Zur Rolle der Heldenbiographien im

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Zur Rolle der Heldenbiographien im
Zur Rolle der Heldenbiographien im Geschichtsbild
Miyake Setsureis und Yamaji Aizans 1
von Margret Neuss
(Marburg)
Die um die Mitte der Meiji-Zeit, etwa ab 18 7, einsetzende Rückbe innung japanicher Politiker und Intellektueller auf die Werte der japanischen Kultur und auf ihre
potentielle Bedrohung durch den Westen ging einher mit einem Auf chwung hi torieher Literatur und populärer Geschieht schreibung. Er zeigte sich nicht nur in Form
von Monographien sondern auch in Beiträgen, bzw. Serien der damaligen aufkläreri eh-nationalistischen und historischen Zeit chriften wie Kokumin no tomo (Freund
der ation) Nihonjin (Der Japaner), Shikai (Ozean der Geschichte)2 . Vor allem die
Biographien hi torischer Persönlichkeiten er chienen so zahlreich in den Zeit chriften
daß die Kokumin no tomo im Dezember 1893 unter der Spalte ,Zeitliche "von einer
Mode hi tori eher Biographien" spricht die jetzt sogar auch die Jugendzeit chriften
ergriffen habe3 .Y amaji Aizan, selbst einer der beiden hier zu behandelnden Autoren
eben die er Heldenbiographien erinnert sich rückblickend an diese Zeit al er ich zuammen mit anderen Autoren bei der Kokumin no tomo bemühte durch Be chreibung
von "Helden aus Fleisch und Blut die Gegenwart zu belehren 4 . ' Zusammen mit Tokutomi Sohö des en Bruder Roka sowie Takegoshi Sansa u. a. sei er der Auffa ung gewe en , daß der Mensch im Mittelpunkt aller Tätigkeit stehe und daß Heldenbiographien folglich die Geschichte des Menschen (ningen no rekishi) darstellten. Auf die er
Philosophie" beruhend, hätten sie sich den Biographien ö tlicher und westlicher Helden zugewandt. Zunächst seien sie verlacht worden, aber dann habe ihr Bemühen doch
chließlich Früchte getragen denn im Volk sei plötzlich eine allgemeine Heldenverehrung aufgekommen und die Biographien aller möglicher Leute eien wie Bambu pro en im Frühling aus der Erde geschossen. Personen zu tudieren, von Personen zu
lernen das war von jetzt an die allgemeine Mode5 . "
Aizans Rückblick läßt erkennen, daß es sich bei dieser "Mo~e" nicht im engen Sinne
um Rückwendung zur eigenen nationalen Heldentradition handelte, sondern daß die
Biographien zumindest in den 20er Jahren der Meiji-Zeit (1887-97) in jene Phase des
aufklärerischen Nationalismus fielen, der in Reaktion auf die überwiegend unkritische
Übernahme alles Westlichen einsetzte und bemüht war, es durch Wiederaufwertung
j apani eher Traditionen zu relativieren. Dabei stellte man zunäch teinmal das J apaniche dem We tlichen gegenüber und wog beides gegeneinander ab. Träger die erneuen
relativierenden nationalistischen Sicht war die in den 60er Jahren geborene Generation junger Intellektueller, der auch die beiden hier zu behandelnden Autoren, Miyake
Setsurei und Yamaji Aizan angehören6. Die Tatsache, daß die von ihnen verfaßten
Heldenbiographien in eine allgemeine Mode eingereiht wurden zeigt daß hier eine
Zeit trömung bewußt wahrgenommen und dabei auch in einer gewi en Di tanz gesehen wurde. T uda Sökichi der sich selbst noch durch hervorragende kulturhi torisehe
Studien einen Namen machen sollte, meinte bereits zu jener Zeit eine Gefahr in dieser
Mode zu erkennen:
Im Jahr 1889 herrschte die Mode der Romane im Jahr 1890 die der japanischen Kla sik, im
J~hr 1891 begann dieKambun-Mode und im Jahr 1892 beobachten wirden Aufschwung an hi ton hen Abhandlungen ... So wendet man auf eine Wissenschaft den Ausdruck Mode an . E i t
aber fraglich ob eine modische Wissenschaft eine wahre Wissenschaft i t . . . Heute ind die hi to-
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ri chen Abbandlungen Mode, ei dies nun begrüßenswert oder nicht Die im Druck erscheinende
bi torisehe Literatur! t ganz u~terschi~dlicher Art. Und es verg~ht kaum ein Tag, an dem nicht in
Zeit chriften. und ~~~gen BIOgraphie~ o?er Abhandlungen uber P~r onen erscheinen. Taguchis Zeitschnft Shtkat hegt auf den Schreibtischen der Studenten, und ihre Auflagenhöhe soll die
seiner Keizai-zasshi 1 weit übersteigen. Daß sich jetzt das Interesse auf die Geschicbtswi enschaft
richtet, erscheint mir sehr erfreulich. Aber man bedenke doch, daß die Grundlage der Geschichtswi enschaft in _gesicherten T~.tsac~en besteht ... _Sei es nu~ die nationale Gesc~icht schreibung,
die doch wohl mnerhalb der uberlieferten Geschichtsschreibung erfolgt, ... se1 es nun die Heldenbiographie· auf die Helden richtet sich alles Lob und aller Tadel, alle Verehrung und alle Ablehnung. Wie will man aber die Person eines Helden so ohne weiteres verstehen, der die Augen
blendet und das Herz vor Erregung höher chlagen läßt? ... Es darf nicht zugelassen werden, daß
ein eitige historische Traktate und eigenmächtige Biographien die Menschen in die Irre leiten
und noch viel weniger, daß man, einer vorübergehenden Tendenz folgend, Dinge schreibt, von de~
nen man selbst nicht überzeugt ist und daß man so die Leser betrügt8 ."
Das Bestreben, "große Männer" (ijin) und ihre Taten ins Bewußtsein zu rufen,
chlug ich auch im literarischen Bereich nieder und ist offensichtlich zu einem wesentlichen Teil auf die Einflü se Thomas Carlyles und Ralph W aldo Emersans zurückzuführen. So soll sich nach Shimazaki Tösons Erinnerung die literarische Gruppe um die
ZeitschriftBungakkai (Welt der Literatur) in ihrer ersten Phase ab 1893 einerseits der
klas i eben japanischen Literatur zugewandt haben, andererseits sei sie aber auch beeindruckt gewesen von dem literarischen Schaffen Carlyles, Emersons, Mathew Arnolds, Byron und Goethes9 . DieKokumin no tomo veröffentlichte 1893 unter dem Titel Juni bungo (Zwölf große Literaten) eine Aufsatzsammlung über Carlyle, Macauly
Word worth Goethe, Chikamatsu Monzaemon, Takizawa Bakin, Hugo, Tolstoi Rai
Sanyö, Arai Hakuseki Ogyu Sorai und Emersen. Im Zusammenhang mit der Rezeption westlichen Denken und westlicher Literatur wird der Einfluß Carlyles und Emersans für die 20er und 30er Jahre der Meiji-Zeit hoch eingeschätzt, wenn auch wohl von
einer hinreichenden Erforschung dieses Einflusses bisher nicht die Rede sein. kann 10 . E
i t lediglich für einzelne Autoren wie Kitamura Tökoku, Tokutomi Sohö, Tokutomi
Roka, Kunikida Doppo und Uchimura Kanzö nachgewiesen daß sie Emersen
und/ oder Carlyle gele en haben 11 • Vage bleibt aber wiederum die Information daß es
sich haupt ächlich um die Schriften On Hero and Hero Worship von Carlyle und Representative Men von Emerson gehandelt haben soll 12 .
Auch von Miyake Setsurei und Yamaji Aizan ist überliefert, daß Carlyle und Emeron in den 20er Jahren der Meiji-Zeit, als sich ihr Denken formte, zu ihrer bevorzugten
Lektüre gehörten13 • In der Tat findet sich in den Werken beider verschiedentlich ein
Bezug auf Carlyle oder Emersen. Dennoch halte ich die in der Literatur über Miyake
Set urei und Yamaji Aizan wiederholt zu findende Aussage, sie hätten Heldenbiographien in der Art Carlyles verfaßt14 , aus folgenden Überlegungen für nachprüfen wert. Vergleicht man Setsureis und Aizans Heldenbiographien mit Carlyles und Ernerans Au :führungen über ,Helden" bzw. "Große Männer 'in ihrer Überhöhung des Individuum und der pathetischen wenn nichtgar hymnischen Verklärungvon Personen
i t die nüchterne, hi tori eh-relativierende Betrachtungsweise sowohl bei Setsurei al
auch beiAizan augenfallig. Bedenkt man ferner, daß Carlyles übersteigerter Individuali musund der Idealismus in seinem Heldenbild vor allem auch auf seine Reaktion auf
die durch die Industrialisierung verursachte Mechanisierung bestimmter Lebensbereiche und ihre Anonymisierung zurückzuführen i ps, und daß Emersen seinerseits dem
Materialismu und Utilitarismus der Neuen Welt seine romantisierende Ideologie der
Selb tverwirklichung in der Vereinigung mit dem Ganzen, dem Unive.rsum entgegenetzte 6 , dann i t zu fragen welche Grundlage für eine Rezeption ihrer erke im Japan
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der Oer Jahre des vorigen Jahrhunderts gegeben war al ich die In du triali ierung
überhaupt erst in ihrer Vorbereitungphase befand, da reale Volk einkommen etwa
zur Hälfte und die Erwerbstätigen zum überwiegenden Teil au der Landwirt chaft kamen und der Leben til durch Verstädterung noch nicht w entlieh berührt war 17 •
Schließlich ist zu fragen inwieweit das religiö e Moment in Carlyl und Emerson Prote t gegen die Fabrikzivilisation 18 ' im Fall Carlyle die Auseinander etzung mit dem
Calvinismu im Fall Emersons mit der unitarischen Lehre in Japan auf Re onanz oder
überhaupt auf analoge Gegebenheiten traf. Während Carlyle moralischer Rigori mu
in einer christlich-calvinistischen Fundierung in Japan nicht einmal im orthodoxen
die eitigen Konfuzianismus eine Parallele finden konnte, ist allerding eine gewi e
Verwandtschaft zwischen Emersons Transzendentalismus und dem vom Buddhismu
beeinflußten neokonfuzianischen Denken das auch in Japan oppo itionelle Denken
wie Ogyu Sorai hervorbrachte deutlich erkennbar 19 .
Die Frage nach dem Einfluß Carlyles und Emer on auf die Denker und Schrift teUer
der Meiji-Zeit i t nicht zuletzt deshalb kaum zu beantworten, weil die Wirkung beider
nicht o ehr auf einem kongruenten Denk ystem als vielmehr auf einer wider pruch vollen Philosophie des Vitalismus bei Carlyle und einem romantischen Transzendentall mus bei Emerson beruhte die in ihrer spezifischen Rhetorik der Prophetie bei den
einen Zu timmung bei den anderen Ablehnung hervorrief am wenigsten aber
di kur ive und sy tematisches Denken förderte 20 . Rationalität ist bei ihnen durch Spekulation und Imagination verdeckt, was seine Wirkung auf die jungen Intellektuellen
der Meiji-Zeit offensichtlich nicht verfehlt hat, aber wohl immer nur diffus und allenfall durch Vergleiche ver chierlener japanischer Autoren graduellerfaßt werden kann.
Die i t jedoch nicht das Ziel dieser Untersuchung, auch wenn es wün chenswert wäre
daß durch eingehende Einzelfallstudien eine Differenzierung in der Beurteilung des europäi ch-amerikani chen Einflusses auf die erste Hälfte der Meiji-Zeit erreicht wird.
Anband der Heldenbiographien und des darin enthaltenen Heldenbildes oll vielmehr
da Ge chichtsbild Miyake Setsurei und Yamaji Aizan im Hinblick auf die Rolle de
Individuum in der Geschichte untersucht werden.
Auch wenn beide Autoren über Helden schrieben, als die , wie angedeutet gerade in
Mode war bedeutet es nicht daß sie diese Mode lediglich repräsentieren. Heldenbiographien machen nur einen Teil ihrer äußerst umfangreichen publizistischen Tätigkeit
au . Sie verfügen beide über ein mehr oder weniger gedanklich au gereiftes Weltbild
da ie über den durchschnittlichen Journali ten ihrer Zeit hinaushob. Da sie sich aber
mit ihren Heldenbiographien auf das Gebiet der populären Geschieht schreibung begaben und somit zur historischen und nationalistischen Ideologie.bildung ihrer Zeit entcheidend beitrugen , halte ich eine Analyse ihrer Heldenbiographien im Hinblick auf
nationali tisches Rechtfertigungsdenken für wesentlich.
Au der Geschichte des europäischen Nationalismus ist hinreichend bekannt, in
welch hohem Maß eine ideologischen Ausprägungen von Widersprüchen durchzogen
waren, wie sehr ie einerseits zeit- und situationsbedingt andererseits auch mitbetimmt waren von traditionellen Denkmustem. Für die Entwicklung nationali tischer
Tendenzen im 20. Jahrhundert spielte auf ideologischer Ebene der Historismus des 19.
Jahrhunderts in seiner Wertrelativität und seiner Individualisierung allen histori chen
Ge chehens insoweit eine negative Rolle, al er das Denken für extreme Formende
ationalismus eher konditionierte als sen ibilisierte21 • F. Nietzsche hat auf der Höhe
des Historismu seine Verachtung für die Leben fremdheit die Rückwärtsgewandtheit
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und jegliche Spontaneität leugnende Geschichtsschreibung einer Zeit in die Frage
nach dem Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben eingebettet 22 . Diejenige Gechicht chreibung, die sich nur mit den ,Großen'' den, Tätigen'' der Geschichte befaßt und Vorbilder zur Nachahmung empfiehlt, belegt Nietzsche mit dem Begriff der
"monumentalistischen Historie' , deren Verfechter die Geschichte "als Mittel gegen
die Resignation 'einsetzen 23 . Es erscheint mir lohnenswert, diese Kritik einmal am Beispiel der historischen Heldenbiographien in Japan zu überprüfen.
Die Mode der Heldenbiographien herrschte in Japan zu einer Zeit, als sich zwei hitoriographische Schulen, die offizielle "akademische Geschichtsschreibung'' (akademizumu shigaku) und die nicht-offizielle, populäre (min.kan-shigaku) herausgebildet
hatten. Die offizielle Geschichtsschreibung leitete sich einerseits ab von der MitoSchule der Edo-Zeit, andererseits von der textkritischen Schule des Ch'ing-China der
koshogaku 24 . Darüber hinaus hatte sie aber auch die von Ludwig Rieß in Japan gelehrte
deut ehe historische Schule von ihrer quellenkritischen, philologischen Methodik her
rezipiert25 • Die Heldengeschichtsschreibung, die der Gegenstand dieser Untersuchung
ist, geht jedoch nicht aus dieser dem europäischen Historismus verwandten offiziellen
Geschichtsschreibung hervor, sondern ist ein Bestandteil der zu ihr in Opposition stehenden, populären Historiographie. Ihr ordnete sich Yamaji Aizan selbst zu indem er
einer Geschiehtschreibung den Namen heimin-shigaku (Volks-Geschichtswi senchaft)26 gab und darauf abzielte, analog zu Fukuzawa Yukichi das Volk bzw. die Bewegung gesetzeder Geschichte des Volkes zum Gegenstand seiner Betrachtung zu machen27.
