Ausgabe 7- 2013

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Ausgabe 7- 2013
Marzahner Knaller
18. Jahrgang
Nr. 7/2013
EVP: 1 Euro
Ein Feuerwerk der Superlative am Marzahner Nachthimmel erlebten die zahlreichen Besucher und Gäste
am 15. Juni beim Höhenfeuerwerk anlässlich des Spektakels zum 35. Geburtstag des Helene-Weigel-Platzes.
Die Zaungäste rund um dem Geburtstagsplatz und den
angrenzenden Hochhäusern kamen aus dem Staunen
gar nicht mehr raus. Farbenfreudige Silhouetten gepaart mit eindrucksvollen Knalleffekten schmückten für
rund 25 Minuten den Nachthimmel und ließen das Areal lichterloh glänzen. Zum Abschluss gab es frenetischen Applaus, was den Gästen auf dem Heimweg noch
lange in Erinnerung bleiben wird.
Foto: Gieche
Die Bürgerzeitung
aus Marzahn-Hellersdorf
Ausflug zur Geschichte
Inhalt
Künstler-Serie in jot w.d.:
Viele Leser werden sich an
Sänger und Musiker ihrer
Jugendzeit in der DDR erinnern. jot w.d. berichtet,
was aus ihnen geworden
ist. Heute: Olaf Berger.
Seite 3
Sandmanns Zuhause:
Kaum jemand kennt den
Kleinen nicht: Vor 50 Jahren fanden das Sandmännchen und sein Erfinder Gerhard Behrendt ihre
Heimstatt in Mahlsdorf.
Chronist Harald Kintscher
blickt in jot w.d. zurück.
Seite 5
Energie bewegt:
Mancher mag die Nase
rümpfen, wenn sich Großkonzerne an Schulen engagieren. Für die Klingenberg-Oberschule war die
Teilnahme an einer Initiative von RWE ein voller Erfolg, wie jot w.d. zum Projektabschluss erfuhr.
Seite 11
Malen gegen die Zeit:
Wenn das Vergessen einsetzt bei einer Demenzerkrankung, kann der Einsatz von Kunst therapeutisch wirken. Das erkannte jot w.d. auf einer Ausstellung in der Kiste.
Seite 12
Wer in unserem schönen Bezirk schon alles gesehen hat, muss für interessante und spannende Eindrücke dennoch nicht weit
weg fahren. Bei schönem Wetter lohnt sich auch ein Ausflug in unsere Nachbargemeinde. Der Lenné-Park in Dahlwitz ist
täglich geöffnet. Er ist fast vollständig in seiner alten Struktur erhalten, das dortige Herrenhaus wird derzeit saniert. Und
auch in jot w.d. gönnen wir uns regelmäßig einen „Blick zum Nachbarn“, normalerweise auf Seite 7. Foto: Dittmann
Liebe Leser,
wir haben der damaligen rot-grünen Regierung unter Gerhard Schröder und Joseph Martin Fischer vieles zu verdanken.
Nachdem die alt-westdeutschen Friedensbewegten schimpften, „Deutsche Waffen,
deutsches Geld morden mit in aller Welt“,
ließen sie nun sogar deutsche Soldaten folgen. Die herausragendste Leistung aber war
wohl die konsequente Umsetzung der immer stärkeren Umverteilung „von unten
nach oben“. Dass sie damit nur auf den
„Zug des Welttrends“ aufsprangen, darf
als Erklärung nicht ausreichen.
Nirgendwo zeigt sich das Ergebnis dieser
von den Nachfolge-Regierungen unter
Mutti Merkel akkurat weitergeführten
Politik so deutlich wie in der sich zuspitzenden Wohnsituation ärmerer Bevölkerungsschichten und auch von „Normalverdienern“ in den größeren Städten. Hatten wir im Jahrzehnt zwischen 1995 und
2005 noch eine „Segregation“ beklagt, erfolgt seit etwa 2010 eine massive Verdrängung durch „Gentrifizierung“. Sicher: Es
Zwang zur
Verpaarung?
gibt kein „Anrecht auf Wohnen in der Innenstadt“, schon gar nicht, wenn es von der
Gesellschaft finanziert wird. Andererseits
gilt Berlin ja gerade deshalb so „hip“, weil es
hier keine menschenleere Innenstadt, bevölkert nur von Bankern und Touristen, gibt.
Vor diesem Hintergrund ist die Revisionsklage des Senats (vertreten von Sozialsenator
Mario Czaja) gegen ein Urteil des Berliner
Sozialgerichts zu sehen, das für die Werte in
der seit Mai 2012 geltenden Wohnaufwendungenverordnung (Übernahme der Wohnkosten fürAlg-II-Bezieher) „keine Substanz“
erkennt und sie für unwirksam erklärt. Pauschale Richtwerte für Heizkosten verzerrten die Höchstgrenzen der Gesamtmiete.
Die Berliner Opposition beklagt zudem das
alleinige Heranziehen „einfacher“ Wohnlagen. Besonders prekär ist die Lage für Singles, da kleinere Wohnungen tendenziell besonders teuer und noch dazu selten sind.
Es gibt die Crux, nach welcher Methode
die „KdU“ zu übernehmen wären. Entscheidet man sich für das Modell „Warmmiete“, eingeführt unter Rot-Rot, galoppieren die Kosten in Stadtlagen davon.
Setzt man auf das Modell „Höchstgröße“, können Einzelhaushalte bald nur
noch als „Aftermieter hinterm Durchgangszimmer“ wie vor 100 Jahren unterkommen. Gerechte Lebens-, also auch
Wohnverhältnisse lassen sich unter der
kapitalistischen Grundidee, dass mit
Wohnraum richtig viel „Geld verdient“
werden muss, nicht herstellen. Da helfen nur ein Mieterhöhungsverbot über
die Inflationsrate hinaus, eine Streckung
der Sanierungsumlage von elf auf mindestens 20 Jahre und eine „Zwangsbewirtschaftung“ unvermieteter und „fehlbelegter“ Immobilien.
Ehe Sie nun aber vor dem Schreckgespenst „sozialistische KWV“ erzittern,
wünsche ich Ihnen erst einmal viel Spaß
mit dieser 203. Ausgabe von jot w.d.
Ihr Ralf Nachtmann
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jot w.d. 7/2013
Aktuell
Mit aller Macht
Bürgermeister Komoß setzt sein Projekt „Frauensporthalle im FFM“ gegen alle Widerstände durch
Ach, was haben die Sozis auf der
jüngsten BVV-Sitzung gejault: Das
böse Volk und die noch viel böseren
Linken wetterten lautstark und mit
deftigen Worten und Zwischenrufen
auf der Bürgerversammlung gegen
das schöne Projekt Frauensporthalle,
das im FFM angesiedelt werden soll,
wofür ein Großteil der bisherigen
Nutzer weichen muss. Gordon
Lemm, zweit-starker Mann der örtlichen SPD, brauchte gar eine „persönliche Erklärung“, um zwar erfreulich zu finden, dass so Viele teilgenommen haben („Das sage ich
auch, obwohl viele Wortmeldungen
sich gegen eine Mehrheitsentscheidung unseres Hauses aussprachen.“),
andererseits aber zu beklagen, die
Linke versuche, die Bürger zu „instrumentalisieren“. „Zutiefst erschüttert“ zeigte sich Lemm von diversen Zwischenrufen aus den Reihen der Besucher. Diese schienen
sich mit freundlichen Erklärungen
und dem subtilen Hinweis, das Volk
habe erst bei den nächsten Wahlen
wieder was zu sagen und möge bis
dahin schweigen, einfach nicht zufrieden geben zu wollen.
Bürgermeister Stefan Komoß beklagte, bei dieser Einwohnerversammlung sei „eingerissen, dass
Bezirksverordnete dort Fragen stellen und ans Mikrofon drängen“. Sicher: Er hat schon erkannt, dass
„auch bei einem sehr geringen Eingriffsgrad einer Bezirksamts-Maßnahme“ Menschen sehr emotional
reagieren können. „Ich finde es dennoch ungebührlich, dass Menschen,
die eine andere Meinung haben, von
der Mehrheit der Anwesenden ausgebuht und ausgepfiffen werden“,
schimpfte er und frug rhetorisch, wie
So sehen Schüler den „modernen“ Goethe
So sieht das Ergebnis der diesjährigen Projektwoche von Schülern der Ernst-Haeckel-Schule aus. Unter
dem Thema „Ein moderner Goethe“ entstand ein fünf Meter breites Wandbild unter Anleitung der Mahlsdorfer
Künstlerin Birgit Schöne, die in jüngster Zeit mehrfach für Aufsehen im Bezirk gesorgt hatte. Foto: privat
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eine Einwohnerversammlung erst
ablaufen werde, „wenn es um existenzielle Fragen geht, wenn es um
grundsätzliche ideologische Konflikte geht“. Damit spielte er auf die
nun erfolgende Unterbringung von
Flüchtlingen in Hellersdorf an.
In der Debatte machte Komoß noch
einmal unmissverständlich klar:
„Die BVV und das Schul- und Sportamt haben Vorgaben zu treffen, nicht
die Bürger.“
Jaja, was in China, Russland oder
Arabien „Volksaufstand“ heißt, wird
zu Hause als „Terrorismus“ ange-
prangert. Man glaubt, den klammheimlichen Beifall (jenseits „offizieller“ Empörung) für den türkischen
Diktator Erdogan zu hören.
Eines muss allerdings auch gesagt
werden: Komoß zeigt sich, gestützt
auf seine Mitte-Rechts-Koalition,
als willensfest und durchsetzungsstark. Das ist kein Umfaller. Insofern bleibt nur zu wünschen, dass er
seine „Frauensporthalle im FFM“
rechtzeitig und unabhängig evaluieren lässt. Und bei Misslingen auch
die Größe hat, zu revidieren.
Ralf Nachtmann
So geht moderner
Kapitalismus heute
Der Grundsatz ist so bekannt wie
einfach: Gewinne privatisieren, Verluste sozialisieren. Das ist auch in
Marzahn-Hellersdorf so. Die ewige
Pleite-Firma „Mega“ möchte, dass
das Bezirksamt die ehemaligen
C&A-Verkaufsräume (1400 qm) als
Bibliothek anmietet. Allerdings
müssten Umbaukosten von 880 000
Euro aufgebracht werden, weitere
560 000 Euro für den Umbau des
Bürgeramtes. „Die Miete ist erheblich höher als bei den jetzigen Bibliotheks-Standorten zusammen“, macht
Immobilienstadtrat Stefan Richter
klar. Mit seiner Amtskollegin Julia-
ne Witt verständigte er sich, diese
Kosten „in einem Gebäude, das uns
nicht gehört“, nicht zu tragen. Unter
den von der „Mega“ genannten Bedingungen sei dies „gänzlich ausgeschlossen.“ Der Kulturstadträtin erscheint der Standort auch nicht sonderlich geeignet. „Ne attraktive, gut
besuchte Passage ist es jetzt gerade
nicht“, fügte sie Richters Ausführungen an. Dennoch steht zu befürchten, dass dem vielen „schlechten
Geld“, das bereits in Helle Mitte versenkt wurde, bald auch noch unendlich viel „gutes Geld“ hinterher geworfen wird.
R. Nachtmann
jot w.d. entsteht in gemeinnütziger, ehrenamtlicher Arbeit als Bürgerzeitung für Biesdorf,
Hellersdorf, Kaulsdorf, Mahlsdorf und Marzahn. Redakteure und Mitarbeiter erhalten dafür
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Die nächste Ausgabe von jot w.d. erscheint am 1. August 2013
Redaktionsschluss: 23. Juli 2013, Anzeigenschluss: 25. Juli 2013
IMPRESSUM
jot. w. d.
Die Bürgerzeitung aus Marzahn-Hellersdorf
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Anerkannt gemeinnützige Körperschaft
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Redaktion: Ingeborg Dittmann (V.i.S.d.P.), Ulrich Clauder, Ralf Nachtmann (Leitung, Gestaltung und Produktion)
Ständige Autoren: S. Birkner, L. Schuchert, H. Sandow
Anzeigenleitung: Ralf Nachtmann, Tel. 0179-6987186, Abo-Verwaltung: Bernd Preußer, Tel. 56 20 173
Druck: BVZ, www.berliner-zeitungsdruck.de
Erscheinungsweise: monatlich; Verkaufspreis 1 Euro; Abo-Preis: 1 Euro, Rechtsanspruch auf Belieferung haben nur Abonnenten
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Leute
jot w.d. 7/2013
Kein Grund zum Vergessen
Die Bildhauerin und Keramikerin
Johanna Jura wäre am 5. Juli 90 geworden
Wer’s weiß, kann sie noch entdekken, die Plastiken „Kind mit Katzen“, „Sportlerin“, „Ruhendes
Paar“ oder das Mahnmal für die
Opfer des Faschismus im Hof der
Humboldt-Universität zu Berlin. Es
sind Werke der Bildhauerin Johanna Jura, die
mehr als ihr halbes
Künstlerleben in Mahlsdorf verbrachte. Geboren
1923 im Mansfeldischen
durfte sie nach einer zumeist freudlosen Kindheit dank glücklicher
Fürsprache des Generalfeldmarschalls von Kesselring, der wohl ihr Talent erkannt hatte, bereits
als 19-Jährige ein Studium der Bildhauerei an
der Kunstschule Burg
Giebichenstein in Halle
beginnen, wo sie nach
Kriegsende bis 1948 die
Meisterklasse von Prof.
Weidanz besuchte. Über
die Stationen Halle, wo
sie 1949 ihren späteren
Ehemann Heinz Jura
kennenlernte, und Erfurt
kam sie 1964 als freischaffende Bildhauerin
nach Berlin. Neben vielen wie den erwähnten
Plastiken führte sie auch
baugebundene Auftragsarbeiten (im Alltag
„Kunst am Bau“ genannt) aus. Dazu zählen Türen und
Tore für öffentliche Bauten wie
Kindergärten oder Wandreliefs für
Neubau-Schulen.
Sehr ergriffen wurde Johanna Jura
von dem Thema „Kinderkreuzzug
Polen 1939“, mit dem sie sich mehrere Jahre auseinandersetzte und das sie in
zwei großformatigen
Reliefs verarbeitete.
„Das Thema hat mich
schon während der
Kriegszeit beschäftigt“, erzählte sie 1972
einem Zeitungsreporter anlässlich der Vorstellung der zweiten
Fassung. „Ich habe
mehrere Entwürfe dazu gemacht, zunächst
als Gruppenplastik. Später las ich
dann das Gedicht von Bertolt
Brecht, in dem ich meine Gedanken wieder fand. Ich bin auf die
Reliefform gekommen, weil ich
glaubte, diese Gedanken damit am
besten ausdrücken zu können. Die
meisten Mahn- und Gedenkmale
erinnern an das Leid der Erwachsenen. Der Kinder hat bisher kaum
einer gedacht. Eigentlich befasse
ich mich lieber mit heiteren Gedanken. Als ich an dem Relief arbeitete, habe ich selbst mit
den Kindern gelitten
doch ich musste es
einfach machen. Und
ich wünschte, dass
keiner, der es sieht,
gleichgültig bleibt.“
Johanna Jura hat das
Thema in zwei Fassungen bearbeitet
und mit einem Gegenstück „Fröhliche
Kinderschar am Apfelbaum“ ergänzt.
1977 musste sie aus
gesundheitlichen
Gründen die Großbildhauerei aufgeben
und richtete 1979 an
der Bausdorfstraße
eine Keramikwerkstatt ein. Von da an
wandte sie sich
hauptsächlich der
keramischen Kleinplastik zu. Bis heute
finden sich noch
Dutzende dieser
kleinen und großen
Kunstwerke wie figürliche Keramiken,
Kleinplastiken, Reliefs oder Ofenkacheln
im Nachlass, der von Johannas
Tochter Susanne verwaltet wird.
„Einen großen Teil des bildhauerischen Nachlasses hat das Archiv
der Moritzburg Halle übernommen“, erzählt sie, in deren Wohnung sich einige wunderschöne
Stücke bewundern
lassen. Noch ist offen,
was aus dem in Berlin
verbliebenen
Werk, dazu zählt auch
das Relief des „Kinderkreuzzuges“, wird.
Nach drei Ausstellungen vor zehn Jahren ist
es noch ruhiger um die
einst so hoch geachtete Künstlerin geworden. Am 5. Juli wäre
sie 90 Jahre alt geworden. Dies sollte Anlass für Kulturamt, Kommission „Kunst im öffentlichen Raum“ und den Verein
„Kunstfreunde“ sein, über angemessene Schritte im Umgang mit
Werk und Künstlerin nachzudenken.
R. Nachtmann
Nicht nur für die „Kleine Stehende mit Zöpfen“ und das „Kind mit
Katzen“ stand Johannas Tocher Modell. Für den Kreuzzug wurde sie
u.a. von Brechts Gedicht inspiriert.
Fotos: Archiv Heinz Jura
3
Musiklegenden des Ostens – jot w.d.-Serie, Teil 104
In der Juli-Ausgabe 2004 begannen wir, Künstler vorzustellen, die in der Jugendzeit vieler unserer Leser – also in den 50er, 60er, 70er und
80er Jahren – Schlagzeilen machten.
Wie geht es den Publikumslieblingen von einst
heute? jot w.d. traf viele von ihnen. Wir setzen
unsere Serie in dieser Ausgabe mit dem Schlagersänger Olaf Berger fort.
Olaf Berger
Brennt immer noch wie Feuer
auf. Nach dem 1994 erschienenen Album „Erzähl mir was von
Dir“ wurde er zum Dauergast im
deutschen Fernsehen – in Ost wie
West. Danach folgten jährlich
weitere Singles und CD´s wie
„Du und ich“,
„Casanova“,
„Hautnah ist
nicht genug“
oder „Gefangen
von Gefühlen“.
Auch als Moderator
beim
MDR-Fernsehen, u.a. mit eigener Sendereihe („Top Ten“),
war Berger erfolgreich. 2005
wechselte der
Sänger, der mit
seiner Frau Andrea und Tochter Maria inzwischen auf
Mallorca lebte,
zu
„Palm
Records“, seit
2011 hat er einen Vertrag mit David Brandes
und Koch Universal Music.
Dass der Sänger in seinem Privatleben in letzter Zeit mehrere
Schicksalsschläge zu verkraften
hatte, merkt man dem Bühnenprofi bei seinen Live-Shows
nicht an. 2011 starb sein Vater
Lothar nach langer Krankheit,
ein Jahr darauf seine Mutter
Evelyne. Auch ihretwegen war
er nach der Trennung von seiner Frau Andrea im Frühjahr
2012 nach Dresden zurückgekehrt. 1987 hatte er das Ex-Model bei einer Modenschau kennen gelernt, seit 1990 waren sie
ein Ehepaar. Tochter Maria, mit
der er auch einige Duette aufnahm („Du und ich“, „Lend a
Hand“) ist inzwischen 24.
Live zu erleben ist Olaf Berger
u.a. am 17. August beim „2.
