2. Reisetagebuch Königsberg/Kaliningrad und nördliches Ostpreußen

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2. Reisetagebuch Königsberg/Kaliningrad und nördliches Ostpreußen
2. Reisetagebuch
Unsere Sommerreise 2005
Teil 2
Königsberg/Kaliningrad und nördliches
Ostpreußen
Beginn der Reise 1. Juli 2005
Fortsetzung ab 25.Juli 2005
-
28.Juli2005
Viele werden denken, wie kann man nach Russland
fahren, auch wenn es nur der Oblast Kaliningrad also
das alte Ostpreußen ist. Man kann zwar Busreisen
hierher machen, um dann geschützt in der Gruppe
die alte „Deutsche Kultur“, evtl. die alte Heimat zu
besuchen – aber zu den Russen allein, das kann man
doch nicht machen. Also, warum nicht, man braucht
nur ein Visum, ein Voucher (Einladung), beides erhält
man durch die Visumzentrale über das Internet, kein
Problem und losfahren.
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Montag,25. Juli 2005
Warum willst du nach Königsberg, hat meine Frau gefragt. Ja, weil
ich am Ende des II.Weltkrieges von hier mit meiner Tante, die mich
erzogen hat, nachdem meine Eltern im Krieg starben, mit uns nach
Berlin geflohen ist. Leider kann ich sie oder ihren Sohn nicht mehr
fragen, was sie an dieser Stadt so schön fand, als sie hier lebte. So
will ich mir ein eigenes Bild machen, wo meine LebensAnfangswurzeln waren, ich habe selbst daran keine Erinnerung.
Oblast Kalininskaja/ Nördliches Ostpreußen und
Kaliningrad/Königsberg
Viele kennen sicher die Geschichte des Nachkriegs-Deutschland,
vielleicht auch noch Namen, wie Königsberg, Tilsit, Insterburg,
Gumbinnen, Rauschen.
Kaliningrader Oblast hat eine Fläche von 15.100 qkm, hauptsächlich
Marsche, höchster Hügel 242 m, einige Gebiete liegen unter dem
Meeresspiegel. Ost-West 186 km, Nord-Süd 135 km.
Grenzen zu Polen, Litauen und Weißrussland.
Bevölkerung 1991 ca. 941.000 Menschen, davon schätzt man
40.000-200.000 Mann Militär, 78% Russen, Rest Weißrussen,
Ukrainer, Litauer und 0,8% Deutschstämmige.
Bei Kriegsende waren 2,6 Mill. Deutsche vertrieben, verschleppt,
getötet worden.
Religion ca. 120 Glaubensrichtungen registriert.
Zur Geschichte soll sich jeder selbst informieren, wenn er will.
So, wie ist es uns heute ergangen? Abends hatten wir noch gelesen,
dass man vermutlich hier in Goldap/Polen nicht nach Russland
kommt, bisher vorbehalten nur für Russen und Polen. Wir können
nicht lange schlafen und wollen früh aufbrechen, denn wenn wir hier
nicht über die Grenze kommen, müssten wir 130 km nördlich fahren
nach dem alten Deutsch Eylau.
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8 Uhr Aufstehen, schnelles Frühstück und Aufbruch, aber erst wollen
wir sicherheitshalber noch eine fast leere Gasflasche füllen Aber
auch in Polen lehnen die meisten Autogas-Tankstellen das Befüllen
ab, aber der Euro macht’s möglich, für 10 € ist die Flasche wieder
voll. Schnell noch einen Bankomat erleichtern und dann ab zur
Grenze.
Ca. 25 Fahrzeuge stehen hier um ½ 9
Uhr und warten, meist Russen, einige
Polen, wir die einzigen Deutschen, und
nach 1 ½ Std. sind wir an der
Abfertigung.
Mindestens 5 Schalter sind zu
durchlaufen, unsere Visa einwandfrei,
der letzte gestaltet sich als der
schwierigste. Hier wird uns eine russische Versicherung verkauft,
deutsche werden nicht anerkannt. Die Versicherung kostet für 2
Wochen 40,-€, Devisen werden halt gebraucht, d.h. wenn wir in 3
Wochen nach St. Petersburg wollen, sollen wir da wieder für eine
neue Versicherung blechen. Na ja wir hätten eben zuhause bleiben
müssen?
Lesen können wir aber nichts, alles kyrillischer Buchstabensalat,
aber ich muß 4 x unterschreiben, na auch gut.
