Paper - ba interaction design

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Paper - ba interaction design
Schloss Hartenstein
Museumsraum als Metaverse
Ruedi Lüthi, Max Rheiner, Raphael Perret
Zürcher Hochschule der Künste, Departement Design
Interaction Design Programm
Ausstellungsstr. 60, 8005 Zurich, Switzerland
[email protected]
{ max.rheiner, raphael.perret } @zhdk.ch
Mai 2009
Abstract
Historische Museen sind der Spiegel einer
vergangenen Zeit, sie konservieren und präsentieren wissenschaftlich korrekt historische
Inhalte. Sie sind Repräsentant für die Atmosphäre eines Zeitgeistes, welche der Besucher
im Ausstellungsraum erfahren will.
Der Besucher soll Teil dieser historischen Welt
werden, er will das Gefühl bekommen, eine
Zeitreise unternommen zu haben. Um dieses
Erlebnis dem Besucher zu vermitteln reichen
statische Artefakte nicht aus. Die Rollenverteilung von Besucher und Ausstellungsobjekt
muss aufgebrochen werden. Der Besucher soll
das Ausstellungsobjekt betreten und mit ihm
interagieren können.
Durch das Erzeugen einer virtuellen Welt wird
ein Raum geschaffen, in dem der Besucher
im Kollektiv nach bestimmten Regeln mit
der historischen Welt interagieren kann. Der
Besucher oder Avatar wird Protagonist einer
vergangenen Geschichte, in welcher er aus der
modernen Zeit heraus, einwirken kann.
Als Basis für die Untersuchung wie virtuelle
Räume für die historische Wissensvermittlung
gebraucht werden können, wird das sächsische
Schloss Hartenstein in einem Zeitraum von
Anfang des 19. Jahrhunderts bis zu dessen
Zerstörung im 2. Weltkrieg im Jahre 1945
wiedergegeben.
erneutes Betreten eines vergangenen Wegabschnittes bleibt verwehrt. Eine gesamtheitliche
Aufzeichnung oder Rekonstruktion von Vergangenem ist unmöglich. Während der Fahrt
durch die Zeit machen wir uns Aufzeichnungen, die ein Abbild des vergangenen Weges
enthalten. Ein Abbild benötigt ein Medium
und einen Autor. Das Medium enthält Einschränkungen und der Autor bringt Spekulationen. Verschiedene Medien versuchen sich
dem vergangenen Abbild anzunähern, besitzen
aber alle ihre Möglichkeiten und Einschränkungen. Es folgt eine kurze Zusammenstellung
verschiedener Modelle, die Vergangenheit
abbilden:
1.1 Klassische Sammlungspräsentation
Das klassische Museum besitzt und pflegt eine
Sammlung. Die Gegenstände der Sammlung
werden in einem Ausstellungsraum zugänglich
gemacht. Die Präsentation der Gegenstände
konzentriert sich auf die gute Sichtbarkeit,
dafür werden die Gegenstände meist in einer
Vitrine ausgestellt [1].
1. Einleitung
Zeit ist eine Einbahnstrasse: sie ist nur in
eine Richtung befahrbar. Es ist möglich, vom
gegenwärtigen Standpunkt aus auf den bereits
zurückgelegten Weg zurück zu sehen, aber ein
Abb. 1: Ausstellung Römische Goldschätze[1]
Zur Vitrine werden Fakten zitiert, worüber
sich der Besucher die Geschichte bildet. Um
die Gegenstände in einer Handlung zu zeigen,
werden sie in eingefrorenen Szenen inszeniert.
Dies können Puppen sein oder massstabsgetreue Modelle [2].
ist persönlich geprägt und schildert Eindrücke
und Gefühle eines Einzelnen.
1.2.1 Roman
Verschiedene Romane inszenieren ihre Geschichte in einer vergangenen Welt, beispielsweise wie der Roman von Umberto Eco „Der
Name der Rose“ [4]. Der Autor suggeriert
dem Leser ein Buch aus dem 14. Jahrhundert
in der Hand zu halten und eine tatsächliche
Aufzeichnung dieser Zeit zu lesen. Dazu verwendet Umberto Eco verschiedene historische
Figuren, wie Ubertino da Casale, ein dem
Franziskanerorden angehöriger Mönch.
1.3 Film
Abb. 2: Modell eines Indianerdorfes[2]
In beiden Fällen steht der Besucher ausserhalb
des Geschehenen und nimmt die Rolle eines
Beobachters aus der Ferne ein.
