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Erfahrungsbericht Südkorea Der Anfang – Motivation, Bewerbung und Vorbereitung Da ich bereits während der Schulzeit ein Jahr im Ausland verbracht hatte, was mir sehr gut gefallen hat, war für mich von Beginn des Studiums an klar, dass ich ein Auslands-­‐
semester absolvieren möchte. Um in eine komplett andere und unbekannte Kultur ein-­‐
zutauchen habe ich mich diesmal für Asien entschieden. Da unsere Universität viele Partneruniversitäten dort hat, fiel die Wahl nicht ganz leicht. Deshalb habe ich mich im Hochschulbüro für Internationales beraten lassen und mich nach Vergleich des englischsprachigen Kursangebots für die Ajou University in Suwon, Korea entschieden. „Nord oder Süd?“ war die Standardfrage, wenn ich anderen von meinen Plänen erzählt habe. Doofe Frage -­‐ aber mal ganz ehrlich, was weiß ich selber über Korea, außer das es durch die am strengsten bewachte Grenze der Welt geteilt wird? Dieses Land ist bekannt für Firmen wie Samsung, LG und Hyundai. Seit ein paar Jahren ist der Seouler Stadtteil Gangnam durch ein Lied des Sängers Psy bekannt geworden. Aber sonst? Wahrscheinlich wird viel Reis gegessen, es ist ja schließlich Asien! Aber die Sprache? Koreanisch? Ist bestimmt viel zu kompliziert mit den ganzen Schriftzeichen... Für mich war Südkorea ein völlig unbekanntes Land, die einzige mir bekannte Stadt die Hauptstadt Seoul, welche mir wahrscheinlich nur im Kopf geblieben ist, weil ich nie ge-­‐
nau wusste, wie sie ausgesprochen wird Nachdem meine Entscheidung getroffen war, musste ich abwarten, bis die Bewerbungs-­‐
zeit begann. Diese Zeit habe ich vorrangig genutzt um alle möglichen ToDo-­‐Listen zu schreiben um nichts zu vergessen, was für die Bewerbungen an der LUH und an der Ajou University, für ein Stipendium, den DAAD Sprachtest, den Reisepass und das Visum be-­‐
nötigt wurde. Hierfür musste ich Passfotos machen, Motivationsschreiben und Lebens-­‐
läufe in Englisch und Deutsch anfertigen, Empfehlungsschreiben von Professoren einholen und sogar ein Röntgenbild machen lassen. Außerdem habe ich angefangen, mich über Korea zu informieren, Bücher gelesen und mir fest vorgenommen, Koreanisch zu lernen. Obwohl ich mir ziemlich sicher war, dass ich in Suwon (einer 1 Mio. Einwohner Stadt) gut mit Englisch zurecht komme, war es mir wichtig, wenigstens ein paar grundlegende Sätze sprechen zu können. Anfangen musste ich natürlich damit, die Schrift zu entziffern -­‐ glücklicherweise hat sich herausgestellt, dass Koreaner ein einfaches Alphabet nutzen und keine so komplizierten Schriftzeichen wie die Chinesen. Somit konnte ich nach einer Woche bereits lesen! Leider bietet das hannoversche Fachsprachenzentrum keine Koreanisch-­‐Kurse an und auch sonst habe ich in Hannover keine Sprachkurse entdeckt, so dass ich mir Die letzte Station vor der Grenze: Koreanisch alleine mit Hilfe des Internets beigebracht Züge fahren hier nicht weiter habe. Nachdem ich mich dann im November beworben und Mitte Dezember die Zusage erhal-­‐
ten habe wurde es ernst. Flug buchen, Visum beantragen, für einen Wohnheimplatz be-­‐
werben, mich um die Krankenversicherung kümmern, eine Kreditkarte beantragen, Kurse wählen, ein Learning Agreement schreiben, einen Untermieter für mein WG Zim-­‐