Schlagerolymp“ in Berlin-Lübars,
im TV am 7. Juli als Gast von
MUCK bei „Damals war’s“
(MDR), am 10. August in der
ARD bei „Immer wieder sonntags“.
Ingeborg Dittmann
Zwischen meiner ersten und der
aktuellen Begegnung mit dem
Dresdner Sänger liegen fast 28
Jahre. Im September 1985 erlebte ich beim Nachwuchsfestival
„Goldener Rathausmann“ in
Dresden einen jungen Popsänger
mit Ausstrahlung und Charme.
Olaf Berger war 21 Jahre jung und
bekam einen Förderpreis. Zuletzt
begegnete ich dem inzwischen 49Jährigen am 15. Juni 2013 live auf
einer Bühne in Hoppegarten bei
Berlin. Beim Schlossfest begeisterte er mit seinen gefühlvollen
Pop-Songs und seiner charmanten
Art, mit dem Publikum zu plaudern. Klar, dass er neben Liedern
seiner aktuellen CD „Stationen“
(erschien im April 2012) auch Hits
der vergangenen 27 Jahre seiner
Bühnenkarriere sang – darunter
seinen wohl bekanntesten Hit von
1986 „Es brennt wie Feuer“. Unter diesem Namen erschien nach
einer Single im Januar 1987 auch
seine erste LP bei AMIGA. Das
lässt schon aufmerken, war die
einzige Plattenfirma der DDR ansonsten doch
nicht so leicht
davon zu überzeugen, einem
Newcomer diese Chance zu
geben. Von den
12 Titeln der
Scheibe wurden
gleich
mehrere zu
Hits, mit denen
Berger in diversen TV-Sendungen vertreten war („Regen fiel ins Paradies“, „Gefangen von Gefühlen“, „Wenn
ich dich verlier“, „Es kommt so
oder so“). Die Kompositionen
stammen von Lothar Kehr, Arnold
Fritzsch und Olaf Berger selbst,
die Texte von Dieter Schneider,
der ansonsten nur für die bekanntesten Schlagersänger des Landes
schrieb.
Beim jährlichen Publikumspreis
des Jugendmagazins „neues leben“ wählten ihn die Leser 1986
auf den 1. Platz, im Jahr darauf
wurde er hinter IC Falkenberg
Zweiter.
Mehr als 60 Prozent der Leser
der TV-Zeitschrift „FF dabei“
kürten ihn 1986 zu ihrem
Lieblingssänger. Gleich fünf Mal
erhielt der blonde Sunnyboy den
„Silbernen Bong“ der gleichnamigen TV-Hitparaden-Sendung.
Ein „Senkrechtstarter“ könnte
man meinen.
Doch
Olaf
Berger, geboren
am 24. Dezember 1963 in
Dresden, hat
sein Handwerk
von der Pieke
auf gelernt.
Aufgewachsen
in
einer
Musikerfamilie
(seine Mutter
war Sängerin,
sein Vater war
30 Jahre lang
Chef der Tanzmusikband
„Die Virginias“), lernte Olaf
schon mit sieben Jahren Klavier, später Gitarre. Mit 13
schrieb er erste eigene
Songs, nahm
Gesangsund Gitarrenunterricht.
Nach Schulabschluss absolvierte er
zunächst eine
Lehre zum
Kfz-Mechaniker. Erst
nach seiner
Armeezeit
stieg er 1984
als Sänger
und Gitarrist
in die Band seines Vaters ein, der
auch sein Bruder Gregor angehörte. Den Berufsausweis als Sänger
hatte er inzwischen in der Tasche.
Nach dem erfolgreichen Debütalbum (Goldstatus) folgte bei
AMIGA 1989 „Lebenslänglich
Du“. 1990 erhielt er als erster
DDR-Künstler aus den Händen
von Dieter Thomas Heck die „Goldene Stimmgabel“. Der Erfolg
blieb ihm auch nach 1990 treu,
spätestens seit ihn 1993 der international erfolgreiche Komponist
und Produzent Jack White unter
Vertrag nahm, ging es weiter berg-
Abb.: Olaf Berger als Senkrechtstarter 1986, und im Juni 2013
beim Schlossfest in Hoppegarten.
Fotos: nl-Archiv(Gueffroy),
Nachtmann
In dieser Serie erschienen bisher:
Heinz-Jürgen Gottschalk, Ingo Graf, Mary Halfkath,
Michael Hansen, Monika Hauff/Klaus-Dieter Henkler,
Monika Herz, Ruth Hohmann, Andreas Holm & Thomas Lück, Lutz Jahoda, Dieter Janik, Uwe Jensen,
Karat, Karussell, Barbara Kellerbauer, Britt Kersten,
Jürgen Kerth, Herbert Klein, Helmut Kluwe, Zsuzsa
Koncz, Jiri Korn, Henry Kotowski & Die Sputniks,
Horst Krüger, Aurora Lacasa, Reinhard Lakomy,
Anke Lautenbach, Klaus Lenz, Lift, Wolfgang Lippert,
Angelika Mann, Gisela May, Achim Mentzel, Gerti
Möller, Gruppe MTS, Gaby Munk & Ingo Krähmer,
Thomas Natschinski, Omega, Peter Paulick, Ines
Paulke, Jenny Petra, Puhdys, James W. Pulley, Thomas Putensen, Ingrid Raack, Brigitte Rabald-Koll,
Reform, Gaby Rückert, Christian Schafrik, Fred
Schmidt, Sonja Schmidt, Vera Schneidenbach,
Frank Schöbel, Christel Schulze, Har tmut Schulze-Gerlach, Sonja Siewert & Herbert Klein, Silly,
Sven Simon & Pallas Band, Reiner Süß, Dina
Straat, Theo-Schumann-Combo, Tina, Regina
Thoss, TRANSIT, Christiane Ufholz, Siegfried Uhlenbrock, Bärbel Wachholz, Jürgen Walter, Peter
Wieland, Harald Wilk, Alfons Wonneberg, Pascal
von Wroblewsky, Petra Zieger, Wolfgang Ziegler.
Brigitte Ahrens, Julia Axen, Franz Bartzsch, Arndt
Bause, Hans-Jürgen Beyer, Hansi Bibl, Holger Biege, Helga Brauer, Uschi Brüning, Ralf Bursy, Gerd
Christian, City, Tamara Danz, Kurt Demmler, Stefan Diestelmann, Dieter Dornig, Hartmut Eichler,
electra, IC Falkenberg, Ina-Maria Federowski, Günther Fischer, Veronika Fischer, Franke-Echo-Quintett, Dagmar Frederic, Maja Catrin Fritsche, Arnold Fritzsch, Fred Frohberg, Rainer Garden, Gitte & Klaus, Günter Gollasch, Peter Gotthardt,
4
jot w.d. 7/2013
Großsiedlung
Fahrrad-Werkstatt
im Betonia
Internationale Küche und Kultur
Marzahn – Der Leitspruch
„Werkeln, Umwelt und Drahtesel“ zählt mit dem Start des
neuen Projektes „Kiek mal, nen
Kiezbike“ zu den neuen Angeboten des Jugendzentrums Betonia, Wittenberger Straße 78.
Gemeinsam mit engagierten Bewohnern des Stadtteils lädt die
Jugendeinrichtung jeden Dienstag und Donnerstag interessierte Jugendliche, zwischen 16.30
und 19 Uhr, zum Bau, Aufmotzen, Lackieren oder zur Reparatur eigener und fremder Fahrräder ein. Darüber hinaus erhalten
Bewohner des Stadtteils an vereinbarten Tagen Gelegenheit, an
ihren eigenen Fahrrädern zu
schrauben. Das Projektteam leitet die Interessierten professionell an und steht ihnen mit Rat
und Tat zur Seite. Info www.jugendzentrum-betonia.de. JH
Picknick mit selbst gemachten Gerichten der Bewohner im Garten der Begegnung
10. Rock- und
Punk-Festival
Marzahn – Das Rock- und
Punkfestival „Resist to Exist“
gibt es in diesem Jahr zum zehnten Mal. Vom 2. bis 4. August
gastieren 40 Bands auf der Fläche am Hornower Ring, nordwestlich vom Parkfriedhof. Mit
„Purgen“ kommt die bekannteste, schnellste und größte HCPunk Band Russlands, mit „Oi
Polloi!“ sind zum wiederholten
Mal die Schotten dabei. Mit
Spannung wird „Skarface“, bekannteste Ska-Band Frankreichs, erwartet. Info und Karten www.resisttoexist.de. RN
Marzahn – Verführerische Düfte
aus der vietnamesischen, der russischen und der deutschen Küche
wallten dem Besucher am 12. Juni
im „Garten der Begegnung“ entgegen. Schon mehrmals hatte
jot.w.d. über diese grüne Insel inmitten des Herzens von Marzahn
berichtet. Roswitha Babig vom
Betreiber „Agrarbörse“ erzählt,
dass gemeinsam mit dem Quartiersmanagement und den Nachbarschaftshelfern aus Vietnam,
Russland und Deutschland dieses
interkulturelle Picknick ins Leben
gerufen wurde. Über das gemeinsame Essen will man sich näher
kommen. Für einen Unkostenbeitrag von einem Euro pro nationaler Küche kann man von dem dargebotenem Essen probieren. Seit
fünf Jahren gibt es diese Veranstaltungsreihe, die zweimal im
Beim gemeinsamen Kochen und Essen kommen sich Nachbarn aus verschiedenen Ländern näher und werden zu Freunden. Fotos: Schuchert
Die Archive geöffnet
Altes Rathaus präsentiert Kunstschätze aus Bezirksbesitz
Marzahn – Mit einem großen bunten Bürgerfest feierte das Standortmarketing Springpfuhl den 35.
Geburtstag des Helene-WeigelPlatzes und den 25. Jahrestag des
Rathauses. Zum Gelingen trugen
auch viele Ehrenamtliche Helfer
bei. Einer der ersten Höhepunkte
war die Eröffnung der Ausstellung
„Kostbarkeiten – aus der Kunstsammlung des Bezirkes MarzahnHellersdorf“, einer Gemeinschaftsinitiative der BVV, des Kulturamtes und des Aktionskreises
„Kunstfreunde für Marzahn-Hellersdorf”. Damit wird auch der Initiative von BVV-Vorsteherin Kathrin Bernikas, das Rathaus Marzahn
Schwere Parkpflege
Marzahn – Der Springpfuhlpark habe ein Alter erreicht, „in
dem mit normaler Pflege die
Verkehrssicherheit nicht meht
zu erhalten ist“, bedauert Baustadtrat Christian Gräff. Auch
mangele es an finanziellen und
personellen Ressourcen, daher
könne nicht alles zu jeder Zeit
gemacht werden.
Zu den kulturellen Höhepunkten des Festes zählte der Auftritt des
Staatsopernchores.
Foto: Nachtmann
zu einem würdigen Platz für Begegnung und Kunst zu entwickeln,
verwirklicht. „Durch das Kulturamt
wurden Kunstwerke neu entdeckt,
die lange im Archiv ruhten und nun
wieder dem Publikum zugänglich
werden“, freut sich Kulturstadträtin
Juliane Witt. Ergänzt werden diese Bilder durch Leihgaben von
Kunstfreunden.
„Das Rathaus als ART-house erinnert an die Projekte gleichen Namens, die hier im Haus möglich waren“, sagte Kathrin Bernikas zur Eröffnung. „Es ist mir ein Herzensanliegen, diesen Ort wieder sichtbar zu machen, das Rathaus als
politisches Zentrum neu zu entdekken und damit auch für eine mögliche und nötige Erneuerung dieses denkmalgeschützten Hauses
eine deutliche Unterstützung zu leisten.“ Im kommenden Monat wird
die Ausstellung noch einmal etwas
umgestaltet und am 30. August, 17
Uhr, erneut eröffnet. R. Nachtmann
Jahr stattfindet. Diesmal sorgte ein
abwechslungsreiches Kulturprogramm für Unterhaltung. Eine
Akkordeonspielerin gab russische
Volksmusik zum Besten. Vietnamesische Kinder sangen Lieder
aus ihrer Heimat und deutsche
Stücke. Ebenso trat eine Tanzgruppe von Spätaussiedlern auf.
Für die Kinder waren Hüpfburgen
aufgebaut, man konnte seine
sportlichen Fähigkeiten im Gummistiefelweitwurf unter Beweis
stellen. Günter Krummheuer, der
Kräuterexperte des Gartens, mixte zur Feier des Tages ungewöhnliche Kräutersalate. So hilft diese durchaus nachahmenswerte
Initiative, aus den Bewohnern
unterschiedlicher Nationalitäten
unseres Bezirkes wirklich Nachbarn und Freunde werden zu lassen.
Lutz Schuchert
Unterkunft für
Flüchtlinge
Hellersdorf – Das Landesamt für
Gesundheit und Soziales (LaGeSo)
richtet im ehemaligen Max-Reinhardt-Gymnasium an der MaxieWander-Straße eine Unterkunft für
Flüchtlinge ein. Das berichtete
Sozialstadträtin Dagmar Pohle auf
der BVV. Mehrfach hatte Sozialsenator Mario Czaja alle Berliner
Bezirke aufgefordert, mehr Unterkunftsplätze bereit zu stellen, wobei Marzahn-Hellersdorf nicht im
Zentrum seiner Kritik stand. Das
Haus ist derzeit im Besitz des
Liegenschaftsfonds Berlin. Das
LaGeSo will Mitte Juli zunächst
mit einer Notunterkunft starten,
denn daran werden geringere bauliche Anforderungen gestellt, als an
eine dauerhafte Unterkunft. Längerfristig soll eine richtige Wohnmöglichkeit für Asylbewerber und
Flüchtlinge geschaffen werden. Das
Bezirksamt stellt Fakten und Umstände auf einer Einwohnerversammlung im Stadtteil dar.
RN
Fatale Entwicklung?
Quartiersrat Marzahn NordWest protestiert gegen Mittelkürzung
Marzahn – Eine öffentlich verbreitete Erklärung des Bewohnergremiums im Quartiersmanagementgebiet lässt aufhorchen. Unter dem
Titel „Weder Sündenbock noch
Blitzableiter“ kritisiert der Quartiersrat, dass „die Träger des Verfahrens im Senat und im Bezirksamt
Marzahn-Hellersdorf von Berlin von
einer zukunftsträchtigen Entscheidung Abstand nahmen und sie dem
Quartiersrat übertragen wollten“ und
die Quartiersratsmitglieder „als Erfüllungsgehilfen bei der Amputation bewährter Projekte der Sozialund Gemeinwesenarbeit mitwirken“
sollten. Hintergrund dieser Entwickung ist, dass für die so genannten QF3-Projekte (das sind nachhaltig wirkende Maßnahmen und Projekte, sie haben ein Volumen von
über 10 000 Euro und sind damit die
finanzstärksten innerhalb des Programms Soziale Stadt) im Jahr 2015
nur noch 70 000 Euro, also bis zu 20
000 Euro weniger als im Durchschnitt der Jahre davor, zur Verfügung stehen sollen. Diese Reduzierung hatte die Senatsverwaltung
Ende des Jahres 2012 verfügt.
Soziale Projekte sollen sich verstetigen und nicht dauerhaft finanziell
gestützt werden. In den ersten zehn
Jahren (1999 bis 2009) flossen mehr
als elf1 Millionen Euro Fördermittel
in den Stadtteil, „der dadurch sichtlich aufblühte“, wie der Quartiersrat
schreibt. Dass 2015 „lediglich 70 000
Euro bewilligt werden sollen, empfinden wir als Hohn und Schlag ins
Gesicht der engagierten Projektarbeiterinnen und -arbeiter“, heißt es in der
Erklärung weiter. Diese Summe sei
für die vorhandenen Projekte „zum
Leben zu wenig, zum Sterben allerdings ausreichend“. Man werde aber
keine einzelnen „Bauernopfer“ bringen, um anderen Projekten das Überleben zu sichern. Kulturhochhaus,
Tschechow-Theater, die Projekte
„Kulturdolmetscher“ und „Zukunftsdiplom“ seien „tragende Säulen, auf
denen die Quartiersarbeit ruht. Reißt
man eine ein, fällt das gesamte Gebäude zusammen.“
Insgesamt hält der Quartiersrat das
Vorgehen der Ämter für unlauter,
denn es würden dem Gremium der
Bürgerbeteiligung Aufgaben zugemutet, „die in ihrer Konsequenz bedeuten könnten, dass die beteiligten Bürgerinnen und Bürger unseres Stadtteils ihren aktiven und agilen Aktivistinnen und Aktivisten aus der Nachbarschaft den Boden ihrer Tätigkeit
entziehen“ müssen. Der Quartiersrat
will aber „weder Sündenbock noch
Blitzableiter für eine verfehlte
Förderpolitik des Senats, des Bezirks
oder des QM-Trägers“ sein.
Insofern fragen sich einige Beteiligte
nicht ganz zu Unrecht, ob – wie es
in der Fußballersprache heißt – nicht
viel zu viel Geld in „Beine“ und zu
wenig in „Steine“ geflossen ist. Darüber hinaus muss es auch erlaubt
sein, zu fragen, ob Engagement immer aus Steuern bezahlt werden
muss. Mehr als eine Million Euro
pro Jahr sind eine Menge Geld. Wo
ist es geblieben? Und was hat es gebracht? Das sind Fragen, die auch
Einwohner in anderen MarzahnHellersdorfer Stadtteilen stellen,
über denen nicht das „Füllhorn“ des
Programms „Soziale Stadt“ ausgegossen wird. Der Quartiersrat beschreibt in seiner Erklärung auch,
dass „die Entwicklung der Sozialstruktur und das soziale Lebensniveau eines Großteils der Bewohnerschaft vom Kind bis zum Senioren“
abwärts verlief. Daher hätten sich die
Projektträger darauf konzentriert,
„den sozialen Abstieg zu bremsen
bzw. zu lindern“. Und? Haben sie das
geschafft? Wo doch in anderen Stadtteilen Alle immer reicher werden,
oder etwa nicht?
Die senatsseitige Forderung nach
„Verstetigung“ von Projekten und
deren Lösung von dauerhafter „Vollfinanzierung“ in den QM-Gebieten
gibt es seit vielen Jahren. Wurde sie
überhört, so muss es dann eben das
Hinscheiden geben. Zu viele Beine
verhindern dauerhafte Steine. Deshalb gehören die Quartiersmanagemente endlich ganz abgeschafft.
Ralf Nachtmann
Kleinsiedlung
jot w.d. 7/2013
5
Ein kleiner Mahlsdorfer
Vortrag über
Frauenrechtlerin
Vor 50 Jahren kam das Sandmännchen nach Mahlsdorf und wurde hier heimisch
Biesdorf – Am 31. Juli, 16
Uhr, hält der Historiker Lutz
Heuer in Schloss Biesdorf einen Vortrag über die Frauenrechtlerin und Sozialpolitikerin
Martha Arendsee (1885-1953).
Anlass ist ihr 60. Todestag.
Eintritt 3 Euro.
I.D.
