MArkEtIng- und dESIgnorIEntIErtES gEStAltEn

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MArkEtIng- und dESIgnorIEntIErtES gEStAltEn
floristik
Frühling
in Weihenstephan
Marketing- und Designorientiertes Gestalten
Erstmalig wurde an der Staatlichen Fachschule für Blumenkunst Weihenstephan in Freising eine Frühlingsausstellung
organisiert – mit Blumen aus Sanremo. Bei der Ausstellung
wurde sichtbar, dass sich die Schüler im zweiten Jahr spezialisieren können: Zu sehen waren Imageschaufenster und
Prototypen für Vasen.
Text: Edith Strupf
B
Fotos: Martina Mühlbauer 1, Edith Strupf 7
ayernweit sind die Lehrpläne der
Fachschulen nach Modulen ge­
gliedert. Das gilt auch für die
Staatliche Fachschule für Blumenkunst in
Weihenstephan. Ein Teil der Fächer ist
nach dem 1. Schuljahr so weit abgeschlos­
sen, dass im zweiten Jahr eine Speziali­
sierung möglich ist. Der Jahrgang, der in
diesem Sommer zur Prüfung antritt, wur­
de erstmals nach dem neuen Lehrplan
unterrichtet. Die damit verbundenen Um­
stellungen und die Zusammenarbeit mit
dem Blumengroßmarkt in Sanremo im
eu­ro­päischen Netzwerk Flornet wurde für
die Frühlingsausstellung „Blumen aus
Sanremo in Weihenstephan“ genutzt – im
Netzwerk arbeiten etwa 30 Schulen und
Branchenorganisationen zusammen.
Bisher wurde zu den Werkformen im De­
zember und zu einer Sommerausstellung
im Juli eingeladen – gerne wollten die
Weihenstephaner auch einmal mit dem
Blumenangebot des Frühjahrs gestalten.
Aus Ligurien sind das aber nicht nur die
typischen Frühlingsblüher Anemone, Ra­
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nunkel und Mohn, sondern auch Strelitzi­
en, Kalla, Anthurien, Nelken und Löwen­
maul. Per Los wurde entschieden, wer
welche Blume in Szene setzen sollte.
Für die Ausstellung bearbeiteten die Flo­
risten zwei Aufgaben: Im Rahmen ihrer
neuen Wahlmöglichkeiten hatten sich
acht Floristen für „Marketingorientiertes
Gestalten“ und sieben Floristen für „De­
sign­orientiertes Gestalten“ entschieden.
Für die praktische Umsetzung im benach­
barten Hochbauamt hatten die Floristen
nur eineinhalb Tage Zeit. n
Information
Die Ausbildung an der Staatlichen Fachschule
für Blumenkunst Weihenstephan dauert zwei
Jahre und beginnt jeweils im September. Absolventen tragen den Titel „Staatlich geprüfter
Gestalter für Blumenkunst“. Durch die Umstrukturierung des Lehrplans können Floristen
mit Meisterbrief in das zweite Jahr einsteigen.
Nähere Informationen: Tel. 08161/713373,
www.blumenkunst-weihenstephan.de. Informationen über Florint: www.flornet.eu
Imageschaufenster
Zum Unterrichtsfach „Marketingorientiertes Gestalten“ gehört das Entwickeln von
Warenpräsentationskonzepten unter der
Berücksichtigung von Zielgruppen. Zuerst
wird im Unterricht theoretisches Wissen
vermittelt, dann folgt die Praxis. Schaufenstergestaltung gehörte auch bisher zu
den Unterrichtsinhalten, die Ideen wurden
im Rahmen der Werkübungen oder in
Zusammenarbeit mit Geschäften in Freising umgesetzt. In diesem Jahr sollten die
Floristen ein „Imageschaufenster“ für die
Frühjahrsausstellung gestalten. „Bei meinen Recherchen habe ich herausgefunden,
dass das Thema Imageschaufenster vernachlässigt wird“, berichtet Charlotte
Vögele, die das Fach unterrichtet. Sie führt
aus: „Das Schaufenster als Ort für Inszenierungen ist ins Hintertreffen geraten.
