Vereinigung unabhängiger Treuhänder für die Private

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Vereinigung unabhängiger Treuhänder für die Private
Vereinigung unabhängiger Treuhänder für die
Private Krankenversicherung e.V.
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Stellungnahme der
„Vereinigung unabhängiger Treuhänder für die Private Krankenversicherung e.V.“ (VuT)
zur Konsultation 11/2008 („Sterblichkeits-AF“/ KalV-Änderung)
In 1968 wurde der Ausschuss „Gemeinsame Kommission Anpassung und Sanierung
(BAV/PKV)“ ins Leben gerufen, um zu untersuchen, wie außergewöhnliche Prämienerhöhungen
vermieden werden können.
In seinem Bericht über das Ergebnis ist insbesondere festgehalten (vgl. VerBAV 1970, Nr.5;
Schreiben an alle KrankenVU vom 08. Mai 1970, III-A-102/70):
Die rechtzeitige Durchführung von Tarifsanierungen ist der beste Weg zur
Vermeidung erheblicher Prämienerhöhungen (Abschn. IV).
Bei Tarifen mit einer (sinnvollen) Beitragsanpassungsklausel wird sichergestellt, dass
Sanierungen rechtzeitig erfolgen (Abschn. V).
(Dies wird auch unterstrichen und näher ausgeführt im „Leitfaden der Privaten Krankenversicherung“ von BalzerJäger, Kapitel K „Beitragserhöhungen“, Abschn. IV 2 b „Rechtzeitigkeit.)
Dieses bewährte Postulat der Rechtzeitigkeit erfüllt die zur Diskussion gestellte Änderung der
KalV nach Meinung der VuT nicht ausreichend.
Nicht nachvollziehbar und rechtswidrig erscheint die vorgesehene Auslegung der in § 12b Abs.
2a und §12c Abs. 1 Nr. 4 VAG expressis verbis angesprochenen „kalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten“ durch die „zum Zeitpunkt der letzten Kalkulation zuletzt von der Aufsichtsbehörde veröffentlichte Tafel“.
Ebenso wie die kalkulierten Versicherungsleistungen stehen die kalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten unverrückbar fest.
Die aus den BaFin-Veröffentlichungen ableitbaren Sterblichkeitsänderungen, die nach der Begründung zu § 14a Absatz 1 KalV die tarifindividuellen Sterblichkeitsänderungen hinreichend
genau abbilden sollen, sind u.E. allenfalls bei der Bestimmung der begrifflich unbestimmteren
„erforderlichen Sterbewahrscheinlichkeiten“ heranzuziehen.
Setzt man sich über diesen Einwand hinweg, bleibt die Erkenntnis, dass der Ausdruck „die zum
Zeitpunkt der letzten Kalkulation zuletzt von der Aufsichtsbehörde veröffentlichte Tafel“ interpretationsbedürftig ist und deshalb konkretisiert werden müsste.
Möglicher Zeitpunkt der letzten Kalkulation könnte beispielsweise der Beginn der Kalkulation
im VU (die Kalkulation erstreckt sich regelmäßig über einen Zeitraum , entspricht also keinem
Zeitpunkt), der Zeitpunkt der Vorlage der aktualisierten Technischen Berechnungsgrundlagen
beim Treuhänder, der Zustimmungszeitpunkt des Treuhänders oder auch der Beitragsanpassungs-/ Tarifeinführungstermin sein.
Die reine AGG-Umstellung gemäß § 19 Absatz 6 Satz 3 KalV dürfte nicht unter den Begriff
Kalkulation im obigen Sinne fallen.
Im Übrigen ist unklar, wie künftig verfahren werden soll, wenn in einem schon länger bestehenden Tarif für den jeweiligen Neuzugang – evtl. mehrfach – stets die damals aktuelle veröffent-
Sitz: Düsseldorf, Postanschrift: 21502 Geesthacht, Habichtstraße 10, Telefon 04152/836841, Telefax 04152/836842
Internet: www.treuhaender-pkv.de
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Vorsitzender: Dipl.-Math. Harald Kobs, Geesthacht
Stellv. Vors.: Dipl.-Math. Dieter Förster, Neulußheim, RA Dr. jur. Gerhard Heinemann, Hamburg
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lichte Sterbetafel eingeführt wurde (d.h. mehrere Sterbetafeln je Tarif-Beobachtungseinheit),
während alle anderen Rechnungsgrundlagen (wegen eines Schaden-AF innerhalb des Toleranzintervalls) beibehalten wurden bzw. werden mussten.
Unzumutbare Beitragserhöhungen bzw. Beitragssprünge durch Sterblichkeitsveränderungen
(insbesondere in Kumulation mit gestiegenen Krankheitskosten) sollten mit der neuen Festlegung (in noch stärkerem Maße als bisher) vermieden werden (vgl. auch Begründung zu § 203
Abs. 2 VVG, Drucksache 16/3945).
Der Sterblichkeits-AF wird u.E. aber eine untergeordnete Rolle spielen, da die gesetzlich festgelegte Toleranzgrenze von 5 % nur in seltenen Fällen alleine (ohne gleichzeitiges Anschlagen des
Schaden-AF) überschritten werden dürfte.
Bei der Zielsetzung „Vermeidung von Beitragssprüngen, die sich aus der Kumulierung von Anpassungserfordernissen ergeben können“ wäre statt einer isolierten Betrachtung der maßgeblichen Rechnungsgrundlagen „Versicherungsleistungen“ und „Sterblichkeit“ eine (ggf. zusätzliche) gemeinsame Betrachtung sinnvoller gewesen, z.B. in Form eines gemeinsamen AF.
Bei Betrachtung der (beim Ziel „Beitragsverstetigung“ grundsätzlich zu begrüßenden) detaillierten Bestimmungsmethode für den Sterblichkeits-AF werden einmal mehr die Schwächen des
gewichtigeren „Schaden-AF“ verdeutlicht, der nach KalV mit einem komprimierenden Pauschalverfahren herzuleiten ist.
Dieses Pauschalverfahren (AF abhängig von der Bestandszusammensetzung, keine Unterteilung
nach Altersbereichen) führt in vielen Fällen zu Ergebnissen, die als Maß für eine Änderung der
Versicherungsleistungen (ggf. für die Änderung der Kopfschäden nur eines Altersbereichs) ungeeignet sind.
Das Pauschalverfahren verdeckt in diesen Fällen eine als nicht nur vorübergehend anzusehende
Veränderung der Rechnungsgrundlage „Kopfschäden“ und damit einen entsprechenden Beitragskorrekturbedarf (zumindest in bestimmten Altersbereichen).
Die geplante feingliedrige Methodik beim Sterblichkeits-AF sollte den Anstoß geben, zukünftig
auch beim Schaden-AF über eine weniger pauschalierte und dafür sachgerechtere und zielorientiertere Bestimmungsmethodik und ihre Umsetzung nachzudenken.
(31.07.2008)