Neue Kunstwerke an der HSG

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Neue Kunstwerke an der HSG
Neue Kunstwerke an der HSG
Prof. Dr. Yvette Sánchez, Präsidentin der Kunstkommission der Universität St.Gallen
Jahresmediengespräch der Universität St.Gallen (HSG), 14.9.2012
(Es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Medienschaffende,
sehr geehrte Damen und Herren
Roman Signer (*Appenzell 1938)
Videoarbeiten (1988-2011)
Schenkung 2011 an die Universität St.Gallen
durch Frau Dr. Angela und Herrn Dr. Manfred J.
Dirrheimer und Herrn Bruno Widmer
Alejandro Díaz (*Texas 1963)
Happiness is Expensive (2010)
Neon auf Plexiglas 390 x 45 x 10 cm
Schenkung 2012 an die Universität St.Gallen
durch Frau Yong-Suc Hungerbühler-Chyun
Yan Pei-Ming (*Shanghai 1960)
Red Self-Portrait (2007)
Leihgabe 2012 an die Universität St.Gallen
durch Herrn Dr. phil. Dr. oec. HSG Ralph Bartel
Geschichte: Die starke, ein halbes Jahrhundert überspannende Tradition dieser einzigartigen Kunstsammlung verdankt die Universität dem grossen Engagement von Professor Eduard Nägeli. Der Jurist legte, zusammen mit dem Kurator Harald Szeemann und dem Architekten Walter Förderer, den
massiven Grundstein zur Sammlung, indem er die Crème de la Crème der Pariser Kunstszene um
1960 einlud, «Kunst am Bau»-Projekte auf höchstem Niveau zu realisieren.
Öffentliche Sammlung: Unsere Kunstwerke sind permanent zugänglich, von morgens um 7 Uhr bis
abends um 10 Uhr (ausser Sonntag) – Sie bezahlen also keinen Eintritt, um ein Calder-Mobile, eine
Giacometti-Skulptur, einen Mirò, Braque, Arp, Tapiès oder Richter zu sehen.
Die heutige Einweihung ist Teil eines Prozesses. Nach der letztjährigen Vernissage zweier neuer
Werke, den Pliagen von Gottfried Honegger beim Kirchhoferhaus und den acht Fotografien (c-prints)
von Hubbard & Birchler in der Mensa, dürfen wir Ihnen heute gleich drei neue Werke vorstellen, und
zwei weitere für das WBZ Holzweid sind im Entstehen begriffen.
Die Zusammensetzung der hier erstmals vorgestellten drei Werke aus China/Frankreich, der Schweiz
und Mexiko/USA widerspiegelt die Regionalität wie Internationalität der HSG. Zudem gehören die
Neuzugänge drei verschiedenen Kunstgattungen an: Video- und Neonkunst halten Einzug in die
Sammlung, und ein riesiges Ölbild bereichert den Bestand an Gemälden.
Ein Selbstbildnis (3.50 x 3.50 Meter) von Yan Pei-Ming wird in der Sporthalle zu sehen sein – natürlich gegen Bälle geschützt hinter massivem Glas. Der elegante Neubau verdient solch hochkarätige
Kunst: Sie macht aus der Turnhalle zugleich eine Kunsthalle, und der Blick des chinesischen Künstlers
wacht über die sportlichen Höchstleistungen der Studierenden. Das grossformatige Selbstportrait des
in Dijon lebenden Pei-Ming kommt monochrom mit wenigen Rottönen aus und nimmt damit – auf
provozierende Art und Weise – Bezug auf die tausendfach reproduzierten Mao-Konterfeis. Ming malt
mit grosszügigen und zugleich strengen Pinselstrichen meist kritische und subversive Porträts von
Prominenten (Barack Obama, Michael Jackson, immer wieder Mao, Bruce Lee oder dem Papst). Er
verwendet Rot mit Weiss oder Schwarz mit Weiss: «Das ist alles, was ich brauche», sagt er, «genug
Kraft und Einfachheit. Rot ist auch interessant. Für Chinesen bedeutet Rot Glück, für Europäer eher
Gefahr, für mich Gewalt.» Mit Giacometti, einem seiner Vorbilder, beteuert er, dass ihm Glück in der
Kunst nichts bedeutet: «Der Blick des Leidens ist ewiger als ein Lächeln.»
