Themendossier Einmarsch in Prag 1968 [ 6. 10.]

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Themendossier Einmarsch in Prag 1968 [ 6. 10.]
Themendossier
Der Einmarsch der Warschauer Pakt
Truppen 1968 in PRAG
Quelle: © http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
Gernot Heiß, Sylvia Gettinger, Karin Ruprecht, Klaus Edel, Claudia Findeis
(Transkriptionen)
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
3
2. Daten
4
3. Informationen
6
3.1. Warschauer Pakt
6
3.1.1. Öffentliche Meinung zu den Entwicklungen
in der CSSR 1968
6
3.2. DDR und Einmarsch
6
3.3. Prager Frühling
7
3.3.1. Öffentliche Meinung in Österreich zu
den Entwicklungen in der ČSSR 1968
7
3.3.2. Die Einschätzung des Prager Frühlings
durch die Botschafter Kirchschläger und Wodak
7
3.3.3. Verschiedene Perspektiven in der Beurteilung des Prager
Frühlings
9
3.4. Les Preludes
10
4. Quellen
10
4.1. Mitteilung der 21.August 1968)
10
4.2. Printquellen
11
4.2.1. Die Presse
11
4.2.2. Das Manifest der 2000 Worte
12
4.3. Audivisuelle Quellen
17
4.3.1. Austria Wochenschau 35/68, Beitrag 1
17
4.3.2. Morgenjournal Ö1 21.8.1968 (Einmarsch)
17
4.3.2.1. Morgenjournal Ö1 21.8.1968 Sendeteil Nr. 3
18
4.3.2.2. Morgenjournal vom 21.08.1968 Sendeteil Nr. 7
19
4.3.2.3. Morgenjournal vom 21.08.1968 Sendeteil Nr. 8
20
4.3.3. Mittagsjournal Ö1 21.8.1968 (Grenze in Berg)
21
4.3.3.1. Mittagsjournal vom 21.08.1968
22
4.3.4. Abendjournal 21.8. 1968
23
4.3.4.1. Abendjournal vom 21.08.1968
23
5. Texte zur Aufarbeitung der Ereignisse
24
5.1. Tagesecho - 35 Jahre nach Einmarsch der Warschauer Pakt
Truppen – Erste Verurteilung
24
5.2. Erinnerung an polnische Solidarität
26
5.3. Gespräch mit Jiří Gruša
27
5.4. Augenzeugenbericht vom Einmarsch der Warschauer Pakt
Truppen in Prag 1968
31
6. Glossar
34
7. Didaktik
37
7.1. Arbeitsaufgaben
38
7.1.1. Vorbemerkung
38
7.1.1.1. Lehrplanbezug
38
7.1.1.2. Kompetenzen
39
7.1.2. Medienrecherche
40
7.1.3. Medienbericht
41
7.1.4. Webquest
42
7.1.5. Wiki
43
7.1.6. Zeitungsanalyse
43
8. Übung
45
9. Anhang
45
9.1. Einstellungsprotokoll
45
9.2. Einstellungsprotokoll – Lösungsvorschlag
47
10. Literatur und Links
49
2
1.Einleitung
Im Jahr 1968 spielten sich an verschiedenen Schauplätzen einschneidende
Ereignisse ab, die weit über die örtliche Bedeutung hinaus, auch auf andere
Kontinente ausstrahlend, Menschen involvierten, mobilisierten und
Folgewirkungen zeigten.
Zu diesen Vorgängen gehörten 1968 die Studentenrevolution in Paris und in
verschiedenen Städten der BRD, der Prager Frühling und dessen Ende als
Folge des Einmarsches der Truppen des Warschauer Pakts in Prag1 sowie die
seit 1966 währende Kulturrevolution in der VR China, deren 1. Phase in
diesem Jahr mit dem Ausschluss von Liu Schao-tschi2 von allen Ämtern
endete.
Sie sind keine isolierten Phänomene, sondern es lassen sich doch einige
Querverbindungen aufzeigen. Wie prägend die Ereignisse waren, vermittelt
das Phänomen, dass in unterschiedlichen Kontexten von den „68ern“
gesprochen wird.
In diesem Dossier geht es um 1968 in Prag, ein Ereignis, das Österreich
durch die unmittelbare Nachbarschaft direkt betraf.
Involviert waren die österreichische Bundesregierung, die einerseits zu
entscheiden hatte, wie sie in dieser Situation auf der Ebene der Diplomatie
reagieren sollte, aber auch wie eine (Teil-)Mobilisierung des Bundesheeres
zur Sicherstellung der Grenze von der Staatsvertragsgarantiemacht
Sowjetunion aufgenommen würde.
Auf der anderen Seite galt es Vorsorge für humanitäre Hilfe zu treffen. In
diesem Bereich gab es divergente Vorstellungen und Handlungen des
Außenministeriums und der Botschaft in Prag.
Eine wichtige Rolle spielte der ORF, der in seinen Journalsendungen mittels
Berichterstattung durch Vorort-Reporter nicht nur eine wesentliche
Informationsquelle darstellte, sondern auch, verstärkt noch durch
Kommentare die Stimmung in Österreich beeinflusste. Eine eigene
Informationssendung in tschechischer Sprache signalisierte Sympathie sowie
Solidarität und stellte in den ersten Tagen vielfach auch für die Menschen in
der ČSSR, die im Einzugsbereich der Sender des ORF lebten, die einzige
Informationsquelle dar.
Die Austria Wochenschau brachte zwar Beiträge zum Geschehen, aber da die
Filme erst im Zuge des wöchentlichen Programmwechsels in die
1
Greiner, Bernd, Müller, Christian Th., Walter, Dierk (Hg.) (2009) Krisen im Kalten Krieg. Studien zum Kalten Krieg
Bd. 2, Bundeszentrale für politische Bildung Bd. 767, Bonn
2
vgl. http://www.zeit.de/1969/43/Maos-Gegner
3
Wochenschau- bzw. Programmkinos kamen, hinkten diese in der Aktualität
jeweils hinterher.
Lange Zeit tabuisiert, begann in den letzten Jahren ein Diskurs über dieses
tragische Kapitel der Geschichte der Tschechoslowakei in den beiden
Nachfolgestaaten, wovon einige Quellen Zeugnis geben sollen.
Die Ereignisse von 1968 haben rasch Eingang in die Schulbücher und den
Geschichtsunterricht gefunden. Im Zuge der Initiative der Bundesregierung
zugunsten der Politischen Bildung, die sich in der Umbenennung des Faches
Geschichte und Sozialkunde in Geschichte und Sozialkunde/Politische Bildung
und der Erlassung neuer Lehrpläne der Sekundarstufe I für APS bzw. AHS
zeigt, ist auch ein Paradigmenwechsel von der Wissensvermittlung zum
Kompetenzlernen erfolgt.
Dieses Dossier bietet LehrerInnen Materialien und (medien)didaktische
Vorschläge zur Arbeit mit dem Kompetenzstrukturmodell zum Thema „Der
Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes 1968 in Prag“. Ermöglicht
wurde es durch die Kooperation mit dem Demokratiezentrum, das in
dankenswerter Weise den Beitrag der Austria Wochenschau (35/68) und
bereits dazu aufbereite Texte zur Verfügung stellte. Daten und Schlagwörter
zur Austria Wochenschau „Die Tschechoslowakei von einigen Staaten des
Warschauer Pakts besetzt“ können Sie vom Netz des Demokratiezentrums
Wien herunterladen.
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
2. Daten
(in Kursive wörtlich aus den Timelines des Demokratiezentrums Wien
http://www.demokratiezentrum.org/wissen/timelines/prag-budapest-undwien-im-20-jahrhundert.html)
1938
29.9.: Konferenz in München zwischen Hitler, Mussolini, Chamberlain und
Daladier. Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an Deutschland
(„Münchner Abkommen“).
1939
15.3.: Einmarsch der Deutschen Wehrmacht in der CSSR. Errichtung des
Protektorats Böhmen und Mähren.
Von den Prager DemonstrantInnen und im Bericht der Austria Wochenschau
(http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348)
wird der Vergleich zu dieser Okkupation gezogen.
4
1948
25.2.: Vollständige Machtergreifung der Kommunisten in der CSSR:
Verfassungsänderung, Umgestaltung des Landes nach sowjetischem Muster.
1967
27.-29.6. Kongress des tschechoslowakischen Schriftstellerverbandes: offene
Kritik an der Kulturpolitik der KPČ
30./31.10. im Plenum des Zentralkomitees der KPČ kritisiert Alexander
Dubček (1. Sekretär der Kommunistischen Partei der Slowakei) den Staatsund Parteichef Antonín Novotný
1968
4.1. Antonín Novotný wird als 1. Sekretär der KPČ vom 1. Sekretär der
Kommunistischen Partei der Slowakei Alexander Dubček
(http://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Dub%C4%8Dek) abgelöst, bleibt
jedoch Präsident der Republik.
März: sukzessive Aufhebung der Pressezensur
14.3. Das Parteipräsidium der KPČ rehabilitiert die Opfer der „stalinistischen“
Verfolgung in den 1950er Jahren
22.3. Novotný tritt auch als Präsident der Republik zurück; General Ludvík
Svoboda wird sein Nachfolger (28./30.3)
5.4. Plenum der KPČ beschließt Aktionsprogramm
„Kommunismus’ mit menschlichem Antlitz"
im
Sinne
eines
27.6. „Manifest der 2000 Worte“
29.7.-2.8. Treffen der Führung der KPdSU mit jener der KPČ
11.8. Beginn der Manöver sowjetischer, polnischer, ungarischer, bulgarischer
und ostdeutscher Truppen in der südwestlichen Ukraine, im südlichen Polen
und in der südlichen DDR
17.8. Beschluss zur militärischen Intervention im ZK der KPdSU
21.8.: Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in Prag als Reaktion
auf den Reformkurs von Alexander Dubcek. 162.000 TschechInnen und
SlowakInnen verlassen in Folge via Österreich ihre Heimat; 12.000 von
ihnen suchen in Österreich um Asyl an. Der österreichische Staatspreis für
europäische Literatur wird aus Solidarität zu den Protestierenden an Vaclav
Havel vergeben.
5
3. Informationen
Schlagwörter
(in Kursive wörtlich aus dem Wissenslexikon des Demokratiezentrums Wien:
(http://www.demokratiezentrum.org/wissen/wissenslexikon.html)
3.1. Warschauer Pakt
(http://www.demokratiezentrum.org/wissen/wissenslexikon/warschauerpakt.html)
Als Gegenstück zur NATO gründeten 1955 die UdSSR, Bulgarien, die DDR,
Polen, Rumänien, die Tschechoslowakei, Ungarn und Albanien dieses
Verteidigungsbündnis. Infolge des Umbruchs in Osteuropa wurde es 1991
aufgelöst.
Am Einmarsch der Truppen des Warschauer Paktes nahmen Soldaten
der UdSSR, Bulgariens, der DDR, Polens, Rumäniens und Ungarns teil (nicht
von Rumänien und Albanien; letzteres tritt als Protest gegen die Invasion
aus dem Warschauer Pakt aus).
3.1.1. Öffentliche Meinung zu den Entwicklungen in der CSSR 1968
Die Presse in Österreich setzte – anders als die beiden österreichischen
Botschafter,
Rudolf
Kirchschläger
(http://www.didactics.eu/index.php?id=1255) in Prag und Walter Wodak
(http://www.didactics.eu/index.php?id=1256 in Moskau – 1968 zunehmend
euphorisch große Hoffnungen in die Reformen und die Entwicklung in der
Tschechoslowakei. Dementsprechend groß und emotional war nach dem
Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in der Nacht vom 20. auf 21.
August 1968 die Enttäuschung.
3.2. DDR und Einmarsch
Am Einmarsch der Truppen der Warschauer Paktstaaten beteiligten sich
schließlich keine Kampftruppen der DDR. Das war gegen die ursprüngliche
Planung und die Berichte in den Medien der DDR. „Mit fingierten
Filmaufnahmen und falschen Pressebeiträgen wollte man den Eindruck
erwecken, dass die NVA [Nationale Volksarmee der DDR] sehr wohl am
Einmarsch in die CSSR beteiligt war und einen wichtigen Beitrag zur
Verteidigung des Sozialismus im System des Warschauer Vertrages
leistete.“3
3
Meinicke, Susanne 21.August 1968: Einmarsch-Kein Marsch. Einmarsch - Kein Marsch. Die Beteiligung der
Nationalen Volksarmee der DDR an der Niederschlagung des "Prager Frühlings"
6
Warum nahm die NVA nicht – wie vorgesehen – mit der 7. Panzerdivision
und der 11. Motorisierten Schützendivision am Einmarsch teil, obwohl die
Beteiligung offenbar von der DDR-Führung erwünscht war? Hypothese: Die
beiden Divisionen der NVA wurden zuletzt „in die Reserve versetzt“, da das
sowjetische Oberkommando vermutlich die Assoziationen mit der Okkupation
1939 vermeiden wollte. Dass dieser Vergleich von den Prager
DemonstrantInnen und von den westlichen Journalisten dennoch gezogen
wurde,
zeigt
auch
der
Bericht
der
„Austria
Wochenschau"
(http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348).
3.3. Prager Frühling
Nach Unterdrückung eines reformerischen Flügels im Zentralkomitee unter
Alexander Dubcek, der die Trennung von Staat und Partei sowie eine legale
Opposition forderte, gab es 1968 in der CSSR Versuche, einen "Sozialismus
mit menschlichem Antlitz" aufzubauen. Der beginnende Volksaufstand wurde
mittels des Einsatzes des Warschauer Paktes, mit Ausnahme Rumäniens,
niedergeschlagen.
3.3.1. Öffentliche Meinung in Österreich zu den Entwicklungen in der
ČSSR 1968
Die Presse in Österreich setzte – anders als die beiden österreichischen
Botschafter,
Rudolf
Kirchschläger
(http://www.didactics.eu/index.php?id=1255) in Prag und Walter Wodak
(http://www.didactics.eu/index.php?id=1256) in Moskau – 1968 zunehmend
euphorisch große Hoffnungen in die Reformen und die Entwicklung in der
Tschechoslowakei. Dementsprechend groß und emotional war nach dem
Einmarsch von Truppen des Warschauer Paktes in der Nacht vom 20. auf 21.
August 1968 die Enttäuschung.
3.3.2. Die Einschätzung des Prager Frühlings durch die Botschafter
Kirchschläger und Wodak
Rudolf Kirchschläger
(http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.k/k373748.htm), seit Jänner 1967
Gesandter in Prag, blieb skeptisch gegenüber der Reformbewegung und ihrer
http://www.bundesarchiv.de/aktuelles/aus_dem_archiv/galerie/00210/index.html
Hier finden Sie eine ausführliche Darstellung und Quellen zu diesem Thema
7
Fähigkeit zur Modernisierung des Kommunismus4. Über Dubček5 meinte er:
„Ihm ist der Realismus im Überschwang der Gefühle und im Jubel der
Massen verloren gegangen. Er hatte die furchtbare Eigenschaft, dass er nach
jedem Applaus immer ein Stückchen mehr in der Sache versprochen hat. Als
Politiker muss man wissen, wann eine Zuwaage in der Politik zur fahrlässigen
Krida führt. Aber diese Grenze hat Dubček eben nicht erkannt." Mit der
Invasion der Warschauer Pakt Staaten scheint er jedoch nicht gerechnet zu
haben.
Bemerkenswert war das Verhalten Rudolf Kirchschlägers in den Wochen nach
dem Einmarsch der Warschauer-Pakt Staaten, als er gegen die Weisung aus
Wien, die Visumerteilung einzustellen, in der Prager Botschaft tausende
Reisevisa6 ausstellen ließ.
Walter Wodak7
war seit 1964 österreichischer Botschafter in Moskau. Seiner Einschätzung
nach – so im Bericht (http://www.didactics.eu/index.php?id=1258) nach
Wien vom 24. Juli 1968 – würden die Sowjetführung die Entwicklung in der
ČSSR seit dem Manifest der 2000 Worte (27. Juni 1968) als Infektionsherd
im sozialistischen Block sehen, der auf drei Arten zu ‚heilen’ sei: als
Schocktherapie käme die „Auslösung [...] eine[s] massiven, einer direkten
Intervention nahekommenden sowjetischen Druck[s]“8 in Frage; unter
diesem Druck würde die Zensur wieder eingeführt werden, würden
sowjetfeindliche Personen aus der Regierung eliminiert und sowjetische
Truppen in der ČSSR stationiert werden.
