Ägypten - VDMA-Fachverbandes Bau

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Ägypten - VDMA-Fachverbandes Bau
Bau- und
Baustoffmaschinen
Ägypten
Konjunkturbericht
Bauindustrie
April 2015
Der Bericht wurde von der gtai mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt – der VDMA übernimmt für Inhalt
und Richtigkeit keine Haftung.
www.gtai.de
Marktbericht Bauwirtschaft - Ägypten
Von Oliver Idem
Kairo (gtai) – Die stabilere politische und wirtschaftliche Situation in Ägypten bringt auch
einen planbareren Rahmen für Hoch- und Tiefbauprojekte mit sich. Die Regierung setzt
vorwiegend auf groß dimensionierte Vorhaben wie den Bau einer neuen Hauptstadt, die
Errichtung von einer Million Wohnungen und den Ausbau des Suezkanals. Kleinere
Vorhaben können jedoch ebenfalls interessante Perspektiven bieten. Internationale
Finanzierungen bleiben für das Projektgeschehen in vielen Feldern zentral.
1. Gesamtwirtschaftliches Umfeld und Strukturdaten zum
Bausektor
Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts
Mit etwas mehr Zuversicht blickt Ägypten auf das Jahr 2015 als noch zu Jahresfrist. Die
politische Lage hat sich unter dem neuen Machthaber Feldmarschall Abdel Fattah Al-Sisi
stabilisiert, obwohl hinter den Kulissen starker Druck auf Oppositionskräfte ausgeübt
werden dürfte. Die Erwartungen für das reale Wachstum der Wirtschaftsleistung liegen
für 2015 bei 3,5%. Das wäre zwar deutlich weniger als die 7,0%, die noch 2008 erreicht
wurden, doch würde sich die Expansion damit gegenüber 2011 bis 2014 mit jeweils rund
2% deutlich beschleunigen. Positive Signale kommen vom Tourismus, der am stärksten
von der politischen Dauerkrise seit 2011 betroffen war. Im 3. Quartal 2014 hat die Zahl
der Besucher mit 2,7 Mio. um 70% über dem Wert in der gleichen Vorjahreszeit gelegen.
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Das Lastenheft für die Regierung ist umfangreich. Während das neue Regime seine politische Macht konsolidiert schränken der Lösung harrende Probleme den Spielraum der Regierung ein. Das Haushaltsdefizit soll 2014/15 auf nicht sehr ehrgeizige 8,5% des Bruttoinlandsprodukts gedrückt werden. Das zu finanzierende Defizit erhöht die Schulden der
öffentlichen Hand, die 2014 mit 85,4% des BIP einen neuen Höchststand erreicht haben.
2010 lag die Staatsverschuldung noch bei 60% der Wirtschaftsleistung. Im Zuge der
Krise ist die Arbeitslosigkeit 2014 auf 13,4% gestiegen. Vor der Krise 2010 hatte sie noch
im einstelligen Bereich bei 9,2% gelegen. Viele Angestellte im Tourismus haben ihren Job
verloren.
Im Warenhandel schiebt Ägypten traditionell ein großes Handelsbilanzdefizit vor sich her,
das durch Überschüsse in der Dienstleistungsbilanz wieder gestopft wird. Tourismus und
Überweisungen ägyptischer Arbeiter im Ausland sorgen für Kapitalzuflüsse. Während der
Krise mussten die Golfstaaten (Saudi-Arabien, Kuwait und VAE) allerdings mit massiven
Finanzhilfen oder sogar direkten Öllieferungen Kairo unter die Arme greifen, um die
Funktionsfähigkeit des Systems aufrecht zu erhalten.
Dazu kämpft Ägypten auch noch mit einer chronischen Energiekrise. Stromausfälle sind
an der Tagesordnung. Neben der Wiederankurbelung des Tourismus wird die Energiefrage zu einem immer größeren Problem für den Staat. Subventionen für Industrie und
Verbraucher verzerren den Markt und sind kaum noch aufrecht zu erhalten. Mit einer
kräftigen Preiserhöhung für Energie Mitte 2014 hat Al-Sisi seinen Einstand als neuer Präsident gegeben. Die wichtige Zementindustrie, deren Gaslieferungen für die Öfen 2013
und 2014 gekürzt wurden, versucht sich mit umstrittenen Kohleimporten zu behelfen.
Ägypten muss seine Exportstrategie für Gas überprüfen, da der Inlandsbedarf offenbar
nicht gedeckt werden kann. Darüber hinaus importiert das Land inzwischen Erdölprodukte im großen Stil. Daher wird der Ölpreisverfall Ägypten auch Entlastung bringen, da
inzwischen mehr Erdöl/Erdölprodukte eingeführt denn ausgeführt werden.
In der Realwirtschaft und vor allem im verarbeitenden Gewerbe, die weniger unter der
Krise gelitten haben als andere Sektoren, dürften einzelne Branchen mit hoher Inlandswertschöpfung wie Textilien oder Nahrungsmittelverarbeitung von wieder attraktiver
werdenden Exportmärkten profitieren.
Wirtschaftliche Eckdaten
Indikator
2014
2015
Vergleichsdaten Deutschland
2014
BIP (nominal, Mrd. US$)
384,9
324,3
3.905
BIP pro Kopf (US$)
3.336,6
3.723,2
-
Bevölkerung (Mio.)
85,4
87,1
80,8
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro
= ägypt£)
9,43
-
Quellen: IWF, Statistisches Bundesamt
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Investitionen
Das Großprojekt in Ägypten ist die Erweiterung des Suezkanals beziehungsweise die Verdoppelung der Fahrstraße. Die Investitionen werden insgesamt auf bis zu 12 Mrd. US$
geschätzt. Die erste Phase soll 4 Mrd. $ kosten. Der Staat hat Ende 2014 bei Bevölkerung
und Investoren rund 8,5 Mrd. $ durch die Begebung von sogenannten Suez Canal Investment Certificates eingesammelt. Das bereits in der Umsetzung befindliche Megaprojekt wird neben dem Beschäftigungseffekt Investitionen in Zuliefer- und Hilfsindustrien
katalysieren. Gleichzeitig werden damit langfristig die Einkommenserwartungen von
Ägyptens wichtigem Devisenbringer gesteigert. 2014 wuchsen die Einnahmen aus den
Transitgebühren um 6,8% auf 5,5 Mrd. $.
Der Zufluss von Direktinvestitionen aus dem Ausland war bereits vor Beginn der Krise
2011 im Sinkflug. Zwischen 2002/03 und 2007/08 hatten sich die Direktinvestitionen von
2,1 Mrd. auf 13,2 Mrd. $ mehr als versechsfacht. Schon 2008/09 und 2009/10 wurden
mit 8,1 Mrd. beziehungsweise 6,8 Mrd. $ deutlich weniger Auslandsengagements eingefahren. Seit 2010/11 verharren die Nettozuflüsse zwischen 2 Mrd. und 4 Mrd. $. Im Finanzjahr 2013/14 (1.7. bis 30.6.) wurden 4,1 Mrd. $ an FDI (Foreign Direct Investment)
verzeichnet nach 3,8 Mrd. $ in 2012/13.
Potenzielle Investoren und Unternehmen, die nach Ägypten exportieren wollen, sollten
bei ihrer Entscheidung über den Markteintritt das Stärken-Schwächen-Profil des Standorts und die damit verbundenen Chancen und Risiken (SWOT-Analyse) berücksichtigen:
Strengths (Stärken)
Weaknesses (Schwächen)
Strategische Lage (Suezkanal).
Initiativbremse Bürokratie.
Dynamische junge Gesellschaft.
Kaum oder fehlgeleitete Investitionen in Bildung.
Großer Binnenmarkt.
Hohe Importabhängigkeit bei Nahrungsmittelversorgung.
Rohstoffvorkommen.
Hohe Staatsverschuldung.
Industrie vergleichsweise diversifiziert.
Politische Instabilität.
Opportunities (Chancen)
Threats (Risiken)
Ausbau moderner Infrastruktur.
Demokratisierungsprozess kommt nicht voran.
Erneuerbare Energien mit gewaltigem Potenzial.
Staatliche Einflussnahme erhält den Status Quo (Rolle
des Militärs).
Bei entsprechenden Rahmenbedingungen: Tourismus
hat noch großes Potenzial.
Energieversorgung schwächelt.
Steigerung der Produktivität.
Lebensbedingungen der armen Bevölkerung gefährden
sozialen Frieden.
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Einkommensentwicklung, Kaufkraft und Konsum
Der durchschnittliche Bürger in Ägypten sieht sich seit dem Revolutionsjahr 2011 durch
hohe Inflation bei stagnierenden Einkommen einerseits und rückläufigen staatlichen Subventionen vor allem im Energiebereich andererseits in die Zange genommen. Nach Zahlen der Weltbank stagnierten die privaten Haushaltsausgaben pro Kopf zwischen 2011
und 2013. Für die Masse der weiter mit rund 2% stark wachsenden Bevölkerung besteht
kaum finanzieller Spielraum. 2010 wurde der Anteil der Bevölkerung, der unter dem Einkommensniveau der Mittelklasse lebte und damit als "arm" eingestuft werden konnte, auf
63 Mio. geschätzt. Die Bevölkerung wird 2015 auf rund 87 Mio. Menschen anwachsen.
Mitte 2014 leitete der neue Machthaber Al-Sisi dringend notwendige Reformen des Energiemarkts ein, die allerdings auch die Belastung der einkommensschwächeren Bevölkerungsschichten vergrößerte. Bislang soll etwa ein Fünftel des Staatshaushalts für Energiesubventionen aufgewendet worden sein. Die Subventionen belaufen sich auf rund 6%
des BIP. Die Erhöhungen der Energiepreise im Juli 2014 (außer LPG) betrugen zwischen
30 und 150%. Insbesondere die Transportkosten erhöhten sich mit den gestiegenen
Kraftstoffpreisen empfindlich. Die Inflation hat 2014 wieder in den zweistelligen Bereich
(circa 10%) beschleunigt. Für zusätzliche Belastung wird die geplante Mehrwertsteuer
sorgen.
Strukturdaten zur Bauwirtschaft
Ausgewählte Indikatoren (nominal, in Mio. ägypt£, sofern nicht anders angegeben; Veränderung in %)*)
Baugewerbe
.Wertschöpfung
..öffentlich
..privat
.Anteil am BIP (%)
.Produktionswert
..% vom Gesamt
.implementierte Investitionen
..privat
..% vom Gesamt
Real Estate
.Wertschöpfung
..privat
.Anteil am BIP (%)
.Produktionswert
.implementierte Investitionen
Wohnungsbau (städtisch, 1.000 Einheiten)
.privat
.öffentlich
Wohnungsbauinvestitionen
.privat
.öffentlich
2012/13
2013/14
Veränderung
76.747
8.900
67.847
4,6
175.633
6,7
3.279
2.400
1,4
88.934
10.247
78.687
4,7
202.033
6,8
2.646
1.840
0,9
15,9
15,1
16,0
15,0
-19,0
-23,3
-
43.474
41.667
2,6
46.067
31.828
135,6
105,1
30,6
8.056
6.303
1.753
51.251
49.133
2,7
53.798
31.904
145,8
103,3
42,5
k.A.
k.A.
k.A.
17,9
17,9
16,8
0,2
7,5
-1,7
38,9
-
*) Fiskaljahr (1.7. bis 30.6.)
Quellen: Ministry of Finance, Central Bank of Egypt (CBE), Nationales Statistikamt
CAPMAS
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Anzahl der Baugenehmigungen in Ägypten
Segment
Insgesamt
.Wohnungsbau
..privat
..öffentlich
.Nichtwohnungsbau
..privat
..öffentlich
Quelle: Egypt in Figures 2015
2011
2012
2013
65.385
63.332
2.053
4.196
3.900
296
55.018
53.798
1.220
3.346
2.958
388
102.721
99.514
3.207
11.193
10.132
1.061
2. Hochbau
Marktlage und Marktentwicklung
Nach vier Jahren voller politischer Veränderungen tendiert die ägyptische Wirtschaft 2015
zu einer Stabilisierung. Die Bauwirtschaft hat sich in der Zeit der Umbrüche als robuste
und resistente Branche gezeigt. Die Wertschöpfung im Baugewerbe stieg im Finanzjahr
1.7.13 bis 30.6.14 gegenüber der Vorperiode um 15,9% auf 88,9 Mrd. ägyptische Pfund
(ägypt£; rund 9,4 Mrd. Euro; 1 Euro = 9,42 ägypt£). Im vom Volumen her deutlich dominierenden Privatsektor betrug der Zuwachs 16%, aber auch der öffentliche Bereich
sendete mit einem Plus von 15,1% ein deutliches Wachstumssignal.
