PDF-Dokument

Transcription

PDF-Dokument
ARTHROSKOPIE AKTUELL
Stiftung zur Förderung
der Arthroskopie
Aktuelle Aspekte der
patellofemoralen Instabilität
Autor:
Dr. med. Arno Schmeling
Sporthopaedicum Berlin
Oranienburger Strasse 70
13437 Berlin
www.sportopaedicum.de
Abkürzungen:
CT
MRT
MCL
MPFL
MPML
TD
TTTG
VMO
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Computertomographie
. . . . . . . . . . . . . . .Magnetresonanztomographie
. . . . . . . . .Mediales Collateralband/Seitenband
. . . . . . . . .Mediales Patellofemorales Ligament
. . . . . . .Mediales Patellomenisceales Ligament
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .Trochleadysplasie
. . .Tibial Tuberosity Trochlear Groove Distance
(Tuberositas tibiae – Trochleäre Grube Distanz)
. . . . . . . . . . . . . . . . . . .Vastus medialis obliquus
Aktuelle Aspekte der patellofemoralen Instabilität
Dr. med. Arno Schmeling
Inhaltsverzeichnis
1.
Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
2.
2.1
2.2
2.3
2.4
Anatomie und Biomechanik des Patellofemoralgelenkes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4
Der statische Faktor: die Trochlea . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Der passive Faktor: der mediale patellofemorale Komplex . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .5
Der aktive Faktor: die Quadricepsmuskulatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6
Wechselspiel der einzelnen Faktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
3.
3.1
3.2
3.3
3.4
3.5
3.6
3.7
3.8
Patellofemorale Instabilität: die Risikofaktoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Trochleadysplasie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Das mediale patellofemorale Ligament (MPFL) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7
Das laterale Retinakulum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
Patella alta . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .8
Patella Tilt und Patella Shift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
TTTG-Abstand/Q-Winkel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
Familienanamnese . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .9
Zusammenfassung: Risikofaktoren der patellofemoralen Instabilität . . . . . . . . . . .9
4.
4.1
4.2
4.3
Diagnostik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10
Klinische Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .10
Konventionelle Bildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Schnittbildgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
5.
5.1
5.2
5.2.1
5.2.2
5.2.3
5.2.4
5.2.5
5.2.6
5.2.7
Therapieoptionen bei patellofemoraler Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12
Konservative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .12
Operative Therapie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Primäre Naht des medialen patellofemoralen Komplexes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Anatomische Rekonstruktion des MPFL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Trochleaplastik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
Mediale Raffung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19
Laterales Release . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .19
Medialisierung der Tuberositas tibiae . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
Patellofemorale Instabilität bei offenen Wachstumsfugen . . . . . . . . . . . . . . . . . . .20
6.
Komplikationen/Revisionseingriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .21
7.
Arthrose bei Patellofemoraler Instabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .23
8.
Schlussbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .24
9.
Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .25
1. Einleitung
In den letzten Jahren ist für den Bereich des Patellofemoralgelenkes ein enormer Wissenszuwachs sowie die Entwicklung
neuer Operationsverfahren zu verzeichnen. Jüngere biomechanische Studien ermöglichen eine genauere Analyse der
Ursachen der patellofemoralen Instabilität und führen zu
neuen Therapieansätzen.
Der Begriff „Patellofemorale Instabilität“ subsummiert die
Begriffe Patellaluxation, Patellasubluxation und die generelle
patellofemorale Instabilität [1]. Die Inzidenz der patellofemoralen Instabilität wird mit 7-49 pro 100.000 Einwohner angegeben [7, 75]. Sie macht bis zu 11 % der muskuloskeletalen
Symptome aus, die in der Praxis gesehen werden, ebenso
16 %-25 % aller Verletzungen von Läufern. Das weibliche
Geschlecht zeigt eine höhere Inzidenz [57].
Für die suffiziente Therapie der patellofemoralen Instabilität
bedarf es einer genauen Kenntnis der multiplen, miteinander
in Wechselwirkung stehenden Risikofaktoren und der Pathomechanismen bzw. der Pathomorphologien, die zur Patellaluxation führen können. Für die individuelle Beurteilung ist
insbesondere die genaue Kenntnis der klinischen Untersuchungsmethoden sowie einer validen bildgebenden
Diagnostik von essentieller Bedeutung.
Das hier vorliegende Heft soll Ihnen den aktuellen Stand der
Pathophysiologie sowie neuerer Entwicklungen der operativen
Behandlungsmöglichkeiten der patellofemoralen Instabilität
aufzeigen. Hauptaugenmerk liegt hier vor allem auf der anatomischen Rekonstruktion des medialen patellofemoralen
Ligamentes (MPFL-Rekonstruktion), die in letzter Zeit zunehmend an Bedeutung gewinnt und immer flächendeckender
angewandt wird. In unserer Arbeitsgruppe führen wir bei entsprechender Indikation die MPFL-Rekonstruktion ca. seit dem
Jahre 2000 mit sehr gutem Erfolg durch, wobei die hier vorgestellte Operationstechnik das Ergebnis einer kontinuierlichen Entwicklung darstellt. Ebenso wird hier die Möglichkeit
der direkten Korrektur der Trochlea - die Trochleaplastik - vorgestellt, die in vielen Fällen eine kausale Therapie darstellt.
Diese sollte jedoch wegen der größeren Invasivität und vorhandenen Lernkurve nicht unkritisch flächendeckend angewandt werden, sondern Einzelfällen bzw. erfahrenen
Operateuren vorbehalten sein. Zuletzt sei auf die Möglichkeit
des isolierten Oberflächenersatzes des Patellofemoralgelenkes
hingewiesen, der insbesondere dann sinnvoll sein kann, wenn
es aufgrund einer bestehenden Dysplasie bzw. chronischen
Patellaluxation bereits zu einer schmerzhaften Patellofemoralgelenksarthrose gekommen ist.
Aufgrund der komplexen Interaktion der einzelnen, immer
unterschiedlich ausgeprägten Risikofaktoren ist eine individuelle Analyse des Einzelfalles von essentieller Bedeutung. So
sollen hier die verschiedenen stabilisierenden Faktoren, die
4
geeigneten bildgebenden Verfahren und verschiedene operative Techniken vorgestellt werden, die die verschiedenen
Risikofaktoren berücksichtigen, um eine möglichst physiologische Kinematik im Patellofemoralgelenk wiederherstellen zu
können.
2. Anatomie und Biomechanik des
Patellofemoralgelenkes
Das Verständnis der funktionellen Pathoanatomie und
Biomechanik des Patellofemoralgelenkes ist Grundvoraussetzung für das Verständnis der Patellaluxation und deren
Therapieansätze.
Grundsätzlich unterscheidet man drei Faktoren, die die patellofemorale Gelenkführung bestimmen und miteinander in
Wechselwirkung stehen (Abb. 1):
-
die aktiven Stabilisatoren (Muskeln)
die passiven Stablisatoren (Kapsel und Bänder)
die statischen Faktoren (knöcherne Gelenkgeometrie)
statische
Stabilisatoren
aktive
Stabilisatoren
passive
Stabilisatoren
Abbildung 1: Stabilisierende Faktoren der patellofemoralen Gelenkführung
In voller Extension steht die Patella proximal des Sulcus trochleae. Bei beginnender Beugung - also noch in strecknaher
Position - steht nur der distale Anteil der Patella mit dem proximalen Anteil der Trochlea in Kontakt. Hier bestimmen die
medialen patellofemoralen Weichteile und Zugkräfte zunehmend die mediolaterale Translation. Während die mediolaterale
Translation der Patella strecknah in erster Linie von dem medialen patellofemoralen Komplex limitiert wird, gewinnt dann bei
zunehmender Beugung die patellofemorale Gelenkgeometrie
(Trochleamorphologie) an Bedeutung, da die Patella nun zunehmend in den Sulcus trochleae eingleitet [49, 47]. Mit
Eintauchen der Patella in die Notch, ab einer Flexion über 60°,
haben dann auch die aktiven Faktoren eine stabilisierende Rolle.
Eine zentrale Rolle für die Gelenkstabilität bei diesem
Bewegungsablauf spielt jedoch das exakte Eintauchen der
Patella in den Sulcus trochleae in strecknaher Position [91].
In strecknaher Position von 0-40° Beugung bestimmen maßgeblich zwei Faktoren die mediolaterale Translation der Patella
[39]:
-
die statischen Faktoren: die knöcherne Geometrie des
Gleitlagers, insbesondere die Kongruenz von Patella und
Trochlea, die maßgeblich durch die Trochleamorphologie
bestimmt wird [26, 69, 72, 110] und
-
die passiven Faktoren: der mediale patellofemorale
Kapselbandkomplex [38, 52, 121].
dass der Sulcus trochleae bei einer Trochleadysplasie deutlich
medialer liegt, was zu einer erhöhten Lateralisierungstendenz
der Patella führt. Zudem zeigt sich der mediale Kondylus verkürzt, was im Bereich zwischen medialem und lateralem
Kondylus zu einer lateral abgeflachten Trochleafacette führt
und die eigentliche Trochlea mit Knochen ausgefüllt ist (Abb.
2) [55].
Die Kombination dieser zwei Faktoren bestimmt somit das
Ausmaß der Gelenkstabilität in strecknaher Position. Die aktiven Faktoren – der Quadricepsvektor – haben hingegen in
strecknaher Position wenig Einfluss auf die patellofemorale
Stabilität.
2.1. Der statische Faktor: die Trochlea
Für Knie mit einer normal konfigurierten Trochlea konnte
gezeigt werden, dass in den Beugegraden von 30-100° die
Führung der Patella durch den Sulcus trochleae den Effekt der
stabilisierenden Weichteile überwiegt [53]. Ebenso konnten
Ahmed und Duncan zeigen, dass die mediolaterale Translation
hauptsächlich von der Interaktion der patellofemoralen
Kontaktflächen kontrolliert wird [2]. Die retropatelläre
Morphologie scheint eher eine Rolle bei der Kontrolle der
patellären Rotation zu spielen.
Von 30-100° wid die Patella vor allem durch den Sulcus
trochleae stabilisiert.
In strecknaher Position hingegen - bei geringer patellofemoraler Kontaktfläche - bestimmen maßgeblich die medialen
patellofemoralen Weichteile und Zugkräfte die Patellatranslation. Dementsprechend kann davon ausgegangen werden,
dass die statischen und passiven Stabilisatoren bei verschiedenen Beugegraden einen unterschiedlichen Anteil der patellofemoralen mediolateralen Translation ausmachen. Während
die Patellatranslation in strecknaher Position vom medialen
patellofemoralen Komplex limitiert wird, gewinnt bei zunehmender Beugung die patellofemorale Gelenkgeometrie an
Bedeutung und dominiert zunehmend. Erst ab einer Flexion
von ca. 60°, wenn die Patella in die Notch eintaucht, stabilisieren auch die aktiven Faktoren die Patella. Der Einfluss des
aktiven Quadricepsvektors scheint jedoch insgesamt einen
untergeordneten Effekt auf die patellofemorale Stabilität zu
haben [36, 35].
In strecknaher Position wird die Patella durch den medialen
patellofemoralen Komplex stabilisiert. Bei zunehmender
Beugung dominiert dann die knöcherne Gelenkgeometrie
(Trochlea).
Im Falle einer dysplastischen Trochlea findet sich eine abgeflachte oder sogar konvexe Trochlea mit einem verminderten
Sulcuswinkel [22, 27, 86]. Hing et al. konnten zudem zeigen,
Abbildung 2: Trochleadysplasie – abgeflachte bis konvexe Trochlea mit
aufgehobenem Sulcus trochleae
2.2 Der passive Faktor: der mediale
patellofemorale Komplex
Das Ligamentum patellofemorale mediale ist der primäre
Stabilisator der Patella gegen laterale Translation in strecknaher Position [4].
Nach Warren und Marshall wird die mediale Anatomie des
Kniegelenkes in drei Schichten eingeteilt [126]:
-
Die erste Schicht wird durch das oberflächliche mediale
Retinakulum definiert. Dies verläuft von distal von der
anteromedialen Tibia nach proximal an die distale Patella.
Die Fasern des medialen tibialen Ligamentes verlaufen
senkrecht zu diesem Retinakulum.
-
In der zweiten Schicht verläuft das mediale patellofemorale Ligament (MPFL), zusammen mit dem oberflächlichen
Anteil des medialen Kollateralbandes (MCL). Das MPFL
inseriert am medialen Drittel der Patellakante und verläuft
dabei an den medialen Femurkondylus [52, 93, 126]. Für
die genaue femorale Insertion des MPFL finden sich in der
Literatur unterschiedliche Angaben. Die aufwendigsten
topographischen Studien führte Nomura durch. Er
beschrieb den femoralen Insertionspunkt des MPFL dorsocranial des medialen Epikondylus, etwas postero-caudal
des Tuberkulum adduktorium (Abb. 3) [80]. Zudem existieren Faserzüge zwischen dem anterioren Anteil des MPFL
und der Sehne des Muskulus vastus medialis obliquus
(VMO), dem wichtigsten aktiven Stabilisator gegen die
laterale Patellatranslation [80, 76, 79, 84, 93].
5
Extension
Abbildung 3a (nach [116]) und 3b (aus [80]): Die Anatomie des medialen
patellofemoralen Ligamentes (MPFL)
-
In der dritten Schicht findet sich das Ligamentum patellomenisceale (MPML), eine Ansammlung von Fasern im
Bereich der medialen Begrenzung des Hoffa’schen
Fettkörpers, die am inferioren medialen Patelladrittel
münden, direkt distal des MPFL [20, 28].
Der Anteil der verschiedenen medialen Strukturen gegen die
laterale Patellatranslation wurde von einigen Arbeitsgruppen
an Knien mit physiologischer Geometrie untersucht [14, 28,
52, 97, 20]. Dabei wurden die stabilisierenden medialen
Strukturen sequentiell durchtrennt. In allen Studien zeigte
sich, dass das MPFL den größten Anteil gegen die laterale
Patellatranslation ausmacht. Je nach Studie betrug dieser
Anteil zwischen 40 % und 81 %. An 10 Kadaverknien untersuchte Nomura den Einfluss des MPFL und des oberflächlichen
Retinakulums gegen die Patellalateralisierung. Es wurde eine
konstante lateralisierende Kraft von 10N erzeugt und die
Patellalateralisierung in 20° und 120° Beugung gemessen.
Hier führte die isolierte Durchtrennung des MPFL in beiden
Beugegraden zu einer massiven Zunahme der Patellalateralisierung, eine isolierte Rekonstruktion des MPFL normalisierte diese wieder.
Das Ligamentum patellofemorale mediale (MPFL) ist der
primäre Stabilisator der Patella gegen die laterale
Translation in strecknaher Position.
2.3 Der aktive Faktor: die
Quadricepsmuskulatur
Der Kraftvektor des VMO verläuft so, dass er einer
Patellalateralisierung bei aktiver Kontraktion sowie bei passivem Muskelwiderstand entgegenwirken kann. Dennoch ist der
Einfluss der Muskelkräfte auf die patellofemorale Führung noch
nicht eindeutig geklärt. So variiert die Ausrichtung des VMOVektors mit zunehmender Flexion (Abb. 4). Erst ab einer Flexion
ab 60° kann dieser eine stabilisierende Wirkung in der
Transversalebene entwickeln, die in 90° am größten ist.