Ist das Sandmännchen des Deutschen
Fernsehens wirklich ein Mahlsdorfer?
Von seiner Geburt her natürlich nicht.
Geboren, entworfen und animiert von
dem Regisseur und Puppengestalter
Gerhard Behrendt (1929-2006), wurde es im Jahre 1959 in Berlin-Adlershof in den Studios des DDR-Fernsehens gefilmt und stiefelte am 22.
November des gleichen Jahres
zum ersten Mal über den
Bildschirm des Fernsehens. Und streute für
viele Kinder der DDR
und bald auch darüber
hinaus den Schlafsand
aus. Begleitet wurde das
kleine Kerlchen von dem
eigens dafür geschaffenen Sandmännchenlied
(Text: Wolfgang Richter,
Musik: Walter Krumbach). Das Sandmännchen bildet seither in ständig variierter Weise den
Rahmen des täglichen
Abendgrußes des damaligen
DDR-Fernsehens und der
heutigen ostdeutschen Sender
RBB und MDR sowie des speziellen Kinderkanals KIKA. Sehr bald
aber wurde es in den Adlershofer Studios zu eng und man suchte
Produktionsmöglichkeiten außerhalb
des damaligen Fernsehzentrums.
Wie mir der Schöpfer der Sandmännchenfigur, Gerhard Behrendt,
einmal verriet, war es die saubere
Luft in Mahlsdorf, die die Produzenten veranlasste, mit dem Sandmänn-
chen nach mehreren Umzügen in der
Stadt 1963 schließlich nach Mahlsdorf zu kommen, zumal sich hier in
Mahlsdorf-Süd, nahe der Köpenikker Stadtheide, das ehemalige
„Waldrestaurant Kiekemal“, später
aber das um- und ausgebaute Kino
„Lichtburg“ als Produktionsstätte
anboten. Hier hatten sich das Sandmännchen, seine „über dreihundert
Artgenossen und deren Schöpfer“,
wie Gerhard Behrendt 1995 das
Sandmännchen sagen ließ,
„heimisch und geborgen“
gefühlt. Dreißig
Jahre blieb die
Sandmännchenproduktion
in
Mahlsdorf. Zweihundert
seiner
„Auftritte als
Schlafbringer
wurden hier
phantasievoll
auf Zelluloid
getrickst und
hunderte
s c h ö n e
Abendgrußgeschichten
mit Puppen und Flachfiguren dazu“. Es waren
dies für die Sandmännchenproduktion prägende
Jahre, und das Sandmännchen wäre fast ein
Mahlsdorfer geworden.
„Gern“, ich zitiere wieder
Gerhard Behrendt, wäre das Sandmännchen „an diesem idyllischen
Plätzchen sesshaft geworden“.
Aber die Strukturveränderungen des
Fernsehens im Ergebnis des Anschlusses an die BRD führten die
Sandmännchenproduktion erst zurück nach Adlershof und dann nach
Potsdam-Babelsberg. Hunderttau-
sende Bürger der ehemaligen DDR
waren mit ihrer Unterschrift dafür
eingetreten, die Sandmännchenproduktion des Fernsehens zu erhalten. Auch den Vater der Figur, Gerhard Behrendt, zog es nach Mahlsdorf. Hier schuf er sich auch seine
persönliche Heimstatt, von der er
morgens mit dem Fahrrad stets
freundlich grüßend an unserem
Grundstück vorbei zur Arbeit fuhr.
Er blieb auch seiner Wahlheimat
Mahlsdorf bis zu seinem viel zu frühen Tod treu. Unter seiner Leitung
konnten sich in Mahlsdorf Regisseure, Animatoren und Puppengestalter
entwickeln, die heute in Babelsberg
die Sandmännchenproduktion erfolgreich fortsetzen.
„Dank für alles, meine lieben Mahlsdorfer“, dies waren die Abschiedsworte, die Gerhard Behrendt seinem
kleinen Schlafbringer in den Mund
legte, „nehmt mein gelegentliches
Winken aus dem TV-Bildschirm als
speziellen Gruß und als Zeichen der
Verbundenheit“ und vergesst nicht
„zu träumen!“ Nun aber träumen viele
Mahlsdorfer, gewiss auch Hellersdorfer, Kaulsdorfer und Marzahner
von einem Besuch des lieben kleinen
Schlafbringers an seiner langjährigen Wirkungsstätte.
Könnte die 2017 in unserem Bezirk
stattfindende Internationale Gartenschau nicht Anlass sein, gemeinsam
durch die Gärten der Welt zu spazieren? Davon würde gewiss auch sein
Schöpfer Gerhard Behrendt träumen.
Harald Kintscher, Foto: Archiv
Dorfkern als „identitätsstiftender Ort“
Wie geht es weiter im Zentrum von Mahlsdorf?
Mahlsdorf – Ich kann mich gut erinnern, schon in den 90-er Jahren
diversen Versammlungen zum Thema Mahlsdorfer Ortskern beigewohnt zu haben. Im Archiv müssten
noch dicke Papierstapel über damalige Diskussionen zu Leitlinien und
Ortssatzungen vergraben sein, erstellt vom damaligen Stadtplanungsamt. Sie hervorzukramen lohnt die
Mühe nicht. Die Dinge haben sich
geändert, vor allem die Ansprüche
an ein „Zentrum“. Sprach man früher von „Handel und Versorgung“,
meinte man Kaufhalle, Schuhladen,
Bekleidungsgeschäft. Heute geht es
um Supermärkte für Menschen und
Tiere in Größenordnungen. Das Argument: Aus 13 107 Mahlsdorfern
im Jahr 1992 wurden 26 654 im Jahr
2012. Aber es geht zuweilen auch um
ehrgeizige Pläne von Investoren.
Damit diese nicht ins Uferlose gehen, auch deshalb gründete der Bezirk Anfang 2011 eine so genannte
Akteursrunde, in der Mahlsdorfer
Bürger ihre Vorstellungen von einem
Leitbild für das Ortsteilzentrum einbrachten. Dieses wurde im Juni dem
Bezirksamt übergeben, noch in diesem Jahr soll daraus eine Ortssatzung festgelegt werden. Damit
wäre die Arbeit der Runde beendet.
Doch Peter Eisenach, Sprecher der
Akteursrunde, und andere Akteure
sehen weiterhin Handlungsbedarf,
sich einzumischen.
Wer die Bürger-Informationsveranstaltung am 5. Juni im Pfarrsaal der
Katholischen Kirchgemeinde an der
Giesestraße verfolgt hat, ist geneigt,
dem zuzustimmen. Gab es doch trotz
ausführlicher Information über den
Stand der Entwicklung des Ortskerns
– vom REWE-Bauvorhaben am
Bahnhof bis zu den Plänen der Investoren für das ehemalige BHG-Gelände (Mahlsdorfer Märkte) an der
Hönower Straße – durch Wirtschaftsstadtrat Christian Gräff, den
Abgeordneten für Mahlsdorf/Kaulsdorf Mario Czaja, den Projektentwickler der REWE Group, Thomas
Löschmann, und den Architekten der
„Mahlsdorfer Märkte“, Norbert
Diehr, noch viele offene Fragen.
Weit mehr als Hundert Besucher
kamen, und das Verhältnis von
„Berufspolitikern“ und Bürgern fiel
diesmal eindeutig zugunsten der
Bürger aus. Das Thema ist von großem öffentlichem Interesse, vor allem sind es die noch ungelösten
Verkehrsfragen, die die Gemüter erhitzten. Nicht zuletzt deshalb gibt es
auch Zeitverzug beim Bauvorhaben
der REWE Group. „Wir hätten uns
da mehr Tempo gewünscht“, konstatierte Gräff. 2014 soll endlich mit
den Bauarbeiten begonnen werden,
die etwa 18 Monate dauern werden.
Die Planungen liegen vor, so Thomas Löschmann. In drei Bauteilen
werden Rewe-Markt (1600 m² Verkaufsfläche, davor sechs Meter hohe
Auch Mario Czaja möchte einen identitätsstiftenden Ortskern. Foto: Dittmann
Kolonnaden), Stadtteilbibliothek,
Büros, Arztpraxen, Bank, Rossmann,
Café entstehen. Die Dächer sollen zu
70 Prozent begrünt werden (Green
Building). Der jetzige Markt bleibt,
bis die Interimslösung fertig ist.
Auch die fünf großen Linden sollen
bleiben! (jot w.d. berichtete mehrfach). Auf dem Parkplatz wird es 80
Stellplätze geben, 200 Fahrradstellplätze sind geplant.
Zu einem „identitätsstiftenden“
Ortskern gehört allerdings mehr als
nur „Shopping“. Immerhin soll die
Stadtteilbibliothek hier ihren Platz
finden und neben dem PestalozziTreff an der Pestalozzistraße will
der Humanistische Verband eine
Kita errichten. Grünflächen, ein
kleiner Spielplatz für die Jüngsten,
Bänke zum Ausruhen für die Älteren und ein öffentliches WC wären
auch nicht schlecht. Und ein SBahnhof mit Leben, statt Trostlosigkeit, auch wenn das Ziel „Regionalbahnhof“ wohl erst mal in weite
Ferne gerückt ist. Gräff: „Wir kämpfen weiter dafür.“
Zum Thema „Mahlsdorfer Märkte“
gab es am 13. Juni eine gesonderte
Veranstaltung in der Kiekemal
Grundschule. Allerdings ging es dort
vorrangig um das Wohnprojekt der
GVG. Die nächste öffentliche Akteursrunde findet am 26. August in
der Schillerschule statt.
Ingeborg Dittmann
Bürgerfest zum
Baubeginn
Biesdorf – Der Baustart des
Schlosses zum Ende September
ist aus Sicht der den Bau betreuenden Abteilung zu halten. Das
ist ein Ergebnis der Beratungen
der Steuerungsrunde im Juni.
Jetzt sollen alle Kräfte sich auf
die Umsetzung der nötigen Vorarbeiten konzentrieren. Am
„Tag des offenen Denkmals“ (7.
September) wird es nach Auskunft von Kulturstadträtin Juliane Witt von 17 bis 20 Uhr ein
großes Bürgerfest geben, „bei
dem Aktive, Interessierte, Nachbarn und Kunstfreunde gemeinsam noch mal das Ensemble im
bisherigen Rahmen erleben
können, bevor dann Bauplanen
und Baustellenabsperrungen
das Ganze vor unseren Augen
verschwinden lassen“. Bis 2015
sollen die Umbaumaßnahmen
abgeschlossen sein, dann gibt es
ein Wiedersehen und den Start
als Bilderschloss mit Kunstwerken aus dem Archiv Beeskow.
Mehr Flüge bei
Westwind
Kaulsdorf – Die Zunahme des
Flugverkehrs über dem Ortsteil
ist vom Wind abhängig. Das erfuhr der Abgeordnete Sven Kohlmeier von der Deutschen Flugsicherung (DFS). Die teilte mit,
dass Kaulsdorf bei Ostwind nur
von Einzelabflügen betroffen sei.
Allerdings führe die Radarführungsstrecke von Tegel bei Westwind exakt über Kaulsdorf, die
Überflughöhe liege bei 5000 Fuß
(1524 Meter). Insgesamt gebe es
beim Flugverkehr einen stetigen
Zuwachs, sodass sich auch die
Flüge über Kaulsdorf und Mahlsdorf erhöhen.Von den veröffentlichten Standardrouten des künftigen BER sei Kaulsdorf nicht
betroffen, versichert die DFS.
Dennoch könne auch in Zukunft
der Bereich Kaulsdorf durch
Einzelfreigaben der „kürzlich bestätigten Müggelseerouten“
überflogen werden. Diese Abflüge seien aber definitiv deutlich
höher als vergleichbare Anflüge,
die zur Zeit nach Tegel führen.
Straße wird repariert
und bepflanzt
Biesdorf – Der Auftrag zur Wiederherstellung der Lappiner Straße sei erteilt und werde in Bälde erledigt, berichtete Baustadtrat Christian Gräff auf der BVV.
Die gesammelten Bürgervorschläge würden jetzt ausgewertet, wenn „etwas realisierbar ist,
sind wir guten Willens, das auch
zu tun“, versicherte Gräff.
6
jot w.d. 7/2013
Links & rechts der Wuhle
Ein Schweizer Maler als Namenspate
Der Graffplatz zwischen Daffinger Weg und Tizianstraße wurde nach Anton Graff benannt
Es rauschen die Blätter von über fünfzig Bäumen im Wind und mir scheint,
als würden die vielen Vögel mit ihrem Gezwitscher, in die Melodie der
grünen Blätter einstimmen. Ich stehe
am Rande des Graffplatzes in Mahlsdorf, und vermutlich einige Ecken
weiter versuchen eine müde Kreissäge sowie der gerade hier am Platz
langsam dahinfahrende Transporter,
die Idylle zu stören. Das gelingt beiden aber nicht, denn das Auto biegt
an der nächste Ecke ab, und auch die
Säge verstummt. Ruhe kehrt wieder
ein. Mutter Natur blieb an diesem
Morgen der Sieger.
Der quadratische Platz ist eine grüne schattige Insel, umgeben von kleinen dezent gebauten Häusern mit
ihren gepflegten Gärten. Aus jeder
Ecke des Platzes führen Wege zum
Mittelpunkt, einem Rundteil mit
Bänken, welche im kühlen Schatten
der Bäume zum Verweilen und Ausruhen einladen. Hier kann man getrost Rast machen, die Augen schließen, Kräfte sammeln und dabei trotzdem in der Ferne den Atem der Großstadt spüren. Vor 73 Jahren hatte man
den bisherigen Hansaplatz und die
Straße 118a in Graffplatz umbenannt, um den großen Schweizer
Maler Anton Graff (1736-1813) zu
ehren. Menschen verweilen hier gern
für kurze Zeit unter dem vor Regen
schützenden Blätterdach. Manche
bleiben aber auch länger und vertrauen den Bäumen und Gräsern ihre Geheimnisse, Sehnsüchte und Wünsche
an. Doch wer war Anton Graff, was
machte ihn so berühmt, dass man
einen Platz nach ihm benannte?
Anton Graff wurde am 18. November 1736 in Winterthur (Kanton Zürich, Schweiz) als Sohn eines Zinngießers geboren. Noch ahnte keiner,
dass man ihn später einmal mit den
großen Meistern der Kunstgeschichte, und das schon zu Lebzeiten,
gleichstellen wird. Graff wird einmal mehr als 1655 Bildnisse, und
zwar fast alle auf Bestellung, malen.
Vorerst musste Anton jedoch die
Schulbank in Winterthur drücken.
Dabei zeigte er wie wohl alle aufgeweckten Knaben keinen großen
Fleiß und er wurde nicht gerade
der Liebling seiner Schulmeister.
Sehr früh entdeckte er seine Liebe zum Malen und dabei wurde
jedes greifbare Stück Papier mit
Figuren und Gesichtern bemalt.
Nahm man ihm das Papier, welches ja dem Schreiben vorbehalten war, weg, so malte Anton auf
seine Beinkleider, bis diese von
vorn und den Seiten bemalt waren. Schon früh bedeckte sein
Haupt eine Perücke, da die damaligen Schulmeister nicht nur
Schläge mit dem Stock verteilten,
sondern auch gern an den Haaren
der Schüler zogen. Die Perücke
bedeckte allerdings nicht nur seinen fast kahlen Kopf, sondern
wurde in den Schulpausen gern
zum Fußball gekrönt. Anton Graff
verlebte eine glückliche Kindheit
und seine Liebe zur Malerei festigte
sich dabei immer mehr. Als er fast
siebzehnjährig die Schule verließ,
stand sein Entschluss Maler zu werden fest. Sein Vater stand dieser Tatsache sehr skeptisch gegenüber, denn
er hätte Anton viel lieber in seiner
Zinngießerei gesehen. Allerdings erlaubte er Anton die neu gegründete
Zeichenschule in Winterthur zu besuchen. Dort übertraf er seine Mitschüler in kurzer Zeit an Talent und
diese Tatsache überzeugte nun auch
den Vater. Nach drei Lehrjahren an
der Kunstschule J.U. Schellenberg in
Winterthur entschied sich Anton
Graff für die Kunstrichtung Portraitmalerei. Von 1756-1766 war Anton
Graff mit einigen Unterbrechungen
in Augsburg. Die dort ansässigen
Kunstmaler betrachteten schnell
Graff als eine existenzbedrohende
Konkurrenz. „Der Schweizer ist so
fleißig, dass die Staffelei wackelt.“
sagte man über ihn. Mit dem Kopieren von Gemälden verdiente Graff
kein schlechtes Geld, doch legte man
ihm bald sehr deutlich nahe, die Stadt
Augsburg zu verlassen. Graff blieb
allerdings in der Nähe und verdiente sein Brot als Malergeselle in München und Regensburg. Dort entstanden auch einige Portraits von Geist-
lichen und Ratsherren. Sein Name
war schon ein Begriff geworden, und
Graff malte große Gemälde im Auftrag der schwedischen, russischen
und preußischen Gesandschaftshäuser. Ende 1765 reiste Graff in die
Schweiz und fand dort Unterkunft
bei Salomon Gessner, um den sich
damals alle Männer von Geist, Ge-
schmack und Kenntnissen versammelten. Auch dort malte Graff einige Portraits, welche ihm viel Lob
einbrachten. Er kehrte nur noch einmal kurz nach Augsburg zurück,
denn schon bald sollte er nach Dresden gerufen werden. Durch verschiedene Aktivitäten von Gessner wurde Anton Graff 1766 als kurfürstlicher Hofmaler und Mitglied der
Dresdner Kunstakademie nach
Dresden berufen. Nach anfänglichem Zögern trifft Graff aber
dann doch am 7. April 1766 in
Dresden ein und bekommt dort
ein Jahresgehalt von 400 Talern.
Ein Jahr später erweckt er auf der
jährlich stattfindenden Akademieausstellung großes Aufsehen
unter den Kennern. Besonders
Anklang findet wiederum ein
Selbstbildnis, welches ihn, vor
einer Staffelei sitzend, dem Betrachter zugewandt zeigt.
Heute kann man behaupten, dass
die meisten Portraits, welche uns
Anton Graff auf Bildern zeigen, von ihm selbst geschaffen worden sind. Er war auch
ein Meister der Selbstbildnisse. In seinen vielen arbeitsreichen Jahren soll Graff
mehr als siebzig Mal vor den
Spiegel getreten sein, um sich zu
malen oder zu skizzieren. Im
Jahre 1771 besucht Anton Graff
das erstemal Berlin und lebt im
Hause des Schweizer Philosophen Johann Georg Sulzer. Im
gleichen Jahre heiratet er die
zweite Tochter Sulzers, die
siebzehnjährige Elisabetha Sophie Augusta. Mit Hilfe seines
Schwiegervaters findet Graff
bald Kontakt zum preußischen
Hof. Insgesamt hat er für Berlin
mehr als 100 Bildnisse gemalt.
Anton Graff malte seinerzeit viele
Koryphäen der Gelehrten- und
Dichterwelt sowie des hohen Adels.