mer in Deutschland finden, erste Mails mit einem mir zugeteilten koreanischen Buddy austauschen, Abschiedsparty planen... Und zwischendurch natürlich noch für Klausuren lernen. Ich hatte an einem Montag meine letzte mündliche Prüfung, habe Abends eine Abschiedsparty gefeiert und bin dienstags mittags von Hannover aus losgeflogen. Grund war, dass in Korea bereits am 1. März die Vorlesungen beginnen! Dadurch dass so viel zu tun war hielt sich meine Aufregung und Vorfreude gut im Zaum und richtig realisiert, dass es wirklich los geht habe ich es wohl erst im Flugzeug. Ankunft und Unterkunft Bereits im Flugzeug von Hannover nach Frankfurt habe ich eine Studentin der Hoch-­‐
schule Hannover getroffen, die genau das gleiche Ziel hatte wie ich. Dadurch konnten die Aufregung etwas besänftigt und die Wartezeit am Flughafen verkürzt werden. Nach 10 Stunden Flug endlich in Seoul angekommen, wurden wir von einer Gruppe ko-­‐
reanischer Studierender begrüßt. Sie haben den ganzen Tag dort auf ankommende Aus-­‐
tauschstudenten gewartet und uns den Weg zum Bus gezeigt. An der Zielbushaltestelle in Suwon nach der nicht ganz einstündigen Fahrt sind wir dann von weiteren Studenten begrüßt worden, die uns netterweise ein Taxi bis zur Uni bestellt haben, da der Weg mit unseren Koffern zu weit gewesen wäre. Die Ajou University zählt 14000 Studenten, mit mir haben 171 Austauschstudenten dort ein oder zwei Semester lang studiert. Die Universität hat einen Campus, auf dem es ne-­‐
ben den Gebäuden der verschiedenen Fakultäten und den 5 Wohnheimen noch einige weitere Einrichtungen gibt. So befindet sich dort ebenfalls die Universitätsbücherei, ein Buchladen, in dem die Kursbücher bestellt werden können, eine Post, eine Bank, das Universitätskrankenhaus, 5 Mensen, teilweise mit Café, eine Sporthalle, Fußball-­‐, Bas-­‐
ketball-­‐ und Tennisplätze, Convenience stores, Tische und Bänke um draußen zu sitzen sowie ein paar grüne Wiesen zum entspannen. Das Wohnheim, in welchem ich für die nächsten 4 Monate leben sollte, wurde erst im Frühjahr 2015 eröffnet, wir sind die ersten Studenten gewesen: Alle Möbel im Zimmer waren neu, Badezimmer und Küche sauber, das Fitnessstudio im Erdgeschoss mit neuen Geräten ausgestattet und man hat das ganze Semester über gesehen, wie neue Dinge wie beispielsweise Briefkästen und ein Snackautomat angeschafft und die Kücheneinrich-­‐
tung erweitert wurde! Dort fühlte ich mich sofort wohl. In diesem Wohnheim gibt es 8 Etagen, pro Etage etwa 20 Zimmer, in jedem Zimmer wohnen 2 Personen: ein Koreaner und ein Austauschstudent! Das war sehr gut, denn so habe ich mehr von der Kultur mitbekommen und gelernt. Meine koreanische Mitbewohnerin konnte zum Glück gebrochen Englisch sprechen, war sehr nett und aufgeschlossen, so dass wir auch mal was zusammen unternommen haben. Außerdem konnte ich mit ihrer Hilfe mein Koreanisch verbessern und auch wenn ich beispielsweise eine koreanische Internetseite besuchen oder eine Packungs-­‐
angabe lesen wollte, waren ihre Übersetzungen Gold wert. Kurios ist uns die strikte Geschlechtertrennung von Anfang an vorgekommen: Ein Flur ist entweder komplett männlich oder komplett weiblich. Das finde ich nachvollziehbar, aber selbst die Aufzüge waren getrennt: einer für die Männer, einer für die Frauen und einer für Professoren, denn in der obersten Etage gab es Wohnungen für Lehrpersonen. In unserem Wohnheim gab es nicht mal einen Raum, wo wir alle zusammen hätten sit-­‐