Die Unter cheidung zwischen einer "offiziellen" und einer "nicht-offiziellen' Geschichtswissenschaft wurde somit bereits in der Meiji-Zeit artikuliert und hat sich bis
heute in der Geschichte der japanischen Historiographie gehalten 28 • Das Kriterium ist
die Oppo ition zwischen den beamteten Berufshistorike.m und den historisch interesierten Denkern und Journalisten, aber auch die unterschiedliche Betrachtungsweise
ge chichtlicher Ereignisse und die Methodik ihrer Darstellung. Im Gegensatz zur Quellen ammlung und Quellenkritik der offiziellen Geschichtsschreibung liegt der Schwerpunkt der nicht-offiziellen auf der Interpretation der Geschichte nach Fragestellungen,
die der Gegenwart J apans entnommen waren sowie auf der Suche nach allgemeingültigen Au sagen wobei die Rezeption europäisch- oziologischen Denkens des 19. Jahrhundert keine unwe entliehe Rolle gespielt zu haben scheint29. Als bahnbrechend für
die e problemati ierende Geschieht schreibunggilt Yamaji Aizans Entwurf einer ,Gechichte der Men ehenrechte in Japan" (Nihon non rekishi ni okeru jinken hattatsu no
konseki) 30 in der er versucht, eine eigene Geschichte des Kampfes um die Menschenrechte für Japan nachzuweisen.
I t die e Art der Geschieht schreibung problemorientiert und gegenwartsbezogen
o er taunt e um o mehr, daß sie auch den Hintergrund für Heldenbiographien geboten hab n oll die in der Regel Ausdruck traditionsgeleiteten Denkens sind. Es ist folglich zu fragen, ob ihr Er cheinen lediglich dem Einfluß Carlyles und Emersans zuzuchreib n i t ob hier nach Nietzsche Ge chichte als Mittel gegen die Resignation'
nämlich gegen die Enttäu chung über die Gegenwart, eingesetzt wird oderob-mit
Ern t Bloch ge proeben-die "Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen3 1 ", nämlich die
Gleichzeitigkeit von Fortschrittsgläubigkeit und Traditionalismus, von forcierter Anpa ung an we tliche ormen und nationalistischer Rückbesinnung belegt werden
kann. Eine Antwort aufdie e Fragen oweit sie aus den SchriftenMiyake Setsureis und
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y amaji Aizan zu erlangen ist, gibt auch Auf: chluß über den Spielraum aber auch die
Ambi alenz demokratischen Denken nach 1887 und gleichzeitig darüber inwiew it
die Intellektuellen der Meiji- und Tai hö-Zeit zur Kritiklo igkeit oder zum De intere an politischen Ereignissen konditioniert wurden32 •
Wie erwähnt sind Miyake Setsurei und Yamaji Aizan in die Periode de Umbruch
nach der Öffnung Japans durch den amerikani eben Commodore Perry 1854 bi zur
Meiji-Restauration im Jahr 1868 hineingeboren worden. Sie erlebten das er te Jahrzehnt radikaler, politischer und gesellschaftlicher Reformen nach 1868 al Jugendliche
die gleichzeitig eine tradittonell konfuzianische und eine we tliche Au bildung geno en. Ein Jahrzehnt später hatten sie bereits als Kritiker und Interpreten ihrer Zeit eine
fe te Stellung im öffentlichen Bewußtsein soweit sich dies nachwei bar in den Zeitungen und Zeitschriften dieser Zeit widerspiegelt. Seit den ersten offiziellen Reisen japan · eher Intellektueller nach Buropa und in die USA und mit dem Aufschwung der Zeitungen und Zeitschriften Anfang der Meiji-Zeit nahmen Literaten und Intellektuelle
wie Fukuzawa Yukichi Nishi Amane und Katö Hiroyuki die pezifische Aufgabe wahr
we tliche Kultur bekannt zu machen und sie im Vergleich mit Japan zu interpretieren.
In die er Funktion bildeten sie sozusagen eine Institution deröffentlichen Meinung, die
in der Turbulenz wechselnder geistiger Strömungen und politischer Ereignisse der Meiji-Zeit eine gewisse Orientierungshilfe bot33 . Miyake Setsurei elbst sah sich in dieser
Rolle wenn er 1896 inlinsei no ryogoku (Die Dualität des men chlichen Leben ) au führt daß ,... alle Schriftsteller und Literaten heute eine Art von Pädagogen ind 34 •
Die traf zumal für eine Zeit zu, da die Parteien nach der Errichtung des er ten Parlaments 1890 vornehmlich um die Teilhabe an der Macht und weniger um die Repräsentanz des Volkes konkurrierten, und sich die Kritik und der Zweifel an der Politik unter
den Intellektuellen breitmachteiL
Setsurei und Aizan kam somit als Wortführer der Kritik an den Zeitläuften allgemein
eine ungleich verantwortungsvollere Position zu, als dies heute mit ihrer Einordnung
unter die "Journalisten", "Denker' und Philosophen" im Fall Setsurei und die der
Jounalisten und Geschichtstheoretiker' im Fall Aizans zum Ausdruck kommt36 . Ihr
Urteil hatte allgemein großes Gewicht. Noch 1908 wurden Setsurei und Aizan zu ammen mit Tokutomi Sohö und Takegoshi Sansa in der ChM-koron als die führenden
Journalisten ihrer Zeit genannt, und Setsurei wurde im gleichenJahrvon der Zeitschrift
Taiyo zum ,idealsten Journalisten" au erwählt3 7 • Auch heute finden sich in der wissenchaftlichen Literatur zur Meiji- und Taishö-Zeit immer wieder Belege ihrer Stellungnahmen und Kritiken, die bestimmte Zeittendenzen veranschaulichen.
Da owohl Miyake Setsurei als auch Yamaji Aizan in der europäischen Literatur
kaum Beachtung gefunden haben, stelle ich der Erörterung ihrer Heldenhistorien jeweils eine kurze Biographie voraus. Der Werdegang Miyake Setsureis und Yamaji Aizan bis in die oben beschriebene, nicht amtliche, aber dennoch öffentliche Position des
Zeitkritikers, war sehr verschieden. Setsurei3 8 wurde 1860 als viertes Kind de Arzte
Miyake Hisashi geboren. Die Familie war nicht vermögend aber von ihrer Ab tammung her privilegiert so daß sie Setsurei eine Eliteausbildung ermöglichen konnte. Zunäch t wurde er von einem Privatlehrer in die klas ischen chine ischen Schriften eingeführt. Nach einem kurzen Französisch-Studium besuchte er vom 12. Lebensjahr an eine
Englischschule in Kanazawa. 1875 wechselte er mit der Einführung de neuen Schulsytem für ein Jahr auf die Aichi-Engliscb-Schule in Nagoya über, von wo er 1876 nach
Tökyo auf die Kaiserliche Universität kam.
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Nach einer dreijährigen Grundstudienzeit schrieb er sich als einziger in das Fach Phi~
losophie ein 3 9. Seine Lehrer in westlicher Philosophie waren Toyama Shöichi4o und Erne t Fenello a41 . Gleichzeitig studierte Setsurei die indische Philosophie und den
Buddhismus und.eignete sich ein zu seinen Lebzeiten stets bewundertes, enzyklopädiches Wissen an, das er sich hauptsächlich durch autodidaktische Literaturstudien in
den Bibliotheken Tökyös erwarb41 . Zu seiner Lektüre gehörten typische Vertreter der
europäischen Geistesgeschichte des 19. Jahrhunderts wie Guizot, Buckle, Thier ,
Spencer und Carlyle42 • 1883 schloß er das Universitätsstudium ab und veröffentlichte
im selben Jahr sein Erstling werkNihon jinmin koyu no seishitsu (Der besondere Charakter des japanischen Volkes), für das er eine Auszeichnung erhielt. Er begann jetzt
bereits mit Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträgen seine oben beschriebene Tätigkeit al
Zeitkritiker, die er bis zu seinem Tod, 1945, nicht aufgab.
achdem Abschluß der Universität fand er zunächst eine Anstellung in einem universitätseigenen Kompilationsamt (daigaku henshujo), wo er mit der Geschichte des japanischen Buddhismus betraut wurde. Als dieses Amt 1886 mit der, Verordnung über
die Kaiserlichen Universitäten" (Teikoku daigakurei) dem Kultusministerium unterteilt wurde, wurde Setsurei Berater und Assistent bei dem japanisch-englischen Wörterbuchprojekt unter B. H. Chamberlain. Er schied jedoch im nächsten Jahr auf eigenen Wunsch aus dem Amt aus und hat es zeitlebens abgelehnt, eine Stellung in Regierung diensten auch die des Präsidenten der Kyötoer Universität, anzunehmen eine
Entscheidung, die Miyake Setsurei nach der Ansicht heutiger Wissenschaftler wie Motoyama Yukihiko au den zeitgenössischen Denkern der Meiji- Zeit heraushebt und die
ein wesentliche Moment ist für seine stets unabhängige, keiner offiziellen Instanz verpflichtete Haltung4 3 •
Seine weitere Existenz und die seiner Familie begründete sich von nun ausschließlich
auf eine publizistischen Arbeiten und seine Vortragstätigkeit. So war er mit seinen Kritiken die er wie er selbst rückblickend feststellt aus Interesse am Zeitgeschehen aber
auch au beruflicher Notwendigkeit verfaßte44 , unweigerlich in die Themengebung seiner Zeit und damit auch in die ,,Mode der Heldenbiographien eingebunden. Neben
den kurzlebigen Zeitkritiken befaßte er sich aber gleichzeitig auch immer mit Themen
der Philosophie Kultur und Geschichte, in deren Rahmen seine Heldenbiographien
gesehen werden müssen. Zunächst machte er sich einen Namen mit einer Reflexion
über di Vor- und Nachteile im Wesen des Japaners seiner Zeit womit er dem Bedürfnis nach Rück- und Selb tbesinnung in den 80er Jahren direkt entsprach. Über den Inhalt und Stellenwert be onders des ersten Aufsatzes, Shinzenbi Nihonjin (Der J apaner:
da Wahre, Gute Schöne) hat bereits K. Pyle zutreffend gefolgert: "Miyake's treatise
attempted to upplant J apanese shame and doubt with a world view calling for national
pride and confidence. His concept of world civilization with its corollary of national
mi ion rejected the prevailing belief in uniform social development. National progres
did not require that J apanese ociety become wholly Westernized for national progre
was compatible with cultural diversity. Indeed cultural diversity was an indispen able
condition of human progress. World civilization evolved through competition among
diver e national talent fostered by different historkal experiences and environment .
Pr erving and developing Japan s unique characteristics was not a mere reactionary
enterpri e · it was an exciting, progres ive activity undertaken in the service of mankind. Becau e Japan's past was the source of their di tinctive talents Japanese should
teemit rather than repudiate it. The ame was true ofJapan s identity with Mongoi
ia4s.
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In eben dieser aufklärerisch-nationalistischen Sicht wonach die nationale Eigenart
aJ Be tandteil der universellen Entwicklung überhaupt ge eben wird er cheinen
chließlich auch Setsurei historisch-biographische Traktate aber auch eine Kritik an
den eigenmächtigen von regionalen Präferenzen be timmten Entscheidungen der Regierung.
Sein oziale Engagement ließ ihn bereits 1884 für dieliyu-shinbun Freiheit -Zeitung) die Chichibu-Revolte in der Provinz lbaraki an Ort und Stelle recherchieren 46 .
1 8 wurde die von ihm mitherausgegebene Zeitschrift Nihonjin zum Fofl;lm der Berichter tattung über die unmenschlichen Arbeits- und Leben verhältni se der Bergarbeiter de Takashima-Bergwerks aufKyushu und Setsureis eigener Beitrag dazu Sanzen no dorei wo ika ni subeki ya (Was soll mit dreitausend Sklaven werden?) fand ein
tarke Echo. DieShakai-mondai-kenkyukai (Studiengruppe für soziale Frage) wählte
ihn 1897 zum beratenden Mitglied. Auch bei weiteren sozialen und politischen Ereignis en der Meiji- und Taishö-Zeit wirkte Setsurei durch Beteiligung oder als Kommentator mit4 7 . Seine Sympathie für die Sozialisten zeigte sich darin, daß er ihre Vertreter
wie Kötoku Shusui und Katayama Sen in der Nihpnjin zu Wort kommen ließ und elb t
von Kötoku als dieser bereits wegen der sogenannten "Hochverratsaffaire '(taigyakujiken) im.Gefängnis saß, um ein Vorwort eines letzten Werkes, Kirisuto. massatsu ron"·
Di Vernichtung Christi) gebeten wurde48 • Für Setsur i war der Soziali mu ein
zwangsläufige Entwicklungsstufe, die aber zu seiner Zeit wie er wiederholt schreibt,
noch nicht erreicht war4 9 • Auch an der demokratischen Bewegung der Tai hö-Zeit
nahm er von Anfang an teil50 •
Dennoch gehörte Setsurei nicht zu den Autoren, die unbedingt kontroverse Themen
aufgriffen und Konflikte riskierten. Wie er selbst rückblickend feststellt, habe er tet in
der Weise für die Gegenwart geschrieben, daß es der Zukunft die nicht vorhersehbar
ei nicht im Wege tehe51 '.Im Gegensatz zu Yamaji Aizan verstand er seine journalitiscbe Tätigkeit nicht als programmatisch und war damit weniger angreifbar. Den
Grund für sein "laues" (namanurui) Denken sieht u. a. Motoyama Yukihiko darin, daß
er weder überzeitliche, stet relevante Fragen behandelte, noch solche, die unmittelbar
mit der heutigen Gegenwart in Verbindung gebracht werden können, und daß sein
Denken eine Zeit auch nicht unmittelbar widerspiegelte 52 • Wenn, wie zu sehen war
die Heldenbiographien Bestandteil einer Mode waren, ist zu fragen, ob ie bei Miyake
Set urei ohne jeglichen aktuellen Bezug, nur retrospektiv angelegt waren.
Set urei Schüler und Biograph, Yanagida Izumi, sieht in seinen kontinuierlichen
Zeitkritiken das Prinzip der "Einheit von Wissen und Handeln' (chigyo goitsu) verwirklicht das von dem Setsurei stark beeinflussenden chinesischen Konfuzianer Wang
Yang-ming (1472-1528) propagiertworden war, undschreibtihm Aktualität in seinem
Denken zu. Hinsichtlich Setsureis positiver Einstellung zu den Kriegen mit China
(1894/95) und mit Rußland (1904/05) bietet diese These eine Rechtfertigung in ofem
als nach Setsureis barmonistischem Weltbild von dem Kräftegleichgewicht der Nationen Japan durch die Stärkung seiner eigenen Nation zu diesem Gleichgewicht beizutragen hatte. An dem Geschehen des russisch- japanischen Krieges nahm er direkt al Beobachter von Bord des Schiffes "Manshu-maru' aus teil. Ein gewisses Interesse für das
M~tär i t allerdings schon vor der Ausprägung seines barmonistischen Weltbildes vorauszusetzen, da er ursprünglich einmal überlegt hatte, die militärische Laufbahn zu ergreifen. Es schlägt sich dann auch wieder in den Biographien großer Feldherren nieder,
die in Bushoron (Ober Feldherren), 1938 zusammengestellt sind.
