Cloud Computing: bricht ein neues IT

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Cloud Computing: bricht ein neues IT
Cloud Computing:
bricht ein neues IT-Zeitalter an?
Claudine Gassmann ([email protected]) – HSR Rapperswil, Schweiz – Juni 2011
Abstract
Cloud Computing verspricht ein wirtschaftlich neues IT Betriebsmodell, welches grössere Flexibilität
und Agilität als bisherige Modelle erlaubt. Die Cloud offeriert die Illusion von unendlich vielen
Ressourcen wie beispielsweise Memory, CPU oder Storage, welche „on-demand“ verfügbar sind und
nach dem Verbraucherprinzip der einzelnen Komponenten bezahlt werden. Dies führt zu der
interessanten Idee, dass aktuelle Budget-Belastungen durch IT Kosten deutlich reduziert werden
können. IT Kosten bekommen eine neue Bedeutung.
Es ist Ziel dieses Papers, aufzuzeigen, welches die wirtschaftlichen als auch die technischen Vorteile
der Cloud sind und wie diese genutzt werden können. Hierbei werden unter anderem die folgenden
zentrale Fragestellungen untersucht: Worin unterscheidet sich der Cloud Ansatz zu bisherigen
Modellen? Wer kann die Vorteile der Cloud effektiv nutzen? Welche Applikationen eignen sich für
den Cloud-Ansatz?
Vom geschichtlichen Standpunkt aus gesehen folgt dem Mainframezeitalter, dem ClientServiceansatz und der Internettechnologie nun das Cloud Computing. Im Wesentlichen folgt dieser
Cloud Ansatz dem „X-as-a-Service“ Prinzip. Das X kann beispielsweise für Infrastruktur, für
Plattformen, für Frameworks, für Datacenters, aber auch für konkrete Software (also Applikationen)
und weitere Möglichkeiten von Serviceangeboten stehen. Verschiedenste Firmen bieten heute schon
unterschiedlichste Cloud Services an. Prominente Vertreter von Cloud Anbieter sind beispielsweise
Microsoft Windows Azure, Amazon web services (AWS), Google App Engine und andere.
Die vorliegende Arbeit führt anhand der folgenden Struktur durch die Fragestellung, ob mit Cloud
Computing ein neues IT Zeitalter angebrochen ist: Einleitend werden die fünf Schlüsselprinzipien des
Cloud Computing, sowie der Unterschied von Investitions- und Laufenden-Kosten erläutert. Diese
beiden Punkte bilden die Basis und sind für das weitere Verständnis der Arbeit essentiell. Der Kern
der Arbeit bildet das Kapitel, welches detailliert auf die wirtschaftlichen Aspekte des Cloud
Computing eingeht. Der Schwerpunkt liegt darin, aufzuzeigen, wann und wie die Vorteile der Cloud
optimal genutzt werden können. Konkrete Anwendungs-Beispiele verdeutlichen, wie die Vorteile der
Cloud in der praktischen Umsetzung tatsächlich genutzt werden. Im Anschluss an die
wirtschaftlichen Aspekte werden technische Aspekte aufgeführt, welche das Cloud Computing mit
sich bringt. Diese zeigen auf, welche Auswirkungen Cloud Computing auf den Design respektive die
Implementierung von Cloud-Services hat. In der abschliessenden Schlussfolgerung werden die
erarbeiteten Erkenntnisse und daraus folgende, mögliche Konsequenzen zusammengefasst.
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Begriffe und Definitionen
Fünf Schlüsselprinzipien des Cloud Computing‘s
Cloud Computing basiert auf den fünf Schlüsselprinzipien, die in Tabelle 1 aufgelistet sind.
Ressourcen Eigenschaft
Zentralisierte Ressourcen
Virtualisierung von Rechenressourcen
Elastizität von Ressourcen
Automatische Instanziierung / Löschung von
virtuellen Maschinen.
Verbrauchsorientierte Rechnungsstellung
Erläuterung
Die Ressourcen sind für beliebige1
Abonnenten/Subscriber verfügbar.
Bei der Virtualisierung von Hardware wird jeder
physische Server in mehrere virtuelle Server
partitioniert. Dies erlaubt eine hohe Ausnutzung
der darunterliegenden Komponenten wie CPU,
Memory etc.
Dynamische Skalierung nach oben, wie auch
wieder nach unten, ohne eigene Hardware
besitzen zu müssen. So können insbesondere
peak-Belastungen effizient abgefangen werden.
Neue Instanzen können bei Bedarf automatisch
‚on-the-fly‘ instanziiert respektive gelöscht
werden. Die Instanziierung solcher virtuellen
Instanzen und deren Löschung erfolgt
automatisch und in äusserst kurzer Zeit.
Das Business Modell basiert auf dem
tatsächlichen Verbrauch von Ressourcen.
Bezahlt wird nur für das, was von den
Komponenten wie CPU, Memory etc. von einer
Applikation wirklich in Anspruch genommen
wurde.
Tabelle 1: Fünf Schlüsselelemente des Cloud Computing
Der fundamentale Unterschied zu anderen bekannten Betreibungsmodellen liegt beim Cloud
Computing insbesondere in der verbrauchsorientierten Rechnungsstellung. Dies erlaubt eine
Verschiebung von CAPEX zu OPEX Kosten. Die Bedeutung dieser Aussage wird im folgenden Abschnitt
erläutert.
CAPEX / OPEX
CAPEX (Capital Expenses) sind Investitionsausgaben für längerfristige Anlagen, wie beispielsweise
Hardwareinfrastruktur. CAPEX Kosten sind somit mit einem (meist hohen, einmaligen) Geldfluss
verbunden, um Infrastruktur erwerben zu können, die über die Jahre hinweg abgeschrieben werden
kann. Die erworbene Hardware ist somit gebundenes Kapital, das zu den fixen Assets eines
Unternehmens gehört.
OPEX Kosten (Operational Expenses) sind laufende Kosten, um ein Produkt, ein Business oder ein
System betreiben/unterhalten zu können. OPEX Kosten können je nach Business Bedarf erhöht oder
vermindert werden. Sie bilden somit die variablen Kosten eines Unternehmens.
1
‚beliebig‘ in dem Sinne, dass der Abonnentenkreis auf interne oder externe (oder interne und externe) User
eingeschränkt werden kann.