(diese Photos sind Geheimmaterial- also verboten)
Die Grenzer sind alle ausgesprochen freundlich, nicht wie in der
früheren DDR, die ich oft als Berliner genossen habe. Am besten
waren zwei junge Soldaten, die sich voll Interesse alle Fächer, Türen
und Klappen öffnen lassen, man merkt sie staunen nicht schlecht
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über Dusche, Betten, Kühlschrank und Fernseher. Wie werden sie
selbst als Grenzer leben, hoffentlich entsteht dadurch nicht zu
großer Neid?
Insgesamt sind wir mit 2 ½ Std.gut bedient.
Jetzt erst einmal Rubel besorgen, die ich an einer Tankstelle kriege,
danach Entziffern der kyrillischen Ortsschilder, aber Heidy hat ihre
Schulaufgaben gut gelernt und kann immer besser entziffern.
Die ersten 50 km über holprige Strecke, fast wie in Polen, auffallend
die fast völlig brach liegende Landwirtschaft, alles fast Marschland
und die Natur wächst, wie sie will. Toll, so viele Störche wie hier ,
haben wir in ganz Polen nicht gesehen. Die Dörfer erschreckend,
kaum neue Häuser, die anderen oft baufällig, dafür oft mit schönen
blühenden Gärten. Am Wegrand bieten viele Leute Gemüse,
Kartoffeln und gepflückte Beeren an, aber wir schauen nur, kaufen
lieber nichts.
In einem kleinen Dorf ein deutscher
Soldatenfriedhof, fast alle Gefallenen
vom 20.8.1914, eine sehr gepflegte
Anlage.
Die erste Stadt, die wir uns ansehen, ist Insterburg, jetzt
Tschernjachowsk, die kyrillische Schreibweise muß ich den Lesern
ersparen, mein Laptop kann kein russisch, und ich auch nicht.
Wir sehen gleich das sehenswerte Gebäude der neogotischen Kirche
mit seinen drei Türmen, heute als russisch-orthodoxe Kirche, das
Innere sehenswert, toll!
Vorsicht allen Schnellfahrern, die Polizei ist präsent, ich fahre meist
lieber nur 70, selten auf der guten Strecke nach Kaliningrad auch
80 km/h. Ein Rat aus dem Internet genügend 5,-€ Scheine
mitzunehmen, die Polizei soll es sehr schätzen, und nie motzen,
denn ansonsten kann ein Protokoll auf der nächsten Wache gemacht
werden und der Führerschein kann schnell für 2 Wochen
verschwinden, hoffentlich erleben wir das nicht.
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7 km vor Königsberg passt Heidy gut auf und
findet auf Anhieb direkt neben der Straße das
Hotel Baltika, einzige Möglichkeit, daneben zu
Campen. Sicher von einem Campingplatz keine
Spur, sondern ein Wiesenstreifen hinter dem
Hotel, aber immerhin mit Strom, der
Verteilerkasten sehenswert, aber nichts für
deutschen TÜV ? Sanitäranlagen können wir im
Hotel mitbenutzen, aber wir haben unser
eigenes Bad.
Morgen fährt alle 10 Min. der Bus vom Hotel in die Stadt, also wir
ersparen uns das Verkehrsgewusel.
Dienstag, 26. Juli 2005
Heute fahren wir nach Königsberg mit
dem Bus, der nicht kam, aber das
Schweizer Ehepaar neben uns findet
ein Taxi, und wir teilen uns 10,-€ und
lassen uns zum Hansaplatz fahren,
heutiger Mittelpunkt von Kaliningrad.
Literatur für diese Reise :
1. Reise Know-How - Litauen mit Kaliningrad von Günter
Schäfer
ISBN 3-89416-169-8 3.Auflage 2000
Leider nur auf 40 Seiten wird dieses Land beschrieben,
etwas knapp, aber immerhin.
Straßenkarte dürftig, keine Kyrillischen Namen, die aber nur
an den Straßenecken zu finden sind. Auch andere Orte sind
nicht mit allzu großem Interesse beschrieben. War der Autor
überhaupt schon mal hier? Ich zweifle.
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2. Fernes nahes Land – Begegnungen in Ostpreußen von
Fernsehautor Klaus Bednarz erschienen bei Hoffmann und
Campe ISBN 3-455-11059-2 von 1995
Dieses Buch haben mir unsere mitreisenden Freunde zum
Geburtstag geschenkt. Ein Buch von einem Ostpreußen für
Liebhaber, die das Land kennen lernen wollen. Mit einem
Fernsehteam war Bednarz im gesamten Ostpreußen
unterwegs und bringt schöne Geschichten über diese
Gegend, über Menschen, die dort leben und arbeiten. Schön
wäre eine Neuauflage durch eine nochmalige Reise und um
weiter zu recherchieren, denn es tut sich doch einiges hier.