Die zweite mögliche Vorgehensweise der Sowjetunion wäre ein „operative[r]
Eingriff“, das „Niederwalzen der widerspenstigen Tschechoslowaken, das sich
wahrscheinlich in humanerer Form als 1956 in Ungarn abspielen würde und
bestenfalls [die] Installierung eines aufgeklärten Regimes à la Kádár“ 9zur
Folge hätte, d.h. in der Version des relativ liberalen ungarischen
Kommunismus.
Der dritte von den Sowjets zu erwartende Weg war nach der Meinung
Wodaks eine „Absonderung des Krankheitsherdes“ in der Art, wie es mit
4
Vgl. Paul Ullmann, Eine schwierige Nachbarschaft. Die Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen
Österreich und der Tschechoslowakei von 1945 – 1968 (Wien 2006) 199f. und David Pruonto, Österreich und der
Prager Fühling. Einschätzungen und Reaktionen auf die Ereignisse des Jahres 1968, in: Florentine Kastner, Barbora
Veselá, Jakub Jaros, Christian Knoche (Hg.), Prager Frühling und Ära Kreisky - Reformen zwischen Repression und
Realisierung. Untersuchung zweier europäischer Nachbarn, Juvenilia Territorialia II. (Prag 2009 – im Druck).
5
Zitiert in der von Rudolf Kirchschläger autorisierte Biographie von Mario Schenz, Bundespräsident Rudolf
Kirchschläger (Wien/Köln/Graz 1984) 74.
6
Vgl. Paul Ullmann, Eine schwierige Nachbarschaft. Die Geschichte der diplomatischen Beziehungen zwischen
Österreich und der Tschechoslowakei von 1945 – 1968 (Wien 2006) 199f. und David Pruonto, Österreich und der
Prager Fühling. Einschätzungen und Reaktionen auf die Ereignisse des Jahres 1968, in: Florentine Kastner, Barbora
Veselá, Jakub Jaros, Christian Knoche (Hg.), Prager Frühling und Ära Kreisky - Reformen zwischen Repression und
Realisierung. Untersuchung zweier europäischer Nachbarn, Juvenilia Territorialia II. (Prag 2009 – im Druck). S.207f
7
http://agso.uni-graz.at/marienthal/bibliothek/biografien/07_04_Wodak_Walter_Biografie.htm
8
http://www.didactics.eu/index.php?id=1258
9
http://www.didactics.eu/index.php?id=1258
8
Tito-Jugoslawien 194810 geschah; in diesem Fall würde das Experiment der
ČSSR
als
„häretisch,
revisionistisch
und
nichtkommunistisch“
11
gebrandmarkt; dies sei jedoch die bei weitem unwahrscheinlichste
Variante, da die Sowjets die Fehler Stalins von 1948 kaum wiederholen
würden.
3.3.3. Verschiedene Perspektiven in der Beurteilung des Prager
Frühlings
1. Der „Prager Frühling“ als Bemühungen Alexander Dubčeks und der
tschechischen Reformer innerhalb der Kommunistischen Partei um
einen „Kommunismus mit menschlichem Antlitz“ im Rahmen des
neuen „Eurokommunismus“
italienischer
Prägung:
das hätte
Demokratisierung und Abgehen vom Anspruch auf das Machtmonopol
der KP bedeutet.
2. Als innerparteilichen Machtkampf der Jungen „Reformer“12 gegen
die Herrschaft der „Altstalinisten“ um Parteichef (seit 1953) und
Staatspräsident (seit 1957) Antonin Novotný13, die auch im
wirtschaftlichen Niedergang der Tschechoslowakei seit den 1950er
Jahren an Herrschaftslegitimation verloren hatte. Durch die
Reformrhetorik14 der Jungen kam es nach dieser Interpretation zu
einer gesellschaftlichen Dynamik, der die neue Parteiführung teilweise
nachgab, über die sie aber auch die Kontrolle verlor (ein Höhepunkt:
„Manifest der 2000 Worte“ Ludvík Vaculíks vom 27.6.1968)15.
3. Im Rahmen der im Jahre 1968 in Europa in Demonstrationen, Streiks,
Hörsaalbesetzungen
u.a.
Happenings16
kulminierenden
17
Studentenbewegungen
können auch viele der Aktionen und
Proteste während des „Prager Frühlings“ und nach dem Einmarsch der
Truppen des Warschauer Paktes gesehen werden. Sinnfällig wird dies
auch in der Überzahl der jungen Frauen und Männer im Bericht der
Austria Wochenschau „Die Tschechoslowakei von einigen Staaten des
Warschauer Pakts besetzt“ (Austria Wochenschau 35/68) im Netz des
Demokratiezentrums
Wien.
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
3.4. Les Preludes
10
Nähere Informationen zum Ausschluss Jugoslawiens 1948 siehe
http://www.imperialtraces.org/index.php?id=31&L=1
11
http://www.didactics.eu/index.php?id=1258
12
Hinweise siehe http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Prager_Fr%FChling.html
13
Eine Biografie und Erläuterungen finden sie unter http://www.uniprotokolle.de/Lexikon/Anton%EDn_Novotn%FD.html
14
Vgl. http://www.uni-protokolle.de/Lexikon/Prager_Fr%FChling.html#Emanzipation_der_%C3%96ffentlichkeit
15
Siehe Quellen 4.2.7. S.14 bzw. http://www.didactics.eu/index.php?id=1143
16
Vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/Happening
17
http://www.dhm.de/lemo/html/teilung/KontinuitaetUndWandel/UnruhigeJahre/studentenbewegung.html
9
„Les Preludes“ von Franz Liszt18 – Tonebene am Beginn der Austria
Wochenschau 35/6819 – wurden im Nationalsozialismus wegen des Pathos
des Fanfarenthemas zur Einleitung20 von Sondermeldungen21 verwendet.
4. Quellen
4.1. Mitteilung der Tass22 (21.August 1968)
18
19
http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.l/l753333.htm
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
20
http://books.google.at/books?id=fWeQAaq2LMEC&pg=PA63&lpg=PA63&dq=preludes+liszt+Nationalsozialismus&so
urce=bl&ots=pnipFxDbCK&sig=piaBt7Gt385ePznt5yw_SODzIA&hl=de&ei=nCAUSvTGFcm__QbOne2iDw&sa=X&oi=book_result&ct=result&resnum=1#v=on
epage&q=&f=false
21
http://www.didactics.eu/index.php?id=461
22
TASS russische Nachrichtenagentur in der Zeit der UdSSR, vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/ITAR-TASS
die Mitteilung wurde im Neuen Deutschland, dem Parteiorgan der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (DDR)
abgedruckt
10
4.2. Printquellen:
4.2.1. Die Presse
Anmerkung:
Die Artikel der Presse, finden Sie als pdf in der online-Version des Dossiers.
http://www.didactics.eu/index.php?id=1143
Die Presse: 20.8.1968
Die Presse: 21.8.1968
Die Presse: 22.8.1968
Die Presse: 23.8.1968
4.2.2. Das Manifest der 2000 Worte
Alte Texte: Das Manifest der 2000 Worte
Ein nüchternes, von einem Kommunisten und doch überzeugten Demokraten aufgesetztes
Dokument: Es beschreibt die totalitäre Praxis der Kommunistischen Partei und würdigt die
Versuche von deren ehrlichen Protagonisten, dem Land Würde und Demokratie
zurückzugeben.
TEXT: LUDVÍK VACULÍK
AUSWAHL: MICHAEL FRANK
FOTOGRAFIE: FZHM
11
Die hitzige Begeisterung der Reformbewegung begann im Frühsommer 1968 abzuflauen, die
Sehnsucht nach einem demokratisierten, menschlichen Alltag schien das, was wir heute den
Prager Frühling nennen, in ruhigere Bahnen zu lenken. Da trat der 1926 in Brumov
geborene Schriftsteller Ludvík Vaculík mit dem „Manifest der 2000 Worte“ an die
Öffentlichkeit der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik. Ein nüchternes, von einem
Kommunisten und doch überzeugten Demokraten aufgesetztes Dokument: Es beschreibt die
totalitäre Praxis der Kommunistischen Partei und würdigt die Versuche von deren ehrlichen
Protagonisten, dem Land Würde und Demokratie zurückzugeben.
Keine Rache fordert Vaculík, aber auch die Einsicht, dass man „mit dem Entschluss, das alte
Regime zu vernichten, bis zum Ende gehen“ müsse. Dies allerdings auch mit den
Kommunisten zusammen, deren gesellschaftliche Logistik und Erfahrungen in den Zeiten der
Radikalreform hin zu einem menschlichen Sozialismus unentbehrlich scheinen. Und da ist die
Warnung vor neuen Begehrlichkeiten, dem „Kampf zwischen der Demokratie und den
Futtertrögen“. Vaculíks Manifest, das 70 führende Köpfe der Kulturelite unterzeichnet haben,
wurde zum zentralen Dokument der fundamentalen Reformbewegung vor 40 Jahren in der
Tschechoslowakei. Einschließlich der so dunklen wie nüchternen Ahnungen von Gelingen
oder gewaltsamem Ende.
Michael Frank
„Ursprünglich hat der Krieg das Leben unseres Volkes bedroht. Dann kamen weitere
schlechte Zeiten mit Ereignissen, die die seelische Gesundheit unseres Volkes und seinen
Charakter bedrohten. Mit Hoffnung hatte die Mehrheit des Volkes das Programm des
Sozialismus aufgenommen. Dessen Leitung ist indessen in die Hände der falschen Leute
geraten. Nicht so sehr hätte es geschadet, daß es diesen Leuten an genügender
staatsmännischer Erfahrung mangelte, an sachlicher Kenntnis und philosophischer Bildung,
wenn sie diese Mängel durch ein wenig mehr an bürgerlichem Verstand und Anstand
ausgeglichen hätten, wenn sie imstande gewesen wären, die Meinung anderer anzuhören,
und wenn sie sich einer allmählichen Auslese der Besseren unterworfen hätten.
Die Kommunistische Partei, die vor dem Kriege in weitem Umfang das Vertrauen des Volkes
genossen hatte, hat dies Vertrauen sukzessive gegen Ämter eingetauscht, bis sie endlich
alle diese Ämter bekommen hatte und nichts anderes mehr besaß. Wir müssen es so
ausdrücken, und das wissen auch jene Kommunisten unter uns, die von den Ergebnissen
ebenso enttäuscht sind wie die Außenstehenden. Die fehlerhafte Linie der Führung hat diese
12
Partei aus einer politischen Partei und einem idealistischen Verband in eine
Machtorganisation verwandelt, die eine gewaltige Anziehungskraft auf herrschsüchtige
Egoisten ausübte, auf skrupellose Feiglinge und Leute mit schlechtem Gewissen. Ihr Einfluß
wirkte auf den Charakter und das Verhalten der Partei, die im Inneren keineswegs derart
organisiert war, dass ihrem Einfluß anständige Menschen auf Dauer ohne beschämende
Kompromisse hätten widerstehen können.
Viele Kommunisten hatten versucht, gegen diesen Verfall anzukämpfen, aber es ist ihnen
nicht gelungen, auch nur ein wenig davon zu verhindern, was dann Wirklichkeit geworden
ist. Die Zustände in der Kommunistischen Partei waren Vorbild und Beispiele der gleichen
Zustände im Staat. Die Verflechtung der Partei mit dem Staat hat dazu geführt, daß sie den
Vorteil des Abstandes von der verfassungsmäßigen Macht verloren hatte. Die Tätigkeit des
Staates und der wirtschaftlichen Organisationen durfte nicht kritisiert werden. Das
Parlament verlernte zu tagen, die Regierung zu regieren und die Direktoren zu dirigieren.
Die Wahlen verloren ihren Sinn, die Gesetze verloren an Bedeutung. Wir konnten unseren
Abgeordneten in keinem Ausschuß mehr vertrauen, und wenn wir es gekonnt hätten, hätten
wir von ihnen nichts verlangen können, weil sie sich nicht hätten durchsetzen können.
Noch schlimmer aber war, daß wir einander, einer dem anderen, so gut wie gar nicht mehr
vertrauen konnten. Die persönliche und die gemeinsame Ehre ging verloren. Zur
Anständigkeit reichte es einfach nirgends mehr, und von der geringsten Wertung der
Menschen nach ihren Fähigkeiten zu reden, wäre müßig gewesen. Daher hat die Mehrheit
der Menschen das Interesse an der öffentlichen Sache verloren, sie kümmerten sich nur
mehr um sich selbst und um Geld, obwohl zur Schlechtigkeit der Verhältnisse auch der
Umstand gehört, daß man nicht einmal auf dieses Geld sich heute noch verlassen kann. Die
Beziehungen zwischen den Menschen verdarben, die Freude an der Arbeit ging verloren,
kurz, für das Volk sind Zeiten angebrochen, die die seelische Gesundheit des Volkes und
seinen Charakter bedrohen.
Für den heutigen Zustand sind wir alle verantwortlich, mehr freilich aber die Kommunisten
unter uns: die Hauptverantwortung jedoch tragen die, welche Teilhaber an der
unkontrollierten Macht oder deren Instrumente waren. Es war das die Macht einer kleinen
Gruppe, die mit Hilfe des Parteiapparats von Prag aus hineinwirkte in jeden Bezirk und in
jede Gemeinde. Dieser Apparat bestimmte, wer was tun durfte oder nicht, er befand über
die Genossenschaften für die Genossenschaftler, über die Fabriken für die Arbeiter, für die
Staatsbürger über die Nationalausschüsse. Keine Organisation, auch keine kommunistische,
gehörte in Wirklichkeit ihren Mitgliedern.
Die Hauptschuld und der allergrößte Betrug dieser Herrscher ist es, daß sie ihren Willen für
den Willen der Arbeiterschaft ausgegeben haben. Wenn sie diesen Betrug mitmachen
wollten, dann müßten wir heute den Arbeitern den Ruin unserer Wirtschaft vorwerfen, die
Verbrechen an unschuldigen Menschen, die Einführung der Zensur, die verhinderte, daß
über dies alles geschrieben werden konnte: die Arbeiter wären schuld an den fehlerhaften
Investitionen, an der Zerrüttung des Marktes, am Fehlen der Wohnungen.
Kein vernünftiger Mensch wird allerdings an solche Schuld der Arbeiterschaft glauben. Wir
wissen alle, und vor allem weiß das jeder Arbeiter, daß die Arbeiterschaft über nichts zu
entscheiden hatte. Die Auswahl der Arbeiterfunktionäre wurde von anderswoher besorgt.
Während viele Arbeiter sich einbildeten, sie regierten, regierte in ihrem Namen eine
auserwählte Clique von Funktionären des Partei- und Regierungsapparates. Diese usurpierte
in Wirklichkeit den Platz der entrechteten Klasse und installierte sich selbst zu einer neuen
herrschenden Schicht.
Der Gerechtigkeit halber müssen wir allerdings sagen, daß einige unter ihnen sich dieses
falschen Spieles seit langem bewußt waren. Wir erkennen sie heute daran, daß sie das
Unrecht wieder gutzumachen versuchen, die Fehler ausgleichen, den Ausgeschlossenen die
Mitgliedschaft (der Partei) und die Bürgerlichen Ehren wieder verleihen und die Vollmacht
und Allgewalt des Beamtenapparates einschränken. Ein großer Teil der Funktionäre stemmt
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sich aber gegen alle Änderungen und hat bis jetzt Einfluß. Er vereinigt immer noch einen
Teil der Gewalt in seinen Händen, vor allem in der Provinz, in den Bezirken und Gemeinden,
wo er sie geheim ausübt und ohne zur Rechenschaft gezogen werden zu können.
Vom Beginn dieses Jahres an befinden wir uns in einem gewaltigen Prozess der
Demokratisierung. Er hat in der Kommunistischen Partei begonnen. Wir müssen das
anerkennen, und das wissen auch die Nichtkommunisten unter uns, die von dort her schon
nichts Gutes mehr erwartet haben. Allerdings muß man hinzufügen, daß dieser Prozeß auch
nirgends sonst hätte begonnen werden können. Denn nur die Kommunisten hätten durch
ganze zwanzig Jahre ein politisches Leben führen können, nur die kommunistische Kritik war
nahe an der Sache, die jeweils verhandelt wurde, nur die Opposition innerhalb der
Kommunistischen Partei besaß das Privileg, in Fühlung mit dem Gegner zu sein.