Im Fokus der Regierung al-Sisi stehen vor allem Großprojekte, die innerhalb knapper
Zeitvorgaben umgesetzt werden sollen. Vom Volumen her ragen die Pläne für den Bau
einer neuen Hauptstadt und das Wohnungsbauvorhaben „one million homes for Egypt“
heraus. Deutliche Impulse für die Bauwirtschaft gingen von der internationalen Investitionskonferenz Egypt Economic Development Conference (EEDC) im März 2015 in Sharm
el-Sheikh aus. Dort präsentierte die Regierung 50 Investitionsvorschläge, von denen die
Mehrzahl Bauleistungen erfordert. Sowohl staatliche als auch private Vorhaben sowie
Public-private Partnerships (PPP) waren darunter. Im Rahmen der Konferenz wurden
feste Verträge mit einem Volumen von rund 33 Mrd. US$ geschlossen und Absichtserklärungen im Wert von weiteren 92 Mrd. US$ unterzeichnet. Schätzungen gehen davon
aus, dass die Umsetzung von Projekten im Wert von 60 Mrd. US$ realistisch sein wird.
Diese dürften Impulse auch für entlegenere und strukturschwächere Gebiete des Landes
mit sich bringen.
Wohnungsbau
Etwa ein Fünftel bis ein Viertel der circa 87 Mio. Einwohner Ägyptens lebt im Großraum
Kairo. Die Metropole spielt als Wirtschafts- und Verwaltungszentrum auch eine wichtige
Rolle für den Immobilienmarkt, insbesondere im höherwertigen Bereich. Die Branchenexperten von Jones Lang LaSalle (JLL) beobachteten im 2. Halbjahr 2014 einen gestärkten
Wohnungsmarkt und Stabilität bei gewerblichen Immobilien. Durch den Zubau von Büroflächen wird der Gesamtbestand wachsen. Das Mietniveau an den verschiedenen Gewerbestandorten soll unverändert bleiben. Entwickler können nun den Rückstau an angehaltenen Projekten abarbeiten. Die in den vergangenen Jahren häufigen Verzögerungen bei
der Umsetzung von Vorhaben dürften nun seltener vorkommen. In einem Klima der
wachsenden Zuversicht bringt das Tourismusministerium eine Reihe von großen Investitionsprojekten auf den Weg. JLL rechnet 2015 mit der Ankündigung von neuen Vorhaben
in der Tourismusbranche.
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Die verbesserten wirtschaftlichen und politischen Aussichten schlagen sich positiv auf den
Immobilienmarkt in Kairo nieder. In allen von JLL beobachteten Segmenten stiegen die
Verkaufspreise von Wohnungen und Villen im Jahresverlauf 2014 an. Spitzenreiter im 4.
Quartal 2014 waren die Villenpreise in der 6th of October City im Westen mit plus 9%
und die Wohnungsmieten im östlich des Nils gelegenen New Cairo mit einem Zuwachs
von 7%. Über das gesamte Jahr betrachtet zogen die Mieten in den meisten Vierteln an.
Der Trend der Mittel- und Oberschicht zur Ansiedlung in den neuen Außenstädten wie
New Cairo mit Katameya und in die 6th of October City setzt sich fort. Die abgeschirmten
Wohnanlagen passen sich in die großen Umgehungs- und Zubringerstraßen ein. So können die anfallenden Fahrstrecken schnell zurückgelegt werden. Viele Bauträger zielen auf
die einkommensstärksten beziehungsweise vermögendsten Kunden ab, um besonders
lukrative Geschäfte zu machen. Für diese (und andere Käufer) sind Immobilien eine Möglichkeit, sich gegen die immer noch zweistellige Inflation und Kursschwankungen des
ägyptischen Pfundes abzusichern.
Als Geschäftsmodell der Entwickler überwiegt der Verkauf von Wohneinheiten vor Fertigstellung oder Baubeginn. Der Entwickler finanziert weitgehend ohne Bankensystem. Die
Kundschaft wünscht flexible Zahlungsoptionen. Im Vordergrund stehen die Höhe der Anzahlung sowie die Ratenhöhe mit dem zeitlichen Abzahlungsrahmen. Seltener ist der Verkauf von fertig gestellten Wohneinheiten. Genutzt werden die Immobilien meist zu eigenen Wohnzwecken oder zur Überlassung an zahlungskräftige (ausländische) Mieter. Insgesamt gewinnt die Miete als Alternative zum Kauf von Immobilien seit einigen Jahren an
Bedeutung.
Ägypten weist ein nachhaltiges Bevölkerungswachstum von knapp 2% auf. Die Einwohnerzahl wächst um circa 1,6 Mio. jährlich. In den nächsten drei Jahren sollen 32 neue
Städte entstehen, um dem zunehmenden Bedarf zu begegnen. Die Anzahl der Heiraten
zeigt seit 2006 nach oben und soll 2012 rund 922.000 betragen haben. Somit ist der
Wunsch nach der Gründung eines eigenständigen Haushalts oder ein Umzug aufgrund
von Nachwuchs in der Familie ein starker Treiber für die Wohnungsnachfrage. Als Engpassfaktor wird zusehends fehlendes Land für neue Entwicklungen genannt. Dies gilt insbesondere für Grundstücke, die bereits an die Versorgungsinfrastruktur angeschlossen
sind.
Immer wieder kamen bereits in der Vergangenheit Pläne für den Bau einer neuen Hauptstadt abseits der überfüllten Metropole Kairo auf. Ausgesprochen ehrgeizig erscheinen die
Mitte März auf der Wirtschaftskonferenz EEDC veröffentlichten Vorstellungen für den Bau
einer neuen Kapitale östlich von Kairo. Hier soll in verkehrsgünstiger Lage für 45 Mrd.
US$ auf insgesamt 700 qkm ein Regierungssitz entstehen. Für das noch namenlose Projekt ist moderne Technologie unter anderem in den Bereichen Verkehr, Wasser und Abwasser eingeplant. Zentrales Finanzierungsinstrument soll der private Immobilienfonds
Capital City Partners aus den Vereinigten Arabischen Emiraten werden. Die Planungen
umfassen ein Verwaltungsdistrikt sowie 1,1 Mio. Wohneinheiten.
Der Wohnungsbaumarkt ist und bleibt auch insgesamt erheblich, wobei der Trend in
Richtung erschwinglichen Wohnraums für die Mittelschicht geht. Dies wird von Branchenkennern als das Segment der kommenden Jahre angesehen, denn es ist groß und weist
Nachhol-, laufenden und künftigen Bedarf auf. Hingegen zeigt der für Immobilienentwickler margenträchtigere Luxusbereich eher Sättigungserscheinungen.
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Im März 2014 vereinbarten die ägyptische Regierung und das Bauunternehmen Arabtec
(Vereinigte Arabische Emirate) den Bau von Wohneinheiten im Rahmen des Mammutprojekts „One million homes“. Als Gesamtkosten wurden 40 Mrd. US$ veranschlagt.
Nachdem aufgeflammte Diskussionen um die Konditionen für das benötigte Land und die
Finanzierungsquellen Anfang 2015 beigelegt werden konnten, soll das Vorhaben nun
Fahrt aufnehmen. Die erste Phase umfasst knapp 120.000 Wohnungen in El Obour City,
Badr City und New El Minya. Insgesamt sind 13 Standorte eingeplant. Bis 2020 soll das
Vorhaben abgeschlossen werden.
Die öffentliche Hand spielt eine entscheidende Rolle im sozialen Wohnungsbau, kommt
aber an privaten in- und ausländischen Firmen und Geldgebern nicht vorbei. Trotz knapper Mittel ist vorgesehen, die Mittel für den Bau von Wohnungen für untere bis mittlere
Einkommensschichten im Fiskaljahr 1.7.15 bis 30.6.16 auf 28 Mrd. ägypt£ mehr als zu
verdoppeln. Für Sanierungsprojekte sind 55 Mrd. ägypt£ anvisiert. Davon verspricht sich
das zuständige Ministerium auch eine höhere Nachfrage nach Baumaterialien und Ausrüstungen. Weitere 1,5 Mrd. ägypt£ sollen zusätzlich in Wohnungsbauprojekte für einkommensschwache Bürger fließen.
Die New Urban Communities Authority (NUCA) verfolgt ein Programm, um in 19 neuen
Städten Wohnraum mit maximal 90 qm pro Einheit zu schaffen. Von geplanten 144.636
Einheiten konnten bis Ende Februar 2015 bereits 25.220 vollendet werden. Im Finanzjahr
2015/16 sollen 52.456 Wohnungen fertiggestellt werden. Davon werden mit Abstand die
meisten in der 10th of Ramadan City entstehen (14.160). Weitere Schwerpunkte sind die
6th of October City (8.520 Einheiten), 15th of May City (5.736), New Mania (5.256) und
Bader (4.920). Das Volumen der ab dem Finanzjahr 2015/16 geplanten Ausgaben für das
Program liegt bei 3,88 Mrd. ägypt£.
Für viele Arme bleibt bisher oft nur der Ausweg des informellen Bauens und Wohnens.
Etwa 11 Mio. bis 15 Mio. Menschen leben in derartigen Siedlungen. Eine Verbesserung
problematischer Wohngebiete wird seit Jahren auch mit ausländischer Hilfe unternommen. Hierbei geht es um die Verbesserung grundlegender Infrastrukturen wie Wasser,
Strom und Abwasser. In diese Maßnahmen soll auch ein Viertel der jährlichen Einnahmen
aus der neu eingeführten Immobiliensteuer fließen. Das Thema Immobilien für Bezieher
niedriger Einkommen betrifft mit rund 17 Mio. Haushalten mehr als vier von fünf ägyptischen Haushalten. Die Schätzungen weichen stark voneinander ab, jedoch ist die Rede
von bis zu 1,5 Mio. fehlenden erschwinglichen Wohneinheiten. Die jährliche Wohnungsnachfrage liegt bei mindestens 0,5 Mio. bis 0,6 Mio. Einheiten, davon über die Hälfte in
ländlichen Gebieten.
Informelle Immobilien und Wohnbauten umfassen im Regelfall Baukonstruktionen, die
illegal auf landwirtschaftlicher Fläche oder Wüstenland gebaut sind. Sie haben vom
Grundsatz her zunächst nichts mit der Qualität von Gebäuden und deren Umgebung zu
tun. “Informell“ können sie auch durch Verstöße gegen das Gesetz im Gefolge von Veräußerung, Vererbung oder illegaler Veränderung der Bausubstanz werden. Schätzungen
zufolge verfügen wahrscheinlich nur 10% der Immobilien über einen gültigen Rechtstitel,
90% gelten als informell. Damit fehlen der großen Mehrzahl der Immobilien die gesetzlichen Rechte, und sie können nicht zur Absicherung von Krediten eingesetzt werden.
Ein großes Problem ist das zeitraubende und hochkomplizierte Verfahren der Registrierung von Immobilien. Angegangen werden soll das Dauerproblem der illegalen Umnutzung landwirtschaftlicher Fläche in den Umbruchzeiten ab 2011. Hierzu plante die ägypti8
sche Regierung im Sommer 2014 ein befristetes Amnestiegesetz, das den Weg für eine
Legalisierung solcher Bauten ebnen sollte. Außerdem war ein Programm mit zinsgünstigen Krediten für die Fertigstellung von unvollendeten Gebäuden geplant. Bislang scheint
in beide Initiativen noch keine Dynamik gekommen zu sein.
Stillstand herrscht ebenfalls bei mehr als 2 Mio. Einheiten leerstehenden Wohnraums,
vermuten Experten. Etwa 5 Mio. bis 6 Mio. Wohnungen sollen gebaut, aber nie verkauft,
vermietet oder genutzt worden sein. Das Potenzial für Maßnahmen der Modernisierung
und Sanierung kann sich dies aufgrund veralteter gesetzlicher Regelungen nicht entfalten. Dies liegt an Vermietungsgesetzen, die den Mietwert einfroren und die Vererbung
des Mietvertrages durch die Generationen ermöglichten. 2002 wurde dies auf ein Familienmitglied beschränkt. Dies führt dazu, dass Wohnraum noch heute zu niedrigsten Mieten vermietet bleiben muss. Für Vermieter fehlt damit nicht nur der Anreiz, sondern
meist auch das Geld, irgendetwas in Richtung Wohnraum- oder Gebäudeerhaltung zu
tun. Dies führt zu einer permanenten Verschlechterung der Bausubstanz. Etwa 2,6 Mio.
Wohnungseinheiten fallen unter das Mietgesetz von 1977. Eigentümer von Wohnraum
lassen diesen lieber leer stehen, als ihn zu derart nachteiligen Bedingungen zu vermieten.
Bei Käufen von Immobilien läuft die Finanzierung im Regelfall über die Entwicklungsunternehmen. Der Markt für Hypothekendarlehen steht dagegen noch am Anfang. Nur jeder
zehnte Ägypter hat überhaupt ein Bankkonto und damit Beziehungen zu einer Bank. Es
gibt kaum Kredit- und Marktinformationen. Weitere Entwicklungshemmnisse sind der
Zugang zu und das Angebot an langfristigen Finanzierungen sowie die geringe Anzahl
registrierter Immobilien. Nach Angaben der Aufsichtsbehörde Egyptian Financial
Supervisory Authority (EFSA) belief sich der Markt für Hypothekendarlehen Ende Juni
2014 im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt auf 4,6 Mrd. ägypt£ (+12,2%). Das entsprach
lediglich 0,24% des BIP. Die Anzahl der Darlehensnehmer legte um 2,4% auf 34.532 zu
und die durchschnittliche Darlehenshöhe stieg auf 132.000 ägypt£ (+8,2%). Nahezu unverändert blieben die durchschnittliche Laufzeit von 16,5 Jahre und der Durchschnittszins
mit 12,1%. Die Darlehenssumme zum Wert der Immobilie (loan-to-value, LTV) stand bei
durchschnittlich 57,2% nach 56,7% im Jahr davor.