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Cloud Computing erlaubt es, das Verhältnis von CAPEX Kosten zu OPEX Kosten zu ändern: also das
Verhältnis von fixen zu variablen Kosten. Es geht um die Fragestellung, ob ein Unternehmen die
Infrastruktur selber besitzt oder diese in einem Mietverhältnis nutzt.
Anhand eines Rechenbeispiels wird im nachfolgenden Kapitel dargelegt, welches bekannte IT
Betriebsmodelle sind und wie sich diese bezüglich CAPEX und OPEX Kosten voneinander
unterscheiden. Basierend auf diesen wirtschaftlichen Aspekten wird erörtert, in welchen Situationen
sich der Ansatz des Cloud Computing lohnen kann.
Wirtschaftliche Aspekte
IT Betriebsmodelle
Im Folgenden unterscheiden wir die vier IT Betriebsmodellen




Traditionelle interne IT
Colocation
Managed Service
Cloud
Diese vier Modelle unterscheiden sich grundlegend darin, was an Infrastruktur gemietet oder
eingekauft wird.
Betriebsmodell
Beschreibung
Traditionalle interne IT
Beim traditionellen internen IT Modell werden alle Aspekte, die zu einer
IT Applikation gehören eingekauft und intern betrieben.
CAPEX ist somit der massgebende Kostentreiber, um alle Komponenten
einkaufen und selber betreiben zu können. Es gilt zu beachten, dass bei
diesem Modell die Kosten für den Betrieb oftmals auf andere (interne)
Kostenstellen umgewälzt werden und somit nur die CAPEX Kosten
ersichtlich bleiben.
Colocation
Beim Colocation Modell bezahlt die Firma die Hardware und die
Software, sowie deren Betrieb und Wartung. Allerdings werden
zusätzliche Ressourcen, welche die Hardware und Software für den
Betrieb in Anspruch nehmen, in einem Mietverhältnis durch ein Drittfirma
zur Verfügung gestellt. Solche zusätzlichen Ressourcen sind
beispielsweise Strom, Kühlung, Rack-space, Netzwerkverbindungen im
Sinne von Bandbreite etc.
CAPEX und OPEX: CAPEX für den Einkauf der Hardware und Software.
OPEX für die Miete von Strom, Rack, Netzwerk etc.
Managed Service
Beim Managed Service wird die Hardware und Software gemietet. Der
Betrieb und die Verwaltung dieser Ressourcen wird ebenfalls durch die
Drittfirma (=Vermieter) im Mietverhältnis gewährleistet. Dies als
wesentlicher Unterschied zum Colocation Modell.
Beim Managed Service Modell sind OPEX die Kostentreiber. Es besteht
‚nur‘ noch das Mietverhältnis.
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Cloud
Beim Cloud Modell ist wie beim Managed Service Modell sowohl
Infrastruktur, als auch Netzwerk, Rackspace etc. beim Cloudbetreiber
(=Drittfirma) gemietet. Allerdings besitzt die Firma keine dedizierten
Server mehr, sondern teilt sich diese mit anderen Firmen, die ebenfalls
Kunden sind des Cloudbetreibers. Dies wird durch das Konzept der
Virtualisierung möglich gemacht. Ressourcen wie CPU, Memory etc.
werden gemeinsam genutzt.
Beim Cloud Modell sind ebenfalls nur OPEX die Kostentreiber. Allerdings
werden nur die Ressourcen (wie CPU, Memory etc.) in Rechnung gestellt,
welche auch wirklich gebraucht wurde. Dies als wesentlicher Unterschied
zum Managed Service Modell, wo für die Infrastruktur insgesamt bezahlt
wird, unabhängig davon, wie viel davon wirklich in Anspruch genommen
wurde.
Im Managed Service Modell bezahlt die Firma pro Server, im Cloud
Modell bezahlt die Firma pro CPU, Memory etc., die sie von einem Server
tatsächlich in Anspruch genommen hat.
Tabelle 2: Vier Gebräuchliche IT Betreibungsmodelle
Um die in Tabelle 2 aufgeführten Unterschiede zu verdeutlichen, werden die vier Modelle im
folgenden, konkreten Rechenbeispiel nebeneinander gelegt und miteinander verglichen2.
Rechenbeispiel für IT Betriebsmodelle
Für das Rechenbeispiel dient die folgende vereinfachte Ausgangslage: Es handelt sich um eine
mittelgrosse e-commerce Applikation. Wir nehmen an, dass sie einer drei Schichtenarchitektur
genügt mit einem Frontend Web Server, einem Applikationsserver in der mittleren Schicht und einer
Backend Datenbank. Da es sich um eine mittelgrosse Applikation handelt, gehen wir weiter davon
aus, dass pro Schicht ein Server ausreicht. Allerdings legen wir das System redundant aus, um die
Verfügbarkeit sicherzustellen. Das heisst, wir benötigen zusätzlich noch zwei Loadbalancer und zwei
Firewalls, um das System redundant auslegen zu können. Zusammenfassend benötigen wir also
2 Firewalls: 2 * 15003 CHF = 3000 CHF;
2 Loadbalancer: 2 * 5000 CHF = 10‘000 CHF;
6 Server (Frontend, Applikation, DB): 6 * 3000 CHF = 18‘000 CHF;
TOTAL = 31’000 CHF
Um das Beispiel nicht unnötig kompliziert zu machen, gehen wir davon aus, dass wir Open Source
Software verwenden. Das bedeutet, dass keine Ausgaben (weder Einkauf noch Lizenz) nötig sind für
Betriebssystem, Datenbanksoftware etc.
Des Weiteren nehmen wir an, dass dieser Setup für die nächsten 3 Jahre, also 36 Monate bestehen
bleibt.
Betriebsmodell
2
3
Beschreibung
Totale Kosten pro
Monat
Das folgende Rechenbeispiel ist übernommen aus dem Buch „The Cloud at Your Service“
Alle hier aufgelisteten Preise beruhen auf Annahmen und dienen lediglich als Beispiel.
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Traditionalle
interne IT
Beim traditionallen internen IT Modell kauft die Firma,
die die Applikation anbietet die gesamte Hardware ein.
31‘000 CHF an CAPEX muss geleistet werden, der über
36 Monate abgeschrieben werden kann. Die Kosten
belaufen sich hiermit zu:
861 CHF CAPEX
= 861 CHF Total
31‘000 CHF / 36 Monate = 861 CHF pro Monat. In
diesen Kosten ist kein Strom, kein Rack, keine Kühlung,
keine Bandbreite etc . eingerechnet. Wir gehen davon
aus, dass beim traditionellen internen IT Modell diese
Kosten intern umgewälzt werden können. Es bleibt bei
den 861 CHF pro Monat
Colocation
Beim Colocation Modell besitzt die Firma die
Infrastruktur ebenfalls. Das bedeutet, dass sich die 861
CHF für die Infrastruktur über die drei Jahre ebenfalls
als CAPEX zeigen.
