Das Geschäft mit den Urlaubsschnäppchen

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Das Geschäft mit den Urlaubsschnäppchen
23.9.2014
Urlaubsguru & Co.: Das Geschäft mit den Urlaubsschnäppchen - Handel + Dienstleister - Unternehmen - Handelsblatt
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URLAUBSGURU & CO.
22.09.2014, 12:13 Uhr
Das Geschäft mit den Urlaubsschnäppchen
von Benjamin Esche
Bald Herbstferien und noch keine billige Reise gefunden? Kein Problem: Anbieter wie Urlaubsguru oder
Urlaubspiraten filtern günstige Flüge, Hotels oder Reisen aus dem Web. Doch nicht immer gibt es pures
Urlaubsglück.
Entspannter Urlaub: Bei günstigen Angeboten können Blogs helfen. Doch
Vorsicht: Die Suche kann auch frustrierend sein.
Quelle: dpa
Eine Woche Urlaub auf Fuerteventura für 199 Euro? Mit Flug und Hotel? Oder 15 Tage Karibik für 806 Euro –
im Fünf-Sterne-Hotel? Solche Angebote klingen fast zu schön, um wahr zu sein. Diese Schnäppchentrips
öffentlich zu machen, ist das Konzept von Internet-Reiseblogs, die sich Urlaubspiraten oder Urlaubsguru
nennen. Deren Betreiber sind nicht die Anbieter dieser Traumreisen, sondern sie suchen lediglich nach billigen
Deals. Doch Experten mahnen zur Vorsicht: Die vermeintlich günstigen Reisen, die dann in den Blogs
veröffentlich werden, können auch zu Frust bei Urlaubssuchenden führen. Denn sie sind nur temporär
verfügbar und zumeist stark limitiert.
Daniel Krahn, 32, zählt zu den Gründern eines solchen Schnäppchenblogs. Gemeinsam mit seinem Freund
Daniel Marx, 28, betreibt er seit Juli 2012 die Seite Urlaubsguru.de. „Am Anfang habe ich für mich selbst nach
günstigen Reisen im Internet gesucht, bei denen ich viel Geld sparen konnte“, sagt Krahn, der vorher bei einer
Tageszeitung als Medienberater und freier Journalist tätig war. Erst habe er nur für Freunde Reisen gesucht,
dann für die Freunde der Freunde.
Viele Kunden, wenig Marge
Aus dem Suchen und Finden entstand letztlich Urlaubsguru, aus dem Hobby ein Geschäftsmodell. In einem
Büro am Flughafen in Dortmund gehen für Krahn und den IT-Ingenieur Marx mittlerweile bis zu 70 Mitarbeiter
täglich auf die Suche nach billigen Reisen.
Die beiden Jungunternehmer starteten zunächst mit dem Veröffentlichen von günstigen Angeboten und
Urlaubsberichten. Der Durchbruch sei dann Anfang 2013 mit einem „Knaller-Angebot“ gekommen, wie Krahn
sagt: „Für sechs Euro gab es eine dreitägige Reise nach Budapest – inklusive Hotel“, erinnert er sich. Das
Angebot verbreitete sich über die sozialen Netzwerke, innerhalb kurzer Zeit erlangte der Name der Seite so
Bekanntheit. So kamen immer mehr Besucher auf die Website. Im Juli 2014 klickten nach Betreiberangaben
rund zwölf Millionen Besucher auf die Seite, über anderthalb Millionen Nutzer folgen dem Blog auf
Facebook . Damit gehört Urlaubsguru aktuell zu den beliebtesten Reise-Schnäppchen-Portalen im Netz.
Was blumige Formulierungen in Reisekatalogen bedeuten
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Idylle in ruhiger Lage
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Die Unterkunft liegt fernab der touristischen Infrastruktur.
Touristisch gut erschlossen
Direkt am Meer
Meerseite
Naturbelassener Strand
Aufstrebende Gegend
Verkehrsgünstige Lage
Unmittelbar an der Strandpromenade
Relativ ruhig im Zentrum der Altstadt
Internationale Atmosphäre
Familiäre Atmosphäre
Kinderfreundliches Haus
Neues Hotel
Zweckmäßig eingerichtete Unterkunft
Helle und freundliche Zimmer
Unaufdringlicher Service
Kontinentales Frühstück
Beheizbarer Swimmingpool
Der Erfolg von Schnäppchenblogs wie Urlaubsguru hat einen speziellen Namen: Affiliate-Marketing. Dabei
handelt es sich um ein System, bei dem der kommerzielle Anbieter seinem Vertriebspartner Provisionen für
weitervermittelte Produkte oder Angebote zahlt. In diesem Fall sind es die Reiseanbieter, die den
Schnäppchenblog-Betreibern Geld dafür zahlen, dass Blogbesucher via Link auf ihre Angebotsseite kommen
und die gewünschte Reise dort buchen. Urlaubsguru oder Urlaubspiraten verkaufen die Reisen also nicht
selbst, sondern machen Nutzer nur auf Angebote der Reiseveranstalter aufmerksam.