1.2 Literatur
Literatur beschäftigt sich oftmals mit vergangenen Geschehnissen, sei dies als Sachbuch,
historische Erzählung oder fiktiver Roman [3].
1.2.3 Sachbuch
Historische Sachbücher sind eine Auflistung
von Jahreszahlen und Fakten. Sie beziehen
sich auf gefundene Artefakte oder Texte und
erheben den Anspruch der Wissenschaftlichkeit. Dabei wird auf Spekulation verzichtet
und jede Schlussfolgerung durch Quellen
begründet.
1.2.2 Historische Erzählung
Historische Erzählungen sind autobiographisch und erzählen, wie der Autor vergangene Ereignisse wahrgenommen hat. Beispiel
dafür ist der autobiographische Bericht von
Primo Levi „Ist das ein Mensch?“ [5]. Primo
Levi schildert in diesem Text seine Vergangenheit als Gefangener der Nazis im Konzentrationslager Ausschwitz. Eine solche Erzählung
Film wird wie Literatur benutzt, um Geschehenes wiederzugeben. Durch Bild und Ton
wird eine Immersion erzeugt, welche es erlaubt, beim Betrachter Gefühle zu regen, die
den Emotionen der Protagonisten der historischen Geschichte entsprechen. Ein Beispiel
dafür ist der Film „Apocalypse Now“ [6],
worin sich ein amerikanischer Suchtrupp in
die Mitte des Vietnamkrieges bewegt, um
einen abtrünnigen Colonel zur Vernunft zu
bringen. Der Film beginnt ruhig und, je weiter die Soldaten in den Dschungel eindringen,
umso wirrer werden Bild und Ton, bis zur fast
vollständigen Auflösung im Chaos des Krieges.
Diese Kriegssituation wird durch wilde Kamerafahrten und eindringlichen Ton illusioniert.
Der Betrachter erhält so einen Eindruck des
Krieges.
1.4 Nachspielen von Geschichte
Geschichte kann im Kollektiv nachgespielt
werden. Die eigene Person oder der eigene
Körper dient als Medium [7]. Fakten geben
den Rahmen vor und dienen als Ausgangslage.
Der genaue Ablauf der Performance ist nicht
vorgegeben, die Individualität der einzelnen
Teilnehmer ist gegeben. Dadurch wird Vergangenheit wieder erlebt, es wird nicht das Erlebnis aus der Vergangenheit in die Gegenwart
gerissen, sondern ein neues Erlebnis generiert,
das dem bereits vorhandenen Erlebnis ähnelt
oder unter den gleichen Rahmenbedingungen
entstanden ist. Reenactment oder nachspielen
von Geschichte ist nie endgültig, es besitzt eine
klare definierte Bühne auf welcher performt
wird.
1.5 Computerspiele
Das Medium der Computerspiele ist ein Interaktives und kommuniziert über visuelle und
auditive Sinneseindrücke, welche sich zu einer
Immersion zusammenfügen. In dieser virtuellen Welt kann Geschichte nachgespielt werden. Durch die Virtualität ist das Betreten und
Interagieren mit Landschaften, Architektur
und Artefakten möglich, die real nicht oder
nur mit sehr grossem Aufwand zu rekonstruieren wären. Auch sind Interaktionen möglich,
die ethisch in der Realität nicht zu verantworten wären. Beispielsweise in Kriegsszenarien
wie im Spiel „Battlefield Vietnam“[8], in dem
ein historischer Kriegsschauplatz zum Inhalt
wird.
1.6 Metaverse
Durch das Zusammenschliessen über Netzwerke einer virtuellen Welt zu einem Metaverse [9] ist ein Erleben im Kollektiv möglich. Es
entstehen zu den sehr stark vorgegeben Interaktionen mit der Welt und deren Artefakte
soziale Interaktionen, die durch die Individualität der Akteure einzigartig werden. Im Metaverse von Second Life gibt es verschiedene
Orte mit historischen Rekonstruktionen. Ein
Beispiel dafür ist „Paris um 1900“[10], wo ein
Paris um die Jahrhundertwende besucht werden kann. Es gibt einen Eifelturm, das Moulin
Rouge und eine Metro zu sehen. Wobei sich
der Besuch einer virtuellen Sehenswürdigkeit
nicht sonderlich unterscheidet vom Besuch
einer Realen: Man betrachtet und fotografiert
die Denkmäler.
2. Problemstellung
Am Beispiel von Schloss Hartenstein wird exemplarisch versucht, eine neue Art der historischen Wissensvermittlung aufzuzeigen.