861 CHF CAPEX
1000 CHF OPEX
= 1861 CHF Total
10Mbit incl.
Zusätzlich kommen beim Colocation Modell noch OPEX
Ausgaben dazu. Diese umfassen Strom, Rack,
Betreibung, Bandbreite etc. Wir gehen davon aus, dass
wir mit einem 10Mbit Vertrag pro Monat ausreichend
Kapazität haben. Für diesen bezahlen wir 1000 CHF pro
Monat. => 1861 CHF pro Monat.
Managed Service
Beim Managed Service Modell kommen wir das erste
Mal in einen reinen Mietvertrag. Das heisst, die Firma,
die die Applikation betreibt besitzt die Infrastruktur
nicht. Diese wird genau wie die Betreibung derer über
ein Mietverhältnis geregelt.
300 CHF OPEX
1500 CHF OPEX
6000 CHF OPEX
217 CHF OPEX
= 8017 CHF OPEX
Wir gehen von folgenden typischen Mietpreisen aus
2 Firewalls ~300 CHF / Monat
2 Loadbalancers ~1500 / Monat
6 Servers ~6000 CHF / Monat
500 GB/server incl.
Diese Kosten sind rein OPEX. Zusätzlich zu der
Infrastruktur sind in der Miete noch 500 GB pro Monat
an Bandbreite inklusive. Wir gehen davon aus, dass dies
reicht. Allerdings kommt noch ein einmaliger Setup
Kostenpunkt dazu, in der Höhe von einer Monatsmiete,
die wir also über den Betreibungszeitpunkt von 3
Jahren verteilen können = 7800 CHF / 36 = 217 CHF.
Ergibt ein Total von 8017 CHF pro Monat.
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Cloud
Das Cloud Modell ist wie das Managed Service Modell
ein reines Mietverhältnis. Allerdings ist es noch ein
wenig komplizierter zu berechnen, da nur noch die
Kosten ins Gewicht fallen, hinter welchen auch wirklich
genutzte Ressourcen stehen. Das bedeutet, wir
bezahlen nicht mehr für Server, sondern für Memory,
CPU, Storage etc.
759 CHF / Monat
135 CHF / Monat
25 CHF / Monat
300 CHF / Monat
219 CHF / Monat
135 CHF / Monat
= 1438 CHF / Monat
Die detaillierte Kostenaufstellung für das hier gewählte
Beispiel wird anhand der Kostenstruktur von Amazon
aufgezeigt. Die gesamten Kosten belaufen sich auf 1435
CHF / Monat.
Tabelle 3: Rechenbeispiel CAPEX / OPEX
********Detailberechnung Cloud Modell am Beispiel von Amazon***************************
Amazon bietet beispielsweise das folgende Preismodell
Grösse
Memory
Anzahl Rechner Units
1 = 1.0 – 1.2 GHz
2007 Opteron CPU
Storage
Platform
Small
1.7 GB
1
160 GB
32-bit
Medium
7.5 GB
4
850 GB
64-bit
Extra Large
15 GB
8
1690 GB
64-bit
Tabelle 4: Amazon Preismodell
Server Kosten: Im obigen Beispiel sollen die Server durch Extra Large Instanzen von Amazon
betrieben werden. Diese kosten 0.34 CHF / Stunde, ohne eine Initialgebühr. Wir entscheiden, eine
Initialgebühr von 1400 CHF zu bezahlen, diese über 36 Monate abzuschreiben, dafür nur noch 0.12
CHF / Stunde zu bezahlen. Die Initialgebühr beläuft sich somit zu 38.88 CHF / Monat. Bei einem 7*24
Stunden Betrieb zu 0.12 CHF / Stunde ergibt das unter der Annahme, dass ein Monat im Schnitt
730.48 Stunden hat ein Total von 730.48 * 0.12 CHF / Stunde = 87.65 CHF / Monat. Total also 38.88 +
87.65 = 126.53 CHF / Monat für eine Extra Large Instanz mit Initialgebühr und entsprechendem
Stundenpreis. Bei 6 Servern ergibt das 759 CHF / Monat.
Bandbreite Kosten: Bei der Bandbreite nehmen wir an, das wir 780 GB pro Monat benötigen. Es wird
Inbound von Outboundtraffic unterschieden, wobei ersterer kostengünstiger ist. Aus Gründen der
Einfachheit gehen wir nur von Outboundtraffic aus. Dieser wird mit 0.17 CHF / GB berechnet. Dies
resultiert in 135 CHF / Monat4.
Loadbalancer Kosten: Loadbalancing wird als Service angeboten. Den Service zu ermöglichen kostet
0.025 CHF / Stunde und die Bandbreite, die dazu benötigt wird kostet 0.008 CHF / GB. Die resultiert
in gerundet 25 CHF / Monat da: (730,48 h * 0.025 CHF / h) + (780 GB / Monat * 0.008 CHF/GB).
Firewall Kosten: Die Firewall Funktionalität decken wir im Cloud Modell über virtuelle VPN
Verbindungen. Um das Beispiel einfach zu halten nehmen wir an, dass wir zu allen 6 Servern immer
einen VPN Tunnel geöffnet haben. Dies kostet zusätzlich 0.30 CHF / Stunde. Daraus resultieren 219
CHF / Monat.
4
Die 780 GB/Monat entsprechen den 10 Mb/s in dem Kostenmodell (95-percentile), welches für Colocation
verwendet wurde. Die genaue Umrechnung kann in ROS nachgeschlagen werden.
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Kopien von Instanzen, sowie Backup Storage Kosten: Für Backups nehmen wir an, dass 2 TB
ausreichen. Für elastischen Storage bezahlen wir 0.10 CHF / GB. Also 200 CHF / Monat. Für I/O
bezahlen wir zusätzlich 100 CHF / Monat (= 0.10 CHF / 1 Mio. I/O requests). Dies macht 300 CHF pro
Monat für Storage.
Total ergibt das: 759 + 135 + 25 + 219 + 300)CHF = 1438 CHF / Monat.
Das obige Cloud Rechenbeispiel zeigt auf, dass die Kostentransparenz vorteilhaft ist, aber schnell zu
relativ komplexen Kostenstrukturen führen kann.