Lessing und Schiller, Bodmer, Wieland, Herder, Gellert, Moses Mendelssohn, Hagedorn, Iffland,
Chodowiecki und viele andere hat er
portraitiert. Allerdings hat Graff
nicht nur Adlige und Patrizier, son-
dern auch Menschen aus verschiedenen Bevölkerungsschichten dargestellt. Noch heute gilt Anton Graff
als einer der tüchtigsten Porträtmaler überhaupt.
Im Jahre 1783 wird er Ehrenmitglied
der Berliner Kunstakademie. Trotz
dortiger verlockender Angebote und
sogar des preußischen Hofes bleibt
Graff Dresden treu. Er lebt am Alt-
markt mit seiner Frau und den Kindern. In Dresden verband ihn eine
innige Freundschaft mit dem Schweizer Maler Adrian Zingg. Während
seine Familie den Sommer in der
Nähe von Blasewitz bei Dresden verbrachte, wanderte er gern mit Zingg
durch das Elbsandsteingebirge. Beide waren begeistert von dieser Landschaft und sprachen nicht selten von
der „Sächsischen Schweiz“, weil sie
dort immer wieder Ähnlichkeiten mit
ihrer Landschaft, dem Schweizer Jura
fanden. Es ist gut möglich, dass die
beiden die ersten waren, welche dem
Elbsandsteingebirge den Namen
„Sächsische Schweiz“ gaben.
Bei ihren ausgedehnten Wanderungen kamen beide Künstler dem
Königstein dann doch etwas zu nahe.
Als sich dann noch herausstellte,
dass Zingg auch noch Skizzen von
der damals gut bewachten Festung
Königstein gemacht hatte, wurden
beide als „besondere Gäste“ auf der
selbigen für kurze Zeit interniert.
Später klärte sich alles auf und man
ließ die beiden ehrenwerten Künstler aus Dresden ziehen.
Im Jahre 1789 wird Anton Graff Professor für das Porträtfach an der
Dresdner Kunstakademie. Er arbeitet unermüdlich und kopiert für die
Zarin Katharina II. von Russland viele Bilder der Dresdner Galerie, doch
sein Augenlicht macht ihm immer
mehr Probleme. Im Jahre 1803 wird
Graff am grauen Star operiert und
trägt nun auch eine Brille. Am 18. Juli
1807 wird Graff vom sächsischen König persönlich dem in Dresden weilenden Kaiser Napoleon Bonaparte
vorgestellt. Der Kaiser Napoleon findet alle seine ausgestellten Werke
„Très fini, très fini“. Im Jahre 1810
besucht Anton Graff noch einmal seine geliebte Schweizer Heimat und
bleibt dort über ein halbes Jahr bis
zum Mai 1811.
Noch einmal wird ihm große Ehre
zuteil und Graff wird 1812 Ehrenmitglied der Kaiserlichen Akademie
der Malerkunst in Wien und der Akademie der Künste in München. Am
26. April 1812 stirbt seine Frau und
Anton Graff stellt sich noch einmal
vor den Spiegel, um sich selbst zu
porträtieren. Es entstand so sein berühmtes Selbstbildnis mit der grünen Schirmmütze, seine wahrscheinlich letzten Arbeit. Stark geschwächt
und fast schon blind, stirbt Anton
Graff am 22. Juni 1813 in Dresden
und hinterlässt ein Vermögen von
40 000 Talern.
Heute existiert in Dresden das
Grab von Anton Graff nicht
mehr. Der Friedhof wurde von
der Stadt Dresden bereits 1859
aufgehoben und das Grab nicht
umgesetzt. Auch das Grab seines
Sohnes, dem Landschaftsmaler
Carl Anton Graff, existiert heute
nicht mehr. Geblieben sind aber
die Bilder, welche noch heute
jährlich zahlreiche Kunstbegeisterte aus allen Erdteilen anlokken. In Winterthur, der Geburtsstadt von Anton Graff, trägt die
Berufsschule den Namen des
Künstlers. In Dresden und Leipzig gibt es eine Straße, welche
nach Anton Graff benannt wurde. Und Berlin, ja in Berlin trägt
ein schöner Platz mitten in
Mahlsdorf den Namen eines großen
Künstlers der Porträtmalerei und erinnert an seine zahlreichen auf der
ganzen Welt verteilten Werke.
Am 22. Juni jährte sich Anton Graffs
Todestag zum 200. Mal. Aus diesem
Anlass wird eine gemeinsame Ausstellung mit Werken des Meisters in
der Schweiz und in Deutschland gezeigt. Seit 22. Juni ist „Anton Graff
– Gesichter einer Epoche“ im Museum Oskar Reinhart in Winterthur
(noch bis 29. September) zu sehen,
dabei auch eine der wenigen Medaillen über den Künstler. Danach zieht
die Exposition nach Berlin und wird
vom 25. Oktober an in der Alten Nationalgalerie in einer erweiterten
Form vorgestellt.
Reiner Graff
Abb.: Der Graffplatz in Mahlsdorf, Selbstbildnis von 1765 (li.),
Porträt Gotthold Ephraim Lessings
von 1771.
Fotos: Angela Graff
Blick zum Nachbarn
jot w.d. 7/2013
7
Geballte Kraft für ein Baudenkmal
Birken aus Birkenau
erneut geschändet
Förderverein für das Denkmal „Kaiserbahnhof“ gegründet
Hohenschönhausen – Im ganzen Bezirk Lichtenberg ist man
entsetzt, denn erneut wurde das
Naturdenkmal „Birken aus
Birkenau“ im Warnitzer Bogen
geschändet. Im April pflanzten
Jugendliche aus den Freizeiteinrichtungen Leo’s Hütte und
dem Welse-Club des pad e.V.
die Bäume. Jetzt wurden die
Birkenpflanzen zum zweiten
Mal zerstört. Das Schild, das
über die Herkunft der Birken
und den polnischen Initiator
und Künstler Lukasz Surowiec
informiert, wurde mit einem
NPD-Plakat und Aufklebern
verunstaltet. Die Jugendlichen
sind empört. Das Bezirksamt
erstattet Strafanzeige gegen die
NPD, versichert Jugendstadtrat
Andreas Prüfer.
RN
Hoppegarten/Mahlsdorf – Wir
wollen mit gutem Beispiel vorangehen, hatten Hoppegartens Gemeindevertreter gesagt, als sie
den Beschluss fassten, den „Kaiserbahnhof“ von der Gemeinde in
Eigenregie wieder herrichten zu
lassen, um das Denkmal dann einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Sie haben aber auch gefordert, dafür weitere Finanzierungsquellen aufzutun. Wer könnte dies besser, als ein Förderverein. Und genau der wurde am 9.
Juni im Gutshaus Mahlsdorf gegründet. Illustre Erstmitglieder
dürften mit Kenntnis, weit reichenden Verbindungen und nicht
zuletzt mit gewisser Prominenz
dafür sorgen, dass die benötigten
Mittel aufgetrieben werden.
Zum Vorsitzenden wurde Hoppegartens Bürgermeister Karsten
Knobbe gewählt, seine Stellvertreterin ist Astrid Fritsche vom
dortigen Kulturverein „Grünes
Tor“. Mit Rennbahneigner Gerhard Schöningh, Bundestagsmitglied Dagmar Enkelmann und
Landrat Gernot Schmidt, aber
ebenso mit Michael Braun, Uwe
Langer und Klaus Ahrens, sowie
Uwe Klett (Bürgermeister Fre-
Die anwesenden Gründer mit der Gründungsurkunde und der Bauwerksstudie der Berliner Studenten: Michael Braun, Karsten Knobbe, KarlHeinz Boßan, Astrid Fritsche, Uwe Klett (v.l.n.r.)
Foto: Nachtmann
dersdorf-Vogelsdorf) und KarlHeinz Boßan, Chef der IG Ostbahn, haben die Gründungsmitglieder die Voraussetzung geschaffen, das Projekt zum Erfolg
zu führen. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass immer dann,
wenn eine Kommune ihr Bahnhofsgebäude gekauft hat, etwas
Vernünftiges entstand“, berichtete Boßan aus seiner Arbeit. Win-
Poesie vom Müggelsee
Friedrichshagener Vers-Werkstatt gegründet
Friedrichshagen – Für den Heimatpoeten Horst Rennhack ist im
vergangenen Monat ein Traum in
Erfüllung gegangen – die Gründung
einer Friedrichshagener VersWerkstatt. Nicht irgendwo, sondern
direkt am Ufer des Müggelsees.
Dort, wo vor mehr als 100 Jahren
der berühmte „Friedrichshagener
Dichterkreis“ seine Heimat fand.
Die 21 HobbyPoeten im Alter von 50 bis
88 Jahren, die
Horst Rennhack für die
Vers-Werkstatt
begeistern
konnte, wollen
bei öffentlichen Treffen
und Lesungen
die Tradition
des 1890 von Wilhelm Bölsche und
Bruno Wille initiierten „Friedrichshagener Dichterkreises“ wieder
beleben und weiterführen. Künftig
laden sie Freunde der Poesie alle
zwei Monate zu Treffen und Lesungen eigener Lyrik und Prosa in den
Kiezklub „Vital“ ein. Reichlich Inspiration schöpfen sie dabei aus
dem literarischen Leitthema „Heimat, Umwelt, Müggelsee“.
Die Initiative zur Gründung der
„Friedrichshagener Vers-Werkstatt“ ging vor eineinhalb Jahren
vom Heimat-Dichter und Friedrichshagener Senioren-Vertreter
Horst Rennhack aus. Er hat in zwei
Jahrzehnten mehr als 800, meist
heitere, Verse geschrieben und einen großen Teil davon bereits in
Lyrik-Bänden veröffentlicht. Gemeinsam mit seinem literarischen
Weggefährten, dem Romanisten
Ulrich Stahr, hat der Lyriker und
promovierte Historiker Rennhack
die Werkstatt vorbereitet und moderiert. Sie ist offen für HobbyDichter aus ganz Berlin und Brandenburg.
Bei einer ersten Lesung präsentierten die Poeten Kostproben ihres
Könnens. Gerade weil es Gedichte
in unserer heutigen Zeit schwer haben, ist die Vers-Werkstatt für alle
Mitstreiter ein wichtiger Ort des
Austausches.
Ein erstes literarisches Ausrufezeichen setzten die Hobby-Dichter
zum Ende ihrer Gründungsveranstaltung mit dem Appell „Wir
schützen unseren Müggelsee vor
drohendem Fluglärm!“ Darin rufen
sie zu einem gemeinsamen literarischen Projekt auf, einem Poesieband mit dem Titel „Der Müggelsee – Schönheit und Schicksal“.
Alle Hobbypoeten Berlins und des
Umlands sind eingeladen, sich mit
Versen, Kurzgeschichten, Bildern
und Zeichnungen an unserem literarischen Projekt zu beteiligen.
Interessenten wenden sich direkt an
Horst Rennhack, Tel. 64 55 233.
Katja Zeise
dige Investoren hingegen hätten
immer nur zum Ziel gehabt, die
billig gekauften Immobilien verfallen zu lassen und dann die
Gemeinden mit dem „Schandfleck“ zu erpressen.
Als erste Maßnahme wird die Gemeinde einen Architekten suchen,
der auf der Grundlage der Arbeit
der Berliner Master-Studenten
von 2011 Planung und Bauleitung
übernimmt. Bürgermeister Knobbe unterrichtete die Vereinsgründer, dass bereits für dieses Jahr
100 000 Euro im Gemeindehaushalt für den Bahnhof eingestellt
sind. Astrid Fritsche versicherte,
dass auch der Landeskonservator
seine Unterstützung für das Projekt bereits zugesichert hat.
„Es werden nicht gerade geringe
Summen sein, die für die
denkmalgerechte Sanierung des
Kaiserbahnhofs aufgewendet
werden müssen“, bestätigte
Knobbe das ohnehin bei den Vereinsgründern Bekannte. Bisher
„über den Daumen“ geschätzte
Summen von 800 000 Euro dürften sich schon beim nächsten genaueren Blick als hinfällig erweisen. Und auch an einem anderen
Punkt will der Verein keinen
Zweifel lassen. Er engagiert sich
für das Baudenkmal, die künftige Nutzung zählt nicht zum
Vereinsziel. Eine Hoffnung aber
will der Bürgermeister nicht aufgeben, nämlich die, dass eines
Tages vielleicht doch noch einmal
Fahrgäste aus der Regionalbahn
wie einst der Kaiser in Hoppegarten aussteigen könnten.
Ralf Nachtmann
Flotte Rhythmen,
schicke Kleider
Pankow – 40 Starterpaare aus
24 Vereinen Berlins und fünf
weiterer Bundesländer wetteiferten am 29. Juni in der „Tanzschule am Bürgerpark“ um den
zum sechsten Mal ausgelobten
„Panke-Sommer-Pokal“ in
Standard- und lateinamerikani-
Leben nach Versuchslabor
Beaglehilfe gibt Laborhunden eine Chance
Waldesruh – An einem Frühlingssonntag trafen sich bei schönem Wetter Mitglieder des Vereins Laborbeaglehilfe im Erpetal
zu einer Wanderung mit ihren
Vierbeinern. Vierzehn Hunde
spielten und tobten miteinander
und erkundeten mit ihren feinen
Nasen die Gerüche von Maulwurf, Kaninchen und Wildschwein. Am Rastplatz des Europawanderwegs wartete die Organisatorin, Monika Bekendorf, mit
Wegzehrung für Frauchen und
Herrchen sowie frischem Wasser
für die Tiere.
Die Laborbeaglehilfe hat es sich
zur Aufgabe gemacht, ehemalige
Laborhunde in gute Hände zu geben. Nach Beendigung der Versuchsreihen werden immer wieder ehemalige Versuchshunde
freigegeben. Diese Hunde wur-
den vorher untersucht und sind
gesund. Dazu muss man wissen,
dass Intelligenz und die natürlichen Instinkte der Tiere nicht gefordert werden und daher verkümmert sind. „Sie kennen
nichts, keinen Baum, keine Geräusche, keine Autos“, berichtet
Monika Bekendorf aus eigener
Erfahrung mit ihrem Hund
Timmy. Aber sie lernen unheimlich schnell und werden, wie es
der Beagle-Rasse eigen ist, mit
der Geduld und dem Verständnis
ihrer Besitzer zu sehr lieben und
unkomplizierten Hunden.
Wer Interesse an der Arbeit der
Laborbeaglehilfe hat oder sich für
einen Laborhund interessiert,
kann sich im Internet unter www.laborbeaglehilfe.de oder bei Monika Bekendorf, Tel. 566 74 01,
informieren.
Klaus Manthe
schen Tänzen. Dabei mussten
die Paare ihr Können u.a. bei
Tango, Walzer und Quickstep
sowie bei Samba, Paso Doble
und Jive unter Beweis stellen.
Der „Turniertanzkreis am Bürgerpark“ macht sich zusammen
mit der Tanzschule insbesondere um die Nachwuchsförderung
des Turniertanzsports verdient;
die jüngsten aktiven Tänzer
sind gerade elf Jahre alt. Interessenten können ein Probetraining absolvieren. Romy Groh
BVV Lichtenberg im
Live-Stream
Ausgelassen tobten die ehemaligen Laborhunde.
Foto: Manthe
Lichtenberg – Da war Marzahn-Hellersdorf wieder einmal Vorreiter: Seit Juni können
Interessierte nun auch die dortigen Sitzungen per LiveStream über das Internet verfolgen. Im November 2011 hatte die Mitte-Rechts-Koalition
auf Initiative der Bündnisgrünen einen entsprechenden
Antrag eingebracht.
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jot w.d. 7/2013
Kultur & Freizeit
Tipps und Termine
Der Monat der „Klassiker“
Der König spricht
Rockige Mittelalterklänge und klassischer Beat auf der Parkbühne
Biesdorf – Skulpturen und Grafiken des
Mahlsdorfer Bildhauers Karl-Günter
Möpert sowie von Marguerite BlumeCárdenas, Karin Gralki und Karin
Tiefensee sind vom 12. Juli an in der
Krankenhauskirche im Wuhlgarten unter dem Titel „Der König spricht“ zu
sehen. Die Ausstellungseröffnung am
Brebacher Weg 15 findet am 12. Juli,
19 Uhr, statt. Karl-Günter Möpert hält
die Laudatio, in einem Konzert ist die
Bakshish Brass Band zu hören. Eintritt
frei, um Spenden für die Kulturarbeit
und den Erhalt der Kirche wird gebeten.
Die Ausstellung kann bis zum 25. August besichtigt werden.
I.D.
Zigeunerromanzen
und Märchen
Biesdorf – Das Duo Orpheo mit Antoine
Saad (Violine) und Susanne Kowal (Klavier) lädt am 7. Juli, 11 Uhr, im Schloss
Biesdorf, Alt-Biesdorf 15, zum Schlosskonzert unter dem Motto „Von der
Zigeunerromanze zum Csárdás“ ein.
Eintritt 8, ermäßigt 6 Euro. Kaffee und
Kuchen im Schloss-Café.
Am 21. Juli, 14 bis 18 Uhr, findet am
gleichen Ort der nächste Familiennachmittag statt. Ab 16 Uhr spielt die Havelländer Puppenbühne „Die gestohlene
Krone“, im Kreativstudio kann gebastelt
werden und Ilona Pohl lädt zur Märchenstunde ein. Im Kaminzimmer kann die
Ausstellung „Reflexionen“ von Ute Licht
besichtigt werden. Noch bis zum 2. August werden in der Sommerwerkstatt
zwischen 9 und 15 Uhr Kreativangebote
für Kinder angeboten
I.D.
Heller Salon Belarus
Hellersdorf – Unter dem Motto
„Belarus – das Land unter weißen Flügeln“ findet am 2. August, 19.30 Uhr,
im Kulturforum, Carola-Neher-Straße 1,
der nächste „helle salon“ statt.
Im Mittelpunkt der literarisch-musikalischen Veranstaltung des Kulturrings,
durch den Alina Martirosjan-Pätzold
führt, steht die Kunst und Kultur Weißrusslands. Von der Botschaft der Republik Belarus wird der Botschaftsrat
Aleksei Zhbanov Geschichte und Kultur
seines Landes vorstellen. Ein Film über
die traditionelle Kultur von Belarus wird
gezeigt und ein Trickfilm rundet das Programm ab. Ein Konzert wird dem Salonabend die künstlerische Note verleihen.
Belarussische Gobelins (Foto: Botschaft
der Republik Belarus) werden ausgestellt
und sind käuflich zu erwerben. Kulinarische Spezialitäten aus Belarus stimmen
auf den Abend ein. Der Salon wird mit
freundlicher Unterstützung der Botschaft
organisiert. Karten 15 Euro (einschließlich Speisen), Tel. 553 22 76.
I.D.
Biesdorf – Also, so richtig gut hat
es der Wettergott in diesem Jahr
nicht mit den Programm-Machern
auf der Parkbühne gemeint. Außer beim Auftakt zum Blütenfest
kam es immer wieder mal mehr,
mal weniger nass von oben. Das
hat so manchem Konzertfreund
den Besuch dann doch vermiest.