6
Flexion
Abbildung 4: Verlauf der Muskelfasern des Vastus medialis obliquus (VMO) bei
verschiedenen Beugegraden
Ab diesem Beugegrad gleitet die Patella jedoch schon in die
Notch ein und ist somit nicht mehr von muskulären Einflüssen
abhängig, auch nicht bei Vorliegen einer dysplastischen
Trochlea [2, 36, 54]. Zudem konnte Farahmand in einer biomechanischen Studie zeigen, dass die patellofemorale Führung in
Beugegraden zwischen 15° und 75° nicht von physiologischen
Muskelkräften beeinflusst wird [36]. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Trochleamorphologie physiologisch war und
somit die aktiven Stabilisatoren ab 15° überwiegt.
Andererseits konnte Hautamaa in 30° Flexion zeigen, dass die
Applikation von 25 N auf den zentralen Anteil der
Quadricepssehne eine messbare Reduktion der Patellatranslation bewirkt [52]. Dieser Effekt kann jedoch eher auf
einen daraus resultierenden erhöhten patellofemoralen
Anpressdruck zurückgeführt werden, als auf eine transversale
Stabilisierung, da die Größe und Richtung von
Gelenkkompressionskräften die artikuläre Kinematik beeinflusst [88]. Die patellofemorale Kinematik kann daher muskulär durch eine Zunahme der Gelenkreaktionskräfte oder direkte
lateralisierende oder medialisierende Kraftvektoren beeinflusst
werden. Somit kann, je nach Gelenkstellung, die Patella durch
die muskulären Kraftvektoren aus der Trochlea hinaus- oder
hineingezogen werden. Bewirkt die Quadricepsaktivität ein
rasches Eingleiten der Patella in die Trochlea, ist die laterale
Translation vermindert und die Gefahr einer Luxation reduziert.
Führt sie jedoch die Patella von der Trochlea weg, so kann dies
bei fehlender lateraler trochleärer Begrenzung oder insuffizientem medialen Patellahalteapparat zu einer Dislokation
führen. Zu bedenken ist jedoch, dass, selbst wenn die Muskeln
in grösserer Gelenkflexion so ausgerichtet sind, dass sie die
Patella in der Trochlea zentrieren, diese aktiviert werden müssten, denn der Faserverlauf alleine verhindert keine
Lateralisierung. Eine Aktivierung resultiert in Gelenkkompressionskräften, die eine ligamentäre Laxizität kompensieren können. Es ist daher auch möglich, dass die Generierung
grosser Gelenkkompressisonskräfte teilweise für die
Entwicklung degenerativer Veränderungen am Gelenkknorpel
nach Eingriffen am Streckapparat durch einen
Tuberositasversatz maßgeblich ist [6, 21, 67]. Eine
Anteromedialisierung des VMO sollte in diesem Zusammen-
hang kritisch gesehen werden, da eine Verstärkung der passiven Stabilität im entspannten Zustand keine Wirkung hat und
es bei Aktivierung zu nicht vorhersagbaren Veränderungen
kommt.
Zusammenfassend bleibt zu erwähnen, dass der Effekt der
aktiven Stabilisatoren einen inkonsistenten Effekt auf die
patellofemorale Kinematik hat. Sie können eine unphysiologische Gelenkbeweglichkeit sowohl verursachen als auch
verhindern, abhängig von Größe und Richtung des resultierenden Kraftvektors im Verhältnis zum insuffizienten
Bandapparat [85]. Es ist zu bedenken, dass das Alignement
des Streckapparates bestimmt, ob eine Aktivierung des
Quadriceps die Patella in die Trochlea führt oder aus dieser
herauszieht. In diesem Kontext muß auch die distale
Aufhängung des Streckapparates gesehen werden.
Slope), die Trochlea ist daher nicht nur vermindert konkav,
sondern häufig flach oder gar konvex (Abb. 2). Diese Pathomorphologie wurde immer im Zusammenhang mit rezidivierenden Patellaluxationen diagnostiziert.
Déjour et al. beschrieben als erste das sog. „Crossing Sign“ auf
einer streng seitlichen Röntgenaufnahme, auf der beide
posterioren Kondylen genau übereinander liegen [27]. Dieses
beschreibt den Schnitt des tiefsten Punktes der Trochlea mit
dem prominentesten Punkt der lateralen Kondyle und weist
auf eine Trochleadysplasie hin. Die Erhebung der Trochlea
repräsentiert dabei den Überstand der proximalen Trochlea im
Verhältnis zum anterioren Cortex des lateralen Femurkondylus. Diese kann an der Schnittstelle die Konfiguration eines
Spornes oder einer Schanze zeigen, was das Fehlen eines
Sulcus trochleae in diesem Bereich verdeutlicht (Abb. 5 und 6).
Dejour et al. beschreiben eine Trochleadysplasie bei 85 % aller
Patienten mit rezidivierenden Luxationen [27].
2.4 Wechselspiel der einzelnen Faktoren
Eine Patella kann bei physiologischen und intakten statischen
und passiven Stabilisatoren nicht luxieren [38, 52, 121].
Zudem findet sich keine Angabe, dass ein Malalignement –
egal wie ausgeprägt – zu einer Luxation führt, ohne dass die
passiven Stabilisatoren verletzt oder hypoplastisch, oder die
statischen Stabilisatoren pathologisch verändert sind. Zudem
kann nach Noyes eine Patella auch dann als instabil betrachtet werden, wenn die Muskelzüge so ausgerichtet sind, dass
sie einer Lateralisierung entgegenwirken [82]. So scheinen
also die passiven und statischen Faktoren bei der patellofemoralen Instabilität eine dominierende Rolle zu spielen, die
Rolle des Alignementes des Streckapparates ist wohl eher
zweitrangig.
Abbildung 5: Das Crossing Sign (aus [27]): Beurteilung der Lage der lateralen
Trochlea zur lateralen Kondyle anhand eines streng seitlichen Röntgenbildes mit
übereinanderprojizierten dorsalen Kondylen. Je weiter distal der Schnittpunkt liegt,
desto höher der Schweregrad der Trochleadysplasie (Typ I-III).
3. Patellofemorale Instabilität:
die Risikofaktoren
Aufgrund der genannten Faktoren, die alle in Wechselwirkung
die Patellastabilität beeinflussen können, ist es offensichtlich,
dass die patellofemorale Instabilität multifaktoriell bedingt
ist. Um im klinischen Alltag zu einer individuellen Analyse und
schließlich Therapieentscheidung zu gelangen, werden die
einzelnen Risikofaktoren und deren Bedeutung bzw. Klassifikation und Bestimmung kurz dargestellt.
Die patellofemorale Instabilität ist multifaktoriell
3.1 Trochleadysplasie
Eine Trochleadysplasie ist charakterisiert durch eine abgeflachte medialisierte Trochlea, welche jedoch nicht die anteroposteriore Höhe der Kondylen betrifft. Hierdurch erniedrigt
sich die Steigung der lateralen Trochleafacette (lateraler
Abbildung 6: Das Crossing Sign im streng seitlichen Röntgenbild
3.2 Das mediale patellofemorale
Ligament (MPFL)
Die Verletzung des medialen Retinakulums ist die häufigste
Pathomorphologie nach Patellaluxation. In fast allen Fällen ist
das MPFL mit einbezogen. Nomura untersuchte die Morpho7
In mehreren in-vitro Studien konnte gezeigt werden, dass das
MPFL der primäre passive Stabilisator gegen die laterale
Translation der Patella ist. Nomura et al. untersuchten am
intakten Kadaverknie ohne begleitende Trochleapathologie
unter Aufbringung einer konstanten Quadricepskraft die
Lateralisierung der Patella in verschiedenen Flexionsstellungen vor und nach Durchtrennung des MPFL. Hier zeigte sich eine signifikant höhere Patellalateralisation nach
Durchtrennung des MPFL (Abb. 7) [76]. Zu einem ähnlichen
Ergebnis kamen auch weitere Studien. Ausserdem konnte
gezeigt werden, dass eine Rekonstruktion des MPFL wieder zu
einer Normalisierung der Patellalateralisation führte [52, 20,
126, 28]. Zudem konnte Senavongse zeigen, dass die Patella in
20° die größte Lateralisierungstendenz hat und dass in der
gleichen Position das MPFL die größte Gegenspannung gegen
die Lateralisierung aufweist [111].
Verkippung kommen kann [37] und somit die Instabilität
erhöht ist. Amis et al. konnte jedoch in einer biomechanischen
Studie zeigen, dass das laterale Retinakulum zur Stabilisierung
der Patella beiträgt und eine Durchtrennung des lateralen
Retinakulums eine Destabilisierung bedeutet (Abb. 8) [18].
Aufgrund dessen und sowie der Tatsache, dass das laterale
Retinakulum erst bei Beugegraden über 60° eine stabilisierende Rolle spielt, ist die Durchführung eines lateralen Releases
zur Behebung des vergrößerten strecknahen Tilt und Shift
nicht indiziert [40]. Ebenso zeigte eine weitere biomechanische Arbeit von Bedi und Marzo, dass die Durchführung eines
lateralen Releases nach erfolgter MPFL-Rekonstruktion zu
einer erhöhten lateralen Instabilität der Patella führt [10].
Ein laterales Release erhöht die patellofemorale Instabilität
120
Intact
110
Released
100
Restraining force (N)
logie des MPFL bei akuten und chronischen Luxationen [78]
und konnte bei der akuten Luxation zwei Gruppen unterteilen:
patelläre Avulsionen und intramurale Rupturen. Bei der chronischen Luxation konnte er drei Gruppen unterscheiden: die
lose, gedehnte femorale Insertion, diejenige mit hypertrophem
Narbengewebe oder abnormen Narbensträngen und diejenige
mit aufgehobener Kontinuität oder gar Hypo-/Dysplasie. Dies
lässt den Schluss zu, dass die residuelle Laxizität nach
Patellaluxation am ehesten durch eine Insuffizienz des medialen Bandapparates verursacht wird.
90
80
70
60
50
40
0
10
20
30
40
50
60
70
Knee flexion (deg)
Abbildung 8: Einfluss des lateralen Releases auf die Patellastabiliät (aus [18])
Restraining force (N)
Die Längenänderung und Spannung des MPFL wurden von
Smirk und Steensen genauer untersucht [114, 115]. Sie konnten zeigen, dass eine Veränderung der femoralen Fixierung von
bereits 5 mm zu einer deutlichen Veränderung der Länge und
Spannung des MPFL in größerer Beugung führen kann. Dies ist
insbesondere für die operative Rekonstruktion des MPFL zu
beachten, da eine zu proximale oder anteriore femorale
Fixierung zu einer Druckerhöhung im patellofemoralen Gelenk
führen kann [4].
140
120
100
80
60
40
20
0
Intact
Medial retinaculae
ruptured
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90
Flexion angle (°)
Abbildung 7: Biomechanik des MPFL [aus 109]. In strecknaher Position ist das MPFL
der primäre Stabilisator gegen die laterale Translation der Patella.
3.3 Das laterale Retinakulum
Jahrelang wurde ein zu enges laterales Retinakulum als
ursächlich gesehen, den lateralen Zug auf die Patella massiv
zu erhöhen, so dass es zu einer lateralen Translation und
8
3.4 Patella alta
Das Vorliegen einer Patella
alta korreliert neben dem
Vorhandensein einer Trochleadysplasie signifikant mit
einer patellofemoralen Instabilität [7, 16, 45, 61, 65,
96, 114]. Eine weit verbreitete Methode für die Bestimmung der Patellaposition ist die Bestimmung
des sog. Caton-DeschampsIndex. Dies ist der Quotient
aus dem Abstand zwischen
Patellaspitze und Tibia und
der posterioren Patellafacettenlänge (Abb. 9). Eine
Patella alta ist alleine aber
nicht unbedingt ursächlich
oder begünstigend für eine
Instabilität, sondern kann
vielmehr als Folge von
pathologisch veränderten
statischen und passiven Fak-
Abbildung 9: Patella alta. Die Patellahöhe
wird mit dem Caton-Deschamps-Index
bestimmt. Dies ist das Verhältnis zwischen
dem Abstand der distalen patellären zur
anterioren tibialen Gelenkfläche (AT) und
dem Abstand der proximalen zur distalen
patellären Gelenkfläche (PA). Ein Quotient
über 1,2 gilt als Patellahochstand.
toren gesehen werden: bei Vorliegen einer Trochleadysplasie
ist es der Patella nicht möglich, in einen nicht vorhandenen
Sulcus trochleae einzutauchen, sie wird nach proximal
gedrückt. Hier ist das MPFL die einzige Struktur, die die
Patella noch führen kann. Ist dieses jedoch aufgrund einer
Luxation gerissen oder aufgrund einer Trochleadysplasie gar
hypoplastisch angelegt, fehlt auch dieser stabilisierende
Faktor. In diesem Kontext ist die Distalisierung der
Tuberositas tibiae kritisch zu betrachten. Hier würde lediglich
radiologisch das Bild der Patella alta korrigiert werden,
jedoch nicht die Ursachen der Instabilität, nämlich der fehlende Sulcus troachleae oder der insuffiziente mediale
Bandapparat.
3.5 Patella Tilt und Patella Shift
Ebenso wie die Patella alta, so kann auch eine erhöhte laterale Verkippung und Verschiebung der Patella in der axialen
Ebene - der so genannte Patella Tilt und Patella Shift - als
ursächlich für die patellofemorale Instabilität diskutiert werden [27]. Jedoch ist auch hier zu beachten, dass, ähnlich wie
bei der Patella alta, der Tilt aufgrund knöcherner Gegebenheiten erhöht sein kann [42]. So verhindert bei einer Trochleadysplasie die abgeflachte Trochlea die Führung und ein
Einsinken der Patella in den Sulcus, sie drückt die Patella nach
lateral und proximal. Dies führt zu einer Vergrößerung von Tilt
und Shift (Abb. 10). Sie sind daher klar als Symptome einer
patellofemoralen Instabilität zu sehen und nicht als
Risikofaktor.
Abbildung 11: Der TTTG-Abstand (aus [27]), Anwendung in axialen MRT-Schichten
Der TTTG wird von mehreren Faktoren beeinflusst. So liegt bei
einer dysplastischen Trochlea der Sulucus trochleae medialer
als bei einer physiologischen Trochleaform [112]. Dies bewirkt
eine Erhöhung des TTTG. Zudem führt nicht nur eine
Lateralisierung der Tuberositas tibiae durch eine TibiaAußenrotation zu einer Erhöhung des TTTG, sondern auch die
häufigere Antetorsion des Femur, welches eine Medialisierung
der Trochlea zur Folge hat. Neben den Rotationsfehlstellungen
kann auch eine Valgusdeformität den TTTG erhöhen.
Die Schlussfolgerung von Trillat, dass der TTTG durch eine
Medialisierung der Tuberositas wieder normalisiert werden
kann, um den lateralen Zug zu vermindern [123], sollte demzufolge kritisch gesehen werden. Quantitativ kann zwar der
TTTG wieder normalisiert werden, die Ursache der
Patellalateralisierung wird jedoch nicht berücksichtigt. Die
alleinige Heranziehung eines erhöhten TTTG für die Indikation
einer Tuberositas-Versatzoperation ist daher nicht gerechtfertigt.