********************************************************************************************
Der Unterschied von Colocation zu Managed Service beträgt im obigen Beispiel über 6200 CHF pro
Monat. Dieser doch sehr auffällige Unterschied muss allerdings relativiert werden. Beim Managed
Service Modell sind Personalkosten bereits miteingerechnet. Beim Colocation Modell müssen diese
bei einer detaillierteren Berechnung noch mit zusätzlich einbezogen werden.
Die vier Modelle im Vergleich führen zu folgenden CHF Kosten pro Monat, die in Tabelle 5 dargestellt
sind.
Traditionelle interne
IT
(CAPEX)
Colocation
(CAPEX und OPEX)
861 CHF
Nur Hardware.
Restlichen Kosten
intern umgewälzt
(Rack, Strom, Netz
etc.)
1861 CHF
Inkl. 10 Mbit.
Inkl. Rack, Strom,
Kühlung etc.
Personelle Kosten
umgewälzt
Managed Service
(OPEX)
8017 CHF
Inkl 50 GB/server.
Inkl. Rack, Strom,
Kühlung etc.
Inkl. personelle
Ressourcen für Betrieb
Cloud
(OPEX)
1438 CHF
Alles, was tatsächlich
an Diensten in
Anspruch genommen
wurde. Für die
detaillierte
Zusammenstellung
siehe weiter oben.
Tabelle 5: Zusammenfassung Kosten
Kumuliert man diese monatlichen Kosten über die 3 Jahre (also 36 Monate) kommt man zu den
kumulativen Kosten wie in Abbildung 1 dargestellt.
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350000
300000
250000
Internal IT
200000
Colocation
Managed Service
150000
Cloud
100000
50000
0
1
3
5
7
9 11 13 15 17 19 21 23 25 27 29 31 33 35
Abbildung 1: Kumulierte Kosten Rechenbeispiel (Quelle [Ros])
Aus dieser Grafik lässt sich ablesen, wann sich für das hier gezeigte Rechenbeispiel welches Modell
lohnt. Die Grafik lässt die Interpretation zu, dass der Zeitraum über welchen eine Applikation
verfügbar sein soll ein Entscheidungspunkt sein kann bezüglich der Wahl eines IT Betriebsmodelles.
Beispielsweise überholt das Managed Service Modell die traditionelle interne IT Variante bereits
nach 3 Monaten, wogegen das Cloud Modell erst nach ungefähr 19 Monaten über das traditionelle
interne IT Modell hinausragt. Wie zuvor bereits erwähnt muss beim traditionellen internen IT Modell
noch angefügt werden, dass existierende Betreibungskosten, wie auch Personalkosten in dieser
Berechnung implizit anderswo allokiert wurden.
Im nachfolgenden Kapitel werden dieser Zeitfaktor und weitere Entscheidungspunkte untersucht, die
aus wirtschaftlichen Aspekten insbesondere für das IT Betriebsmodell „Cloud Computing“ sprechen
können. Die ausgearbeiteten Aspekte werden im übernächsten Kapitel an konkreten Beispielen
erläutert.
Unter welchen Aspekten macht die Cloud Sinn?
Aspekt Zeitraum: Wie im obigen Abschnitt am Rechenbeispiel aufgezeigt spielt der Zeitfaktor eine
massgebende Rolle. Mit diesem ist der Zeitraum gemeint, über welchen eine Applikation betrieben
wird. Wie in Abbildung 1 dargestellt kann sich das interne IT Modell mit den fix akquirierten Servern
lohnen, wenn die Applikation mehrere Jahre läuft. Allerdings gehen wir hier davon aus, dass die
personellen Kosten in diesem Fall nicht direkt der Applikation angerechnet werden, sondern intern
anderweitig verrechnet werden. Bei den Modellen, welche eine Miete der Infrastruktur respektive
deren Betreibung vorsehen, nehmen die Kosten über die Zeit stetig zu. Je nach Modell
unterschiedlich stark. Die Unterschiede beruhen hauptsächlich darauf, ob insbesondere die
personellen Ressourcen für die Bewirtschaftung firmenintern gehalten und umgelagert werden
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können (e.g. internes Modell und Colocation). Beim Managed Service Modell wird ‚alles‘ gemietet.
Dies umfasst Infrastruktur und personelle Ressourcen für den Betrieb der Infrastruktur. Beim Cloud
Modell werden im Vergleich zum Managed Service Modell insbesondere die Infrastrukturkosten
reduziert. Dies geschieht dadurch, dass beim Cloud Modell nicht die gesamten Server bezahlt
werden, sondern nur die Hardwareressourcen wie CPU, Storage, Memory etc., die auch tatsächlich in
Anspruch genommen werden. Der Rest der nicht gebrauchten Ressourcen kann (dank
Virtualisierung) anderen Kunden zur Verfügung gestellt werden. Es zeigt sich, dass die ‚Miet-Modelle‘
über die Zeit hinweg das traditionelle interne IT Modell kostenmässig überholen und somit teurer
sind. Wann der kritische Punkt der Kostengleichheit auftritt, ist insbesondere davon abhängig, was
beim traditionellen internen IT Modell (neben den Infrastrukturkosten) alles mit eingerechnet wird
und über welchen Zeitraum es abgeschrieben wird. Fazit: Applikationen, die für einen kurzen,
vordefinierten Zeitraum in Betrieb genommen werden, sind gute Kandidaten für die Cloud.
Aspekt starke Belastungsschwankungen: Eine Cloud bietet eine riesige Menge von Ressourcen, die
dank der automatischen Instanziierung/Löschung sehr schnell verfügbar sind. Dies kann
insbesondere für Applikationen Sinn machen, die täglichen oder saisonalen Belastungsschwankungen
ausgesetzt sind. Beispielsweise online Authorisierungssysteme, die Kartentransaktionen an POS
Terminals prüfen (e.g. Debit-Karten). Auch eventgetriebene Auslastungen, beispielsweise auf NewsServern, können die Cloud nutzen, um bei unvorhergesehenen Ereignissen, die von vielen Menschen
zum gleichen Zeitpunkt im Internet gesehen werden wollen, on-demand die benötigten Ressourcen
bereitzustellen.
Aspekt ressourcenintensive Aufgaben: Die Cloud ist auch dann interessant sein, wenn für gewisse
Aufgaben, wie beispielsweise Load und Performance Testing oder ressourcenintensive Algorithmen,
für eine bestimmte Zeitdauer eine grosse Anzahl von zusätzlicher Rechnerkapazität gebraucht wird.