Das Schloss Hartenstein befindet sich im säch-
sischen Raum am Rande des Erzgebirges südwestlich von Zwickau. Es wurde lange bis zu
seiner Zerstörung durch Alliierte Truppen im
2. Weltkrieg vom deutschen Adelsgeschlecht
der Schönburger von Hartenstein bewohnt.
Ein markantes Merkmal des Gebäudes sind
seine unzähligen Umbauten. Das Gesicht des
Schlosses wechselte oft, um sich an den architektonischen Stilen der Zeit anzupassen. Die
Mauern sind ein Patchwork von Renaissance
über Barock bis zu einem neugotischen Stil.
Das Schloss blieb bis zum 2. Weltkrieg von
grossen historischen Ereignissen verschont
und wurde als eine sichere Zuflucht der Familie von Schönburg benutzt.
Das Schloss war Schauplatz der sächsischen
Geschichte, worin Napoleon und die Völkerschlacht von Leibzig eine Rolle spielten, sowie
die Industrialisierung, welche im Erzgebirge
rasant Einzug hielt. Später wird der Beitritt
zum deutschen Bund unter Bismark wichtig[11].
Historie wird aus Fakten gebildet, welche sich
zu einer Geschichte zusammenfügen. Fakt und
somit klar rekonstruierbar ist die Architektur
und die Eckdaten der sächsischen Geschichte.
Dies sind klar zu kommunizierende Informationen, über welche sich der Besucher seine
eigenen Vorstellungen und Geschichten bildet
und die sich zu einem Erlebnis im Museum
formen. Um dem Besucher dieses Erlebnis
möglichst authentisch zu gestalten, muss der
Betrachter möglichst nahe an diese Informationen herangebracht werden.
Nähe wird erzeugt indem den ausgestellten
statischen Artefakten Leben eingehaucht und
eine Dynamik erzeugt wird. Dies soll einen
einzigartigen Augenblick generiert, um dem
Besucher sein individuelles Erlebnis bieten zu
können. Das Museum ist ein Raum, worin der
Besucher innerhalb einer vergangenen Welt
seinen persönlichen und einzigartigen Augenblick im Jetzt erleben kann.
3. Lösungsansatz
Die Architektur des Schlosses soll betretbar
werden. Der Besucher soll ein Gefühl für die
Grössenverhältnisse der Räume erhalten und
das Schloss sowohl im Innenraum wie im Aussenraum von beliebigen Blickwinkeln betrachten können. Diese Möglichkeit ist in virtuellen
Welten wie in Computerspielen gegeben. Der
Spieler bewegt über Tastatur und Maus seinen
virtuellen Repräsentanten durch eine digitale
Landschaft. Er erhält ein Gefühl für Distanz
und Raum. Dieses Prinzip der 3D-Welt wird
auf eine digitale Rekonstruktion des Schlosses angewendet. Somit erhält der Besucher
einen digitalen Raum, worin er sich durch die
Schlossmauern bewegen kann.
Dieser entstandene Raum bietet eine Plattform für die Präsentation weiterer historischer
Fakten. Darin kann eine Sammlung untergebracht werden, welche sich somit in ihrem
gewohnten Umfeld befindet und nicht aus
ihrem räumlichen Kontext gerissen wurde,
wie dies in einem Museum mit sterilem Ausstellungsraum der Fall ist. Zusätzlich enthält
die Beziehung von Gegenstand zum Raun eine
Aussage. Eine Schüssel in der Küche enthält
einen anderen Kontext als eine Schüssel in der
Kappelle.
Das Interagieren mit einer solchen virtuellen Welt mittels Tastatur und Maus ist einer
einzelnen Person vorenthalten. Da der Besuch
eines Museums meist ein kollektives Erlebnis ist, muss der Raum erweitert werden. Die
virtuelle Welt muss von mehreren Personen
gleichzeitig betretbar sein und die Besucher
müssen miteinander in Kontakt treten. Dafür
eignet sich die Erweiterung der virtuellen Welt
zu einem sozialen Netzwerk, einem Metaverse.
Grundlage dafür ist eine Kommunikation der
einzelnen Besucher oder Avatare untereinander.