zen können, außer im Eingangsbereich oder im Fitnessstudio! Das Wohnheim war sehr sicher, manche sagen wir wurden stets gut überwacht: Rein-­‐
kommen konnte man nur mit der richtigen Studentenkarte, Besuch musste angemeldet und genehmigt werden. Im gesamten Wohnheim waren Kameras installiert und minde-­‐
stens einmal im Monat gab es eine zufällige Kontrolle des Zimmers, wobei z. B. nachge-­‐
schaut wurde, ob wir verbotenerweise Alkohol lagern oder unerlaubte elektrische Gerä-­‐
te besitzen. Die Atmosphäre im Wohnheim war trotz allem sehr angenehm, man hat immer Leute in der Küche, im Bad oder auf dem Flur zum quatschen gefunden und konnte abends ge-­‐
meinsam im „TV-­‐Room“ entspannen! Unileben Ich habe insgesamt 5 Kurse während des Semesters belegt. Leider wurde das Angebot der auf Englisch angebotenen Kurse im Januar derart geändert, dass es nur noch wenige für mein Studium (Computergestützte Ingenieurwissenschaften) relevante Kurse gab. Allerdings habe ich die Lücken mit Koreanisch, Business Englisch und einem weiteren Kurs in Richtung Business gedeckt und so doch einen guten Stundenplan gehabt. Pro Kurs hört man an der Ajou University 2 Vorlesungen in der Woche für jeweils 75 Minuten. Die erstmögliche Vorlesung beginnt um 9 Uhr, die letztmögliche endet um 17.50 Uhr. Es gibt eine Anwesenheitspflicht, die mit einem Kartenlesegerät und integrierter Kamera am Eingang des Klassenraums kontrolliert wird; wer öfter als 8 Mal fehlt ist durchgefallen. Die Endnote setzt sich, anders als ich das in Hannover gewohnt bin, aus der Anwesenheit, Hausaufgaben, Präsentationen, einer Zwischenprüfung in der Mitte des Semesters und der Endprüfung zusammen. Übungen gab es nicht, nur in einem Pro-­‐
grammierkurs hatten wir einmal die Woche eine Art Tutorium in welchem wir die Hausaufgaben bearbeiten und Fragen stellen konnten. Durch dieses System kam es mir persönlich oft vor als wäre ich nicht an einer Universität, sondern an einer Schule. Da in Koreanisch Level 1 erstmal ziemlich lange das Alphabet gelernt wird, habe ich den Aufnahmetest für Level 2 mitgeschrieben und glücklicherweise auch bestanden, so dass ich in einem etwas fortgeschritteneren Kurs unterrichtet wurde. Das Level war perfekt, da mir noch einiges an Vokabular fehlte, die Grammatik aber teilweise nur Wiederho-­‐
lung war. Zum Ende des Semesters habe ich mich immer öfter auf Koreanisch mit mei-­‐
nen koreanischen Freunden unterhalten und besonders bei KakaoTalk (das ist das ko-­‐
reanische Pendant zu WhatsApp) geschrieben, wodurch sich mein Koreanisch immer weiter verbessert hat. In vielen Kursen wurde in Gruppen gearbeitet, was ich als ziemlich großen Zeitaufwand empfand, da es nicht immer einfach war, einen gemeinsamen Termin in den Stunden-­‐
plänen zu finden. Die Gruppen waren meist gemischt, mit Koreanern und Austauschstu-­‐
denten, was zu einer guten kulturellen Mischung geführt hat, obwohl die Verständigung auf Englisch nicht immer ganz reibungslos lief. Meine Kurse waren zwar alle auf Englisch, allerdings hatte ich in zwei Kursen koreani-­‐