Die Initiative und die Anstrengung der demokratischen Kommunisten ist nur die
Ratenabzahlung auf die Schuld, die die ganze Partei bei den Nichtkommunisten hat, die sie
im Zustande der Nichtgleichberechtigung hat. Den Kommunisten gebührt daher keinerlei
Dank, es muß aber anerkannt werden, daß sie sich ehrlich bemühen, die letzte Gelegenheit
wahrzunehmen, die eigene Ehre und die Ehre der Nation zu retten.
Der Erneuerungsprozeß tritt mit nichts Neuem auf den Plan. Er steuert Gedanken und
Einwände bei, von denen viele älter sind als die Irrtümer des Sozialismus, und andere
Gedanken, die seit langem hätten ausgesprochen werden sollen, die aber unterdrückt
worden sind. Wir sollten keine Illusionen darüber hegen, daß jetzt diese Gedanken durch die
Kraft der Wahrheit notwendig siegen müssen. Über ihren Sieg hat allein die Schwäche des
alten Systems entschieden, das sich natürlicherweise abnutzen mußte im Laufe der
zwanzigjährigen Herrschaft, in der es niemand nennen konnte.
Selbstverständlich mußten alle die entscheidenden Grundmomente dieses Systems sich zur
vollen Überreife entwickeln, die schon in seinen ideologischen Grundlagen verborgen lagen.
Wir sollten daher die Bedeutung der Kritik aus den Reihen der Schriftsteller und Studenten
nicht überschätzen.
Das Instrument der gesellschaftlichen Veränderungen ist die Wirtschaft. Ein richtiges Wort
hat nur dann Wirksamkeit, wenn es unter Bedingungen ausgesprochen wird, die richtig
vorbereitet sind. Richtig vorbereitete Bedingungen – damit muß man bei uns leider unsere
ganze Armseligkeit bezeichnen, der totale Zusammenbruch des Systems der zentralen
Leitung, indem in Frieden und Ruhe und auf unsere Kosten die Politiker eines besonderen
Schlages sich miteinander kompromittierten. Die Wahrheit nämlich siegt bei uns nicht von
alleine (eine Anspielung des Autors auf den jetzt viel zitierten Wappenspruch der
tschechoslowakischen Republik „Die Wahrheit siegt!“, Anm.), die Wahrheit kommt einfach
zum Vorschein, wenn alles andere vertan ist! Es gibt daher hier keinen Anlaß zu nationalen
Siegesfeiern, es ist lediglich ein Grund zur Hoffnung. Wenden
wir uns an diesem Punkt zurück zu dieser Hoffnung, die dennoch weiterhin bedroht ist.
Es hat einige Monate gebraucht, bis viele von uns daran zu glauben begannen, dass sie nun
ungestraft ihre Meinung aussprechen konnten, viele allerdings glauben es bis heute noch
nicht. Aber wir haben schon so viel ausgesprochen, und so viele haben sich ausgesprochen,
daß wir mit unserem Entschluß, das alte Regime zu vernichten, bis zum Ende gehen
müssen. Sonst fiele die Rache der alten Gewalten grausam aus.
Wenden wir uns hauptsächlich jenen zu, die bisher nur abgewartet haben. Die Zeit, die jetzt
anbricht, wird für viele Jahre entscheidend sein. Die Zeit, die jetzt anbricht, ist ein Sommer,
mit Urlaub und Ferien, in denen wir nach altem Brauch uns wünschen werden, alles liegenund stehen zu lassen. Wir müssen uns aber bewußt sein, daß unsere lieben Gegner sich
dieser sommerlichen Entspannung nicht hingeben werden; sie werden ihre Anhängerschaft
mobilisieren, und sie werden schon jetzt versuchen, sich geruhsamer Weihnachtsfeiertage
zu versichern.
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Geben wir daher nicht auf. Versuchen wir zu verstehen, was geschehen wird, und
dementsprechend zu handeln. Begeben wir uns des unmöglichen Anspruchs, daß uns immer
irgendein Höherer zur Sache die einzig mögliche Erklärung, die einzig richtige
Schlußfolgerung vorsage. Jeder wird seine Schlüsse selber nach eigener Verantwortung
ziehen müssen. Brauchbare gemeinsame Beschlüsse kann man nur in der Diskussion fassen,
zu der jene Freiheit des Wortes die Voraussetzung ist, die womöglich unsere einzige
demokratische Errungenschaft dieses Jahres bleiben wird.
Den kommenden Tagen müssen wir aber mit besonderer Initiative und mit besonderer
Tatkraft begegnen. Vor allem werden wir allen Ansichten widersprechen, falls sie auftreten
sollten, daß es möglich wäre, irgendeine demokratische Erneuerung ohne die Kommunisten,
eventuell sogar gegen sie durchzusetzen. Es wäre dies ebenso ungerecht wie unvernünftig.
Die Kommunisten besitzen eine wohlgebaute Organisation, innerhalb derer es den
fortschrittlichen Flügel zu unterstützen gilt. Sie besitzen erfahrene Funktionäre, sie haben
nicht zuletzt die Ordnung in ihren Händen, die entscheidenden Hebel und Knöpfe. Vor der
Öffentlichkeit steht ihr „Aktionsprogramm“, das nicht zuletzt auch das Programm der ersten
Wiedergutmachung der gröbsten Ungerechtigkeiten ist, und niemand sonst kann ein ähnlich
konkretes Programm vorweisen. Es muß aber verlangt werden, daß die Kommunisten mit
ihren lokalen Aktionsprogrammen in jedem Kreis und in jedem Bezirk sich der Öffentlichkeit
stellen.
Hier geht es plötzlich um sehr einfache und schon lange erwartete Angelegenheiten. Die
Kommunistische Partei der Tschechoslowakei bereitet sich auf den Kongreß vor, der ein
neues Zentralkomitee zu wählen haben wird. Wir müssen fordern, daß es ein besseres sein
wird als das jetzt amtierende. Wenn jetzt die Partei behauptet, daß sie ihre führende Rolle in
Zukunft auf das Vertrauen der Bürger aufbauen will und nicht auf Gewalt, so können wir das
nach dem Maß der Glaubwürdigkeit akzeptieren, die jene Leute besitzen, die die Partei
schon jetzt auf den Bezirks- und Kreiskonferenzen delegiert.
In letzter Zeit ist das Volk beunruhigt, weil der Fortschritt der Demokratisierung
abzunehmen scheint. Dieses Gefühl kommt teilweise von der Ermüdung nach dem
aufregenden Geschehen der letzten Monate, teilweise entspricht es aber der Wirklichkeit:
Die Saison der bestürzenden Offenbarungen, der allerhöchsten Demissionen und
berauschenden Proklamationen von noch nie da gewesener Kühnheit ist jetzt vorbei. Der
Kampf der Kräfte hat sich jedoch nur ein wenig unter die Oberfläche verzogen, es wird jetzt
um den Wortlaut der Gesetze gerungen, um das Ausmaß praktischer Maßnahmen. Darüber
hinaus muß man den neuen Leuten, den Ministern, Prokuratoren, Vorsitzenden und
Sekretären Zeit lassen, um sich einzuarbeiten. Sie haben ein Anrecht auf diese Zeit, um sich
entweder zu bewähren oder sich als unfähig zu erweisen.
Die eigentliche Qualität der zukünftigen Demokratie hängt jetzt davon ab, was mit den
Fabriken und in den Fabriken geschehen wird. Bei allen unseren Diskussionen entscheiden
zuletzt die Wirtschaftler über unser Schicksal. Es gilt jetzt, qualifizierte Ökonomen zu suchen
und an die geeigneten Stellen zu setzen. Es ist zwar wahr, daß wir alle, verglichen mit den
Bedingungen in entwickelten Ländern, schlecht bezahlt sind, und einige von uns noch
schlechter. Wir können jetzt mehr Geld verlangen – das sich beliebig drucken und damit
entwerten läßt. Fordern wir daher lieber von den Herren Direktoren und Vorsitzenden, uns
Zahlen vorzulegen, Rechnung zu legen darüber, was und zu welchem Preis sie zu
produzieren gedenken, wem und um wie viel sie es zu verkaufen beabsichtigen, welcher
Gewinn dabei herausgewirtschaftet werden soll, welcher Teil davon investiert werden soll in
Modernisierung der Produktion und was davon aufgeteilt werden soll.
Unter scheinbar langweiligen Überschriften ist jetzt in unseren Zeitungen der Widerhall des
harten Kampfes zwischen der Demokratie und den Futtertrögen zu verfolgen. Hier können
die Arbeiter ebenso eingreifen wie die Unternehmer, indem sie wissen, wen sie in die
Betriebsverwaltungen und in die Betriebsräte wählen. Ebenso können die Angestellten für
sich selbst jetzt nur das Beste bewirken, wenn sie als ihre Delegierten in die Gewerkschaften
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die Vertreter ihrer natürlichen Interessen wählen, fähige und anständige Menschen, ohne
Rücksicht auf ihre Parteizugehörigkeit.
Wenn jetzt in dieser Zeit von den eigentlichen Führern der zentralen politischen
Organisationen nicht mehr zu erwarten ist, so muß um so mehr in den Bezirken und Kreisen
umgesetzt werden. Wir fordern den Rücktritt jener Leute, die ihre Macht mißbraucht haben,
die das öffentliche Eigentum geschädigt haben, die ehrlos und grausam gehandelt haben. Es
ist jetzt möglich, Methoden zu entwickeln, um sie zum Rücktritt zu zwingen. Zum Beispiel:
öffentliche Kritik, Resolutionen, Demonstrationen, demonstrierende Arbeitseinsätze,
Geldgeschenksammlungen für sie, um sie mit einer Rente abzufinden, Streik und Boykott.
Es müssen aber Aktionen verhindert werden, die nach dem Gesetz nicht erlaubt, die
unanständig oder grob sind, sonst könnten sie zur Beeinflussung Alexander Dubceks
missbraucht werden.
Unser Widerstand gegen das Schreiben vulgärer anonymer Briefe muß so allgemein werden,
daß hinfort jeder solcher Brief, den diese Leute noch vorzeigen können, als einer gelten
kann, den sie sich selbst haben schreiben lassen. Beleben wir die Tätigkeit der Nationalen
Front. Verlangen wir öffentliche Sitzungen der Nationalausschüsse. Zu den offenstehenden
Fragen, die niemand beantworten will, wollen wir eigene Bürgerausschüsse und
Kommissionen bilden. Es ist das sehr einfach: Es treten einige Leute zusammen, sie wählen
sich einen Vorsitzenden, sie führen Protokoll, sie veröffentlichen ihr Anliegen, verlangen
dessen Lösung und lassen sich nicht niederschreien.
Die Bezirks- und lokale Presse, die in ihrer Mehrheit zu einer amtlichen Trompete
degeneriert ist, müssen wir in eine Tribüne aller positiven politischen Kräfte verwandeln.
Verlangen wir die Gründung von Redaktionsräten aus Vertretern der Nationalen Front. Oder
gründen wir neue Zeitungen, begründen wir Ausschüsse zur Verteidigung der Freiheit des
Wortes. Organisieren wir bei unseren Zusammenkünften einen besonderen Ordnungsdienst.
Wenn uns anrüchige Nachrichten über bestimmte Personen zur Kenntnis gelangen, sollten
wir sie auf deren Wahrheitsgehalt prüfen, dann eine Delegation an die zuständigen Stellen
senden und deren Antwort dann veröffentlichen, wenn es nicht anders geht, indem wir diese
an den Toren anschlagen.
Unterstützen wir die Organe der Polizei bei der Aufklärung wirklicher Straftaten; unser
Wunsch ist es nicht, die Anarchie oder den Zustand allgemeiner Unsicherheit zu bewirken.
Hüten wir uns von nachbarlichen Zänkereien, lassen wir uns nicht zu politischen
Denunziationen verführen. Aber entlarven wir die Spitzel!
Die belebte sommerliche Bewegung in der gesamten Republik entwickelt das Interesse auch
für Neuordnung der staatsrechtlichen Beziehungen zwischen Böhmen und der Slowakei. Wir
betrachten die Föderalisierung als eine Möglichkeit, die nationale Frage zu lösen, darüber
hinaus ist das aber nur eine von den bedeutenderen Maßnahmen zur Demokratisierung der
Verhältnisse. Diese Maßnahme für sich allein braucht aber der Slowakei keineswegs ein
besseres Leben bringen. Die Probleme der Regierung – getrennt für die Slowakei und die
böhmischen Länder – werden damit noch nicht gelöst. Das Regime der parteistaatlichen
Bürokratie könnte auch unter diesen Bedingungen an der Macht bleiben, in der Slowakei um
so eher, als man dort „sich eine größere Freiheit erkämpft hat“.
Außerordentliche Beunruhigung geht in der letzten Zeit von der Möglichkeit aus, daß sich
ausländische Mächte in unsere Entwicklung einmischen könnten. Im Angesicht aller
Übermächte bleibt uns lediglich übrig, ruhig auf unserem Standpunkt zu beharren und
niemanden herauszufordern. Unserer Regierung müssen wir zu verstehen geben, daß wir
hinter ihr stehen, wenn nötig in Waffen, so lange sie das tun wird, wofür wir ihr unser
Mandat gegeben haben. Und unseren Verbündeten können wir versichern, daß wir unsere
vertraglichen, freundschaftlichen und wirtschaftlichen Abkommen einhalten werden.
Gereizte Vorwürfe von unserer Seite, unsere nicht ausgesprochenen Verdächtigungen,
können nur den Stand unserer Regierung erschweren, ohne dass sie uns Hilfe bringen.
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Beziehungen auf der Grundlage der Gleichberechtigung können wir ohnehin erst dadurch
erlangen, daß wir unsere inneren Zustände verbessern und unseren Reformprozeß so weit
vorantreiben, daß wir dereinst bei den Wahlen uns Politiker wählen können, die soviel
Standfestigkeit, Ansehen und Weisheit besitzen werden, daß sie uns solche Beziehungen
aushandeln und einhalten können. Das übrigens ist ein Problem der Regierungen aller
kleineren Staaten der Welt.
In diesem Frühling ist uns von neuem, wie nach dem Kriege, eine große Chance geschenkt
worden. Wir haben jetzt aufs neue die Möglichkeit, unsere gemeinschaftliche Sache, die den
Arbeitstitel „Sozialismus“ trägt, in unsere eigenen Hände zu nehmen und ihr ein Profil zu
verleihen, das besser unserem ursprünglichen, einst vortrefflichen Vorstellungen entspräche
und der einigermaßen guten Meinung, die wir ursprünglich von uns selber hatten. Dieser
Frühling ist soeben zu Ende gegangen und kehrt schon nimmer wieder. Im Winterwerden wir
wissen, woran wir sind.