Aspekt Nicht-Strategische Applikationen: Abschliessend sind Applikationen, welche für ein
Unternehmen nicht von strategischem Nutzen sind ebenfalls mögliche, gute Kandidaten für die
Cloud. Dieser Bereich umfasst beispielsweise die ganzen Backup Speicherungen von Daten. Diese
Aufgabe kann effizienter und wirtschaftlicher ausgelagert werden, an eine Cloud, die sich auf diesen
Service spezialisiert.
Aspekt Unternehmensgrösse: Neben der Art einer Applikation wie in diesem Kapitel betrachtet,
kann auch der finanzielle Zustand oder die Grösse eines Unternehmens ein Kriterium sein, das für die
Cloud spricht. So sind beispielsweise Zero-Startups prädestiniert für die Cloud. Zero-Startups sind
junge Unternehmen, die ohne grosses Startkapital beginnen und sich somit keine grosse
Infrastrukturkosten leisten können. Diese können dank der Cloud viel rascher und einfacher ihre
Applikation über eine Cloud auf den Markt bringen. Man kommt also mit relativ wenig Kapital
einfacher auf den Markt und kann sich dort behaupten.
Tendenziell sind kleinere und mittlere Unternehmen weniger stark an Rahmenbedingungen wie
Sicherheit, Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit gebunden. Auch besitzen sie weniger Prozesse, um
regulatorischen Anforderungen genügen zu müssen. Der Weg in die (insbesondere public) Cloud ist
somit tendenziell einfacher, als für grössere Unternehmen. Welche Alternativen zur public Cloud
sich für grössere Unternehmen bieten wird in einem späteren Kapitel zu technischen Aspekten
erläutert.
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Zusammenfassend sollte sich ein Unternehmen bei einem oder mehreren der folgenden
Gegebenheiten den Weg in die Cloud überlegen. Es handelt sich um:






Eine Applikation, die für einen beschränkten, relativ kurzen Zeitraum in Betrieb ist.
Eine Applikation, die täglichen, saisonalen oder eventgetriebenen Belastungsschwankungen
ausgesetzt ist.
Eine Applikation, die nicht zu den strategischen Eckpfeilern oder Kernkompetenzen eines
Unternehmens gehört.
Eine Aufgabe für die zusätzlich eine grosse Anzahl von weiteren Ressourcen verfügbar sein
muss.
Ein Start-Up Business, welches auf Ressourcen angewiesen ist, deren Bereitstellung im
traditionellen internen IT Modell zu kostenintensiv wären und somit den Schritt zum Test in
der ‚Marktbewährung‘ gar nicht schaffen könnten.
Ein kleineres bis mittleres Unternehmen, das für seine Services Ressourcen benötigt, die es
nicht selber akquirieren und betreiben kann oder will.
Konkrete Anwendungsfälle
Um eine konkretere Vorstellung zu den obigen Aufzählungspunkten zu bekommen sind hier Beispiele
aus der Praxis erwähnt.
Aspekt Zeitraum: Aufgezeigt am Beispiel einer „e-commerce Applikation“ . Unter der Annahme, dass
ein Unternehmen eine Applikation beispielsweise für ein bestimmtes Geschäft (respektive einen
bestimmten Service) für einen fixen Zeitraum von angenommen 6 Monaten aufschalten möchte,
lohnt es sich, die Mietmodelle und insbesondere das Cloud Modell näher zu betrachten. Über diesen
relativ kurzen Zeitraum Hardware-Investitionskosten abzuschreiben ist in den meisten Fällen nicht
verhältnismässig. Investition und Ertrag werden sich in zahlreichen Fällen ungleich gegenüber stehen,
meist wohl eher zu Ungunsten des Ertrags. Es bietet sich daher an, die benötigten Ressourcen für
den entsprechenden Zeitraum zu mieten.
Aspekt starke Belastungsschwankungen: Am Beispiel einer “online Finanz Applikation“. Als Beispiel
dient hier eine Applikation, die Maestro-Karten autorisiert. Will ein Kunde an einem Point of Sales
(PoS) mit seiner Karte bezahlen wird in der Regel geprüft, ob genug Geld auf dem Konto vorhanden
ist, um den Einkauf zu tätigen. Diese Systeme sind zu Ladenöffnungszeiten und kurz vor Ladenschluss
sehr hohen Belastungen ausgesetzt. Auch Tage vor Feiertagen brauchen überdurchschnittlich viele
Ressourcen. Während tagsüber die Systeme eine durchschnittliche Auslastung von 10%-20% CPU
haben, kann es bei Peak-Belastungen vorkommen, dass die CPU zu 99% zum Anschlag kommt und
das System im schlimmsten Fall versagt. Die Transaktion also nicht beantworten kann und somit
gegenüber dem Kunden abbricht. Eine Lösung könnte so aussehen, dass bei entsprechendem Bedarf
ein Teil der Belastung in eine Cloud ausgelagert wird (für diesen Fall am ehesten in eine Virtual
Private Cloud, je nach Daten, die zur Verfügung stehen müssen). Ein anderes Beispiel für eine
Applikation, die periodischen unvorhergesehenen Belastungsschwankungen ausgesetzt sein kann
sind News-Seiten. Als Beispielsweise Michael Jackson verstarb sind einige Newsserver durch die
Anfragen bis über die Grenze belastet worden, was zu einem Versagen des entsprechenden
Onlinedienstes führte. Auch Ticketserver können solchen Schwankungen ausgesetzt sein.
Beispielsweise haben die entsprechenden Server beim Ticketverkauf für ein U2 Konzert in Zürich den
Belastungen nicht standhalten können. Bei solchen Applikationstypen kann der Weg in die Cloud
durchaus seine Vorteile gegenüber einer internal IT Lösung ausspielen.
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Aspekt ressourcenintensive Aufgaben: Am Beispiel vom „Parallelen Testing“. Wie bereits mehrmals
erläutert, kann sich Cloud Computing insbesondere dann lohnen, wenn man für eine kurze Zeit sehr
viel mehr Ressourcen benötigt. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn man Load und
Performance Tests durchführen will. Mit Cloud Computing ist es möglich, innerhalb von Sekunden
eine grosse Anzahl von parallelen Benutzern zu erzeugen, die die zu testende Applikation prüfen.