3.7 Familienanamnese
Abbildung 10: a) Angabe des Patella Tilt in Winkelgrad und b) Patella Shift:
Abstand des retropatellaren Giebels (PG) vom Sulcus trochleae (TG): Liegt die
Patella 2,5 mm lateral der Trochlea, so besteht eine Subluxationsstellung.
3.6 TTTG-Abstand/Q-Winkel
Der TTTG ist definiert als Abstand zwischen Sulcus trochleae
und Tuberostitas tibiae in zwei übereinander projizierten axialen CT-Schichten (Abb. 11) [48]. Er ist eine Quantifizierung
des Q-Winkels, da dieser eine hohe untersucherabhängige
Varianz aufweist und von der Muskelaktivität beeinflusst ist.
TTTG-Werte von 12-15 mm gelten als physiologisch. Déjour et
al. fanden jedoch bei 56 % ihrer Patienten einen TTTG von
mehr als 20 mm [27].
Die patellofemorale Instabilität zeigt eine familiäre Häufung
[66]. Dies gilt auch für andere anatomische Merkmale wie die
Trochleadysplasie, die signifikant mit der patellofemoralen
Instabilität korreliert [73, 95]. Zudem zeigen Studien, dass die
Trochleaform – anders als die femorale Achse – eine vererbbare, genetisch verankerte Morphologie darstellt [43, 120,
119]. Unter diesem Gesichtspunkt ist bei Patienten mit familiärer Häufung gezielt das Vorliegen einer Trochleadysplasie zu
evaluieren.
3.8 Zusammenfassung: Risikofaktoren
der patellofemoralen Instabilität
Die patellofemorale Instabilität ist multifaktoriell bedingt.
Betrachtet man die patellofemorale Führung bei unterschiedlichen Beugegraden, so haben strecknah die passiven und statischen Faktoren die wesentliche stabilisierende Wirkung,
während die dynamischen Faktoren erst ab 60° Flexion einer
Patellalateralisation entgegenwirken. In Streckstellung ist das
MPFL der primäre Stabilisator gegen die laterale Translation.
9
Reduction of displacing force (%)
80
70
60
50
40
30
20
VMO relaxed
10
Flat lateral trochlea
Medial retinaculae ruptured
0
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
Knee flexion (°)
Abbildung 12: Stabilisierende Faktoren der Patella in Abhängigkeit vom Beugegrad (aus [110])
Ab ca. 20° Beugung taucht dann die Patella in den Sulcus trochleae ein, so dass nun die Trochleamorphologie die primäre stabilisierende Rolle übernimmt. Ab ca. 60° Beugung übt dann der
VMO seine größte limitierende Funktion aus. Da die Patella meist
in strecknaher Position luxiert, ist es folglich aus biomechanischer Sicht sinnvoll, bei einer Instabilität die passiven und statischen Faktoren zu adressieren. Die aktiven Faktoren (z.B. VMO)
scheinen nur einen sekundären und weit geringeren Einfluss auf
die Führung der Patella zu haben.
Aufgrund der multiplen Risikofaktoren, die niemals isoliert,
sondern immer in unterschiedlich ausgeprägter Kombination
vorliegen, ist es aus unserer Sicht sinnvoll, von einem
„Syndrom der patellofemoralen Instabilität” zu sprechen.
Alle oben genannten Risikofaktoren (siehe auch Tabelle 1) bzw.
klinischen oder radiologischen Hinweise können streng betrachtet ursächlich auf eine Trochleadysplasie zurückgeführt werden.
Die Insuffizienz oder Hypoplasie des medialen patellofemoralen
Komplexes, kann auch als Folge einer Dysplasie der Trochlea
gesehen werden. Die Trochleadysplasie scheint als einzige geeignet zu sein, eine Patella alta, einen erhöhten TTTG, Patella-Tilt
und -Shift zu verursachen. Sie ist zudem genetisch vererbbar
und erklärt die familiäre Häufung von Patellaluxationen.
Die genaue klinische Untersuchung ist für die Diagnosestellung und Entscheidungsfindung in der Auswahl des
Therapieverfahrens von elementarer Bedeutung. Neben der
spezifischen Untersuchung der Bandstabilität des Kniegelenkes, sollte besonderes Augenmerk auf das vordere Kreuzband
gerichtet sein, da hier oft Fehldiagnosen gestellt werden und
Kombinationsverletzungen nicht übersehen werden dürfen.
Neben Läsionen des medialen Patellahalteapparates können
zusätzlich Innenbandverletzungen vorliegen. Die genaue
Palpation und Schmerzangabe im Bereich des medialen
Bandapparates und patellofemoralen Ligamentes ist wichtig,
um die Lokalisation der Bandläsion zu bestimmen.
Passive Stabilisatoren
Laterales Retinakulum
Mediales Retinakulum: MPFL
(mediales patellofemorales Ligament)
Statische Stabilisatoren
Trochleageometrie: Trochleadysplasie
Patella alta
(Patelladysplasie – kein bewiesener Einfluß!)
Alignement des Streckapparates
TTTG bzw. Q-Winkel
Valgusdeformität
Femur Antetorsion / Tibia Aussenrotation
Weitere Risikofaktoren
Alter < 16 Jahre
Patellaluxation kontralateral
Familiäre Häufung
Tabelle 1: Übersicht über die Risikofaktoren der Patellofemoralen Instabilität
10
4. Diagnostik
4.1 Klinische Untersuchung
Das Patellofemoralgelenk ist am einfachsten beim sitzenden
Patienten mit frei hängendem Bein zu untersuchen. Hier zeigt
sich, wie die Patella aus der strecknahen Position in den Sulcus
trochleae eingleitet und in weiterer Beugung die Führung der
Patella läuft. Die Stabilität kann einfach mit manuellem Druck
der Patella nach lateral überprüft werden, während das
Kniegelenk gebeugt wird. Der Apprehension Test wird normalerweise in 20-30° Beugung durchgeführt. Nimmt der Patient
unter manueller Lateralisation der Patella eine abwehrende
Haltung ein (Angst vor Dislokation), so gilt der ApprehensionTest als positiv. Führt der Patient eine aktive Extension im Sitzen
durch, so kann das J-Zeichen beurteilt werden. Hier zeigt sich in
endgradiger Streckung häufig ein superolaterales Herausgleiten
der Patella aus der zentralen Zugrichtung bzw. aus dem Sulcus
trochleae nach lateral. Liegt eine ausgeprägte patellofemorale
Instabilität vor, so nimmt der Patient oft unterstützend das
kontralaterale Bein zur Hilfe oder es besteht gar ein aktives
Extensionsdefizit (Angst vor Luxation). Der Patella Tilt wird in
20° Beugung evaluiert. Hier wird die Patella zwischen Daumen
und Zeigefinger so gehalten, dass der Daumen die Patella lateral nach oben umklappen will. Eine laterale Anhebung von
0-20° gilt als normal, kann die Patella hingegen lateral nicht in
Neutralposition gebracht werden, zeigt dies ein kontraktes laterales Retinakulum an (Abb. 13) [91].
Femurkortikalis nach distal verlängert und die Relation des
Überstandes gemessen. Allerdings gilt zu beachten, dass für
die Beurteilung des Crossing Signs und der trochleären Tiefe
ein streng seitliches Röntgenbild erforderlich ist, auf dem die
posterioren Kondylenkanten genau übereinander projiziert
sind, was in praxi jedoch häufig leider nicht der Fall ist. Sind
die Kondylen nicht genau übereinander projiziert, so kann
dies zu einem falsch positiven Crossing Sign führen [58]. Eine
Beurteilung des patellofemoralen Gelenkes bzw. einer möglichen Dysplasie der Trochlea in der axialen
Röntgenaufnahme wird ab einer Beugung von 20° nahezu
unmöglich [64, 63]. Der diagnostische Wert der axialen
Aufnahmen zur Beurteilung der Trochleadysplasie sei daher
zur Diskussion gestellt (Abb. 14).
Abbildung 13: Klinische Untersuchung des Patella Tilt
Eine krepitierende Patella zeigt einen bereits vorhandenen
Knorpelschaden an. Zudem sollte die Inspektion der gesamten
unteren Extremität im Stehen durchgeführt werden, um signifikante Achs- oder Rotationsfehlstellungen zu evaluieren. Eine
Untersuchung der angrenzenden Gelenke sollte standardmäßig
durchgeführt werden. In unserem Patientengut findet sich bei
Patienten mit einer patellofemoralen Instabilität signifikant
häufiger ein positives femuroacetabuläres Impingementzeichen,
welches auf eine Hüftdysplasie hinweisen kann [92]. Oftmals
sehen wir bei Patienten mit einer Hüftdysplasie auch eine
Trochleadysplasie, was die Komplexität des zugrundeliegenden
Problems unterstreicht [129]. Zudem können Fehlstellungen in
den Sprunggelenken die Problematik aggravieren [128].
Abbildung 14: Axiale Röntgenaufnahme im Vergleich zur Schnittbildgebung
(proximale Trochlea) bei gleichem Patienten
4.3 Schnittbildgebung
In der Beurteilung der patellofemoralen Anatomie ist aus o.g.
Gründen die Schnittbildgebung Mittel der Wahl. Vorteil des
Verfahrens ist, die dorsale Kondylenlinie als Referenz nutzen
zu können. Neben der Einteilung der Trochleadysplasie nach
Déjour [24] können weitere patellofemorale Parameter
bestimmt werden [63, 68, 70]:
-
4.2 Konventionelle Bildgebung
Das Röntgenbild im ap Strahlengang ist von eingeschränkter
Bedeutung, hier können lediglich osteochondrale Abscherfragmente identifiziert werden. Das Röntgenbild im streng
seitlichen Strahlengang in 30°-Beugung wird zur Beurteilung
der Patellahöhe (Patellahöhenindex nach Caton-Deschamps)
und Konfiguration der Trochlea herangezogen (Abb. 9). Nach
Déjour kann im streng seitlichen Röntgenbild die
Trochleadysplasie qualitativ durch das „Crossing Sign“ und
quantitativ durch das Vorhandensein eines „trochleären
Bump“ und der „trochleären Tiefe“ beurteilt werden [27]. Das
„Crossing Sign“ ist als Schnittpunkt des tiefsten Punktes der
trochleären Grube und dem prominentesten Punkt der lateralen femoralen Trochleafacette definiert (Abb. 6). Um den
trochleären Überstand zu beurteilen, wird die anteriore
-
-
-
-
Der Anstellwinkel der lateralen Trochleafacette (lateraler
Trochleaslope). Bei normaler Trochleaform nimmt dieser
von proximal nach distal hin zu, im Mittel beträgt er 30°
[15].
Die laterale patelläre Inklination (Patella-Tilt) als Winkel
zwischen der tangentialen Patellalinie und der dorsalen
Kondylen-Referenz-Linie (Abb. 10) [9].
Die Tiefe der Trochlea auf verschiedenen Höhen mittels der
antero-posterioren Kondylenhöhe.
Die patellofemorale Relation in der Transversalebene
(Patella-Shift), bei dem der Abstand zwischen Sulcus
trochleae und Patellagiebel in Referenz zur dorsalen
Kondylenlinie gemessen wird (Abb. 10).
Entsprechend der seitlichen Röntgenaufnahme kann die
Patellahöhe auf einem saggitalen Schnittbild berechnet
werden.
Der TTTG-Abstand in Millimeter (siehe 3.6).
11
Für die Bestimmung des TTTG werden, wie oben erwähnt, zwei
axiale Schichten übereinander projiziert. Die proximale
Schicht ist diejenige, bei der die Trochlea das erste Mal als
Gleitlager fungiert, d.h. die proximalste knorpelbedeckte
Schicht. Distal wird die Schicht herangezogen, bei der die
Patellarsehne in die Tuberositas tibiae einstrahlt. Dann wird
jeweils ein Lot auf die dorsale Kondylen-Referenzlinie gefällt
und der Abstand in Millimeter gemessen (Abb. 11). Der TTTGAbstand wird als Quantifizierung des Q-Winkels gesehen, da
er die Aufhängung der Patella und deren knöcherne Führung
in Relation zueinander setzt. Wie bereits erwähnt, ist jedoch
der TTTG-Abstand häufig wegen der Medialisierung des Sulcus
trochleae aufgrund einer vorhandenen Trochleadysplasie,
Antetorsion des Femur oder Außenrotation der Tibia erhöht.
Nur in seltenen Fällen kann eine isolierte Lateralisierung der
Tuberositas tibiae gefunden werden [27, 29].
Die Studien zur Messung des TTTG beschränkten sich anfangs
auf CT Untersuchungen (Abb. 15). Es wurde postuliert, dass ein
Unterschied zwischen der Lokalisation des knöchernen und
des knorpeligen Sulcus trochlae existiert. Nachteil einer CTUntersuchung ist jedoch die hohe Strahlenbelastung der meist
jungen Patienten. Zudem kann in einer CT-Untersuchung die
proximale femorale, erste knorpelführende Schicht nicht optimal erfasst werden. Ebenso kann eine CT-Untersuchung
keinen klaren Aufschluss über den Zustand der Knorpel- und
Weichteilsituation (mediales Retinakulum, MPFL) liefern.
Schöttle et al. konnten jedoch nachweisen, dass der TTTGAbstand sowohl in einer CT-Untersuchung als auch in einem
modifizierten MRT bei Patienten mit patellofemoraler
Instabilität identisch war. Gleichzeitig war es für die Untersucher bei der MRT-Untersuchung einfacher, die jeweilig richtige femorale und tibiale Ebene zu bestimmen [100].
Ebenso kann eine erweiterte MRT-Untersuchung etwaige
Rotationsfehlstellungen der unteren Extremität analysieren
[122, 98]. Auf eine strahlenintense CT Untersuchung kann
daher verzichtet werden.
Hiermit ist es also möglich, einzig mit einem streng seitlichen
Röntgenbild zur Orientierung und einer MRT-Untersuchung
das Patellofemoralgelenk umfassend zu analysieren.
Abbildung 15: Klassifizierung der Trochleadysplasie in die Schweregrade A-D nach
Déjour im Schnittbildverfahren (nach [24])
12
5. Therapieoptionen bei patellofemoraler
Instabilität
Es muss streng zwischen einer generellen patellofemoralen
Instabilität, chronischer Subluxation der Patella und tatsächlich
stattgehabter Patellaluxation unterschieden werden.
Nach Patellaluxation unterscheiden wir die
-
Patellaerstluxation von der
chronisch-rezidivierenden Luxation
Während die Patellaerstluxation entweder nach adäquatem,
direktem Trauma (selten) oder geringem bzw. inadäquatem
Trauma (häufig, bei Vorliegen dispositioneller Faktoren) auftreten kann, ereignet sich die chronisch-rezidivierende
Luxation meist im Rahmen von Bagatelltraumata, häufig ohne
Fremdeinwirkung. Bei ausgeprägter Dysplasie kann auch eine
chronische Luxation, ggf. mit fixierter (Sub-)Luxation vorliegen.
5.1 Konservative Therapie
Bei der Behandlung der Patienten mit einer patellofemoralen
Instabilität muss weiterhin unterschieden werden zwischen
Patienten mit:
-
patellofemoralen Schmerzen (vorderes
Knieschmerzsyndrom) und
patellofemoraler Instabilität (nach Luxation).
Ein patellofemorales Schmerzsyndrom kann durch eine patellofemorale Instabilität begünstigt werden, ebenso kann eine
wirkliche patellofemorale Instabilität mit rezidivierenden
Luxationsereignissen Schmerzen verursachen. Die Übergänge
können fließend sein. Hier muss in der klinischen Untersuchung genau differenziert werden.