3. Wenig brauchbares lieferte dagegen der ADAC, wie kann
man auch hierher reisen wollen
4. Karte : Wichtig ist die Karte einmal in Kyrillischer Schrift,
daneben lateinische Namen und auch den alten deutschen
Namen, wir benutzen unsere Baltikum Karte des ADAC
Estland-Lettland – Litauen gültig bis Ende 2006
Kaliningrad/Königsberg
Diese Stadt hat mich hierher geführt, auf der
Suche nach eigenen Spuren, vermutlich werde
ich sie nicht finden, denn ich war zu klein, als
wir hier wegmussten. Die Geschichte ist
Vergangenheit und das alte Königsberg wurde
zu 90% zerstört, alte Wohnhäuser alle
abgerissen, es ist eine neue, andere Stadt,
aber interessant, denn Spuren sind doch noch
vorhanden.
Am Hansaplatz
vor dem neuen
Nordbahnhof findet sich ein großer
Platz mit Springbrunnen, und als
erstes staunen wir über die
entstehende russisch-orthodoxe
Kirche, deren hohe typischen Kuppeln
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nach allen Seiten gold glänzen, man baut seit Jahren an ihr.
Direkt davor eine kleine hölzerne russ. orthod. Kirche, an der Seite
hängt eine große Glocke, der Innenraum mit wunderschönen Ikonen
geschmückt, ein Priester unterhält sich gerade mit Gläubigen, die
Frauen bedecken ihr Haupt mit einem Kopftuch, hunderte von
Kerzen erhellen das Innere.
Einige Straßenecken weiter finden wir
den riesigen Kolchosmarkt, Kleidung,
Haushaltswaren, eine eigene große
Fischhalle, in der wir uns mit
geräucherter Makrele und Räucherlachs
eindecken. Freundliche Verkäufer bieten
uns ihre Waren an, aber russ. Kaviar
muß es nicht sein. Danach
unüberschaubar die Halle mit Gemüse
und Obst aller Art, jetzt werden Weintrauben, Tomaten und Paprika
gekauft, nur eine Tragetasche müssen wir noch extra bezahlen. Jetzt
dürfen wir also auch noch unseren Einkauf durch die Stadt
schleppen, na toll.
Wir finden das Kantdenkmal. Der Philosoph,
der einst in der Königsberger AlbertinaUniversität unterrichtete, wird auch von den
Russen heute noch sehr verehrt. Seine
Erinnerung steht in einem Park nahe der
Universität. Wir werden in Deutsch
angesprochen und nehmen dem älteren Herrn
einige Karten und eine Zeitung, den
„Königsberger Express“ für 4,-€ ab. An 10,Rubeln ist nur der bettelnde junge Mann
interessiert, wir werden ihn später beim Bier
wieder sehen.
Weiteres Ziel ist der Dom der sich auf der Pregelinsel befindet.
Er wurde als einziges Zeitzeugnis wiederaufgebaut, die Trümmer
aller Häuser sind auf der Insel verschwunden, dafür ein leidlich
gepflegter Park entstanden mit verschiedenen Skulpturen.
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Im Dom befinden
sich heute
mehrere
Ausstellungen,
eine davon ist
wieder Kant
gewidmet. Leider ist innen keine Kirche
wiedererstanden, man hat auch keinen Bedarf,
der größte Teil der Bevölkerung ist russisch
und so ist hier im Kirchenschiff dafür ein schöner Veranstaltungsraum entstanden.
Nach inzwischen verspäteter Mittagspause in einem chinesischen
Lokal, wo ein junges Mädchen sogar etwas Deutsch versteht, haben
wir genug, finden zufällig unseren Bus in richtiger Richtung und
kommen für nur ca. 30 Cent zurück zu unserem Wohnmobil.
Mittwoch, 27. Juli 2005
Erst einmal die Stimmung jetzt am
Nachmittag, wir stehen hier am Rande
von Rybacj/Rossitten 50 m vor der
Küste des Kurischen Haff auf einer
großen Wiese. Hinter uns die letzten
Häuser von Rossiten durch die wir
langsam einen Schotterweg hierher
gefahren sind.