Die Umsetzung des neuen Gesetzes zur Immobilienbesteuerung schreitet voran. Mitte
März 2015 hatte die Real Estate Tax Authority 6,3 Mio. Steuerbescheide für Wohngebäude und 1,8 Mio. Einheiten aus den Bereichen Handel, Industrie und Dienstleistungen
verschickt. Zugleich gab die Behörde bekannt, 2 Mio. Ausnahmeanträge akzeptiert zu
haben. Zum Beispiel fallen Wohnsitze von Familien im Wert von maximal 2 Mio. ägypt£
nicht unter die Abgabe. Ebenfalls ausgeschlossen sind beispielsweise Krankenhäuser,
Bildungseinrichtungen sowie Wohneigentum und Betriebsstätten, die für sehr wenig Geld
vermietet sind. Die jährlichen Grenzen liegen bei 2.400 beziehungsweise 1.200 ägypt£.
Mittels der neuen Steuer sollen etwa 3,5 Mrd. ägypt£ Einnahmen generiert werden. Bei
Wohngebäuden reicht die Bandbreite der jährlichen Zahlungen von 120 bis 10.200
ägypt£ und bei Gewerbeobjekten beträgt die Abgabe zwischen 126 und 3.150 ägypt£.
Für die Verwendung hat Finanzminister Hany Kadry Dimian klare Vorstellungen. So sind
50% für aus dem Staatshaushalt finanzierte Projekte aus den Bereichen Bildung, Gesundheit, Versicherungen und Entwicklung vorgesehen. Ein Viertel der eingenommenen
Immobiliensteuer soll in den allgemeinen Haushalt der Gouvernorate und das übrige
Viertel in die Entwicklung von Slums fließen.
9
Büro-/Gewerbe-/Industriebau
Erstklassiger neuer Büroraum ist in den letzten Jahren fast durchweg in den Satellitenstädten der Metropole Kairo entstanden, so in New Cairo und 6th of October. Dort können alle Vorteile von Platz und Umgebung gegenüber dem beengten Zentrum mit überwiegend älterer Bausubstanz genutzt werden. Nach Untersuchungen von JLL blieben die
Mietpreise in Kairo im 3. Quartal 2013 stabil. Der umfangreichste Zubau im 4. Quartal
2014 waren 14.000 qm in Mivida (New Cairo). Im 1. Quartal des neuen Jahres ist mit
31.000 qm neuer Bürofläche zu rechnen. Im Jahresverlauf sollten weitere 21.000 qm
folgen. Damit wird die Metropolregion Greater Cairo über einen Gesamtbestand von
955.000 qm verfügen. Obwohl die Nachfrage nach Gewerbeflächen zunahm, legte Ende
2014 der Leerstand auf 35% zu. Der Grund war der im Jahresverlauf hohe Zubau von
85.000 qm. Angesichts eines gedrängten Stadtzentrums wird die in den nächsten Jahren
zu erwartende Expansion von Büroraum in den neuen städtischen Siedlungen erfolgen,
zumal dort auch weitere Wohnungsbauprojekte zum Abschluss kommen.
Im Zuge der stabileren politischen und wirtschaftlichen Lage in Ägypten soll sich laut einer Studie von BMI Research zwischen 2015 und 2019 die Anzahl der Haushalte mit mindestens 10.000 US$ Einkommen verdoppeln. Die Marktforscher erwarten im Betrachtungszeitraum eine Zunahme der durchschnittlichen jährlichen Haushaltsausgaben um
9,13%. Aus der wachsenden konsumorientierten Mittelklasse heraus dürften verstärkt
nicht lebensnotwendige Waren und Nichtnahrungsmittel nachgefragt werden. Dazu zählen Möbel, Haushaltsgeräte, Bekleidung und Produkte aus dem Bereich Telekommunikation. Insbesondere jüngere Ägypter zeigen eine starke Affinität zu internationalen Marken. Obwohl der organisierte Einzelhandel sich in den städtischen Gebieten stark verbreitet, bleibt die Bedeutung traditioneller familiengeführter Geschäfte hoch. Insgesamt
summierten sich die Ausgaben der ägyptischen Haushalte 2013 laut der General
Authority for Investment and Free Zones (GAFI) auf rund 90 Mrd. US$ und sollen in den
kommenden Jahren wachsen.
Eine steigende Nachfrage charakterisiert den Markt für Einzelhandelsfläche in Kairo. Im
4. Quartal 2014 fiel der Leerstand gegenüber der Vorperiode von 23 auf 19%. Für eine
Belebung sorgten zuletzt vor allem Interessenten aus den Bereichen Nahrungsmittel und
Getränke. Die positive Grundstimmung drückt sich in steigenden Mieten aus. Im 4.
Quartal 2014 lagen die durchschnittlichen Spitzenmieten für Einzelhandelsimmobilien
zwischen 720 und 1.416 US$ pro qm. Die mittlere Quadratmetermiete für line stores betrug unverändert 1.170 US$.
Bei großen Vorhaben im Handelsbereich sind ausländische Investoren stark vertreten,
vor allem aus der Golfregion. Sie sind kapitalstark und verfügen über viel Erfahrung. Der
innerhalb der vergangenen zehn Jahre begonnene Trend zu großen Einkaufszentren mit
internationalen Marken dürfte sich fortsetzen. Zu den derzeitigen Großvorhaben zählt das
Einkaufs- und Freizeitzentrum “Mall of Egypt“ in 6th of October City von Majid Al-Futtaim.
Auf einer Fläche von 160.000 qm sollen unter anderem 380 Geschäfte, ein Multiplexkino
und ein Indoor-Skipark untergebracht werden. Der Bauabschluss ist nach Verzögerungen
für Anfang 2016 avisiert. Majid Al-Futtaim hat zudem angekündigt, innerhalb der kommenden fünf Jahre 2,4 Mrd. US$ in den Bau größerer Einkaufszentren an mehreren
Standorten in Ägypten zu investieren. Auch sollen 32 neue Hypermärkte für insgesamt
knapp 740 Mio. US$ errichtet werden. Das Unternehmen ist regionaler Franchisenehmer
für Carrefour-Märkte.
10
Franchising hat sich insgesamt in den vergangenen 15 Jahren in Ägypten rapide entwickelt. Vertreten sind unter anderem McDonald`s, Burger King, KFC, Pizza Hut, Starbucks
und Subway. Das Potenzial scheint noch bei weitem nicht ausgereizt zu sein. Einem Bericht der GAFI zufolge könnte Franchising in den nächsten Jahren um durchschnittlich 10
bis 20% weiter wachsen.
Die ägyptische Regierung will die Industrialisierung des Landes vorantreiben, die als einer
der Schlüssel für den künftigen wirtschaftlichen Erfolg gilt. Vorgesehen ist beispielsweise
die Einrichtung einer Datenbank für alle verfügbaren Grundstücke. Diese soll auch Aufschluss über den Zustand der jeweiligen Objekte geben. Potenzielle Investoren können
sich dann einen einfacheren Überblick verschaffen, welche Grundstücke in welchen Regionen existieren.
Bereits jetzt sind im Wirtschaftsbau etliche Bauten geplant. Hohe Projektvolumina kennzeichnen vor allem die petrochemischen Vorhaben in Ägypten. Eine voraussichtlich 8,5
Mrd. US$ kostende Raffinerie von NOC in Alexandria befindet sich derzeit in der Phase
der Ausarbeitung von Studien. Bis zum 1. Quartal 2017 sollen die Arbeiten an der 3,7
Mrd. US$ teuren Raffinerie in Mostorod nordöstlich von Kairo abgeschlossen sein. Dann
werden dort Kapazitäten für 4,2 Mio. t Raffinerieprodukte zur Verfügung stehen. Dazu
zählen 2,3 Mio. t für Diesel der Euro-5-Norm sowie 600.000 t Kerosin pro Jahr. Rechnerisch wird die Anlage etwa 50 bis 60% des jährlichen Dieselbedarfs in Ägypten decken
können. In Assiut soll eine Hydrocracking-Einheit gebaut werden. Für das Projekt mit
einem Wert von 2,1 Mrd. US$ befinden sich Studien in der Erstellung.
In der Planung befindet sich der Bau von zwei Fabriken des lokalen Fahrzeugherstellers
GB Auto für jeweils 100.000 Motorräder und Tuk-Tuks. Diese sollen zum Teil nach Ostafrika exportiert werden. Als Bauzeit sind drei bis vier Jahre anvisiert. Die Al-Kharafi Group
aus Kuwait verhandelte im Februar 2015 laut Presseberichten mit Mitsubishi Motors über
die Errichtung eines Montagewerks in Qena. Noch bis zum Jahresende laufen Studien von
Pirelli zum Ausbau der Kapazität des Reifenwerks in Alexandria von 800.000 auf 1 Mio.
Reifen pro Jahr. Im Fall einer Realisierung läge die Bauzeit bei zwei Jahren.
Eine Reihe von Projekten befindet sich auch im Bereich Nahrungsmittel und Getränke in
der Pipeline. Coca-Cola hat Details zu den Investitionsplänen des Unternehmens im Wert
von 500 Mio. US$ innerhalb von drei Jahren bekanntgegeben. In der 6th of October City
soll 2016 eine neue Abfüllanlage eröffnet werden. Zudem ist vorgesehen, die Konzentratfabrik in der Freihandelszone Nasr City zu erweitern. Konkurrent PepsiCo Egypt will im
laufenden Jahr 500 Mio. US$ investieren. Diese sollen in die Verbreiterung des Unternehmensportfolios, die Lieferketten, die Infrastruktur und die Kapazitäten fließen. Außerdem wird die Produktpalette verändert, um 2016 eine Innovation auf den Markt zu bringen. PepsiCo verfügt über elf Fabriken und 47 Verteilzentren in Ägypten. Ein möglicher
Börsengang der staatlichen Food Industries Holding Company könnte zwischen 395 und
524 Mio. US$ einbringen. Dieses Geld soll einigen der 43 Tochterunternehmen zugute
kommen, die Liquidität benötigen, um ihre Produktion auszubauen. Das gab der zuständige Minister Khaled Hanafy im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Reuters bekannt.
Zudem werden derzeit die Voraussetzungen für eine Wiedereröffnung des 2008 geschlossenen Milchprodukteherstellers Egypt Dairy geprüft.
In der 2. Jahreshälfte 2014 plante die ägyptische Regierung zudem den Bau von fünf
Technologieparks mit kompletter Infrastruktur für Dienstleister und Hersteller. Als Vorbild
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gilt das „smart village“ in der 6th of October City vor den Toren Kairos, in dessen Nähe in
Mostakbal City bald ein zweites entstehen soll. Die Standorte sollen in den Gouvernoraten Assiut und Beni Suef in Oberägypten sowie in den nördlich gelegenen Verwaltungsgebieten Alexandria und Menofia liegen.
Das Ministerium für Versorgung und Binnenhandel plant zudem drei Logistikzentren für
Nahrungsmittel in Damietta, East Port Said und Safaga. Damit soll ein Beitrag zur Sicherung der Versorgung geleistet und die Lagerung sowie der Transport vereinfacht werden. Das stärkste öffentliche Echo fand das Logistikzentrum für Getreide in Damietta.
Dort ist ein Handelsvolumen von 65 Mio. t pro Jahr vorgesehen. Silos und zwei neue Landestellen sollen ebenso entstehen wie fünf neue Industriezonen. Die Lagerkapazitäten
des Hafens sollen auf 7,5 Mio. t verdreifacht werden. Für den inländischen Verbrauch und
den Export sollen Weizen, Nudeln, Speiseöl und Zucker verarbeitet werden. Auf der Investitionskonferenz in Sharm el-Sheikh unterzeichnete Minister Khaled Hanafy zwei Vereinbarungen mit interessierten Unternehmen. Das Unternehmen al-Suwaidan aus den
Vereinigten Arabischen Emiraten möchte einer Pressemeldung zufolge dort aktiv werden.
Die Pläne umfassen auch Arbeiten am Hafen Damietta.
Ägyptens Touristiksektor litt in den vergangenen Jahren unter einem starken Rückgang
der Besucherzahlen. Seit Mitte 2014 verbringen wieder mehr Gäste ihren Urlaub im Land.
Im Gesamtjahr legten die Einnahmen aus dem Tourismus um 1,6 Mrd. US$ auf 7,5 Mrd.
US$ zu. Die Regierung setzt in Erwartung einer weiteren Erholung auf höhere Investitionen in den Tourismus im laufenden Jahr. In den vier Jahren seit der Revolution vom
25.1.11 waren diese um 75% eingebrochen. Nun soll die General Authority for Tourism
Development (GATD) Parzellen für touristische Zwecke anbieten. Das Ziel der GATD für
den Investitionsgipfel war es, fünf Projekte mit einer Investitionssumme von zusammen
5,2 Mrd. ägypt£ anzustoßen. Auch das touristische Potenzial des Sinai gilt es bei einer
entsprechend ruhigen Sicherheitslage weiter auszubauen. Insgesamt verfügt Ägypten
über circa 225.000 Hotelzimmer. Davon entfallen zwei Drittel auf das Gebiet am Roten
Meer und den Süden des Sinai. Der Rest verteilt sich auf Kairo, Alexandria, Luxor und
Assuan. Die Auslastung der Hotelzimmer in Kairo lag im Zeitraum Januar bis Ende November 2014 bei 44% und somit um 5 Prozentpunkte unter dem Wert der Vorperiode.