Vor allem die Schmerzpatienten bzw. die Patienten mit einer
geringen patellofemoralen Instabilität und ggf. einem oder
wenigen Luxationsereignissen in der Anamnese können mit
einer konservativen Therapie zu guten Ergebnissen gelangen.
Bei der konservativen Therapie sollten Schmerzen während der
Rehabilitation des Kniegelenkes vermieden werden. Hierzu werden sowohl Muskeldehnungstechniken als auch Muskelkräftigungsübungen eingesetzt. Die Kräftigungsübungen
betreffen insbesondere den Vastus medialis obliquus des M.
quadriceps und sollten Übungen in geschlossener Kette beinhalten. Dehnungstechniken hingegen werden vor allem im
Bereich des lateralen Retinakulums, Tractus iliotibialis, M. quadriceps, der Hamstrings sowie der Gastrocnemiusmuskulatur
und der Achillessehne angewandt. Gewichtsreduktion ist ein
weiterer wichtiger Punkt, um die patellofemoralen
Reaktionskräfte zu reduzieren. Durch spezielle Orthesen oder
Bandagen, die die Patella medialisieren bzw. aus dem schmerz-
haften Bereich mobilisieren und temporär getragen werden
können, ist eine Schmerzreduktion bzw. Stabilisierung in einem
gewissen Ausmaß möglich. Ebenso geeignet sind hierzu spezifische Taping-Techniken (z.B. McConnell-Tape). Bei ausgeprägter
Pronationsfehlstellung des Fußes sollte zudem auf eine ausreichende Schuheinlagenversorgung geachtet werden [91].
Indikation für eine konservative Therapie sehen wir bei der
(seltenen) traumatischen Patellaluxation ohne (osteo-) chondrales Abscherfragment, beim älteren Patienten, bzw. bei nur
geringer Ausprägung der disponierenden Risikofaktoren.
5.2 Operative Therapie
Domäne der operativen Therapie ist die instabile Patella. Da
ein immer multifaktorielles Geschehen vorliegt, kann prinzipiell jeder der oben genannten Risikofaktoren des „patellofemoralen Syndroms” operativ korrigiert werden. An welcher
Schraube soll also gedreht werden?
Da es weder sinnvoll noch realistisch ist, jeden Risikofaktor zu
korrigieren, werden im Folgenden einige Korrekturmöglichkeiten näher beleuchtet.
Prinzipiell sind drei Therapieansätze zu unterscheiden:
-
die Rekonstruktion des medialen patellofemoralen
Bandapparates zur Wiederherstellung der passiven
Stabilisatoren [30, 34, 46, 77]
-
Eingriffe im Bereich der Trochlea zur Normalisierung der
statischen Faktoren bei Vorliegen einer Dysplasie [3, 11, 125]
-
sowie proximale und distale Eingriffe am Streckapparat
zur Beeinflussung des Alignements und der aktiven
Stabilisatoren (Medialisierung des Vastus medialis obliquus, laterales Release, Versetzung der Tuberositas tibiae).
An welcher Schraube drehen?
5.2.1 Primäre Naht des medialen
patellofemoralen Komplexes
Nach einer Patellaerstluxation kommt es gelegentlich zu
osteochondralen oder chondralen Abscherfrakturen der distalen medialen Patellafacette oder der lateralen Femurkondyle
und fast immer zu einer Läsion des medialen patellofemoralen
Komplexes. Dieser kann sowohl offen chirurgisch als auch
arthroskopisch adressiert werden. Wichtig ist, die genaue
Lokalisation der Läsion zu bestimmen, welche sich häufig
femoralseitig zeigt. Yamamoto beschrieb 1986 eine Technik,
bei der mittels einer großen Nadel der mediale Komplex unter
arthroskopischer Sicht gerafft werden kann [130].
Ausschlaggebend für ein gutes Ergebnis dieser Technik ist die
akute bis subakute Behandlung, um eine ausreichende
Bandheilung zu gewährleisten. Nachteil der Technik ist, dass
patelläre und femorale Avulsionen mit dieser rein intramuralen
Naht ungenügend erreicht werden können. Daher wurde von
uns eine modifizierte Technik nach Strobel verwendet, um an
der medialen Patella das Periost und femoral den anatomischen Ansatz des MPFL unter arthroskopischer Kontrolle zu
fassen (Abb. 17 und 18) [118]. Reluxationsraten der arthroskopischen Technik sind in der Literatur nur spärlich angegeben
und bewegen sich zwischen 0-20 %, ohne jedoch die zugrundeliegende Pathomorphologie zu berücksichtigen [50, 51, 94,
115]. In einer Studie am eigenen Patientengut konnten
Schöttle et al. nachweisen, dass Patienten nach einer modifizierten arthroskopischen Raffung postoperativ einen signifikant höheren klinischen Score aufwiesen. Die Patienten mit
einer höhergradigen Trochleadysplasie zeigten – verglichen mit
der Gruppe der geringen dysplastischen oder physiologischeren
Trochlea – jedoch einen niedrigeren klinischen Score und eine
höhere Reluxationsrate von etwas mehr als 20 %. In jedem Fall
hat das minimal invasive Vorgehen jedoch eine geringere
Abbildung 17: Arthroskopische
Raffnaht des medialen
Retinakulums/MPFL in nach Strobel
modifizierter Yamamoto-Technik Schematische Darstellung (aus [107])
passive Weichteilstrukturen
laterales Retinakulum: laterales Release – laterale Rekonstruktion
MPFL: mediale Raffung, MPFL – Rekonstruktion
knöcherne Stabilisatoren
Trochlea: Trochleaplastik
Patella: Distalisierung/Ventralisierung
Alignement des Steckapparates (Zugrichtung)
TTTG bzw. Q-Winkel: Tuberositas-Versatz
Femur Antetorsion/Tibia Aussenrotation: Derotations-OT
Abbildung 16: Übersicht über die operativen Korrekturmöglichkeiten bei
patellofemoraler Instabilität
Abbildung 18: Arthroskopische Raffnaht des medialen Retinakulums/MPFL in nach
Strobel modifizierter Yamamoto-Technik (aus [107])
13
Reluxationsrate gezeigt als das konservative Vorgehen, bei dem
Reluxationsraten von bis zu 80 % angegeben werden [44].
Zudem kann das minimal invasive Vorgehen auch bei jungen
Patienten mit offenen Epiphysenfugen angewandt werden, bei
denen invasivere Verfahren als kritisch zu betrachten sind
[107]. Da oft aufgrund von vorhandenen chondralen
Abscherfragmenten postakut eine Arthroskopie durchgeführt
wird, kann hierbei diese Naht als zusätzliche anatomische
Rekonstruktion einfach appliziert werden (Abb. 18).
Liegt die Läsion des medialen patellofemoralen Halteapparates weit femoral und betrifft diese auch den Ansatz des M.
adductor, so ist in einigen Fällen die offene Vorgehensweise
indiziert, wobei jedoch auf den Verlauf des N. saphenus
geachtet werden muss, um diesen nicht zu irritieren. Bei größeren osteochondralen Abscherfrakturen empfehlen wir ebenfalls ein offenes Vorgehen über eine mediale Mini-Arthrotomie, um das osteochondrale Fragment, z.B. mit resorbierbaren Stiften, zu refixieren (Abb. 19). Dies ist in der arthroskopischen Technik leider oft nur unbefriedigend möglich.
Gleichzeitig kann hier dann die Naht des geschädigten MPFL
unter Sicht erfolgen.
In den letzten Jahren wurden unterschiedliche Techniken zur
MPFL-Rekonstruktion mit viel versprechenden Ergebnissen
publiziert [5, 8, 17, 22, 23, 30, 34, 46, 79, 83, 101, 117, 117].
Das MPFL als wichtigster passiver Stabilisator medialisiert als
einzige Struktur die Patella in strecknaher Position und trägt
auch in höheren Beugegraden (20°-45°) noch zur
Stabilisierung der Patella bei. Besteht eine Trochleadysplasie,
so wirkt das MPFL auch in diesen Beugegraden als wesentlicher Stabilisator. Da das MPFL weder an der Patella noch am
Femur einen isometrischen Punkt besitzt, sollte die
Rekonstruktion des Bandes gemäß der anatomischen
Gegebenheiten erfolgen [4, 116]. Eine nicht anatomische
Rekonstruktion führt zu unphysiologischen Belastungen im
patellofemoralen Gelenk, während die Rekonstruktion nur
eines Bündels an der Patella zu einem vermehrten patellären
Tilt und einer erhöhten Rotation führen kann [28, 32, 117].
Viele der beschriebenen Techniken berücksichtigen nicht die
eigentliche Anatomie. Wird eine Sehne verlagert oder gestielt
versetzt, so setzt einer der Ursprünge – patellär oder femoral
- nicht anatomisch an und es kann nur eines der beschriebenen Bündel [4, 56] rekonstruiert werden. Aber auch einige
Techniken mit freien Sehnentransplantaten stellen eine punktuell fixierte „Einzelstrangtechnik“ dar [30, 34]. Neben der
anatomischen Rekonstruktion ist auch eine stabile Refixation
des Sehnentransplantates notwenig, um eine frühfunktionelle
Nachbehandlung zu ermöglichen.
Abbildung 19: Refixation eines osteochondralen Fragmentes mit resorbierbaren
Pins, mini-open
5.2.2 Anatomische Rekonstruktion des
MPFL
Im Gegensatz zur arthroskopischen Raffung, die hauptsächlich bei der akuten Erstluxation angewandt wird und bei
Vorliegen einer höhergradigen Trochleadysplasie eine noch
immer hohe Reluxationsrate zeigt, ist die Rekonstruktion des
MPFL bei der chronisch-rezidivierenden Luxation indiziert.
Die MPFL-Rekonstruktion kann auch dann angewandt werden, wenn in vielen Fällen bereits aufgrund der rezidivierenden Luxationen ein Knorpelschaden vorhanden ist, der per se
eine Kontraindikation für andere Verfahren darstellt, wie z.B.
eine Trochleaplastik oder Medialisierung der Tuberositas tibiae bzw. wenn aufgrund begleitender Rotationsfehlstellungen
erhebliche Zusatzoperationen notwendig wären [99, 101,
105]. Ebenso ist die MPFL-Rekonstruktion häufig als zusätzliches stabilisierendes Verfahren notwendig. Bei einer ausgeprägten Trochleadysplasie findet sich eine mediale
Hypoplasie, bei der das MPFL meist nur insuffizient ausgebildet ist. Wird zur Korrektur z. B. eine Trochleaplastik durchgeführt, so ist es häufig erforderlich auch das insuffiziente
MPFL zu rekonstruieren.
14
Abbildung 20:
Prinzip der anatomischen MPFL-Rekonstruktion (Bild Fa. Karl Storz, Tuttlingen)
Die hier vorgestellte Operationstechnik zur anatomischen
Rekonstruktion des MPFL verwendet eine Gracilissehne als
freies Sehnentransplantat, da die Reißkraft des MPFL ca. 208 N
beträgt und die Reißkraft des Gracilis diese übersteigt [105, 4].
Wir verwenden für die femorale Refixation eine biodegradierbare Interferenzschraube (z.B. POSITION IFS, Fa. Aesculap),
patellär sorgen zwei biodegradierbare Fadenanker (z.B. Bioplug,
Fa. Karl Storz) für ausreichende Stabilität.
Abbildung 21: Staging
Arthroskopie zur Evaluation
der Trochleamorphologie
und Begleitpathologie
zwei resorbierbare 4,2 mm starke Fadenanker eingebracht, die
mit einem nicht resorbierbaren Faden der Stärke 2 beschickt sind
(Abb. 24a und b).
Abbildung 23a und b: Schaffung einer ca. 15 mm langen knöchernen Rinne am
proximalen medialen Patelladrittel mit einem feinen Luer
Initial wird zur individuellen Beurteilung der intraartikulären
Pathologie eine Arthroskopie durchgeführt (Abb. 21). Hier wird
neben dem Ausmaß der Trochleadysplasie und der medialen
patellofemoralen Bandverletzung vor allem der Knorpelstatus
evaluiert und eventuelle freie chondrale oder osteochondrale
Abscherfragmente adressiert.
Es folgt die Sehnenentnahme der Gracilissehne über eine kleine
mediale Inzision ca. 5-10 mm distal zur Tuberositas tibiae (Abb.
22). Die Gracilissehne wird nun auf einem Präparierboard von
ihrem Muskelbauch befreit. Sie sollte ca. 20 cm lang sein. Das
periostale Ende der Sehne wird mit einem nicht resorbierbaren
Faden über eine Länge von 2 cm armiert und der Durchmesser
der gedoppelten freien Sehnenenden bestimmt.
Abbildung 24a und b: Patelläre Fixation des zentralen Sehnenanteiles mit
resorbierbaren Fadenenakern (Bioplug, Fa. Karl Storz)
Nun wird das Transplantatlager zwischen der zweiten und dritten Schicht des medialen patellofemoralen Komplexes, in der
das MPFL lokalisiert ist, bis zum femoralen Insertionsbereich
präpariert [126]. Hierbei ist darauf zu achten, dass die
Gelenkkapsel nicht perforiert wird, um das Gelenk und damit die
intrartikuläre Propiozeption unversehrt zu lassen. Für die anatomische femorale Insertion wird in 30° Beugung eine ca. 1 cm
lange Hautinzision im Bereich des medialen Epicondylus und
Abbildung 22: Entnahme der Gracilissehne
Zur patellären Insertion erfolgt eine ca. 2 cm lange Inzision im
Bereich des medialen proximalen Patelladrittels, da hier das MPFL
inseriert [117]. Die superomediale Kante der Patella wird frei präpariert und eine ca. 1,5-2 cm lange knöcherne Rinne mit einem
schmalen Luer geschaffen (Abb. 23a und b). Die Rinne muss tief
genug sein, das Gracilis-Transplantat komplett einzubetten. Dann
werden in die knöcherne Rinne am proximalen wie distalen Ende
Abbildung 25: Durchzug des Transplantates nach Tunnelung und Präparation des
femoralen Endes
15
des Tuberculum adductorium durchgeführt. Wahlweise kann
nun das Transplantat bereits in die patelläre Rinne eingeknotet
und durch den präparierten Tunnel gezogen werden. Der mediale Epicondylus und das Tuberculum adductorium werden palpiert und ein Bohrdraht mit Fadenöse wird etwas posterior zum
Mittelpunkt dieser Punkte positioniert (Abb. 26).
Abbildung 26: Markierung des femoralen Insertionspunktes mittels Bohrdraht
Mit Hilfe eines Röntgen-Bildwandlers kann in einer streng seitlichen Durchleuchtung, in der beide dorsalen Femurkondylen
übereinander projiziert sind, die genaue Lage der anatomischen
femoralen MPFL-Insertion reproduzierbar bestimmt werden
(Abb. 27). Anhand einer vorangegangenen Kadaverstudie konnten wir aufzeigen, dass dieser ca. 1,3 mm vor der dorsalen
Verlängerungslinie des Femurkortex und 2,5 mm distal der hinteren Begrenzung des medialen Femurkondylus und proximal
zur Höhe des dorsalsten Punktes der Blumensaat Linie befindet
(Abb. 28a und b) [109]. Dies konnten auch andere Arbeitsgruppen bestätigen [90]. Die genaue Positionierung der femoralen Insertion ist von entscheidender Bedeutung, da bereits
Abweichungen von nur 5 mm zu unphysiologischen Drücken
im Patellofemoralgelenk führen können [4, 116, 117]. Die
Erfahrung lehrt, dass die Palpation häufig ungenau ist. Die
Zuhilfenahme eines Röntgenbildwandlers sollte daher obligat
erfolgen, der zusätzliche Zeitaufwand ist minimal.