Man sollte nicht nur Produkte zeigen, sondern das Schaufenster viel stärker nutzen,
um sein Profil zu zeigen. Der Kunde soll
sich das Geschäft und den Stil vorstellen
können. Das Schaufenster soll Lust auf
Blumen machen, im Geschäft selbst soll
sich dieser Stil dann mit verkaufsfähigen
Varianten fortsetzen.“ Also hatten die Floristen die Aufgabe, ein Imageschaufenster
zu gestalten, und zwar unter dem Motto
„Blume des Monats“.
Antje Hoffmann präsentierte ein Schaufenster mit Ranunkeln und Fahrradreifen für
den Monat März. „Im März beginnt die Fahrradsaison, überall sprießen Blumen“, begründet die Floristin ihr Konzept. Sie gestaltete einen Kranz mit Fahrradmänteln als
Sinnbild für Bewegung und fixierte Röhrchen
in Fahrradschläuchen.
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Wenke Thalheim setzte Mohn praxisorientiert
in Szene. Sie versteht ihr Schaufenster als
Aufforderung an die Kunden, ins Geschäft zu
kommen und auch mal Blumen in größeren
Mengen mitzunehmen. Ihre Botschaft:
Gestaltung muss nicht kompliziert sein.
Marion Dorner inszenierte die Anemone als
Blume des Monats Februar. Mit Papier (mit
Acrylfarbe behandelt), aus dem einzelne Blüten sprießen, kommt zum Ausdruck, dass im
Februar oft noch Schnee liegt. Basis für das
„Bild“ ist eine Spanplatte mit Styroporauflage. Glasröhrchen lassen sich mit einer Drahtgabel mühelos feststecken. Unter das Bild
wurden dann noch Vasen mit Anemonen,
umhüllt mit gewachstem Papier, gestellt.
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„Die Kalla mit ihrer klaren Form kommt linienbetont und pur am besten zur Wirkung“,
sagt Sabine Obermeier. In ihrer Gestaltung
nahm sie Bezug auf die Dreiecksform
und die Farben der Blume. Sie wählte eine
Konstruktion aus geraden Röhren, um
einen Kontrast zu den bewegten Linien der
Stiele zu setzen.
Amelie Sura denkt bei Löwenmäulchen an
einen Garten, der schon etwas verwildert ist.
Antirrhinum ist bei ihr die Blume des Monats
Juni. Mit einem gelbem Gartenschlauch griff
sie das Gelb der Blumen auf. Mit ihrem
Schaufenster will sie Kunden ansprechen, die
an nachhaltig oder biologisch hergestellten
Produkten interessiert sind.
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Vase sucht Blume
Im Unterrichtsfach „Designorientiertes
Gestalten“ sollen die Floristen bewusst
einen Gestaltungs- und Designprozess
durchlaufen. Dazu gehören Recherche, Produkt- und Marktanalyse sowie Problembeschreibung und -lösung. „Jeder Designprozess ist sowohl ein kreativer Gestaltungsprozess als auch ein Problemlösungsprozess“, sagt Fachlehrer Jens Gramberg.
„Design ist zweckorientiert und verlangt
eine systematische Herangehensweise.“
Unter dem Motto „Vase sucht Blume“ sollten die Floristen einen Prototyp für eine
Vase entwickeln. Der ist dann Ausgangspunkt für die weitere Optimierung und die
Umsetzung zur Fertigung in Serie.
Naomi Petijon und Melanie Piller verfolgten
die Idee, Haushaltsgegenstände zu Vasen zu
verändern. Melanie Piller experimentierte mit
Silikon und Farbpigmenten, passend zu den
typischen Farben der Anemone. Die Silikon­
überzüge, die sie für die Ausstellung fertigte,
waren für Flaschen konzipiert (rechts).
Naomi Petijon ließ sich von Kalebassenvasen
ihrer Heimat Japan inspirieren und gestaltete
Hüllen aus wasserresistentem Papier, die
über Flaschen, Weckgläser und Ähnliches
gestülpt werden können (links unten).
Organisch wirken die Vasen aus Wickeldraht
von Martina Mühlbauer. Die Form ist klassisch, das Material ungewöhnlich.
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