ReligionistnichtgleichReligion

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ReligionistnichtgleichReligion
Leserbriefe
24
NZZ am Sonntag 17. April 2016
«Die Verweigerung des Handschlags ist
nur der Anfang» und «Religion gegen Schule»
NZZ am Sonntag vom 10. April
Grandiose Analyse von Elham Manea.
Geben und Nehmen sind grundlegende
Beiträge zum gesellschaftlichen Zusammen­
halt und so auch zur Integration. Ich kenne
Flüchtlinge, die nehmen und fordern Rechte
wie Schulbildung, Sozialhilfe, Rechtshilfe,
Beschwerderecht, Akteneinsicht oder Wie­
dererwägung wie selbstverständlich. Einige
bemühen sich, auch das «Geben» wahrzu­
nehmen. Wer aber selbst den Handschlag
verweigert, wird auch künftig in der Schweiz
keine Chance haben, ein eigenständiges
Leben zu führen. Er fällt nur zur Last. Wer
nur fordert und nichts gibt, nicht einmal die
Hand zum Gruss, wird weder eine Lehr­ noch
eine Arbeitsstelle finden.
GREGOR FISCHER / KEYSTONE
Religion ist nicht gleich Religion
Franz Baumann, Kriens (LU)
Wir wollen keine Parallelgesellschaften.
Wir haben sie bisher erfolgreich vermieden,
und daran hat die öffentliche Schule einen
wichtigen Anteil. Wenn Fundamentalisten
durch eine harte Haltung ausgegrenzt
werden, dann werden sie nicht reumütig
ihre Einstellung ändern, sondern eigene
Schulen gründen; die saudischen Wahhabi­
ten zahlen gerne. Das kann dann der Anfang
einer Parallelgesellschaft sein.
Die Kraft des Gesprächs und des Aushan­
delns guter Lösungen für kleine und grössere
Probleme des Zusammenlebens ist ein
schweizerischer (und christlich­humanisti­
scher) Grundwert, den wir allen in diesem
Land vorleben und weitergeben wollen. Die
grosse Mehrheit der Muslime in der Schweiz
schätzt diesen Wert, und die beiden Schüler
werden das wohl auch lernen, wenn wir sie
nicht ausgrenzen.
Werner Stahel, Zürich
Beim ganzen Medienwirbel rund um die
zwei pubertierenden muslimischen Jüng­
linge in Therwil wurde vieles über kulturelle
und religiöse Unterschiede geschrieben.
Doch selten wurde aufgezeigt, worum es
tatsächlich geht. Umso wichtiger sind des­
halb die Stimmen von Expertinnen, Frauen,
welche aus dem muslimischen Umfeld stam­
men und seit Jahren vor den unheilvollen
Auswirkungen des politischen Islams
warnen. Elham Manea zeigt nun in ihrem
ausgezeichneten Beitrag bestens auf, dass
wir uns gegen diese zuerst subtile, dann
immer aggressivere Diskriminierung der
Mädchen und Frauen wehren müssen.
Vergessen wir nicht, wie lange die Frauen
in der Schweiz für ihre Rechte kämpfen
mussten! Seit 1981 ist endlich die Rechts­
gleichheit von Frauen und Männern in
der schweizerischen Bundesverfassung
verankert. Alle in diesem Land lebenden
Menschen müssen sich daran halten.
Elham Manea aufgezeigt, was der islamische
Fundamentalismus, der schon bald die ganze
Religion dominieren werde, bedeutet. Es
wird auch verdeutlicht, dass nur schon
die Verweigerung des Handschlages weit­
reichende Konsequenzen haben wird.
Arthur Müller, Schaffhausen
Aufschlussreicher und eindrücklicher
kann der Bericht zum Phänomen des isla­
mischen Fundamentalismus nicht sein.
Es wird klar von der Schweizer Muslimin
Am letzten Sonntag titelte die «NZZ am
Sonntag»: «Religion gegen Schule». Als ob
die Verweigerung der Begrüssung mit einem
Händedruck ein allgemein religiöser Angriff
auf die Schule wäre. Wenn ein Journalist
dann auf die Entfernung des Kruzifixes aus
Klassenzimmern und die Aufforderung,
Staat und Kirche zu trennen, als Heilmittel
gegen solche Probleme kommt, zeigt sich,
dass es ihm mehr um Ideologie als um Ana­
lyse geht. Bedenklich ist einfach, dass es
in Frankreich und Belgien, wo Religion und
Staat am klarsten getrennt sind, zu den blu­
tigsten Anschlägen gekommen ist. Das Pro­
blem liegt auf einer anderen Ebene.
Beginnend im Kindergarten, ist die Schule
der erste öffentliche Raum, in dem sich
Kinder aus verschiedenen kulturellen, ethni­
schen und religiösen Hintergründen treffen.