Ist die femorale Position korrekt bestimmt, wird der Bohrdraht
mit einem kanülierten Bohrer entsprechend der Länge und des
Durchmessers des Transplantates überbohrt. Die Transplantatlänge wird nun, falls nicht bereits vorher erfolgt, durch
Anlegen der Gracilissehne bestimmt, wobei darauf zu achten
ist, dass das Transplantat nicht zu kurz zugeschnitten wird.
Nun wird, sofern noch nicht erfolgt, der zentrale Anteil in die
knöcherne Rinne eingelegt und mit dem Faden des proximalen
Fadenankers eingeknotet. Unter leichter Spannung wird nun
das distale Ende des Transplantates mit dem zweiten
Fadenanker refixiert. Die Sehne sollte vollständig in der knöchernen Rinne eingebettet sein, um eine guten SehnenKnocheneinheilung zu gewährleisten und um medial – vor
allem bei schlanken Patienten – nicht störend aufzutragen.
Die beiden Sehnenschenkel werden dann mit einer vorgelegten Fadenschlaufe in das getunnelte Transplantatlager eingezogen. Die freien Sehnenenden werden nun auf gleiche Länge
gebracht und wahlweise, z.B. mit einer bioresorbierbaren
Endopearl© (Fa. Linvatec), versehen (Abb. 25) [127], um eine
sichere Fixation zu ermöglichen. Danach wird - ebenfalls über
eine vorgelegte Fadenschlaufe – das freie Transplantatende in
den femoralen Tunnel eingezogen und mit einer biodegradierbaren Interferenzschraube (z.B. POSITION IFS, Fa. Aesculap)
refixiert. Die femorale Refixation sollte in ca. 20–30°-Beugung
erfolgen, da das MPFL hier seine gößte Spannung gegen die
laterale Translation der Patella aufbaut [4]. Dabei sollte die
laterale Patellakante in einer Flucht mit der Begrenzung des
lateralen Femurkondylus stehen [103]. Vor Entfernung des
Schraubendrehers sollte die freie Beweglichkeit und die
Führung der Kniescheibe zwischen 0° und 40° überprüft und
ggf. nachkorrigiert werden. Eine Überkorrektur sollte möglichst vermieden werden, da diese zu einer medialen
Subluxation, Transplantatversagen oder zu einem medialen
patellofemoralen Drucksyndrom führen kann (Abb. 29) [32].
Abbildung 27:
Bestimmung des femoralen
Insertionspunktes mittels intraoperativer Röntgendurchleuchtung
Abbildung 29: Femorale Fixation des Transplantates und Einstellen der
Bandspannung in 20-30° Beugung
Abbildung 28a und b: Radiologische Orientierungspunkte zur femoralen Insertion
(a) aus[108] und b) Fa. Karl Storz, Tuttlingen)
16
Postoperativ erfolgt die Anlage einer Knieruhigstellungsschiene für 1 Woche. Für 3 Wochen ist die Belastung mit nur
dem halben Körpergewicht erlaubt. In den ersten 2 Wochen
erfolgt die passive Beübung des Gelenkes bis 60°-Beugung.
Danach kann mit aktiven Übungen begonnen werden.
Normale Aktivität ist nach 3 Monaten gestattet, sofern kein
Defizit mehr im Bereich des Quadriceps vorhanden und die
freie Beweglichkeit erreicht ist. Kontaktsport sollte für mindestens 6 Monate nicht durchgeführt werden. In der Regel sind
alle Patienten nach 4-6 Wochen bereits frei beweglich, ein
signifikantes propiozeptives Defizit im Vergleich zu herkömmlichen Operationstechniken ist aus eigener Erfahrung nicht zu
beobachten, demzufolge auch eine geringere Atrophie der
Oberschenkelmuskulatur als bei anderen rekonstruktiven
Verfahren (z.B. VKB-Ersatzoperation) und das Vermögen, den
Quadriceps häufig schon unmittelbar postoperativ bzw. in den
ersten Tagen zu rekrutieren. Der Grund hierfür könnte das
minimal-invasive und rein extraartikuläre Vorgehen sein, die
intraartikuläre Situation bleibt ungestört.
Abbildung 30: Postoperatives
Ergebnis nach 4 Wochen
5.2.3 Trochleaplastik
Demnach kann davon ausgegangen werden, dass bei fast allen
vorhandenen patellofemoralen Instabilitäten eine mehr oder
weniger ausgeprägte Trochleadysplasie zugrunde liegt. Bei
Patienten mit einer ausgeprägten Trochleadysplasie ist die
Trochlea ganz flach oder sogar konvex oder weist einen deutlichen Kalibersprung auf (Typ C-D nach Déjour). Hier kann ein
intakter medialer Patellahalteapparat die Patella vor einer
Lateralisierung nicht suffizient bewahren. Eine Veränderung der
Trochleageometrie - eine Trochleaplastik - kann hier als eine
kausale Therapieoption gesehen werden. Da wir davon ausgehen, dass der patelläre Tilt und Shift sowie der Patellahochstand
durch die dysplastische Trochleaform verursacht wird, kann
angenommen werden, dass eine isolierte Korrektur der
Trochleaform diese Risikofaktoren positiv beeinflussen kann.
Eine Trochleadysplasie ist nicht gleichbedeutend mit einer isolierten Abflachung oder Dysplasie des lateralen Femurkondylus.
Sie ist vielmehr definiert durch einen hypoplastischen medialen
Femurkondylus, der den Sulcus trochleae nach medial verschiebt und bei normal hohem lateralen Kondylus hierdurch den
lateralen Slope abflacht. Dadurch vermindert sich der Sulcus
trochleae und die laterale Facette stellt keine wirklich Kante
und damit Führung der Patella mehr dar. Ziel einer
Trochleaplastik sollte sein, die laterale Facette in Relation zur
Trochlea steiler zu gestalten und zu erhöhen, ohne jedoch den
patellofemoralen Druck zu steigern. Dies kann nur durch eine
Vertiefung der Trochlea, nicht durch eine Anhebung der lateralen Trochleafacette erreicht werden. 1915 stellte Albee erstma-
lig eine Technik vor, die die Trochlea adressiert hat [3].
Allerdings wurde hier die laterale Trochleafacette mit einem
Knochenkeil angehoben, was zu erhöhten patellofemoralen
Drücken führte und letztlich zu Schmerzen und vorzeitiger
Arthrose [25]. Die Technik einer Vertiefung der Trochlea
beschrieb erstmalig Masse [71]. Déjour löste als erster die knorpelige Trochlea, um darunter die knöcherne Trochlea neu zu formen und den Knorpel anschließend wieder V-förmig zu readaptieren [25]. Er führte den Begriff der Trochleaplastik ein.
Allerdings hat auch diese Technik Limitationen. Insbesondere
die Tatsache, dass eine V-förmige Inzision am Knorpel der
Trochlea die notwendige physiologische Lateralisierung des
Sulcus nur unzureichend adressieren kann und dass der Knorpel
inzidiert und mit Metallklammern refixiert wird. Aus diesen
Gründen verfahren wir nach dem von Bereiter beschriebenem
und inzwischen von uns leicht modifizierten Vorgehen [11, 104].
Hier wird nach einer lateralen Arthrotomie die Patella nach
medial weggehalten und die proximale Trochlea dargestellt. Es
folgt die Ablösung der Synovialis vom Knorpel der proximalen
Trochlea (Abb. 31). Danach wird sukzessive mit einem gebogenen Meißel der Knorpel mit einer dünnen ossären subchondralen Lamelle von latero-proximal abgelöst und nach ventral
gehalten. Hierbei ist strikt darauf zu achten, die subchondrale
Lamelle nicht zu perforieren und den Knorpel beim Weghalten
nicht zu brechen. Dabei muss die Dicke so gewählt werden,
dass eine elastische Modellierung der Knochen-Knorpellamelle möglich ist (Abb. 32).
Nach ausreichend nach distal erfolgter Präparation folgt nun
die Korrektur bzw. Schaffung des neuen Sulcus trochleae.
Demnach liegt bei einer Trochleadysplasie ein medialisierter
Sulcus in unterschiedlicher Ausprägung vor. Ebenfalls ist
dadurch der laterale Trochleaslope vermindert. Es gilt also,
hier den dafür ursächlichen Überstand zu reduzieren und den
Sulcus trochleae im physiologischen Umfang zu lateralisieren.
Dadurch wird automatisch der laterale Trochleaslope erhöht,
was der Patella wiederum eine Führung verschafft. Die Höhe
des lateralen Femurkondylus sollte in diesem Zusammenhang
nicht verändert werden. Zur Anlage des Sulcus bedienen wir
uns eines Meißels in Kombination mit einer Knochenfräse
(Turbofräse oder Walzenfräsen-Aufsatz eines gewöhnlichen
Shavers). Es ist darauf zu achten, dass der neu geschaffene
Sulcus proximal mit dem ventralen Femurkortex (Abb. 33)
abschließt. Die individuelle Modellierung der proximalen
Trochlea variiert je nach vorliegender Pathologie sehr stark.
Nach dem „Remodelling“ der Trochlea wird die KnochenKnorpellamelle reponiert und entsprechend den Oberflächenverhältnissen anmodelliert. Dies muss sehr behutsam
geschehen, da der Knorpel eine sehr vulnerable Struktur darstellt. Die Knorpellamelle wird zentral im Neo-Sulcus mit
einem breiten Vicrylband readaptiert. Dies kann mittels nach
lateral ausgeleiteter transossärer Nähte erfolgen (Abb. 34). In
letzter Zeit hat sich jedoch die Refixation mit speziellen
Ankersystemen durchgesetzt, da sie schnell und sicher zu
applizieren sind (Abb. 36). Nachdem die Knochen17
Knorpellamelle wieder stabil readaptiert ist, erfolgt die
zusätzliche zirkuläre Readaptation der Synovialis mit resorbierbaren Nähten (Abb. 35). Nach Einlage einer Redondrainage
erfolgt der laterale Kulissenverschluss. Dies sollte bei gebeugtem Kniegelenk durchgeführt werden, um eine Kontraktur der
lateralen Strukturen zu vermeiden [102]. Dann erfolgt die
Abbildung 34: Readapation der Knochen-Knorpellamelle und Refixation transossär
mit nach lateral ausgeleitetem Vicryl-Band
Abbildung 31: Trochleaplastik nach Bereiter: Ablösung der Synovialis der
proximalen Trochlea nach lateraler Arthrotomie
Abbildung 35: Endergebnis nach Readaptation Synovialis (andere Patientin)
Abbildung 32: Anheben einer elastischen subchondralen Trochlealamelle mit einem
gebogenen Meißel
Abbildung 36: Alternative Refixation der Knorpel-Knochenlamelle mit einem
Ankersystem (z.B. Push-Lock Anker, Fa. Arthrex)
Abbildung 33: Vertiefung und „Neuanlage“ des Sulcus trochleae
18
manuelle Untersuchung der Patellastabilität in verschiedenen
Beugegraden. Häufig zeigt sich noch eine patellofemorale
Instabilität in strecknaher Position, da bei der Trochleadysplasie häufig die medialen passiven Stabilisatoren nur
ungenügend ausgeprägt bzw. durch die vorangegangenen
Luxationen bereits als insuffizient zu betrachten sind. In diesen Fällen ist daher die zusätzliche Stabilisierung durch eine
adjuvante MPFL-Rekonstruktion erforderlich, die einzeitig
durchgeführt werden kann [11, 104, 106].
5.2.4 Mediale Raffung
Abbildung 37: Arthroskopie nach Trochleaplastik vor 4 Jahren: die Patientin
präsentierte sich nun mit einer Außenmeniskus-Korbhenkelläsion. Im Bereich des
Patellofemoralgelenkes hatte sie keinerlei Probleme mehr
Im Rahmen einer Nachuntersuchung von Patienten nach
Trochleadysplasie konnte histologisch und vitalmikroskopisch
gezeigt werden, dass der initial abgelöste und wieder readaptierte Knorpel sowie darunter liegende Knochen intakt und
nach den Kiriterien der ICRS normal bis sehr gut waren [108].
Eine Trochleaplastik kann somit mehrere Risikofaktoren
gleichzeitig korrigieren:
-
-
die Dysplasie der Trochlea,
die Lateralisierung des Sulcus trochleae und damit die
Normalisierung des TTTG,
eine gewisse Normalisierung der Patella alta,
in einem gewissen Maße Beeinflussung eines vorhandenen
Rotationsfehlers durch „Remodelling“ der Trochlea
(Änderung der Trochleaebene),
Rekonstruktion bzw. „Release“ der passiven lateralen
Strukturen (siehe auch „laterales Release“),
Normalisierung des Patella-Tilt und –Shift,
ggf. adjuvant: Rekonstruktion der passiven medialen
Strukturen (MPFL).
An dieser Stelle sei nochmals erwähnt, dass die Trochleaplastik
eine äußerst invasive Gelenkoperation darstellt und nur Fällen
mit einer ausgeprägten Trochleadysplasie (Typ C-D) vorbehalten sein sollte. Grundvoraussetzung ist ein gesunder, elastischer Knorpel ohne Läsionen sowie geschlossene
Epiphysenfugen. Die Trochleaplastik gehört in die Hand eines
in dieser Technik erfahrenen Chirurgen. Sie sollte daher in
darauf spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Vor einer
unkritischen, flächendeckenden Anwendung soll an dieser
Stelle nochmals ausdrücklich gewarnt werden. Es müssen
zudem auch weitere begleitende Instabilitätskriterien berücksichtigt werden (z.B. Rotationsfehlstellungen, Insuffizienz des
medialen patellofemoralen Bandapparates). Hier sind dann
zusätzliche stabilisierende Maßnahmen (z.B. MPFL-Rekonstruktion) notwendig.
Eine häufig angewandte Operationsmethode ist die
Medialisierung des medialen Retinakulums mit dem M. vastus
medialis obliquus auf die Patella. Grundidee ist die
Zugrichtung der aktiven Stabilisatoren umzulenken und somit
eine bessere patelläre Führung zu erreichen. Der Faserverlauf
des VMO kann jedoch nicht geändert werden. So tritt eine
medialisierende Wirkung auf die Patella weiterhin erst ab
einer Beugung von ca. 60° auf. Aus biomechanischer Sicht
erfolgt mit der medialen Raffung eine Proximalisierung und
ggf. Lateralisierung der Patella, was beides zu einem erhöhten
patellofemoralen Anpressdruck ab 60°-Beugung führen kann
und somit zu Schmerzen und degenerativen Knorpelveränderungen. Die Patella wird also in höheren Beugegraden ab
60° stabilisiert, jedoch nicht in der eigentlich kritischen
strecknahen Position. Dies erklärt, warum retrospektive klinische Studien im Vergleich zur medialen Rekonstruktion hier
deutlich schlechtere Ergebnisse zeigen. Zudem tritt häufig ein
postoperatives Schmerzsyndrom auf und die Rehabilitationsphase ist entsprechend prolongiert [41, 59, 89, 124].