Entsprechend licht waren zuweilen die Reihen. Musikalisch haben sich die meisten Darbietungen durchaus gelohnt. Conny Lush
als Bluessängerin überzeugte, die
traditionellen „harten 70-er“ hatten mit „Judas Priest Revival“
eine Überraschung angekündigt,
die Genesis-Coverband „abacab“
(Foto: Nachtmann) war mit geschlossenen Augen kaum vom
Original zu unterscheiden.
Nun sollen Juli und August
Sonnenmonate werden, damit die
Parkbühne nicht nur bei den
Künstlern weiter so beliebt bleibt,
sondern auch alte und neue Fans
nach Biesdorf locken kann. Das
Programm jedenfalls ist danach.
Zwei echte „Klassiker“ bietet
Programmdirektor Fred Schöner
an. Am 19. Juli heißt es wieder
einmal „Metalalter“; „Der Münzer“, „Kultasiipi“ und „Skiltron“
aus Argentinien zelebrieren
„Mittelalterklänge brachial &
fein“. Besonders auf die Gäste
aus Südamerika darf man ge-
spannt sein, erinnern einige ihrer
im Internet zu hörenden Songs
doch an die frühen Stücke von
Uriah Heep oder an Bands wie
Omega und Nazareth. Beginn 18
Uhr, Karten 16, VVK 12 Euro
zzgl. Gebühr. Tags darauf kommt
der „echte Klassiker“ auf die Bühne. Immer wieder gern gehört und
gesehen, heißt es auch hier ab 18
Uhr „Beatles treffen Stones“, in
diesem Jahr mit „Starfucker“ und
der tschechischen Beatles Revival
Band „Pangea“. Karten18/14
Euro. Den nächsten Kracher insbesondere für Fans des klassischen handgemachten Hardrock
bietet die Parkbühne am 8. August; da stehen ab 18 Uhr die
„Männer“ und „The Brew“ aus
dem Vereinigten Königreich auf
der Bühne. Karten 22/17 Euro.
Info und Karten www.biesdorferparkbuehne.de, telefonische Order 99 87 481.
R. Nachtmann
Auftakt mit E-Gitarre und Schlagzeug
Torsten Schulz erster Gast der neuen Lesereihe in Kiekemal
Mahlsdorf – Die neue Veranstaltung
„Lesung mit Musik und Kunst“ im
Cafe Jaennichen an der Seestraße
(Ecke Hultschiner Damm) hat bei
Mahlsdorfer n, Uhlenhor ster n,
Waldesruhern, Kaulsdorfern und weiteren Berlinern einen durchaus positiven Eindruck hinterlassen.
Torsten Schulz, Autor und Professor
an der Filmhochschule Babelsberg,
las aus den Büchern „Boxhagener
Platz“ und „Nilowsky“, letzteres ist
gerade erst erschienen. Viele Gäste
im Publikum empfanden insbesondere die humorige und berlinerische
Szenenbeschreibung in beiden Büchern als sehr wohltuend. Die lesehungrigen Einwohner und Torsten
Schulz freuten sich über die vielen
interessierten Fragen zur Schriftstellerei, zur Nachwuchsarbeit an
der Filmhochschule Potsdam Babelsberg, zum Anteil von Autobiografischem und zum Rechercheaufwand und wie die Familie das Schreiben verkraftet.
Die Schüler Richard und Ludwig
Brandt aus der Müggelsee- Schule
Friedrichshagen trauten sich, ihr
Können mit E-Gitarre und Schlagzeug mit Titeln „Highway“, „Black
Night“ und weiteren Stücken dem
Publikum selbstbewusst vorzutragen. Sie brachten damit regionales
Zusammengehörigkeitsgefühl und
Generationenzusammenspiel mit in
die Veranstaltung ein. Darüber hinaus wird die Ausstellung „Wart Bild,
ich werd dir eine Farb’ geben!“ von
Simone Lechler aus Eisenach bis
Mitte August die Atmosphäre im Café
beleben und die Besucher emotional als Band zwischen den Lesungen anregen.
Schriftsteller und Künstler trugen
durch Geschenke an die Gewinner
einer Tombola in Form der Torten
„Boxhagener Platz“ und „Danke
schön“, das Buch „Boxhagener
Platz“ und ein farbig sehr optimistisches Bild von Simone Lechler zur
Übertragung der künstlerisch anspruchsvollen Stimmung der Lesung
auf das Publikum bei. Die meisten
der knapp 30 Lese- und Kunstinteressierten wollen auch zur nächsten
Veranstaltung wiederkommen. Am
9. Juli, 19.30 Uhr, wird Autor und
Rechtsanwalt Wolfgang Schüler
„Schwarzhumorige Kriminalgeschichten“ vor tragen; für den 13.
August ist ein „Dixielandclub“ geplant.
Die beiden Konditorenmeister Martin und Robert Jaennichen wollen mit
der Serie „Kultur und Kunst“ eine
weitere Facette ins Kulturleben von
„Süd“ und für Interessierte aus anliegenden Stadtteilen und Gemeinden
einbringen. Sie freuen sich schon auf
die Mitwirkung weiterer Vereine, Unternehmen und Bürgerinitiativen der
Region und danken dem Bürgerverein Mahlsdorf-Süd, insbesondere
Ursula Würzebesser als Vorsitzende,
für die Inspiration. Leonhard Peter
„Momente“
in Acryl
Verlorene
Schuhe
Seltene Grafik
von Arno Mohr
„Baumlegenden“
bei Bachmann
Marzahn – Unter dem Titel
„Momente“ zeigt die „MarkTwain-Bibliothek“ im FFM
noch bis 30. August eine Ausstellung mit Bildern von Monika Schüler. Monika Schüler malt
in verschiedenen Techniken, der
Schwerpunkt ist jedoch die Arbeit mit Acrylfarben und die
Möglichkeiten deren Verbindung mit den verschiedensten
Materialien. Anregungen holt
sie sich aus Büchern von und
über Maler oder Malerei, Ausstellungen oder bei Atelierbesuchen. Seit 2006 sind ihre
Bilder regelmäßig im Bezirk
und darüber hinaus zu sehen.
Biesdorf – Noch bis 30. August
präsentiert das Theater am Park,
Frankenholzer Weg, die erste
Fotoausstellung von Hans-Georg
Kroiß, einem leidenschaftlichen
Amateurfotografen aus dem
Kiez. Er widmet sich dem Thema „Der verwaiste Schuh“. Bei
seinen Motiven handelt es sich
ausschließlich um einzelne verloren gegangene Schuhe, die direkt am Fundort abgelichtet wurden. Die Motive reichen eulenspiegelhaft vom modernen Turnschuh, über bequeme Sandalen,
robuste Stiefel und elegante
Stöckelschuhe bis zu ausgetretenen Latschen.
Lichtenberg – Noch bis 1. August zeigt das Studio Bildende
Kunst, John-Sieg-Straße 13,
grafische Arbeiten von Arno
Mohr. Die in einer privaten
Sammlung befindlichen Werke
des Künstlers (1910-2001) sind
sonst nicht zu sehen. Mohr war
ein Meister des Einfachen, das
so schwer zu machen ist
(Brecht). Mit wenigen Strichen,
mit spielerischer Ungezwungenheit, dem so scheinbar leichten Zeichenstil und einem oft
kauzigen Humor hielt er das
Wesentliche fest. Mit seinen
Bildern ist er unverwechselbar
und bleibt unvergessen.
Biesdorf – Das Galerie-Café,
Bachmann, Siegmarstraße 66,
zeigt vom 7. Juli an (Vernissage 11 Uhr) Bilder von zehn
Frauen, die als Mitglieder des
Maltreffs von einem Artikel aus
der Zeitschrift „National Geographic“ über den Riesenmammutbaum „Der Präsident“ besonders beeindruckt waren.
Jede suchte in Folge ihren Lebensbaum darzustellen oder
was mit dem Wachsen und dem
Leben zu tun hat. So entstanden ganz viele Bilder direkt
unter diesem Einfluss, doch
nicht alle behandeln das Thema „Baum“.
„Geordnetes Chaos“.
Ein Fundstück vom Meer.
An der Haltestelle (Ausschnitt).
Junge auf der Schaukel.
Kultur & Freizeit
jot w.d. 7/2013
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Das hat sich eben so ergeben
Tipps und Termine
Gerade ist über den Karikaturisten Willy Moese ein Buch erschienen
Doppelte Realitäten
Kaulsdorf – „Das hat sich
eben so ergeben“, lautete oft
die lakonische Antwort auf neugierige Journalistenfragen an
den Karikaturisten und Zeichner Willy Moese. Zum Beispiel, wie einer, der als Sohn
einer spanischen Mutter und
eines deutsch-böhmischen Vaters, 1927 in Barcelona geboren, sich nach dem 2. Weltkrieg
ausgerechnet die DDR als neue
Heimat wählte. Oder wie er
darauf kam, alte Möbel zu restaurieren, Holzspielzeug, Ledergürtel, Schmuck, Windräder, Plastikaturen und vieles
mehr selbst herzustellen, wo er
doch eigentlich ein Zeichner
sei. Einer, der mit seinen Bildgeschichten (heute sagt man ja
wohl Comics) Kinder und Erwachsene seit den 50-er Jahren
gleichermaßen zum Lachen
brachte und mit seinen Karikaturen die verantwortlichen Genossen in den Redaktionen und
im Staatsapparat nicht selten
zum Schwitzen brachte. WiM
nahm’s gelassen, eine seiner
stärksten Eigenschaften, wie
sein Freund Manfred Krug einmal sagte. Willy Moese hatte
nur zwei Feinde: Humorlosigkeit und Dummheit. Leider hat
es sich nach der politischen
Wende aber eben nicht so ergeben, dass ein Berliner
Verlag (Eulenspiegel,
Das neue Berlin, Neues
Leben), der ansonsten
doch so ziemlich alles
aus der „Ehemaligen“ in Form von
Büchern, Platten
oder Videos vermarktet, einen der
produktivsten und
bekanntesten Karikaturisten der DDR ein
Denkmal setzt. Spätestens der
85. Geburtstag des 2007 plötz-
lich verstorbenen Künstlers im
Juli 2012 wäre ein gebührender Anlass gewesen.
Nun hat Maria Moese, seit
1968 Ehefrau von WiM
(so zeichnete Willy
alle seine Werke), ein Buch
im Komet
Verlag Köln
herausgebracht,
um das Lebenswerk ihres Mannes
zu würdigen und der
Nachwelt zu erhalten. Auf über
200 Seiten gibt es ein Wieder-
Erinnern an die Helden unserer Kindheit aus Frösi, Atze und
Bummi, der NBI oder der
Wochenpost: das Äffchen NUK,
Blaff und Biene, Otto, Rakki,
Klaus und Choko, Trix und
Droll und viele andere. Auch
viele seiner Karikaturen, veröffentlicht in Tageszeitungen und
Illustrierten von Suhl bis Rostock, kann man sich im Buch
noch einmal ansehen und bemerkt, wie aktuell doch so manche Zeichnung noch heute ist.
„Bis zum Schluss hat Willy alles mit der Hand gezeichnet
und keinen Computer gebraucht“, erzählt Maria, die im
gemeinsamen Haus in Kaulsdorf alles aufbewahrt hat, was
ihr Mann schuf. Sie hat lange
gebraucht, aus der Fülle der
Arbeiten das auszuwählen, was
nun in diesem Buch zu bewundern ist. Nicht nur wegen des
riesengroßen Fundus. Sicherlich auch deshalb, weil beim
Sichten seines Lebenswerkes
noch einmal so viele Erinnerungen an 40 gemeinsam gelebte
Jahre hochkamen.
Ingeborg Dittmann
„Willy Moese – Karikaturen
und Bildgeschichten“, Komet
Verlag Köln, 14,99 Euro
Sommernachtsball
Unterhaltungskünstler aus dem Osten trafen sich in Spreenhagen
Wenn der „Schlagerpapst“ des
Ostens einmal im Jahr zum großen Sommerfest der Unterhaltungskünstler einlädt, dann
kann man sich auf einen unterhaltsamen und lustigen Abend
freuen. Vor allem aber auf ein
Wiedersehen mit vielen Bühnenstars von damals. Zum dritten Mal fand der „Sommernachtsball“ auf dem Anwesen
von Sven Simon, Chef der
„Pallas Show Band“, im brandenburgischen Spreenhagen
statt. Und das bei schönstem
Frühsommerwetter.
Mehr als 50 Gäste waren der
Einladung von Sven und Siggi
gefolgt – darunter Schlager- und
Operettensänger, Puppenspieler, Artisten, Musiker, Komponisten, Texter, Schauspieler
und Moderatoren. Dabei waren
u.a.: Siggi Trzoß, Sven Simon,
Dina Straat, Maja Catrin
Fritsche, Anne Mehner, Ingrid
Raack, Friederike Doreen, Dagmar Frederic, Dagmar Gelbke,
Ingo Graf, Rainer Garden, Jürgen Matkowitz, Karin Maria,
Regina Thoss, Dieter Janik,
Wilfried Koplin, Thomas Lück,
Rainer Luhn, die Sopranitas,
Puppendoktor Pille, Uschi
Pulley, Elke Martens, Monika
Jakobs, Vera Schneidenbach,
Heike Valentin, Ulli Schwinge,
Volker Junge, Heiko Reissig,
Christine Neißner, Wolf Baki,
Giso Weißbach, Jürgen Pölitz,
Gerd und Barbara Wendel und
Biesdorf – „Doppelte Realitäten“ eine
Ausstellung mit Fotocollagen von Ekkehard Bartsch, präsentiert das Stadtteilzentrum Biesdorf, Alt-Biesdorf 15, vom
4. Juli bis zum 11. September. Der Designer, Maler und Grafiker Ekkehard
Bartsch zeigt eine Auswahl seiner Digital-Prints von Diapositiv-Collagen.
Dargestellt sind Städte und Landschaften, auch menschliche Figuren, die alle
in einem merkwürdigen Zusammenhang
stehen – manchmal rätselhaft, verwirrend, auch ironisch augenzwinkernd.
Diese Collagen sind ohne Zuhilfenahme eines Computers entstanden. Hier
haben sowohl der Zufall, aber auch
Geduld und Ausdauer und letztlich ein
entwickelter Sinn für Form und Inhalt
eine Rolle gespielt. So ist aus einer bildlichen Realität und einer zweiten etwas
Neues und Einmaliges entstanden.
400. Kofferradio
im Kriminaltheater
Friedrichshain – Bald ist es soweit: Am
2. September präsentiert Moderator
Siegfried Siggi Trzoß ab 17 Uhr sein
400. Kofferradio, diesmal als Live-Aufzeichnung aus dem Berliner Kriminaltheater, Palisadenstraße 48. Zur KrimiSchlager-Jubiläumsparty hat Siggi
Trzoß natürlich eine große Künstlerschar eingeladen;
dabei sind zum
Beispiel Julia
Axen, Dagmar
Frederic (Foto:
Nachtmann),
Ingrid Raack,
Angelika
Mann, Vera
Schneidenbach, Lutz
Jahoda, Gerd
Christian,
Hans-Jürgen
Beyer, Heike
& Vlady, Giso
Weißbach und
viele weitere
Überraschungsgäste. Wer beim 350.
Kofferradio im vergangenen Herbst im
Kulturforum Hellersdorf dabei war,
wird sich gern an einen langen, doch
sehr kurzweiligen und unterhaltsamen
Nachmittag erinnern. Das Kulturforum
war ausverkauft. Deshalb ist es ratsam,
rechtzeitig Karten zu bestellen, Karten
Telefon: 47 99 74 88 (www.kriminaltheater.de). Das Theater im ehemaligen
Umspannwerk Ost ist u.a. mit der U 5
(bis Weberwiese) zu erreichen.
I.D.
Portal zur
DDR-Presse
Jörg Martin. Natürlich ließen auch wir von der
jot w.d. es uns nicht nehmen, dabei zu sein und
mit dem einen oder anderen Künstler Erinnerungen aus alten Zeiten auszutauschen oder Neuigkeiten zu erfahren. Schließlich stehen die meisten der Künstler noch auf der Bühne.
I.D.
Abb.: Irgendeiner spinnt immer beim obligatorischen Gruppenfoto; Frauenschwarm Giso
Weißbach mit Heike Valentin (li.) und Regina
Thoss; unsere Autorin Inge Dittmann und unsere Kolumnistin Daggie Gelbke mit Puppendoktor Pille (re.).
Fotos: Nachtmann
Berlin – Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
geförderten Projekts wurden die drei
DDR-Tageszeitungen „Neues Deutschland“, „Berliner Zeitung“ und „Neue
Zeit“ (1945/46 bis 1990/1994) digitalisiert und im Volltext erschlossen. Dieses vier Jahre andauernde Projekt konnte Ende Mai 2013 abgeschlossen werden. Die Zeitungen werden innerhalb
des Zeitungsinformationssystems
ZEFYS der Staatsbibliothek zu Berlin
im Portal „DDR-Presse“ frei zugänglich
und unentgeltlich zur Verfügung gestellt. Info http://zefys.staatsbibliothekberlin.de/ddr-presse/
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jot w.d. 7/2013
Jugend-Bildung-Sport
Kinder-Hof-Sommer
im FFM
Das Wunder ist drinnen
Marzahn – Der ideale Ort für
Ferienspaß ist der Innenhof des
Freizeitforums an der Marzahner Promenade. Am 10. Juli ist
dort „Nobel Popel“ mit seinem
Schnullebatzen-Programm zu
erleben, einem lustigen und
lehrreichen Liedertheaterstück
mit viel Musik zum Mitmachen
und Staunen für Kinder ab 3
Jahren. Am 17. Juli verwandelt
Accordina den Hof in einen musikalischen Zirkus mit venezianischen Tiermasken und fliegenden Fischen. Die Kinder (3
bis 8 Jahre) werden zu kleinen
Hauptdarstellern. Am 24. Juli
kommen Nine Mond und Professor Knolle. Gemeinsam mit
den Kindern begeben sie sich
auf Schatzsuche auf einer Insel.
Am 31. Juli geht Accordina mit
den Kindern auf eine fantastische Reise durch die vier Jahreszeiten. Beginn jeweils 10
Uhr, Eintritt 2 Euro (Erzieher
frei). Karten Tel. 542 70 91. I.D.
Neue Kita „Wunderwelt“ kommt ohne Fahrstühle aus
Film-AG und
Videokurs für
Jugendliche
Hellersdorf – Junge Menschen
im Alter von 15 bis 25 Jahren,
die Lust haben, ein eigenes
Video zu drehen, können bei
Filmemacherin Ola Lewin das
hierfür nötige Handwerkszeug
erwerben. Jeden Mittwoch ab
15 Uhr trifft sich die Film-AG
im Haus Sonneneck, Alt-Hellersdorf 29-31. Darüber hinaus
startete dort jetzt ein achtwöchiger Video-Sommerferienkurs. Die Teilnehmer können
eigene Ideen entwickeln, Drehbücher schreiben und vor und
hinter der Kamera agieren. Sie
lernen, wie man filmt, schneidet, beleuchtet, vertont und
letztendlich den fertigen Streifen im Internet veröffentlicht.