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. Soll der Stellenwert des Individuums im Geschichtsbild Setsureis untersucht werden
so ist kurz auf sein philosophisches System einzugehen. Schon in der ersten Zeit seiner
Publikationstätigkeit am Kompilationsamt veröffentlichte er eine christliche und eine
buddhistische Religionsgeschichte sowie einführende Werke in die Philosophies3. Er
wies sich als Kenner sowohl der östlichen als auch der westlicQ.en Philosophie aus, und
seine Verdienste werden heute darin gesehen, daß er den Versuch unternahm, beidein
ein System zu bringen 5 4 • Nach Yanagida Izumi hat er jedoch bald erkannt, daß dies eine
wenig originäre und konstruktive Arbeit ist und hat sich darauf konzentriert, ein eigenes philosophisches System zu entwickeln. Die ersten Anfänge dazu zeigten sich in Gakan shokei (Ein Au schnitt meiner Sicht) 1892, undlinsei no ryogoku (Der Duali mus
des Lebens), 1896. Er tnachdem russisch-japanischen Kriegstellte er, nachdem er sich
für ein Jahrzehnt hauptsächlich der Zeitkritik gewidmet hatte, in Weiterführung des
Gakan shokei sein philosophisches Hauptwerk, Uchu (Universum), zusammenss. Er
schien damit einen gewissen Abschluß seiner Philosophie erreicht zu haben, denn nur
noch einmal, 1920 mit]inrui seikats u no jotai (Die Lage des menschlichen Lebens) griff
er die Frage nach dem menschlichen Dasein aus philosophischer Sicht auf, während er
im übrigen hauptsächlich historische Arbeiten verfaßte.
In Gakan shokei entwickelte Setsurei seine Vorstellung vom Universum als lebendigem Organismus aus der Sicht des Subjekts. Dieses nimmt das Universum zunäch t
träumerisch, dann bewußt, wenn auch nicht ungetrübt, wahr, was sich darin zeigt, daß es
die dem Univer um inhärenten Ideale wie das Schöne, GuteWahre noch nicht völlig erfaßt. Er t durch den Tod werden diese Ideale sichtbar und real. In Uchu wird das Univer um selbst al etwas organisches Ganzes beschrieben das über ein eigenes Bewußtsein (ishiki) verfügt, bestehend aus chi, jo, i (Wissen, Fühlen, Wollen). Der Inhalt eben
die es Bewußtseins ind die Ideale des Schönen, Guten, Wahren, nach denen der
Mensch strebt. Da Subjekt (ga) ist wie die Erde dem Universum als ein Teil zugeordnet. Das wa da Subjekt und das Universum verbindet, ist das Leben (sei). Die Sicht
aus der beide al Einheit erfaßt wird, umschreibt Setsurei mit dem Begriff konitsukan
(Sicht von der Einheit mit dem Ganzen). In immer wechselnden Metaphern umreißt er
ein Weltbild unter anderem folgendermaßen:
,Das unendliche Universum- hat es nicht auch wiederum das Schicksal eines lebendigen Körper ? Sieh dort oben, wie die Sterne glänzen! Da Universum ist geheimnisvoller als der lebendige
Körper e ist wie ein ab olutes Lebewe en 5 6."
So wie da große Universum einen ab oluten Organismu darstellt, so hat es auch ein absolute
Bewußt eins'. '
Dem europäischen Leser dürfte die Verwandtschaft zu Hegels Denken, den Setsurei
als einer der er ten in Japan bekannt machte deutlich sein, ebenso ist aber auch der
Einfluß de Neo-Konfuzianers Wang Yang-ming unübersehbar5 s. Andererseits zeigt
d r organizi f ehe und funktionalistische An atz, wie sehr Set urei Herbert Spencer
Denken verpflichtet war. In Anlehnung an Sperrcer propagierte er die Philosophie als
eine , yntheti ierende" übergreifende (sogoteki) Wissenschaft und stützte sich bei einen Be chreibungen de Univer ums wiederholt auf Analogien aus den Naturwissenchaften59.
Da Streben nach Synthe e nach der Überwindung von Gegensätzen durchzieht
Miyake Set urei Denken insge amt· nicht zuletzt drückt es sich auch in seiner relativif eben Sicht der Erkenntni au , wonach das Wissen da es von Ort und Zeit abhängig
ist unaufhörlich revidiert werde60 • Wie zu eben ein wird, schlägt sich SetsureisRelati54
vi mu auch in einer Einschätzunghistori eher Per önlichkeiten nieder und ein organizi tische Weltbild läßt ahnen, welcher Spielraum und wieviel Autonomie dem Menhen innerhalb dieses vorgegebenen Organismus gegeben ind. In Jinsei no r ogoku
Die Dualität de men chlichen Lebens) 1896 legte Setsurei die Analogie de menschlichen Leben zum elektrischen Feld dar und entwickelte eine evolutioni ti ehe Fortehritt theorie, die auch inlinruiseikatsuno jotai einer von 1910-1925 inNihon oyobi
ihonjin er eheiDenden Aufsatzfolge den Grundton angibt. Von der Tai hö-Z it an
dominierten in Set ureis Schaffen wieder die Zeitkritiken und histori eben Abhandlungen. Sein 1949 posthum in 6 Bänden erschienenes Hauptwerk Dojidaishi (Chronik
meiner Zeit) kam zunächst von 1926 bis Dezember 1945 in der letzten, von Set urei
edierten Zeitschrift Gakan (Meine Sicht) als Folge heraus. Al Chronik der Zeit von
1 60 bi 1945 mit einer Fülle an Daten und biographi eben Angaben zu bedeutenden
und unbedeutenden Personen des öffentlichen Lebens wird es auch heute noch al
wichtige Quelle zur politischen Geschichte des modernen Japan herangezogen. Soziale und Kulturelles werden nur sekundär behandelt. Geschichte er cheint hauptsächlich
al Ablauf von Ereignissen, die durch Personen gesehen werden. Die ewerden allerdings aus Setsureis Zeit heraus durchaus kritisch behandelt, jedoch nicht aus wissenfha ftlich-analytischer Sicht, sondern wie Toyama Shigeki in seiner Rezen iontreffend
bemerkt au dem gesunden Men chenverstand" heraus 61 . Abgesehen von einer in
der Geschichte wirkenden ,Kraft (ikioi), von der wiederholt die Rede i t i t ein spezifi ehe Geschichtsbild nicht zu erkennen.
Yanagida lzumi folgert aus Setsureis historischem Werk und hier gelangen wir nun
zur Erläuterung der Heldenbiographien daß der Mensch und die Verbesserung seiner
Leben umstände für Setsurei stets im Mittelpunkt gestanden hätten, wobei ein Intere e an außergewöhnlichen Personen, an Helden besonders hervortrete. Die e Heldenverehrung gründe ich darauf, daß die Helden den Willende Universum am deutlich ten offenbaren62 • Das wiederum würde dem Heldenmytho bei Carlyle entsprechen für den sieb im Helden die "Seele der Geschichte" offenbart:
Universal History, the history of wbat man has accomplished in this world, i at
bottarn the History of the Great Men who have worked here. They were the Ieader
of men these great ones · the modellers patterns, and in a wide sense creator of
whatsoever the general mass ofmen contrived to do or attain; ... the soul ofthe whole
world history, it may ju tly be considered, were the hi tory ofthese .... He i the living light- fountain which is good and pleasant tobe near. The light which enlighten which has enlightened the darkness of the world; and this is not as a kindled
lamp only but rather as a luminary shining by the gift of Heaven 63 ."
Ich sehe das Motiv zu Setsureis Heldenbiographien allerdings vordergründiger und
zwar vor allem in der Gegenüberstellung des westlichen Helden mit dem ö tlichen, in
der Ab icht, die japanische Geschichte gegenüber der westlichen zu rechtfertigen 64 • So
be chreibt eine seiner ersten Biographien einen Helden der chinesischen Randvölker
Mo-tu ch'anyü den zweiten König der Hsiung-Nu. Ein. Großteil einer Biographien
machen Vergleiche von westlichen und östlichen historischen Persönlichkeiten aus so
der zwischen dem Volkshelden der Restaurationswirren Saigö Takamori und Garibaldi Ashikaga Takauji und Cromwell, Itö Hirobumi und Bismarck. Setsureis wichtigstes
Werk dieser Thematik Eiyuron (Über Helden), 1939, hat zu einem beachtlichen Teil
,westliche Helden" wie Stalin, Mussolini Napoleon und andere zum Gegenstand. In
dem AufsatzKokin no eiyu (Helden gestern und heute) von 1934 führt er aus, der Maß55
tabfür Helden in Japan ei wesentlich kleiner als in China, denn chinesische Heldentum liege in der Fähigkeit, das Land zu einen. Das Spezifische des europäischen Heldentums sei es zu erobern. Helden wie Alexander und Caesar gebe es in Ostasien nicht
dafür stelle man in Ostasien den 'Heiligen (shengjen) den Helden. In seinen Vergleichen von Helden, se.i es aus Ost oder West, aus Vergangenheit oder Gegenwart, ist es
kaum möglich, einen Leitgedanken auszumachen geschweige denn eine spezifische
Konzeption des Helden. Seine Charakterisierungen, soweit er sie gibt, sind vielmehr
widersprüchlich. So führt er in der Einleitung zu "Eiyftron 'von 1939 aus, wie relativ
bzw. ubjektiv die Bestimmung dessen ist, was heldenhaft genannt wird. Die eine, elitäre Sicht sehe den Helden als denjenigen an, der den Lauf der Dinge bestimmt, die andere die Gleichheitssicht, sehe ihn als Produkt seiner Zeit, lediglich als Marionette69.
Nach Setsurei entscheiden Zeit und Ort darüber, was ein Held ist. Der Held habe stets
einen "bestimmten Marktwert", was voraussetzt, daß er sich den Gegebenheiten anpaßt. In Tosai eiyu itsuyuwa (Geplauder über die Helden des Westens und Ostens)
1918, das am meisten von allen seinen Büchern zum Heldentum gelesen worden sein
oll schwächt er den Begriff einerseits so weit in seiner Bedeutung ab daß er zwi chen
dem Helden und dem gewöhnlichen Menschen nur einen graduellen Unterschied sieht
Da Streben nach Heldentum habe aber auf jeden Fall den Nutzen, daß die Leistungen
ge teigert und dadurch dieN ation gestärkt werde66 . Andererseits schreibt er in demselben Buch an anderer Stelle dem Helden etwas Außergewöhnliebes eine spezifi ehe
, heldi ehe Geiste haltung" (eiyurashiki kibun) zu. Am hervorragendsten ist- und hier
kommt Setsureis subjektive Bestimmung so deutlich zum Ausdruck, wie sonst an keiner
Stelle- derjenige Held, der seine ihm angeborenen Kräfte zur rechten Zeit und am
rechten Ort entfaltet die Masse des Volkes errettet und ihr auch noch nach seinem Tod
von Nutzen ist. Dies hänge allerdings von den Umständen ab 67 . Nach dieser Beschreibung hat der Held für Setsurei eine deutlich soziale Funktion, auch wenn sie nicht explizit Maß tabfür seine Heldenbiographien i t. In den Einzeldarstellungen zeigt sich daß
Setsurei nicht deduktiv von einem Heldenbild ausgeht, sondern jeweils von den Personen die die Ge chichte oder die Öffentlichkeit bereits als Helden deklariert haben. Es
bleibt ihm dann nur noch, analog zu Carlyle, ihre Erfolge oder Mißerfolge zu beschreiben68. Setsurei i t stet bemüht, die Geschichtlichkeit der jeweiligen Helden zu zeigen
was ihn daran hindert den Helden absolut zu sehen ihn programmatisch oder morali eh zum Vorbild zu erheben. Wie ehr ihn diese historisch relativierende Sicht in Widersprüche verwickelt, zeigt er daran, daß er einerseits bekennt das Zeitalter der Helden i vorbei69 anderereit aber 1929 einen Artikel über "Die Helden der Gegenwart verfaßt in dem er Hindenburg, Ludendorff, Mackensen, Lenin und Stalin unter
die Helden zählt70 • Er teilt fest daß die Taishö-Zeit von dem bürokratischen Menchen und vom Erfolg treben dominiert sei, und daß es in der rasch wachsenden Bevölkerung heute cbwer ei Helden zu finden 71. Andererseits nimmt er 1931 eine gewi e Anfälligkeit für diktatorische Helden wahr wenn er sagt daß die Enttäuschung
über da parlamen tari ehe Sy tem Japan und das herrschende Parteiengerangel vor allem bei der Jugend den Wun eh nach einem Alleinherrscher habe aufkommen lassen 72 .
Bei der großen Anzahl an Biographien unter Setsureis Zeitkritiken sind hier diejenigen auß r acht gela en die ich mit der Kritik an zeitgenös ischen Politikern wie Itö
Hirobumi Ho hi Töru u. a. befa en. Au seinen historischen Biographien wähle ich
tellvertretend eine Dar tellung de Volk belden Saigö Takamori au , da er nicht nur
56
eine der populär ten Heldengestalten in der modernen Ge chichte Japan dar teilt
sondern auch auf Setsurei besonders anziehend wirkte7 J.
Setsurei erste Biographie Saigö Takamoris er chien 1 99 in der Zeitschrift Nihonjin14. Es folgte 1910 die Biographie irriVergleich mit Garibaldi Saigo Takamori to Garibarujii die gleichzeitig mit einem Vortrag anläßlich des 33. Todestage Saigö in der
Zeit chriftNihon oyobi Nihonjin erschien. In der Einleitung des Auf atz geht Set urei allgemein auf das Wesen des Helden ein. Grundsätzlich eiderBegriff vage und rufe
allerlei A oziation hervor. Gewöhnlicherweise stelle ein Held einen idealen Men eben
dar der in seinen Leistungen über die Mas e hinausrage und frei sei von dem gewöhnlichen weltlichen Ehrgeiz75 .