In der Regel sind die Provisionen bei diesen „Pay-per-Sale“- oder „Pay-per-Click“-Modellen überschaubar.
„Die Gewinnmargen liegen im niedrigen einstelligen Prozentbereich. Hier macht es sicherlich die Summe“,
sagt Jan Mauelshagen, Professor für Reiseveranstaltermanagement an der Hochschule Worms. Konkrete
Zahlen zu Umsätzen in dieser neuen Internetsparte liegen nicht vor.
Für Schnäppchen gibt es keine Suchmaschine
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INTERCONTINENTAL, STEIGENBERGER UND CO.
Das sind die umsatzstärksten Hotels in Deutschland
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Platz 10 – Marriott International
Das Marriott zählt laut Forbes zu den besten Arbeitgebern weltweit. Zu den 29
Hotels, die die Gruppe in Deutschland betreibt, zählt das höchste Hotel
Deutschlands: das Marriott im Westend Gate in Frankfurt am Main. Die
amerikanische Gruppe mit Hauptsitz in Washington D.C. steigerte ihren Umsatz
hierzulande von 272,5 Millionen Euro im Jahr 2012 um 2,9 Prozent auf 280,4
Millionen Euro im Jahr 2013.
Quelle: Das Ranking wird von der Allgemeinen Hotel- und Gaststättenzeitung
(AHGZ) veröffentlicht. Die erhobenen Daten beruhen nach Angaben der
herausgebenden dfv Mediengruppe auf Eigenangaben der Hoteliers. Häuser, die
bereits in den Vorjahren im Ranking erschienen sind, aber diesmal keine Angaben
machten, wurden auf Basis der Durchschnittswerte geschätzt. In die Schätzung
fließen darüber hinaus Marktdaten sowie Fakten aus den Lage- und
Geschäftsberichten ein.
Bild: Marriott
Auch bei Urlaubsguru hält sich Jungunternehmer Krahn bedeckt. Seine GmbH hat zwar eine Publizitätspflicht,
was den Jahresabschluss betrifft, allerdings ist die Firma noch so jung, dass bisher keine Details öffentlich
sind. Urlaubsguru sei aber komplett selbstfinanziert und habe keine Investoren ins Boot geholt, sagt Krahn.
„Wenn man ein hochgradig reiseaffines Publikum mit den passenden Angeboten anspricht, kann am Ende
durchaus ein positiver Deckungsbeitrag übrig bleiben", schätzt Experte Mauelshagen.
Für die Urlaubsgurus bedeutet das aber tagtäglich intensive Recherche nach lukrativen Angeboten. „Für so
etwas gibt es ja keine Suchmaschinen“, erklärt Krahn: „Wir müssen jeden Morgen eigenständig wieder nach
Schnäppchen suchen.“
„Erst mal auf das Ticket warten“
Bei Flügen können das sogenannte „Error Fares“ sein, Fehler im hochkomplizierten Buchungssystem der
Fluglinien. Eine fehlende Null im Gesamtflugpreis oder das Fehlen des Kerosinzuschlags führt dann plötzlich
zu einem richtigen Schnäppchen. Da kann dann mal ein Hin- und Rückflug nach New York nur 44 Euro
kosten.
„Wir weisen bei diesen Flügen immer darauf hin, dass man nach der Buchung die Füße still halten und erst
mal auf das Ticket warten soll“, erklärt Urlaubsguru Krahn. Sonst könnten die Fluggesellschaften den Preis
zurückziehen. „Viele Airlines akzeptieren dann aber aus Kulanz den fehlerhaften Flugpreis“, sagt Krahn. Eine
Garantie für den Erhalt des Fluges habe man aber nicht. Im schlechtesten Fall wird der Flug schlichtweg
wieder storniert.
Welche Nation ist Reiseweltmeister?
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Platz 10
Italien: Die Italiener, selbst mit einem wunderschönen Land gesegnet, gaben im Jahr 2012 über 20 Milliarden US-Dollar für
Reisen ins Ausland aus.
(Quelle: UNWTO, Commerzbank Research)
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Der Reise-Schnäppchen-Blog von Krahn und Marx arbeitet mittlerweile mit 50 Reiseportalen zusammen, die
verschiedene Angebote offerieren und den Blogbetreiben unterschiedliche Provisionen zahlen. „Von
Fernreisen über Flugtickets bis Busfahrkarten – das sind alles unterschiedliche Gewinnmargen“, erläutert
Krahn.