Jedoch vollzog die Average Daily Rate (ADR) einen signifikanten Sprung um 78% auf 105
US$. Pro Übernachtung wurden also deutlich mehr Einnahmen erwirtschaftet.
Bau öffentlicher Gebäude
Umfangreiche finanzielle Mittel erfordert auch die Verbesserung der Gesundheitsversorgung in Ägypten. Aus der Sicht der Weltbank ist der BIP-Anteil der Gesundheitsausgaben
niedriger als in vergleichbaren Ländern. Die Weltbank verfolgt eine Strategie für die Ausweitung der Gesundheitsleistungen in Ägypten bis 2030. Im Rahmen eines Fünfjahresplans werden zwei Projekte für insgesamt 275 Mio. US$ umgesetzt. Davon fließen 200
Mio. US$ schwerpunktmäßig in ein Familiengesundheitsprogramm in den Gouvernoraten
Alexandria und Menoufia. Mit den übrigen 75 Mio. US$ soll die Gesundheitsinfrastruktur
in 1.000 Dörfern in Oberägypten verbessert werden. Premierminister Ibrahim Mehleb
kündigte im März den Bau neuer Krankenhäuser in den nächsten Jahren an. Eine Reihe
von Hospitälern in Urlaubsorten sollen verbessert werden, um attraktiv für den Gesundheitstourismus zu werden. Künftig plant die Regierung verstärkte Investitionen im Gesundheitsbereich. Zum Beispiel sollen Einnahmen aus der Anhebung der Zigarettensteuer
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dem Gesundheitswesen zugute kommen. Der private Sektor hat sich bereits seit Jahren
als zweites Standbein des Systems herausgebildet und ist ein bedeutender Investor. Er
schließt Versorgungslücken und bietet wohlhabenderen Bevölkerungsschichten eine
schnellere und bessere Versorgung.
Der Ausbau von Schulen und Universitäten ist aufgrund der Demographie eine Daueraufgabe. In den Bildungsbereich sollen künftig deutlich mehr staatliche Mittel fließen. Größere Schulen in ländlichen Regionen, eine generelle Verbesserung der Lerninfrastruktur
sowie neue Schulen und Universitäten als Nachholbedarf und für die neuen Städte sind
bedeutende Herausforderungen. Mit der Herausbildung von Städten wächst auch der Bedarf an dort ansässigen Universitäten.
Die Finanzierung von Museen beruht weitgehend auf Eintrittsgeldern und hängt damit
direkt von der Anzahl der Touristen ab. Ob bei Neubauten oder Bestandserhaltung, fortgeschrittene Sicherheits- und Kommunikationstechnik gilt heute als unverzichtbar. Besonders aufwendig wird sie für das Grand Egyptian Museum an den Pyramiden ausfallen,
um die Vielzahl unwiederbringlicher Exponate zu schützen. Die Errichtung des Museums
wird von der Japanese International Cooperation Agency (JICA) unterstützt.
Marktchancen für deutsche Produkte und Dienstleistungen
Deutsche Architektur- und Planungsbüros sowie Consultants sind durchaus im Markt aktiv
und erfolgreich. Ein gewisser Traditionsvorteil besteht für britische Firmen, die besonders
im Consulting stark sind. Im Rahmen der deutschen und europäischen Entwicklungszusammenarbeit gibt es ein Heer von Beratern, die sich einzelnen Segmenten widmen und
in konkreten Bedarfsfällen als Ansprechpartner fungieren können. Die großen Bauunternehmen setzen wegen Versagens externer Einrichtungen auf firmeninterne Aus- und
Weiterbildung. Deutsches Handwerk dürfte, abgesehen von administrativen, sprachlichen
und mentalitätsmäßigen Schwierigkeiten, allein schon aus preislicher Sicht kaum Interesse haben. Im Wohnungsbau für mittlere Einkommensschichten ist mehr Wettbewerb
beim Design angesagt, da Raumverschwendung und fehlende Raffinesse nicht untypisch
sind. Landschaftsplanung spielt eine wichtige Rolle bei Wohn- und Ferienanlagen.
Der Blick geht verstärkt in Richtung Energieeffizienz auch in der Bauwirtschaft. Hiervon
sind vor allem Neubauten der gehobenen bis Luxuskategorie betroffen, sei es in Wohnanlagen, bei Büro- und Geschäftsbauten oder im Touristiksektor. Aber auch der öffentliche Sektor öffnet sich mit seinem Baubestand und seiner Bautätigkeit verstärkt dem
Thema. Energieeffizientes und umweltbewusstes Bauen gilt immer weniger als Luxus.
Sofern der Grundsatz zur Anwendung kommt, steht die Qualität nicht hinter internationalen Standards zurück. Hierfür sorgen ausländische Anbieter, die umfassende und meist
auch integrierte Lösungen im Sinne von Smart Building-Konzepten anbieten. Auch das
zur Umsetzung anstehende Projekt „The Gate“ des lokalen Immobilienentwicklers Abraj
Misr in Heliopolis (Kairo) bezieht solare Warmwasserbereitung, Windkraftanlagen und
Begrünung ein. Das Wohnungsbauvorhaben wird auf 35.000 qm Fläche entstehen und
insgesamt 4,5 Mrd. ägypt£ kosten. Es soll innerhalb von etwa drei Jahren umgesetzt
werden.
Für grünes Bauen verfügt Ägypten über exzellente Zutaten wie Sonne, Wind, Sand und
günstige Arbeitskräfte. Eine Herausforderung bildet die Entwicklung von hochqualitativem, wenig umweltbelastendem Wohnen. Nachhaltige Architektur und Stadtentwicklung/-planung gehört zu den interessanten Arbeitssegmenten. Es sind ganzheitliche An13
sätze für Wüstenumgebungen mit neuen Gemeinden, alternativen Energieprojekten und
umweltfreundlicher Landwirtschaft zu entwickeln. Der Wüstenbau erfordert neue Materialien und Formen von Energie, die adäquat unter den Bedingungen vor Ort funktionieren.
Bauen beinhaltet auch Umweltprobleme bei Energie und Wasser. Ressourcenintensives
Bauen wird ein Problem. Die absehbare Abschaffung von Kraftstoff- und Energiesubventionen sowie Wasserknappheit fordern neue Lösungen. Verstärkt Ausschau ist zu halten
nach lokal verfügbaren Materialien, die für Bauzwecke und Entwicklung neuer Lösungen
infrage kommen, zum Beispiel Papyrus.
Im Touristiksektor gewinnen Solar Water Heaters für das Heizen von Pools, für Wäschereien und sonstigen Wasserheizungsbedarf in Hotels an Bedeutung. So sollen 100.000
Hotelzimmer von 2014 bis 2019 auf solare Warmwasseranlagen umgestellt werden. Intelligente Beleuchtungssysteme verbreiten sich ebenfalls zunehmend. Die Unabhängigkeit
bei Energie und mögliche CO2-Neutralität von Ferienanlagen oder ganzen Ferienstädten,
wie für Sharm el-Sheikh angepeilt, dürfte für künftige Planungen verstärkt ein Thema
sein. Effiziente Beleuchtungssysteme im öffentlichen Raum und in öffentlichen Gebäuden
stellt ein weiteres Feld zur Verbesserung dar und wird zusehends wahrgenommen.
Hochbauprojekte in Ägypten (Auswahl)
Vorhaben
Investitionssumme
(in Mio. US$)
Projektstand
Projektträger
Hauptstadtprojekt The Capital
Cairo
Wohnungsbauprojekt One
Million Homes
45.000
Projektdesign
Capital City Partners
35.200
Cairo Airport City
12.600
Projektdesign (Phase 1 für
4.800 Mio. US$ bereits im
Bau)
Projektdesign
Arabtec Egypt for
Property Development
Egyptian Holding
Company for Airports
and Air Navigation
NOC
Qatari Diar
Raffinerie Alexandria
Mischnutzungsprojekt Barwa
New Cairo
Phosphat- und Kaliumfabrik in
Assuan
Sonderwirtschaftszone am
Suezkanal
Einkaufszentrum Al-Maza City
Centre in Kairo
Zuckerfabrik in Minia
Saftfabrik in Alexandria
8.500
8.500
1.600
Studie
Bieterverfahren für den
Hauptvertrag
Studie
1.000
Studie
SEZONE/MDC
500
Projektdesign
Al-Futtaim Group
370
345
Studie
Studie
Al-Ghurair Group
International Dairy
and Juice
Quelle: MEED Projects, April 2015
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Egyphos
3. Tiefbau/Infrastrukturbau
Marktlage und Marktentwicklung
Die seit dem Sommer 2014 amtierende Regierung al-Sisi stieß in Ägypten gleich mehrere
große Infrastrukturprojekte an. Mit besonderem Prestige verbunden ist der in kürzester
Zeit auf den Weg gebrachte Bau einer zweiten Suezkanal-Fahrrinne samt der logistischen
und industriellen Entwicklung der Umgebung. Das Vorhaben wurde über die Ausgabe von
verzinslichen Zertifikaten finanziert, die ägyptische Privatpersonen und Unternehmen
erwerben konnten. Binnen neun Tagen kamen 64 Mrd. ägypt£ zusammen. Bereits im
Sommer 2015 soll der Ausbau der Kanalrinne beendet sein. Zur Entwicklung der gesamten Suezkanalzone führte ab September 2014 das Planungs- und Beratungsunternehmen
Dar al-Handasah eine Studie durch. Das Ziel war, Investitionsmöglichkeiten in dem Gebiet zu identifizieren. Angefragt hat bereits der Zigarettenhersteller Eastern Co, der sich
105 ha Fläche in einer geplanten Industriezone sichern möchte. Dort will das Unternehmen eine Produktion für den Export aufbauen und Zolllagerflächen errichten.
Strategisch bedeutsam ist ebenfalls der Bau eines Zentrums für die Lagerung und den
Transport von Getreide in Damietta. Ägypten ist als größter Weizenimporteur der Welt
zur Erhaltung der Nahrungssicherung auf die Einfuhr von mehreren Mio. t Weizen pro
Jahr angewiesen. Durch unsachgemäßen Transport und schlechte Lagerungsbedingungen
bei Teilen der inländischen Weizenernte sollen jährlich schätzungsweise rund 600.000 t
des knappen Agrarguts verlorengehen.
Ein drittes zentrales Vorhaben der ägyptischen Regierung ist die Erschließung und Verwertung von Rohstoffen im Rahmen des Golden Triangle Projects. Zahlen der Industrial
Development Authority zufolge birgt das Projektgebiet 75% der mineralischen Bodenschätze des Landes. Die Umsetzung soll noch 2015 beginnen. Teil des Projekts soll auch
die Entwicklung des Bergbauhafens in Safaga werden. Im Frühjahr 2015 ist eine Ausschreibung für die Umsetzung vorgesehen. Dieses Teilvorhaben ist als PPP geplant. Die
Kosten sollen 1,2 Mrd. ägypt£ betragen. Insgesamt wird in der Golden-Triangle-Region
mit Investitionen in Höhe von 230 Mrd. ägypt£ gerechnet.
Die Spielräume für Verbesserungen der Verkehrsinfrastruktur sind auch in langfristiger
Betrachtung beachtlich. Dies liegt im Interesse sowohl des Binnen- wie des Außenhandels. Ägyptens Straßen können den wachsenden Verkehr immer weniger bewältigen und
sind hochgradig unfallträchtig. Für den Güterverkehr ist die Straße mit einem Anteil von
rund 95% dennoch nahezu alternativlos. Die Schiene dient vor allem dem Personenverkehr. Ein Ausbau zur Erhöhung der Warenkapazitäten ist kostspielig. Nicht einmal ein
Drittel des Schienennetzes ist zweigleisig. Der Nil als Transportweg steht weitgehend am
Anfang, auch wenn durchaus Anstrengungen zu seiner Aufwertung unternommen werden. Die Entwicklung der Verkehrsnetze gehört zu den Zielsetzungen des Verkehrsministeriums. Bedeutende Verkehrsinfrastrukturvorhaben wie Cairo International Airport,
Regionalflughäfen in Luxor und Borg el-Arab sowie Hafenausbauten wurden in der Vergangenheit über PPPs realisiert. Öffentlicher Nahverkehr, besonders in Kairo, die Eisenbahn und die Wasserwege gehören zu den bedeutenden Bereichen.
Transport
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Die Modernisierung der Eisenbahn erfordert angesichts jahrzehntelanger Vernachlässigung erhebliche und anhaltende Investitionen. Das Netz ist insgesamt 9.570 km lang und
immer wieder Schauplatz von Unfällen und auch Ziel von Anschlägen. Dennoch spielt die
Eisenbahn mit 500 Mio. Fahrgästen im Jahr eine sehr wichtige Rolle bei der Personenbeförderung. Zudem werden über die Schiene jährlich etwa 6 Mio. t Güter transportiert.