Die Vergleichbarkeit Saigös und Garibaldis sieht Setsurei darin, daß beide etwa zu
gleicher Zeit lebten in. eine revolutionäre Epoche hineingeboren wurden daß ie beide
ihr Land einigten und in ihrem Verhalten dem klassischen Helden ehr ähnelten. Im
Wech el beschreibt Setsurei dann ihren Werdegang indemerbe onder die Unterchiede hervorhebt, so da unruhige, gefährliche Leben, das Garibaldi führte gegenüber Saigös in geordneter Bahn verlaufendem Leben. Saigö schildert er als den nach
reiflicher Überlegung Handelnden, Garibaldi als den Draufgänger. Beide hätten jedoch er tauf die ihnen angemessene Situation treffen müs en. Denn:, Die allgemeine
Entwicklung wird nicht durch den Menschen verbessert ondern dies la en die Zeitläufte (jisei) elbst o geschehen 76 ." Die entsprechende Situation sei für Garibaldi auf
dem Kriegschauplatz gegeben gewe en wo er sich hauptsächlich au zeichnete. Für
Saigö kam die Gelegenheit mit dem Versuch, die han, die Lehensgebiete der Daimyö,
zum Sturz des Bakufu zusammenzuschließen eine Aufgabe, der er sich mit großer
Sorgfalt und Überlegung widmete. Während Saigö sich die Pläne von anderen ausarbeiten ließ habe Garibaldi nur sehr grobe Pläne entwickelt. Sie seienbeidein kleinen Dingen immer auf andere angewiesen gewesen und beide schließlich ge cheitert; Garibaldi
enttäuschte als Parlamentarier, Saigö al Politiker. Saigö trebte nach nationaler Expan ion, ohne sich über den Weg im Klaren zu ein. Da die Entstehung des Staate von
den Zeitläuften bestimmt sei, habe sich Saigö ihnen anpassen mü sen · wieder heißt es:
,E ist ja nicht ein einzelner, der die Welt verbessert, sondern die Gegebenheiten sind
e selbst, die es dazu kommen lassen. Wenn der Arzt eine Krankheit heilt, hat er auch
nur eine (ärztliche) Kunst, mit der er sich bemüht, daß die Krankheit von elb t be ser
wird77 . So wie sich der Körper von seiner Struktur her immer wieder zum Ge unden
hin entwickelt, fährt Setsurei fort, so hängt für einen Helden viel davon ab, ob seine Fähigkeit auf fruchtbaren Boden fallen.
Die Vorstellung von der Übermacht der Umstände dominiert Setsureis Denken in
Bezug auf den Helden ebenso wie diejenige- und dies ist weniger explicit- daß der
Held spezifische Talent besitzt. Individuelle Fähigkeit und günstige Umstände ind bei
ihm komplementär. Dies ist zunächt das Fazit, das au einem Vergleich Garibaldis mit
Saigo zu ziehen ist. Welche Umstände er als günstiger ansieht für da Aufkommen von
Helden, ist nur vage aus der Aussage zu ersehen daß Helden in einem , starken Land"
auftreten78 und daß die ,Zeit des Helden" von der "Zeit de Menschen" abgelöst sei
was lediglich bedeute, daß Helden heute schwerer aufzufinden seien.
Wenn er in "Eiyflron 'Saigö Takamori und Itagaki Taisuke bescheinigt, daß sie ich
eher an Idealen orientierten, nämlich der Einigung und Stärkung des Lande , bzw. der
Verwirklichung liberaler Bürgerrechte, als daran, ihren utzen aus den bestehenden
Verhältnissen zu ziehe~ so handelt es sich hier um die Verwirklichung politischer Ziele
57
mit denen Setsurei elbst sich im Zusammenhang mit seinem Heldenbild an keiner
Stelle explicit identifiziert. Er macht an keiner Stelle die Ideale des "Schönen ' Guten und , Wahren" zur Richtschnur für das Handeln der historischen Helden oder
auch der zeitgenössischen Politiker, soweit er sie mit dem Heldenhaften in Verbindung
bringt. Helden, und dies unterscheidet Setsurei vor allem anderen von Carlyle sind
nicht abgeleitet von den Idealen, die er nach seinem organizistischen Weltbild für Japan
po tuliert- insofern geht er in seinen Biographien nicht deduktiv vor- sie sind vielmehr
Anlaß, individuelles Handeln im Hinblick auf seine Durchsetzungskraft innerhalb der
gegebenen Verhältnisse zu interpretieren. Wie dies aus Saigös Biographien deutlich
wird, räumt er den charismatischen Fähigkeiten letztlich größere Bedeutung ein. Saigö
Takamori habe im Gegensatz zu seinem jüngeren, eher opportunistischen Bruder, Tsugumichi, einen unbeugsamen Willen besessen, der ihn konsequent an einer Sache festhalten Ia e, von der er überzeugt sei. In der Durchführung sei er dann kompromißlo
und folge eher dem Gefühl; er habe immer die große Linie im Auge und halte sich nicht
bei kleinen Dingen auf. Schließlich besitze er eine Ausstrahlungskraft, die den Leuten
einer Umgebung Mut einflöße79 • An anderer Stelle bescheinigt er ihm unkonventionelles Verhalten und ein leutseliges Wesen, das ihm stets das Vertrauen und die Sympathien des Volkes einbrachte80 •
Dennoch setzt er diese Anlagen und Saigös Fähigkeit auszugleichen nicht absolut
sondern weist stets darauf hin, wie sehr sein Schicksal von Zufällen bestimmt war so
davon daß er von einem weitsichtigen Ban-Fürsten wie Shimazu Nariakira, au der
Mas e seiner Vasallen ausgewählt wurde. Schließlich hätten sich die Verhältnisse aber
gegen ihn gewendet, als Ökubo Toshimichi, ursprünglich sein Freund, die Truppen der
Regierung gegen ihn anführen mußte, um den von ihm inszenierten Auf tand in
Sat uma niederzuschlagen.
In ähnlicher Wei e wie Saigö Takamori behandelt Miyake Setsurei in Bushoron
(Über Feldherren), 1938, die Feldherren der Meiji-Zeit, so vor allem Yamagata Aritomo den päteren Kriegminister Yamada Akiyoshi, Murata Shimpei, Öyama lwao,
Nogi Maresuke und wägt ihre Verdienste gegeneinander ab indem er zum Vergleich
Moltke Waldersee Nel on und Napoleon heranzieht8 1 . In diesem Zusammenhang
pielt neben den verschiedenen Persönlichkeiten Setsureis Interesse am Kriegsgeschehen minde tens eine ebenso große Rolle. Leitgedanke ist hier daß der Krieg die ihm eigenen Talente zur Geltung kommen läßt. Während diese Biographien meist in den 30er
Jahren unter dem Eindruck des Krieges mit China, bzw. der Vorbereitung dazu enttanden ind geben die Aufsatzsammlungen Sökon (Gedanken) von 1918 und Tosai
eiy u itsuyuwa (Geplauder über die Helden des Westens und Ostens) von 1918 eher
Auf chlü e über den Ursprung de Interesses an Heldenbiographien.
Au Sokon einer der umfangreich ten Sammlungen seiner Zeitkritiken ziehe ich die
Aufsätze heran die Zeitgenö sisches Denken" (Shicho) behandeln. Ein durchgängige Thema i ·t hier S t ureis Kritik an dem damals virulenten Geschäfts geist, dem Profi treben und der ich durch etzenden bürokratischen Mentalität. Wärend er allgemein da Schwindende Patriotismus bedauert, worunter er hauptsächlich das Bewußtein von den eigenen nationalen Werten versteht kritisiert er, daß die Regierung den
Patrioti mu forciert wobei sie ich einer Erziehung bedient, die, getragen von Beamten d r alten Feudalfür tentümer immer mehr veräußerliche und nur dazu beitrage
politi eh und taatliche Denken zu entfremdens2. In dieser Kritik setzt sich Setsureis
Unzufri denheit mit dem wenig demokratischen parlamentarischen System seiner Zeit
58
fort die er schon in Shinzenbi Nihonjin zum Ausdruck gebracht hatte. Auch jetzt bewei t er noch einmal seine Einsichtskraft in die Zeitläufe wenn er davor warnt daß die
re triktive Politik gegenüber der öffentlichen Meinung da De intere e der Jugend
am Staat nur fördere 83 . Miyake Setsurei spricht in die em Zusammenhang bereit von
einer Kluft zwischen dem Volk und der Regierung bzw. dem Kaiserhaus. Die Heldenbiographien die Setsurei seit der Taishö-Zeit vermehrt publiziert las en o die Enttäuchung mit der bisherigen Regierung erkennen. Ihr stellt Setsurei die Biographien der
großen Männer' aus der Restaurations-Zeit in der Art Nietzsche ,monumentalisierender Geschichtsschreibung' entgegen. In Nigensui wo chiishin ni (Zwei Generäle im
Mittelpunkt) charakterisiert er die Meiji- Zeit al heldenhaft. Überdie verfolgt er einen
eigenen pädagogischen Zweck denn seiner Ansicht nach tendiert die Erziehung an den
Schulen durch das Erziehungsedikt von 1890 zum rein Formalen und vemachlä igt da
Men chliche. So erklärt er sich auch die wieder in Mode kommenden Ködan-Verantaltungen84 bei denen das Volk dem Vortrag von Heldenhistorien lauscht al eine
Kompen ation dieser konfuzianisch-formalistischen Erziehungspolitik· gleichzeitig
ieht er darin einen Ausgleich für das herrschende Konkurrenzdenkenss.
Im Gegensatz zu Carlyle geht es ihm jedoch nicht um die Erziehung des Men eben zu
Höherem über Anleitung zur Heldenverehrung, ondem vor allem um das nationale
Selbstbewußtsein au dem Vergleich we tlicher und östlicher Persönlichkeiten der Gechichte. In oweit hat sich Setsureis internationalistischer Nationali mu seit den 80er
Jahrende vorigen Jahrhunderts nicht geändert. In der Taishö-Zeit, in der nicht mehr
nationali tische Denken, sondern eher die Frage nach dem Stellenwert des Individuums in der Geschichte virulent ist hat Setsurei bereits den Kontakt zur Jugend verloren86. Seine oben zitierte Kritik an der politischen Indifferenz der jungen Generation
deutet an, daß er ich der Distanz zu ihr bewußt war. Mitseinen Heldenbiographien hat
er die e Distanz wohl überbrücken wollen. Schwerer noch scheint aber seine Enttäuchung mit J apans innenpolitischer Entwicklung und dem aufkommenden .Typu de
Ge chäft mannesund des Bürokraten zu wiegen. Motoyama Yukihiko deutet Setsurei
derart traditionsgeleitetes Denken als einen Protest gegen die inhumanen Folgen der
Industrialisierung, wie dies auch in Carlyles Denken gesehen wird87 . Dies trifft meines
Erachtens vor allem für Setsureis organizistisches Weltbild zu. In seiner Kritik an der
verwaltenden Macht der Bürokratie leitet er anderer eits die Opposition gegen die
Epoche der Dien tleistungsindustrie ein. Der Dienstleistungssektor hatte in Japan bereits eine Tradition in der Edo-Zeit und war durch den staatlichen Dirigismus bei der
japanischen Industrialisierung der Meiji-Zeit weiter entwickelt worden. Fa t zur selben
Zeit hat Max Weber die Bürokratisierung im Westen problematisiert, ohne damit aber
im allgemeinen Bewußtsein auf Resonanz zu stoßen.
Bei aller Kritik die somit Setsureis Heldenbiographien eigen ist, durchzieht ie Re ignation in ofern, als die Helden letztlich nur einflußreiche Vollstrecker einer allgemeinen Entwicklung sind. Sie sollen nicht wie bei Carlyle die Machbarkeit der Ge chichte
demonstrieren sondern vielmehr Anpa sung herbeiführen 88 . Ihre Verehrung teilt
keinen Selbstzweck dar. 1915 warnt Setsurei sogar davor, sich auf eine Person festzulegen da ihre Einschätzung zwangsläufig von Ort und Zeit abhängig sein müsse89 . In der
gleichzeitigen Enttäuschung mit der Politik seiner Zeit der er die Helden der Vergangenheit gegenüberstellt und in der Ein ichtindie Gefahren ein eitigen Per onenkult
sehe ich eine typische Form ambivalenten Urteilens bei den Intellektuellen der Meijiund Taishö-Zeit.
59
Stärker noch al der Philosoph Miyake Setsurei ist Yamaji Aizan (1864-1917) als
Historiker und Theoretiker der japanischen Geschichtsschreibung in das Spannung_
feldvon Historismu und Aufklärung in der zweiten Hälfte der Meiji-Zeit einbezogen
worden. In ihrer Lebensgeschichte und beruflichen Laufbahn repräsentieren Yamaji
Aizan und Miyake Setsurei zwei grundsätzlich verschiedene und wiederum für die Meiji-Zeit typi ehe Intellektuelle. Während Setsurei noch unter den Genuß der Stande_
privilegionseiner Familie au der Edo- Zeit kam, war Aizan der Abkömmling einer seit
drei Generationen im direkten Vasallenverhältnis zum Shögunat stehenden Astronomenfamilie die 1869 all ihrer Lehen verlustig ging und dazu noch durch den Alkoholismus des Vaters und den frühen Tod der Mutter in äußerste Existenznot gebracht
worden war90 • Anstelle von Setsureis oben beschriebener Eliteausbildung bekam
Aizan lediglich eine Grundausbildung durch private Lehrer und private Schulen. Bereits mit 17 Jahren trat er als Hilf lehrer91 , kurz darauf als Angestellter in einer Polizeibehörde in das Berufsleben ein, da er als ältester Sohn für den Unterhalt der Familie
verantwortlich war. An der als Setsurei war er nun unter den ungünstig ten Umständen
dazu gezwungen sein Studium autodidaktisch fortzusetzen, was sich erst änderte als er
an einer methodi tischen Missionsschule sein Englischstudium aufnahm. 1886 chri tlich getauft und 1890 für ein Jahr in der Provinz Fukui als Missionar tätig92 , spielte die
methodistische Kirche von jetzt an eine wesentliche Rolle in seinem Leben. Dies auch
in ofern als sie Aizan den Start in seine journalistische Laufbahn ermöglichte und ihn
1891 al Chefredakteur der methodistischen ZeitschriftGoky8 (Orthodoxie) einste11te.
Zu gleicher Zeit manifestierte sich auch chon durch eigene Zeitschriftenbeiträge sein
Intere e für da politische Zeitgeschehen und für die Diskus ion um die kulturelle und
geistige Position Japansangesichts der Herausforderung durch den Westen. 1887 war
er über die er te Nummer der Kokumin no tomo in Begeisterung ausgebrochen und
189 wurde er Mitglied derMinyU.sha. MitEiyuron (Über Helden), einer seiner er ten
Zeit chriftenbeiträge der in jene Mode der Heldenhistorien fiel und 1891 in der christlichen aufkläreri eben Zeit chriftfogaku zasshi (Zeitschrift für das Frauenstudium) erchien, erlangte er eine Auszeichnung. Wie Setsurei wurde Aizan aufgrundseiner frühen Erfolge schon in den 90er Jahren als Meinungsjournalist tätig. Neben seiner Arbeit
für die Goky8 chrieb er auch Beiträge für die Kokumin no tomo und Kokumin shinbun bevor er 1899 für drei 1ahre als Chefredakteur der Shinano mainichishinbun (Shinano-mainichi-Zeitung) nach Nagano über iedelte. Auch er nahm einerseits zu aktuellen Fragen Stellung andererseits veröffentlichte er historische Abhandlungen in Form
von Biographien und Monographien 93 und erreichte es schließlich seine eigene Zeitchrift die Dokuritsu-hyoron (Unabhängige Kritik) von Januar 1903 an in Tökyö herauszugeben94.