Die klassische Kommunikation in virtuellen
Welten ist Text, der sogenannte Chat. Die Frage stellt sich, worüber die Besucher kommunizieren sollen. Inhalt der virtuellen Welt ist
die Architektur des Schloss Hartensteins und
eine Sammlung historischer Gegenstände aus
dieser Zeit. Dies sollte auch Inhalt der Kommunikation der Besucher werden. Eine weitere
etwas abstraktere Form der Kommunikation
ist das Kommunizieren über Bilder. Also wird
den Besuchern die Möglichkeit gegeben mittels Ablichten von Ausschnitten des Schlosses
mit dessen Gegenständen mit anderen Besuchern zu kommunizieren. Die Handlung vom
Festhalten historischer Denkmäler auf eine
Leinwand entspricht unter anderem auch
einer üblichen Tätigkeit von Besuchern realer
historischen Räumen.
Der Zugang zu einer solchen virtuellen Welt
geschieht über einen vernetzten Computer
mittels Maus und Tastatur. Dieses Interface
besitzt jeder, der einen Computer zuhause
hat, und funktioniert gut für einen Besuch
übers Internet. Im realen Ausstellungsraum
im Museum will der Besucher einen weiteren
Mehrwert erhalten. Er will etwas Einzigartiges
sehen, welches nur im Museum zu betrachten
ist.
Um dem Besucher des realen Ausstellungsraumes auch das Gefühl bieten zu können, im
Innenhof des Schlosses zu stehen, wird eine
Panoramadarstellung verwendet. Dadurch,
Abb. 3: Diagramm des Ausstellungsraumes
dass ein Bild das gesamte Spektrum des Blickwinkels vom menschlichen Auge abdeckt,
wird die Illusion erzeugt, Teil des Bildes zu
werden. Beispiel für eine solche Darstellung ist
das Bourbaki-Panorama in Luzern[12].
Zusätzlich zum Panorama wird eine Bildergalerie mit den erstellten Bildern aus der virtuellen Welt gezeigt. Die Galerie gibt weitere
Einblicke in das rekonstruierte Schloss frei, die
dynamisch von den Besuchern der virtuellen
Welt generiert werden - ähnlich dynamischer
Bildergalerien im Internet wie flickr.com[13].
Somit wird der Ausstellungsraum in zwei Räume getrennt: ein realer und ein virtueller.
Der reale Raum ist dem klassischen Museumsraum nachempfunden und enthält bekannte
Konventionen, die von den meisten Museumsbesuchern erwartet werden. Er zeigt das
rekonstruierte Schloss in dynamischen Bildern
und informiert über Fakten.
Der virtuelle Raum ist geographisch unabhängig und nutzt die Ästhetik und die Interaktionsprinzipien von Computerspielen und
virtuellen Welten. Die Besucher dieses Raumes
erzeugen den Inhalt für den realen Ausstellungsraumes.
4. Designentwurf
In einem Prototyp soll das Zusammenspiel
von realem Ausstellungsraum und virtueller
Welt aufgezeigt werden. Dafür wurde das
Schloss anhand von Bildmaterial aus der
Zeit von 1900 bis 1945 digital rekonstruiert
und mit Gegenständen aus der digitalisierten
Sammlung der schweizerischen Landesmuseen[14] gefüllt. Dies enthält eine gewisse historische Diskrepanz, welche in dieser prototypischen Umsetzung ausgeklammert wird.
Des weiteren wurden von Lino Dumont drei
Panoramabilder zu den Zeiten 1870, 1945
und der Schlossruine heute erstellt. Diese
Arbeit ist Teil der BA-Abschlussarbeit 2009
von Lino Dumont aus der dem Studiengang
wissenschaftliche Illustration der ZHdK. Diese
Bilder wurden wiederum in einem Prototyp
animiert. Auch in einem Prototyp wurde die
dynamische Bildergalerie umgesetzt.
4.1 Virtuelle Welt
Die Rekonstruktion der virtuellen Welt besteht aus der Aussenfassade des Schlosses,
dem Vorhof und ein paar Innenräumen. Auf
eine Texturierung wurde bewusst verzichtet,
um den Eindruck eines Architekturmodells zu
erwecken. Dieses Bild wird durch den Ambient Occlusion Shader noch verstärkt. Den
Räumen wurde Mobiliar hinzugefügt, um die
Funktion der Räume ersichtlich zu machen.
Grundlage für das Mobiliar war wiederum die
digitalisierte Sammlung der schweizerischen
Landesmuseen[14].
Innerhalb der virtuellen Welt werden dem
Besucher Fakten zu den Räumen und den
Gegenständen kommuniziert. So erhält er
weiterführende Informationen zum Schloss.
Die Informationen erscheinen, sobald der
Besucher einen Raum betritt oder mit einem
Gegenstand interagiert.