Business Monitor International erwartete 2014 ein Wachstum des Frachtvolumens um
1,9%. Das Verkehrsministerium verfolgt ein Programm zur Modernisierung der Signalsysteme des gesamten Bahnnetzes im Land. Die staatliche ägyptische Eisenbahngesellschaft ENR hat Alstom mit der Modernisierung der Signaltechnik für die 240 km lange
Strecke Beni Suef-Assiut beauftragt. Das Auftragsvolumen beläuft sich auf 100 Mio. Euro,
wie der Konzern im Januar 2015 in einer Pressemitteilung erklärte. Die Auslieferung soll
2016 beginnen. Der Vertrag umfasst außerdem die Wartung der Anlagen für fünf Jahre.
Die Inbetriebnahme des Systems ist im Januar 2019 geplant. Das Projekt wird von der
Weltbank finanziert. Umfangreiche Arbeiten an der Bahnstrecke von Assiut nach Assuan
im Wert von 715 Mio. US$ befinden sich in der Ausarbeitung. Gleiches gilt für die Restrukturierung der Strecke Tanta-Damietta mit einem Volumen von 350 Mio. US$. Eine
Hochgeschwindigkeits-Zugverbindung zwischen Kairo und Alexandria befindet sich in der
Ausarbeitung. Diese soll den Auftakt bilden für Schnellverbindungen der Gouvernorate
Alexandria, Kairo, Luxor, Assuan und Rotes Meer (Luxor – Safaga – Hurghada). Studiert
wird derzeit der geplante Bau einer Zugstrecke von Ain Shams in die 10th of Ramadan
City im Wert von 800 Mio. US$.
Für Kairo steht der weitere Ausbau der mit schätzungsweise mehr als 3 Mio. Fahrgästen
pro Tag stark frequentierten Metro an. Der Bedarf ist vorhanden, allerdings gestaltet sich
die Finanzierung aufgrund der hoch subventionierten Fahrpreise schwierig und langwierig. Externe Unterstützung ist ein entscheidender Faktor für die Umsetzung der Pläne.
Eine 40 km lange Linie 3 vom Internationalen Flughafen quer durch die Stadt nach
Imbaba befindet sich bereits im Bau. Für die Arbeiten der vierten Phase der Cairo Metro
Line 3 schloss die National Authority of Tunnels Ende Februar 2015 einen Vertrag mit drei
Unternehmen. Das fünf Kilometer lange Teilstück mit fünf Haltestellen errichten Vinci
Bouygues Travaux Public, Orascom und Arabco. Alstom wird zudem für die Signaltechnik
sorgen und Colas, Thales und Orascom werden die elektromechanischen Arbeiten durchführen. Für die Gleisarbeiten sind Oravia und Orascom zuständig. Im Dezember 2014
sicherte sich Ägypten für den Kauf von 64 Zügen insgesamt 344 Mio. Euro zu günstigen
Konditionen von der französischen Regierung und Coface. Die Züge werden für die Metrolinien 3 und 4 angeschafft.
Für eine weitere Metrolinie 4 mit 70 km Gesamtlänge liegt ein Finanzierungsvorschlag
aus Japan auf dem Tisch. Die neue Metro soll vom Dream Land (6th of October City) am
südwestlichen Rand des Großraums Kairo bis nach New Cairo tief im Osten der Metropole
führen. Die Fahrstrecke führt über Gizeh, Old Cairo, die Cairo University (Giza Square),
das zentrale Verwaltungsgebäude Mogamma und Nasr City. Als Haltepunkt ist unter anderem das neue Ägyptische Museum in Gizeh eingeplant. Ende 2014 beschloss die japanische Regierung die Unterstützung der ersten Bauphase. Für eine fünfte und eine
sechste Metrolinie in Kairo laufen derzeit Studien. Ebenso wird für Alexandria eine Metro
geplant. Das Vorhaben mit einem Wert von 3 Mrd. US$ befindet sich in der Designphase.
Der ägyptische Seeverkehrsmarkt sieht einem erneuten Wachstum entgegen. Die Einnahmen aus dem Suezkanal erreichten 2014 mit knapp 5,5 Mrd. US$ ein Rekordergebnis. Nach der Fertigstellung der zweiten Fahrrinne wird der Schifffahrtsweg auch von größeren Schiffen durchgängig in beide Richtungen befahrbar sein. Für den Ausbau des In16
dustriehafens in Safaga werden Studien vorbereitet. In die Erweiterung sollen 885 Mio.
US$ fließen. Intermodale Anbindungen von den bedeutenden Häfen über die Schiene und
Flussschifffahrt zu den Produktions- und Verbrauchszentren des Landes rücken verstärkt
in den Fokus und werden die Attraktivität des Landes als Verkehrs- und Logistikschnittstelle deutlich erhöhen.
Der Transport auf dem Wasserweg gilt als kostengünstige und umweltfreundliche Ergänzung und Entlastung des überforderten Straßennetzes. Dabei hat allein der Nil bereits
das Potenzial, den Anteil der Binnenschiffahrt am Frachtaufkommen von 1% auf etwa
10% zu steigern. Insgesamt verfügt das Land über 1.850 km schiffbare Wasserwege. In
Erwartung eines hohen Wachstums will die ägyptische Regierung die Länge der Wasserstraßen nahezu verdoppeln. Die River Transportation Authority (RTA) plant zudem den
Bau von neun Binnenhäfen. Ein seit mehreren Jahren geplantes River-Bus-Vorhaben
wurde auf dem Investitionsgipfel EEDC in Sharm el-Sheikh angeboten. Die ursprünglichen Pläne umfassten die Entwicklung und Modernisierung von 15 Stationen sowie die
Schaffung weiterer 16 auf einer Strecke von Helwan bis Kanater.
Allein von 2008 bis 2013 stieg die Anzahl der privaten Pkw in Ägypten von 2,2 Mio. auf
knapp 3,5 Mio. Einheiten. Zudem legte die Zahl der Lkw von 768.000 auf 986.000 zu.
Lediglich bei Taxis lag die Menge 2013 mit 319.000 nur knapp über der von 2008
(316.000). Eine Reihe von Straßenbauvorhaben steht an, um den wachsenden Verkehr
zu bewältigen. Die Kairoer Ring Road wird sukzessive auf vier Spuren erweitert und die
Autobahn zwischen Kairo und Alexandria erweitert. Mit einer verbesserten Verbindung
von Sohag nach Safaga sollen Industriezonen in Oberägypten besser angebunden und
vernetzt werden. Viele Straßen und Brücken sind reparaturbedürftig. Der Finanzplan der
General Authority for Roads, Bridges and Land Transport sieht Ausgaben in Höhe von 31
Mrd. ägypt£ von 2012 bis 2017 vor. Rund ein Drittel davon soll in Vorhaben mit privater
Beteiligung fließen.
Insgesamt verfügt Ägypten über 23.619 km Straßen, worunter sich 476 km Autobahnen
befinden. Die Gesamtlänge aller befestigten Straßen soll rund 108.000 km betragen.
Tendenziell sind die wichtigsten Verkehrsachsen und die Straßen in den Ballungsräumen
in einem besseren Zustand als in entlegeneren Gebieten. Mit dem National Plan of Roads
von 2014 legte das Wohnungsbauministerium den Grundstein für den Bau von 3.400 km
Straßen. Die Arbeiten kosten insgesamt 34 Mrd. ägypt£ und sollen im November 2015
abgeschlossen werden. Zu dem Vorhaben gehören zwei Straßen parallel zum Suezkanal,
an denen in beide Richtungen gleichzeitig gearbeitet wird.
Das Ministerium für zivile Luftfahrt will die Effizienz und das Fassungsvermögen sämtlicher Flughäfen des Landes in den kommenden Jahren verbessern. Für deren Entwicklung
stehen 2015 insgesamt 1,4 Mrd. ägypt£ zur Verfügung. Ein entscheidender Nachfragefaktor für den Luftverkehr in Ägypten ist der Tourismus. Nach dem herben Einbruch der
Touristenzahlen um ein Drittel zwischen 2010 und Mitte 2014 zeichnet sich eine Trendwende ab. Seit Juli 2014 steigen die Touristenzahlen wieder. Im Gesamtjahr 2014 wurden etwa 10 Mio. Gäste und damit 44% mehr als 2013 gezählt. Die Einnahmen legten
um 1,6 Mrd. US$ auf 7,5 Mrd. US$ gegenüber dem Vorjahr zu. Somit passt die Erhöhung
der Kapazitäten wichtiger Flughäfen ins Bild.
Die Arbeiten an den Flughäfen in Sharm el-Sheikh und Hurghada schreiten voran. Im
März 2015 stimmte die African Development Bank zu, den Ausbau des Flughafens in
Sharm el-Sheikh mit einem Kredit in Höhe von 170 Mio. US$ zu unterstützen. Statt der17
zeit 10 Mio. Passagiere sollen nach dem Ausbau 18 Mio. Gäste pro Jahr dort abgefertigt
werden können. Für 3 Mrd. ägypt£ ist die Errichtung eines neuen Gebäudes vorgesehen.
Auch die Finanzierung dieses Baus soll über Darlehen internationaler Finanzierungsinstitutionen erfolgen. Derzeit läuft auch die Erweiterung des Flughafens Hurghada, um seine
Kapazität auf 13 Mio. Passagiere jährlich auszubauen.
In Gang kommen soll das bereits seit längerem geplante Airport City Projekt. Es wird in
fünf Phasen auf einer Fläche von 10 Mio. qm am Kairoer Flughafen entstehen und langfristig 100.000 neue Arbeitsplätze schaffen. Es soll Investitionen von 20 Mrd. US$ auslösen. Vorgesehen sind eine Wohnstadt, Industrie- und Logistikzonen sowie Freizeitparks.
Eine erste Phase soll auf einem Gebiet von 3 Mio. qm Investitionen von 20 Mrd. ägypt£
anziehen. Interesse besteht laut Presseangaben von Unternehmen aus den Vereinigten
Arabischen Emiraten, der VR China und Indien.
Wasser/Abwasser/Abfall
Circa 90% der ägyptischen Bevölkerung sind an die Wasserversorgung angeschlossen.
Bei der Abwasserentsorgung zeigt sich innerhalb der Versorgungsquote von 50% ein
starkes Gefälle zwischen Stadt und Land. In den Städten wird das Abwasser von 80% der
Bewohner entsorgt, während im ländlichen Raum der Anteil nur bei 12% liegt. Bevölkerungswachstum, expandierende Landwirtschaft und Nahrungsmittelproduktion sowie
fortgesetzte Industrialisierung stellen steigende Anforderungen an die Wasserwirtschaft.
Dabei ist Ägypten ein wasserarmes Land und zu etwa 95% auf den Nil angewiesen. Die
Politik steht vor einem schwierigen Spagat. Einerseits muss die Qualität der Versorgung
und der Infrastruktur verbessert werden, andererseits soll die Bezahlbarkeit für die ärmeren Teile der Bevölkerung gewährleistet sein. Laut Wohnungsbauminister Mostafa
Madbouly betragen die Kosten für den Betrieb und die Instandhaltung der Netze jährlich
etwa 2 Mrd. ägypt£, doch werden diese Ausgaben nur zu einem Drittel durch entsprechende Einnahmen gedeckt. Binnen fünf Jahren sollen die Wasserversorger die Gewinnschwelle erreichen. Unter anderem ist vorgesehen, die Ausstellung von Rechnungen auszubauen und zu professionalisieren.
Größere wasserwirtschaftliche Vorhaben stützen sich zumeist auf internationale Finanzierungen. Nach Angaben von Minister Madbouly vom Februar 2015 verhandelt Ägypten
über ein Programm für die ländliche Abwasserwirtschaft mit einem Volumen von 1 Mrd.
US$. Eine stärkere Einbindung des Privatsektors in Form von PPPs ist gewünscht. In der
Ausschreibungsphase befindet sich die Kapazitätserhöhung für das Klärwerk Abu Rawash
um 0,4 Mio. cbm pro Tag auf 1,6 Mio. cbm sowie der Betrieb und die Wartung der Anlage. Machbarkeitsstudien entstehen derzeit für eine Meerwasserentsalzungsanlage in
Hurghada, die 40.000 cbm Wasser pro Tag für die Stadt liefern soll. Für ein Programm
zum Ausbau der Abwasserbehandlung in Kafr el-Sheikh mit einem Volumen von 194 Mio.
US$ werden auch Studien erstellt. Im gleichen Stadium befindet sich der geplante Ausbau der Trinkwasseranlage in Toukh im Wert von 125 Mio. US$.