Auch andere Aufgaben, die parallel abgearbeitet werden können sind geeignete Kandidaten, um die
Vorteile des Cloud Computing zu nutzen. Beispielsweise wenn Millionen von Files parallel nach
bestimmten Mustern abgesucht werden müssen, kann die Cloud bestens genutzt werden.
Aspekt Nicht-strategische Applikationen: Am Beispiel von „Backup Data Storages“. Ein Unternehmen
muss sich nicht auf Backup-Storage spezialisieren, falls dieses nicht zu seinen Kernkompetenzen
gehört. Es ist für ein Unternehmen einfacher, diese Skills von Betreibern der Cloud nutzen zu können,
um solche Aufgaben aus einem Unternehmen auszulagern, die nicht zu den strategischen Eckpfeilern
des Unternehmens gehören. Dank solchen Auslagerungen können interne Ressourcen (Personal und
Infrastruktur) anderweitig (beispielsweise in strategischen Projekten) eingesetzt werden. Der
Betreiber der Cloud dagegen kann seine Ressourcen auf den erbrachten Service spezialisieren und
ihn somit effizient und wirtschaftlich den Unternehmen anbieten, die diese Tätigkeit nicht von
strategischer Bedeutung sehen.
Aspekt Unternehmensgrösse: Am Beispiel von „FlightCaster“. Flight Caster ist eine Applikation von
einem Start-Up Unternehmen, die Echtzeitdaten von Flugbewegungen, Wetter etc. benötigt, um die
Wahrscheinlichkeit für eine Durchführung eines Fluges respektive dessen Verspätungen berechnen
zu können. Flight Caster braucht für diese Berechnungen enorme Mengen an Daten und somit relativ
viel Infrastruktur, die teuer ist. Um diese Finanzierungshürde möglichst tief halten zu können bietet
sich bei den Ressourcen der Weg in die Cloud an. So können Investitionskosten tief gehalten werden,
die Applikation kommt rasch auf den Markt und kann sich dort beweisen. Ergebnisse aus diesen
ersten Läufen können (falls erfolgreich) gut genutzt werden, um mögliche Investoren für den
zukünftigen Betrieb gewinnen zu können.
Als weiteres Beispiel im Bezug auf die Unternehmensgrösse wollen wir den Betrieb von „Corporate
Webseiten“ noch betrachten. Ein kleines Unternehmen mit einem Internetauftritt kann dessen
Betrieb zu Beginn (insbesondere aus Kostengründen) intern betreiben. Nehmen die Anfragen und
Anforderungen an diesen Internetauftritt allmählich zu, muss mehr investiert werden. Entweder man
stellt somit dediziert zusätzliche Ressourcen (Personal und Infrastruktur) zur Verfügung, um diesen
Ausbau vorzunehmen oder man nutzt beispielsweise die Cloud, die diese Aufgaben – nämlich das
Betreiben einer corporate website – übernimmt.
Abschliessend sei auch kurz erläutert, bei welchen Arten von Applikationen die Cloud weniger
geeignet ist. Dies ist insbesondere der Fall bei legacy Systemen, die allenfalls nicht serviceorientiert
implementiert wurden und die Vorteile der Cloud so nicht nutzen können, da diese auf dem
serviceorientierten Ansatz aufbaut. Auch Applikationen, die an strenge Echtzeit Anforderungen
gebunden sind (bspw. MRI Gehirnscans während einer Hirnoperation), sind nicht geeignet für die
Cloud. Abschliessend sind auch Applikationen, die mit hochsensitiven oder vertraulichen Daten
operieren (wie beispielsweise in Spitälern benötigt) nicht gute Kandidaten für die Cloud, da in der
Cloud die Daten auf shared Disks zu liegen kommen.
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Falls die zur Diskussion stehende Applikation eine Kandidatin für die Cloud ist, stellt sich die Frage in
welcher Cloud sie betrieben werden soll. Die Auswahl einer Cloud und damit verbundene Risiken
werden im folgenden Kapitel erläutert.
Auswahl einer Cloud und damit verbundene Risiken
Wenn sich ein Unternehmen entschieden hat, in die Cloud zu gehen, stellt sich die Frage, welche
Komponenten eines Service genau in die Cloud gehen und für welchen Anbieter man sich
entscheidet.
Die Entscheidung, was genau in die Cloud gehen soll bestimmt zu einem gewissen Grad mit, welche
Anbieter in Frage kommen können. Je nachdem, ob das Unternehmen beispielsweise eine Lösung für
Infrastruktur, Plattform oder aber Software Bedürfnisse sucht, rücken andere Anbieter in den Fokus.
Ob alternativ zur public Cloud eine virtual oder private Cloud das geeignetere Modell ist wird bei den
technischen Aspekten im nachfolgenden Kapitel näher erläutert.
Im Allgemeinen ist durch einen Cloud Anbieter eine gewisse Infrastruktur vorgegeben. Dies bedeutet
für Unternehmen, die in die Cloud gehen wollen immer ein gewisses Risiko zu einem Vendor-Lock-In.
Das heisst, es ist nicht einfach, einen einmal gewählten Cloud Anbieter auf die Schnelle zu wechseln.
Die Auswahl eines Cloud Anbieter sollte daher gut überlegt sein und auf die Bedürfnisse angepasst,
welche Funktionen man in die Cloud auslagern will.
Ein so genannter Vendor-Lock-In kann auf verschiedene Ebenen geschehen. Je nachdem, welche Art
von Service man in Anspruch nehmen möchte (SaaS, PaaS, IaaS), ist ein Lock-In in unterschiedlicher
Tiefe möglich, wie eine Übersicht von Gregor Petri in Abbildung 2 grafisch zusammenfasst.
Abbildung 2: Lock-In Übersicht (Quelle [PET])
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Bei dem Entscheid für einen Anbieter stellt sich auch immer die Frage, wie allfällige Risiken gedeckt
werden können. Wer haftet, bei Ausfällen? Was geschieht, wenn der Anbieter beispielsweise out-ofBusiness geht oder von einem anderen Anbieter übernommen wird? Wem gehören dann welche
Ressourcen zu welchen Bedingungen? Wie kann ein durchgängiger Betrieb weiter geleistet werden?
Wie sehen die Haftungsbedingungen aus? Im Cloud Modell kommt somit dem Service-Level
Agreement (SLA) eine zentrale Bedeutung zu. Über das SLA werden insbesondere Vertragsrecht, IT
Sicherheit und Datenschutz, aber auch andere Rechtsbereiche geregelt5. Ausführendere
Informationen zu der Problematik Vendor-Lock-In kann dem Paper [PET] entnommen werden.