Die notwendige Technik wird
zur Verfügung gestellt. Der Ferienkurs findet bis zum 16.
August 2013 montags bis freitags von 10 bis 15 Uhr im Haus
Sonneneck statt. Anmeldungen
[email protected].
PS
Mädchen machen
Müll-Mode
Hellersdorf – Abfall kann so
kleidsam sein. Mädchen können
als „Müll-Designerin“ in diesem Projekt des Hella
Mädchenklubs, Tangermünder
Straße 2a, tragbare Mode aus
der gelben Tonne gestalten.
Direktrecycling heißt das Zauberwort. Mit Humor und kreativem Blick stehen Umweltproblematik und Müllvermeidung
im Mittelpunkt. Aus Folienbeuteln werden Kleider, aus
Draht und alten Zeitungen entstehen Hüte, Joghurtbecher werden zu Schmuck, Plastetüten zu
Ballroben, das Experiment
kennt keine Grenzen. Alle Ergebnisse werden beim Stadtteilfest in Hellersdorf-Nord am 24.
August präsentiert. Info Tel. 991
81 43, www.hella-klub.de. EK
Hellersdorf – Nachdem die anwesenden „Honoratioren“ mit
Gummibällen symbolisch den alten Kindergartenbau aus DDRZeiten (der ja längst abgerissen
ist) zum Einsturz gebracht hatten,
galt die neue Kita „Wunderwelt“
des Tägers JAO an der PeterHuchel-Straße 43 als nunmehr
„offiziell“ eröffnet. Wie groß die
Not an Kindergartenplätzen ist,
zeigte sich u.a. darin, dass JAOGeschäftsführer Rainer Rühlemann berichten konnte, dass alle
120 Plätze schon lange vor der
Eröffnung vergeben waren. Eine
Mutter hatte sich bereits bei ihm
gemeldet, nur nachdem sie „gehört“ hatte, dass in Hellersdorf
ein Kindergarten gebaut werden
„soll“. Insofern hat sich die Investition von 2,7 Millionen Euro
(ein Drittel davon Fördergeld) auf
alle Fälle gelohnt.
Das sieht auch Bildungssenatorin
Sandra Scheeres so, die Kindergärten als Bildungseinrichtungen
versteht, wo besonders Kinder,
„die zu Hause nicht so die Unterstützung erfahren“, frühzeitig Bildung erhalten. Stolz spricht sie
von Berlins bundesweiter Spitzenposition beim Kindergartenbesuch. 43 Prozent der Ein- bis
Dreijährigen besuchen eine Einrichtung, bei den Drei- bis Sechsjährigen sind es 96 Prozent. Und
Für Senatorin Sandra Scheeres, die nach eigenem Bekunden in letzter Zeit „ständig in Marzahn unterwegs“ war, hatte Juliane Witt ein Hochhaus aus Glas als Gastgeschenk mitgebracht. Später waren beide
Damen am symbolischen Sturz des alten Hauses mittels Gummibällen beteiligt.
Fotos: Nachtmann
bis 2016 sollen weitere 10 000
neue Kita-Plätze entstehen (allein
in diesem Jahr sind es 3000). Und
anders als in anderen Bundesländern werde dies nicht mit einer
Absenkung der Qualität erreicht,
in Berlin seien ausschließlich
ausgebildete Erzieher tätig.
Jugendstadträtin Juliane Witt erkannte in der gesamten Anlage
(nebenan befinden sich die
Grundschule „Am Hollerbusch“,
die Sporthalle der früheren Oberschule und das Wohnprojekt
„Kilele“) gar einen „Campus“ für
Bildung und Entwicklung.
Für den besonderen Bau mit einem Atrium in der Mitte hatten
sich Rühlemann und seine Mitstreiter im Rahmen des europäischen Comenius-Projektes extra
Anregungen in der Türkei geholt.
Nun schafft eine große Glasfassade auf zwei Etagen lichtdurchflutete Gruppen- und Funktionsräume. Diese sind mit Medienund Bewegungsraum, einer Kinderküche und einer Sauna ausge-
stattet. Durch die besondere Bauweise kommt das Gebäude im
Inneren ohne Fahrstühle aus. Vier
farblich unterschiedlich erkennbare Gruppen-Bereiche ermöglichen Kindern wie Eltern eine rasche Orientierung. Besonderen
Wert legen die JAO-Leute auch
auf ihr Konzept „Kochen vor
Ort“, das bei allen 18 Einrichtungen des Trägers, der seit genau
zehn Jahren nunmehr als KitaBetreiber aktiv ist, umgesetzt
wird.
R. Nachtmann
„Zu Fuß zur Schule – selbst
sicher mobil“
Richtfest an der
Johann-Strauß-Schule
BUND unterstützt Schulen bei Aktionen
Sportfunktionsgebäude mit Unterrichtsräumen
Berlin – Noch immer gibt es Verkehrschaos vor Schulen. In vielen Fällen sind es Eltern, die ihre
Kinder mit dem Auto zur Schule
bringen oder abholen, die dafür
verantwortlich sind. Die Folgen
davon: Kinder sind unselbständiger und unsicher im Verkehr, sie
bewegen sich weniger, haben
kaum Orientierungssinn und können sich schlecht konzentrieren.
Zusätzlich gefährdet das hohe
Verkehrsaufkommen die Kinder.
Deshalb ruft der BUND gemein-
sam mit dem Arbeitskreis Mobilitätserziehung in diesem Jahr
zum 10. Mal alle Berliner Schulen auf, sich an der Aktionswoche
„Zu Fuß zur Schule – selbst sicher mobil“ vom 16. bis 29. September zu beteiligen. Der BUND
unterstützt an den Aktionstagen
mit Beratung und Materialien.
Meldungen und weitere Infos
www.mobilitaetserziehung-berlin.de oder direkt bei Projektleiterin Gabi Jung, Tel: 78 79 00 31,
[email protected]. RN
Biesdorf – Eine wunderschöne
zweiteilige Richtkrone hatten die
Kinder der Johann-Strauß-Schule
– Grundschule mit musikbetonten
Zügen, Cecilienstraße 81, für das
Richtfest für ihren Schulergänzungsbau gebunden. Außerdem
zeigten sie, wie gut sie singen und
tanzen können. Angesichts der
steigenden Schülerzahlen wird das
dringend benötigte Gebäude bis
Mitte des Jahres 2014 fertiggestellt. Der Bau kostet rund vier
Millionen Euro.
RN, Foto: RS
Was man aus Stroh alles machen kann
Große Aktion auf dem Abenteuerspielplatz Wicke zum „Langen Tag der Stadtnatur“
Marzahn – Die „Spielplatzinitiative Marzahn“ wird im November dieses Jahres 23 Jahre alt und
hat sich zum Ziel gesetzt, Kinder
an die Natur heranzuführen; genau genommen an die vier Elemente Erde, Wasser, Feuer und
Luft. Getreu dieses Prinzips ist
auch das Alphahaus aus Wänden
mit Lehm und Blähton erbaut.
Zum „Langen Tag der Stadtnatur“
am 15. Juni stand das Basteln mit
Stroh im Vordergrund. Die Kinder sollen animiert werden, sich
mit diesem Baustoff zu beschäftigen. Zwei von ihnen, denen es
offensichtlich Spaß macht, im
Stroh zu spielen und eventuell
auch zu schlafen, sind Leonardo
Gospocic und Annabelle Fogel.
Kindern wie Eltern hat diese Aktion sehr viel Spaß gemacht.
LS, Fotos: Schuchert
Umwelt & Verkehr
jot w.d. 7/2013
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Energie aufgenommen
Erfolgreiches Projekt der Klingenberg-Schule
Biesdorf – Markus Mönig, Geschäftsführer der RWE Energiedienstleistungen, startete mit einem Bonmot. „Wer etwas verändern will, braucht Energie“, sagte
er und ergänzte sofort: „Keiner
schafft allein.“ Im Grunde war
damit alles gesagt. Das von RWE
unterstützte Energie-Projekt der
Schüler war von vielfachem Erfolg
gekrönt. Nicht nur, dass alle, auch
die Lehrer, viel gelernt hätten, wie
es die Pädagoginnen Sabine Flemming und Katrin Weber auf der
Abschlussveranstaltung berichteten. Im Zuge des (noch nicht ganz
fertigen) Umbaus des Schulhofes
wurde der „Energie-Spielplatz“
installiert (siehe jot w.d. 1/2013).
In den Klassenstufen 7 bis 10 wurde das Thema „Energie“ in mehreren Fächern von verschiedenen
Seiten beleuchtet.
Mit dem „Experimentier-Koffer“
wurden verschiedene Untersuchungen angestellt, Schüler erzeugten im Schweiße ihres Ange-
Markus Mönig gratuliert Schulleiterin Sybille Fricke und Wettbewerbs-Preisträger Simon Bothe.
Foto: Nachtmann
sichts Strom mittels eines Fahr- Stromverbrauch in einem Superrad-Ergometers und mussten da- markt ermittelt und dort nach zubei erkennen, welch hoher Auf- sätzlichen Einsparmöglichkeiten
wand nötig ist, um so ein Radio gesucht.
zum Klingen zu bringen. Es gab Schulleiterin Sybille Fricke ist
Kraftwerksbesuche, Solartage, noch immer erstaunt, dass das
Klimaprojekte. So wurde u.a. der alles überhaupt geklappt hat.
„Wir haben unglaublich viel gelernt, nicht allein zum Thema
Energie“, sagt sie. „Wir haben
auch gelernt, wieviel eigene Energie nötig ist, um etwas zu tun.“
Drei der beteiligten Schüler, Eileen Kahle, Leonart Ballhorn und
Tim Frohne, die besonders viel
Energie in die verschiedenen Projekte gesteckt hatten, wurden von
Mönig mit Urkunden und Preisen
ausgezeichnet. Besonderes Lob
erfuhr Simon Bothe aus der Klasse 10A, der sich am Aufsatzwettbewerb zum Thema „Wie leben wir energetisch 2050?“ beteiligt hatte und mit seinem Text den
dritten Preis (bei fast 500 Teilnehmern von zehn Schulen bundesweit) errang. Das freute Sybille Fricke in doppeltem Maße,
denn während sich Simons Preisgeld auf 500 Euro belief, erhielt
sie für ihre Schule 1000 Euro extra. Die sollen in weitere KlimaBildungsprojekte fließen.
R. Nachtmann
Will Senator Müller mehr Autoverkehr
in Siedlungsgebieten?
Biesdorf – Selten hat ein Verkehrsprojekt in den vergangenen
Jahren derart polarisiert wie der
Weiterbau der Tangentialen Verbindung Ost (TVO), deren fehlendes Teilstück zwischen Märkischer Allee und An der Wuhlheide auf der früheren Bahntrasse
gebaut werden soll. Doch es
scheint, als würden Bausenator
Michael Müller und seine Beamten sich der Sache allein mit Blick
vom fernen Schreibtisch in der
Mitte Berlins zuwenden. Es ist,
glaubt man den höheren Beamten der Verwaltung, längst ausgemachte Sache, dass mindestens
zwei, eher sogar vier Straßenanbindungen an die neue vierspurige Schnelltrasse mitten durch bisher ruhige Wohngebiete geschlagen werden. Als Begründung
müssen vage, nicht verifizierbare Einschätzungen über die Menge des Quellund Zielverkehrs herhalten. Und damit
nicht genug:
Bekanntermaßen will Müllers Verwaltung die Straße
ausschließlich
auf der östlichen Seite der Bahnstrecke bauen. Das bedeutet, dass
sogar eine Reihe Wohnhäuser enteignet werden müssen, um sie für
die Trasse abzureißen.
In zwei Jahren beginnt das Planfeststellungsverfahren für den
Bau. Dass die
Berliner Hauptverwaltung sich
nicht an den
sinnvollsten
Vo r s c h l ä g e n ,
sondern stets an
den billigsten,
gern auch zu Lasten der Bürger
(man selbst wohnt ja schließlich
dort nicht), orientiert, haben diverse Senatoren und Senatorinnen
u.a. bei der Ortsumfahrung
Ahrensfelde oder dem Ausbau der
B 169 bewiesen. Für Müller soll,
so sagen Insider, gelten: Ostvariante mit mindestens zwei
Anbindungen oder gar nichts.
Man werde das Geld gern auch
in andere Straßenbauprojekte
stecken, wurde gedroht. Wohl
auch deshalb ist der Widerstand
aus der Bezirkspolitik, besonders
aus dem Bezirksamt, krepiert wie
ein Schneemann in der Sonne.
R. Nachtmann
Hönower Gewässer auf Hellersdorfer Gebiet
Hoppegartener Seniorenwanderung führte durch die Hönower Weiherkette
Hellersdorf/Hoppegarten – Die
diesjährige Wanderung anlässlich
der Brandenburger Seniorenwoche führte diesmal nicht auf
dem Europawanderweg E11 nach
Friedrichshagen, sondern vom UBahnhof Hönow durch die interessante Weiherkette zum Dorfanger Hönow und endete mit einem kleinen Imbiss auf dem
Gelände der dortigen Jugendwerkstatt. Immerhin
folgten vierzig interessierte Wanderfreunde den Aufrufen des Vorsitzenden des Seniorenbeirates, Bernd
Meinecke, und der
Gemeinde Hoppegarten. Die diesjährige Wanderung leitete Prof. Eckhard
Menzel. Von ihm wurde zu Beginn die ausgewählte Route in
die besondere Naturlandschaft
der „Hönower Weiherkette“ mit
ihren unterschiedlichen Gewässern wie Seen, Pfuhle und Sölle
und der weitere Weg bis zur
Jugendwerkstatt erläutert.
Der Hechtsee östlich vom UBahnhof war das erste Ziel. Ei-
nen kleinen Blick auf diesen See
ermöglichte die Aldi-Zufahrt. Die
Weiherkette wurde vom Dorfchronisten Werner Haase einmal
„Zehn-Seenkette“ genannt. Vorbei führte der Weg an Enten- und
Weidenpfuhl, Bogensee, Krautund Froschpfuhl und dem Unter-
see. Tatsächlich konnte man die
Blätter der Mummel (der Gelben
Teichrose) aus der Ferne in einem
See gut erkennen.
Am Ende der Wanderung zeigte
Prof. Menzel im Hönower Gemeindehaus ein unter seiner Leitung im Videoclub Hönow erstelltes Video zum Thema „Hönower Weiherkette und Seenlandschaft“. Die bei
der Wanderung zu
Fuß gewonnenen
Eindrücke konnten
so noch einmal in Erinnerung gerufen
werden. Prof. Menzel plant im kommenden Jahr die
Weiterführung der
Wanderung zu den
nördlich vom Hönower Anger liegenden
Seen.
Holger Ruppert,
Der Froschpfuhl gehörte für viele Teilnehmer zu den beeindruckendsten Gewässern der Hönower Weiherkette, die von Prof. Eckhard Menzel sachkundig vorgestellt wurde.
Fotos: Ruppert Ortschronist Hönow
Mit zwei PS auf
Rindertour
Malchow – Die Naturschutzstation lädt am 14. Juli zu einer Kremserfahrt mit DiplomBiologin Beate Kitzmann zu
den robusten Highland Cattles
und Heckrindern (Rückzüchtung der im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen), die das ganze Jahr über
die Landschaft in den Schutzgebieten am nördlichen Berliner Stadtrand fressend vor dem
Zuwachsen bewahren. Neben
Informationen über Biolandwirtschaft und ökologische
Landschaftspflege erwartet die
Besucher an Bord ein Picknickkorb mit schmackhaften Bioprodukten aus dem Naturhofladen. Start 14 Uhr an der
Naturschutzstation, Dorfstraße
35 (Bus 154 und 259 bis Malchow Dorfstraße), Kosten 5,
Kinder 2 Euro. Info und Anmeldung Tel. 92 79 98 30, www.naturschutz-malchow.de.
VBB sucht
Quali-Scouts
Berlin/Brandenburg – Der
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg sucht engagierte Fahrgäste, die auf ihrem täglichen
Weg bewusst auf Qualität und
Zufriedenheit im Öffentlichen
Personennahverkehr (ÖPNV)
achten. Ehrenamtlicher QualitätsScout kann jeder werden,
der mindestens 18 Jahre alt ist
und regelmäßig mit Bussen und
Bahnen in Berlin und Brandenburg, ob zur Schule, zur Arbeit
oder in der Freizeit, unterwegs
ist. QualitätsScouts beobachten
zum Beispiel, ob die Fahrzeuge pünktlich und sauber sind,
ob Fahrpläne an den Haltestellen aushängen oder ob die Anschlüsse funktionieren. Idealerweise steigen sie auf ihrem
Weg mindestens einmal um
und nutzen dabei unterschiedliche Verkehrsmittel.
Bewerbungen bis 15. Juli, Informationen und Anmeldeformulare www.vbb.de oder im
VBB-Infocenter, Hardenbergplatz 2, Tel. 25 41 41 41. RN
Bürgerbusse
informieren
Brandenburg – Die vier Bürgerbusvereine, für die der
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) regelmäßig Erfahrungsaustausche organisiert,
informieren seit jüngst auf der
gemeinsamen Internetseite
www.buergerbusse-brandenburg.de. Dort klären die vier
Vereine über ihr Konzept „Bürger fahren für Bürger“ auf – mit
Hinweisen, wie man den nötigen Verein gründet, wo man Unterstützung bekommt und welche Partner nötig sind, es gibt
Tipps zu Finanzierung, Marketing und zum Fahrerhandbuch.
Bürgerbusvereine sorgen nicht
nur für öffentliche Mobilität in
ländlichen Regionen, sondern
auch für soziale Netzwerke, die
das Heimatgefühl für die eigene Region stärken.
RN
12
Brunch im
Stadtteilzentrum
Hellersdorf – Der Verein Mittendrin in Hellersdorf lädt am
13. Juli zu einem Brunch in das
Stadtteilzentrum HellersdorfOst, Albert-Kuntz-Straße 58,
ein. Unter dem Motto „Gut essen beflügelt die Seele“ erwarten die Besucher selbst gefertigte Salate und bewährte
Hausmannskost. Beginn 10.30
Uhr, Kosten 4 Euro pro Person,
Kinder die Hälfte, Anmeldung
Tel. 99 88 160.
jot w.d. 7/2013
Wirtschaft & Soziales
Spende für die Flutopfer
Wer hat den Dank
der BVV verdient?