Das Land am Nil ist angesichts wachsender Lücken in der Versorgung auf die volle Nutzung aller Quellen von Wasser angewiesen. Eine Gesetzesänderung ist laut Madbouly
angedacht, um wiederverwendetes Wasser für mehr Zwecke als bislang nutzen zu können. Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren bleibt der Aktionsbedarf im Wassersektor hoch. Die Wassernutzung ist von niedriger Effizienz geprägt. Von einem Preis für
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Wasser und einer Erfassung des Verbrauchs kann bislang kaum gesprochen werden. Die
Leckageverluste sind mit geschätzten 30 bis 50% hoch. Die durchschnittliche Wasserqualität ist eher mäßig. Die fortschreitende Urbanisierung macht Investitionen in Wasserrecyclinganlagen und eine stärkere Wiederverwendung von Wasser für die landwirtschaftliche Bewässerung notwendig. Wasserwiederaufbereitungs- und Entsalzungsanlagen, die erneuerbare Energien nutzen, haben Zukunft, vor allem mit Blick auf die Küstenorte und Ferienanlagen. Die Modernisierung und Überholung der Bewässerungssysteme bildet ein weiteres Aktionsfeld. Grundwasserbohrungen und Pumpstationen gehören
zu den Prioritäten bei der Bewässerung. Kleinere Abwasserbehandlungsanlagen sind für
Dörfer und ländliche Gebiete, aber auch für die Industrie von Interesse.
Abfall, sei es aus Haushalten, aus Landwirtschaft, Industrie oder Gefahrenmüll stellt eine
Herausforderung dar. Geeignete und organisierte Mülldeponien sind notwendig, um die
unkontrollierte Entsorgung einzudämmen. Die Wüstenlage bietet ausreichend Raum und
minimiert Widerstände in der Bevölkerung. Müllverbrennungsanlagen haben aufgrund
hoher Kosten und ausreichender konventioneller Deponiemöglichkeiten kaum Zukunft.
Über 80% der Siedlungsabfälle von gut 21 Mio. jato landen auf Müllkippen. Landwirtschaftlicher Müll von 30 Mio. jato wird nur unzureichend genutzt, Bodenverunreinigung
durch über 6 Mio. jato Industrieabfall ist keine Seltenheit. Das Ministerium für Wohnen
und Stadtentwicklung verfolgt ein Programm zur Umwandlung von festen Abfällen in
Energie. Dafür befinden sich Studien in der Ausarbeitung. Das vorgesehene Volumen der
Vorhaben liegt bei 2 Mrd. US$.
Energie
Mitte Februar 2015 beschloss das ägyptische Kabinett ein neues Energiegesetz, das die
Tür für private Akteure weiter öffnet. Das neue Regelwerk weist dem Staat eine Aufsichtsrolle über die Erzeugung und Verteilung von Elektrizität zu. Damit soll der Wettbewerb im Privatsektor sichergestellt werden. Im bestehenden System kauft das staatliche
Übertragungsunternehmen EETC (Egyptian Electricity Transmission Company) als alleiniger Abnehmer den Erzeugern ihren Strom ab und betreibt auch die Netze. Verkauft wird
der Strom den Kunden zu subventionierten Preisen. Zunächst soll es weiterhin einen
Markt mit staatlich festgesetzten Abgabepreisen geben. Vorgesehen ist aber, dass der
wettbewerbliche Bereich ausgehend von Großkunden schrittweise immer mehr Verbraucher umfassen wird.
Auf der Erzeugungsseite reichen die Kraftwerkskapazitäten nicht mehr aus, um der
Nachfrage nach Haushalts- und Industriestrom gerecht zu werden. Jahr für Jahr steigt
der Bedarf um etwa 6 bis 7% und verlangt nicht nur den zumeist mit Gas befeuerten
Kraftwerken, sondern auch dem ägyptischen Stromnetz Höchstleistungen ab. Es hat sich
ein Investitionsstau aufgebaut, den es abzuarbeiten gilt durch neue Kraftwerksprojekte.
Die Haushalte sind der größte Stromverbraucher mit einem Anteil von rund 40%. Auf die
Industrie entfallen knapp 30%. Jeweils circa 10% konsumieren Geschäfte und Versorgungsbetriebe inklusive öffentliche Beleuchtung. Regierungsbehörden und die Landwirtschaft repräsentieren jeweils etwa 5% des Verbrauchs.
Aufgrund offener Rechnungen hatte Ägypten in den vergangenen Jahren Schwierigkeiten,
ausländische Erdöl- und Erdgasunternehmen zu neuen Erschließungen zu motivieren.
Einerseits wurde dringend mehr Öl und Gas benötigt, andererseits waren in der Spitze
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knapp 6 Mrd. US$ an Verbindlichkeiten aufgelaufen. Seit Monaten setzt die Regierung
immer wieder Teile der knappen Devisenreserven ein, um die Schulden schrittweise abzuzahlen. Um die Erzeugung anzukurbeln, erhöht der ägyptische Staat die Zahlungen an
Förderunternehmen. Die Abnahmepreise werden dabei individuell pro Unternehmen vereinbart. Abhilfe bei der Brennstoffversorgung dürfte ab 2017 eine Rekordinvestition von
BP schaffen: Das Unternehmen steckt 12 Mrd. US$ in die Erschließung von Gasfeldern im
Westnildelta. Die Produktion soll komplett in das ägyptische Gasnetz eingespeist werden.
Da die große Mehrheit der Kraftwerke im Land mit Erdgas betrieben wird, dürfte die zusätzliche Förderung ein wichtiger Schritt zur Sicherung der Energieversorgung im Land
sein.
Ägypten verfügt zudem über ausgezeichnete natürliche Voraussetzungen für den Einsatz
von Wind und Sonne. Wasserkraft wird mit dem Assuan-Staudamm bereits traditionell
genutzt und das Potenzial gilt als weitgehend ausgeschöpft. Im September 2014 beschloss das Kabinett langfristig angelegte Einspeisetarife für die beiden Energieträger. In
der Folge bewarben sich circa 175 in- und ausländische Unternehmen um die Errichtung
von Kapazitäten. Erneuerbare Energien in Ägypten sind auch ein interessantes Feld für
Anbieter von Technologie und Know-how. Um den schnellen Ausbau bewerkstelligen zu
können, ist das Land auf diese Zulieferungen angewiesen. Siemens gab Mitte März 2015
laut einer Pressemeldung bekannt, eine Fabrik für Rotorblätter in Ägypten errichten zu
wollen. Längerfristig strebt das Ministerium für Handel und Industrie die Herstellung von
Solarkollektoren im Land an. Die natürlichen Ressourcen seien vorhanden. In Kombination mit dem massiven Ausbau der Solarenergie in verschiedenen Anwendungsfeldern
sind die Voraussetzungen für die Entwicklung einer lokalen Fertigung günstig. Im Hinblick
auf den Projektwert ragt unter den gesamten Solarenergievorhaben die CSP-Anlage Kom
Ombo heraus. Sie befindet sich in der Studienphase und soll 808 Mio. US$ kosten.
Im konventionellen Kraftwerksbereich herrschen ebenfalls rege Aktivitäten. Siemens hat
auf der Wirtschaftskonferenz EEDC Mitte März Projekte im Wert von 4 Mrd. US$ verbindlich vereinbart. Dazu gehört ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk in Beni Suef mit einer
Kapazität von 4,4 GW, das etwa 2 Mrd. US$ kosten soll. Außerdem umfasst die Einigung
ein Windenergieprojekt mit 2 GW Kapazität, das ebenfalls einen Wert von etwa 2 Mrd.
US$ haben soll. Zudem kann Siemens exklusiv Konzepte für weitere Erzeugungskapazitäten von 6,6 GW liefern. Werden diese verwirklicht, kann der Auftragswert die 10-Mrd.Dollar-Schwelle überschreiten. Bereits kurz vor der EEDC hatte Siemens einen Auftrag für
die Lieferung von vier Turbinen für das Kraftwerk Ataka in Suez erhalten. Neue Kraftwerkskapazitäten entstehen auch an etlichen weiteren Standorten in Ägypten. In
Damanhour ist ein Kombikraftwerk für 1,5 Mrd. US$ in der Planung. Safaga soll ein
Dampfkraftwerk bekommen, für das 800 Mio. US$ vorgesehen sind. In Assiut werden die
Möglichkeiten für eine ähnliche Anlage studiert, deren Projektvolumen 748 Mio. US$ betragen soll.
Eine Verbindung mit dem Stromnetz Saudi-Arabiens soll bis 2016 geschafft sein, gedacht
vor allem zum Stromaustausch in Zeiten der Spitzenbelastung, die zwischen beiden Ländern unterschiedlich ist. Der ägyptische Anteil beläuft sich auf etwa 600 Mio. US$ bei
Gesamtkosten von rund 1,5 Mrd. US$. Im März 2015 lief die Designphase für ein erforderliches Unterseekabel unter dem Suezkanal, das 150 Mio. US$ kosten soll. Die bereits
unter dem Mubarak-Regime verfolgten Pläne für Atomkraftwerke – das Dabaa-Projekt am
Mittelmeer - werden erneut ernsthaft vorangetrieben. Die Kraftwerke waren auch Gegenstand der Gespräche beim Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in Kairo im
Februar 2015. Presseberichten zufolge finden aber auch Gespräche mit Vertretern der
20
USA, Frankreichs, der VR China, Japans und aus Korea (Rep.) statt. Gegenstand der Verhandlungen sind demnach vier Kraftwerke mit einer jeweiligen Kapazität von 400 MW.
Kommunikationsnetze
Ägypten ist zunehmend bemüht, seine geographischen Vorteile als internationale und
regionale Drehscheibe für Telekommunikation zu nutzen. Das Land ist an drei Seekabel
angeschlossen, die viele Länder im Nahen Osten, Europa, Ostasien und Australien verbinden. Zudem ist Ägypten ein Knotenpunkt des Kabelsystems Fibre Loop Across Globe.
Auch im Inland soll die Infrastruktur verbessert werden. Die neue große Herausforderung
heißt Breitband-Internet, insbesondere auch in seiner mobilen Variante. Jedes Jahr
nimmt das Datenvolumen weiter kräftig zu. Das Ministerium für Informations- und Kommunikationstechnologie verfolgt seine nationale Breitbandstrategie „2Misr“ weiter. Bis
Ende 2015 sollen 75% der Haushalte Zugang zu mindestens 2 Mb pro Sekunde schnellem
Internet haben. Mobile Netzwerke der 3. Generation dürften dann planmäßig 98% der
Bevölkerung abdecken.
Die Mobilfunkanbieter setzen verstärkt auf Investitionen in die Datenübertragung. Ihre
Investitionen sollen pro Jahr insgesamt 8 Mrd. bis 10 Mrd. ägypt£ betragen. Telecom
Egypt TE realisiert ein Programm zur Ersetzung von Kupfer- durch Glasfaserkabel. Das
Unternehmen stockt seine Infrastrukturinvestitionen 2015 um 20% gegenüber dem Vorjahr auf 3 Mrd. ägypt£ auf. In den Bereichen Verwaltung, Bildung und Gesundheitswesen
hat auch die öffentliche Hand in den vergangenen Jahren bereits viele Aktivitäten entfacht. Die im Regierungsfokus stehende und expandierende Outsourcing- und OffshoringIndustrie bedarf solider und wachsender internationaler Konnektivität. Dies gilt auch für
die Mobiltelefonunternehmen, die an der Erbringung internationaler Telekommunikationsdienste interessiert sind. Große internationale IKT-Unternehmen haben sich mit Callcentern und Entwicklungsabteilungen in Ägypten niedergelassen. Der Investitionsplan
des Ministeriums sieht 115 Mrd. ägypt£ im Zeitraum 2014 bis 2017 vor. Vier technologische Zonen sollen in Alexandria, Assiut, Beni Suef und Mansoura/Menoufia entstehen.
Marktchancen für deutsche Unternehmen
Umfassende Stadtentwicklungskonzepte, die Hoch- und Tiefbau, nachhaltige Energieversorgung und Umweltschutz gleichermaßen beinhalten, gehören zu den großen künftigen
Herausforderungen. Dies betrifft sowohl die Bewältigung der bestehenden Probleme, wie
sie sich vor allem in der Metropole Kairo herausgebildet haben, als auch die Planung
neuer Städte und Regionen, sei es in der Wüste oder in Erweiterung bestehender Lebensräume durch Satellitenstädte. Die Untersuchung und Umsetzung von wirtschaftlichen, sozialen und institutionellen Fragestellungen bildet eine Langzeitaufgabe. Gefördert
werden grundlegende Studien meist durch internationale Geldgeber, aber auch in Form
der bilateralen Zusammenarbeit. Ägypten will industrie- und bevölkerungspolitische mit
regionalpolitischen Konzepten verbinden. Beispiele sind die Pläne zur Entwicklung
Oberägyptens und der Region um den Suezkanal. Dies erfordert erhebliche raumplanerische Kompetenz.
Machbarkeitsstudien für Projekte, auch für PPPs, sind ein weiterer Sektor mit Nachfrage.
Dies wird verstärkt auch für die Durchführung von Umweltverträglichkeitsuntersuchungen
und das Verfassen entsprechender Studien gelten. Mit der Involvierung internationaler
21
Geldgeber in Projekte gehören diese zusehends zum Standardrepertoire. Die geplanten
Megaprojekte eröffnen Chancen in einer Vielzahl von Subsektoren.