Neben den hier beschriebenen wirtschaftlichen Aspekten hat Cloud Computing auch einen Einfluss
auf die technischen Aspekte eines Service, der in der Cloud laufen soll: Sicherheitsanforderungen,
spezielle Datenbankkonzepte, modernere Designpatterns sind einige Beispiele, welche im
nachfolgenden Kapitel zu technischen Aspekten näher dargelegt werden. Damit ein Service die
Vorteile einer Cloud optimal nutzen kann, muss er entsprechend designed werden. Drei der wohl
bekanntesten Cloud-Patterns – Sharding, Bursting, Storage - werden im Teil der technischen Aspekte
näher erläutert.
Technische Aspekte
Im Bezug auf technische Aspekte werden zum einen die Unterschiede bezüglich Public, Private und
Virtual Private Cloud erläutert. Zum anderen werden die erwähnten Design Anforderungen bezüglich
Cloud-Applikationen näher untersucht und anhand von drei typischen Cloud Design-Patterns
‚gebräuchliche‘ Lösungsvorschläge näher beschrieben.
Skepsis gegenüber Public Clouds entsteht spätestens dann, wenn es um Sicherheitsaspekte geht.
Tatsächlich aber sind Cloud Provider finanziell in der Lage, sehr viel Aufwand und Geld in die
Sicherheit zu investieren. Sie werden auf verschiedensten Sicherheitsstufen mehr Geld und
Knowhow investieren, als es manch anderem Unternehmen möglich ist. Dies zum einen infolge der
riesigen Masse von Ressourcen, die von ausgeklügelten Konzepten profitieren kann und zum anderen
sicherlich auch, weil das Geschäftsmodell und somit auch der Ruf des Cloud Providers direkt von den
Sicherheitsvorkehrungen abhängen: Physische Sicherheit, Sign-In, Datenzugriffe, X.509 Zertifikate,
Betriebssystem Sicherheit, Netzwerksicherheit sind nur einige Punkte, in denen Cloud Provider mehr
Geld und auch Wissen investieren werden, als andere Unternehmen. Nichts desto trotz gibt es
Unternehmen, welche beispielsweise aus rechtlichen Gründen nicht in eine Public Cloud gehen
dürfen. Alternativen bieten die Private Cloud und die Virtual Private Cloud (VPC).
Die Private Cloud bietet dasselbe wie eine Public Cloud, allerdings für einen eingeschränkten Kreis
von ‚Kunden‘, die sich alle hinter derselben Firewall befinden. Solche Private Clouds werden in den
meisten Fällen relativ klein ausfallen im Vergleich zu den klassischen Public Clouds. Sie müssen auch
nicht unbedingt sicherer sein, da bezüglich Sicherheit auch bei einem eingeschränkten Nutzerkreis
viel investiert werden muss. Als Beispiel für eine Private Cloud könnte man das Rechenzentrum einer
Firma nehmen, welche innerhalb des Unternehmens verschiedene Kunden hat und diese mit einer
Private Cloud bedient.
Die Virtual Private Cloud kombiniert den Ansatz von eigenen internen Ressourcen, welche bei Bedarf
lückenlos über eine VPN Verbindung Ressourcen eines isolierten Teils einer public Cloud nutzen
5
Beispielsweise muss auch die Haftung im Rahmen von Open Source Software geklärt werden.
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können. Dieses hybride Modell erlaubt es, ein eigenes Datencenter bei Bedarf mit weiteren, schnell
verfügbaren Ressourcen, welche dediziert in einer public Cloud liegen zu kombinieren. Dabei spielt es
keine Rolle, ob das eigene Datencenter als Cloud oder als traditionelles IT Modell ausgelegt ist6.
Solche hybriden Modelle stellen besondere Anforderungen an das Design und die Programmierung
von Applikationen, die dann in die Cloud gestellt werden.
Es stellt sich grundsätzlich die Frage, welchen technischen Anforderungen Applikationen genügen
müssen, die in eine Cloud (public, private oder virtual private) hineingestellt werden. Applikationen,
welche in der Cloud funktionieren, müssen vorallem skalierbar sein. Diese Anforderung muss bereits
im Design berücksichtigt werden und hat weitreichende Konsequenzen insbesondere auch auf
Datenbanken. Relationale Datenbanken beispielsweise stossen hier rasch an Grenzen.
Partitionierungen und Replikationen können das Problem der Skalierbarkeit zwar eindämmen,
allerdings kommt mit diesen Alternativen das Problem der referentiellen Integrität ins Spiel. Auch bei
dem oben erwähnten hybriden Modell, in welchem eine Applikation bei Bedarf Anfragen nicht mehr
nur auf den internen Servern entgegennimmt, sondern einen Teil der Anfragen an die Cloud
weitergibt muss dafür designed und implementiert sein.
Die nachfolgenden Patterns beschreiben, wie Architekturen für hochskalierbaren Applikationen,
welche in der Cloud funktionieren aussehen können.



6
Für Internet Scale nutze Sharding. Dieses Pattern beschreibt Applikationen, die für eine
grosse Anzahl von Useranfragen ausgelegt werden. Beispiele hierfür sind Facebook oder
YouTube etc. Beim Sharding wird die Datenbank in mehrere kleinere Units aufgeteilt. Die
Daten liegen nicht mehr wie beim relationalen Modell in normalisierter Form, sondern in denormalisierter Form vor. Dies erspart beispielsweise teure Join Operationen. Daten, die
zusammen gebraucht werden, werden auch zusammen abgespeichert. Sharding bringt
dagegen relativ grosse Herausforderungen mit sich, wenn es um die Ausgeglichenheit der
Datenmengen geht, dass also die Datenmengen nicht zu ungleich auf den Servern verteilt zu
liegen kommen. Referentielle Integrität zu wahren ist ebenfalls schwierig. Es gibt noch sehr
wenige Kenntnisse und Spezialisten, die sich mit Sharding auskennen. Unternehmen, die
diese Technik nutzen sind somit meist auf sich selber gestellt.
Für On-Demand Kapazität nutze Cloudbursting. Dieses Pattern beschreibt Applikationen, die
zwischenzeitlich (also bei Bedarf) eine grosse Anzahl von Anfragen entgegennehmen müssen.