Marzahn-Hellersdorf – Die
Bezirksverordneten-Versammlung dankt seit 2003 alljährlich
zum „Tag des Ehrenamtes“ am
5. Dezember verdienstvollen
Bürgerinnen und Bürgern für ihren persönlichen Einsatz zum
Wohle der Gemeinschaft. Auch
in diesem Jahr ruft BVV-Vorsteherin Kathrin Bernikas dazu auf,
Vorschläge für die Ehrung besonders engagierter Mitmenschen
bei ihr einzureichen. Die namentlichen Vorschläge müssen
eine ausführliche Begründung
enthalten. Voraussetzung ist u.a.
ein mindestens dreijähriges ehrenamtliches Engagement im
Bezirk. Die Anzahl der Vorschläge ist auf zwei pro Einreicher
begrenzt. Die Zuschriften werden im September von der Arbeitsgruppe der BVV nach festgelegten Kriterien bewertet. Vorschläge bis 31. August an: Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf
von Berlin, BezirksverordnetenVersammlung, Die Vorsteherin,
12591 Berlin, Fax. 90 293 58 15,
email [email protected]. Auskünfte erteilt das Büro
der BVV, Tel. 90 293 58 12.
Klage gegen neuen
Rundfunkbeitrag
Berlin – Beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg ist
eine Normenkontrollklage gegen
die Satzung des Rundfunks Berlin-Brandenburg (rbb) zum neuen Rundfunkbeitrag eingelegt
worden. Die Klage wurde vom
Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) initiiert. Gerügt
wird mit der Klage, dass mit dem
Rundfunkstaatsvertrag verfassungswidrige Regelungen getroffen worden sind. Verletzt werden
insbesondere das Persönlichkeitsrecht und das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung
des Beitragszahlers. So würde mit
den Regelungen zur Datenerhebung und -verarbeitung ein umfassendes zentrales Datenregister
zu Haushalten und Wohnungen
sowie Betriebsstätten und Kraftfahrzeugen geschaffen, das über
den Umfang der vorhandenen Register (insbesondere Melderegister, Unternehmensregister,
Zentrales Fahrzeugregister) hinausreicht und das diese miteinander verknüpft. Damit entstehe ein
neues zentrales Sammel-Melderegister aller Haushalte, Betriebsstätten und Kraftfahrzeuge.
In diesem Falle treffen „Wirtschaft“ und „Soziales“ einmal ganz genau zusammen: Anlässlich von Geburtstag und Hauseinweihung sammelte eine Gruppe Biesdorfer Unternehmer statt Geschenken (Motto: Wir haben alles, was wir brauchen.) Geld für die Geschädigten des diesjährigen Hochwassers. Angeregt hatten die Benefizaktion Stefan Kiesewetter und Jürgen Winkler. Bodo Schröder sammelte in der Spendenbüchse, eine „Herrenrunde“ rundete die Summe kräftig auf, die beiden Unternehmer verdoppelten sie dann noch einmal. So kamen 1100 Euro
zusammen für Menschen, die ihr Hab und Gut verloren haben. „Auch einen jeden von uns kann solch ein Unglück treffen“, sagte Schröder.
„Dann sind wir froh, wenn auch uns geholfen wird.“ Die Summe wurde auf das zentrale Spendenkonto überwiesen.
Foto: Nachtmann
Momente bewahren
Keine Gefahr durch
Arznei im Trinkwasser
Malereien von Menschen mit Demenz
Berlin – Toxikologische Vorgaben
des Umweltbundesamtes werden
beim Berliner Trinkwasser eingehalten, eine Gefahr durch Rückstände
vom Medikamenten oder Drogen
bestehe nicht. So jedenfalls sieht es
Gesundheits-Staatssekretärin Emine
Demirbüken-Wegner, die auf eine
entsprechende Anfrage des PiratenAbgeordneten Christopher Lauer
antwortete. „In messbaren, aber sehr
geringen, Konzentrationen gelangen
einige Einzelsubstanzen wie iodierte
Röntgenkontrastmittel und einige
Medikamente (Carbamazepin, Diclofenac, Phenazone, Sulfamethoxazol, oder Primidon) als so genannte Spurenstoffe in die Oberflächengewässer“, heißt es in den Ausführungen. Allerdings sei aufgrund der
demographischen Entwicklung und
der damit verbundenen Zunahme an
älteren Menschen mit einem steigenden Arzneimittelkonsum und damit
einhergehend einem „Anstieg der
Freisetzung in die Gewässer“ zu
rechnen. Noch jedenfalls sei „mit
hinreichender Sicherheit davon auszugehen, dass das Berliner Trinkwasser keine gesundheitlich schädliche Auswirkung auf die Gesundheit der Menschen“ habe. Denn das
von der Trinkwasserverordnung geforderte Minimierungsgebot für
Spurenstoffe werde zurzeit von den
Wasserbetrieben eingehalten. Im
Rahmen verschiedener Forschungsprojekte werden aber Möglichkeiten
der Entfernung organischer Spurenstoffe und Arzneistoffe aus Kläranlagenabläufen der Wasserbetriebe
untersucht. Dazu zählen auch Technologien der 4. Reinigungsstufe bei
Klärwerken.
R. Nachtmann
Marzahn-Hellersdorf – Bis zum
Januar kommenden Jahres ist an
verschiedenen Orten des Bezirkes
eine Wanderausstellung der besonderen Art zu bewundern – die
Ergebnisse des vom „Interessenverbundes Gesundheit im Alter“
initiierten Projektes „Momente
bewahren – Menschen mit Demenz malen“. Im Juni waren sie
in der „Kiste“, Heidenauer Straße 10, zu sehen. Zur Ausstellungseröffnung am 4. Juni waren
die Initiatoren, viele Besucher,
darunter einige der ausstellenden
Hobbymaler und Dagmar Pohle,
Stadträtin für Gesundheit und
Soziales, gekommen. Sie ist die
Schirmherrin des Projektes, das
„Menschen mit Demenz Mut
machen soll, sich kreativ zu betätigen“. In den Malgruppen hätten einige der Teilnehmer unter
Anleitung der Malerin Regina
Stender und der Kunsttherapeutin
Christiane Rach sogar zum ersten
Mal gemerkt, dass sie malen und
ihren Gefühlen auf diese Weise
Ausdruck geben können. „Einige
haben nach 50, 60 Jahren zum
ersten Mal wieder einen Pinsel in
die Hand genommen“, sagt Frau
Rach, Dozentin der Alzheimer
Gesellschaft Brandenburg e.V.
Entstanden sind Aquarelle und
Acrylbilder auf Leinwand und
Papier und Zeichnungen. Manche
Bilder entstanden in zehn Minuten, andere in einer Stunde. Es ist
die Stimmung des Momentes, in
dem es geschieht, die festgehalten und so bewahrt wird.
Die Initiatoren erhoffen sich, auch
mit solchen Projekten die gesellschaftliche Diskussion zum Thema Demenz und Alzheimer zu
befördern, Barrieren abzubauen
und Menschen anzuregen, sich
über die Krankheit zu informieren. Darüber hinaus gelte es, eine
oftmals übersehene Seite der erkrankten Menschen, ihr immer
Einige der beteiligten Künstler
waren auch zur
Ausstellungseröffnunf in die Kiste
gekommen und
freuten sich über
einen unerwartet
großen Zuspruch
des Publikums.
Das staunte auch
nicht schlecht
über das große
Bild „Frühling“.
Fotos: Nachtmann/Dittmann
noch vorhandenes kreatives Potential, sichtbar zu machen.
Demenzkranke bekämen so die
Möglichkeit, aus dem Schatten zu
treten, Anerkennung und Wertschätzung zu erhalten.
Seit 2. Juli ist die Ausstellung in
der Senioren Residenz „Polimar“,
Ludwig-Renn-Straße 66-72, zu
sehen und ab 6. August im
Stadtteilzentrum Mosaik, Altlandsberger Platz 2 (Vernissage
15 Uhr). Weitere Stationen der
Wanderausstellung sind das Restaurant „Zur kleinen Remise“ in
der Oberfeldstraße (September),
der Kompass, Kummerower Ring
42 (Oktober), der Mitgliedertreff
der Ersten Marzahner Wohnungsgenossenschaft, Landsberger Allee 539 (November), die Arztpraxis Bindseil, Myslowitzer Straße
59 (Dezember) und das Bezirksamt, Altes Rathaus am HeleneWeigel-Platz (Januar 2014).
Ingeborg Dittmann
Feuilleton
jot w.d. 7/2013
Der letzte große Kanzler
Egon Bahr über Willy Brandt
Die Nazis hatten ihm schon kurz
nach ihrem Machtantritt die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt. Nun muss Willy Brandt,
in norwegischer Uniform kurz
nach dem 2. Weltkrieg zurückgekehrt in sein Heimatland, in einem
juristischen Hürdenlauf darum kämpfen,
wieder einen deutschen Pass zu erhalten. Darüber zu entscheiden haben auch
Leute, die Brandt
einst die Staatsbürgerschaft entzogen.
Einer von vielen unbekannten Fakten
um Willy Brandt,
den 1992 gestorbenen früheren Bundeskanzler und SPDVorsitzenden, von
denen Egon Bahr in seinen Erinnerungen berichtet.
1960 hatte Brandt als Regierender Bürgermeister von Westberlin
den RIAS-Chefredakteur Bahr als
Pressesprecher des Senats geholt.
Als engster Vertrauter Brandts
folgte er ihm später ins Auswärtige Amt, wurde danach Staatssekretär im Bundeskanzleramt,
anschließend Bundesminister für
Wirtschaftliche Zusammenarbeit
und schließlich SPD-Generalsekretär unter dem Parteivorsitzenden Willy Brandt.
Über viele Jahre war er engster
Berater Brandts in Fragen von dessen Osteuropapolitik. Ob das letzt-
lich erfolgreiche Motto vom „Wandel durch Annäherung“ auf seinem
oder Brandts Mist gewachsen ist,
lässt Bahr offen. Bahr berichtet
auch davon, mit dem SED-Funktionär Hermann Axen so eng befreundet gewesen
zu sein, dass der
ihn zum gemeinsamen Urlaub in
sein Haus an der
Ostsee eingeladen
hätte. Positiv ist
auch das Bild, das
Bahr von Erich
Honecker zeichnet. Für ihn war
der kein dummer
höriger Knecht
Moskaus, sondern
ein durchaus kluger Politiker, der
aus seiner Gegnerschaft zur alten
Bundesrepublik keinen Hehl
machte und bei Vertragsgesprächen stets das Beste für die DDRBevölkerung erreichen wollte.
Sehr differenziert fällt das Urteil
zu zwei Weggefährten Brandts
aus. Herbert Wehner sagt Bahr
nach, dass der ein übler Gegner
Brandts gewesen sei, auch wenn
er das nie offen zugegeben hätte.
Helmut Schmidt hingegen hätte
sich stets als Freund erwiesen,
den Brandt sehr geschätzt habe.
Hans Sandow
Egon Bahr: „Das musst du erzählen“ - Erinnerungen an Willy
Brandt, Propyläen, 19,99 Euro.
13
Ein „Dorfsheriff“ in Berlin
Ein Krimi mit Typen von der Schablone
Horst Evers, dem seine vielen
Leser Bücher mit skurrilen Erzählungen wie „Mein Leben als
Suchmaschine“, „Gefühltes Wissen“ oder „Die Welt ist nicht immer Freitag“ verdanken, hat das
Fach gewechselt. „Der König von
Berlin“ ist sein erster Kriminalroman. Im Herbst vergangenen
Jahres erschienen, hat er bereits
mehrere Auflagen erlebt.
Der junge Kommissar Lanner hat
daheim im niedersächsischen
Cloppenburg den gefürchteten
Hühnerbaron zur Strecke gebracht.
Der Lohn lässt nicht auf sich warten. Lanner wird als Hauptkommissar nach Berlin versetzt. Hier
erwarten ihn gleich mehrere Unannehmlichkeiten. Für seine neuen Kollegen, einschließlich des Spurensicherers, hat Lanner bestenfalls die Fähigkeiten eines Dorfsheriffs, wie sie
ihn hinter vorgehaltener
Hand auch nennen. Zudem muss er sich in der
großen Stadt, die er
noch nicht kennt, mit einem alten Dienstwagen
ohne Navigationsgerät
bescheiden. Außerdem
ist gleich sein erster Berliner Fall
ein Brocken, vor dem mancher kapituliert hätte.
Im Garten eines Mietshauses findet man die seit Monaten vergrabene Leiche eines Mannes, den
scheinbar niemand gekannt hatte
und der von niemandem vermisst
wurde. In seiner Wohnung werden
Unmengen von Bargeld gefunden,
von denen man nicht weiß, woher
sie stammen. Zugleich ereilt den
Chef der größten Schädlingsbekämpfungsfirma ein mysteriöser
Tod, und kurz darauf wird Berlin
von einer gewaltigen Rattenplage
bedroht.
Je weiter Lanner in seinem Ermittlungen vorankommt, desto tiefer
taucht er in die Praktiken und
Geheimnisse einer speziellen Berliner Mafia ein, der das naturgemäß überhaupt nicht gefällt. Ihre
Hinweise, wie weit Lanner gehen
sollte, sind mehr als deutlich und
teilweise auch handgreiflich. Als
Lanner gar mit dem Tode bedroht
wird, rettet ihn sein Vorgänger als
Hauptkommissar, der einst seinen
Dienst als Kapitulation
vor dieser Mafia quittiert hat.
Mitunter hat man den
Eindruck, Evers Personen stammten von der
Schablone „Welche Typen brauche ich für einen Krimi?“ Besonders
der Rechtsanwalt Dr.
Kersting ist von Anfang
bis Ende solch ein
Fiesling, den man sich
kaum selbst ausdenken kann.
Bleibt zu hoffen, dass Evers Personen und Geschehen frei erfunden hat. Ansonsten müsste er sich
wohl auf einiges gefasst machen.
Hans Sandow
Horst Evers: Der König von Berlin, Rowohlt Berlin, 19,95 Euro.
Temporäre
Kunstprojekte
Marzahn – Auch in diesem Jahr
sind wieder verschiedene Kunstaktionen auf der Marzahner Promenade zu erleben. Drei künstlerische Aktionen werden in ungewöhnlicher und spannender
Weise den Raum der Marzahner
Promenade beleben.
Barbara Friess organisiert am 2.
August ein „Gespräch um acht
Ecken“, lädt 19-22 Uhr sieben
Anwohner aus der Promenade für
einen Abend zum Essen auf einem Platz der Promenade ein.
Das Tischgespräch wird über
Mikrofone an Kopfhörer übertragen, die sich an den nahe gelegenen öffentlichen Sitzgelegenheiten befinden.
Timo Kahlens „Trojaner“, eine
prägnante, farbige, abstrakte
Skulptur, die auch einen starken
Duft verströmt, wird von einer
Person am 11., 12. und 17. Juli,
10-13 Uhr durch den Aktionsraum
der Promenade bewegt. Passanten
können ein Bild des „Trojaners“
als Geschenk erhalten, das als 3DPostkarte hergestellt wird.
Stephan Kurr möchte am 17. September mit Unterstützung des
Tänzers und Choreographen
Alessio Trevisani „eine gemeinsame Bewegung“ durch die
Marzahner Promenade initiieren.
Menschen werden sich in einer
Art choreographiertem Gleichklang von einem Ende der
Marzahner Promenade zum anderen bewegen. Mitmachen erwünscht, Treffpunkt 16 Uhr vor
dem Freizeitforum.
RN
Der Sommer des Lebens soll dauern
Kabarettistin und jot w.d.-Kolumnistin Dagmar Gelbke freut sich über fleißige Untermieter,
die Kater Karl und Toni und erlebte eine tolle Klassenfahrt nach Polen
Das Gefühl, der Sommer hätte sich
schon verabschiedet, lässt sich
nicht unterdrücken, vielleicht,
weil alles schon passiert ist, was
normalerweise im Spätsommer
stattfindet – unser wunderbares
Sommerfest der Schlagersänger
zum Beispiel. Und nach den wenigen Hundstagen Mitte Juni
brach der Sommer ziemlich
schlecht gelaunt mit schweren
Unwettern und Überschwemmungen über uns herein. Und, als hätte er sich durch seine Kraftprotzerei übernommen, hat er
gleich noch den schlafenden
Herbst wachgerüttelt und ihn sozusagen als Azubi zur Unterstützung mitgebracht. Prompt ist auch
meine Heizung schon wieder angesprungen.
Und meine Tochter Paula, die gerade eine Sommergrippe auskurierte, meinte lakonisch, nun habe
sie die eine Woche Sommer, die
Deutschland jährlich zu bieten
habe, auch noch im Krankenbett
verbracht. Wie mein Freund Uwe,
mein „Spätverlobter“, der sieben
Mal in der Woche Spinat mit Spiegelei nebst meiner Bouletten essen kann. Aber bei ihm ist das mit
dem Krankenbett eine viel schlimmere Geschichte, denn Uwe war
mal wieder mit einem seiner „Neffen“ auf Reisen in Richtung Bangkok. Es passierte während des Fluges. Gerade als er aus der Toilette
kam, kündigte der Kapitän Turbulenzen an. Uwe setzte sich brav auf
den nächsten freien Sitz, den einer Stewardess, die ihn aber zurück auf seinen Platz scheuchte.
Doch dann kam es sehr plötzlich,
das Luftloch, Uwe wurde gegen
die Decke geschleudert und just
bei der Landung im Kabinengang
zog die Maschine wieder nach
oben. Ergebnis: Uwe hat zwei ge-
brochene Kniescheiben und ein
gebrochenes Sprunggelenk, sitzt
im Rollstuhl und ist zum absoluten Nichtstun verurteilt. So schnell
kann es gehen. Man hört so was
selten, aber man sollte bei jeder
Flugreise darauf gefasst sein. Und
in Europa ist unter dem Stichwort
„Höhere Gewalt“ mit Schmerzensgeld und Schadenersatz nicht
zu rechnen.
Inzwischen läuft unser Frankfurter Sommerprogramm wie geschmiert – die unermüdliche Uschi
Pulley und Puppendoktor Pille
sowie meine Studiengruppe zur
DDR-Geschichte an der Fern-Uni
Hagen waren da und können bestätigen, was mein Professor zu
unserem „Oderhähne“-Chef Wolfgang Flieder sagte: „Das Programm ersetzt drei Vorlesungen
zur DDR-Geschichte und zur Befindlichkeit in den neuen Bundesländern.“ Und es ist obendrein
noch ein richtiger Sommerspaß.
Aber ich plane ja schon die neuen
Proben für die Herbst/WinterSpielzeit und war auch schon in
Leipzig, wo ich ab September immer montags Gesangsunterricht an
einer Schauspielschule geben soll.
Ja, vielleicht ist das ja die Alter-
native zum Schauspielern, was so
herrlich jung hält – wenn dann mal
irgendwann keine Angebote mehr
kommen.
Meine Hobbits zu Hause haben
inzwischen Rasen gemäht, Holz
gehackt und nach Besuchen ihrer
Mütter auch begonnen, ihr Bad zu
putzen. Außerdem springen nun
drei Katzen in meinem Haus herum, genauer gesagt: ich und zwei
Kater – Karl, den ich adoptieren
werde, ein vornehmer „älterer
Herr“, und Toni, das Weichei, der
sich mal wieder unterworfen hat,
obwohl er eigentlich der Herr im
Hause ist. Na ja, es soll auch unter Katzen Gastfreundschaft geben.