Und damit endet dieser unser Aufruf an die Arbeiter, Landwirte, Beamten, Künstler,
Wissenschaftler, Techniker und an alle. Geschrieben wurde er auf Anregung der
Wissenschaftler. Die siebzig Unterzeichner dieses Manifestes stammen aus allen Schichten
und Betätigungsbereichen des Volkes. Unter anderem sind es: Rudolf Hrusinsky,
Schauspieler; Karel Kosik, Philosoph; Otomar Krejca, Regisseur; Karel Krautgartner,
Dirigent; Jiri Menzel, Regisseur; Adolf Radok, Regisseur; Jaroslav Seifert, Dichter; Oldrich
Stary, Rektor der Karlsuniversität; Nationalkünstler Jiri Trnka, Autor der Puppenfilme; Josef
Topol, Schriftsteller; Nationalkünstler Jan Werich, Schauspieler; Jan Zatopek,
Olympiasieger.“
Datum 09/08 - Seiten der Zeit: Alte Texte http://www.datum.at/0908/stories/5152401/
Zugriff: 21.05.2009
4.3. Audivisuelle Quellen:
4.3.1. Austria Wochenschau 35/68, Beitrag 1 (Einmarsch der Warschauer
Pakt Truppen in Prag) Das Transkript zu dieser Wochenschau ist auf dieser
Seite abgedruckt:
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
4.3.2.Morgenjournal Ö1 21.8.1968 (Einmarsch)
http://www.mediathek.at/akustischechronik//Popups_2/Prag_1968_2h_frue
h
17
4.3.2.1. Morgenjournal Ö1 21.8.1968, Sendeteil Nr. 3
http://www.mediathek.at/oe1_journale/popup/popup_media_manager.php?fileId=1123416
Sendeteil Nr. 3: Statement des Bundeskanzlers Klaus
Das waren die Nachrichten. Vor wenigen Minuten ist Bundeskanzler Dr. Josef Klaus im
Funkhaus in Wien eingetroffen. Er sitzt jetzt im Nebenstudio und wird Erklärung abgeben:
„ Liebe Mitbürger! Österreich hat Dank seiner immerwährenden Neutralität und Dank einer
konsequenten Neutralitäts- und Unabhängigkeitspolitik, sich das Vertrauen aller vier
Signatarmächte des Staatsvertrages, aber auch das Vertrauen seiner Nachbarstaaten
erworben. Diese Politik hat sich bewährt und unserem Land eine glückliche Entwicklung in
Freiheit, Sicherheit und Wohlstand gebracht. Das bedeutet aber nicht, dass uns das
Schicksal anderer Länder und Völker gleichgültig ist. Wir sind am Frieden und an der
friedlichen Entwicklung unserer Nachbarländer interessiert und haben daher mit großer
Aufmerksamkeit die Vorgänge und die Entwicklungen in der Tschechoslowakei in den letzten
18
Wochen und insbesonders in der heutigen Nacht verfolgt. Angesichts der Ereignisse in der
Tschechoslowakei hat die Bundesregierung daher alle notwendigen Sicherheitsmaßnahmen
getroffen. Noch während dieser Nacht habe ich mit dem Herrn Außenminister, dem Herrn
Staatssekretär
im
Inneren
und
Vertretern
des
Innenministeriums
und
des
Landesverteidigungsministeriums eine Besprechung durchgeführt. Noch in aller Früh habe
ich auch den Herrn Bundespräsidenten über die Maßnahmen der Bundesregierung an seinem
Urlaubsorte informiert. Gegenwärtig suche ich auch den Kontakt mit den Obmännern der
beiden Oppositionsparteien, der Sozialistischen Partei und der Freiheitlichen Partei,
herzustellen. Die Bevölkerung und die in unserem Lande befindlichen Besucher, können
versichert sein, dass die Bundesregierung alle zur Stunde notwenigen Maßnahmen getroffen
hat. Ich habe ferner veranlasst, dass jene Regierungsmitglieder, die derzeit auf Urlaub sich
befinden, sich sofort nach Wien begeben sollen.
Liebe Mitbürger! Ich glaube, dass wir diese Politik, die sich auf das Vertrauen, aber auch auf
das Verständnis mit allen Nachbarn und mit allen Signatarmächten seitens Österreich stützt,
uns gerade in dieser Stunde eine wertvolle Hilfe für die Fortsetzung unserer konsequenten
Neutralitäts- und Unabhängigkeitspolitik sein wird.“
4.3.2.2. Morgenjournal vom 21.08.1968: Sendeteil Nr. 7
http://www.mediathek.at/oe1_journale/popup/popup_media_manager.php?f
ileId=1123416
Sendeteil Nr. 7: Situation und Reaktion in den US
[Das Gespräch mit Moskau ist noch immer nicht angekommen. Wir wissen nicht, ob die
Leitung gestört ist, jedenfalls unser Moskauer Korrespondent hat sich noch immer nicht
gemeldet.]
Dafür ist aber in der Zwischenzeit das Gespräch aus Washington angekommen. Ich bitte, es
mir herein zuschalten.
Hier ist der österreichische Rundfunk, guten Morgen! Herr Stoiber, welche Reaktion gibt es
in Amerika auf den Einmarsch der sowjetischen Truppen in der Tschechoslowakei?
Die Invasion der Tschechoslowakei durch Truppen aus fünf kommunistischen Ländern hat,
wie Washington erklärt, die amerikanische Regierung und das Pentagon vollkommen
unvorbereitet und ohne jede Vorwarnung überrascht. Hier sind die ersten Entwicklungen und
die jüngsten Ereignisse in den USA im Zusammenhang mit der Krise in der ČSSR:
Der Pressechef von Präsident Johnson, George Christian gab knapp vor fünf Uhr MEZ
bekannt, dass der sowjetische Botschafter in Washington Anatolij Dobrynin sich einige
Stunden vorher persönlich ins Weiße Haus begeben hatte, um dem Präsidenten über die
Entwicklung in der ČSSR und die sowjetische Haltung dazu Bericht zu erstatten. Präsident
Johnson berief darauf hin den nationalen Sicherheitsrat ein, der seit dem Juli Krieg im
Nahen Osten des Vorjahres zu keiner Krisensitzung mehr zusammengetreten war.
Der internationale Sicherheitsrat trat um 3 Uhr 15 MEZ zusammen. Wie George Christian
weiter erklärte, wurde der heiße Draht zwischen Washington und Moskau bisher nicht
aktiviert.
Die Nachrichten aus Prag sind hier fragmentarisch. Der amerikanische Rundfunk hat
mehrmals Nachrichten aus dem österreichischen Außenamt und dem österreichischen
Innenministerium wiederholt, demzufolge die Grenzen nach der Tschechoslowakei und nach
Ungarn gesperrt sind.
Die erste Reaktion der Rundfunkkommentatoren ist, dass die USA in der Falle des
Vietnamkrieges gefangen sind und keine, oder nicht genügend Bewegungsfreiheit haben,
um sich moralisch - geschweige denn militärisch - in die Ereignisse in der ČSSR einschalten
zu können.
Allerdings wird in diesen ersten Kommentaren nicht verschwiegen, dass die USA, was die
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Entwicklung in der ČSSR betrifft, eine „Vogel-Strauß-Politik“ verfolgt und versäumt hat,
zumindest die amerikanische Öffentlichkeit auf Seite der Liberalisierungsbemühungen der
Bevölkerung der ČSSR zu mobilisieren. Aber die amerikanische Öffentlichkeit ist
einmischungsmüde. Durch das Land geht eine Welle des Isolationismus, die noch vor
wenigen Jahren unvorstellbar gewesen wäre. Und so besteht die Gefahr, dass die USA – wie
die amerikanischen Kommentatoren es ausdrücken – die ČSSR ausverkaufen, also auf gut
Deutsch fallen lassen.
Herr Stoiber, welche Nachrichten hat man konkret von der Tschechoslowakei in Amerika?
Die letzte Nachricht, die man hier hat, ist eine Reuter Meldung, dass in Prag Schüsse
gefallen sind und dass das Zentralbüro der kommunistischen Partei von russischen Panzern,
die mit weißen Kreuzen gezeichnet sind, umstellt ist.
Danke vielmals, Herr Stoiber, Sie werden uns sicher im Mittagjournal weiter berichten.
4.3.2.3. Morgenjournal vom 21.08.1968: Sendeteil Nr. 8
http://www.mediathek.at/oe1_journale/popup/popup_media_manager.php?f
ileId=1123416
Sendeteil Nr. 8: Situation und Reaktion in der Sowjetunion
[Nach diesem Bericht von der Grenze und den Telefongesprächen mit Belgrad und
Washington erwarten wir jetzt das Telefonat mit Moskau. Ist dieses Telefonat schon da?
Technik, bitte herein schalten!]
Österreichischer Rundfunk, Dr. Bock.
Ja, guten Tag, Herr Dr. Bock. Hier Löwe.
Guten Morgen, Herr Löwe. Herr Löwe, wie ist die Reaktion in Moskau auf den Einmarsch
sowjetischer Truppen in die Tschechoslowakei?
Ich kann Ihnen mitteilen, dass TASS eine offizielle Erklärung dazu abgegeben hat, die man
eigentlich in elf Punkten zusammenfassen kann.
Der erste Punkt ist, dass die tschechoslowakische Regierung und die tschechoslowakischen
Führer der Partei – genannt werden sie nicht bei Namen – um die dringende Hilfe der
übrigen sozialistischen Länder gebeten hätten, also eine Besetzung auf Wunsch der
Führung, wer immer sie sein mag. Intern habe ich hier bereits erfahren, dass in der
vergangen Nacht, die Führung in der Tschechoslowakei, in Prag gewechselt hat. Die Namen
der neuen Spitze konnte man mir nicht nennen, ich weiß nur, dass der Chefredakteur von
Rudé Právo, der ja als ein Gegner von Dubček galt, eine wesentliche Rolle dabei gespielt
hat.
Die Besetzung der Tschechoslowakei begann um Mitternacht und ist wohl jetzt ziemlich
abgeschlossen, sagt man in Moskau. In dem Kommunikee heißt es, jetzt im offiziellen
Kommunikee heißt es weiter, die Besetzung diene dem Zweck konterrevolutionären Kräften
zu begegnen.
Drittens: Es ginge um die Verteidigung der sozialistischen Errungenschaften. Dies sei eine
heilige Pflicht aller sozialistischen Länder, dies sei auch im Pressburger Kommunikee
eindeutig festgelegt worden.
Viertens: Eine Verschärfung der Situation berühre, in der Tschechoslowakei, berühre die
lebenswichtigen Interessen der Sowjetunion und der übrigen sozialistischen Länder. Das
scheint mir ein wichtiger Punkt zu sein.
Fünftens: Die Entwicklung der Tschechoslowakei bedeute eine Gefährdung des Friedens in
Europa.
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Sechstens: Die notwendige Hilfe für das brüderliche tschechoslowakische Volk sei also, so
sei diese Maßnahme zu bewerten.
Siebtens: Die Warschauer-Pakt Streitkräfte würden sofort zurückgezogen werden, so wie die
Gefahr für die Tschechoslowakei und die übrigens sozialistischen Länder gebannt sei.
Herr Löwe, bringt der sowjetische Rundfunk schon Berichte von der Besetzung der ČSSR?
Nein, nein. Es ist interessant, also die westlichen Korrespondenten sind hier durch
Gewährsleute im Laufe der Nacht, also in den frühen Morgenstunden des heutigen Tages
vorgewarnt worden. Bereits um vier Uhr morgens wussten viele von ihnen, dass die
Tschechoslowakei besetzt worden ist. Der sowjetische Rundfunk spielte bis 6 Uhr 15
Moskauer Zeit Wiener Walzer und um 6 Uhr 15 begann das Frühsportprogramm und dann
die ersten Nachrichten. Das Kommunikee war in den 7 Uhr Nachrichten zu hören.
Herr Löwe, herzlichen Dank für diesen kurzen Bericht. Wir werden uns beim Mittagsjournal
wieder hören. Auf Wiederhören.
Auf Wiederhören.
Das war also das Telefongespräch mit Moskau, das in letzter Minute bei unserer Sendung
jetzt eintraf.
4.3.3. Mittagsjournal Ö1 21.8.1968 (Grenze in Berg)
http://www.mediathek.at/akustische-chronik//Popups_2/Grenze_Berg
Mittagsjournal Ö1 21.8.1968 (Grenze in Berg)
Und wieder steh ich an der Grenze in Berg, an der österreichisch-tschechoslowakischen
Grenze, ganz nahe von Pressburg entfernt, und ich muss sagen, hier geht es zu, als ob es
keine Vorfälle zur Slowakei gäbe. Es kommen immer viele Autos herüber und es fahren auch
viele hinüber. Die Autos, die aus der Tschechoslowakei kommen, stammen zumeist aus
Rumänien. Wie mir die Leute erzählten, wollten sie heute Nacht bzw. heute Früh über
Ungarn nach Hause fahren, aber die ungarische Grenze ist für alle geschlossen. Sie wurden
hierher nach Berg geschickt, damit sie über Österreich dann weiterfahren, wie sie dann
weiterkommen, sagten sie, das wüssten sie nicht.
Aber unter diesen vielen Autos befand sich auch ein Wagen aus Deutschland und ich habe
ein Glück, es ist sogar ein Journalistenkollege.
Sie haben die Nacht in Pressburg verlebt, was war ihr Eindruck heute Morgen?
„Heute Morgen war eine große Aufregung in den Straßen, die Menschen liefen unkontrolliert
durcheinander, man hatte den Eindruck, dass etwas Ähnliches wie eine Panik entstehen
könnte. Dennoch muss ich sagen, war die Bevölkerung der Situation entsprechend relativ
ruhig.“
Und haben Sie gesehen… ich habe gehört, Leute haben angeblich auch geweint?
„Leute haben geweint, ich habe es selbst gesehen, meine Wirtin hat geweint, wo wir
übernachtet haben – privat.“ Ja. „Und auf den Straßen habe ich viele Menschen getroffen,
die gesagt haben <sowjetische Schweine>“
Und waren viele Panzer zu sehen?
„Es waren sehr viele Panzer zu sehen, ich kann die Zahl leider nicht angeben, weil wir
mitten drin steckten.“
Ich war bereits heute Morgen hier an Grenze und da hörte ich einige Feuerstöße, die aus
Maschinengewehren stammten. Konnten Sie vielleicht eruieren was das für ein Vorfall
gewesen sein könnte?
„Als Augenzeuge kann ich nichts berichten, aber mir wurde erzählt, dass junge Studenten an
der Nationalbank ihre Jacken ausgezogen haben und haben diese Jacken über die
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Sehschlitze der Panzer oder Schützenpanzer hinübergeworfen und dann soll geschossen
worden sein. Über Verletzte oder Tote weiß ich nichts.“
Ja, es kann sein, dass die Russen in die Luft geschossen haben, das wäre auch möglich.
„Das wäre durchaus möglich.“
Und wie war die Fahrt über die Brücke? War die abgesichert?
„Die Brücke war abgesichert durch Soldaten der Warschauer Pakt Staaten. Ich kann nicht
sagen, welche Nation es war und sie verwehrten uns die Überfahrt über die Brücke mit einer
roten Flagge. Die gesamte Brückenauffahrt war umlagert von Menschen aus Bratislava und
als diese Menschen merkten, dass uns die Soldaten nicht hinüber lassen wollten, haben sie
uns eine Gasse gebahnt und haben gejohlt, haben die Soldaten vorbeigedrängt. Ich war
zuerst etwas unschlüssig, was ich tun sollte, denn ich wollte keinen Zwischenfall
provozieren, habe aber dann doch Gas gegeben, bin unter den Hurra-Rufen der Slowaken
oder der Bevölkerung von Bratislava über die Brücke gefahren und ab diesem Moment war
die Fahrt frei für uns.“
Also die Menschen in der Stadt drüben sind eindeutig gegen die Russen eingestellt?
„Soweit ich es beurteilen und was ich gesehen habe, ja.“
Aber trotzdem sind sie der Situation entsprechend ruhig und sie sind nicht unbesonnen?
„Sie sind nicht unbesonnen, soweit ich es gesehen habe.“
Und nun kommen auch zwei Wiener über die Grenze, mit einem Volkswagen. Und wie sie
mir eben gesagt haben, haben sie das Ganze von allem Anfang an mitgemacht. Wollen Sie
kurz erzählen?
„Ja, es war so 11 Uhr, so gegen 11 Uhr sehen wir mitten am Hauptplatz, also vor dem
Staatstheater drei Panzer und es hat so ausgeschaut, als ob sie sich verirrt hätten oder was.
Wir machen ein Theater, sag ich, schau dir das an und in dem Moment seh ich einen
Schweden, der sagt ‚Komm, ab mit uns, weil Russen sind hier. ‘ Weil sie haben sich nicht
gezeigt, und wie wir schon auf die Brücke kommen, war schon alles versperrt und…“
Ach, sie wollten schon in der Nacht herüber fahren?
„Schon um 11 Uhr. Wir waren schon am Herüberfahren und natürlich sind wir bis jetzt
gestanden. So, jetzt ist eine Manifestation, die Russen haben so herumgeschossen unten.
Panzer haben sie angezündet, die Tschechen von ihnen und dann dieses Glanda [Geländer],
das haben sie zwischen die Ketten gegeben, also dass den Panzern praktisch die Ketten
runterfallen, haben sie vom Fenster schon runter geschossen und jetzt ist eine große
Manifestation unten bei der Universität. Und da haben uns die Tschechen gesagt, also wir
ringen so um die Russen, dass sie nicht aus können, da haben sie alles umringt, sagt da
Ausländer fort, was nur geht. Und da ist der Tankwagen als erster nachgefahren, also von
dem von der Firma…“
Ja, ein Ölwagen.
„Natürlich, ein Ölwagen. Und wir natürlich drei Ausländer hintennach. Ein Westdeutscher,
ein Franzose und wir aus Österreich.“
4.3.3.1. Mittagsjournal vom 21.08.1968
http://www.mediathek.at/oe1_journale/popup/popup_media_man
ager.php?fileId=1152010
Kommentar über die Mobilmachung beim österreichischen Bundesheer und die
strategische Lage
Das österreichische Bundesheer, seit seiner Aufstellung im Jahr 1955 ein Zankapfel der
politischen Parteien, wird vielleicht in wenigen Stunden wieder einmal, so wie 1956, bereit
sein
müssen,
die
Neutralität
an
den
Grenzen
Österreichs
zu
schützen.