Der Grund, dass die mediale Raffung in einigen Fällen jedoch
auch befriedigende Ergebnisse zeigt, mag möglicherweise
darin liegen, dass mit durchgeführter medialer Raffung auch
in gewisser Weise das insuffiziente MPFL „mitgefasst“ und
sozusagen „rekonstruiert“ bzw. repariert wird.
5.2.5 Laterales Release
Beim lateralen Release wird das laterale Retinakulum offen
chirurgisch oder arthroskopisch in Längsrichtung in verschiedenster Ausdehnung häufig bis weit in den proximalen Tractus
iliotibialis durchtrennt. Ein wirkliches „Release“, bei dem die
einzelnen Schichten nur teilweise gelockert, jedoch nicht vollständig durchtrennt werden, ist die Ausnahme.
Abbildung 38: Arthroskopisches laterales Release
Grundannahme dieser Methode am passiven Apparat ist die
Überlegung, dass man durch eine Minderung der Zugkraft
nach lateral die Luxationstendenz reduzieren könne. Jedoch
sollte man sich bei diesem Eingriff die laterale Anatomie vergegenwärtigen: die Fasern verlaufen von proximal nach distal
und können daher – vergleichbar mit den Muskelfasern des
VMO – erst in höheren Beugegraden eine lateralisierende
Kraft auf die Patella auslösen. In strecknahen Stellungen hat
das laterale Retinakulum eher eine stabilisierende Wirkung
auf die Patella, da es eine Weichteilbarriere gegen die
19
Patellalateralisierung darstellt. Nach einem lateralen Release
kann diese Funktion aufgehoben sein, eine vermehrte laterale Instabilität in strecknaher Position ist die Folge [18, 40]. Es
kann auch zusätzlich zu einer medialen Instabilität kommen
[81]. Eine mögliche Erklärung ist, dass das laterale
Retinakulum nach einer Ruptur des MPFL infolge einer
Patellaluxation der einzige passive Stabilisator bleibt. Erfährt
die Patella dann durch den Quadricepsvektor eine
Lateralisation, spannt sich das laterale Retinakulum zwar nach
lateral auf, verhindert aber dadurch ebenfalls die Luxation.
Dies kann die Zunahme der patellofemoralen Instabilität nach
lateralem Release erklären (Abb. 8) [60, 81]. Außerdem kann
die Durchtrennung des lateralen Retinakulums zu
Vernarbungen im Bereich des Tractus iliotibialis und des M.
vastus lateralis führen.
Diese Vernarbungen können eine unphysiologische Zugwirkung nach proximo-lateral entwickeln und somit zu
Verhärtungen im Ansatzbereich des Tractus iliotibialis an der
Patella führen. Einer Erhöhung des patellofemoralen Druckes
und Schmerzen können die Folge sein [40, 62]. Aus diesen
Gründen ist das isolierte laterale Release bei strecknaher
patellofemoraler Instabilität nicht indiziert [40].
Ein isoliertes laterales Release ist bei strecknaher patellofemoraler Instabilität nicht indiziert
Eine Berechtigung für dieses Verfahren sehen wir nur noch bei
einer fixierten lateralen Luxation und Subluxation in tiefer
Beugung. Hier sollte das laterale Release differenziert und
dosiert vorgenommen werden. Dabei ist die laterale
Retinakulumverlängerung nach Biedert eine sinnvolle
Alternative [12]. In unserem eigenen Patientengut wird das
laterale Release bei patellofemoraler Instabilität nicht durchgeführt. Jedoch führen wir häufiger eine laterale
Kulissenrekonstruktion nach erfolgtem ausgedehnten lateralen Release durch. Alleine hierdurch kann die Stabilität der
Patella deutlich gebessert werden.
5.2.6 Medialisierung der Tuberositas
tibiae
Die Medialisierung der Tuberositas tibiae wird in verschiedenen Modifikationen durchgeführt. Bei einer Medialisierung
des distalen Patellarsehnenansatzes um ca. 10-15 mm werden
in erster Linie die aktiven Stabilisatoren adressiert. Mit diesem
Verfahren wird hauptsächlich ein pathologischer TTTG reduziert bzw. der Q-Winkel verringert. Die Vorstellung ist hier,
dass die Ausrichtung des Streckapparates bestimmt, ob die
Kraftvektoren des M. quadriceps ein zentrales Eingleiten der
Patella in die Trochlea ermöglichen oder sie nach lateral
abgleiten lassen. Aus Vorangehendem kann jedoch geschlossen werden, dass eine Patella mit erhöhter Luxationstendenz
in strecknaher Position vornehmlich von passiven Weichteilund knöchernen Faktoren stabilisiert wird. Wie bereits
20
erwähnt, haben zudem die aktiven Stabilisatoren - die
Quadricepsvektoren - aufgrund ihres Faserverlaufes in strecknaher Position keinen wesentlichen Einfluss auf die Führung
der Patella in der Transversalebene. Ebenso scheint der TTTG
häufiger durch femorale Pathologien als durch eine lateralisierte Tuberositas tibiae erhöht [27, 29]. Eine Medialisierung
der Tuberositas vermindert zwar durch die Verringerung des
TTTG den lateralisierenden Vektor der Patella, die eigentliche
Ursache der vermehrten TTTG wird jedoch nicht adressiert.
Zudem verändert die Operation nicht den Verlauf der VMOFasern, weshalb der Streckapparat weiterhin die Patella erst
ab ca. 60° Beugung stabilisieren kann. Dies erklärt auch, dass
durch die Medialisierung der Patella je nach Literaturangabe
nur in 65 % der Fälle eine Stabilisierung der Patella erreicht
wird [13]. Häufig liegt postoperativ zudem ein unklares patellofemorales Schmerzsyndrom vor [87]. Weiterhin kann es
durch das Verschieben der medialen Patellafacette auf den
medialen Femurcondylus zu einer unphysiologischen
Druckerhöhung und somit zu Schmerzen und einer vorzeitigen
Arthrose kommen (Abb. 40) [19, 31, 33, 74].
Die Indikation für eine Medialisierung des Tuberositas
Ansatzes sehen wir nur in den seltensten Fällen gegeben.
Häufiger als eine primäre Medialisierung führen wir einen
Rückversatz der Tuberositas tibiae aufgrund eines medialen
Schmerzsyndromes im Sinne einer Überkorrektur des TTTG
durch. Bei dann persistierender Instabilität oft einzeitig in
Kombination mit einer MPFL-Rekonstruktion.
5.2.7 Patellofemorale Instabilität bei
offenen Wachstumsfugen
Die kindliche patellofemorale Instabilität stellt durch die noch
offenen Epiphysenfugen einen Sonderfall dar. Hier verbieten
sich ossär korrigierende Verfahren wie z.B. eine Trochleaplastik
oder ein Tuberositasversatz. Bei Erstluxationen ist daher im
akuten und subakuten Stadium die Naht des medialen
Retinakulums / MPFL indiziert, da hier die Wachstumsfugen
nicht alteriert werden. Sofern die exakte Rupturlokalisation
adressiert wird, können auch bei geringgradigen
Dysplasiegraden geringe Reluxationsraten erreicht werden. Bei
höhergradigen Trochleadysplasien steigt jedoch die
Reluxationsrate deutlich an, so dass eine Naht in diesen Fällen
nur relativ indiziert ist. Häufig bietet sie jedoch die einzige
Alternative, da eine Trochleaplastik kontraindiziert und eine
MPFL-Rekonstruktion nur eingeschränkt möglich ist.
Bei der MPFL-Rekonstruktion liegt der femorale Insertionspunkt genau im Bereich der Epiphysenfuge des distalen Femur.
Dementsprechend muss ein Kompromiss zwischen Stabilisierung der Patella und Schonung der Wachstumsfugen gefunden werden. Häufig stellt auch die patelläre Refixation ein
Problem dar, da Kinder häufig eine kleine und knorpelige
Patella haben, in der Bohrungen oft nicht möglich sind.
Sollte dennoch eine MPFL Rekonstruktion durchgeführt werden müssen, so ist in diesen Fällen eine periostale Refixation
des Transplantates möglich. Je nach anatomischen
Gegebenheiten ist es auch möglich, kleine resorbierbare
Fadenanker knapp neben der Wachstumsfuge zu inserieren
(unter Röntgenkontrolle). Eine weitere Alternative stellt der
Adduktor-magnus-Sehnentransfer nach Sillanpaa dar [113].
6. Komplikationen / Revisionseingriffe
Aufgrund der vielfältigen Risikofaktoren für eine patellofemorale Instabilität, die niemals isoliert, sondern immer in
Kombination vorliegen („Syndrom der Patellofemoralen
Instabiliät“), ist es von immenser Wichtigkeit, diese individuell
für jeden einzelnen Patienten genau zu analysieren. Ist der
Patient bereits operiert worden, so ist es wichtig, genaue
Angaben zur Art der Voroperation zu erhalten. Augenmerk gilt
der persistierenden Symptomatik, insbesondere ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Schmerz- oder Instabilitätsproblematik handelt.
Nach Raffungen am medialen Komplex sind in erster Linie
Rezidivluxationen zu nennen, da die Lateralisierung des VMOAnsatzes biomechanisch zu keiner Stabilisierung der Patella
führt. In diesen Fällen empfehlen wir die MPFL-Rekonstruktion
mit einem Gracilissehnentransplantat in oben beschriebener
Technik. Falls erforderlich kann der VMO-Ansatz wieder abgelöst werden und mit dem proximalen Bündel des MPFLTransplantates adaptiert werden.
Ein ausgedehntes Laterales Release kann postoperativ nicht
nur zu einer vermehrten lateralen, sondern auch zu einer vermehrten medialen Translation der Patella führen, ebenso ist
ein laterales Schmerzsyndrom möglich. Hier ist die isolierte
MPFL-Rekonstruktion nicht ausreichend, da hier zwar die
laterale, nicht aber die mediale Instabilität adressiert wird. In
diesen Fällen führen wir eine „laterale Kulissenoperation“
durch. Hier werden nach lateraler Inzision die einzelnen vernarbten Schichten (Tractus iliotibialis, laterale Kapsel, M.
vastus lateralis) durch eine craniocaudale Schnittführung
voneinander gelöst und präpariert. Nach Trennung der einzelnen Schichten werden diese wie Kulissen in einem Theater in
physiologischer Weise von innen nach außen und von proximal nach distal verschlossen (Abb. 39). Dies sollte in
Kniebeugung erfolgen, um den Kulissenverschluss nicht zu
straff durchzuführen. Gelegentlich reicht alleinig die
Rekonstruktion der „lateralen Kulisse“ aus, um eine suffiziente Stabilität wiederzuerlangen. Sollte dies nicht ausreichen, so
ist ggf. adjuvant eine MPFL-Rekonstruktion zu ergänzen.
Eine Medialisierung der Tuberositas kann, wie oben erwähnt,
die patellofemorale Stabilität in extensionsnaher Position
nicht sicher gewährleisten. Jedoch kann der Druck der medialen Patellafacette auf die mediale Trochlea postoperativ
erhöht sein, was zu Schmerzen führt. Hier sollte eine
Bestimmung des TTTG erfolgen. Da der TTTG normalerweise
zwischen 8-15 mm beträgt, ist bei Werten kleiner 8 mm von
einer unphysiologischen Situation auszugehen (sog. „Überkorrektur”). Hier ist ggf. eine Rückverlagerung der Tuberositas
indiziert. Häufig kann ein „Entnahmedefekt“ noch gut verifiziert werden, in den die Tuberositas tibiae wieder problemlos
eingepasst und refixiert werden kann.
Zeigt sich hiernach weiterhin eine patellofemorale Instabilität,
so ist ggf. einzeitig eine MPFL-Rekonstruktion durchzuführen
(Abb. 41). Wurde im Rahmen der Vor-Operation ein ausgedehntes laterales Release durchgeführt, so kann eine adjuvante laterale Kulissenoperation notwendig werden (siehe oben).
In unserem Patientengut führen wir häufiger Rückverlagerungen der Tuberositas tibiae durch, eine primäre Medialisierung der Tuberositas ist nur selten notwendig.
Abbildung 40: Mediale patellofemorale Arthrose bei Z.n. Überkorrektur im Rahmen
einer Medialisierung der Tuberositas tibiae, Bildgebung
Abbildung 39: Mehrschichtiger lateraler Kulissenverschluss bei persistierender
Patellaluxation nach ausgedehntem lateralen Release (hier in mini-open-Technik)
21
Abbildung 41: Eine Tuberositas-Rückverlagerung in das alte „Bett“ und adjuvante
MPFL-Rekonstruktion brachten der Patientin weitgehende Schmerzfreiheit, eine
gute aktive Funktion und Stabilität.
Nachdem in den letzten Jahren die MPFL-Rekonstruktion
zunehmend flächendeckend durchgeführt wird, zeigen sich
auch bei dieser Operationstechnik spezifische Probleme. Eine
häufige Fehlerquelle ist die femorale Fehlplatzierung des
MPFL-Transplantates. Hier kann es schon bei geringen
Abweichungen von bereits 5 mm nach kranial oder ventral in
Beugung zu einer zunehmenden Bandspannung des MPFLTransplantates führen. Dies äußert sich in einem
Beugedefizit und medialen Schmerzsyndrom (Abb. 42) [4, 32,
116, 117].
Abbildung 43: Korrektur der fehlplatzierten femoralen MPFL-Insertion durch scharfes Abtrennen, Präparation der Sehnenschenkel und korrekter Reinsertion mittels
Fadenankern. Die Patientin erreicht postoperativ zügig das freie Bewegungsausmaß
und erlitt bis dato keine Reluxation.
Abbildung 44: Arthroskopische Durchtrennung der fehlplatzierten, intraartikulär
gelegenen MPFL-Zügel mit dem HF-Instrument
Abbildung 42: Fehlplatzierung der femoralen MPFL-Insertion im seitlichen
Röntgenbild: a) ventrale Fehllage, b) ventrale und proximale Fehllage (rot: falscher
"ist"-Zustand; grün: korrekte Insertion)
Eine weitere Fehlerquelle findet sich im Bereich der patellären Refixation. Hier können retropatellär perforierende, nicht
streng tangential eingebrachte Implantate den
Gelenkknorpel signifikant schädigen, Schmerzen sind die
Folge. Diese sind zu entfernen und die Sehne ist ggf. erneut
zu refixieren (Abb. 45).
Daher empfehlen wir bei der primären MPFL-Rekonstruktion
obligat die Verwendung eines Röntgenbildwandlers wie oben
beschrieben. Therapieoption ist hier die korrekte Reinsertion
des femoralen MPFL-Ansatzes (Abb. 43). Alternativ kann ggf.
von intraartikulär die Durchtrennung der gelegentlich sichtbaren MPFL-Zügel ausreichen, um wieder eine freie
Beweglichkeit und Schmerzlinderung zu erreichen (Abb. 44).
Bei persistierender Instabilität kann auch eine erneute
MPFL-Re-Rekonstruktion, z.B. mit Semitendinosussehne,
erfolgen.