Setsurei Art war e nicht, ich irgendwie programmatisch festzulegen, aber die Zieletzung die Aizan einer Zeitschrift vorausstellte, nämlich die über die Tagesereignisse
hinausgehende di taozierte Zeitkritik da Interesse an Philosophie und Ethik owie
die Wahrheits uche hätte auch er in den wesentlichen Punkten unterschreiben können.
nderer eit dürfte für Set urei ein ähnlich persönlich-subjektives Engagement wohl
kaum nachzuwei en sein wie dies Aizan in einer im folgenden zitierten Zielsetzung
artikulierte:
Ic~ will .(die be~den Staat männer) ltö Hirobumi und Okuma Shigenobu in der elben Einstellung dt kut:Ieren wte der gegenüber Minamoto Yoritomo und Tokugawa Ieyasu. Die gleiche Objektivität, die ich d n griechischen Sophisten entgegenbringe, soll für clie Philosophen der kaiserli-
60
eben Univer ität gelten. Ich stehe außerhalb öffentlicher Ehren. Die Gela nbeit i t m in Ziel
und ich freue mich frei von aller gesell chaftlichen Bindung agen zu können wa ich will.
Ich finde keinen Gefallen daran, die Politik im einzelnen zu di kutieren. Ich möchte ie vielm hr
nur bin icbtlich derjenigen wesentlichen Entscheidungen erörtern, die für da Schick al de Volke richtungweisend sind. Meiner Meinung nach sollte der taatlichen Politik eine politi ehe Wi enschaft mit Glaubens ätzen und philosophischen Prinzipien zugrunde liegen, die dem wei en
Herzen des Volkes entstammen. Auf sie möchte ich meine Aufmerksamkeit richten und nicht auf
die täglichen Wechselfälle und unaufhörlichen Parteiau einandersetzungen.
Mein Intere se gilt vielmehr der Philosophie und Religion. Ich will unbedingt die zeitgenö ieben Tendenzen in der Ethik und der Moral tudieren. Denn beruhend auf einem fe ten Glauben, muß das Volk einen soliden Fortschritt erreichen können.
Ich mache die Zeit chrift nicht, um irgendeiner Partei, ein~r Clique oder religiö en Sekte zu helfen. Auch habe ich keinen Feind. Aber alles, wa gut ist will ich achten.
Ich vertraue das Schicksal dieser Zeitschrift der Großmut de japanischen Volke an. Da Volk
braucht wahrheitsgetreue Kritiken. Solange ich die einem Schrift teUer gebotene Aufrichtigkeit
nicht verloren habe, glaube ich, hat diese Zeitschrift ein Recht zu be teben 95 .'
Wie ehr es Aizan bei seiner journali tischenArbeitauf da Bemühen um Wahrhaftigkeit ankam hatte er bereits 1899 in der Shinano mainichi shimbun unter dem Titel
Bekenntnis eines Journalisten" ausgefiihrt 96 • Während für Set urei die Wahrheit in
der Relativität selbst lag, war Aizan von der Notwendigkeit überzeugt, ich tändig erneut um allgemeine Wahrheiten zu bemühen. Dieser Eifer hinderte ihn daran in eine
laue Argumentation zu verfallen, wie sie Setsurei vorgeworfen wurde anderer eit aber
auch fanatisch eine Wahrheit und sei dies auch eine Glaubenswahrheit, zu vertreten.
So wurde er schon als Redakteur der methodistischen Zeit chrift Gokyo von Uemura
Ma ahi a als Außenseiter' gebrandmarkt weil er sich zu wenig mit christlich-theologischen Fragen auseinandersetzte 97 . Methodist sein bedeutete aber für ihn, vor allem
Freiheit, Erfahrung, Einfachheit und geistige Harmonie. Jegliche Buchstabengläubigkeitlehnte er zugunsten der Erfahrung von Realität ab:
,Ich bin kein Mensch der in Idealen lebt sondern ich tehe in der Realität. Reue Erlö ung
Wiedererweckung de Glaubens sind alles nicht Ideelles sondern ind Erfahrungen. Die chri tliche Erziehung der Gläubigen und ihre Unterweisung in Glauben ätzen durch einen Pfarrer ind
jeweils ekundär98 • '
Im Hinblick auf Aizans Geschichtsbild ist diese Einstellung insofern von Bedeutung,
al er wie Setsureiden Ideen keinen absoluten Wert in der Beurteilung historischer Ereignisse oder Persönlichkeiten beimaß sondern sich offen hielt, , die Realität" zu vertehen. Andererseits verleitete auch ihn das ad hocVerständnisdes Zeitgeschehen
Abläufe wie den russisch-japanischen Krieg als unau weichlich und zusätzlich au sozialdarwinisti eher Sicht als notwendig zu rechtfertigen und den Imperiali mu zu befürworten:
,Früher gab es Leute die sagten, der gegenwärtige lmperialismu ei zu verwerfen weil er expan ionistiscb ist. Das heißt doch, daß gesunde Arbeiter die ungesunden au den Fabriken vertreiben die ehrlichen Kaufleute die unehrlichen vom Markt verdrängen, die loyalen, dem Staat gegenüber pflichtbewußten Bürger diejenigen vom Kriegs chauplatz vertreiben, die nur an Profit
und an ihren eigenen Nutzen denken, die Bauern, die ich an trengen da Land zu nutzen, die
Leute au den Kolonien vertreiben, die das Land brach liegen lassen und ich nicht darum kümmern. Da i t das Überleben de Stärkeren. Da i t da Gedeihen der Leute, die vom Himmel begnadet sind. Das ist die Ausle e die die Ge ellschaft im Laufe ihre Fortschritt trifft. Mit den
~ortende Theologen ist es das göttliche Gericht, das Karma. Wer arbeitet, hat zu e en· wer
rucht arbeitet hungert. Mit einem Wort: Aus eigener Arbeit zu eigenem Nutzen. Weil man den
amen Expan ionismus fürchtet, sehe ich keinen Grund, den Mißerfolg der ungesunden unehrlic~en begierigen und faulen Leute zu kompensieren. Das Ideal de Imperiali mu ist es vielmehr,
die Leute ge und zu erhalten, sie in der Arbeit anzuhalten, und sie, beruhend auf einer geeinten,
geordneten gesellschaftlieben Organisation den rechten Weg (kodo) in der Welt suchen zu la sen.
Muß die Expan ioni mus genannt werden o scheue ich micht nicht, die e Bezeichnung zu gebrauchen99. •
61
Trotz dieses eindeutigen politischen Bekenntnisses hat Aizan an den politischen oder
gesellschaftlichen Ereignissen seiner Zeit weniger aktiv teilgenommen als Setsurei, der
ich ja beispiet weise schon in den 80er Jahren für die Verb_esserung der Lage der Bergarbeiter einsetzte. Die Gründung der "Staatssozialistischen Partei" (Kokka Shakait.O)
1905 war der einzige Versuch Aizans, direkt politisch zu wirken und seine Idee vom
Kaiserhaus als dem Garanten eines die Freiheit des Volkes verwirklichenden, soziali tieben Staatswesens durchzusetzen 100 . Wirkung erzielte er jedoch nach wie vor in er ter
Linie durch seine historisch-theoreti eben Veröffentlichungen 101 . Es gelang ihm auf
allen Gebieten, die er kommentierte, der Geschichte, der Literatur und dem Soziali _
mu , eine allgemeine Diskussion zu entfachen. So löste er mit einer seiner ersten Arbeiten, einem Aufsatz über Rai Sanyö, eine Kontroverse über den Stellenwert dieses Konfuzianers und Historikers der Edo-Zeit aus und gleichzeitig auch über die Bedeutung
der historischen Quellen 10 2 •
Sein Artikel Raijo o ronzu {Über Raijö) , 13. Januar 1893, führte zu dervielbeachteten Au einandersetzung mit dem Schriftsteller Kitamura Tökoku über den Nutzen bzw.
die Zweckfreiheit der Literatur 103 . In Bezug auf den Sozialismus entzündete sich ein
Disput an dem Ver tändnis vom Antagonismus der Klassen und von der Rolle des Staates. Sich auf die Geschichte des japanischen Staates und seine spezifische Grundlage in
einer "nationalen Essenz" (kokutai) berufend, sah Aizan die Aufgabe des Staates darin, den Gegensatz von Kapitalisten und Arbeitern auszugleichen und das Ideal des
, gemeinschaftlichen Leben "(kyodo seikatsu) zu verwirklichen. Dies brachte ihm die
Kritik des Soziali ten Sakai Toshihiko ein, nur die Position der Mittelklasse und der
Klein-Kapitalisten zu vertreten104 .
Obwohl auch Setsurei, wie zu sehen war, durchgängig zu aktuellen Fragen Stellung
bezog, rückte er jedoch zu keiner Zeit derart in den Mittelpunkt einer Diskussion wie
dies Aizan tat. Die Hauptursache sehe ich darin, daß Setsurei in distanziert-betrachtender Haltung verharrte, während Aizan von der Notwendigkeit überzeugt war, als Kritiker einer Zeit und al Historiker Einfluß ausüben zu müssen. "Die Aufgabe des Historiker " o sagte er 1894 in der Kokumin-shinbun "ist es, die Welt zu verbessern und
der Gesellschaft zu nützen105 . " Dieses Interesse am Gemeinwohl und am Fortschritt
der Gesellschaft ist, abgesehen von Aizans persönlicher Erfahrung, sich aus unterprivilegierter Stellung emporarbeiten zu müssen, nicht zuletzt auch auf den Einfluß der beiden Konfuzianer der Edo-Zeit Ogyfi Sorai und Arai Hakuseki, zurückzuführen mit
denen ich Aizan als Biograph zuer t auseinandersetzte 1o6. Speziell von Ogyu Sorai
dürfte er seine Oppo ition zur metaphysisch orientierten Chu Hsi-Schule und das Engagement für ein da Wohl des Volke durch Frieden und Sicherheit garantierendes
Staat we en übernommen haben. Vor allem war es aber Sorais Betonung der Rolle des
,Weisen" (shengjen), in dessen Verantwortungdas Wohl des Volkes lag die sich in Aizan Ein chätzung der historischen Per önlichkeiten und nicht zuletzt der ,Helden
nieder chlug107 • E erklärt auch weshalb Aizan im Gegensatz zu Setsurei, der an keiner
Stelle eine eindeutige Konzeption des Helden bot, diesem dezidierte Funktionen im
Rahmen der ge ell chaftlichen Entwicklung zuwies. Ein Schlüsseltext hierfür liegt mit
einer einer erfolgreich ten Abhandlungen, dem EiyCuon (Über Helden), aus dem Jahr
1891 vor. Sie enthält sowohl die Definition des Helden und seiner Rolle als auch Aizans
Motivation zu diesem Konzept. Die Abhandlung geht auf einen Vortrag zurück der
unmittelbar nach dem Zu tandekommen des ersten Parlament von Japan am 10. Noember 1890 gehalten wurde. Neben der Genugtuung über diese Ereignis, das er al
62
Durchbruch des Fortschritts in Japan wertet, brachte er seine Skep is über die Zukunft
Japan zum Ausdruck. Sie richtete ich einer eits gegen die Richtung lo igkeit di er
Fort chrittsbewegung, andererseits gegen die bislang nur materiellen Inhalt :
Wir teuem momentan unser Schiff auf einer schnellen Woge der Kultur. Sollen wir un nun
dem Wind anheimgeben und die Richtung (gleich am) natürlich sich be timmen la senoder sollen
wir im vorau den Kurs für den weiteren Weg festsetzen? Wenn wir einfach blind weiterfahren i t
zu hoffen daß wir nicht in einen Strudel geraten oder onstwie om Weg abkommen ... aber
wenn wir sehen daß unsere Kultur eine Krankheit au brütet daß ich unter ihrem Glanz Verderben verbirgt, wie könnten wir da nicht die Stimme erheben und den Steuermann warnen.
Eine materielle Kultur bringt auch nur materialistische Menschen hervor. Un er Fortschritt in
den 90er Jahren ist zweifellos außerordentlich und läßt sogar die Europäer er taunt hinter ich ·
aber genauer betrachtet, ist er nichts weiter als materielle Kultur ... 108.
Viele der nationalistischen Aufklärer der 80er Jahre, so auch Set urei, folgten Aizan
in die er Beurteilung. Während Setsurei aber zur Rückbesinnung auf die ur prünglichen japanischen Werte aufruft, ist Aizans Appell in die Zukunft gerichtet. Mit dem
materiellen Aufbau muß nach seiner Vorstellung eine geistige ErneuerungJapan eine
hohe geistige Aufklärung 109 " einhergehen, denn bislang so führt er aus, gibt e weder
den japanischen Menschen, der die aus dem Westen importierten Ma chineo bedienen
kann noch "selbständige, unabhängige Kapitalisten, die bei ihren Geschäften ihrem
Gewissen folgen 110 ." Statt dessen bedienen sich "Barbaren" (Menschen aus windzerzau ten Schilfbehausungen) der tapferen Männer (söshi) der Re taurationund die Reprä entanten der Religion werden zu "weichlichen Gentlemen 111 ." Aus der elb n Enttäu chung über seine Zeitgenossen, die auch Setsurei Heldenbiographien zugrunde
liegt folgert Aizan, daß es notwendig ei, ich mit der "Menschenbildung zu be chäftigen. Dafür seien aber weder Gesetze noch Institutionen das geeignete Mittel, da ie, wie
die Ge chichte lehrt, den ryienschen letztlich in eine vorgegebene Form pressen. Klüger
eiesdann schon, auf die Erziehung in der Schule zu bauen. Um außergewöhnliche Peronen heranzubilden reiche die Schulbildung allerdings nicht aus. Demgegenüber
postuliert Aizan ,das Prinzip der natürlichen Entfaltung' (te~nen no hosoku), das
durch das positive Vorbild eines Helden gegeben werde. Daß Helden unweigerlich ihrer eits Helden hervorbringen, belegt er für die Meiji-Zeit mit der Person Saigö Takamoris der stets ein Heer von Gefolgsleuten um sich versammelt hatte aber auch mit
dem Christen NüjimaJö der mit einer Gruppe von Kongretionalisten eine geistige Bewegung entfachte 112 . Ohne Helden muß, so Aizan, eine Kultur "zwangsläufig in die
Hölle des Materialismus 113 ' fallen:
So i t heute der Weg, auf dem der Fortschritt unserer Kultur umgeleitet werden kann 'allein
darin zu sehen daß unser Volk angehalten wird die größten, reinsten al ideale Menschen geltenden Helden zu verehren und damit seinen eigenen Charakter zu vervollkommnen 114 .'
"Ein großes Volk verehrt große Helden; diese Weisheit bedarf nicht er t der Belehrung durch
~arlyle, um erkannt zu werden. Wenn ein Volk niedere Ideale hat, ist es elb t notwendigerwei e
n~eder; hat e hohe Ideale, erhebt es sich selb t. Deshalb mü en wir zu Helden aufblicken und
diese Helden müssen die höchsten und edel ten ein 115. '
.
,
Aizan führt nicht aus, welche Ideale anzustreben ind, aber als ,idealsten Men chen"
nennt er damals noch stark unter seinem chri tlichen Glauben tehend, Je us von Nazareth dessen Persönlichkeit im Gegensatz zu Buddha und Zarathustra tatsächlich bitorisch belegt sei. Denjenigen Zeitgenossen die sich den Launen de Tage anvertrauen" nach Ruhm und Profit streben, ohne von Nutzen für die Welt zu sein stellt er
ab chließend dieMännerund Frauen der Zukunft entgegen, die ein tarke Rückgrat '
haben gl~ubig friedliebend und unabhängig sind 116 .