Im Hintergrund meckern ein paar Ziegen und auf der Wiese
summen die Insekten. Der Himmel leicht bewölkt, aber blau, die
Natur friedlich bei 20,7° C, und es ist ½ 6 Uhr abends. Die Zeit
scheint hier stehen geblieben zu sein, im Ort kaum neue Häuser,
andere wirken heruntergekommen. Am Wohnmobil geht ein Fußweg
entlang Richtung Wasser, ab und zu kommen Leute vorbei, Kinder,
junge Menschen anscheinend mit Badetaschen werfen uns einen
erstaunten Blick zu, aber lassen uns in Ruhe. Wir sind gespannt, ob
wir hier stehen können, aber warum auch nicht.
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Jetzt zurück zum Verlauf des Tages, gestern haben wir uns spontan
entschieden noch eine Rundfahrt entlang dem Küstenverlauf zu
machen, ehe wir auf die Kurische Nehrung gehen.
Wir standen 2 Nächte neben dem Hotel Baltika 7 km vor Königsberg
an der A 229 oder E 28 haben ruhig und gut geschlafen, zuletzt
waren wir 4 Wohnmobile, sicher könnten hier 20 stehen. Nach
üblichem Aufräumen, Strom abhängen und herabfahren von den
Keilen gehen wir auf die Straße. Biegen aber sofort rechts ab
Richtung Baltijsk/Pillau die Straße 193, eine Umgehung von
Königsberg über Svetlyj erreichen wir bald Primorsk und danach
Jantarnyi/Palmnikken.
Hier im Ort sofort eine Alte Backsteinkirche, heute natürlich
russ.orthodox, ich gehe hinein mache meine Aufnahmen und schon
kommt ein ca. 8 Jahre alter Junge und bietet seinen Bernstein feil.
Einer hätte mir gefallen, geschliffen und mit Einschluss einer kleinen
Fliege, ist er wirklich echt - aber 10,-€ sind mir zuviel. In die Kirche
verfolgt er mich nicht, bekreuzigt sich aber 3 x am Tor.
In der Kirche eine alte Frau , der ich 4
kl. Ikonenbildchen abkaufe, 25,- Rubel/
Stück sicher in Ordnung, mit einer
größeren Kerze, die ich für meine Seele
und unsere Reise entzünde, gebe ich
5,-€, dafür
verabschiedet
mich das
Mütterchen mit herzlichem „Auf Wiedersehen“.
Auf dem Weg schon ein großes Denkmal der
Roten Armee und jetzt hier ein weiteres zu
Ehren von Gefallenen.
Hier, in Jantany/Palmnikken soll irgendwo
auch ein schönes Bernsteinmuseum sein, und
man kann auch selbst Bernstein an den
Abflussrohren der Mine fischen.
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Jantar heißt Bernstein, der Ort also kein Seebad, sondern
die wichtigste Bernsteinmine. Der Bernstein liegt in 40-50 m
Tiefe in einer Schicht blauer Erde. 1 ½ To der Erde enthalten
zwei Kilo Bernstein, 500-600 Kilo werden Jährlich aus der
blauen Erde geholt, das sind 94% der Weltproduktion
Auf der Straße 192 geht es weiter
Richtung noch durch das Seebad
Swedlogorsk/Rauschen und kurz
danach Zelenogradsk/ Cranz (vom
litauischen Krantas = Strand, Ufer) das
mondänste Seebad. Aber die Zeit hat
alles verändert, die Strandpromenade
aus Holz jetzt eine Betonpiste, auch die
früheren Strandkörbe sind alle
verschwunden. Wir werfen einen Blick auf die Ostsee und erstehen
ein Bernsteinherz, ist es echt?
Wir verlassen den Ort und passieren die
Schranke zur Nehrung, aber unser „Bus“ mit
2 Personen kostet eine Maut von 1820,Rubel, d.h. ca. > 60,-€, ganz schön
„happisch“ oder. Die Straße ist gut, rechts
und links der Straße dichter
Laubbaumbestand als Schutz der Nehrung,
immer wieder kleine Parkplätze re.und li. von
hier kann man entweder zur Ostsee oder
zum Haff, Kursskaja kosa oder Kursskij zaliv und man fährt über
die Kurische Nehrung/ Kursskaja Nosa.
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Wie oben beschrieben, suchen wir eine freie
Übernachtung in Rossitten/Rybatschij (russ.
ryba= Fisch), der Vogelschutzwarte auf der
Nehrung. Hier wurden schon im Mittelalter
Falken gefangen und für die Jagd verkauft,
heute werden hier Vögel beringt, es kommen
ca. 600.000 Zugvögel in der Saison durch.
Wir halten an einer kleinen Backsteinkirche mit
Erinnerungskreuz für die ehemaligen
deutschen Bewohner von Rossitten, leider ist
die Kirche geschlossen.