Der Bereich Wasser, in dem Deutschland traditionell gut aufgestellt ist, wird auch künftig
vielfältige Chancen eröffnen, von der Planung und Realisierung von Klär- und Wasserwerken, Themen der Verbesserung der Wasserversorgung und Abwasserentsorgung in der
Deltaregion und in Oberägypten, Untersuchungen zur Nutzung von Unterwasservorkommen, Planung neuer Bewässerungsnetze bis hin zur landwirtschaftlichen Bewässerung
mit Ertragsoptimierung und Themen der Wassereffizienz. Die lokale Produktion besteht
aus einfacheren Maschinen und Anlagen. Deutsche Erzeugnisse genießen einen guten
Ruf. Die AHK Ägypten sieht beste Chancen für Exporteure von technisch hochwertigen
Turbinen, Armaturen, Pumpen und Steuerungen. Nachfrage besteht bei Pumpen, Formstücken und Ventilen, im Bereich der Wasserversorgung beim grabenlosen Rohrverbau,
bei Lecksuchgeräten, Wasseruhren, der Steuerung von Netzen und dem Auskleiden von
Rohren. Für eine erfolgreiche Teilnahme an nationalen Ausschreibungen ist eine Vertretung vor Ort unabdingbar. Konkurrenzbedingter Preisdruck kann zur Anpassung von
Technologien zwingen. Erwartet wird, dass Ersatzteile in Ägypten erhältlich sind und ein
zuverlässiger After-Sales-Service besteht.
Der geplante Aufbau großer Logistikzentren, von intermodalen Verkehrsnetzen und die
Modernisierung und Erweiterung der Eisenbahn eröffnen vielfältige Beteiligungsmöglichkeiten von der Planung bis zur physischen Realisierung. Vergleichbares gilt für die Bereiche Energie und Telekommunikation.
Tiefbauprojekte in Ägypten (Auswahl)
Vorhaben
Investitionssumme
(in Mio. US$)
West Nile Delta Development: North
Alexandria Concession
Strecke für Hochgeschwindigkeitszug
Alexandria-Assuan
Renewable Energy Program
Projektstand
Anmerkung
12.000
Studie
BP/RWE DEA
10.600
Studie
Ministry of Transport
Ministry of Energy
7.500
Kohlekraftwerk nahe Quseir
5.000
Präqualifikation
für den
Hauptvertrag
Studie
Kohlekraftwerk im Gouvernorat Suez
Regionalentwicklung um den
Suezkanal
Kernkraftwerk el-Dabaa, Phase 1
4.500
4.000
Studie
Projektdesign
4.000
Studie
Cairo Metro, Linie 4
3.000
Studie
Metro Alexandria
Eisenbahnverbindung LuxorHurghada
3.000
2.500
Projektdesign
Studie
Orascom Construction
und International
Petroleum Investment
Company
Al-Nowais Investments
Suez Canal Authority
Egyptian Electricity
Holding Company
National Authority of
Tunnels
Ministry of Transport
Ministry of Transport
Quelle: MEED Projects, April 2015
4. Branchenüberblick und Geschäftspraxis
Branchenstruktur und Wettbewerbssituation
Generell kommen ausländische Firmen wegen ihres besonderen Know-hows zum Zuge,
sofern dies in einem Projekt gefragt ist. Somit übernehmen sie eher ergänzende als kon22
kurrierende Aktivitäten. Das breite Spektrum und der langfristig wachsende Markt lohnen
einen näheren Blick auf nahezu alle Baubereiche. Internationale und bilaterale Finanzierungen sowie PPP sollten weiterhin für Bewegung sorgen. Die mit dem politischen Umbruch verschärfte Situation hat zu einem härteren Wettbewerb geführt, dem viele kleine
Subunternehmer zum Opfer gefallen sind. So soll sich die Anzahl der Branchenunternehmen von 40.000 vor 2011 auf unter 9.500 mehr als geviertelt haben. Vor 2011, als zweistellige Wachstumsraten an der Tagesordnung waren, erwies sich der Kuchen als groß
genug, und der Wettbewerb war nur schwach ausgeprägt.
Deutsche wie ausländische Firmen sind im Markt aktiv, wenn auch nicht sehr viele. Im
Anlagenbau (etwa Düngemittel, Petrochemie, Stahl) ist die Bedeutung größer. Im Regelfall sind Generalunternehmen meist Firmen aus Ägypten, teilweise aus der Golfregion. Als
Subunternehmer für anspruchsvolle Spezialsegmente (zum Beispiel Brücken, Tunnel,
Staudämme) kommen ausländische Firmen zum Zuge. Das Feld für Kooperationen ist
dann durchaus breit. Neben den klassischen Kooperationspartnern aus Europa und den
USA treten zusehends asiatische Unternehmen in den Markt. Auch die Bildung von ägyptisch-ausländischen Joint Ventures für die Bewerbung bei Großprojekten mit stark technischen Anforderungen ist nicht ungewöhnlich. Ein mögliches Feld der Zusammenarbeit
bildet der afrikanische Markt.
Baufirmen (Auswahl):
1. Nasr General Contracting: http://www.ngcc-allam.com.eg
2. Orascom Construction Industries: http://www.orascomci.com
3. Arabian Construction Company: http://www.accwll.com
4. Hassan Allam Construction: http://www.allamsons.com/Construction
5. Industrial Construction Engineering Co. SIAC: http://www.siac-com.eg
6. Alexandria Construction Co.: http://www.acctalaatmoustafa.com
7. Dar for Trading Construction: http://www.detac.com.eg
8. The Arab Contractors (Osman Ahmed Osman):
http://www.arabcont.com/english/default.aspx
9. Limak Yatirim Investment: http://www.limakyatirim.com/limak_investments.aspx
10. El Naser Construction Company: http://www.el-nasrhousing.com/site/index.php
11. Tec Engineering & Contracting: http://www.tecgroups.com
12. Engineer General Contracting Company (EGCO): http://www.egcoegypt.com
13. Memaar El Morshedy Group: http://www.memaaralmorshedy.com
23
Immobilienentwickler (Auswahl):
1. Talaat Moustafa Group Holding (TMG): http://talaatmoustafa.com
2. Palm Hills Development (PHD): http://www.palmhillsdevelopments.com
3. Sixth of October for Development and Investment Company (Sodic):
http://www.sodic.com
4. Heliopolis Housing Company: www.heliopoliscompany.com
5. Egyptian Resorts Company : http://www.erc-egypt.com
6. ARTOC Group for Investment & Development: http://www.artoc.com
7. Amer Group: http://www.amer-group.com
8. Madinat Nasr Housing and Development: http://www.mnhd.com
Geschäftspraxis
Ägyptens große Baufirmen verfügen über genügend nationale und internationale Erfahrung, auch in der Realisierung von Großprojekten. Die Einbindung internationaler Firmen
schafft zusätzlich die Chance auf Bildung multinationaler Konsortien mit Zugang zu privatem Auslandskapital wie auch zu Entwicklungsbanken und Hilfsorganisationen. Internationale bilaterale Finanzierung über Entwicklungsdarlehen oder Zuschüsse bildet
durchaus eine nicht zu unterschätzende Erleichterung/Türöffner für Firmen, die aus dem
Geberland stammen, sei es als Baubeteiligte oder als Lieferanten von Maschinen, Ausrüstungen etc. Sieht man sich die Projekte an, so lässt sich feststellen, dass bei größeren
Vorhaben zwei Haupt-EPC Contractors (engineering, procurement and construction)
durchaus üblich sind. Dies gilt auch für PMC (project management consultants). Bei Consultants sind mehr als einer fast die Regel.
Ausländische Unternehmen dürfen nur 10% ausländische Arbeitskräfte einsetzen, der
Rest müssen Ägypter sein. Dies ist mit Blick auf die Branche und die Lohnkosten gerade
von theoretischer Bedeutung, da regelmäßig nur Management, Aufsicht, Technik und
Maschinen aus dem Ausland kommen. Bisweilen kann es zur Verhängung von Schutzzöllen kommen (etwa für Stahl). Dies betrifft meist nur große, für die Wirtschaft bedeutende
Branchen. Für ausländische Interessenten relevante Ausschreibungen werden nach international üblichen Mustern durchgeführt. Tender für Projekte, die durch internationale
Geldgeber finanziert werden, sind unverdächtig. Im privaten Sektor gibt es durchaus
langjährig erprobte Beziehungen, so zwischen Immobilienentwickler und Hauptauftragnehmern oder Consultants. Auch eingespielte Lieferketten und Subunternehmen sind
normal.
Zentrale Informationen oder Internetplattformen für Ausschreibungen gibt es (noch)
nicht. Ministerien, Gouvernorate, öffentliche Dienststellen und Unternehmen schreiben
für ausländische Interessenten oft spät aus. Entsprechende Ankündigungen erfolgen
meist in ägyptischen Zeitungen auf Arabisch, insbesondere im Bereich der Untervergaben. Große Tender werden auch in der Zeitung Al Ahram auf Arabisch und Englisch veröffentlicht. Das American Chamber of Commerce in Egypt bietet einen Tender Alert Service (TAS) für derzeit 17 Branchen/Sektoren an. Er speist sich unter anderem aus Auswertungen der Inlandspresse.
24
Kontaktadressen
Bezeichnung
Internetadresse
Anmerkung
AHK Ägypten
www.aegypten.ahk.de
Anlaufstelle für
deutsche
Unternehmen
Ministry of Housing & Urban
Communities
Housing & Building National
Research Center
New Urban Communities
Authority NUCA
The Egyptian Green
Building Council
PPP Central Unit
www.moh.gov.eg
-
www.hbrc.edu.eg
-
www.newcities.gov.eg
-
www.egypt-gbc.gov.eg
-
www.pppcentralunit.mof.gov.eg
-
Egypt Economic
Development Conference
(EEDC)
www.egyptthefuture.com
Dokumente unter
“The Conference”
– “Conference
Pack”
www.tasheed.org
-
www.eea.org.eg
-
http://www.fei.org.eg/chambers_info.asp?id=7
-
http://tradeshow.tradekey.com/inter-climatech-e11330.htm
http://tradeshow.tradekey.com/interbuildegypt-e13650.htm
www.cairobuildexpo.com
14. bis 17.5.15 –
CICC - Kairo
http://thecapitalcairo.com
-
Ministerien, Institutionen,
Behörden
Nationale
Branchenverbände
Egyptian Federation for
Construction & Building
Contractors
Egyptian Engineers
Syndicate
Buildings Materials
Industries
Fachmessen
Inter Clima-Tech
Interbuild
Cairo Build Egypt
Sonderprojekt neue
Hauptstadt
Informationsportal zum
Hauptstadtvorhaben
20. bis 24.6.15 –
CICC – Kairo
15. bis 18.10.15
– CICC - Kairo
Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest
5. Baustoffe und Zulieferprodukte
Ägypten ist in den meisten Baustoffsegmenten gut selbst versorgt und verfügt über inund ausländische Unternehmen sowie günstige Rohstoffe. Der Endproduktbereich gilt als
preislich und qualitativ solide. Jedoch stiegen in den vergangenen Jahren die Preise insbesondere für Zement stark an.
Die ägyptischen Ausfuhren von Baustoffen fielen 2014 gegenüber dem Vorjahr um 22,3%
auf 3,6 Mrd. US$ zurück. So wurden 35,4% weniger Gusseisen und Stahl ins Ausland
verkauft (577 Mio. US$) und die Exporte von Aluminium sanken um 18,5% auf 550 Mio.
US$. Bei Keramik und Ziegeln betrug das Minus 23,8% auf einen Wert von 275 Mio. US$.
Die Kupferexporte gaben um 11,8% auf 261 Mio. US$ nach. Gegen den Trend wuchsen
die Ausfuhren von Glas um 4,7% auf 246 Mio. US$. Das wichtigste Zielland für die ägyptischen Baustoffexporte war 2014 Kanada mit einem Anteil von 14,3% des Gesamtvolumens. Dahinter folgten Saudi-Arabien mit 11,8% und Italien mit 11,5%. Den vierten
Rang belegte Libyen (7,9%) vor den Vereinigten Arabischen Emiraten mit 6,1%.
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Anspruchsvollere, in der Regel technische Lösungen (Know-how, Ausrüstungen) werden
aus dem Ausland bezogen. Die Nachfrage nach innovativen Bauprodukten wie „grünen“
Baumaterialien sollte langsam wachsen, angetrieben durch den sukzessiven Abbau von
Energiesubventionen. Bisher weisen viele baubezogene Produktbereiche nur geringe
Einfuhrzahlen auf.
Die gesamten Importe von Baumaterialien nach Ägypten stiegen 2014 leicht um 0,5%
auf knapp 9 Mrd. US$ an. Vom wichtigsten Einfuhrgut Gusseisen und Stahl wurden
11,8% mehr bezogen als im Vorjahr (4.281 Mio. US$). Hingegen wurde mit einem Wert
von 888 Mio. US$ 12,7% weniger Kupfer und 16,3% weniger an Rohren importiert (333
Mio. US$). Etwas schwächer fiel der Rückgang mit 12,4% auf 162 Mio. US$ bei anderen
Baumaterialien aus, während für nur noch 142 Mio. US$ 24% weniger Aluminium eingeführt wurde. Mit Abstand die wichtigsten ägyptischen Bezugsländer für Baustoffimporte
waren 2014 die Ukraine (15,6%) und die VR China (11,9%). Dahinter folgten die Vereinigten Arabischen Emirate mit einem Anteil von 7,8%. Das viertwichtigste Lieferland war
Russland mit 7,1% vor Deutschland mit 6,1%.