Wenn auch für Österreich keine akute militärische Gefahr besteht, so muss doch die
bewaffnete Macht des neutralen Österreichs einen verstärkten Grenzaufsichtsdienst
organisieren. Die Vorkehrungen der Führung des österreichischen Bundesheeres sind soweit
gediehen, dass in kürzester Zeit an der tschechoslowakischen Grenze die militärisch
notwendigen Maßnahmen getroffen werden können, um eventuelle bewaffnete Überläufer,
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marodierende Truppenteile und bewaffnete Zivilpersonen aufzufangen, zu entwaffnen und
zu internieren.
An den nördlichen Grenzen unseres Landes sind zum sofortigen Einsatz, im sogenannten
grenznahen Raum, zwei Truppenkörper in der Stärke von je drei Bataillonen verfügbar.
Diese sofort greifbare militärische Sicherung kann nach Maßgabe des Spannungszustandes
innerhalb von 24 Stunden verdoppelt werden. Für die tatsächliche Sicherung des
Grenzraumes, das heißt unmittelbare Verstärkung der Zollwache, stehen territorial
gebundene Einheiten, besser bekannt unter dem Namen Grenzschutzkompanien, zur
Verfügung. Diese Kompanien, welche sich aus Reservisten zusammensetzen, können
aufgrund eines vorbereiteten Alarmsystems, in kürzester Zeit mobil gemacht werden und
stellen eine beachtliche Aufwertung der Sicherheitsstreitkräfte dar.
Hier wird neben der politischen Neutralität auch die bewaffnete Neutralität demonstriert.
Österreich könnte mit seiner kleinen Armee vor der ganzen Welt beweisen, dass wir die uns
selbst auferlegte, immerwährende Neutralität sehr ernst nehmen und bereit sind, jede
Verletzung unserer Grenzen zu verhindern.
4.3.4. Abendjournal 21.8. 1968
http://www.mediathek.at/oe1_journale/popup/popup_media_manager.php?f
ileId=1152015
Hilferuf aus Brünn
Liebe Freunde in Österreich!
Ich spreche jetzt aus Brünn. Wir sind vielleicht die einzigen in der ganzen
Tschechoslowakischen Republik im Fernsehen, die noch senden können. Ich weiß nicht, wie
lange. Ich bitte alle: informieren sie die ganze Welt, besonders den Generalsekretär und
Amt- und Sicherheitsrat. Wenn die Situation kommt, dass mit der Sendung im Fernsehen
und Rundfunk Schluss wird, dann bitte ich die Kollegen aus Fernsehfunk in Wien, damit sie
die kurzen Informationen von der Situation in der tschechischen Sprache senden. Ich danke
aus dem ganzen Herzen. Ich bin, liebe Freunde, Kommunist, aber in dieser schweren
Situation geht es nicht, ob jemand Kommunist oder Unkommunist ist. Es geht um alles in
der Tschechoslowakischen Republik.
Ein Hilferuf aus Brünn, den wir heute Nachmittag auffingen.
4.3.4.1.
Abendjournal vom 21.08.1968
http://www.mediathek.at/oe1_journale/popup/popup_media_manager.php?f
ileId=1152015
UNO zur Lage in der ČSSR
Und in diesem Augenblick erreicht uns eine Leitung von den Vereinten Nationen New York.
Wird sich der Weltsicherheitsrat mit der Besetzung der ČSSR beschäftigen? Diese Frage
richte ich an Rudolf Stoiber.
Hektische Tätigkeit hinter der Kulisse der Vereinten Nationen und die Initiative der
Westlichen Gruppe des Sicherheitsrates, Großbritannien, USA, Frankreich, Dänemark und
Kanada, scheinen auf ein sich langsam entwickelndes Aktionsprogramm der Vereinten
Nationen hinzuweisen und es scheint nun festzustehen, dass sich der UNOWeltsicherheitsrat mit der Besetzung der Tschechoslowakei durch Sowjetische und
Warschauer-Pakt-Truppen befassen wird, voraussichtlich noch heute. Allerdings wurde noch
kein genauer Termin festgelegt.
Präsident Johnson jedenfalls appellierte um 17 Uhr MEZ vom Weißen Haus aus, wie er sagte,
23
im Namen der Friedenshoffnung der Menschheit an die Sowjetunion, ihre Invasionstruppen
aus der Tschechoslowakei zurückzuziehen und gab bekannt, dass er den amerikanischen
UNO-Vertreter George Ball beauftragt hat, gemeinsam mit Vertretern anderer Staaten, die
tschechische Krisensituation vor den UNO-Sicherheitsrat zu bringen und darauf zu bestehen,
dass die Rechte des tschechischen Volkes, wie sie in der UNO-Charta verankert sind,
erhalten bleiben.
Fast gleichzeitig mit der Erklärung aus dem Weißen Haus gab ein Sprecher U Thant‘s die
erste offizielle Reaktion des UNO-Generalsekretärs bekannt. U Thant hatte im Verlauf des
Vormittags den stellvertretenden sowjetischen Außenminister Jakow Malik, den britischen
UNO-Delegierten Lord Caradon, den derzeitigen Präsidenten des Sicherheitsrates den
Brasilianer de Araújo Castro und den tschechischen UNO-Vertreter Jan Mužik zu
Besprechungen empfangen.
U Thant ließ durch seinen Sprecher bekannt geben, dass er an die sowjetische Regierung
appelliert hat, sich in ihrem Verhalten zur tschechischen Regierung und zum tschechischen
Volk äußerste Zurückhaltung aufzuerlegen.
Gleichzeitig sagte U Thant seine bevorstehende Reise nach Europa ab. Er hätte sich morgen
nach Prag und anschließend zur Weltraumkonferenz nach Wien und zur Konferenz der
Nichtnuklearen Staaten nach Genf begeben sollen. Wörtlich erklärte der Sprecher es UNOGeneralsekretärs im Namen U Thants:
The Secretary-General regards the developments in Czechoslovakia as yet another
serious blow to the concepts of international order.
Die Entwicklungen in der Tschechoslowakei stellen einen weiten, schweren Schlag für das
Konzept internationaler Ordnung und Moral dar, die die Basis der UNO-Charta bilden und um
deren Verwirklichung die Vereinten Nationen während aller dieser Jahre gekämpft haben.
Außerdem bedeuten die Ereignisse einen schweren Rückschlag für die Ost-West Détente, die
sich während der letzten Monate neuerlich anzubahnen schien und der der Generalsekretär
größte Bedeutung zumisst.
Niemand im UNO-Hauptquartier kann zurzeit voraussagen, welche Früchte eine Debatte im
Sicherheitsrat zeitigen kann, ob sie sich lediglich als Propagandagefecht erweisen wird oder
ob tatsächlich unter dem Druck der Weltöffentlichkeit konkrete Resultate erzielt werden
können. Auf jeden Fall ist es gut, uns während wir auf den Beginn der Sitzung des
Weltsicherheitsrates warten, daran zu erinnern, dass der Sicherheitsrat, obwohl er die
gesamte UNO-Mitgliedschaft vertreten soll, in der Praxis im Grunde nichts anderes darstellt,
als die Summe der nationalen Interessen der derzeitigen 15 Mitgliedstaaten.
Rudolf Stoiber berichtete von den Vereinten Nationen in New York.
5.
Texte zur Aufarbeitung der Ereignisse
5.1. Tagesecho - 35 Jahre nach Einmarsch der Warschauer Pakt
Truppen – Erste Verurteilung
[ 2003-06-10 ] Autor: Gerald Schubert
„Der Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen im August 1968 gilt auch heute noch als der
wohl schwärzeste Moment in der tschechoslowakischen Nachkriegsgeschichte. Und als
solcher beschäftigt er hierzulande nicht nur Historiker und die politisch interessierte
Öffentlichkeit, sondern bisweilen auch die Justiz. Am Montag wurde im Zusammenhang mit
der Okkupation, die vor 35 Jahren die Reformbewegung des "Prager Frühlings" niederwalzte,
erstmals ein ehemaliger kommunistischer Funktionär verurteilt.
Gerald Schubert berichtet:
24
Eigentlich lautete die Hauptanklage ja auf Vaterlandsverrat. Der ehemalige kommunistische
Parteifunktionär Karel Hoffmann habe, so die Staatsanwaltschaft, im August 1968 als
damaliger Direktor der Zentralen Kommunikationsverwaltung den Einmarsch der
Warschauer-Pakt-Truppen in die ehemalige Tschechoslowakei aktiv unterstützt. Der
konkrete Vorwurf: der heute 79-jährige Hoffmann habe in der schicksalhaften Nacht zum
21.8. angeordnet, die Sendeanlagen des Tschechoslowakischen Rundfunks abzustellen23.
Jene "Funkstille" hätte garantieren sollen, dass die erste Radiomeldung über die
dramatischen Ereignisse erst später über den Äther ging - und zwar bereits von jenen
Kräften in der Partei, die mit den Sowjets kollaborierten und den Einmarsch im Nachhinein
rechtfertigten.
Zum Vaterlandsverrat gehört allerdings auch eine aktive Zusammenarbeit mit den fremden
Armeen oder ihrer politischen Führung. Und die konnte man Hoffmann nicht nachweisen.
Daher gab es in diesem Punkt, der ein Strafmaß von bis zu 15 Jahren vorsehen würde,
einen Freispruch.
Hoffmann in einer ersten Reaktion: "Für positiv und entscheidend halte ich, dass das, was
hier im Laufe von Jahren behauptet wurde, nun durch das Gericht widerlegt ist. Nämlich,
dass ich des Hochverrates schuldig bin. Ich meine, das Gericht hat nun gezeigt, dass das
eine Lüge war. Eine zweckgerichtete Lüge."
Dass man Hoffmann keine direkte Kooperation mit den Invasionstruppen vorwerfen konnte
bedeutet jedoch nicht, dass er von jeder Schuld freigesprochen wurde. Das Gericht sah es
nämlich als erwiesen an, dass Hoffmann mit seiner Anordnung die Verlautbarungen des zu
diesem Zeitpunkt noch legitimen und von den Reformkräften des "Prager Frühlings"
dominierten Vorstandes der Kommunistischen Partei unterdrücken wollte. Urteil: Vier Jahre
unbedingte Haft wegen Missbrauchs der Amtsgewalt. Die Rechtfertigung Hoffmanns, er habe
das Verstummen des Rundfunks nur auf indirekte Anweisung des damaligen Präsidenten
Ludvik Svoboda befohlen, sah das Gericht als nicht glaubwürdig an. Hoffmann legte sofort
Berufung ein. Er habe seine Kompetenzen nicht missbraucht: "Auch das entspricht nicht den
Tatsachen. Aber ich verstehe das: Der politische und mediale Druck ist so groß, dass es
derzeit offensichtlich noch nicht die entsprechenden Bedingungen für einen Freispruch gibt."
23
Hervorhebung im Orginal
25
Was Hoffmann dabei übersieht: Es handelt sich nach zwei Schuldsprüchen im Jahre 1990
und 1992 erst um die dritte Verurteilung eines ehemaligen kommunistischen24
Spitzenfunktionärs überhaupt. Und im Zusammenhang mit dem August 1968 waren erst
voriges Jahr zwei andere, ehemals hochrangige Angeklagte freigesprochen worden.
Source: Czech Radio © Copyright 1996, 2009 http://www.radio.cz/de/artikel/41626 Zugriff
22.5.2009
5.2. Erinnerung an polnische Solidarität
Persönliche Erinnerung an polnische Solidarität 1968
20-09-2008 00:55 | Jitka Mládková
Am 7. September 1968 legte er spät abends seine Armbanduhr auf den Nachttisch seines
ältesten Sohnes und verließ das Haus. Mit dem Zug fuhr er nach Warschau. Einen Tag
später hat er sich im dortigen „Stadion des Jahrzehnts“, wo das Erntefest gefeiert wurde,
vor den Augen tausender Menschen und der anwesenden Staats- und Parteispitze verbrannt
hat: Ryszard Siwiec. Nicht nur ihm hat Jitka Mládková ihr heutiges Feuilleton gewidmet.
Ryszard Siwiec
Es war ein radikaler politischer Protest gegen die Besetzung der Tschechoslowakei durch die
Warschauer Paktstaaten. An dieser beteiligten sich auch fast 30 000 polnische Soldaten. Ein
Teil der polnischen Bevölkerung hat das als eine Schande für die gesamte Nation
empfunden. Auch Ryszard Siwiec, dessen Tat trotz öffentlicher Durchführung die
kommunistische Macht für ganze 20 Jahre streng geheim zu halten wusste.
Dass über ihn auch die Tschechen nichts wussten, steht außer Zweifel. Sein Name ist aber
bis heute auch für die breite Öffentlichkeit hierzulande eher unbekannt. Dass es auch eine
polnische Fackel gab, der nur vier Monate später die tschechische namens Jan Palach folgte,
wissen leider nur wenige. Daran konnte auch Siwiec´ Auszeichnung mit dem hohen
tschechoslowakischen Tomáš-Garrigue-Masaryk-Staatsorden, den ihm 2001 Präsident
Václav Havel in memoriam verliehen hatte, offenbar wenig ändern.
24
Hervorhebung im Orginal
26
Ryszard Siwiec verbrannte sich auf dem (sic!) Stadion in Warschau
Die heutige Erinnerung an den Polen, der durch seine Tat nicht nur gegen die Okkupation
der Tschechoslowakei protestierte, sondern auch vor dem totalitären Regime warnen wollte,
möchte ich mit der Erinnerung an ein persönliches, für „Außenstehende“ etwa banales
Erlebnis verbinden. Seit 40 Jahren kehrt es hie und da in mein Gedächtnis zurück. Und so
war es auch diesmal, als ich vor wenigen Tagen aus aktuellem Anlass Neues über Ryszard
Siwiec gelesen und gehört habe.
Ein paar Monate nach dem 21. August 1968 fuhr ich nach Polen, nach Katowice / Katowitz,
um dort in einem Krankenhaus am Rande der Stadt einen Besuch abzustatten. Als ich das
Krankenhaus etwas später verlassen hatte, stieg ich - in Gedanken vertieft - fast
automatisch in ein dort wartendes Taxi ein. Der Gesichtsausdruck des Taxifahrers verriet
sofort, dass ich kein erwarteter Fahrgast war. Ich durfte aber bleiben, bis eine Klientin kam,
und gemeinsam mit ihr in das Stadtzentrum fahren.
Unterwegs kam dies und jenes zur Sprache, darunter auch die Okkupation der
Tschechoslowakei. Doch bei diesem Thema hat unsere gemeinsame Fahrt nicht geendet. Als
aber die Polin, vom Typ her eine Normalbürgerin würde ich sagen, später aus dem Auto
ausstieg, spuckte sie kräftig auf den Boden mit den Worten: „Die Schweine!“ Eine
Erläuterung kam unmittelbar danach. Mit Schweinen meinte sie die polnischen Politiker, die
ihre Soldaten in die Tschechoslowakei geschickt hatten. Auch sie hat das als eine Schande
empfunden. Für mich war es ein unsagbar starker Ausdruck der Solidarität, den ich bis
heute nicht vergessen habe.
http://www.radio.cz/de/artikel/41626 Zugriff 22.5.2009
5.3. Gespräch mit Jiří Gruša
Heute am Mikrophon Prager Frühling unter Sowjetpanzern begraben: Lektion für
westliche Intellektuelle
07-09-2008 00:55 | Jitka Mládková
Vor etwa zwei Wochen wurde in Tschechien der Besetzung der ehemaligen
Tschechoslowakei vor 40 Jahren gedacht. Unter den rollenden Panzern endete damals die
weltweit als Prager Frühling bezeichnete Reformbewegung. Ihre Träger schrieben sich das
27
Motto „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ auf die Fahne. Trotz großer Euphorie über das
plötzliche Tauwetter im Lande haben viele nicht an den erfolgreichen Ausgang der
Reformbewegung hierzulande geglaubt, vielmehr aber gehofft. Auch heute stößt man immer
noch auf recht unterschiedliche Bewertungen des damaligen Geschehens, wie es bereits
1969 bei der Polemik zwischen Milan Kundera und Václav Havel der Fall war. In der heutigen
Ausgabe der Sendereihe „Heute am Mikrophon“ bringen wir ein Gespräch mit dem
ehemaligen tschechoslowakischen und tschechischen Botschafter in Bonn und Wien, Jiří
Gruša.