sche Lehrer, die alles noch mal auf Koreanisch übersetzt haben. Hier durfte man in den Prüfungen auch auf koreanisch antworten, wenn man wollte, aber das habe ich doch lieber gelassen!  Für die Prüfungen gab es in der Mitte und am Ende des Semesters jeweils eine Woche, in der alle Klausuren geschrieben wurden. Ich hatte also 5 Prüfungen an 5 Tagen, was zwar anstrengend, aber noch machbar war, obwohl 2 auf den gleichen Tag gefallen sind. Mei-­‐
ne Mitbewohnerin hat 9 Prüfungen in einer Woche geschrieben und quasi in der Uni-­‐
Bibliothek gelebt. Teilweise musste man dort sogar Schlange stehen, um einen Sitzplatz zum Lernen zu ergattern! Hier ist sehr deutlich geworden wie strebsam und fleißig ko-­‐
reanische Studenten sind. An der Ajou University gibt es sehr viele studentische Clubs. Gruppen die singen, tanzen, Sport oder Musik machen, einfache Interessensgruppen (Geschichtsklub, Umweltklub), und und und. Da fiel die Wahl wirklich nicht leicht, doch ich habe mich dazu entschieden, zweimal die Woche zum Boxtraining zu gehen. Diese Entscheidung habe ich nicht be-­‐
reut, denn es hat wirklich Spaß gemacht! Auch wenn ich vorher keine Ahnung vom Bo-­‐
xen hatte, haben sich die Trainer (selbst noch Studenten) die Zeit genommen, mir und anderen Anfängern alles beizubringen und sich sehr bemüht auf Englisch zu reden. Die Gruppe bestand hauptsächlich aus Koreanern und auch die weiblichen Studenten waren deutlich in der Unterzahl, aber die Mitglieder waren alle sehr nett und aufgeschlossen. Jeder Klub macht einmal im Semester ein „Membership Training“ – einen ein Wochen-­‐
ende langen Ausflug um die anderen Clubmitglieder besser kennen zu lernen und die Gemeinschaft zu stärken. Dazu sind wir auf einen Campingplatz in der Nähe von Seoul gefahren. Von der Universität selbst wurden 2 Musik-­‐
Festivals organisiert. Das erste war im April, das zweite und größere im Mai. Nachmittags wird an Ständen Essen, Trinken und Selbstgemachtes (Armbänder, Seifen, Karten, ...) von den Clubs verkauft und Abends gibt es dann Konzerte – komplett umsonst! Zunächst sind Gruppen der Universität aufgetreten und haben getanzt und gesungen, später kamen dann (in Korea) bekanntere Sänger und Bands. So kam es, dass ich ein Konzert von Psy erleben durfte -­‐ das war ein unglaubliches Erlebnis, das ich nicht vergessen werde! Außerdem wurden vom International Office eine Besichtigung von Hyundai sowie ein Wochenendausflug an die Ostküste organisiert. Jedem Austauschstudenten wurde ein koreanischer Student als Buddy zur Seite gestellt, um bei Fragen und Problemen helfen zu können. Diese Gruppe von Buddies hat bei-­‐
spielsweise mehrere Filmabende veranstaltet oder zu anderen Feiern eingeladen, so dass ein enger Kontakt entstanden ist und man direkt Anschluss finden konnte. Freizeit und sonstige Aktivitäten Mein erster Ausflug in die Innenstadt mit zwei weiteren Austauschstudenten glich ei-­‐
nem kleinen Abenteuer. Mit Stadtplan gewappnet haben wir uns auf den Weg gemacht, ohne ein richtiges Ziel vor Augen zu haben. Doch leider haben wir von Anfang an gar nicht wirklich verstanden, wo wir uns überhaupt auf der Karte befinden. Aber egal, wir finden schon was Interessantes! Doch als wir dann nicht mehr sicher waren, ob wir bes-­‐
ser links oder rechts abbiegen sollten, um Richtung Innenstadt zu gehen, haben wir den ersten Passanten gestoppt um nachzufragen. Leider ohne Erfolg, denn er konnte kein Englisch. Dass dies keine Ausnahme ist, haben wir dann sehr schnell feststellen müssen. Selbst die jüngere Generation hatte große Schwierigkeiten damit, Englisch zu reden. Je-­‐