63
Es ist also weniger die Rechtfertigung der japanischen Geschichte gegenüber der
we tlichen, obwohl auch Aizan hin und wieder Vergleiche zieht, als die Hoffnung auf
einen neuen Menschen, die seinem Heldenbild zugrunde liegt. Ganz im Sinne Emerson ist der Held für ihn derjenige, der seine Zeit in ihrem Fortschritt repräsentiert.
Wenn Setsurei bedauert, daß das Zeitalter der Helden vergangen sei, so behauptet
Aizan zum gleichen Zeitpunkt daß jede Zeit die ihr eigenen Helden brauche, so auch
die Gegenwart 117 • Er stellt sozusagen funktionale Heldentypen auf, indem er der machinellen, arbeitsteiligen Gegenwart den Unternehmer (jitsugyoka) als Helden zuchreibt - an anderer Stelle spricht er vom Unternehmer als "Helden des Fortschritts118" - andererseits bei den zunehmenden außenpolitischen und außenwirtchaftlichen Kontakten _den ,diplomatischen Helden", bei der anzustrebenden gei tigen Revolution den "Helden des Geistes" für angemessen hält, denn, so lautet seine
Devise im 1ahr 1909: , ... diejenige Zeit ist heldisch, in der die Fähigkeiten des Menschen insgesamt zur Auswirkung kommen ... 119 '. Offensichtlich auf einen entsprechenden Vorwurf hin konzidiert er an gleicher Stelle, daß Heldentum für ihn identi eh
sei mit Individualität insofern diese durch "Altruismus" (taai) definiert seP 20 . Es i tdas
jeweils Singuläre einer Person und ihre besondere Aktivität im Dienst der Gesell chaft
und des Fortschritts, die Aizans Helden ausmachen. Der Held ist nicht bloß, wie bei
Set urei in fatali tischerWeise Vollstrecker einer allgemeinen Entwicklung, sondern
vielmehr ihr "Motor121 . Zwischen der Zeit und ihren Helden besteht nach Aizan eine
Wechselwirkung: ,Die Zeit macht sich ihre Helden und dann machen sich die Helden
ihre Zeit 122 ." Diese Wechselbeziehung entspricht Aizans dualistischer Sicht der Gechichte überhaupt die ihn ihrerseits nach allgemeinen Gesetzmäßigkeiten, anderereits aber auch nach den individuellen Leistungen für die Entwicklung fragen läßt. So
kon tatiert er in einer einer geschichtstheoretischen Arbeiten, daß "die Geschichtswissen chaft einerseits Naturwi senschaft sei, andererseits aber auch Religion. Sie lehrt
das Geheimni der Verbindung zwischen göttlicher Bestimmung und den menschlichen
Dingen 123 ." Und er folgert an der gleichen Stelle:
Dennoch i t der Hi toriker kein Determini t. Die menschlichen Angelegenheiten be tehen in
ihrer kettenartigen Verbindung darin, daß da Vorher und Nachher notwendigerwei e miteinander verbunden ind. Insofern bin ich nicht der Meinung, daß es in der Geschichte keinen sogenannten freien Willen gegeben hat sondern ich glaube vielmehr an Helden an die Kraft des Individuum an da Ent tehen wunderbarer Dinge. Die Frage ist, wie der freie Wille innerhalb eines betimmten Gesetze wirken kann das alle menschlichen Dinge durchzieht. Wie ind die große Welt
de Ge etze und die kleine Welt des Willen in Einklang zu bringen? Das ist ein Geheimni ~in
verborgener Sinn124 • '
Da Spannung Verhältnis von individueller Freiheit innerhalb übergreifender histori eher Abläufe und deren Gesetzmäßgkeit drückt sich bei Aizan am deutlichsten in
einen Biographien au und verleiht ihnen eine gewisse Romanhaftigkeit, wie e schon
da obige Zitat ahnen läßt. Bezeichnenderweise sind es nicht Politiker oder Kriegshelden sond rn konfuzianische Denker der Edo-Zeit, denen sich sein biographisches Intere e zuwendet. E i t owohl ein Interesse an ihrer Person wie auch an ihrem Denk n und beide hat Aizan jeweil tark beeinflußt. So sieht er in Ogyü Sorai den Vorläuf r pragmati eher utilitaristischer Weltsicht und stellt besonders Sorais, in der Verbannung erlangte kriti ehe Di tanz zur Kultur der Hauptstadt heraus wie auch seine
kon equente Opposition gegen die damals dominierenden orthodoxen Chu Hsi-Konfuzianer. Trotz aller Angriffe habe er ich zu keiner Zeit in die Defen ive drängen lasen ond m hab tet eine gedankliche Position gewahrt. Aizan begründet dies da-
64
mit daß Sorai seine Haltungaufgrund von Selbsterkenntnis und Selb tvertrauen erlangt habe, aber auch aufgrunddessen daß er die Gesellschaft in der er lebte genau
analysierte und jeglichen Dogmatismus zugunsten induktiv gewonnener Erkenntni
verwarf12S. In gleicher Weise hebt er Sorais an Rousseau erinnernde Konzeption einer
explorativen Erziehungsmethode' (kaihatsu teki no kyoikuho) hervor die lediglich
die natürliche Entfaltung des einzelnen zu fördern habe 126.
Den konfuzianischen Historiker der späten Edo-Zeit Rai Sanyö {1780-1832) charakteri iert Aizan als Propheten des osei fukko, der , Wiederherstellung der Kaisermacht' und als "Revolutionär der Dichtung127 ". Er sei insofern ein typischer Held al
er seine Erkenntnis von der Bedeutung des Kaiserhauses weitervermittelte und somit
auf den Gang der Geschichte einwirkte. Schließlich sei er kein Phantast gewesen sondern habe "die Dinge so gesehen, wie sie jeder J apaner sah und empfand 128."
E ist weniger der Erfolg oder Mißerfolg als die Autonomie der Persönlichkeit ihres
Denkens und Handelns, die Aizan an seinen Helden hervorhebt. Die wird be onder
im Fall Arai Hakusekis deutlich. Arai Hakuseki habe zeitseines Lebens nur sein eigenes Denken und Wollen verfolgt und habe sich zu keiner Zeit von seiner Umwelt vereinnahmen lassen, sondern vielmehr in Konflikt mit ihr gestanden da er keinen Kompromiß kannte 128 . Dabei habe er sich durch eine distanzierte, gleichgültige Haltung der
Umwelt gegenüber ausgezeichnet: "Er setzte sich nicht für die Welt ein, und die Welt
nicht für ihn 130 ." Während Ogyu Sorai jedes noch so geringe Talent förderte, verachtete Hakuseki seine Mitmenschen die ihm unterlegen waren. , Sorai gab Anstöße, Hakuseki behauptete nur sich selbst 131 ." Nach Aizan machte ihn zum Helden, daß er eine
Absichten unbedingt auszuführen versuchte.
Aizan legt im folgenden Hakusekis Verdienste als Historiker, vor allem seine Gechichtstheorie dar, und zeigt damit, wie sehr er von Hakusekis Ansatz, das Gemeiname im Unterschiedlichen" sehen zu wollen, beeinflußt ist132 . Gleichwohl o schließt
er könne er seiner Person wegen ihrer "für ein großes Talent typischen Eitelkeit" keine
Sympathie entgegenbringen: "Weder zieht er die Menschen an, noch ziehen sie ihn
an 133 . ' Für die Bestimmung des Helden spielt nach diesen Au sagen das Charisma für
Aizan nicht die Rolle wie bei Setsurei. Bei Setsurei ist das Charisma als Merkmal de
Helden aus seiner eigenen Biographie herzuleiten, denn auch er scheint nach den Ausagen seiner Zeitgenossen trotz eines starken sprachlichen Handicaps charismatische
Anlagen gehabt zu habent3 4 • Auch Aizans autonome Persönlichkeit ist das Ergebnis
seines persönlichen Erfolgs trotz seiner sozialen Benachteiligung als Sohn eines heruntergekommenen Samurais. Er postuliert folglich Autonomie auch für andere Unterprivilegierte so für die Frauen seiner Zeit, und demonstriert sie anhand der Biographie
Taira no Masakos der Geliebten und Frau Minamoto Yoritomos 135 .
Aizans frühe Biographien haben im Gegensatz zu den erzählerisch abgefaSten Biographien Setsureis alle einen mehr oder weniger analogen systematischen Aufbau. Er
leitet sie mit einer politischen, sozialen und geistesgeschichtlichen Analyse der jeweiligen Epoche ein, beschreibt den Lebensweg und die berufliche Laufbahn und geht dann
be timroten Fragen nach, bei Sorai beispielsweise dem , Inhalt seiner Bildung", seinen
Taten" undseinen "Verdiensten" aufden Gebietender Literatur, des Geistes, der Politik und der Erziehung. Die anschließend erscheinende Biographie Arai Hakusekis beginnt mit einer Charakterisierung der Genroku-Ära (1688-1704) und behandelt dann
nacheinander Hakuseki als Dichter, als Politiker und als Historiker. Die einzelnen Kapitel sind wiederum in sich gegliedert. Hebt schon diese Sy tematik den Wert seiner
65
Heldenbiographien über die der rein populären, erzählenden Darstellungsweise Set ureis hinaus, so sind es. vor allem auch die Zitate aus den Werken seiner Helden, die den
Biographien mehr Substanz verleihen als bei Setsurei1 36 . Dies trifft vor allem für die
Biographien Sorais und Hakusekis zu, in denen Aizan nicht nur Propheten der Zukunft
beschreibt, sondern auch "Revolutionäre der Literatur137 '. Welche Ansprüche er an
eine Biographie stellt, wird aus seiner Kritik an dem Historiker Taguchi Ukichi deutlich. Während er Taguchis wirtschaftsgeschichtlichen Ansatz hoch einschätzt, sieht er e
als großen Mangel an, daß Taguchi den Personen so wenig Gewicht verleiht und statt
dessen die Geschichte allzu sehr in Kausalzusammenhängen sieht. Taguchi ei nicht in
der Lage, Helden zu beschreiben, da er den Personen gegegnüber kaum Mitgefühl
empfinde; es fehle ihm an Leidenschaft, die erst befähige, Menschen lebendig darzustellen., Die beste Methode, Menschen kennenzulemen, ist die Intuition die Sympathie und die Wahrnehmungsfähigkeit eines Poeten; dies gerade fehlt ihm 13B".
·In der subjektiven Sicht des Helden und des Menschen unterscheiden sich Setsurei
und Aizan kaum, wenn auch Aizans Persönlichkeit und leidenschaftliches Engagement
in der Lebendigkeit seiner Darstellung wesentlich stärker wirksam wird. Doch Aizan
argumentiert wert- und zweckrational zugleich, da es ihm um eine geistige Erneuerung
J apans geht. Setsurei beschreibt wertneutral, indem er die positiven und negativen Seiten eines Helden gegenüberstellt und sich von seinem Interesse an großen Persönlichkeiten leiten läßt, ohne es selbst zu begründen. Aizan argumentiert pragmatisch dort
wo er den Helden als Mittler des Fortschritts, als Tatmenschen aufstellt. Ohne ihn zum
Vorbild hochzustilisieren, beschreibt Setsurei den Helden als Erfolgsmenschen und
kompensiert damit seine Enttäuschung rillt der innenpolitischen Entwicklung Japan
und mit dem aufkommenden Geschäftsgeist seiner Zeitgenossen. Aizan dagegen, von
der Regulierbarkeit der Geschichte durch große Persönlichkeiten ausgehend akzeptiert den aktuellen Wandel, wenn er den Unternehmer selbst zum Helden seiner Zeit
deklariert. Setsurei und Aizan beklagen den Verlust des Menschen in der offiziellen
Geschichtsschreibung, sie gehen aber nicht so weit wie Carlyle, Heldenverehrung als
Zweck an ich zu propagieren. Für Aizan ist es vor allem auch die "ungläubige, zweifelnde Zeit 139 ' die ihn nach einer geistigen Revolution und den sie tragenden "neuen
Menschen" rufen läßt140 • Im Gegensatz zu Setsureis retrospektiver Betrachtungsweise
neigt Aizan dazu die Zukunft vorwegnehmen zu wollen.
Set ureis Heldenbiographien haben, wenn auch nicht immer mit seiner vollen Zutimmung, bezeichnenderweise in den dreißiger Jahren erneute Anerkennung durch
Wiederauflagen erfahren. Aizan, der bereits 1917 starb, hat seine letzten Biographien
wie die über die klassischen Heldenfiguren Minamoto Yoritomo, Ashikaga Takau ji
und Toyotomi Hideyoshi unter dem Obertitel "Biographien japanischer Helden als
Repräsentanten ihrer Zeit" (Jidai daihyo Nihon eiyuden) herausgegeben. Trotz seines
Engagements für den Imperialismus i t e fraglich, ob er in denJahrender Unterdrükkung der öffentlichen Meinung vor und während des zweiten Weltkriegs seine Autonomie aufgegeben hätte. Theodor Adomo hat in seiner Studie über die autoritäre Persönlichkeit die Bedeutung des Vertu ts traditioneller Autoritätsträger während der
Weimarer Zeit .für die Entstehung des Nazi-Regimes herausgearbeitet 141 • Es stellt sich
für Japan die Frage ob nicht ein Autoritätsverlust in der zweiten Hälfte der Meiji-Zeit
durch die Suche nach neuen Autoritäten zum Ausdruck kam. Die Heldenbiographien
könnten ein Indiz dafür ein. Wegen der Begrenztheit dieses Materials und wegen der
b' lang ungenügenden Kenntnis e über die Rolle der jeweiligen Führer in den nationa66
r ti chen und ultranationalistischen Gruppen der 20er und 30er Jahre sind ie m. E. jedoch kein ausreichender Beleg. Dennoch ist nicht auszu chließen daß die Mode der
Heldenbiographien eine Sehnsucht nach starken heldenhaften Men chen wachgehalten hat. So bedauert Tsurumi Yüsuke, einer der führenden Diplomaten des damaligen
Japan 1928 daß es kaum noch Heldenbiographien gebe, wie er sie in seiner Jugend- er
i t 1885 geboren- gelesen habe 142 . Gerade jetzt seien sie wieder angemessen, da da
Volk Japans ähnlich der Meiji-Zeit, als es um die Unabhängigkeit Japans ging, vor
große Probleme gestellt sei, die nur von Männem mit großen Integrationsfähigkeiten
gelöst werden könnten:
"Unser japanisches Volk ist jetzt aufgrundder Verhältnisse vor eine Wende zu einer Zeit der
Expansion gestellt. Und zwar ist es mit dem Bevölkerungsproblem konfrontiert. Wenn die ja paniehe Rasse nicht untergehen will muß sie jetzt eine neue Bewegung ins Leben rufen, in der alle
Kräfte vereinigt werden ... Das Blut der Helden der Meiji-Zeit ollte auch jetzt noch in den
Adern unseres Volkes fließen und ihm seine Energie verleihen 143.'