Hier kommt es gezwungenermassen zu Span­
nungen, und sei es bloss, dass im Elternhaus
ein ganz anderer Erziehungsstil als in der
Schule gepflegt wird. Die Lehrpersonen leis­
Neue Getreidesorten
finanzieren
So schreiben
Sie uns
Ursula Nakamura-Stoecklin, Wölflinswil (AG)
«Sparpolitik im Brotkorb-Bereich»
NZZ am Sonntag vom 10. April
Es ist zu bedauern, dass irgendwann nur
noch ein paar Multis Saatgut entwickeln
können. Wie kürzlich zu lesen war, wurde im
Bier das Unkrautvernichtungsmittel Glypho­
sat nachgewiesen. Damit das gleich nicht
auch noch beim Brot geschieht, sollte der
Bund die Züchtung und Prüfung neuer
Getreidesorten finanzieren. Wir laufen sonst
möglicherweise Gefahr, dass die Chemie
nicht mehr stimmt.
Hanspeter Oppliger, Hilterfingen (BE)
Auch Richter besitzen ein
Mobiltelefon
Leserbriefe müssen
bis Donnerstagmittag eintreffen.
Jede Zuschrift, auch
eine per E-Mail,
muss mit der vollständigen Postadresse des Absenders versehen sein.
Leserbriefe sollten
kurz gefasst sein
und sich auf die
letzte Ausgabe
beziehen; redaktionelle Bearbeitungen
sind vorbehalten.
«Nicht immer im Büro, aber stets im Recht»
NZZ am Sonntag vom 10. April
Der Autor scheint ein wenig in der Vergan­
genheit gefangen zu sein. Zwar stehen die
Juristen im Allgemeinen und die Richter im
Impressum
Herausgeberin: Neue Zürcher Zeitung AG
REDAKTION
Chefredaktor: Felix E. Müller (fem.)
Assistentin: Sandra Cassani-Zeiler (sz.)
Mitglieder der Chefredaktion: Chanchal Biswas (bis.) (Stv.),
Nicole Althaus (na.) (Magazine).
ten eine kaum zu überschätzende Integra­
tionsarbeit. Nun stellt sich für sie täglich die
Frage: Für welches Verhalten oder welche
Meinung soll um Verständnis geworben und
welches Verhalten soll verändert werden?
Wenn ein Knabe findet, er müsse, weil er
ein Knabe ist, vor seiner Mitschülerin berück­
sichtigt werden, und sagt: «Ich verlange
Respekt»? So lehrt es ja seine Kultur. Da
macht zum Glück kaum eine Kindergärtnerin
mit. Bei all diesen Fragen geht es genau nicht
um die Frage eines Angriffes auf die Schule,
sondern um die unseres Zusammenlebens.
Die schöne Sache, alle Kulturen und Reli­
gionen gleich zu behandeln, konnte man sich
leisten, da Religionsfreiheit hiess, dass man
seinen Katholizismus, Protestantismus,
sein Judentum oder seinen Atheismus frei
leben konnte. Die Gesellschaft ist komplexer
geworden. Die Antworten des 19. Jahrhun­
derts, zum Beispiel die strikte Trennung
von Kirche und Staat, taugen nicht mehr für
unsere Zeit. Man muss zwischen den Inhal­
ten bestimmter Religionen genauer unter­
scheiden. Religion ist nicht gleich Religion,
auch Islam ist nicht gleich Islam.
Stephan Denzler, reformierter Pfarrer,
Winterthur (ZH)
Die Verweigerung eines Händedrucks
durch minderjährige Schüler löst Diskussio­
Besonderen schon nicht im Ruf, technologi­
sche Neuerungen enthusiastisch und mit
besonderer Eile zu verinnerlichen. Trotzdem
dürften mittlerweile auch in den Denk­ und
Schreibstuben der Gerichte Mobiltelefonie,
E-Mail und Internet Einzug gehalten haben.
Wenn also in der Privatwirtschaft, in welcher
Teambildung und Teamarbeit seit Jahrzehn­
ten zum betrieblichen Alltag gehören, Home­
Office­Tage auch auf Kaderstufe ohne Quali­
tätseinbussen möglich sind, ist nicht einzu­
sehen, weshalb dies in einem Gericht anders
sein und auf eine lückenlose Präsenz der
Richter am Arbeitsort gepocht werden soll.