doch waren alle Einheimischen immer sehr hilfsbereit und haben uns trotzdem lange auf Koreanisch und mit Händen und Füßen den Weg erklärt oder anderweitig geholfen! Den Weg in die Innenstadt haben wir dann doch gefunden und waren beeindruckt: Wir sind an einer alten Stadtmauer angekommen und haben mitten in der Stadt ein tempelartiges Gebäude entdeckt! Außerdem sind wir auf einem traditionellen Markt gelandet, mit vielen Ständen die mehr und weniger gut aussehenden Essen verkauften und wo sich Verkaufsstände tummelten, die alles Mögliche an Kleidung angeboten haben! Ganz anders als jede Innenstadt die ich in Deutschland gesehen habe. Die Geschäfte wa-­‐
ren meist sehr klein und hatten günstige Kleidung; allerdings darf man T-­‐Shirts in Ein-­‐
heitsgröße auch meistens gar nicht anprobieren. Die Lebensmittel auf dem Markt waren ebenfalls eine Neuheit für mich: Der Fisch lag unverpackt dort, ein paar Schweineköpfe haben mich aus Vitrinen angeschaut und es gab viel Gemüse das ich aus Deutschland nicht kannte. Unsere Wochenenden haben wir immer gut genutzt, um vom Campus runter und aus Suwon raus zu kommen. Meist sind wir in das etwa eine Stunde entfernte Seoul gefah-­‐
ren. Unseren Studentenausweis konnte man mit Geld aufladen und dann bequem damit den Bus und auch die U-­‐Bahnen in Seoul bezahlen. Für die einstündige Fahrt haben wir um die 2 Euro bezahlt, also wirklich nicht viel! Seoul hat 10 Millionen Einwohner und es gibt sehr viel zu sehen, jeder Stadtteil hat einen eigenen Charakter und wird unter-­‐
schiedlich genutzt. So haben wir viele Tempel und Museen angeschaut, sind Shoppen gegangen, auf Parties gewesen, haben die vielen Parks genossen, sind durch Geschäfts-­‐
viertel mit reihenweise Wolkenkratzern oder aber Studentenviertel geschlendert. Ein Highlight war ganz klar die Radtour mit einer Freundin entlang des Hangang, das ist der Fluss der durch Seoul fließt. Beeindruckend fand ich besonders die Mischung aus Tradition und Moderne: Auf der einen Seite gibt es viele Tempel, alte oder zumindest alt aussehende Gebäude, kleine, voll gestellte Geschäfte und winzige Gassen durch die Mofas und Fahrräder mit viel zu viel Gepäck fahren. Auf der anderen Seite gibt es moderne Hochhäuser, Geschäftsperso-­‐
nen die in der Mittagspause einen kalten Americano „to go“ mitnehmen, Galerien und Kunstviertel, unabhängig vom Alter drückt jeder während der Bahnfahrt auf dem Smartphone herum und die Straßen sind teilweise auch mitten in der Stadt 3 spurig! Da Korea zu 70 Prozent aus Bergen besteht, haben wir uns das zu Nutze gemacht und sind ein paar Mal wan-­‐
dern gewesen. Die Koreaner lieben das Wandern sehr. Egal wo man un-­‐
terwegs ist, man trifft stets auf gut gelaunte Wanderer, zwischen 40 und 70 Jahre alt, perfekt ausgerüstet mit Wanderstöcken, Sonnenhut und Lunchpaket! Viele haben sich gefreut, wenn sie uns Ausländer gesehen haben und waren neugierig, wo wir her kommen und weshalb wir in Korea sind. Was nicht verwunderlich ist, denn in Korea liegt der Ausländeranteil bei nur etwa 2%! Auf dem Campus ist das nicht so sehr aufgefallen, da wir mit 171 Austauschstudenten und noch weiteren permanent Studierenden schon eine recht große Gruppe waren. Aber ich erinnere mich gut an eine Situation, wo ich an einer Gruppe Grundschülern vorbei gegangen bin, alle mich angestarrt haben und „Oh, guck mal, eine Ausländerin“ getu-­‐