Hier ist nicht mehr die Forderung gestellt nach dem Helden als Alternative zum Bürokraten oder Geschäftsmann, wie ihn Setsurei sah, aber auch nicht im Sinne Aizan
nach dem Helden als neuem Menschen. Denn Geschichte ist nicht mehr "Mittel gegen
die Resignation" (F. Nietzsche), da diese den Zeitgeist nicht mehr bestimmt. Die nun
einsetzende Monumentalisierung in Gestalt von Heldenhistorien ist das Vehikel einer
Vi ionvon der Mission Japans in Asien und der Überlegenheit der japanischen Nation.
Helden sind alle diejenigen, die dieser Vision folgen.
Anmerkungen:
1
Die hier vorliegende Untersuchung geht auf ein Forschungsprojekt zurück, das 1974 für 9
Monate durch ein Stipendium der De!Jtschen Forschungsgemein chaft gefördert wurde. Der urprüngliche Plan, am Beispiel MIYAKE. Setsureis den Zusammenhang de Sozialdarwini musund
de ationalismus der Meiji-Zeit zu untersuchen, ließ sich als exemplarische Studie, wie ich herau stellte, nicht verwirklichen. Die Anregung, statt dessen einmal den Heldenbiographien innerhalb des nationalistischen Denkens MIY AKE Setsureis nachzugehen geht auf ein Gespräch mit dem
Literaturwissenschaftler MAEDA Ai zurück. Bei der Materialbeschaffung zu MIYAI<E Setsurei hat
mir SATÖ Yoshimaru vom Kompilationsamt der Geschichte der Waseda-Universität unersetzliche
Hilfe geleistet.
2
Die Konkumin no tomo war das Organ der M inyU.sha (Gesellschaft der Freunde des Volkes),
d~ vo!-1-1887 an unter der Leitung ToKUTOMI Sohös erschien. Die elbe Gesellschaft gab ab 1890
d1e ZeltungKokumin shinbun (Zeitung des Volkes) heraus. -Nihonjin i t das Organ einer weiter~n Vereinigung politisch engagierter Intellektueller, der Seikyosha (Gesellschaft für politische
Bildung). Sie erschien mit Unterbrechungen von 1888 bis 1906, als ie nach dem Tod KuGA
Katsunans mit dessen ZeitschriftNihon (Japan) zur Nihon oyobi nihonjin (Japan und der Japaner)
zu ammengelegt wurde. S. lzUMI Aki Nihonjin, in Bungaku, XXIII, 4 (1955). Die Zeitschrift
Shikai (Ozean der Geschichte) wurde von dem liberalistischen Wirt chaftswissenschaftler und theoretiker TAGUcm Ukichi neben seiner Keizai zasshi (Zeitschrift der Wirtschaft) herausgegebe~: Laut Kindai bungaku kenkyu sosho (im folgenden: KBKS) Bd. 16, TANIMURA To hiko Yama!l Aizan hyoden, Tökyö 1961, S. 400 sind noch weitere Zeitschriften diesem Trend gefolgt:
Shtgaku zasshi, Shigaku fukyu zasshi, Shidan, Seinen-bungaku, Ajia, Tetsugaku zasshi, Bukkyo.
3
Vgl. 0ZAWA Eiichi: Kindai Nihon shigakushi no kenkyu, Meiji-hen, Tökyö 1968 S. 594;
auch T ubouchi Shöyö, der im selben Jahr in der Waseda bungaku die zeitgenös ischen hi torisc?en ~hulen erörtert, spricht von der Mode ,die aber noch lange keine Niveausteigerung der
H1stonographie" anzeige. Ibid., S. 23 .
4
.
Vgl. YAMAJI Aizan: "Susume yo-komei ni made', in: Gendai Nihon bungaku taikei, Bd. VI:
Kuamura Tokoku- Yamaji Aizan-shu, Tökyö 1969 S. 335, im folgenden: GNBT.
5
lbid.
6
Auf die Bedeutung des Generationenwechsels für die geistige Wende nach 1887 hebt Kenneth PYLE ab: The New Generation in Meiji-Japan, Stanford, Califomia 1969.
67
Vgl. Anm. 2.
ÜZAWA E., 1968, S. 515, Anm. 1; ctie Auslassungen entsprechen denen bei Ozawa.
9
Ibid S. 595.
10 Die einzigen mir bekannten Arbeiten, die ich mit Einfluß Emersons befassen
ind:
YAMAMIYA Makoto: Nihon ni okeru Emason' , in: Yano Kazumi-hakase kanreki kinen ronbunshu
- Kindai bungei no kenkyu, Tökyö 1956, S. 375 ff., KrMURA Ki: Japanese Literature, Manners and
Customs, Tökyö 1957, S. 140 ff..
11
V gl. Y A AGIDA Izumi: Tetsujin Miyake Setsurei-sensei, Tökyö 1956 S. 181 ff..
12
Ibid., bei der Rezeption Emersons in Japan ist offensichtlich zu unterscheiden zwischen Autoren wie ToYAMA Shöichi, ToKUTOMI Sohö und KlTAMURA Tökoku, die Emerson zunächst einmal
bekannt machen wollten und Autoren wie KuNIKIDA Doppo und IWANO Hömei deren Schaffen
von Emerson direkt beeinflußt wurde. S. YANO, 1956, S. 375 und K!MURA Ki, 1957, S. 140 ff..
13
YANAGIDA Izumi, 1956, S. 161; YAMAJI Aizan, "Yo ni kanka wo ataetaru shomoutsu", in
Meiji bungaku zenshu, Bd. 35 Yamaji Aizan-shu, Tökyö 1965, S. 411, im folgenden: MBZ.
MlYAKE Setsurei: Jibun wo kataru, Tökyö 1950, S. 23.
14
YANAGIDA Izumi; Tetsujin Miyake Setsurei-sensei, Tökyö 1956, S. 161 ff. SUMIYA Mikio
,Meiji na honarizumu no kiseki", in Nihon no meicho, Bd. 40, ToKUTOMI Sohö YAMAn Aizan
Tökyö 1971, S. 51. Satö Yoshimaru, "Miyake Set urei ', in: Nihon no rekishika, bg. von
NAGAHARA Keiji und KANo Masanao, Tökyö 1976, S. 53 ff ..
1s S.u.a. Raymond WILLIAM , Culture and Society, 1780-1950, Penguin Books 1963
S. 85 ff., G. B. TENNYSON, "Thomas Carlyle" in David DELAURA (ed.), Victorian Prose-A guide
to research, Philadelphia and New York 1973, S. 33 passim; John HoLLOWAY The Victorian Sage,
London 1953, S. 23 bemerkt zu Carlyles Philosophie: It is arevolt; orrather a counter-revolution.
In a word it is aotimechanism."
16
The complete Essaysand Other Writingsof Ralph Waldo Emerson, edited with an biographica/ introduction by Brooks Atkinson, N ew Y ork 1940; The Collected Works of Ralph Waldo Emeron Vol. I, Nature, Addresses and Lectures, lntroduction and Notes by Robert E. Spiller; Text established by Alfred Ferguson, Cambridge, Mas ., 1971.
17
ÜHKAWA Kazu hi und KLEIN, Lawrence, Economic Growth: TheJapanese Experience ince
.the Meiji-Era, Homewood, m. 1968 William w. LoCKWOOD, The Economic Development of Japan, exp. ed., Princeton 1968.
18
Ernst Bloch: Das Prinzip Hoffnung, 4. Teil, Grundrisse einer besseren Welt, Frankfurt
1959, S. 718· dort heißt es von Carlyle: "Er litt wie Ruskin an der neuen Fabrikzivilisation ... '
19
Die Verwandtschaft zwischen dem neokonfuzianischen Denken Wang Yaog-mings und der
Vorstellung Emersons vom Universum als etwas Lebendigem, mit einem eigenen Bewußtsein
ausge tattetem i t bereit von KlTAMURA Tökoku in seiner Emerson-Biographie von 1894 Emaruson shoron, scharf innig herausgearbeitet worden. Vgl. GNBT, S. 172. Auch YAMAJI Aizan hat
sich 1910 in Kangaku taü mit dieser Beziehung befaßt.- Dabei ist allerdings zu berücksichtigen
daß Emer ~n offen icbtlich über gewisse Kenntnisse der chinesischen Philosophie verfügt; so zitiert erz. B. Meng-tsein Representative Men.
20
Vgl. J. HOLLOWAY, 1953, S. 3.
21
Han RoTHFELS Waldemar BESSON Geschichte, Das Fischer Lexikon, Frankfurt a. M.
1961, s. 102 ff..
22
F. NrETZSCHE: , Vom Nutzen und Nachteil der Historie , Kröner Verlag, Leipzig, o. J.
23
Ibid, S. 12.
24
OzAwA Eüchi 1968, S. 1 ff.; lENAGA Sabtirö",Keimo-shigaku ', in: MBZ, Bd. 77 Meijihironshu (1), Tökyö 1965, S. 422 ff.; HAGA Noboru, Hihan Kindai Nihon shigaku shisoshi, Tökyö 1974 pas im.
25
Ludwig Rieß (1861-1902) lehrte von 1887-1902 Geschichte an der UniversitätTökyö. Er
selbst hatte in Berlin zur Zeit der Hochblüte der deutschen historiographischen Schule unter
Droysen Momrnsen und Treitschke studiert.
26
Der Begriff heimin shigaku hat keine präzise Entsprechung im Deutschen. Heimin ~eit.et
ich her von der Bezeichnung des einfachen Volks' ( commoners') in der Tokugawa-Ze1t, l t
aber bei Y AMAn Aizan im Kontext der Minyilsha zu sehen, der er angehörte und die von dem euro:
päischen Liberali mus beeinflußt war. Nach K. PYLE handelt es sich zumindest für ToKUTOMl Sobo
um eine Art demokratischer Philosophie.·K. PYLE 1969 S. 44-45. Vgl. u. a. YAMAJI Aizan.
~­
hon gendai no shigaku oyobi shika" in: Taiyo, Bd. 15, Nr. 12 15. 9. 1909)· auch enthalten rnNlhon no meicho, Bd. 40: Tokutomi Soho Yamaji Aizan, Tökyö 1971, S. 484.
7
2
OzA WA Eüchi 1968 S. 5 83 ff.
28
Vgl. Anm. 24.
29 Die problemati ierende Ge chichtsschreibung ab 1887 etwa wird als Fortsetzung der aufklärerischen an Buckle Guizot, Macaulay orientierten Geschichtsschreibung (keimo-shigaku)
des er ten Jahrzehnts der Meiji-Zeit angesehen. Für sie waren vor allem die Werke Fuk~aw~ Yukichi wie Bummeiron no gairyaku (Abriß der Zivilisation) und die des Wirtschaftshtstorikers
68
TAG cHI Ukichi repräsentativ, die mit ihren Schriften sowohl Wis en verbreiten als au h gesellcbaftliche Veränderungen herbeiführen wollten. Nach ÜZAWA Eiichi op. cit. i t bei aller oberflächlichen Handhabung der Quellen mit dieser Art Geschichtsschreibung überhaupt er t die
Möglichkeit geg~ben. von e~erG~schicbtssc~;treibung der ~e~ji-Zei! zu sprec.hen.J?ie Verknüpfung mit der soztolog~scben Steht wud u ..a. f?e~ TAGUCHI Uk~chi deut~1~h der dte Sozwlogie al die
Wi enschaft von der Erforschung der PrinZipien der Gescbtcbte defiruert, aber vor allem auch bei
MI AKE Yonekichi (1860-1929); vgl. JENAGA Saburö 1965, in: MBZ S. 423 ff..
3o
E handelt sieb dabei um eine Artikelfolge in der Zeitschrift Kokumin no tomo
r. 330-332, 1897.
3t
Ern t BLOCH, Erbschaft dieser Zeit, (erw. Aufl. Frankfurt 1962) S. 111 ff..
32
Mit der Frage der Intellektuellen der Meiji-Zeit und ihrem Verhältnis zur Politik ihrer Zeit
beschäftigt ich auch mein Aufsatz ,Shiga Shigetaka- Leben und Wirken eines japanischen Nationali ten", in Nachrichten der Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Nr. 115
Harnburg 1974.
33
Während sich diese Institutionen der hyoronka bis heute in Japan erhalten hat scheint ie
mit den ogenannten "Meinungsjoumalisten' ('opinion journalists) auch in der westlieben Welt
eit einiger Zeit deutlich eine eigene Rolle anzunehmen.
34
S. Kindai Nihon shiso taikei, Bd. 5, Miyake Setsurei-shU, Tökyö 1975, S. 73; im folgenden:
KNST.
35
Vgl. HAGA Noboru, 1974, S. 73.
36
Vgl. die Standardnachschlagwerke zur japanischen Geschichte wie z. B. da Nihonshijiten
erw. und verb. Auflage, Tökyö 1962, aber auch KANO Masanao, ,Nashonarisuto-tachi no hözö
In : Nihon no meicho, Bd. 37, KuGA Katsunan, MlYAKE Setsurei, Tökyö 1971.
37
S. Taiyo, Juni, 1909 und Chuo-koron, Dezember 1908,· S. 70.
3 8 Setsurei ist ein Pseudonym, sein eigentlicher Name ist Yujirö.
39
S. MlYAKE Set ureis Autobiographie Jibun wo kataru, Tökyö 1950 S. 13. Setsurei hatte
orübergehend an die militärische Laufbahn gedacht. Dann schwankte er zwischen einem naturwi enscbaftlicben und einem geisteswis enschaftlichen Studium wobei er sich schließlich für die
Pbilo ophie entschied, die ihm "relativ grundlegend" erschien. Ibid ..
40 Toyama Shöichi (1848-1900) ist einer der Begründer der japanischen Soziologie. Er tuwerte in England und den USA und hatte den ersten Lehrstuhl für Soziologie an der Univer ität
Tökyö von 1893 bis 1896 inne. Seine Verdienste bestehen darin, Herbert Spencer in Japan bekannt gemacht zu haben, aber auch als erster empirische Studien und die Bedeutung der Okonomie für die Soziologie betont zu haben. Vgl. u. a. KAWAMURA Nozomu, Nihon shakaigakushi kenkyu, Tökyö 1973, Bd. 1.
41
Ebenso wie Toyama Shöichi lehrte Emest Fenellosa (1853-1908) während einer Dozententätigkeit an der Tökyö-Universität von 1878 bis 1890 nicht sein eigentliches Fachgebiet, die
Kun tgeschichte Japans, die er in Harvard studiert hatte sondern er lehrte Philosophie und Wirtschaftsgeschichte. Zusammen mit Okakura Tensbbin strebte er die Wiederaufwertung der japanichen Malerei und ihre Reform an.
42
S. YANAGIDA Izum.i, 1956, S. 14, MlYAKE Setsurei: Jibun wo kataru, Tökyö ·1950, $,.·22.
43
MoTOYAMA Yukihiko, Kaisetsu, in: KNST Bd. 5, S. 374.
44
MlYAKE Setsurei, Jibun .w..o..kataru, Tökyö 1950, S. 14.
45
K. PYLE, 1969 S. 155/ 56.
46
Es handelt sich um eine Revolte von Kleinbauern und Pächtern gegen Wucherzins Steuern
und gegen die Belastung durch die Wehrpflicht. Unter der Beteiligung von Anhängern der liberalen Bürgerrechtsbewegung formierten sich die Bauern und Pächter auch zu Parteien. Die Regie~ng ah die Aus chreitungen als sozialistisch inspiriert an undschlug ie innerhalb von vier Tagen
meder.