Jiří Gruša
Elf Monate politische Krise und zugleich die interessanteste Zeitperiode in der Geschichte der
ehemaligen Tschechoslowakei, in der es keine Sieger gab – so sieht der international
bekannte tschechische Schriftsteller und Diplomat Jiri Gruša den so genannten Prager
Frühling. Gorbatschow und seine Perestroika bezeichnet er als einen verpäteten Versuch,
auf einem Reformweg etwas Ähnliches zu erreichen. Das „formlose“ sei aber nicht zu „reformieren“, sagt Gruša gerne mithilfe eines Wortspiels. Der Ausgang des Prager Frühlings
hatte bekanntlich nicht nur für die Tschechoslowakei allein weitreichende Konsequenzen.
Immerhin, als „Versuchskaninchen der europäischen Zukunft“ waren die Tschechen nicht
schlecht, sagte Jiří Gruša mit einem Schuß Ironie in einem Interview.
Über Europa rollte 1968 eine Welle der Revolution. Wie haben Sie persönlich die damaligen
Ereignisse wahrgenommen?
„Ehrlich gesagt haben wir damals unsere eigene Lage intensiver wahrgenommen, als die in
den umliegenden Ländern. Ich durfte 1967 das erste Mal in den Westen, nach Westberlin,
fahren. Dort musste ich plötzlich feststellen, dass sich da eine ganz andere Mentalität
entwickelte, die eigentlich das, was wir so bezweifelten, begeistert wahrgenommen hat. Die
jungen Leute von der Technischen Universität in Berlin fuhren nicht nach Prag, obwohl das
ziemlich einfach war. Es waren ja nur 250 oder 300 Kilometer. Die flogen aber lieber nach
Nicaragua, anstatt sich den Sozialismus bei uns anzuschauen. Das war der Unterschied
zwischen uns und den Westlern. Es war ähnlich wie bei uns eine Explosion der jungen
Generation, die sich ebenso wie wir mit den verkrusteten Verhältnissen in ihrem Land
beschäftigte. Nach der Invasion und der Besetzung von Prag war das natürlich auch eine
Lektion für die Wessis. Endlich haben sie gesehen, dass der Sozialismus mit einem
menschlichen Antlitz eine Illusion war. Wenn man so etwas behauptet, dann sagt man
eigentlich: ´Der Sozialismus hat ansonsten eine tierische Fratze. Zehn Jahre nach dem
Prager Frühling war der Westen nicht mehr rot, sondern grün.“
28
Prager Frühling 1968 (Foto: www.68.usd.cas.cz)
Daher haben Sie auch heute bei der Diskussion auf dem Prager Schriftstellertreffen gesagt,
dass der Prager Frühling eine brüderliche Hilfe für die linken Intellektuellen gewesen sei.
Noch einmal kurz zurück zu der Reise nach Westberlin. Sind Sie damals mit Rudi Dutschke
zusammengetroffen?
„Damals noch nicht. Aber ich wusste schon, dass es ihn gab. Beim Treffen mit den jungen
Leuten von der Technischen Universität ereignete sich Folgendes: Stellen Sie sich vor, eine
Dame hat mich gefragt, was die Aufgabe der Literatur sei. Ich habe mir gedacht: Was? Die
Aufgabe der Literatur? Das klang wie eine Überschrift von der Titelseite aus Rudé právo,
dem Parteiorgan der tschechoslowakischen Kommunisten. Die Literatur hat doch nur eine
Aufgabe, und zwar diejenige, die man sich selbst individuell stellt und beantwortet. Und
dann ist einer der Studenten aufgestanden und hat gesagt: ´Junger Mann, was reden Sie da
für einen bourgeoisen Stuss?´ Ich war damals das erste Mal im Westen, vorher wurde ich
schon einmal strafrechtlich verfolgt. Wir haben hart diskutiert. Nach dieser Diskussion, es
war zwanzig Minuten vor zehn Uhr abends, musste ich zurück nach Prag, weil ich die
Ausreisegenehmigung nur für 24 Stunden bekommen hatte. Um 0.00 Uhr musste ich wieder
zurück sein. Wir haben den Saal verlassen, die Stundenten sind in ihre Autos gestiegen und
waren schnell weg. Ich stand alleine auf der Treppe und war total verdattert, denn bei uns
ein Auto zu haben, war nicht einmal den Söhnen der Parteibosse erlaubt. Ich habe mir
gesagt: In dieser Welt stimmt etwas nicht.“
1. Mai 1968 (Foto: www.68.usd.cas.cz )
Das war also in 1967. Im Januar 1968 kam es zu einem Umsturz. Präsident Novotný wurde
abgesetzt und in die Position des Generalsekretärs der Kommunistischen Partei der
Tschechoslowakei (KPTsch) Alexandr Dubček emporgestiegen.
„Er war sozusagen ein neues Gesicht für die kommunistischen Verhältnisse. Er hatte nicht so
ein Mördergesicht wie die alten Stalinisten. Es lag an seiner Austrahlung, außerdem hat er
hat auch niemanden ermordet oder einen Befehl in diesem Sinne erteilt. Da war so eine
große Kraft in seinem Gesicht, Charisma nennt man das heute. Aber gleichzeitig war er auch
kein begabter Politiker. Er war ein Zufallsprodukt der Streitigkeiten der damaligen
politischen Situation. Politisch war er der Zeit nicht gewachsen. Es kam zu einer seltsamen
29
Entwicklung, in der auch Zufälle eine Rolle spielten und den so genannten Prager Frühling
herbeiführten.“
Sehen Sie jetzt Dubček in einem klareren Licht mit 40 Jahren Zeitabstand oder auch schon
1968?
Alexandr Dubček
„Ich habe ihn schon damals als ein Zufallsprodukt betrachtet und als jemanden, der etwas
hineinbringt, was diese unerwartete Entwicklung ermöglicht. Er war für mich keine große
Persönlichkeit, und für meine ganze Generation auch nicht. Das war der Unterschied
zwischen uns und den Wessis. Nachdem er im Herbst 1968 die so genannten
Knüppelgesetze unterschrieben hatte, war er politisch ruiniert. Das bedeutet aber nicht,
dass wir nicht glücklich gewesen wären, als er 1989 wieder aufgetaucht war. Als Botschafter
habe ich später Dubček, der Parlamentspräsident wurde, getroffen und habe dann zwei oder
drei Mal mit ihm auch gesprochen. Bei dieser Gelegenheit habe ich dann meine Gefühle aus
der Jugend bestätigt bekommen. Es war etwas Spontanes in ihm, aber keine politische
Reife. Und eigentlich war das Göttliche an der ganzen Geschichte die Unvorhersehbarkeit
der gesamten Entwicklung um den Prager Frühling.“
Haben Sie vor der sowjetischen Invasion 1968 daran gedacht, wie der ganze politische
Prozess enden könnte?
„Jeder hat gespürt, dass etwas in der Luft hing. Aber meine Generation und ich selbst auch,
wir haben die Russen für klüger gehalten. Diese Invasion war das Dümmste, was sie
machen konnten, denn die hat sie letztendlich ruiniert. Es hat natürlich gedauert, aber es
war eine imperiale Dummheit und das verzeiht die Geschichte nicht.“
Jiří Gruša
Worin sehen Sie persönlich den Vedienst des Prager Frühlings und sein Vermächtnis?
„Ich habe es ja schon gesagt: Es war die brüderliche Hilfe an die westlichen Intellektuellen,
endlich mal mit dem Unfug der angestrebten Reparatur des Kommunismus aufzuhören. Sie
sind nicht rot, sondern grüner geworden. Und das war schon eine andere, intelligentere
30
Ideologie. Und Dutschke war, wenn ich mich richtig erinnern kann, später auch nicht mehr
rot sondern grün.“
Was sagen Sie dazu, wenn Sie hierzulande am 1. Mai einen Umzug mit jungen Leuten
sehen, die rote Fahnen mit dem Hammer- und Sichel-Emblem schwenken?
„Wir sind eine dumme Nation. Das heisst, wir sind die einzige Nation der Welt, die sich 1948
einen sowjetischen Sozialismus mit dem Stimmzettel in der Hand ins Haus geholt hat. Das
war kein Zufall, weil es unsere alte Tradition ist. Ich wundere mich nicht darüber. Ich
wundere mich nur, dass sie so zahlreich sind.“
Sehen Sie da eine Gefahr für die Zukunft?
„Nein, denn wir sind endlich Teil einer intelligenteren Völkergemeinschaft.“
Quelle: Radio Prag
Zugriff 22.5.2009
©
Copyright
5.4. Augenzeugenbericht
Truppen in Prag 1968
1996–2009,
vom
http://www.radio.cz/de/artikel/108000
Einmarsch der
Warschauer
Pakt
Der Vater des wieninternational.at-Korrespondenten in Prag, Jan Krcmar, der langjährige
ČTK-Redakteur und spätere Osteuropa-Korrespondent für die britische Weltagentur Reuters
in Wien, Jan „Johnny“ Krcmar, berichtet exklusiv, wie er vor 40 Jahren den Einmarsch der
Warschauer Pakt Truppen in Prag miterlebt hat.
„Die letzte Nachricht der freien ČTK Nachrichtenagentur“
Der kleine Sowjet-Soldat mit einem Helm, zu groß für ihn, stürmte in den Newsroom,
kauerte sich in der Eingangstür nieder, den Finger am Abzug seines automatischen
Gewehres, und machte den Eindruck, mehr verängstigt zu sein als Angst zu machen. Hinter
ihm war ein Mann in Zivilkleidern, der auf Russisch schrie: "Alles stoppen", und anfing, Telex
Streifen
aus
Übertragungsmaschinen
herauszureißen,
in
die
sie
tickerten.
Es war um 22:30 Uhr des 21. August 1968. Nachdem die einmarschierenden Sowjettruppen
den Großteil des Tages nach dem Gebäude der Tschechoslowakischen Nachrichtenagentur
ČTK gesucht hatten, fanden sie uns schließlich. Aber bevor sie unser Stockwerk erreichten,
gelang mir noch, die Nachricht abzusetzen, dass wir besetzt würden. Die zweite Meldung
begann mit dem Satz: "Das ist die letzte Nachricht der freien ČTK Nachrichtenagentur". Sie
wurde mitten im Satz abgebrochen. Damit hatte ein langer und außergewöhnlicher Tag
begonnen.
Es begann etwa um 2:30 Uhr morgens mit dem Dröhnen schwerer Maschinen, die im
Tiefflug über das Zentrum von Prag hinwegdonnerten. Das Radio war verstummt. Aber
plötzlich verlas ein Mann auf Tschechisch mit einem schweren deutschen Akzent eine
Meldung, wonach die Armeen des Warschauer Paktes gekommen wären, "brüderliche
Assistenz" zu leisten und die Tschechoslowakei vor einer Konter-Revolution zu retten.
31
Panzer walzen Widerstände nieder
Die Russen marschieren ein
Ich rief die ČTK an, keine Antwort. Dann rief ich einen Freund an und sagte ihm, die Russen
würden einmarschieren. "Hör' auf, dumme Witze zu reißen, und ruf mich wieder an, wenn
Du nüchtern bist", sagte er schlaftrunken und knallte den Hörer auf die Gabel.
Dann ging Radio Prag wieder mit einer Erklärung des Präsidiums der Kommunistischen
Partei auf Sendung, das Land werde illegal besetzt, die Bevölkerung solle Ruhe bewahren
und keinen Widerstand leisten, um ein Blutbad zu verhindern.
Im frühen diffusen Morgengrauen steuerte eine lange Kolonne gepanzerter Autos voll mit
Soldaten in typischen russischen Uniformen auf das Gebäude des Rundfunks zu, nur wenige
Häuserblöcke entfernt, wo ich damals wohnte.
Ein Busfahrer, der den gepanzerten Autos entgegen fuhr, riss plötzlich sein Fahrzeug herum
und blockierte mit seinem Bus die Straße zum Radio. Ein zweiter und dritter Bus taten
dasselbe. Als die Truppen-Transporter zum Stillstand kamen, liefen Menschen gegen sie
zusammen und ballten ihre Fäuste. Dann rollten die ersten Panzer die Hauptstraße hinunter,
machten bei der Bus-Barriere kurzen Halt, krachten hinein und zwangen die Busse zur Seite.
Aufgebrachte Tschechen kletterten auf die Panzer und schlugen mit bloßen Händen auf die
Luken ein. Einige versuchten, die Panzer mit ihren vollen Reservetanks hinten in Brand zu
setzen. Schüsse wurden in die Luft gefeuert und die Panzer erzwangen sich langsam durch
die Mengen Zufahrt zum Radio Gebäude. Bald darauf verstummten Lautsprecher und das
Rundfunkgebäude. Radio Prag ging von Sendung.
Freiheits-Symbole, Endlos-Diskussionen mit Besatzern
32
Als Invasoren verachtet
Ein Panzer fing Feuer. Die Flammen griffen auf ein nahes Geschäft über. Überall war totale
Konfusion. Die Sowjettruppen waren verwirrt, feuerten immer wieder Schüsse ab und waren
völlig überrascht, nicht als Befreier willkommen, sondern als Invasoren verachtet zu werden.
Der Wenzelsplatz im Zentrum von Prag war voll gepackt mit Panzern, auf denen russische
Soldaten bedrückt saßen, umgeben von Menschenmengen, einige in Tränen, andere
versuchten
den
Russen
zu
erklären,
dass
sie
nicht
willkommen
wären.
Während das Radio bald wieder Sendungen von einer Untergrundstation aufnahm, setzten
wir in ČTK unsere Berichterstattung fort. Uns war aber nicht klar, wie lange unsere gesamte
Redaktions-Mannschaft noch Zeit haben würde, bis die russischen Truppen auch uns
besetzen würden. Kurz nachdem dann der erste Soldat in unseren Newsroom kam, folgte
ihm ein anderer, und wir 30 Journalisten saßen alle da, trauten uns kaum zu sprechen und
überlegten, was nun mit uns weiter geschehen würde.
Prager Wenzelsplatz von Panzer-Kolonnen umzingelt
„Sozialismus mit menschlichem Antlitz“
Das Eis wurde durch eine dralle Kollegin gebrochen, die laut verkündete, sie müsste zur
Toilette, und verlangte, von einem der Soldaten begleitet zu werden, weil sie nicht auf dem
Korridor unter Beschuss kommen wollte. Einer der Soldaten ging mit ihr, wartete auf sie und
begleitete sie wieder zurück.
Wir begannen mit den Soldaten zu reden und fragten sie, warum sie in Prag wären. Sie
antworteten, ihnen sei gesagt worden, der Grund liege darin, dass sie einen Bürgerkrieg
verhindern sollten, aber überrascht wären, auf derart große Feindschaft zu treffen.
Wir haben ihnen umgekehrt erklärt, dass wir uns in den vergangenen acht Monaten bemüht
hätten, ein System zu kreieren, in dem alle Menschen frei leben, arbeiten und reden
könnten, und versuchten klar zu machen, was unter dem Begriff "Sozialismus mit
menschlichem Antlitz" gemeint war.
Die jungen Russen standen in der Eingangstür zum Newsroom, hörten uns zu und
versuchten zu verstehen, was wir ihnen sagen wollten. Dann warf einer einen Blick aus der
Tür in den Korridor und deutete mit seinen Händen, wir sollten ruhig sein und auf unsere
Plätze zurückkehren. Augenblicke später kam ein Offizier, schaute herum und ging wieder.
Worauf der junge Soldat schmunzelte und uns deutete, dass wir wieder reden könnten.
33
Alexander Dubček, 1968 gescheitert, nach der Wende rehabilitiert
Zurück blieben Einschüsse und Narben
Nach Mitternacht wurde uns plötzlich gesagt, wir müssten das Gebäude verlassen und nach
Hause gehen. Wir fanden uns in dunklen Straßen und auf dem Wenzelsplatz wieder, wo es
noch immer nach Rauchschwaden von Schießpulver roch, die russische Kanonen über die
Köpfe von Demonstranten abgefeuert hatten, die auf der Rampe des Nationalmuseums
standen.
Noch
Jahre
später
waren
am
Museum
Einschüsse
zu
sehen.
So endete der Tag, der die Niederwerfung von acht Monaten einer Bewegung markierte, die
versucht hatte, zu reformieren, was sich als unreformierbar erwiesen hatte und als der
Prager Frühling bekannt wurde. Und noch lange Zeit später, als die Einschuss-Narben am
Nationalmuseum bereits repariert waren, blieben die Narben, an denen 15 Millionen
Menschen noch für mindestens weitere 20 Jahre zu leiden hatten. Am Nachmittag des 27.