Für etablierte Anbieter wie Opodo oder Lastminute.de seien Schnäppchenblogs schlichtweg ein weiteres
Instrument, um Kunden zu gewinnen, sagt Experte Mauelshagen: „Ob Reiseportale Kunden über Google
und Fernsehwerbung ansprechen oder weitere Vermittler wie die Schnäppchenblogs dafür bezahlen, ist
letztlich eine rein betriebswirtschaftliche Entscheidung.“
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„Wir sind ja kein Reisebüro“
WANN IST DER RICHTIGE ZEITPUNKT?
Spar-Tipps beim Urlaub-Buchen
Doch es gibt auch Fallstricke bei den Schnäppchenblogs, auf die Urlaubssuchende aufpassen sollten: „Wir
sehen nicht, wie oft eine Reise verfügbar ist“, erläutert Urlaubsguru Krahn. „Umso heißer der Preis ist, desto
schneller müssen die Leute dann reagieren.“ Sonst sei die Enttäuschung groß, dass die Traumreise plötzlich
doch nicht mehr verfügbar sei. Vielfach würden die Blogbetreiber dann den Frust der Nutzer abbekommen,
schildert Krahn. „Aber wir sind ja kein Reisebüro.“
Auch Reisemanagement-Experte Mauelshagen sieht hier Konfliktpotenzial: „Die Leute verstehen und
hinterfragen vielfach gar nicht das Geschäftsmodell der Blogs und den Charakter eines Schnäppchens.“
Neutral bleiben statt Provision kassieren
Jedes Angebot sei nur eine sekundenaktuelle Aufnahme. „Es ist paradox: Je besser Blogs ihren Job machen,
desto eher findet man auch frustrierte Kunden, die behaupten, dass solche Angebote eh nie buchbar seien
und die dahinter Lug und Trug vermuten“, folgert Mauelshagen. Beim Verband Internet Reisebetrieb (VIR)
bewertet man den enormen Hype um die Schnäppchenblogs ebenfalls nüchtern. Besonders bei der
Leistungsbeschreibung der einzelnen Angebote müsse der Kunde gezielt hinschauen, erklärt VIR-Vorstand
Michael Buller: „Manchmal weiß man nicht genau, ob zum Beispiel ein Flughafentransfer inklusive ist.“
Dennoch schienen die Blogs für Konsumenten notwendige Hilfestellungen zu sein, konstatiert Buller.
Die verrücktesten Übernachtungsmöglichkeiten
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Gefängnis
Im ehemaligen Untersuchungsgefängnis in Kassel konnten Gäste bis Ende 2012 ihre Nächte verbringen. Draußen auf den
Mauern windet sich Stacheldraht, drinnen reiht sich auf den mit Linoleum ausgelegten Gängen eine Zelle an die nächste: eng,
mit brüchigen Fliesenböden und Neonröhrenbeleuchtung. Duschen gibt es nur auf dem Flur. „Die Leute nehmen das super
gut an", sagt Betreiber Gotthard Fels. „Und über 90 Prozent sagen hinterher: Das war eine tolle Erfahrung."
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Indoor-Camping
Amtsgericht
Eisenbahnwaggons
Hausboot
Kanalrohr
Weinfass
Ziegenstall
Baumhaus
Diese Hilfe wollen die Urlaubsgurus nun auch außerhalb des deutschen Markts leisten. In elf Ländern sind die
Betreiber mit der namentlich leicht abgewandelten Marke Holidayguru vertreten. Und es soll mit den Gewinnen
aus dem bisherigen Geschäft noch weiter expandiert werden. „Wir glauben, dass der Markt noch lange nicht
erschöpft ist“, sagt Blogbetreiber Krahn. Experte Mauelshagen sieht ebenfalls Wachstumschancen: „Es kann
durchaus sein, dass es im Ausland noch besser funktioniert, weil dort zum Teil weniger Transparenz auf den
jeweiligen Reisemärkten herrscht.“
Doch ob sich die vielen Reise-Schnäppchen-Blogs langfristig halten werden, sieht VIR-Vorstand Buller
skeptisch: „Es werden sich dann nur die durchsetzen, die neutral bleiben und sich nicht nur an Provisionen
orientieren.“
URLAUB
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Einfach nur ins Flugzeug setzen und ans andere Ende der Welt fliegen, reicht nicht, um dem
Arbeitsstress zu entkommen. Wie Sie im Urlaub richtig abschalten und die Entspannung bis in den
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