Interagiert werden kann mit Gegenständen
und Bilderrahmen. Die Gegenstände können
verschoben werden, um sie so in einen anderen Kontext zu stellen oder sie für ein Stillleben zusammen zu tragen.
Die Bilderrahmen können wie Gegenstände
verschoben werden oder es wird die Leinwand
mit neuem Inhalt überzogen. Dafür nimmt der
Besucher den Bilderrahmen von der Wand und
sucht sich einen Ausschnitt. Der Bilderrahmen
gibt die Bildart vor: entweder Fotografie oder
Malerei.
Für die Fotografie stehen dem Besucher verschiedene Objektive zur Auswahl. Um aus
dem abgebildeten rekonstruierten Modell ein
einer Fotografie ähnelndes Bild zu generieren,
wird der gewählte Ausschnitt mit Farbfiltern
belegt. Fotografie entsteht mittels einer Kontrasterhöhung durch eine logistische Funktion,
die eine S-Kurve beschreibt, und dem Multiplizieren des Rot- und Grünwertes der Farbe,
um einen Gelbstich zu erzeugen.
Abb. 4: Fotografie mit Filtereffekt
Gemalt wird mit Licht. Per Drag and Drop
können vier Lichtquellen in den Ecken des
Bildes eingestellt werden, um so die durch den
Ausschnitt begrenzte Situation auszuleuchten. Die Farben sind durch eine Farbpalette
vorgegeben. Wiederum wie bei der Fotografie
wird das Bild mit Filtern belegt. Die Farbinformation wird auf 10 Stufen gerundet, um
zusammenhängende Farbflächen zu erzeugen.
Zusätzlich wird das Bild mit einer Leinwandstruktur hinterlegt.
Nach dem Überziehen der Leinwand mit
neuem Inhalt wird das Bild wieder im Schloss
an eine Wand gehängt. Da kann es von anderen Besuchern der virtuellen Welt betrachtet
werden, und es wird Inhalt der dynamischen
Bildergalerie im Ausstellungsraum.
4.2 Panorama
Die Panoramabilder sind mittels bestehenden
Bildmaterials der entsprechenden Zeit koloriert. Sie enthalten somit eine weitere Information zum Schloss, nämlich dessen Texturierung.
Das Panorama besteht, wie weiter oben schon
erwähnt, aus drei verschiedenen Bildern, die
sich überlagern. In einem bestimmten Intervall
werden die genau übereinander stimmenden
Bilder überblendet.
Zusätzlich werden die Silhouetten der Avatare der virtuellen Welt im Panorama an ihrer
aktuellen Position im Schloss angezeigt. Die
grafischen Repräsentanten der Avatare sind
animiert und bewegen sich synchron zu der
Bewegung des entsprechenden Besuchers in
der virtuellen Welt.
Um die Silhouette wird radial ein Teil des
Panoramas von 1945 angezeigt. Das Panorama dieser Zeit entspricht dem rekonstruierten
Schloss in der virtuellen Welt. So erhält der
Besucher im Ausstellungsraum eine Vergleichsmöglichkeit der zeitlich unterschiedlichen
Darstellungen.
Abb. 6: Panoramaprototyp
Abb. 5: Malerei mit Filtereffekt
4.3 Bildergalerie
5. Fazit
Die Bildergalerie ordnet sich dynamisch. Bilder, welche im gleichen Raum hängen, werden
zusammengefasst. Der Galerie ist ein einfacher
Grundriss des Schlosses hinterlegt und die
Bildergruppen zu den entsprechenden Räumen
ordnen sich nach ihrer auf dem Grundriss
zugewiesenen Position an.
Das Konzept orientiert sich stark am klassischen Ausstellungsraum. Es werden Bilder
ausgestellt, es wird eine Sammlung gezeigt.
Die Besucher erhalten die Möglichkeit, in bestimmten Regeln in diesen Ausstellungsraum
einzugreifen. Die Frage stellt sich, ob Besucher
eines Museums überhaupt bereit sind, sich
ihre Ausstellung selber zusammenzustellen.
Der Besucher eines Museums möchte in erster
Linie konsumieren.
Weiter gilt es zu definieren, ob der Begriff
des Metaverses angemessen ist für eine stark
durch Regeln beschränkte Welt. Dem Besucher
stehen nur wenige Operationen zur Interaktion zur Verfügung. Er kann nur minimal
die Umgebung der Welt verändern. Ein stark
durch soziale Interaktionen geprägtes Konstrukt wie das des Metaverses kann erst existieren, wenn Benutzer anfangen untereinander
in Kontakt zu treten. Natürlich können die
Besucher über Bilder miteinander kommunizieren, nur wird dies auch verstanden und
angemessen angewendet?