Roman Signers 14 Videos, im Durchgang zwischen Bibliotheksgebäude und Mensa, vereinen Leid
und Freud, Komik und Tragik, Anspannung und Spiel. Ein verstörendes memento mori geht einher mit
einem erlösenden Lachen, heiliger Humor und Gelassenheit binden uns in eine augenzwinkernde
Komplizenschaft mit dem Künstler ein. Diese Ambivalenz wird etwa im Film der fünfzig Spielzeughelikopter deutlich, die – Fliegen gleich – einen Todeskampf auszustehen haben, oder im Video vom
Martyrium des Stuhls am Mühlrad. Die Launen der Natur der Dinge und ihre Bewegung, die oft einmaligen Aktionen, Ereignisse, Installationen werden filmisch festgehalten. So spektakulär auch
Signers Sprengaktionen sein können, die unscheinbare, schlichte Kameraarbeit mahnt zur Unerschrockenheit. Spannung wird erzeugt, und man fragt sich nach Betrachten der gelungenen Aktion, was
der Kontingenz und was den vorbereitenden Testdurchgängen, den minutiösen Proben zuzuschreiben ist.
Ich freue mich sehr, dass wir – meines Wissens als einzige Institution in der Ostschweiz – diese bedeutenden Kunstvideos öffentlich und ständig vorführen dürfen. Sie werden in einem bestimmten Turnus alle paar Tage gewechselt und jeweils in einer Endlosschlaufe gezeigt; auf eine grosse Wand
gebeamt laden die bewegten Bilder zu bewegenden Momenten des Innehaltens auf dem Weg zur
Mensa ein.
Am Ende desselben Gangs gelangen wir zum dritten neuen Kunstwerk. Alejandro Díaz' weisse
Neonschrift auf Plexiglas spielt zunächst ironisch mit Stereotypen, die nur allzu häufig auf die HSG
projiziert werden. Auch diese Arbeit will die Studierenden und Mitarbeitenden zum werbe- und konsumkritischen Nachdenken und Innehalten anregen. Díaz' Neon-Slogans arbeiten mit vorgeformten
Konzepten von Gesellschaft und Status und von der Kunst selbst als Industrie und Statussymbol.
Glück als Illusion, die nur kostet? In Díaz' direktem Umfeld der Latinos, die meist unter sehr prekären
Verhältnissen in die USA einwandern, bekommt die Sentenz über den Preis des Glücks bzw. des
'American Dream' nochmals eine ganz eigene Note. Alejandro Diaz' Werk fällt an der HSG auf fruchtbaren Boden, zumal hier in der Nationalökonomie, Philosophie und Wirtschaftsethik in den letzten
Jahren intensiv über Theorien des Glücks geforscht wurde.
Dank: Auch für diese drei neuen Kunstwerke sind keine Steuergelder eingesetzt worden, sondern sie
kamen zum einen als Geschenk (im Falle von Alejandro Díaz), als längere Leihgabe (Yan Pei-Ming)
und dank zweier privater Geldgeber (die Signer-Videos) in die Sammlung. An dieser Stelle möchten
wir uns herzlich bedanken bei unserem Alumnus Dr. Ralph Bartel für das Selbstportrait Yan PeiMings, bei Frau Yong-Suc Hungerbühler, die heute freundlicherweise von Herrn Dr. Kurt Weigelt
vertreten wird, für das Geschenk von Alejandro Díaz' Neonschrift, und beim Ehepaar Dirrheimer,
welches zusammen mit Herrn Widmer aus Zürich den Kauf der Videos von Roman Signer ermöglicht
hat. Zudem möchte ich den alten und neuen Kunstkommissionsmitgliedern danken für ihre Mitarbeit
wie auch dem Rektorat und der Verwaltungsdirektion für ihre stete Unterstützung. Ein besonderes
Dankeschön geht an Herrn Toni Scheiwiller, unseren Leiter Bau, der sich jederzeit und engagiert für
die Kunstsammlung einsetzt. Und vor allem danke ich den Künstlern, dass sie ihre Werke der HSG
zur Verfügung stellen. Die Zusammenarbeit mit ihnen war eine wahre Freude, eine lustvolle Angelegenheit.
Auf dem anschliessenden Rundgang mit dem Künstler Roman Signer und Herrn Dr. Weigelt in Vertretung der Donatorin von Alejandro Díaz' Neon-Schrift können wir direkt vor dem jeweiligen
Kunstwerk gerne Ihre Fragen beantworten. Yan Pei-Mings Selbstbildnis können wir Ihnen leider heute nicht live präsentieren, da das Bild zwar bei uns angekommen ist, aber noch nicht mit fachmännischer Unterstützung installiert werden konnte, da das Team des Künstlers bzw. Yan Pei-Ming persönlich bisher nicht wie geplant nach St.Gallen kommen konnten. Dies wird in den kommenden Wochen
bewerkstelligt.