Jürg Marti, Reinach (BL)
Wo bleibt die
Unschuldsvermutung?
nen aus. Der Diskurs darüber und über die
dahinterstehenden Normen ist gut, aber man
reibt sich trotzdem die Augen, mit welcher
Leichtigkeit, um nicht zu sagen Fahrlässig­
keit Grundprinzipien einer liberalen Gesell­
schaftsordnung aufgegeben werden. Ein
Handschlag stehe «im Einklang mit den
Gepflogenheiten des Landes». So weit, so
gut. Aber reicht dies aus, um Regeln aufzu­
stellen, wer wem und bei welchem Anlass
die Hand zu schütteln hat? John Stuart Mill
fragt in seiner Abhandlung «Über die Frei­
heit»: Welchen Schaden fügt abweichendes
individuelles Verhalten der Gemeinschaft
zu? Und: Rechtfertigt dieses Verhalten eine
öffentliche Sanktion? Darauf hinzuweisen,
dass die Verweigerung des Handschlags in
der Schweiz respektlos sei, ist etwas dürftig
als Beweis eines gesellschaftlichen Schadens
und Begründung einer zwingenden Norm!
Merken wir nicht, dass das Pochen auf
traditionelle Regeln uns in die gleiche fun­
damentalistische Schieflage bringt wie isla­
mische Staaten, die von ihren Einwohnern –
islamischen und nichtislamischen Glaubens
– eine bestimmte Kleidung verlangen und
das individuelle Verhalten im öffentlichen
Raum, etwa Berührungen zwischen Men­
schen, strikte reglementieren und Verletzun­
gen dieser Regeln unter harte Strafen stellen?
Wie viele Ausnahmen soll die
öffentliche Schule
in ihrem Betrieb
den religiösen
Gemeinschaften
erlauben? Am
besten keine.
Werner Inderbitzin, Meilen (ZH)
einer legalen Welt ihre Träume auszuleben.
Obwohl sie also selbst Verbrechen begehen,
sehnen sie sich im Grunde nach einem Leben
in einer legalen Welt. Es entsteht somit eine
Vision. Nun wollte jemand diese zerstören:
Das war der Anfang der Panama Papers. Und
trotzdem: Der Ruf mancher Sportler, Politi­
ker, Kunsthändler, Banker und Anwälte wird
dadurch aufs Spiel gesetzt. Welche Konse­
quenzen ergeben sich für diese Berufskate­
gorien? Mit den Augen einer Strafverteidige­
rin lese ich, dass Journalisten die Panama
Papers überprüft haben. Ihr Urteil befand
sich in ihren Artikeln. Doch wo bleibt die
Unschuldsvermutung?
Dominique Calcò Labbruzzo, Zürich
Verschiedene Artikel zu den Panama Papers
NZZ am Sonntag vom 10. April
Vermögensdelikte werden oft aus Geldgier
begangen. Nicht selten möchten die Täter
durch Verbrechen erlangtes Geld verstecken
beziehungsweise waschen, um damit in
Was passiert eigentlich, wenn es gelingen
sollte, alle Steueroasen weltweit trockenzu­
legen? Dann haben wir eine weltweite flä­
chendeckende Steuerwüste. Wüsten sind ja
bekanntlich nicht gerade die fruchtbarsten
Böden für gesundes Wachstum. Die Gegner
der Steueroasen haben langfristig nur ein
Ziel: eine weltweite Steuerabsprache. Man
kann dazu auch Steuerharmonisierung oder
Ressortleiter: Anna Trechsel (at.) (Ausland), Francesco
Benini (be.) (Hintergrund), Elmar Wagner (wag.) und Remo
Geisser (reg.) (Sport), Daniel Hug (dah.) (Wirtschaft),
Manfred Papst (pap.) (Kultur), Andreas Hirstein (hir.)
(Wissen), Christoph Zürcher (cz.) (Gesellschaft), Roberto
Zimmermann (roz.) (Stil/Magazin Z).
Produktion: Eveline Roth (Leitung). Art Director: Björn
Vondras, Infografik: Elisa Forster.
Bildredaktion: Oswald Eggenschwiler (Leitung).
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Steuerkartell sagen. Genau die gleichen
Leute aber bekämpfen gleichzeitig und mit
aller Vehemenz Preisabsprachen unter inter­
nationalen Konzernen und sprechen happige
Bussen bei jeder sich bietenden Gelegenheit,
wenn sie denn glauben, ein Vergehen dage­
gen festgestellt zu haben. Diese Bussen sind
nichts anderes als ein modernes Raubritter­
tum, damit marode Staaten ihre Kassen
sanieren können.
Claudio Bachmann, Basel
Die Reaktion der Schweizer Finanzmarkt­
aufsicht erscheint aller Ehren wert, greift
aber zu kurz. Denn das eigentliche Problem
bei dem Geschäftsmodell von Briefkasten­
firmen in Ländern wie Panama liegt bei allen
Beteiligten weniger in einem rechtlichen als
vielmehr in einem moralischen Fehlverhal­
ten. Schliesslich zerstört es den gesellschaft­
lichen Zusammenhalt und damit eine
wesentliche Voraussetzung für das Funktio­
nieren der im Vergleich zu anderen Regionen
auf der Welt alles andere als selbstverständ­
lichen demokratischen Grundordnung.
Rasmus Ph. Helt, Hamburg (D)
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