schelt haben! Ansonsten sind wir gerne in Bars, Kneipen oder eines der unzähligen Cafés gegangen, um es uns bei einem Green Tea Latte gemütlich zu machen. Abends ging es ganz vorur-­‐
teilsfrei auch öfter mal in ein „Noraebang“ (wörtlich: Singraum, sprich: Karaokebar), die in Korea ein anderes Konzept verfolgt als ich das aus Hannover kenne: Mit einer Gruppe von Freunden mietet man einen Raum für eine Stunde (oder zwei, oder drei) in dem ein Beamer den Liedtext mit (nicht immer passendem) Video an eine Leinwand projiziert. Die Musik kann aus einem dicken Buch ausgewählt werden, es gibt sowohl koreanische als auch internationale Lieder. Ganz egal ob man ein guter oder schlechter Sänger ist, jeder macht mit und es macht unglaublich viel Spaß! Selber nicht ausprobiert habe ich die weit verbreiteten sogenannten PC bangs (wörtlich: PC Räume). Ich habe mir allerdings sagen lassen, dass viele junge Koreaner dort ihre Nächte in Computerspiele vertieft verbringen. Essen und Verpflegung Einen sehr großen Unterschied zur westlichen Kultur stellt das Essen dar. Für mich als Vegetarierin war es eine besondere Herausforderung, denn viele Auswahlmöglichkeiten gab es nicht; in Restaurants gab es oft gar kein vegetarisches Gericht und in der Mensa habe ich meist nachgefragt, damit mein Gericht ohne Fleisch zubereitet wurde. Essen mit Koreanern ist immer sehr gesellig. In Restaurants bestellt selten jeder für sich ein Gericht, sondern alles wird geteilt. So kommt es, dass alle um eine Schüssel oder ei-­‐
nen großen „Pfannkuchen“ herum sitzen und mit ihren Stäbchen davon essen. Einen eigenen Teller hat man dabei im Normalfall nicht. Mir gefällt diese Art des Essens sehr gut, die Atmosphäre ist total locker und entspannt. Messer habe ich sehr selten gesehen und Gabeln auch nur in Ausnahmefällen; Stan-­‐
dardwerkzeug sind 2 Stäbchen und ein Löffel. Falls doch mal etwas klein geschnitten werden musste, wurde eine Schere zur Hilfe genommen! Teilweise gibt es traditionelle Restaurants in denen an niedrigen Tischen auf dem Boden sitzend gegessen wird (woran sich die Beine nach dem Essen meist gerächt haben), in der Regel gibt es jedoch einen Tisch mit regulären Stühlen. Ein typisch koreanisches Essen besteht aus dem Hauptgericht mit mindestens drei Schüsseln Beilagen, die kostenlos nachgefüllt werden und bei denen Kimchi (scharf ein-­‐
gelegter Kohl) nicht fehlen darf. Meistens ist es ziemlich scharf, aber ich habe mich schnell daran gewöhnt und die koreanische Chilipaste (Gochujang) liebgewonnen! Wenn das Hauptgericht selbst nicht aus Reis besteht, wird dieser meistens in einer separaten Schüssel dazu gereicht. Sehr viele Restaurants haben sich allerdings auch ganz reisfrei auf Chicken spezialisiert, welches mit Pommes und verschiedenen Soßen serviert wird! Eine weitere Spezialität ist koreanisches Barbecue: alle sitzen um eine heiße Grillplatte herum und legen das Fleisch sowie alles was es an Beilagen gibt nach und nach auf den Grill. Jeder nimmt sich davon was er möchte, wickelt dies in ein großes Salat-­‐ oder Se-­‐