Bei der Normalauslastung der Applikation sollen dabei nicht Ressourcen unnötig bereit
stehen, die ‚nur‘ selten genutzt werden. Das Pattern sieht daher vor, dass im Normalfall die
Applikation die verfügbaren (internen) Server gut auslastet. Bei Bedarf, kann die Applikation
die Anfragen aber zusätzlich auf Server umleiten, die in der Cloud stehen (public oder auch
virtual private). Die Applikation muss daher eine Art Loadbalancer vorsehen, welche die
Aufgabe übernimmt, ob die Anfrage von der internen oder der cloud Infrastruktur
beantwortet wird. Die Herausforderung beim Cloudbursting liegt in der Regelung der
Datenzugriffe: Wo sollen beispielsweise Input- und wo Outputdaten abgelegt werden, die bei
verteilten Transaktionen gebraucht werden?
Für exponentiell wachsender Storage. Dieses Pattern beschreibt Applikationen, die das
Potential haben, bezüglich Speicher exponentiell schnell zu wachsen. Auch wenn Speicher
heute nicht mehr teuer ist, ist dessen Verwaltung nach wie vor kostenintensiv. Es bleibt die
Siehe auch Cloudbursting, welches später noch detailliert ausgeführt wird.
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Frage, ob die Zugriffszeit auf den Speicher nicht zum Engpass wird, wenn dieser extern zu
liegen kommt. Die Herausforderung bei exponentiell wachsendem Storage kommt
spätestens bei der Frage der Latency. Wenn Daten extern abgelegt werden, braucht der
Zugriff auf diese Daten mehr Zeit. Die Performance einer Applikation kann darunter stark
leiden und eine ‚intelligente‘ Speicherverteilung ist gefragt.
Zusammenfassend bringen alle drei hier vorgestellten Ansätze neue Designlösungen, welche im
Rahmen des Cloudcomputing von zentraler Bedeutung sind. Sie alle bringen aber auch ihre
Schwierigkeiten mit sich, da sie von den Personen, die solche Lösungen umsetzen neue Kenntnisse
und Fähigkeiten verlangen, um mit Cloud Lösungen adäquat umgehen zu können.
Schlussfolgerung
Cloud Computing ist nicht einfach eine neue Technologie, sondern stellt ein neues IT Betriebsmodell
bereit. Die Kostenverrechnung geschieht neu nach dem Verbraucherprinzip auf einer feingranularen
Stufe: Nicht mehr die Anzahl Server ist relevant, sondern die tatsächlich in Anspruch genommenen
Ressourcen von Memory, CPU, Storage etc. Dieser Ansatz wird durch die Zentralisierung der
Ressourcen und die Virtualisierung derselben ermöglicht. Die Möglichkeit, neue Instanzen
automatisch zu erstellen respektive zu löschen erlaubt es, Ressourcen dem Bedarf entsprechend
effizient nach oben, wie auch nach unten zu skalieren.
Investitionskosten in Hardware, die über mehrere Jahre abgeschrieben werden kann ist nicht mehr
nötig. Cloud Computing verfolgt den Ansatz, dass die benötigten Ressourcen gemietet werden. Dies
erlaubt es, Investitionskosten für längerfristige Anlagen in Betriebskosten umzulagern, die je nach
Gebrauch erhöht oder reduziert werden können.
Wirtschaftliche Vorteile bietet das Cloud Modell insbesondere dann, wenn eine Applikation nur für
eine relativ kurze, befristete Zeit verfügbar sein soll oder wenn eine Applikation starken
Belastungsschwankungen ausgesetzt ist, welche die enormen Ressourcen-Kapazitäten der Cloud ‚ondemand‘ nutzen kann. Bei Start-Up Unternehmen können die Vorteile des Cloud Computing’s
genutzt werden, um hohe Initialkosten für Hardware zu ersparen. Das Start-Up kommt mit weniger
Grundkapital auf den Markt und kann sich dort behaupten. Zudem stellt Cloud Computing eine
interessante Möglichkeit dar, wenn ein kleines oder mittleres Unternehmen Applikationen, welche
nicht zu den Kernkompetenzen der Firma gehören auslagern möchte.
Technisch gesehen setzt Cloud Computing den Gedanken der Service Oriented Architecture (SOA)
konsequent weiter fort. Cloud Computing stellt aber auch neue Herausforderungen an den Design
von Applikationen, damit die Vorteile der Cloud richtig genutzt werden können: Neue DesignPatterns als auch Datenbankansätze sind nötig. Kenntnisse hierzu müssen im Laufe der Zeit neu
entwickelt werden.
Risiken beim Cloud Computing sind bei der Auswahl eines Cloud Vendors abzuschätzen. Die Gefahr
eines Vendor-Lock-In muss genau analysiert werden. Fragen bezüglich Haftungen im Schadenfall
müssen geprüft werden. Ebenso besteht die Gefahr, dass zu komplexe Kostenmodelle die
Kostentransparenz (welche man sich durch Cloud Computing verspricht) verwässern.
Aufgrund der erwähnten Vorteile im wirtschaftlichen, wie auch im technischen Bereich, lässt sich
abschliessend sagen, dass Cloud Computing in den kommenden Jahren wohl an Bedeutung
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zunehmen wird. Der grösste Nutzen im Cloud Computing kann darin liegen, dass IT Kosten auf
Komponentenlevel nach dem Verbraucherprinzip abgerechnet werden können und so Transparenz
zu Tage kommt, die besser aufzeigt, warum welche Preise für Dienstleistungen gerechtfertigt sind.
Dies bedingt, dass das Kostenmodell transparent ist.
Weiter dürfte interessant sein, zu beobachten, wie viel Eigenkapital in Unternehmen zum Vorschein
kommt, die in die Cloud gehen. Eigenkapital, das heute (in interne Hardware-Infrastruktur)
gebundenes Kapital ist.
Aufgrund der hier aufgeführten Vorteile sowie den möglichen Perspektiven des Cloud Computing’s
darf man wohl davon ausgehen, dass Cloud Computing tatsächlich ein neues IT-Zeitalter einläutet.
Man darf gespannt sein, wohin sich Cloud Computing entwickelt und durch welches zukünftige
Modell es in naher oder ferner Zukunft auch wieder abgelöst wird.
Referenzen
[ROS]
J. Rosenberg, A. Mateos. The Cloud at Your Service. Manning, 2011.
[PET]
Gregor Petri. Vendor lock-in and cloud computing. Internet March 2011.
http://blog.gregorpetri.com/2010/07/vendor-lock-in-and-cloud-computing.html
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