Abbildung 45: Arthroskopische Entfernung der nach intraartikulär perforierten
Fadenanker im Bereich der retropatellaren Gelenkfläche
22
7. Arthrose bei Patellofemoraler
Instabilität
Eine isolierte Arthrose des Patellofemoralgelenkes ist häufig
der Endzustand einer chronischen oder fixierten Patellaluxation bei vorliegender Dysplasie der Trochlea. Die Patienten
beklagen hier weniger eine Instabilitätsproblematik als vielmehr die arthrotisch bedingte Schmerzsymptomatik. Ist nach
Ausschöpfung aller konservativen Therapiemaßnahmen keine
Besserung der Schmerzsymptomatik zu erzielen und die
Lebensqualität der betroffenen Patienten deutlich reduziert,
so kann der isolierte Oberflächenersatz des Patellofemoralgelenkes indiziert sein. Hier werden verschiedene Systeme
angeboten, deren Diskussion den Rahmen sprengen würde
(Abb. 46 und 47).
Bei jungen Patienten ist grundsätzlich ein spezifischer patellofemoraler Gelenkersatz mit nur geringem Substanzverlust
dem einer Totalprothese vorzuziehen. Vorteil bei einem
Oberflächenersatz der Trochlea ist die Möglichkeit, den Sulcus
trochleae ähnlich wie bei der Trochleaplastik neu zu definieren und in gewisser Weise Rotationsfehlstellungen des Femur
etwas ausgleichen zu können. Ein Ersatz der retropatellaren
Gelenkfläche kann wahlweise erfolgen. Ähnlich wie bei der
Trochleaplastik ist es gelegentlich notwendig, adjuvant eine
medial stabilisierende Maßnahme (z.B. MPFL-Rekonstruktion)
oder ein laterales kontraktes Retinakulum in oben erwähnter
Weise zu „releasen“. Postoperativ verspüren die Patienten eine
deutliche Schmerzreduktion sowie eine deutliche Zunahme
der Stabilität. Dies erklärt die früh postoperativ beobachtete
Quadricepsrekrutierung (Abb. 49).
Abbildung 48: Funktion nach selektivem Oberflächenersatz (10 Wochen postoperativ)
Abbildung 46: Postoperatives Röntgenbild nach selektivem patellofemoralen
Oberflächenersatz (Journey PFJ Oxinium, Fa. Smith & Nephew), Beachte die
(Sub-)Luxationsstellung der Patella auf der nicht operierten Gegenseite
Abbildung 47: Selektiver patellofemoraler Oberflächenersatz („Wave“, Fa. 2med)
Abbildung 49: Frühe Quadricepsrekrutierung nach erfolgtem Oberflächenersatz
23
8. Schlussbetrachtung
Das Wissen und die Behandlungsoptionen der patellofemoralen
Instabilität haben sich in den letzten Jahren durch einschlägige
biomechanische Untersuchungen grundlegend geändert. Viele
der herkömmlichen Operationstechniken wurden in Frage und
zur Diskussion gestellt, da sie nicht die eigentliche Pathologie
adressieren und häufig zu klinisch unbefriedigenden Ergebnissen
führen.
Da die patellofemorale Instabilität ein multifaktorielles
Geschehen darstellt, verwenden wir gerne den Begriff des
„Syndroms der patellofemoralen Instabilität”. Die individuelle
Analyse der zugrunde liegenden Risikofaktoren ist essentiell für
die Auswahl des entsprechenden operativen Therapieverfahrens.
Als wesentliche Risikofaktoren für eine patellofemorale
Instabilität gelten die Trochleadysplasie und die Insuffizienz des
medialen Patellahalteapparates.
Während eine (traumatische) Patellaerstluxation bei vorhandenem (osteo-)chondralen Abscherfragment arthroskopiert und
ggf. mit einer arthroskopischen Naht des medialen
Bandkomplexes therapiert werden sollte, stellt streng genommen bei der chronisch-rezidivierenden Patellaluxation bei
Vorliegen einer hochgradigen Trochleadysplasie die
Trochleaplastik einen möglichen kausalen Therapieansatz dar.
Sie sollte jedoch wegen ihrer großen Invasivität und hohem operationstechnischem Anspruch nur erfahrenen Operateuren bei
ausgeprägten Trochleadysplasieformen vorbehalten sein.
Unserer Meinung nach kann jedoch ein großer Anteil der
Patienten mit einer rezidivierenden Patellaluxation, die meist
in strecknaher Gelenkstellung erfolgt und eine mäßige Trochleadysplasie zeigt, suffizient mit einer MPFL-Rekonstruktion
operativ behandelt werden. Wir empfehlen hierzu die anatomische „Doppelbündel“-Rekonstruktion mit einem freien
autologen Gracilissehnentransplantat in der vorgestellten
Technik. Hauptaugenmerk sollte hier auf der Platzierung der
femoralen MPFL-Insertion liegen. Die klinischen Ergebnisse
sind ermutigend.
Ein isoliertes laterales Release zur Behandlung der patellofemoralen Instabilität ist nicht indiziert und sollte nicht mehr
durchgeführt werden.
24
9. Literatur
22. Davies AP, Costa ML, Shepstone L, Glasgow MM, Donell S, Donnell ST. The sulcus angle and malalignment of the extensor mechanism of the knee. J Bone Joint
Surg Br. 2000;82(8):1162-1166.
1. Aglietti P, Buzzi R, Insall J. Disorders of the patellofemoral joint. In: Insall JN,
Scott WN editors. Surgery of the knee. 3. Aufl. Philadelphia: Churchill
Livingstone; 2001:913-1043.
23. Deie M, Ochi M, Sumen Y, Yasumoto M, Kobayashi K, Kimura H.
Reconstruction of the medial patellofemoral ligament for the treatment of habitual or recurrent dislocation of the patella in children. J Bone Joint Surg Br.
2003;85(6):887-890.
2. Ahmed AM, Duncan NA. Correlation of patellar tracking pattern with trochlear and retropatellar surface topographies. J Biomech Eng. 2000;122(6):652-660.
3. Albee FH. The bone graft peg in the treatment of fractures of the neck of
femur: author's technic. Ann. Surg. 1915;62(1):85-91.
4. Amis AA, Firer P, Mountney J, Senavongse W, Thomas NP. Anatomy and biomechanics of the medial patellofemoral ligament. Knee. 2003;10(3):215-220.
5. Arendt EA, Fithian DC, Cohen E. Current concepts of lateral patella dislocation.
Clin Sports Med. 2002;21(3):499-519.
6. Arnbjörnsson A, Egund N, Rydling O, Stockerup R, Ryd L. The natural history of
recurrent dislocation of the patella. Long-term results of conservative and operative treatment. J Bone Joint Surg Br. 1992;74(1):140-142.
7. Atkin DM, Fithian DC, Marangi KS, Stone ML, Dobson BE, Mendelsohn C.
Characteristics of patients with primary acute lateral patellar dislocation and
their recovery within the first 6 months of injury. Am J Sports Med.
2000;28(4):472-479.
8. Avikainen VJ, Nikku RK, Seppänen-Lehmonen TK. Adductor magnus tenodesis
for patellar dislocation. Technique and preliminary results. Clin. Orthop. Relat.
Res. 1993;(297):12-16.
9. Beaconsfield T, Pintore E, Maffulli N, Petri GJ. Radiological measurements in
patellofemoral disorders. A review. Clin. Orthop. Relat. Res. 1994;(308):18-28.
10. Bedi H, Marzo J. The biomechanics of medial patellofemoral ligament repair
followed by lateral retinacular release. Am J Sports Med. 2010;38(7):1462-1467.
11. Bereiter H, Gautier E. The trochleaplasty as a surgical therapy of recurrent dislocation of the patella in dysplastic trochlea of the femur. Arthroskopie.
1994;7:281-286.
24. Dejour D, Reynaud P, Lecoultre B. Douleurs et instabilité rotulienne. Essai de
classification. Med Hyg. 1998;56:1466-1471.
25. Dejour H, Walch G, Neyret P, Adeleine P. Dysplasia of the femoral trochlea.
Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot. 1990;76(1):45-54.
26. Dejour H, Walch G, Nove-Josserand L, Guier C. Factors of patellar instability:
an anatomic radiographic study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc.
1994;2(1):19-26.
27. Dejour H, Walch G, Nove-Josserand L, Guier C. Factors of patellar instability:
an anatomic radiographic study. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc.
1994;2(1):19-26.
28. Desio SM, Burks RT, Bachus KN. Soft tissue restraints to lateral patellar translation in the human knee. Am J Sports Med. 1998;26(1):59-65.
29. Diks MJF, Wymenga AB, Anderson PG. Patients with lateral tracking patella
have better pain relief following CT-guided tuberosity transfer than patients with
unstable patella. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2003;11(6):384-388.
30. Drez D, Edwards TB, Williams CS. Results of medial patellofemoral ligament
reconstruction in the treatment of patellar dislocation. Arthroscopy.
2001;17(3):298-306.
31. Elias JJ, Cech JA, Weinstein DM, Cosgrea AJ. Reducing the lateral force acting
on the patella does not consistently decrease patellofemoral pressures. Am
J Sports Med. 2004;32(5):1202-1208.
32. Elias JJ, Cosgarea AJ. Technical errors during medial patellofemoral ligament
reconstruction could overload medial patellofemoral cartilage: a computational
analysis. Am J Sports Med. 2006;34(9):1478-1485.
12. Biedert R. Laterale Retinakulumverlängerung bei arthroskopischen Eingriffen.
Arthroskopie. 2010;23:191-194.
33. Elias JJ, Wilson DR, Adamson R, Cosgarea AJ. Evaluation of a computational
model used to predict the patellofemoral contact pressure distribution.
J Biomech. 2004;37(3):295-302.
13. Brown DE, Alexander AH, Lichtman DM. The Elmslie-Trillat procedure: evaluation in patellar dislocation and subluxation. Am J Sports Med. 1984;12(2):104109.
34. Ellera Gomes JL, Stigler Marczyk LR, César de César P, Jungblut CF. Medial
patellofemoral ligament reconstruction with semitendinosus autograft for chronic patellar instability: a follow-up study. Arthroscopy. 2004;20(2):147-151.
14. Burks RT, Desio SM, Bachus KN, Tyson L, Springer K. Biomechanical evaluation of lateral patellar dislocations. Am J Knee Surg. 1998;11(1):24-31.
35. Farahmand F, Senavongse W, Amis AA. Quantitative study of the quadriceps
muscles and trochlear groove geometry related to instability of the patellofemoral joint. J. Orthop. Res. 1998;16(1):136-143.
15. Carrillon Y, Abidi H, Dejour D, Fantino O, Moyen B, Tran-Minh VA. Patellar
instability: assessment on MR images by measuring the lateral trochlear inclination-initial experience. Radiology. 2000;216(2):582-585.
16. Caton J, Mironneau A, Walch G, Levigne C, Michel C. [Idiopathic high patella in adolescents. Aporopos of 61 surgical cases]. Rev Chir Orthop Reparatrice
Appar Mot. 1990;76:253-260.
17. Chassaing V, Trémoulet J. Medial patellofemoral ligament reconstruction
with gracilis autograft for patellar instability. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar
Mot. 2005;91(4):335-340.
18. Christoforakis J, Bull AMJ, Strachan RK, Shymkiw R, Senavongse W, Amis AA.
Effects of lateral retinacular release on the lateral stability of the patella. Knee
Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2006;14(3):273-277.
19. Cohen ZA, Henry JH, McCarthy DM, Mow VC, Ateshian GA. Computer simulations of patellofemoral joint surgery. Patient-specific models for tuberosity
transfer. Am J Sports Med. 2003;31(1):87-98.
20. Conlan T, Garth WP, Lemons JE. Evaluation of the medial soft-tissue restraints
of the extensor mechanism of the knee. J Bone Joint Surg Am. 1993;75(5):682693.
21. Crosby EB, Insall J. Recurrent dislocation of the patella. Relation of treatment
to osteoarthritis. J Bone Joint Surg Am. 1976;58(1):9-13.
36. Farahmand F, Tahmasbi MN, Amis AA. Lateral force-displacement behaviour
of the human patella and its variation with knee flexion-a biomechanical study
in vitro. J Biomech. 1998;31(12):1147-1152.
37. Ficat P, Ficat C, Bailleux A. External hypertensionsyndrome of the patella. Its
significance in recognition of arthrosis. Rv Chir Orthop Reparatice Appar Mot.
61:39-59.
38. Fithian DC, Mishra DK, Balen PF, Stone ML, Daniel DM. Instrumented measurement of patellar mobility. Am J Sports Med. 1995;23(5):607-615.
39. Fithian DC, Nomura E, Arendt E. Anatomy of patellar disolcation. Operative
Techniques in Sports Medicine. 2001;9:102-111.
40. Fithian DC, Paxton EW, Post WR, Panni AS. Lateral retinacular release: a
survey of the International Patellofemoral Study Group. Arthroscopy.
2004;20(5):463-468.
41. Fondren FB, Goldner JL, Bassett FH. Recurrent dislocation of the patella
treated by the modified Roux-Goldthwait procedure. A prospective study of
forty-seven knees. J Bone Joint Surg Am. 1985;67(7):993-1005.
42. Fucentese S, Schöttle P, Pfirrmann C, Romero J. The patella morphology in
trochlear dysplasia. Knee Surgery, Sports Traumatology, Arthroscopy: Official
Journal of the ESSKA. 2006.
25
43. Garron E, Jouve J, Tardieu C, Panuel M, Dutour O, Bollini G. Anatomic study
of the anterior patellar groove in the fetal period. Rev Chir Orthop. 2003;89:407412.
44. Garth WP, Pomphrey M, Merrill K. Functional treatment of patellar dislocation in an athletic population. Am J Sports Med. 1996;24(6):785-791.
45. Geenen E, Molenaers G, Martens M. Patella alta in patellofemoral instability.
Acta Orthop Belg. 1989;55:387-393.
46. Gomes JLE. Medial patellofemoral ligament reconstruction with half width
(hemi tendon) semitendinosus graft. Orthopedics. 2008;31(4):322-326.
47. Goodfellow J, Hungerford DS, Zindel M. Patello-femoral joint mechanics and
pathology. 1. Functional anatomy of the patello-femoral joint. J Bone Joint Surg
Br. 1976;58(3):287-290.
48. Goutalier D, Bernageau J, Lecudonnec B. The measurement of the tibial tuberosity. Patella groove distanced technique and results. Rev Chir Orthop.
1978;64:423-428.
49. Grelsamer RP, Klein JR. The biomechanics of the patellofemoral joint. J
Orthop Sports Phys Ther. 1998;28(5):286-298.
50. Halbrecht JL. Arthroscopic patella realignment: An all-inside technique.
Arthroscopy. 2001;17(9):940-945.
51. Haspl M, Cicak N, Klobucar H, Pecina M. Fully arthroscopic stabilization of
the patella. Arthroscopy. 2002;18(1):E2.
52. Hautamaa PV, Fithian DC, Kaufman KR, Daniel DM, Pohlmeyer AM. Medial
soft tissue restraints in lateral patellar instability and repair. Clin. Orthop. Relat.
Res. 1998;(349):174-182.
53. Heegaard J, Leyvraz PF, Curnier A, Rakotomanana L, Huiskes R. The biomechanics of the human patella during passive knee flexion. J Biomech.
1995;28(11):1265-1279.
54. Heegaard J, Leyvraz PF, Van Kampen A, Rakotomanana L, Rubin PJ,
Blankevoort L. Influence of soft structures on patellar three-dimensional trakking. Clin. Orthop. Relat. Res. 1994;(299):235-243.