samblatt und dippt es dann in eine Soße. In der Mensa konnte man für ca. 2,90 Euro Mittag oder Abend essen, auch am Wochenende hatte eine der Mensen offen. Frühstück hätte man ebenfalls bekommen können, aber das habe ich nur zu Beginn einmal probiert: Besonders Reis zum Frühstück konnte und wollte ich mir einfach nicht angewöhnen. Nicht nur das gemeinsame Essen ist gesellig, auch die koreanische Trinkkultur ist sehr ausgeprägt. Das Lieblingsgetränk ist Soju, ein Reisschnaps mit etwa 20 % Alkoholanteil, der Mensaessen: Bibimbap mit Beilagen entweder als Kurzer oder mit Bier gemischt ge-­‐ trunken wird. Ansonsten gibt es noch Makgeolli, eine Art trüben Reiswein, der aus Schüsseln getrunken wird und eine dickflüssigere, milchähnliche Konsistenz hat. Korea-­‐
nisches Bier ist im Vergleich zu deutschem Bier wesentlich weniger herb. Dazu habe ich etwa 10 verschiedene koreanische Trinkspiele kennengelernt! Jeden Abend waren die Bänke auf dem Campus und die Bars mit trinkenden Studenten gefüllt. Nicht nur am Wochenende oder bevor sie zu einer Party loszogen, sondern auch ohne Anlass unter der Woche. Wissenswertes / Kurioses Schon als ich mit Bus und Taxi angereist bin, sind mir direkt die vielen Hakenkreuze aufgefallen, welche an einigen Häusern zu sehen waren. Dies hat mich zunächst sehr erschreckt, bis mir eingefallen ist, dass das ja ein Zeichen des Buddhismus ist und des-­‐
halb nicht verwunderlich in Korea -­‐ an allen Tempeln sind mir die Swastika wieder be-­‐
gegnet. Es gab allerdings ebenfalls erstaunlich viele Kirchen, obwohl viele Koreaner un-­‐
religiös sind. Der wichtigste Feiertag in Korea ist, ebenfalls ganz unabhängig von der Religion, das chinesische Neujahr im Februar. Ebenfalls auffällig waren die vielen Convenience stores. Diese haben rund um die Uhr geöffnet und verkaufen alles für den täglichen Bedarf. Allerdings haben auch andere Geschäfte sehr kundenfreundliche Öffnungszeiten: egal ob Supermarkt, Brillengeschäft oder Schuhladen; bis 22 Uhr haben sie eigentlich alle geöff-­‐
net, meist noch länger. Ein Sonntag fällt in Korea überhaupt nicht auf, da die Geschäfte im Gegensatz zu Deutschland ebenfalls geöffnet sind. Ein erwähnenswerter kultureller Unterschied ist das Schönheitsideal. Viele Koreaner ziehen besonders im Sommer Stulpen über die Arme und laufen selbst bei den höchsten Temperaturen mit langer Hose durch die Stadt, um nicht braun zu werden, da blasse Hautfarbe bevorzugt wird. An komplett vermummte Gesichter habe ich mich mit der Zeit gewöhnt. Schönheitsoperationen waren ebenfalls kein Tabuthema in Korea, viele lassen sich die Nase oder die Augenlider operieren, damit es „westlicher“ aussieht. Alles in allem kann ich sagen, ich habe die richtige Entscheidung getroffen! Der Aufent-­‐
halt in Korea hat mir sehr gut gefallen und ich habe viele Eindrücke gewonnen. Die Kul-­‐
tur und Lebensart haben mich fasziniert, da sie sich extrem von Deutschland unter-­‐
scheiden. Ich habe die meisten Koreaner als neugierig und aufgeschlossen empfunden und hatte wenig Probleme, Anschluss zu finden. Somit kann ich jedem nur empfehlen, ebenfalls ein Auslandssemester in Südkorea zu absolvieren, die Kuriositäten selbst zu entdecken und sich mit den Einheimischen auszu-­‐
tauschen. Korea ist ein Land der Gegensätze und hat viel zu bieten, sodass für jeden Ge-­‐
schmack das Richtige dabei ist!