Dieser Punkt wirft auch die Frage auf, ob die
Besucher des Ausstellungsraumes im Museum begreifen, was in der parallelen virtuellen
Welt geschieht. Sie erhalten nur einen sehr
beschränkten Einblick in diese Welt.
Zum Schluss bleibt die Frage offen, ob die
Handlung, Bilder zu generieren, genug Potential enthält, um Besucher zu fesseln. Der
Vorgang, einen Augenblick auf eine Leinwand
einzufrieren, beschäftigt den Menschen schon
lange. Dies funktioniert, wenn Realität abgebildet wird und so eine Virtualität in Form
eines Bildes erzeugt wird. Was passiert aber,
wenn virtuelles in eine weitere Form der Virtualität portiert wird?
Abb. 7: Bildergalerie Prototyp
Sobald sich ein Bild verändert, sei es Position oder Inhalt, wird es neu positioniert und
grösser dargestellt als die restlichen. Langsam
nimmt es dann seine korrekte Grösse an. So
wird dem Besucher im Ausstellungsraum ersichtlich, welche Bilder sich gerade verändert
haben.
Die Grösse der Bilder wird durch den Raum
definiert, in dem das Bild hängt. Dadurch wird
darauf eingegangen, dass ein Bild im Schlafzimmer der Zofe eine andere Priorität besitzt
als dasselbe Bild in der Ritterhalle oder dem
Salon.
Zusätzlich zur Übersicht aller Bilder wird in
bestimmten Abständen ein einzelnes Bild vergrössert und separiert dargestellt. Dazu erhält
der Besucher im Ausstellungsraum Informationen über den Raum, wo das Bild erzeugt
wurde, und über die im Bild enthaltenen
Gegenstände.
6. Ausblick
Durch den funktionierenden Prototyp ist eine
solide Grundlage einer virtuellen Welt entstanden. Diese Welt könnte nach belieben mit
neuen Möglichkeiten der Interaktion gefüllt
werden.
Im Moment beschränkt sich die Kommuni-
kation der Besucher der virtuellen Welt auf
Bilder generieren und bereits erstellte Bilder
anschauen. Dadurch können keine konkreten
Botschaften übermittelt werden. Diese Möglichkeit der Kommunikation geht zwar ein auf
den durchaus spannenden Dialog zwischen
Bildersteller und Bildbetrachter, ist aber immer überschattet durch die unterschiedliche
Interpretation der beiden Parteien. Eine weitere oder ergänzende Information wäre angebracht. Dies könnte Beispielsweise ein Bildtitel
oder eine Signatur sein.
Auch fehlt der bestehenden virtuellen Welt
noch eine konkrete Geschichte, in die der
Besucher eintauchen kann. Im Moment übernimmt er die Rolle eines Touristen, der das
Schloss auf Bildern festhält. Was wäre aber,
wenn eine konkrete historische Situation in
den Schlossmauern innerhalb des vernetzten
Metaverse im Kollektiv nachgespielt werden
könnte?
Quellen
[1] Landesmuseum Zürich, (Ausstellungsraum)
[2] Historisches Museum Bern, (Ausstellungsraum)
[3] Klüger, Ruth: Gelesene Wirklichkeiten,
2006, S. 68ff, (Buch)
[4] Eco, Umberto: Der Name der Rose,
1980, (Roman)
[5] Levi, Primo: Ist das ein Mensch?, 1995,
(autobiographische Erzählung)
[6] Apocalypse Now, 1979, (Spielfilm)
[7] Playback - Simulierte Wirklichkeiten,
2005, S. 26ff, (Publikation zur gleichnamigen Ausstellung mit verschiedenen
Aufsätzen)
[8] Battlefield Vietnam, Electronic Arts,
2004, (Computerspiel)
[9] Stephenson, Neal: Snow Crash, 1992,
(Roman)
[10] Paris um 1900, slurl: http://slurl.com/secondlife/Port%20Babbage/177/116/103,
(Sim in Second Life)
[11] Dumont, Lino: Enter Castle Hartenstein,
2009, (Theoretischer Teil der BachelorArbeit 09)
[12] Bourbaki-Panorama Luzern (Ausstellungsraum)
[13] http://www.flickr.com, (Webportal)
[14] http://webcollection.landesmuseen.ch,
(digitale Sammlung)