55. Hing CB, Shepstone L, Marshall T, Donell ST. A laterally positioned concave
trochlear groove prevents patellar dislocation. Clin. Orthop. Relat. Res.
2006;447:187-194.
56. Kang HJ, Wang F, Chen BC, Su YL, Zhang ZC, Yan CB. Functional bundles of
the medial patellofemoral ligament. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2010.
Available at: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20232052
57. Kasim N, Fulkerson J. Acute and chronic injuries to the patellofemoral joint.
In: Garrett WE Jr, Speer KP, Kirkendall DT, editors. Principles and practise of
orthopaedic sports medicine. Philadelphia: Lippincott Williams and Wilkins;
2000:709-742.
58. Koëter S, Bongers EMHF, de Rooij J, van Kampen A. Minimal rotation aberrations cause radiographic misdiagnosis of trochlear dysplasia. Knee Surg Sports
Traumatol Arthrosc. 2006;14(8):713-717.
59. Koskinen SK, Rantanen JP, Nelimarkka OI, Kujala UM. Effect of Elmslie-Trillat
and Roux-Goldthwait procedures on patellofemoral relationships and symptoms
in patients with patellar dislocations. Am J Knee Surg. 1998;11(3):167-173.
60. Kramers-de Quervain IA, Biedert R, Stüssi E. Quantitative gait analysis in
patients with medial patellar instability following lateral retinacular release.
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 1997;5(2):95-101.
61. Larsen E, Lauridsen F. Conservative treatment of patellar dislocations.
Influence of evident factors on the tendency to redislocation and the therapeutical result. Clinical Orthopaedics and Related Research. 1982:131-136.
62. Lattermann C, Toth J, Bach BR. The role of lateral retinacular release in the
treatment of patellar instability. Sports Med Arthrosc. 2007;15(2):57-60.
63. Laurin CA, Dussault R, Levesque HP. The tangential x-ray investigation of the
patellofemoral joint: x-ray technique, diagnostic criteria and their interpretation.
Clin. Orthop. Relat. Res. 1979;(144):16-26.
64. Laurin CA, Lévesque HP, Dussault R, Labelle H, Peides JP. The abnormal lateral patellofemoral angle: a diagnostic roentgenographic sign of recurrent patellar subluxation. J Bone Joint Surg Am. 1978;60(1):55-60.
26
65. Leung Y, Wai Y, Leung Y. Patella alta in southern China. A new method of
measurement. International Orthopaedics. 1996;20:305-310.
66. Maenpaa H, Lehto M. Surgery in acute patellar dislocation - evaluation of the
effect of injury mechanism and family occurrence on the outcome of treatment.
Br J Sports Med. 1995;29:239-241.
67. Mäenpää H. The dislocating patella. Predisposing factors and a clinical, radiological and functional follow-up study of patients treated primarily nonoperatively. Ann Chir Gynaecol. 1998;87(3):248-249.
68. Maldague B, Malghem J. Significance of the radiograph of the knee profile
in the detection of patellar instability. Preliminary report. Rev Chir Orthop
Reparatrice Appar Mot. 1985;71 Suppl 2:5-13.
69. Malghem J, Maldague B. Depth insufficiency of the proximal trochlear groove on lateral radiographs of the knee: relation to patellar dislocation. Radiology.
1989;170(2):507-510.
70. Malghem J, Maldague B. Subluxation of the patella. Computed tomography
analysis of patellofemoral congruence. J Bone Joint Surg Am. 1989;71(10):15751576.
71. Masse Y. Trochleoplasty. Restoration of the intercondylar groove in subluxations and dislocations of the patella. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot.
1978;64(1):3-17.
72. Merchant AC, Mercer RL, Jacobsen RH, Cool CR. Roentgenographic analysis
of patellofemoral congruence. J Bone Joint Surg Am. 1974;56(7):1391-1396.
73. Miller G. Familial recurrent dislocation of the patella. J Bone Joint Surg Br.
1978;60-B:203-204.
74. Møller BN, Møller-Larsen F, Frich LH. Chondromalacia induced by patellar
subluxation in the rabbit. Acta Orthop Scand. 1989;60(2):188-191.
75. Nietosvaara Y, Aalto K, Kallio PE. Acute patellar dislocation in children: incidence and associated osteochondral fractures. J Pediatr Orthop. 1994;14(4):513515.
76. Nomura, Horiuchi, Kihara. Medial patellofemoral ligament restraint in lateral
patellar translation and reconstruction. Knee. 2000;7(2):121-127.
77. Nomura, Horiuchi, Kihara. A mid-term follow-up of medial patellofemoral
ligament reconstruction using an artificial ligament for recurrent patellar dislocation. Knee. 2000;7(4):211-215.
78. Nomura E. Classification of lesions of the medial patello-femoral ligament in
patellar dislocation. Int Orthop. 1999;23(5):260-263.
79. Nomura E, Inoue M. Surgical technique and rationale for medial patellofemoral ligament reconstruction for recurrent patellar dislocation. Arthroscopy.
2003;19(5):E47.
80. Nomura E, Inoue M, Osada N. Anatomical analysis of the medial patellofemoral ligament of the knee, especially the femoral attachment. Knee Surg Sports
Traumatol Arthrosc. 2005;13(7):510-515.
81. Nonweiler DE, DeLee JC. The diagnosis and treatment of medial subluxation
of the patella after lateral retinacular release. Am J Sports Med. 1994;22(5):680686.
82. Noyes FR, Grood ES, Torzilli PA. Current concepts review. The definitions of
terms for motion and position of the knee and injuries of the ligaments. J Bone
Joint Surg Am. 1989;71(3):465-472.
83. Ostermeier S, Stukenborg-Colsman C, Hurschler C, Wirth C. In vitro investigation of the effect of medial patellofemoral ligament reconstruction and medial tibial tuberosity transfer on lateral patellar stability. Arthroscopy.
2006;22(3):308-319.
84. Panagiotopoulos E, Strzelczyk P, Herrmann M, Scuderi G. Cadaveric study on
static medial patellar stabilizers: the dynamizing role of the vastus medialis obliquus on medial patellofemoral ligament. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc.
2006;14(1):7-12.
85. Peeler J, Cooper J, Porter MM, Thliveris JA, Anderson JE. Structural parameters of the vastus medialis muscle. Clin Anat. 2005;18(4):281-289.
86. Pfirrmann CW, Zanetti M, Romero J, Hodler J. Femoral trochlear dysplasia:
MR findings. Radiology. 2000;216(3):858-864.
87. Pidoriano AJ, Weinstein RN, Buuck DA, Fulkerson JP. Correlation of patellar
articular lesions with results from anteromedial tibial tubercle transfer. Am J
Sports Med. 1997;25(4):533-537.
109. Schöttle PB, Schmeling A, Rosenstiel N, Weiler A. Radiographic landmarks
for femoral tunnel placement in medial patellofemoral ligament reconstruction.
Am J Sports Med. 2007;35(5):801-804.
88. Powers CM, Lilley JC, Lee TQ. The effects of axial and multi-plane loading of
the extensor mechanism on the patellofemoral joint. Clin Biomech (Bristol,
Avon). 1998;13(8):616-624.
110. Senavongse W, Amis AA. The effects of articular, retinacular, or muscular
deficiencies on patellofemoral joint stability. J Bone Joint Surg Br.
2005;87(4):577-582.
89. Radło W, Lorkowski J. Congenital dislocation of the patella in children and
adolescents. Chir Narzadow Ruchu Ortop Pol. 1997;62(4):331-335.
111. Senavongse W, Farahmand F, Jones J, Andersen H, Bull A, Amis A.
Quantitative measurement of patellofemoral joint stability: force-displacement
behaviourof the human patella in vitro. Journal of Orthopaedic Research.
2003;21:780-786.
90. Redfern J, Kamath G, Burks R. Anatomical confirmation of the use of radiographic landmarks in medial patellofemoral ligament reconstruction. Am J Sports
Med. 2010;38(2):293-297.
91. Redziniak DE, Diduch DR, Mihalko WM, Fulkerson JP, Novicoff WM, SheibaniRad S, Saleh KJ. Patellar instability. J Bone Joint Surg Am. 2009;91(9):2264-2275.
92. Reid GD, Reid CG, Widmer N, Munk PL. Femoroacetabular impingement syndrome: an underrecognized cause of hip pain and premature osteoarthritis? J.
Rheumatol. 2010;37(7):1395-1404.
93. Reider B, Marshall JL, Koslin B, Ring B, Girgis FG. The anterior aspect of the
knee joint. J Bone Joint Surg Am. 1981;63(3):351-356.
94. Rillmann P, Fischer A, Berbig R, Holzach P. Arthroscopic repair of the medial
retinaculum after first time dislocation of the patella. Unfallchirurg.
1999;102(3):167-172.
95. Rouvillain J. A familial form of bilateral recurrent dislocation of the patella
with major trochlea dysplasia. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot.
1998;84:285-291.
96. Runow A. The dislocating patella. Etiology and prognosis in relation to generalized joint laxity and anatomy of the patellar articulation. Acta Orthopaedica
Scandinavica Suppl. 1983;201:1-53.
112. Shih Y, Bull A, Amis A. The cartilaginous and osseous geometry of the femoral trochlear groove. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2004;12:300-306.
113. Sillanpää PJ, Mäenpää HM, Mattila VM, Visuri T, Pihlajamäki H. A mini-invasive adductor magnus tendon transfer technique for medial patellofemoral ligament reconstruction: a technical note. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc.
2009;17(5):508-512.
114. Simmons E, Cameron J. Patella alta and recurrent dislocation of the patella.
Clin. Orthop. Relat. Res. 1992:265-269.
115. Small NC, Glogau AI, Berezin MA. Arthroscopically assisted proximal extensor mechanism realignment of the knee. Arthroscopy. 1993;9(1):63-67.
116. Smirk C, Morris H. The anatomy and reconstruction of the medial patellofemoral ligament. Knee. 2003;10(3):221-227.
117. Steensen RN, Dopirak RM, McDonald WG. The anatomy and isometry of the
medial patellofemoral ligament: implications for reconstruction. Am J Sports
Med. 2004;32(6):1509-1513.
118. Strobel M. Patellar Dislocation. In: Manual of arthroscopic surgery. 1. Aufl.
Berlin Heidelberg: Springer Verlag; 2002:275-284.
97. Sandmeier RH, Burks RT, Bachus KN, Billings A. The effect of reconstruction
of the medial patellofemoral ligament on patellar tracking. Am J Sports Med.
2000;28(3):345-349.
119. Tardieu C, Dupont J. The origin of femoral trochlear dsyplasia: comparative
anatomy, evolution and growth of the patellofemoral joint. Rev Chir Orthop.
2001;87:373-383.
98. Schneider B, Laubenberger J, Jemlich S, Groene K, Weber HM, Langer M.
Measurement of femoral antetorsion and tibial torsion by magnetic resonance
imaging. Br J Radiol. 1997;70(834):575-579.
120. Tardieu C, Trinkaus E. Early ontogeny of the human femoral bicondylar
angle. Am J Phys Anthropol. 1994;95:183-195.
99. Schoettle PB, Werner CML, Romero J. Reconstruction of the medial patellofemoral ligament for painful patellar subluxation in distal torsional malalignment: a case report. Arch Orthop Trauma Surg. 2005;125(9):644-648.
100. Schoettle PB, Zanetti M, Seifert B, Pfirrmann CWA, Fucentese SF, Romero J.
The tibial tuberosity-trochlear groove distance; a comparative study between CT
and MRI scanning. Knee. 2006;13(1):26-31.
101. Schöttle PB, Fucentese SF, Romero J. Clinical and radiological outcome of
medial patellofemoral ligament reconstruction with a semitendinosus autograft
for patella instability. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2005;13(7):516-521.
121. Teitge RA, Faerber WW, Des Madryl P, Matelic TM. Stress radiographs of the
patellofemoral joint. J Bone Joint Surg Am. 1996;78(2):193-203.
122. Tomczak RJ, Guenther KP, Rieber A, Mergo P, Ros PR, Brambs HJ. MR imaging measurement of the femoral antetorsional angle as a new technique: comparison with CT in children and adults. AJR Am J Roentgenol. 1997;168(3):791794.
123. Trillat A, Dejour H, Couette A. Diagnosis and Treatment of Recurrent
Dislocations of the Patella. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot.
1964;50:813-824.
102. Schöttle P, Hensler D. Revisionseingriffe zur Patellastabilisierung nach
erfolgloser Operation am Streckapparat. Arthroskopie. 2008;21:145-152.
124. Vahasarja V, Kinnunen P, Serlo W. Lateral release and proximal realignment
for patellofemoral malalignment. A prospective Study od 40 knees in 36 aldolescents followed for 1-8 years. Acta Orthop Scand. 1995;69:159-162.
103. Schöttle P, Weiler A. Die anatomische Rekonstruktion des ligamentum
patellofemorale mediale. Endo-Press, Tuttlingen, 2006.
125. Verdonk R, Jansegers E, Stuyts B. Trochleoplasty in dysplastic knee trochlea.
Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2005;13(7):529-533.
104. Schöttle P, Weiler A. Trochleoplasty for patellofemoral Instability. Operative
Techniqus in Orthopaedics. 2007;1(17):72-79.
126. Warren LA, Marshall JL, Girgis F. The prime static stabilizer of the medical
side of the knee. J Bone Joint Surg Am. 1974;56(4):665-674.
105. Schottle PB, Romero J, Schmeling A, Weiler A. Technical note: anatomical
reconstruction of the medial patellofemoral ligament using a free gracilis autograft. Arch Orthop Trauma Surg. 2008;128(5):479-484.
127. Weiler A, Richter M, Schmidmaier G, Kandziora F, Südkamp NP. The
EndoPearl device increases fixation strength and eliminates construct slippage of
hamstring tendon grafts with interference screw fixation. Arthroscopy.
2001;17(4):353-359.
106. Schöttle PB, Fucentese SF, Pfirrmann C, Bereiter H, Romero J. Trochleaplasty
for patellar instability due to trochlear dysplasia: A minimum 2-year clinical and
radiological follow-up of 19 knees. Acta Orthop. 2005;76(5):693-698.
107. Schöttle PB, Scheffler SU, Schwarck A, Weiler A. Arthroscopic medial retinacular repair after patellar dislocation with and without underlying trochlear
dysplasia: a preliminary report. Arthroscopy. 2006;22(11):1192-1198.
108. Schöttle PB, Schell H, Duda G, Weiler A. Cartilage viability after trochleoplasty. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc. 2007;15(2):161-167.
128. Weiner DS, Jonah D, Kopits S. The 3-dimensional configuration of the typical foot and ankle in diastrophic dysplasia. J Pediatr Orthop. 2008;28(1):60-67.
129. Weiner DS, Jonah D, Kopits S. The 3-dimensional configuration of the typical hip and knee in diastrophic dysplasia. J Pediatr Orthop. 2010;30(4):403-410.
130. Yamamoto RK. Arthroscopic repair of the medial retinaculum and capsule
in acute patellar dislocations. Arthroscopy. 1986;2(2):125-131.
27
Stiftung zur Förderung
der Arthroskopie
Postfach 29
78501 Tuttlingen
Telefon 07461 77496
Telefax 07461 95-2675
www.sfa-stiftung.org
L99401
0810/3.5
Ausgabe 23