August 1968 verkündete die emotionale Stimme des reform-kommunistischen Parteiführers
Alexander Dubček, die zeitweise in Tränen erstickte, dass alles vorbei war.
(Johnny Krcmar)
Fotos © Josef Koudelka/Magnum Photos; Archiv Národního muzea. Autor: B. Novotný; Franz
Goëss
erstellt am: 2008-08-20
http://www.wieninternational.at/de/node/9942 Zugriff 22.5.2009
6. Glossar
Hier finden Sie kurze Erläuterungen zu Abkürzungen und Begriffen, die in
diesem Dossier vorkommen.
APA: Die Austria Presseagentur ist die Österreichische Nachrichtenagentur.25
AFP:
Agence
France-Presse
ist
die
älteste
der
internationalen
Nachrichtenagenturen, sie wurde 1835 von Charles-Louis Havas als "Agence
des feuilles politiques, correspondence générale" gegründet. Am 20.August
1944 zog eine Gruppe von Journalisten in das Gebäude der Agentur ein und
gab ihr den heutigen Namen.26
25
26
vgl. http://www.apa.at/cms/site/standard.html?channel=CH0003
Vgl. http://www.afp.com/afpcom/de/content/afp/uber-afp
34
Austria Wochenschau: (1949-1982) Österreichische Nachrichtenschau, die
wöchentlich in den Wochenschaukinos und den wichtigsten Programmkinos
aktuell lief. Kleiner Kinos brachten die Kopien mit Zeitverzögerung.27
ČSR: Tschechoslowakische Republik (Československá republika) Offizieller
Staatsname 1918-1938 bzw. 1945-196028
ČSSR: Tschechoslowakische Sozialistische Republik
socialistická republika) Offizieller Staatsname 1960-199029
(Československá
ČTK: Nachrichtenagentur der Tschechoslowakei.30
DDR: Ist am 7.10.1949 aus der sowjetischen Besatzungszone entstanden.
Nach dem Beschluss der Volkskammer über den Beitritt zur Bundesrepublik
Deutschland, wurde die Wiedervereinigung am 3.10.1990 vollzogen.31
DPA: Deutsche Presseagentur,
Agenturen gegründet.32
1949
durch
Zusammenschluss
dreier
Häresie: Bedeutet bezeichnet im Religiösen eine Lehre, die von der
herrschenden (z.B. einem Dogma) abweicht. Im Kommunismus,
insbesondere im Stalinismus ist es ein Kampfbegriff zur Verfolgung und
Verurteilung von Personen, die von der herrschenden Parteidoktrin
abweichen. Parallele Begriffe sind Renegatentum, Revisionismus oder
Opportunismus.33
Neues Deutschland: Tageszeitung, Zentralorgan der SED34
Newsroom: dtsch. Nachrichtenredaktion, Redaktion, Redaktionsraum35
NVA: Die Nationale Volksarmee war die Armee der DDR. Die Gründung
erfolgte im Zuge des Beitritts der DDR zum -> Warschauer Pakt durch den
Gesetzesbeschluss der Volkskammer vom 18.1.1956.36
Quisling: Bezeichnung für einen Landesverräter, geht auf Vidkun Quisling
(1887-1945) zurück. Der ehemalige Offizier und Politiker stand an der Spitze
einer faschistischen Partei in Norwegen, kollaborierte mit dem Deutschen
27
Ballhausen, Thomas, Maragh-Ablinger Renate (2007) Das audiovisuelle Gedächtnis einer Nation: Zur Geschichte
der Austria Wochenschau, in: Medienimpulse Nr. 59, März, S. 69-71,
http://www.demokratiezentrum.org/fileadmin/media/pdf/ballhausen_aw_01.pdf Zugriff: 8.9.2009
28
http://de.wikipedia.org/wiki/Tschechoslowakei
29
http://de.wikipedia.org/wiki/Tschechoslowakei
30
vgl. http://www.ctk.eu/about_ctk/
31
Deuerlein, Ernst (Hg.) (1966) DDR. Geschichte und Bestandsaufnahme.dtv dokumente Bd. 347, München, S.86ff,
Jordan, Bernd, Lenz, Alexander (Hg.) (1996) Weltpolitik im 20. Jahrhundert. Lexikon der Begriffe. Rowohlt
Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, S. 99
32
http://www.dpa.com/Historie.54.0.html
33
http://de.wikipedia.org/wiki/H%C3%A4resie#Weitere_Religionen_und_Weltanschauungsgruppen
34
BM für innerdeutsche Beziehungen (Hg.) (1975) DDR Handbuch. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln, S.675
35
http://www.didactics.eu/index.php?glossar#N
36
BM für innerdeutsche Beziehungen (Hg.) (1975) DDR Handbuch. Verlag Wissenschaft und Politik, Köln, S.587ff
35
Reich nach dem Überfall von 1940. War seit 1940 Ministerpräsident und
wurde nach dem Ende des WK II verhaftet und nach seiner Verurteilung zum
Tod, hingerichtet.37
Reuters: Diese Agentur wurde 1850 von Paul Julius Reuter in Aachen
gegründet. Ist seit 2008 durch Zusammenschluss mit dem Thomson
Konzern, eine der bedeutendsten internationalen Agenturen mit dem
Schwerpunkt Wirtschaftsinformationen.38
Revisionismus: Bedeutet (a) im völkerrechtlichen Sinn den Versuch, für
das eigene Land nachteilige Bestimmungen in internationalen Verträgen
rückgängig zu machen.
Ist (b) ein politischer Begriff, der ursprünglich eine Entwicklung der
deutschen Sozialdemokratie zu Beginn des 20. Jahrhunderts war und von der
Idee ausging, die Transformation der Gesellschaft solle innerhalb des
herrschenden Systems und nicht durch Revolution stattfinden. Wird zu einem
Kampfbegriff der Kommunisten zur Verurteilung und Verfolgung von
abweichenden Meinungen.39
Rudé Právo: Seit 1920
Tschechoslowakei,
nach
kommunistischen Partei.40
Organ der kommunistischen Partei der
der
Staatsteilung
der
tschechischen
SED: Sozialistische Einheitspartei Deutschlands, entstand 1946 aus dem
weitgehd erzwungenen Zusammenschluss der Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands und der Kommunistischen Partei Deutschlands in der
sowjetischen Besatzungszone und in Berlin.41
TASS: TASS war die russische Nachrichtenagentur in der Zeit der UdSSR.42
Tomáš-Garrigue-Masaryk-Staatsorden: benannt nach dem ersten
tschechoslowakischen Präsidenten Tomáš Garrigue Masaryk43 (1850-1937).
Der Orden wurde 1990 in der ČSFR (Tschechischen und Slowakischen
Föderativen Republik) gestiftet und 1994 nach der Staatsteilung in der
Tschechischen Republik erneuert. Er wird an Einzelpersonen durch den
Staatspräsidenten verliehen, die sich durch herausragende Leistungen um
die Förderung der Demokratie, der Menschlichkeit und der Menschenrechte
verdient gemacht haben44
37
Bernd, Lenz, Alexander (Hg.) (1996) Weltpolitik im 20. Jahrhundert. Lexikon der Begriffe. Rowohlt Taschenbuch
Verlag, Reinbek bei Hamburg, S.365
38
http://de.wikipedia.org/wiki/Reuters#Gr.C3.BCndungshaus_in_Aachen, http://thomsonreuters.com/about/
39
Bernd, Lenz, Alexander (Hg.) (1996) Weltpolitik im 20. Jahrhundert. Lexikon der Begriffe. Rowohlt Taschenbuch
Verlag, Reinbek bei Hamburg, S.381
40
vgl. http://www.economicexpert.com/a/Rude:Pravo.htm
41
Deuerlein, Ernst (Hg.) (1966) DDR. Geschichte und Bestandsaufnahme.dtv dokumente Bd. 347, München,
S.743ff
42
vgl. http://de.wikipedia.org/wiki/ITAR-TASS
43
http://www.czecot.com/de/personlichkeit/105_tomas-garrigue-masaryk
44
http://de.wikipedia.org/wiki/Tom%C3%A1%C5%A1-Garrigue-Masaryk-Orden
36
UPI: Amerikanische Nachrichtenagentur, die 1907 von dem Zeitungsverleger
Edward Willis Cripps als United Press (UP) gegründet worden war und 1958
mit dem 1909 entstandenen Internationals News Service (INS) des späteren
Zeitungstycoons William R. Hurst zusammengeschlossen wurde.45
Warschauer Pakt: Das Militärbündnis der sozialistischen Länder Osteuropas
wurde am 14.5.1955 in Warschau gegründet, um ein ein militärisches
Gegengewicht zum westlichen Verteidigungspakt (NATO) zu schaffen.46
ZK: Das Zentralkomitee ist in kommunistischen Parteien, nach den
Parteitagen das nominell höchste Organ. Es bestimmt die Mitglieder des
Politbüros (Leitung des Staates) und des (General)Sekretariats, des
Vollzugsorgans, der eigentlichen politischen Führung.47
7. Didaktik
Unterricht ist ein komplexes soziales Geschehen, das stets mit konkreten
Personen stattfindet. Im Sinne der prozessorientierten Didaktik48 sind
Kommunikation, didaktische Planung, thematische Abgrenzbarkeit sowie
hinreichende zeitliche Ausdehnung49 wesentliche Merkmale. Vorrangig sollen
Bildung bzw. Wissen aber auch Kompetenzen50 vermittelt werden.
Eine Aufgabe für LehrerInnen des Faches GSK/PB besteht darin für die
Politische Bildung Lernumgebungen zu schaffen, die es den SchülerInnen
ermöglichen durch die Arbeit an konkreten Themen zu erkennen, dass Politik
auch immer mit ihnen zu tun hat.
Die ausgewählten Unterrichtsbeispiele knüpfen an der den SchülerInnen
vertrauten Lebenswelt der audiovisuellen Medien bzw. der Neuen Medien und
Print-Medien an. Die Beispiele sollen durch die Arbeit am Thema „Der
Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen in Prag 1968 und das Ende des
Prager Frühlings“ den Erwerb sowie die Vertiefung der Medien-, politischen
Methoden-, Sach- und Urteilskompetenz51 fördern. Ebenso haben die
Unterrichtsvorschläge das Ziel ein reflektiertes und (selbst)reflexives
politisches Bewusstsein bei den SchülerInnen zu entwickeln. Dieser Vorgang
geht über die bloße Aneinanderreihung von Fakten und Daten, aber auch
45
http://de.wikipedia.org/wiki/United_Press_International, http://about.upi.com/
Jordan, Bernd, Lenz, Alexander (Hg.) (1996) Weltpolitik im 20. Jahrhundert. Lexikon der Begriffe. Rowohlt
Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, S.472f
47
Jordan, Bernd, Lenz, Alexander (Hg.) (1996) Weltpolitik im 20. Jahrhundert. Lexikon der Begriffe. Rowohlt
Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg, S.493f
48
http://www.didactics.eu/index.php?id=37
49
Helmke, Andreas (2009) Unterrichtsqualität und Lehrerprofessionalität, Klett, Kallmeyer, Seelze-Velber, S. 169f
50
http://www.didactics.eu/index.php?id=1211
51
Krammer, Reinhard, Kühberger, Christoph, Windischbauer, Elfriede (Hg) (2008) Die durch Politische Bildung zu
erwerbende Kompetenzen, Hsg. v. Bundesministerium für Unterricht, Kunst, Kultur, Wien 2008, Seite 6.
http://www.politik-lernen.at/politiklernen/resources/oldbin/_data/pdf/Kompetenzmodell_Politische_Bildung.pdf
Zugriff 28.08.09
46
37
simple historische Fragestellungen hinaus und würde darauf reduziert auch
zu kurz greifen. Daher sollen über die Beschreibung des historischen
Geschehens
hinaus,
Erklärungsansätze
sowie
Handlungsanleitungen
erarbeitet werden.
7.1 Arbeitsaufgaben
7.1.1. Vorbemerkung
Die didaktischen Vorschläge sind keine fertigen Stundenbilder, da sich im
Sinne der prozessorientierten Didaktik, die konkrete Umsetzung des Themas
in der Klasse an den konkreten Adressaten orientiert. Die Vorschläge sollen
helfen den Paradigmenwechsel des neuen Lehrplans 2008 von der
Wissensvermittlung zum Kompetenzlernen52 auch konkret umzusetzen. Bei
den auditiven Quellen werden für die Unterrichtsbeispiele nur jene
berücksichtigt, zu denen eine Transkription vorliegt. Selbstverständlich sind
auch alle anderen unter Quellen angeführten Journale einsetzbar, es sollte
nur das Hörverständnis der SchülerInnen berücksichtigt werden. Es wird
unter Umständen auch notwendig sein, die eine oder andere Textstelle für
den konkreten Unterrichtseinsatz zu kürzen.
7.1.1.1. Lehrplanbezug
Sekundarstufe I, 4. Klasse53
- Der Zweite Weltkrieg und die internationale Politik nach 1945 -Kalter Krieg,
Blockbildung und …
-Medien und deren Auswirkung auf das Politische; Manifestationen des
Politischen
(mediale
Berichterstattung,
politische
Inszenierungen,
Wahlwerbung).
Sekundarstufe II (AHS)54
7. Klasse
- das bipolare Weltsystem 1945-1990, sein Zusammenbruch und die
Transformation des europäischen Systems (Folgen des Zweiten Weltkrieges,
z.B. Vertreibungen; Ost-West-Konflikt; Bündnissysteme und internationale
Organisationen; neuer Imperialismus; Zerfall der Sowjetunion; Entwicklung
neuer Demokratien)
- emanzipatorische, soziale Bewegungen und Gegenströmungen nach 1945
(Frauen-, Jugend- und Studentenbewegungen; Demokratisierungswellen;
Friedens- und Anti-Atom-Bewegung; Neokonservativismus, Neoliberalismus)
52
53
54
http://www.didactics.eu/index.php?id=1045
http://www.geschichtsdidaktik.eu/index.php?id=83
http://www.geschichtsdidaktik.eu/index.php?id=88#c92
38
- politisches Alltagsverständnis - die verschiedenen Dimensionen und Ebenen
von Politik, Formen und Grundwerte der Demokratie und der
Menschenrechte, Motivationen und Möglichkeiten politischer Beteiligungs-,
Entscheidungs- und Konfliktlösungsprozesse
8.Klasse
- Rolle der Medien zwischen Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft
(Medienpolitik, Medienstrukturen; Neue Medien; Cyberdemokratie)
- Akteure der internationalen Politik, zentrale Konfliktfelder und neue Formen
von Sicherheitskonzepten und -strukturen (Vereinte Nationen, Militär- und
Wirtschaftsbündnisse;
Weltwirtschaftsorganisationen;
OSZE;
aktuelle
Konflikte;
Formen
nationaler
und
internationaler
Friedensund
Sicherheitspolitik
Lehrplan HTL
Geschichte und Politik V. Jahrgang55
Ost-West-Konflikt (Blockbildung, Krisenherde)
Internationale Politik
Lehrplan HAK56
Geschichte IV. Jahrgang
Ost-West-Konflikt, Blockbildung und Kalter Krieg; Krisenherde
Teilung Europas
IT Bereich: Einbeziehung des Internets, Tageszeitungen, Filme, Bilder
Politische Bildung und Recht IV Jahrgang
Zugang zum Recht, Grund- und Freiheitsrechte
7.1.1.2. Kompetenzen
In einer Zeit, in der die offenen Grenzen innerhalb großer Teile der EU etwas
Selbstverständliches, Krieg und Gewalt in den Medien allgegenwärtig sind,
scheinen die Themen Kalter Krieg, Eiserner Vorhang oder die Ereignisse von
1968 in Prag in eine unwirkliche Ferne entrückt. Gleichzeitig sind sie ein
55
56
http://www.htl.at/fileadmin/content/Lehrplan/HTL_Anlage1.pdf
http://www.abc.berufsbildendeschulen.at/upload/598_HAK LP 2004-Anlage1.pdf S.23, 48
39
wichtiger Teil der gemeinsamen Geschichte Österreichs und seiner
inzwischen aufgeteilten Nachbarstaaten Tschechien und Slowakei. Die
Auseinandersetzung mit den in diesem Dossier enthaltenen Medien
ermöglichen den SchülerInnen ihre historischen und politischen
bzw.
Medien- Kompetenzen zu entwickeln.