Irgendwann laufe ich einen Weg entlang, um zu sehen wo er endet,
dabei spricht mich hinter einem Gartenzaun ein älterer Mann im
Rollstuhl auf Deutsch an, kennt er mich, ich frage ob wir hier
übernachten können und er weiß nicht, aber ich soll selbst sehen
und so stehen wir plötzlich in freier Natur.
Um es vorwegzunehmen, wir wurden überhaupt nicht gestört und
konnten sehr gut schlafen.
Die ältere Damen, die Ihre Ziegen heimholte, dagegen sicher nicht,
denn eine fehlte ihr und auch am nächsten Morgen war sie noch
nicht wieder aufgetaucht, Heidy hat sie nachts schreien gehört,
hoffentlich findet sich das Zicklein wieder an.
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Donnerstag, 28. Juli 2005
Früh aufgestanden und weiter geht’s. Wir müssen aus Russland
wieder raus, denn wir hatten uns bei der Einreise für einen
Aufenthalt bis zum 28.7. entscheiden müssen.
Unterwegs machen wir noch Halt, parken und laufen die 50 m zum
Ostsseestrand, toll nach beiden Richtungen endloser Sandstrand.
Nach kurzer Zeit erscheint ein FKK Badender, warum nicht, ich
mache es ihm nach, herrlich das Wasser erfrischend nur die
Brandung etwas zu stark, ich lasse mich noch lufttrocknen und
weiter geht’s.
2 km vor der Grenze die erste Vorkontrolle, dann das übliche Warten
in der Schlange, die Abfertigung völlig problemlos, nur ein kurzer
Blick in das Wohnmobil, keinerlei Fragen nach Devisen oder
anderem, nur nach Jantar, das ist von Interesse, hat man etwa
Bernstein ausgeführt – nein, das Herz an Heidy’s Hals hat sie schon
ewig.
Das war unser erster Ausflug nach Russland – wir freuen uns bereits
auf den nächsten.
Russland oder besser Kaliningradskaja Oblast
ist sicher eine Reise wert, will man einen persönlichen Eindruck von
dem alten deutschen Gebiet, und hat man eine persönliche
Beziehung wie ich.
Viel von alter deutscher Kultur ist kaum mehr zu finden, evtl mehr
an den unzerstörten kleinen Badeorten, wie Palmnikken und
Rauschen, die auch heute wieder dem Tourismus erschlossen sind,
selbst der kleine Junge konnte Deutsch und uns seinen Bernstein
anbieten. Ansonsten schwer sich zu verständigen, kaum Deutsch
oder Englisch, eher noch in den Hotels. Die einzige größere Stadt die
wir besuchten, war Insterburg, zwar viele neuere Gebäude, aber
auch eine alte schöne Backsteinkirche mit drei Türmen. Es ist egal
ob früher evangelisch oder katholisch, jetzt eben russisch-orthodox,
aber gibt es nicht nur einen Gott, zu dem die Menschen beten?
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Eine Rückkehr der Deutschen bei fast einer Million Russen ist und
bleibt für mich undenkbar, oder glaubt einer Polen möchte wieder
eingeschlossen sein nach beiden Seiten von Deutschland? Sicher,
traumhafte Küstenregion, die Bernsteinmine in Palmnikken wird sich
Russland nie nehmen lassen. Königsberg heißt Kaliningrad und will
es bleiben, denn 90 % der alten Häuser sind verschwunden, oder
meint einer das alte Schloss würde wieder aufgebaut, wie die
Frauenkirche, ein unsinniges Objekt und wer soll es bezahlen?
Stimmt mein Gefühl, war ich schon einmal hier, aber zurückkehren
will ich sicher nicht. Die Stadt Königsberg ist mit diesem Besuch also
in meiner Vergangenheit abgeschlossen – Ende und mehr wollte ich
auch hier nicht.
Es gab keinerlei Anzeichen für irgendwelche kriminellen Übergriffe,
sicher versucht man uns Bernstein anzudrehen, wir haben einem
offensichtlich armen jungen Mann 10,-Rubel geschenkt (die er sicher
längst in Bier umgesetzt hat), irgendeiner wollte Euro tauschen, ein
anderer mir alte Münzen andrehen – na und passiert überall in der
Welt. Also wer Angst hat, soll zuhause bleiben, wer sich aber einen
Eindruck verschaffen will, muß ihn sich an Ort und Stelle holen.
Eine normale Vorsicht reicht, nicht leichtsinnig werden und das
eigene Wohnmobil kann ebenso in Deutschland gestohlen oder
aufgebrochen werden.
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