 16 Punkten nach Bertillon; http://www.henrytempleman.com/bertillon_non­match
[32]
Bild der Mona Lisa (La Gioconda) von Leonardo da Vinci; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Mona_Lisa,_by_
[33]
Antropometrische Karte des Vincenzo Peruggia; http://www.gutenberg.org/files/33489/33489­h/images/015b.png
Leonardo_da_Vinci,_from_C2RMF_retouched.jpg&filetimestamp=20110818173323
[34]
Die Mona Lisa ist zurück im Louvre; http://www.artcorner.com/wp­content/uploads/2011/07/mona_lisa.jpg
[35]
Dr. Edmond Locard (im Vordergrund),1877 – 1966; Locard′s influence, Prof. Pierre Margot, Präsentation im Rahmen der
ENFSI Fingerprint Working Group, Lyon, 2012
[36]
Monaco; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Fuerstenhof_zu_Monaco.jpg&filetimestamp=20111117111244,
[37]
Federal Bureau of Investigation; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:US­FBI­Seal.svg&filetimesta
[38]
Eine Mitarbeiterin der RCMP vor der auch in Kanada immer grösser werdenden Daktysammlung;
Zazu­[email protected], lizenziert unter CreativeCommons­Lizenz by­sa­2.0
mp=20071008031608
Royal Canadian Mounted Police, Kanada
[39]
Beim AFIS-Suchlauf werden bis heute u.a. die Lage und die Ausrichtung der Endungen und Gabelungen der Papillarlinien;
sowie deren Beziehung untereinander ausgewertet; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[40]
Eines der ersten AFIS-Computersysteme mit Videobändern als Speichermedium für die Fingerabdrücke; Royal Canadian
Mounted Police, Kanada
[41]
Werbung für das Fingerabdruck-Identifikations-System der Firma Rockwell; Martin Urs Peter
[42]
Wildstr. 3 in Bern, erster Standort des SCPB; Bundesarchiv
[43]
Professor Rodolphe Archibald Reiss, 1875 – 1929; http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Datei:Archibald_Reiss.gif&fileti
mestamp=20070623102513, lizenziert unter CreativeCommons­Lizenz by­sa­3.0
[44]
Blick in die ersten Büroräumlichkeiten des Erkennungsdienstes an der Wildstr. 3, Bern;
Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[45]
Beispiel einer Karte aus der Einzelfingersammlung; Martin Urs Peter
[46]
Friedrich Born, Chef Erkennungsdienst, im Jahr 1937; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[47]
Büro an der Wildstrasse im Jahr 1937; Fingerabdruckblätter abgelegt nach System Galton/Henry;
[48]
Beispiel eines Zehn-Finger-Daktybogens. Oben rechts ist die Galton/Henry Klassifizierungsformel erkennbar;
[49]
Teil der mit Reitern nach Delikten gekennzeichneten früheren Tatortspurenkartei; Martin Urs Peter
Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[50]
Zugang zum Eidgenössischen Verwaltungsgebäude am Bundesrain 20, Bern; Bundesamt für Polizei fedpol,
AFIS DNA Services
[51]
Schränke und Schubladen zur Aufnahme der Fingerabdruckblätter und der Tatortspuren am neuen Standort Bundesrain
20, Bern; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[52]
Pierre Mouche, Mitarbeiter des Erkennungsdienstes Anfang der 1980er Jahre beim Vergleich Tatortspuren – Zehn-FingerAbdruckbogen; Martin Urs Peter
[53]
System DLR Printrak 300; Martin Urs Peter
[54]
Polizeibeamte aus verschiedenen Kantonen helfen mit, Fingerabdruckblätter im System 300 einzulesen; Martin Urs Peter
[55]
Ein Blick in den AFIS Computer Raum System DeLaRuePrintrak DLRPR 300, damals noch am Bundesrain 20, Bern,
1. Stock West; Martin Urs Peter
[56]
Vergleich Mikrofilmaufnahme mit Tatortspur; Martin Urs Peter
[57]
Roland Gander, ehemaliger Chef der AFIS Services, an der Printrak Orion Konsole; Martin Urs Peter
[58]
Identifikation von Tatortspuren; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[59]
Identifikation von Personen durch Treffer mit Fingerabdruckbogen; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[60]
Mitarbeitende der AFIS DNA Services an den verschiedenen AFIS Arbeitsstationen;
[61]
Bildschirmanzeige eines Handballentreffers nach Datenbankabgleich mit dem System Omnitrak;
[62]
Einfingerscanner Mobile AFIS; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[63]
Die Mitglieder des Bundesrates in der Zusammensetzung 2013, aufgenommen im Sitzungszimmer des Bundesrates;
Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
Bundeskanzlei
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[64]
Spurensicherung mittels Pinsel und Aluminiumpulver; www.istockphoto.com
[65]
Diverse Papillarlinienmuster; Forensisches Institut Zürich
[66]
Ein Beispiel für die markante Form der Poren und Papillarleisten; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[67]
Beispiel eines Vergleichs mit zwölf übereinstimmenden Minutien bei einer Handballenspur: links Tatortspur,
[68]
Albert Einsteins Schweizer Pass, 1923; Historisches Museum Bern
rechts Vergleichsabdruck aus der Datenbank; Bundesamt für Polizei fedpol, AFIS DNA Services
[69]
Anschlag auf die Zwillingstürme des World Trade Centers in New York am 11. September 2001; http://de.wikipedia.org/w/
index.php?title=Datei:UA_Flight_175_hits_WTC_south_tower_9­11_edit.jpeg&filetimestamp=20101113060412, upstateNYer,
lizenziert unter CreativeCommons­Lizenz by­sa­2.0
[70]
Pässe seit 1915; Bundesamt für Polizei fedpol
impressum:
Herausgeber:
Bundesamt für Polizei fedpol
Konzept und Redaktion:
AFIS DNA Services fedpol
Gestaltung:
Zentrum elektronische Medien ZEM
Fotografie:
siehe Verzeichnis Bildquellen
Lektorat und Übersetzungen:
Sprachdienste fedpol
Auflage:
550 deutsch, 250 französisch, 100 italienisch, 100 englisch
©2013 beim Herausgeber
92 | 100 Jahre Daktyloskopie