Durch die Arbeit mit den verschiedenen Quellen wird die historische
Methodenkompetenz der SchülerInnen gefördert, indem sie Teile der
Vergangenheit rekonstruieren und eine historische Narration bilden, in einem
weiteren Schritt aber auch durch die Fragekompetenz in der Lage sind die
Narration der Wochenschau zu dekonstruieren.
Der Vergleich der Quellen, eventuell ergänzt durch entsprechende Einblicke
in die vorhandene Literatur zum Thema ermöglicht es ihnen sich im Sinne
der politischen Urteilskompetenz ein eigenes Urteil zu bilden.
Mit der Anwendung von Begriffen und Kategorien stärken sie ihre politische
Sachkompetenz.
Die Arbeit mit der Wochenschau bzw. den Hörfunkberichten, -reportagen und
die Erstellung einen eigenen Berichts fördert die Entwicklung ihrer
Medienkompetenz.
7.1.2. Medienrecherche
(Einsatzmöglichkeit 8. Schulstufe)
Um festzustellen, was die SchülerInnen über die Vorgänge 1968 in Prag
wissen, sollte am Beginn ein Brainstorming stehen.
Als nächster Schritt holen die SchülerInnen in Einzelarbeit über das Internet)
Grundinformationen zum Thema ein und erstellen eine Chronik der
Ereignisse.
(nützlicher Link:
http://www.demokratiezentrum.org/wissen/wissenslexikon.html
In der anschließenden Gruppenarbeit bearbeitet jeweils eine der drei
Gruppen eines der folgenden Themen:
• der Warschauer Pakt (welche Mitgliedsstaaten, Struktur)
• die Sozialistischen Länder (Formal-, Realverfassung)
• Prager Frühling
Zur Ertragssicherung erstellen sie beispielsweise Plakate, Dossiers oder
Power Point Präsentationen.
Vorführung der Austria Wochenschau 35/68, Beitrag 1 (Einmarsch der
Warschauer Pakt Truppen in Prag)
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
40
Daran anschließend folgt eine von der/dem LehrerIn moderierte Diskussion:
“Widerstand - eine heroische Heldentat oder nutzlose Sache?“.
7.1.3. Medienbericht57
(Sekundarstufe II: 7./8.Klasse AHS, 4. Jg. HAK, 5. Jg. HTL)
Nach einem LehrerInneninput über die Funktion und den Einsatz von
Wochenschauen, wird der Beitrag der Austria Wochenschau 35/68, Beitrag 1
(Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen in Prag)
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
vorgestellt.
In einer Gruppenarbeit erfolgt die Analyse58 des Films.
Gruppe 1:
Schreibt in das beigegebene Arbeitsblatt die Ergebnisse eurer Analyse.
• Text: Notiert wesentliche Inhalte und Aussagen.
• Ton: Wer spricht welche Passagen, Tonfall, Musik?
Welche Musikstücke wurden ausgewählt, für welche Stellen?
• Bild: Tschechische
Bevölkerung: welche
Schicht,
Altersgruppe
dominiert?
Warschauer Pakt Truppen: wie verhalten sie sich?
Welche Handlungen, Aktionen sind im Bild zu sehen?
Arbeitsblatt Filmanalyse59 - Kopiervorlagen siehe Anhang Seite 45 ff
Fügt Eure Beobachtungen in die Tabelle ein.
Gruppe 2:
Vergleicht die Austria Wochenschau 35/68, Beitrag 1 (Einmarsch der
Warschauer Pakt Truppen in Prag)
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
mit den Journalen von Ö1.(http://www.didactics.eu/index.php?id=1138
Morgen-, Mittags-, Abendjournal 21.8)
Leitfragen:
• Wie wird im jeweiligen Medium informiert?
• Was unterscheidet die Berichterstattung beider Medien ganz
wesentlich?
(abgesehen
vom
grundsätzlichen
Unterschied
Bildmedium/Tonmedium)
• Welche Themen werden jeweils angesprochen?
57
Das Arbeitsblatt und eine Auflösung zu dieser Aufgabe finden Sie
Zur Unterstützung können die Seiten von Didaktik online herangezogen werden
http://www.didactics.eu/index.php?id=537, hilfreich kann ein Sequenzprotokoll bzw. Einstellungsprotokoll sein.
59
Eine Kopiervorlage für das Arbeitsblatt bzw. eine ausgefüllte Vorlage finden Sie unter 8. Anhang
58
41
Gruppe 3:
Analysiert mit Hilfe der angeführten Leitfragen die Artikel im Neuen
Deutschland (TASS Meldung) und der Presse 22.8. (Artikel: Sowjetpanzer
überrollen „Prager Frühling“).
(http://www.didactics.eu/index.php?id=1143)
•
•
•
Was unterscheidet beide Zeitungen grundsätzlich?
Wie unterscheidet sich der Inhalt der beiden Artikel?
Welcher Standpunkt wird im Neuen Deutschland/ in der Presse zu den
Ereignissen in der ČSSR vertreten?
Alle drei Gruppen präsentieren ihre Ergebnisse.
Im
anschließenden
LehrerInnen-SchülerInnengespräch
Ergebnisse der drei Gruppen miteinander verglichen.
werden
die
Jede Gruppe gestaltet eine eigene Reportage
.
Zum Abschluss erfolgt die Präsentation der Reportagen.
7.1.4. Webquest
(Einsatzmöglichkeit 8. Schulstufe)
Das Redaktionsteam eurer Schülerzeitung hat beschlossen, einen Artikel zu
den Ereignissen in Prag 1968 zu machen. Mit eurer Arbeit sollt ihr die
Grundlagen für die Texterstellung liefern.
Folgende Fragen sind dabei von Interesse:
•
•
•
•
•
•
Was waren die Ursachen/Gründe für den Einmarsch der Truppen des
Warschauer Pakts?
Wie verlief der Einmarsch?
Wie reagierte die tschechoslowakische Bevölkerung?
Welche unmittelbaren und längerfristigen Folgen hatte der Einmarsch?
Welche medialen Reaktionen gab es im Ausland, insbesondere in
Österreich?
Wie reagierte die UNO?
Benutzt bei eurer Recherche folgende Links:
http://www.didactics.eu/index.php?id=1139 Austria Wochenschau
Ö1 Journale
http://www.didactics.eu/index.php?id=1143 Tass Mitteilung
Presse
42
Präsentiert eure Ergebnisse (Plakate, Power Point)
Verfasst zu den Ergebnissen einen Artikel für eure Zeitung. (möglicher
fächerübergreifender Aspekt mit Deutsch)
7.1.5. Wiki
(Sekundarstufe II: 7,8. Klasse AHS, 4. Jg. HAK, 5. Jg. HTL)
Gruppenarbeit
Verfasst einen Wiki Artikel60 zum Prager Frühling und dem Einmarsch der
Warschauer Pakttruppen in Prag 1968.
Die Gruppen könnten zu folgenden Kapiteln arbeiten:
• Prager Frühling
• Bewertung des Prager Frühlings
• Führende Persönlichkeiten während des Prager Frühlings
• Der Warschauer Pakt
• Chronik der Ereignisse
• Haltung der USA, UdSSR, UNO
• Reaktionen in Österreich
• Folgen des Einmarsches
• Aufarbeitung des Geschehens nach dem Fall des kommunistischen
Regimes
Links und Quellen
http://www.didactics.eu/index.php?id=1139
http://www.didactics.eu/index.php?id=1143
http://www.didactics.eu/index.php?id=1152
Versucht durch Verlinkungen und Einbeziehung von Medien einer
Hypertextstruktur zu entsprechen. Vergesst aber nicht auf Quellenzitate!
7.1.6. Zeitungsanalyse
(Sekundarstufe II: 7,8. Klasse AHS, 4. Jg. HAK, 5. Jg. HTL)
Gruppenarbeit
Analysiert die Seiten der Presse 1,2,3 der Ausgabe vom 22,8.1968. Diese
findet
Ihr
als
pdf
in
der
online-Version
des
Dossiers.
http://www.didactics.eu/index.php?id=1143
60
Über Wikis und der Arbeit mit ihnen siehe http://www.didactics.eu/index.php?id=223
43
Gruppe 1
Analysiert den Leitartikel von Otto Schulmeister
• Was sind die wichtigsten Aussagen in dem Artikel?
• Worum geht es in der Biafrafrage?
(http://de.encarta.msn.com/Biafrakrieg.html)
• Warum bezieht Otto Schulmeister diese Frage in seinen Leitartikel ein?
Fasst Eure Ergebnisse für eine Präsentation zusammen (Plakate, Power
Point).
Gruppe 2
Analysiert die Titelseite der Presse vom 22.8.1968.
• Welche verschiedenen Aspekte des Themas Einmarsch der Warschauer
Pakt Truppen werden angeschnitten?
• Warum wird die Stellungnahme des rumänischen Staats- und
Parteichefs Ceausescu besonders hervorhoben?
• Wie unterscheidet sich die albanische Stellungnahme von jener
Rumäniens oder Jugoslawiens?
Fasst Eure Ergebnisse für eine Präsentation zusammen (Plakate, Power
Point).
Gruppe 3
Analysiert die Seite 2 der Presse vom 22.8.1968.
• Fasst die internationalen Stellungnahmen in zusammengehörige
Gruppen zusammen. (z.B. Nato – Mitgliedsländer, Kommunistische
Parteien….)
• Welche Begründung für den Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen
taucht auf dieser Seite mehrmals auf? Wie ist diese zu bewerten?
• Warum werden die Gespräche zwischen der BRD und der DDR bis auf
weiteres blockiert? Stimmt die zu Grunde liegende Annahme? (Bezieht
das Kapitel DDR in den Informationen in Eure Recherche ein )
Fasst Eure Ergebnisse für eine Präsentation zusammen (Plakate, Power
Point).
Gruppe 4
Analysiert die Seite 3 der Presse vom 22.8.1968.
• Wie kam es zur Liberalisierung in der CSSR?
• In welchen Schritten kündigt sich das Ende des „Prager Frühlings“ an?
• Welche Auswirkungen hat der Einarsch der Warschauer Pakt Truppen
auf die globale politische Lage?
Fasst Eure Ergebnisse für eine Präsentation zusammen (Plakate, Power
Point).
44
Gruppe 5
Analysiert die Seiten 1 und 2 der Presse vom 22.8.1968, bzw. den Leitartikel
von Ludwig Marton vom 23.8.1968.
•
•
•
Was bedeutet die Überschrift „Nach Blitzaktion werden Marionetten
gesucht“?
Was soll die Überschrift „Quislinge gesucht“ zum Ausdruck bringen?
Konnte die UdSSR solche Personen schließlich finden? 61
Fasst Eure Ergebnisse für eine Präsentation zusammen (Plakate, Power
Point).
In einem abschließenden LehrerInnen-SchülerInnengespräch werden die
wichtigsten Punkte noch einmal zusammengefasst.
8. Übung
Zur Überprüfung des erworbenen Wissens besteht die Möglichkeit die Übung
in Didaktik online durchzuführen.
http://www.didactics.eu/index.php?id=1241
9. Anhang: Arbeitsvorlagen
9.1. Einstellungsprotokoll / Kopiervorlage
61
Bezieht dafür auch das Kapitel Aufarbeitung in diesem Dossier ein
45
Filmtitel: ................................
Sequenz: ...............................
Einstellung
Länge
Min:Sek
Zeit
fortlaufend
Handlung
Kamera
Musik/Geräusche
Sprache
Bemerkung
Nr.
46
Quelle: http://www.didactics.eu/index.php?id=797#c1243
9.2. Einstellungsprotokoll - Lösungsvorschlag
Kopiervorlage
Filmtitel: .Austria Wochenschau 35/68,............................
Sequenz: Beitrag 1 (Einmarsch der Warschauer Pakt Truppen in Prag)
http://www.demokratiezentrum.org/index.php?id=422&index=348
Einstellung
Länge
Zeit
Min:Sek fortlaufend
Handlung
Kamera
Musik/Geräusche
Sprache
Bemerkung
Nr.
1
0:18
0:18
Vorspann
Signation Austria
Wochenschau
-
Drehende
Weltkugel
2
0:14
0:32
Kein Bild
Les Preludes
3
0:04
0:36
Kein Bild
Sprecher
pathetisch
Meldung OKW
4
0:07
0:43
Kein Bild
Sprecherin
bestimmt
Korrektur der
Meldung
..1968
5
0:07
0:50
Panzer rollen
über
Moldaubrücke
GA
Fahrgeräusch
6
0:15
1:06
Straßenszene
Menschen
Panzer
GA
Schwenk
NA
Sprecherin
bestimmt
Hinweis auf
Hakenkreuze
7
0:12
1:18
Panzer
Menschen
Schwenks
Nur
Umgebungsgeräusche
8
0:18
1:36
Skandierende
Menge, Panzer
Schwenks,NA Sprecher
Menschen tonlos
WP Truppen
unbewegt
emotional
Blick auf
Hakenkreuze
47
und Appelle
9
0:12
1:48
Menschen
GA
Allgemeine
Geräusche
10
0:21
2:09
Junge Menschen
mit Fahnen,
Maschierende
GA
Leises Einsetzen von
Musik aus Ma Vlast
(Mein Vaterland)
(Smetana)
11
0:05
2:14
Wenzelsplatz
Wenzel mit russ.
Aufschrift,
aber auch
Dubcek
GA
Ma Vlast
12
0:09
2:18
Straße
LKW
GA
Ma Vlast
13
0:13
2:31
Studenten
skandieren
NA
Ma Vlast
Sprecherin
bestimmt
Hinweis auf
Widerstand
14
0:09
2:40
Rollende Panzer
Schwenks
NA
Nur Geräusche
15
0:06
2:46
Panzer,
Straßenszene
Schwenks
Sprecher
Hinweis auf
Jugend
(vgl.Transkript)
16
0:21
3:07
Straßenszenen
GA
Leise wieder Ma Vlast
Immer wieder
Jugendliche zu
sehen
17
1:18
4:25
Straßenszenen
Unruhige
Schwenks,
GA, NA
Ma Vlast (idyll. Musik
in Kontrast zum
Geschehen!)
Brennende
Fahrzeuge
Jugendliche mit
Fahnen
18
0:15
4:40
Laufende
Jugendliche
Diskussion mit
Soldaten
Schwenks,
NA
Ma Vlast
19
0:30
5:10
Menschen
versuchen mit
Soldaten zu
reden, bleiben
teilnahmslos
NA
Sprecher/Sprecherin
20
1:39
6:49
Soldaten
marschieren,
Leute
fotografieren,
Fahnen,
Straßensperren
Panzer rollen,
Soldaten sitze
auf. Blick auf
Moldaubrücke
GA,NA
Ma Vlast
Musik dramatischer
21
0:30
7:19
Rollende Panzer,
Soldaten
marschieren
hinterher
GA unruhige
Kamera
Übergang zu Les
Preludes laut
22
0:07
7:26
Panzer bleibt
NA,Schwenk
stehen, schwenkt
Rohr, aufsitzende
Soldaten haben
Waffen im
Anschlag
Jugendliche
schwingen Fahne
Les Preludes laut
23
0:07
7:33
Panzer
NA
Sprecher
weiter Les Preludes
unterlegt
24
0:28
8:01
Panzer,
GA
Les Preludes
pathetisch
appellierend
48
Straßensperren,
Fahnenschwinger,
an Soldaten
appellierende
Menschen,
rollender Panzer
10.
Literatur und Links
Skilling, H. Gordon
Princeton N.J.
(1976)
Czechoslovakia’s
Interrupted
Revolution,
Hoensch, Jörg K. (1978) Geschichte der Tschechoslowakischen Republik,
1918-1978, Stuttgart
Karner, Stefan, Tomilina, Natalja, Tschubarjan, Alexander, Bischof, Günter,
Iščenko, Prozumenščikov, Viktor Michail, Ruggenthaler, Peter, Tůma,
Ordrich, und Wilke, Manfred (Hg) (2008) Prager Frühling. Das internationale
Krisenjahr 1968, Bd.1: Beiträge, Bd.2: Dokumente, Köln-Weimar-Wien
Karner, Stefan (2008) Der "Prager Frühling" - Moskaus Entscheid zur
Invasion,
http://www.bpb.de/publikationen/T1MRZH,3,0,Der_Prager_Fr%FChling__Mo
skaus_Entscheid_zur_Invasion.html#art3 Zugriff 21.5.2009
Williams, Kieran (1997) The Prague Spring and its Aftermath. Czechoslovak
Politics, 1968-1970 Cambridge
49