47
So läßt sich Setsurei 1907 von TANAKA Shözö die durch das Ashio-Kupferbergwerk enttandenen Schäden im Gebiet u.ru das :rarunonaka-Dorfs zeigen. Vgl. auch SATO Yoshimaru •.
"Meiji makki no Miyake Setsurei ', in: MinshU.shi kenkyU, Nr. 5 (Mai 1972).
48
S. TAKA HIMA Yoneho, " Miyake Setsurei-sensei to Kötoku Shusui ', in: Shinzenbi, 2. Aufl.,
Bd. 1, Nr. 3 (8. 3. 1946). Vgl. auch KANo Masano,, Nasbonarisuto-tachi no shözö' inNihon no
meicho Bd. 37, Tökyö 1971, s. 57 ff..
49
S. KNST, Bd. 5, S. 73 ·welche Vorstellung Setsurei selbst mit ,Sozialismu "verband, führt
er meines Wissens an keiner Stelle aus. Vgl. auch KANo Masanao, 1971, S. 7 ff..
50
S. SATO Yoshimaru op. cit..
·
51
• .
MrYAKE Setsurei: Jibun wo kataru, Tökyö 1950, S. 17. Dem entsprechen auch die Au sagen
emtge.r se~er Zeitgenossen, wie beispielsweise MARUYAMA Kanji der fe tstellt, daß Setsurei immer eme dtstanzierte Haltung eingenommen habe, "über der Gegenwart gestanden habe , aber
daß er ,nie einer Mode folgte, ondern eher von ihr gefolgt wurde'. MARUYAMA Kanji , Sobö to
Setsurei in: Nihon Hyoron (Juni 1941), S. 254/55. Vgl. auch die Sonderbeilage über MIYAKE
69
Set urei in der Chuo Koron, Nr. 237 (Dez. 1908), S. 50 ff., aus deren Beiträgen die ambivalente
Einschätzung Setsureis bereits zu seinen Lebzeiten deutlich wird.
52
MOTOYAMA Yukihiko, Kaisetsu, in: KNST, Bd. 5, S. 371· vgl. auch die Stilanalyse durch
MARUYAMA Kanji, "Miyake Setsurei-ron" in: Nihon Hyoron (Juni 1937), S. 240/41. Maruyama
führt aus, daß sein Stil "weitschweifig und unklar" sei und daß Setsurei in seiner Argumentation
immer einen "Fluchtweg" offen lasse.
53
Es handelt sich um die Werke Nihon bukkyoshi (1886), Kirisutl}kyo shoshi (1886), Tetsugaku konteki (1889), Ronrigaku (1890), Gakan shokei (1892) und 0 Yo-mei (1893).
54
Vgl. FUNAYAMA Shinichi, Meiji tetsugakushi kenkyu, Tökyö 1959 S. 120ff; MOTOYAMA Yukihiko, Kaisetsu, in: KNST, ders.: Meiji shiso no keisei, Tökyö 1969, S. 245 ff ..
55
Wie die mei ten einer größeren Werke erschient auch dieses zunächst ab Februar 1906 in
der Zeitschrift Nihonjin (ab Dezember umbenannt in: Nihon oyobi Nihonjin) unter dem Titel
Gensekai to fukusekai (Primäre und sekundäre Welt).
56
MBZ, Bd. 43, S. 259.
57
MBZ, Bd. 33 S. 263.
58
YANAGIDA Izumi, 1956, S. 78 ff. und MoTOYAMA Yukihiko, 1969, S. 265.
59
FuNAYAMA Shinichi vertritt die Auffassung, daß Setsurei in seinem philosophischen System
sogar noch über das Spencers hinausgeht. op. cit., S. 36.
6o
MBZ, Bd. 33, Gakan shokei, S. 245.
61
Töyama Shigeki, "Miyake Setsurei- Döjidaishi, Daükkan", in Rekishigaku kenkyu Nr. 142
(Dez. 1949), S. 43 ff ..
62
YANAGIDA Izumi, 1956, S. 161.
63 Thomas CARLYLE, ,On Heroes Hero-Worship and the Heroie in History' in: The World's
Classics, London 197 4, S. 1.
64 YANAGJDA lzurni 1956, S. 165 führt dieses Motiv ebenfalls unter anderen an.
65
Eiyuron, Tökyö 1939, S. 1.
66
S. Tozai eiyu itsuyuwa (Okt. 1918) in: GNBZ, 1931, S. 351.
67
lbid., s. 355.
68
Vgl. auch E. R. BENTLEY: A Century of Hero- Worship, A Study of the ldea of Heroism in
Carlyle and Nietzsche with Notes on Other Hero- Worshipers of Modem Times Philadelphia and
New York, 1944, S. 47 und S. 76.
69
Eiyuron, Tökyö 1939, S. 16.
70
Ibid., S. 28.
71
Ibid. S. 16.
72
Ibid. S. 48 und 51.
73
YANAGIDA Izumi 1956 S. 161 ff., vgl. auch MoRRI , Ivan: The Nobility of Failure, London,
1975 s. 217 ff ..
74
E i t anzunehmen daß es sich um die Biographie handelt, die 1938 in die Sammlung
Bushoron {Feldherren) aufgenommen wurde.
75
MBZ Bd. 33 S. 364.
76
Ibid., S. 368.
77
lbid ..
78
GNBZ, Bd. 5, S. 326.
79
S. SAIGO Takamori in: Bushoron, Tökyö 1938, S. 342.
80
S., Nigen ui wo chu hin ni" in: GNBZ, Bd. 5 S. 342.
81
Auch bei Bushoron handelt es sich um eine Sammlung von Biographien, die bereits seit der
Taishö-Zeit in Zeitschriften erschienen waren.
82
Sokon, Tökyö 1915 S. 330 ff..
83
Ibid. S. 332.
84
Kodan ind öffentliche Vorträge von Geschichten moralisierenden oder kriegshistorischen
Inhalts. Ursprünglich auf die Vortragsweisen buddhistischer Mönche zurückgehend wurden sie
koshaku genannt, erst in der Meiji-Zeit setzte sich der Begriff kodan durch.
85
S. Tö ai eiyu itsuyuwa' , in: GNBZ Bd. 5 S. 353.
86
S. ,Miyake Setsurei-ron , in: Chuo koron, Nr. 237 (Dez. 1908), S. 66.
87
MOTOYAMA Yukihiko: ,Kaisetsu ', in: KNST, S. 374.
88
Dies erklärt wohl auch weshalb er ich mit Nietzsches Verherrlichung großer Per önlichkeiten nicht näher auseinandersetzte obwohl Nietzsche seit der J abchundertwende auf die japaniche Geiste weit Einfluß ausübte.
89
S. Mn'AKE Setsurei:, Hito minna tensai' in: Seikatsuno migaki, Tokyö 1929, S. 252 auch
enthalten in der Autobiographie: Jibun wo kataru, Tokyo 1950, S. 197 ff..
90
Die biographischen Daten YAMAn Aizans sind im Einzelnen folgenden Arbeiten zu entnehmen: Kö Toshito ,Kaisetsu Yamaji Aizan ni tsuite", in: YamajiAizanshironshu, Tökyö 1938
S. 456 ff.· TANIMURA To hiko, Yamaji Aizan hyöden in: KBKS, S. 358 ff.· ÜKUBO Toshikan~
enpu' in: MBZ Bd. 35 YamajiAizan, Tökyö 1965; ebenso Nenpu • in: GNBT, Bd. 6. E 1 t
70
zu beachten, daß die Daten der hier angegebenen Lebenschroniken wie bei piel weise da der
Taufe Aizans nicht immer übereinstimmen.
91
Laut KBKS tritt er bereits 1879 mit 16 Jahren die Stellung des Hilf Iehrer an.
92
Die Entsendung als Missionär in die Provinz soll ganz seiner Vorstellung entsprochen haben den japanischen Geist d urch christliches Denken reformieren zu können. S. KBKS S. 400.
93
vgl. die Bibliographie seiner Werke in KBKS, S. 406 ff..
94
Die Zeitschrift Dokuritsu hyoron erscheint mit Unterbrechungen bis zu Aizan Tod am 3.
März 1917. Von Februar bis November 1904 nennt Aizan sie inNichiro senso jikki (Wahre Berichte vom russisch-japanischen Krieg) um und macht sie zum Medium seiner Propaganda fürden
rus i eh-japanischen Krieg. Februar 1905 erscheint sie jedoch wieder unter dem alten Titel.
1910-1913 gibt Aizan zusammen mit TAKAGI Jintaro und UcHJYAMA Seizo die Kokumin zasshi
Zeitschrift des Volkes) herau , um dann aber auch wieder auf die Dokuritsu hyoron zurückzukommen.
95
s. Ko Toshito: op. cit., S. 458/ 59.
96
Ibid. s. 479/ 80.
97
Ibid., S. 458.
98
KBKS, S. 448.
99
S. Zitat aus Aizans Aufsatz " Yo wa nani yue ni teikoku-shugi no hinja-taru ka (Warum
ich ein Vertreter des Imperialismus bin) in Kö Toshito, op. cit., S. 478 · auchenthalten in GNBT
Bd. 6, S. 336.
100
Die Partei löste sich schon bald selbst wieder auf, nachdem sie im März 1906 zu ammenmit
der Japanischen Sozialistischen Partei die Demonstrationen gegen die Fahrpreiserhöhungen in
Tökyo unterstützt hatte. Kö Toshito, op. cit, S. 460.
tot
So engagierte ihn 1909 die renommierte Zeitschrift Taiyo (Die Sonne) in der Erwartung,
daß Aizan durch seine historischen Traktate und seine hervorragenden Biographien die Zeitschrift bereichere. ' S. MBZ, Bd. 35, S. 451 . Überdies wird Aizan von jetzt an zeitweilig an die
Universitäten Keiö, Waseda und Döshisha als Lektor für japanische Geschichte berufen ein Beipiel für die Auf tiegsmöglichkeiten eines Autodidakten in der Meiji-Zeit.
102
Dem Vorwurf des Historikers MoRITA Sbikan, Aizan könne den Einfluß RAI Sanyo al
Konfuzianer aus den Quellen nicht belegen, hält Aizan entgegen, daß Sanyös Einfluß zwar nicht
an den anderer Konfuzianer seiner Zeit herankomme, er aber an Einsicht kraftunübertroffen ei.
-Eine Zusammenfassung dieser Diskussion findet sich in ,Bunkai genshö- Sanyö ronsö ', Waseda Bungaku , Nr. 69 (10. 7. 1899) ; vgl. auch KBKS, S. 450.
103
Tökoku hatte die einleitenden Sätze des Aufsatzes " Schreiben ist Arbeit. Daß ein Schriftteller die Feder ergreift, entspricht dem HeJden, der das Schwert ergreift. Beide tun es nicht, um
ins Leere zu schlagen, sondern weil sie etwas erreichen wollen ... " (MBZ, Bd. 35, S. 296) utilitaristi eh interpretiert und emphatisch seine idealistische Sicht von der Literatur entgegengestellt.
Aizan verteidigte ich damit, daß auch er in dem ,Nutzen" nichts Materielles , sondern vielmehr
die Schaffung einer Geistigkeit sehe. Die Diskussion wurde daraufhin nicht mehr weitergeführt. S.
Kö To hito, op. cit., S. 461 ff. , KBKS S. 454.
104
KBKS, S. 458.
105
YAMAJI Aizan, ,Rekishi no hanshi" , in: Kokumin shinbun (1. 5. 1894).
106
Die Biographien zu OGYO Sorai (1666-1728) und ARAI Hakuseki (1657-1725) wurden
er tmal von der Minyftsha 1893 und 1894 herausgegeben.
107
S.J.R. McEwAN: The Political Writings of Ogyu Sorai Cambridge, 1969 lntroduction S. 4
ff..
108
MBZ, Bd. 35 S. 247/ 48.
109
Ibid., S. 248.
110
lbid., S. 248/ 49.
111
Ibid., S. 249.
112
Ibid ..
113
Ibid ..
1 14
Ibid ..
115
Ibid ..
116
YAMAfi Aizan, , Eiyfi jidai to eiyu-shugi', in Shigaku Sekai (10. 7. 1909).
117
S. Zitat bei ÜZAWA Eiichi, op. cit. 1968, S. 588.
118
YAMAn Aizan, ,Eiyujidai toeiyfi-shugi" in: ShigakuSekai (10. 7. 1909) Im Gegensatz zu
Set urei finden sich bei Aizan keine Generäle unter den Helden typen.
119
Ibid ..
120
Ibid ..
121
Vgl. YAMAJI Aizan " Arai Hakuseki", in: Shironshu, Tökyö 1958, S. 146.
122
Y AMAn Aizan Rai Ju wo ronzu , in MBZ, S 299.
123
YAMAJI Aizan_, Shigakuron, in MBZ, Bd. 35, S. 325.
124
Ibid ..
71
YAMAn Aizan, Ogyu Sorai, in: GNBT, Bd. 6, S. 310.
Ibid., s. 330.
127
Y AMAn Aizan, &i Ju wo ronzu , MBZ, Bd. 35, S. 296.
128
Ibid., S. 302.
1 29
YAMAJI Aizan "Arai Hakuseki", in ShironshU, Tökyö 1958, S. 147.
130
Ibid., S. 148.
131
Ibid., S. 149.
132
ÜZAWA E., 1968, s. 606.
133
YAMAn Aizan, " Arai Hakuseki", in Shironshu, Tökyö 1958, S. 249.
1 34
Vgl. die Charakteristiken durch Setsureis Zeitgenossen in Chuo koron, Nr. 237 Dez.
1908) sowie die Nachrufe in Teiyu rinri koen shu (Febr. 1946).
135
YAMAn Aizan, "Taira no Masako-ron ', in GNBZ, Bd. 52, S. 162 ff..
1 36
Hiervon ist Setsureis Biographie Wang Yang-mings auszunehmen. Auch Aizans spätere
Biographien über Per onen der politischen Geschichte Japans wie MINAMOTO Yoritomo und
AsHJKAGA Takauji sind weniger systematisch und eher erzählerisch. S. HAITORI Shisö " Sbika to
shite no Sohö, Sansa, Aizan", in: Hattori Shiso-zenshu, Bd. 7, S. 198 ·ff..
1 37
YAMAJI Aizan, "Arai Hakuseki" in Shironshu, Tökyö 1958, S. 145.
138
S. Zitat b. PumA Shözö, "Aizan ni okeru rekishi ninshikiron to 'pui'izumu to nairnenteki
renkan'', In Rekishigaku kenkyu, Nr. 240 (1960).
1 38
YAMAJI Aizan, " Susume yo)<:ömei ni made", in: G~·T;'Bd. 6, S. 336.
1 40
Der Inhalt der geistigen Revolution wäre wohl nur aus Aizans Ge amtwerk heraus zu interpretieren. Von einer dezidiert christlichen Vorstellung kann nach meiner Kenntnis nicht gesprochen werden.
1 40
Tb. W. ADoRNO, The Authoritarian Personality, 1950.
142
S. TsuRUMI Yilsuke Eiyu taiboron, Tökyö 1928.
143
lbid., S. 7.
125
126
72