Ägypten verfügt über eine starke Baustoffindustrie, vor allem in den Segmenten Stahl,
Zement, Keramik und Glas. Niedrige Energie- und Arbeitskosten haben diese Bereiche
bisher begünstigt. Angesichts des schrittweisen Abbaus der Stromsubventionen verschlechtert sich die Kostensituation. Zudem leiden energieintensive Unternehmen massiv
unter der andauernden Gasknappheit, insbesondere kleinere Anbieter. Die vorhandene
Menge reicht nicht aus, um die zumeist gasbefeuerten Kraftwerke im Land und industrielle Abnehmer zu versorgen sowie bestehende Exportverpflichtungen zu erfüllen. So
mussten viele energieintensive Betriebe vor allem im Sommer 2014 ihre Produktion einschränken oder zwischenzeitlich ganz anhalten. Darin dürfte auch ein wesentlicher Grund
für den Einbruch der ägyptischen Baustoffexporte liegen.
Trotz einiger Widerstände unter Umweltgesichtspunkten erlaubte die ägyptische Regierung Zementherstellern 2014 die Verwendung von Kohle statt Gas. Die erforderlichen
Umrüstungen sind jedoch kostspielig. Eine weitere Alternative sind Abfälle aus der Landwirtschaft als Brennstoff oder Mazut (Gasöl von niedriger Qualität). Arabian Cement
schafft derzeit die Voraussetzungen, um Abfälle als Energiequelle zu verwenden. Damit
soll die Produktionskapazität voll statt nur zu 80% ausgelastet werden. Arabian Cement
peilt ein Umsatzwachstum von 10% im laufenden Jahr an. Italcementi visiert für 2015
an, ebenso wie im Vorjahr zwei Produktionsstätten umzurüsten. Über vier Jahre investiert das Unternehmen jeweils 400 Mio. ägypt£ und will ebenfalls den Energiemix verbreitern. Innerhalb von 24 Monaten baut Italcementi für etwa 120 Mio. Euro einen Windpark. Die meisten Zementhersteller in Ägypten setzten auf die Verwendung von Alternativen zum Brennstoff Gas.
Ein Branchenvertreter erklärte im März 2015 in der Presse, dass die Anlagen der Unternehmen mit maximal 70% ihrer Kapazität liefen. Derzeit existieren in Ägypten 22 Zementfabriken mit einer Gesamtkapazität von 50 Mio. t. Der inländische Verbrauch soll
dem Ministry of Investment zufolge bis 2020 jedoch auf 80 Mio. t klettern. Der Ausbau
der Produktionskapazitäten soll deshalb vorangetrieben werden. Die Absatzaussichten
bleiben aufgrund der regen Bautätigkeit im Land intakt. Pressemeldungen zufolge ist insbesondere die Inlandsnachfrage nach Portlandzement hoch. Misr Cement will für 192,4
Mio. ägypt£ einen Zementschachtofen (vertical cement mill) mit einer Kapazität von 300
t pro Stunde anschaffen und Vorratssilos mit 15.000 t Fassungsvermögen errichten. Die
26
National Cement Company verhandelte im März 2015 mit vier Banken, um 250 Mio.
ägypt£ für einen Entwicklungsplan zu mobilisieren. Zu den Vorhaben gehört die Aufrüstung von zwei Werken, um Zement von Spitzenqualität für den Export herzustellen.
Die Industrial Development Authority arbeitete Mitte März 2015 laut Presseberichten an
einem neuen Lizenzierungsverfahren für die Zementherstellung. Dieses soll die Festlegung auf geeignete Produktionsstandorte regeln und auch Umweltbelastungen berücksichtigen. Ingesamt ist die Erteilung von 12 Lizenzen in verschiedenen oberägyptischen
Gouvernoraten vorgesehen. Kairo, Alexandria und das Nildelta werden aus Umweltgründen ausgespart. Die Erlaubnisse gelten sowohl für neue Fabriken als auch den Ausbau
bestehender Anlagen. Bis 2018 sollen bereits 21 Mio. t zusätzliche Produktionskapazität
zur Verfügung stehen und damit gesichert werden, dass keine Versorgungslücke auftritt.
Im 2. Halbjahr 2014 erreichte die Produktion von weißem und Grauzement knapp 28,2
Mio. t. Die inländischen Verkäufe summierten sich auf nahezu 27,5 Mio. t. Der durchschnittliche Verkaufspreis für einen 50-Kilo-Sack Portlandzement lag im Februar 2015 bei
36,27 ägypt£ gegenüber 32,26 ägypt£ im Vorjahresmonat. Weißer Zement verteuerte
sich im Betrachtungszeitraum von 62,92 ägypt£ auf 68,73 ägypt£ pro Sack.
Stahl wird in Ägypten in 27 Werken produziert. Wichtige Erzeuger sind unter anderem die
Egyptian Iron & Steel Company, Al-Ezz Dekheila Steel, El-Temsah Iron & Steel, Suez
Steel Misr National Steel, El-Marakby for Metallic Industries und Delta Steel. Sorgen bereitet der Branche derzeit sowohl die Versorgung mit Erdgas und Strom als auch die
Verfügbarkeit von Industrieflächen, um expandieren zu können. Die Herstellung von Betonstahl betrug im Kalenderjahr 2014 dem Investitionsministerium zufolge knapp 7,3
Mio. t bei Verkäufen von circa 6,9 Mio. t. Der Durchschnittspreis lag im Februar 2015 bei
4.901 ägypt£/t im Vergleich zu 5.175 ägypt£/t im Juli 2012. Die ägyptischen Hersteller
von Baustahl sind nur bedingt wettbewerbsfähig im internationalen Geschäft. Auch auf
dem Inlandsmarkt haben sie gegen zum Beispiel türkische Erzeugnisse preislich zu
kämpfen. Der ägyptische Staat stützt die Branche zeitweise durch Importzölle, wie im
Oktober 2014 auf Betonstahleinfuhren. Als Ursache für die hohen Stahlpreise in Ägypten
wird die langjährige marktbeherrschende Stellung einiger Hersteller angeführt.
Der Markt für Farben und Lacke in Ägypten soll laut einer Analyse von Frost & Sullivan
von 2014 bis 2018 um jahresdurchschnittlich 4,5% auf 4,9 Mrd. ägypt£ zulegen. Die
Marktbeobachter sehen ein starkes Wachstumspotenzial. Das Land ist sowohl der größte
Produzent als auch Verbraucher von Farben und Lacken in Nordafrika. Der Wohnungsbau
sorgt für eine starke Nachfrage nach Wandfarben. Laufende, zwischenzeitlich angehaltene und geplante Projekte sollen ab 2016 auch für einen starken Bedarf an Farben und
Lacken für die Industrie sorgen. Mit einer wirtschaftlichen Erholung erwarten die Analysten auch eine stärkere Orientierung der Abnehmer in Richtung umweltfreundlicher Produkte.
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Bauholz wird weitgehend aus Skandinavien eingeführt. Bauchemie stammt meist aus
dem Inland. Dämm- und Isolierstoffe, feuerfeste Materialien und Isoliermaterialien für
Böden, Wände und Decken zur Energieeinsparung haben gute Perspektiven. Wettbewerber kommen hier aus den USA, Italien, der VR China und der Türkei. Ein gewisser Bedarf
besteht bei besonders hochentwickelten Erzeugnissen. Sanitärprodukte und Rohre aller
Art sind im Inland verfügbar. Die Nachfrage nach Rohren ist hoch. Sie reicht von Bewässerungsrohren für die Landwirtschaft, Wasser- und Abwasserrohre für neue Wohn- und
Industriegebiete bis hin zu Röhren für Stadtgas und zum Transport von den Öl- und
Gasfeldern.
Die Regierung treibt den Ausbau des Erdgasnetzes im Land voran. Seit dem Beginn des
laufenden Finanzjahrs am 1.7.14 wurden rund 352.000 Haushalte angeschlossen. Die
Kosten dafür beliefen sich auf 761,1 Mio. ägypt£. Mittels weiterer 108,5 Mio. ägypt£ ist
die Versorgung der nächsten 51.000 Abnehmerstellen vorgesehen. Mittel- bis langfristig
soll der Ausbau des Gasverteilungsnetzes den Bedarf an Butangasflaschen reduzieren,
die als Kochgas in den meisten Haushalten noch zum Einsatz kommen und teuer importiert werden. Bei den Butanzylindern treten häufiger Versorgungsengpässe auf, was sie
auch zu Spekulationsobjekten auf dem Parallelmarkt macht. Türen und Fenster sind in
der teureren Variante traditionell aus Aluminium, in der preiswerten aus Holz. Kunststoff
ist auf dem Vormarsch angesichts steigender Inlandsproduktion zu kompetitiven Preisen.
Aufgrund des hohen Bedarfs an erschwinglichem Wohnraum und der zeitlichen Anforderungen ist der Einsatz modularer Baukastensysteme oder vorgefertigter Gebäudeteile
eine mögliche Alternative zum herkömmlichen Bau. Entsprechende Investitionen wären
zu prüfen einschließlich späterer Expansion in den weiteren afrikanischen Raum. Auch
Schulen und Kindergärten könnten eine Nachfrage entfalten.
Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik
Ägypten zählte durch hoch subventionierten Strom bislang zu den Ländern mit den weltweit niedrigsten Preisen. Bis Mitte 2018 werden die Stromkosten für private und gewerbliche Verbraucher schrittweise anziehen. Am Ende des Subventionsabbaus werden zum
Beispiel für einen Privathaushalt mit 700 kWh Verbrauch pro kWh 0,86 ägypt£ statt wie
vor Juli 2014 lediglich 0,53 ägypt£ fällig. Ein Unternehmen mit gleichem Verbrauch
müsste ab dem Sommer 2018 mit 0,98 ägypt£ ebenfalls wesentlich tiefer in die Tasche
greifen als zu den stark subventionierten Zeiten, als nur 0,67 ägypt£ zu zahlen waren.
Im Hochspannungsbereich und für einzelne spezielle Abnehmer wie die Metro in Kairo
gelten abweichende Regelungen.
Die Haushalte sind der mit Abstand größte Stromverbraucher mit dem höchsten Einsparpotenzial. Die Energieeffizienz beim Bau und bei Geräten kann um zwischen 20 und 80%
erhöht werden durch bessere Isolierung und Standards. Die verstärkte Installation von
Prepaid-Stromzählern in einigen Wohngebieten und neuen Siedlungen soll zu einem bewussteren Umgang mit Energie führen und zugleich die unterentwickelte Zahlungsmoral
stärken.
Die Politik hat bislang keine Standards für die Energieeffizienz von Gebäuden gesetzt,
allerdings nehmen die Anstrengungen für eine Senkung des Energieverbrauchs zu. Die
meiste Wirkung dürften Maßnahmen in den beiden größten Abnehmersegmenten private
Haushalte und Industrie entfalten. Auf diese beiden Bereiche zielt auch die Kampagne
Belma32ol. Mit ihrer Hilfe soll der Stromkonsum im Sommer 2015 um ein Fünftel sinken.
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Privathaushalte sollen künftig mit insgesamt 30 Mio. intelligenten Stromzählern ausgerüstet werden, die den Verbrauch transparent machen und auch den Stromanbietern einen Überblick über die Nachfrage vermitteln. Viele Ägypter sind auf niedrige Anschaffungspreise bei Klimaanlagen, Kühlschränke etc. angewiesen. Diese arbeiten allerdings
oft wenig effizient. Unter den Anschaffungskriterien liegt der Stromkonsum noch weit
hinten.
Viele industrielle Einrichtungen und Prozesse bieten ebenfalls Ansatzpunkte für eine höhere Energieeffizienz. Dazu gehören Kessel und Dampfleitungen, Heiz-, Kühl- und
Druckluftsysteme sowie variable Drehzahlregulierungen für Motoren. Maßnahmen für
Standardprozesse können in vielen Branchen umgesetzt werden.
Die staatliche Energieholding EEHC hat Impulse für effizientere Straßenbeleuchtungen
und Wasser- sowie Klärwerke angekündigt und setzt auch auf die solare Warmwasserbereitung. Ministerien und Behörden sollen ihren Stromverbrauch laut einer Initiative
vom April 2014 um 20% senken.
Im Wohngebäudebereich sind Versorgungseinrichtungen dezentral. Aufgrund des Klimas
weist der Baubestand meist keine Heizungssysteme auf. Reine Raumkühlung, auch mit
Wärmefunktion, ist der Regelfall. Absoluter Marktführer mit etwa 80% ist der Hersteller
Carrier. Ölradiatoren für die wenigen kühlen Tage sind verbreitet. Raumklimageräte und
–einrichtungen finden zusehends im gehobenen Neubausektor Verwendung. Warmwasserboiler aus inländischer Herstellung sind die Regel. HVAC-Geräte (heating, ventilation
and air conditioning) bilden mit etwa 50% die Hauptquelle des Energieverbrauchs von
Haushalten und Gewerbe, bedingt hauptsächlich durch schlechte Gebäudeisolation und
wenig energieeffiziente 5 Mio. Klimageräte. Größeres Potenzial bieten Neubauten im Vergleich zu Altbauten, bei denen die Kostenproblematik eine gewichtige Rolle spielt.
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