Apropos: Auch unsere jährliche
Kabarett-Klassenfahrt haben wir
schon hinter uns. In diesem Jahr
ging es in die Kaschubische
Schweiz und nach Danzig. Ich hatte ja darauf bestanden, dass wir
uns – passend zu meinem Studienthema „Kolonialisierung als Landnahme durch Missionierung“ – die
bombastische Marienburg als Sitz
des Deutschen Ordens anschauen.
Was keiner bereut hat. Die Hotels,
ob mitten im Wald oder im Zentrum von Gdánsk, sauber und
preiswert, in den Kneipen gutes
Bier, traditionelle Küche (ich habe
endlich mal wieder „Flecke“, also
Kuddeln gegessen) und guter Jazz.
Überall höfliche, gastfreundliche
Menschen, die zwar kaum noch
Deutsch sprechen, dafür aber Englisch. Und insgesamt kann man die
Polen nur bewundern, wie toll sie
die alten Städte wieder aufgebaut
haben.
Und das Allerschönste: Es gibt sie
noch, die wahre, ewige Liebe!
Auch das haben uns zwei Polen
demonstriert auf unserer Fahrt:
Teresa und Waldeck, Putzfrau und
Maurer, Freunde des Kabaretts
sozusagen. Sie fuhren mit uns, und
immer, wenn sie mit ihren schönen, vom Kirchenchor geschulten
Stimmen am Lagerfeuer oder bei
den Feten im Hotelzimmer für uns
sangen, dann strahlten sie sich an
wie Verliebte am ersten Tag - nach
38 Ehejahren. Tja, wenn ich mich
dann so in unserer Runde umgesehen habe: Die deutschen Uraltpaare könnten sich da an den Polen ruhig mal ein Beispiel nehmen.
Damit wenigstens der „Sommer
des Lebens“ nicht so schnell vorüberrauscht. In alter Liebe
Eure Daggie
14
jot w.d. 7/2013
Empfehlungen
Sommer-Schlager-Party
im Kofferradio
Berlin – Die Sendung am 6. Juli
ist Jubilaren gewidmet, die im Mai
oder Juni einen besonderen Geburtstag feierten. Aus 98 Zuschauervorschlägen wählte Moderator Siggi Trzoß u.a. folgende Interpreten aus: Rica Deus, Gypsi
(Foto: Nachtmann), Bärbel Wachholz, Sonja Siewert/Herbert Klein,
Klaus Sommer, Ilka Lux, Andreas
Holm und James W. Pulley. Die
Sendung am 13. Juli gestaltet der
Hörer Andreas-Josef Keller aus
Karlstad (Schweden). Zu seinen
Favoriten zählen u.a. Nina Lizell,
Britt Kersten, Eva-Maria Pieckert,
Ruth Brandin, Michael Hansen und
Regine Dobberschütz. Die erste
„Kofferradio-Sommer-SchlagerParty 2013“ geht am 20. Juli über
den Sender Alex Berlin. Zu den
„sonnigen“ Hits aus fünf Jahrzehnten gehören „Guten Morgen, lieber
Sonnenschein“ (Ruth Brandin),
„Der Sonnenschein“ (Dagmar
Frederic & Maxi), „Trag die Sonne in jedes Haus“ (Vera Schneidenbach), „Wenn es keine Sonne gäbe“
(Ingo Graf), „Die Sonne bringt es
an den Tag“ (Regina Thoss), „Sonnenschein sind meine Lieder“
(Gerti Möller) und „Nachts scheint
die Sonne“ (Wilfried Koplin).
Geburtstagskinder des Monats Juli
präsentieren am 27. Juli ihre
Songs. Zu ihnen gehören Gaby
Rückert, Peter Wieland, Roland
Neudert, Regina Thoss, Dina
Straat, Gerd Christian und Ljubka
Dimitrovska. Eine Schlagerreise
kreuz und quer durch Deutschland
kann man am 3. August erleben,
ohne sich aus seinem Sessel erheben zu müssen. „Mein Oberhavelland“ besingen Ingrid Raack und
Gerd Christian. Klaus & Klaus entführen „An die Nordseeküste“.
Hauff/Henkler schwärmen von
„Hiddensee“, Siegfried König von
Rostock. Brigitte Ahrens meint
„Du, mein Sachsenland“ und Karin Roth, Eberhard Hertel, Gaby
Albrecht und Gitte & Klaus fordern
auf „Komm doch mit in den Thüringer Wald“.
Das „Kofferradio“ geht jede Woche
sonnabends zwischen 14 und 15
Uhr über den Sender Alex Berlin.
Zu empfangen über Antenne (88,4
und 90,7), Kabel (92,6) und im
Internet: www.alex-berlin.de,
www.siggitrzoss.de). I. Dittmann
Recken im Rock
3. Berliner HighlandGames in den Gärten der Welt
Marzahn – Aufregende Wettkämpfe, schottische Lebensfreude, ein
Hauch keltischen Zaubers und die
Kür des deutschen Meisters im
Hammerwurf können die Zuschauer bei den 3. Berliner HighlandGames am 27. und 28. Juli von 11
bis 17 Uhr in den Gärten der Welt
erleben. Bei traditionellen Disziplinen wie dem Baumstammwerfen,
Steinstoßen oder Gewichtsweitwurf messen sich die besten „Highlander“ Deutschlands.
Die Wettbewerbe starten am Sonnabend mit den Mannschaftswettkämpfen. An den Start gehen Frauen- und Männerteams. Am Sonntag kämpfen dann die Einzelprofis
(„Heavys“) um die vorderen Plätze. Besonders spannend wird es
beim Hammerwurf („scottish hammer“). In dieser Disziplin wird der
deutsche Meister ermittelt. Die
Besten der Besten erhalten Preisgelder und Pokale. Neben den aufregenden Wettkämpfen gibt es ein
unterhaltsames Showprogramm mit
schottischen Dudelsackklängen.
Das Wandertheater Cocolorus zeigt
anschaulich, wie das Leben im
Mittelalter zuging. Handwerker,
Händler, Spielleute und Gaukler
lassen die Vergangenheit aufleben
und präsentieren ein historisches
Marktspektakel. Kulinarische Spezialitäten runden das bunte Programm ab.
Die Highland Games haben ihren
Ursprung im schottischen Clan-
wesen und finden schon seit Jahrhunderten statt. Die alten Clanoberhäupter ermutigten ihre Männer dazu, ihre Kampfbereitschaft
bei Kraft, Geschicklichkeits- und
Ausdauerübungen zu beweisen.
Wer seine Highlanderqualitäten
selbst einmal testen will, sollte
schon am Freitag, 18 Uhr, in die
Gärten der Welt kommen. Dann
gibt es für alle Neugierigen ein
zweistündiges Gratis-Training von
den „Lowlandern“, den offiziellen
Schiedsrichtern des spektakulären
Vergnügens.
Eintritt Erwachsene 6, Kinder 2,50
Euro, Jahreskartenbesitzer und
Kinder bis zu 5 Jahren frei.
Gar nicht so leicht, das Baumstammwerfen. Foto: Nachtmann
direkt – Briefe & Antworten
jot w.d. 7/2013
15
Wernerbad – es ginge auch anders Hüpfen und Schach spielen
Zu: Bürgerversammlung zum Thema in Kaulsdorf
Den Gezipark von Istanbul gibt
es auch in Mahlsdorf – das Wernerbad. Anfang Juni hatten die
Bündnisgrünen zu einer Bürgerversammlung zum leidigen Thema eingeladen. Der Gemeinderaum der katholischen Kirche war
wohl gefüllt, eine rege Diskussion schloss sich an eine Einführung über „grüne Aspekte zum
Baden“ an.
Für viele Anlieger sind „die Messen schon gesungen“. Ein starkes
Stromkabel wurde in die Erde
gelegt, auch die Wasserbetriebe
waren bereits am Werk. Die Bäderbetriebe wollen an Investoren
verkaufen. Auch unter dem Motto: Egal, was die damit machen?
Und wenn alle Bäume abgesägt
und das Bad zugeschüttet werden
– Hauptsache, die Kasse stimmt.
Dann kann endlich in MarzahnHellersdorf mit diesen Mitteln
Farbtupfer
Blumenzauber auf
der Palette – des
jungen Malers
Frühling
ein neues Freibad gebaut werden.
Eine Wohnanlage für Demenzkranke kann Arbeitsplätze bringen, warf ein Einwohner ein.
Aber soll man dafür die Natur
derart schädigen? Milliarden
macht der Klimawandel nötig,
was ist da schon eine Million für
das bisschen Natur am Bad? Einige Mitglieder von Bündnis 90/
Die Grünen wollen dennoch eine
Bürgerinitiative starten und 5000
Unterschriften sammeln, um die
Natur im Wernerbad zu erhalten
und die Anlage wieder öffentlich
zu machen.
Es ist ein Zaun um das einstige
Bad gezogen. Das ist der Unterschied zum Gezi-Park. Der Trubel fand vor 20 Jahren statt, wie
Fotos bezeugen, die zur Bürgerversammlung gezeigt wurden.
Darum wird es bürgerkriegsähnliche Zustände wie zu Zeiten des
Endlich
Atme ahnend,
rieche zartes
Grün
Gewissheit
Kampfes gegen Atomkraft (im
Westen) nicht geben. Unsere
Kanzlerin hat auch dafür gesorgt,
dass es solche Bilder wie aus der
Türkei in Deutschland kaum noch
geben wird. Da ist es doch erstaunlich, dass Kleinfürsten in
Senat und Bezirksamt die Bewohnerschaft bei der Umwidmung ihres Wernerbades nicht richtig beteiligen, sodass selbst eine Besetzung des Geländes in Erwägung
gezogen wird.
Dass es auch anders geht als nur
mit Verkauf, zeigt unsere Nachbargemeinde Schöneiche. Dort wurde mit Fleiß und Bürgerengagement das marode Schwimmbad zu
Park und Naturoase umgestaltet.
Das Wernerbad hingegen versank
im geplantet Dornröschenschlaf.
Schöneiche ansehen und nachmachen, meinte ein Mahlsdorfer Bürger.
Werner Rudolf
Am 8. Juni fand zum 10. Mal das
Stadtteilfest auf dem Cecilienplatz
in Kaulsdorf-Nord statt. Organisiert vom Stadtteilzentrum
Kompass im Kummerower Ring
trafen sich Verbände, Vereine und
Initiativen auf dem Fest. Viele
Besucher aus der Umgebung nutzten schönstes Sommerwetter, um
über das Fest zu schlendern, an
den Ständen die Angebote zu nutzen oder auf der Hüpfeburg zu
springen. Gerade letztere erfreute
sich einer hohen Beliebtheit der
kleinen Besucher. Teilweise sah es
aus wie „ein Sack Flöhe“, meinte
ein Teilnehmer auf dem Fest. Die
Kleinen hatten auf jeden Fall Spaß
und Freude. Es war wieder ein
tolles Fest, an dem ich mich gerne beteiligt habe. Ich möchte auch
dem Leiter des Stadtteilzentrums
Herrn Koppe und seinen Mitarbeitern danken, die seit 10 Jahren das
Fest auf die Beine stellen.
Sven Kohlmeier, MdA
Elfendurst
Nicht aus großen Bechern,
Liebe trinkt Romantik
aus tauperlengefüllten
Märzenbechern
Janina Niemann-Rich
Jürgen Riedel
Die Sputniks werden 50
Erinnerungen einsenden und Freikarten gewinnen
Die Sputniks reißen noch immer Mädchen vom Hocker.
Foto: Nachtmann
Köpenick – Während des diesjähri- mit der Geschichte der Band verwogen Köpenicker Sommers gaben die ben sind, soll am Freitag, dem 18.
„Sputniks“ am 16. Juni ein umjubel- Oktober, in der großen Mehrzwecktes Konzert in der Köpenicker Alt- halle des Freizeitforums Marzahn,
stadt. 1963 gegründet, zählt die Trup- Marzahner Promenade 55, steigen.
pe um Bandchef Henry „Cottn“ Wer persönliche Erinnerungen an die
Kotowski zu den dienstältesten Rock- „Sputniks“ aus den 60-er Jahren hat,
bands des Landes.
kann uns diese gern per Post oder
Die große Geburtstagsparty mit einem Email mitteilen. jot w.d. verlost unKonzert und anderen Highlights so- ter den Einsendern Freikarten für die
wie vielen Gästen und Freunden, die Veranstaltung am 18. Oktober. I.D.
Galerie M: Kultur braucht Räume!
Sehr geehrte Redaktion und Leser,
aktuelle Informationen zur Kampagne „Für den Erhalt des Kulturstandortes Marzahner Promenade 13 – Nein
mit Svenni
zu Abrissplänen!“ erhalten Sie nun
auch im Internet unter der Adresse
www.galerie-mp13.de.
Hans-Jürgen Moder, Marzahn
Groß-Schach erfordert Geschick von Kopf und Hand.
Foto: privat
jot w.d. 7/2013
Geht’s eigentlich
noch dreister?
Letzte Seite
Wahlprogramm volksnah:
Einsacken, was nur geht!
Wenn wir alle nach der schönen Sommerpause wieder am Ostrand Berlins sesshaft
werden, werden uns die Parteien mit der
Nachricht überraschen, dass nur noch
wenige Resttage bis zur alles entscheidenden Bundestagswahl am 22. September
verbleiben. Da wir spätestens dann wissen sollten, ob wir hingehen und was wir
mit dem Zettel an der Wahlurne anstellen, hier schon mal rechtzeitig eine kleine Entscheidungshilfe, vom Unterzeichner handgefertigt und zudem völlig kostenneutral für den geschätzten Leser.
Die künftige Regierung sollte dem Wahlbürger nahe stehen, so wie die jetzige. Das
heißt: Wo der Untertan ein Zäunchen gegen Eindringlinge aller Art setzt und zugleich aus dem Fenster lehnend mit der
gebotenen Neugier versucht, das Gespräch
der geschwätzigen Nachbarin mit der Postfrau zu belauschen, da wird mit der gleichen Selbstverständlichkeit auch eine künftige Regierung erstens unliebsame Gäste
aus dem schönen deutschen Land vergraulen (Politikerdeutsch: Asylbewerberleistungsgesetz) und zweitens die amtliche
Neugier mittels immer raffinierterer Datenabschöpfung befriedigen (Politikerdeutsch:
Antiterror-Datenspeicherung).
Wo der stinknormale deutsche Michel sein
kleines Vermögen mit Hilfe ausgeklügelter Steuersparstrategien mehrt, mittels
gerade noch so legaler Tricks beim Enterben weiterer Anspruchsberechtigter reich
werden möchte und schon mal den Chef
beim Abrechnen von Arbeitsleistungen
übers Ohr haut, auch da will unsere Regierung dem allgemeinen Volkswillen in
nichts nachstehen. Also hat sie die blöden Südstaatler auch in Europa besiegt,
so wie es uns einst die amerikanischen
Freunde vormachten. Nur dass Deutschland deshalb keinen Bürgerkrieg mehr gewinnen musste. Der Trick mit dem Maas-
tricht-Euro reichte,
so wie man es mit
der Deutschen Mark
schon nach der deutschen Währungsunion beim Ossi ausprobiert hatte. Alle anderen sind seitdem
etwas ärmer, während die deutsche
Wirtschaft boomt. Die Entwicklungspolitik wird nunmehr völlig ohne jede falsche Rücksichtnahme auf die Unterentwickelten zur Exportankurbelung genutzt.
(Politikerdeutsch: Der anhaltende wirtschaftliche Erfolg gibt uns recht.)
Wenn wir also Politik und Privates auf einen gemeinsamen Nenner bringen wollen,
dann ist es der: Wir raffen überall, was wir
nur können. Die Schamfrist nach dem verlorenen Krieg ist endgültig vorbei, Beutekunst aus Petersburg hierher, Beutekunst
aus Ägypten bleibt in Berlin, basta!
All diese großen Übereinstimmungen von
Politik oben und Tun unten bleiben nicht
ohne Folgen für die wahlentscheidenden
Umfrage-Arien. Merkel sitzt fester denn
je im Sattel, und wer auf sie beim bevorstehenden Renntermin setzt, kann die
Siegprämie schon mal einbuchen.
Halten wir fest: Probleme hat eigentlich
nur die abschmelzende Minderheit, die
sich dem allgemeinen nationalen Erfolgstaumel verweigert, warum auch immer.
Alle anderen gehen über so viel Starrsinn
lachend in den Urlaub und danach mit
herablassender Siegesgewissheit an die
Wahlurne.
Ganz zum Schlusse mein leises Bekenntnis, dass mir zum soeben in epischer Breite beschriebenen außerordentlichen Anmut des Gleichschritts jeglicher emotionale Zugang fehlt.
Euer Schwejk aus dem Sommerloch
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Das hätten wird doch zu gern gewusst, welche Art von „Chance“ dieses Unternehmen
mittels „Mini-Jobs“ da zu geben glaubt. Ist es die Chance auf Armut im Alter, weil es für
diese Art Jobs fast gar keine Rente gibt? Ist es die Chance auf den Geruch von verbranntem Fleisch aus den Sklavenbuden in Bangladesch? Oder ist die Chance auf satten Profit
für die Eigentümer des Unternehmens gemeint? Entdeckt in Hönow.
Foto: Nachtmann
Bauernfang in einer
Mahlsdorfer Schule
Das gibt’s auch: Eine als „Informationsveranstaltung“ getarnte, von einer örtlichen Anzeigenzeitung massiv
befeuerte Verkaufsschau in
einem öffentlichen Schulgebäude. Man muss nur
drauf kommen.
Gleich vier ImmobilienVerkäufer der Berliner
Volksbank zuzüglich eines Hypotheken-Kreditberaters hatte Thomas
Pietsch, Geschäftsführer des Investors
GVG, der Wohnhäuser auf dem ehemaligen BHG-Gelände in Mahlsdorf bauen
will, mitgebracht. An „Information“ war
außer dem bisher hinlänglich Bekannten
nur zu vernehmen, dass der Investor den
Senat ausgebootet haben will. Zumindest,
was Verlängerung und Ausbau der Straße
„An der Schule“ betrifft. „Diese Planung
ist obsolet, die ist weg“, verkündete
5
Pietsch. Und ergänzt ganz generös, dass
eine „Ampelanlage auf Kosten des Bauherrn“ errichtet werde. Ansonsten pries er
seine nicht eben billigen Wohnungen
(Kaufpreis ab 2500 Euro je Quadratmeter) kraftig an. „Die Häuser werden
zu den Menschen passen, die
dort kaufen und wohnen
wollen,“ rief er in die Runde. Bisher versprochenes
altersgerechtes Wohnen
wurde bereits ersatzlos gestrichen.
Dass öffentliche Gebäude für Veranstaltungen zur Bürgerinformation zur Verfügung gestellt werden, ist richtig und unstrittig. Wenn nun aber Immobilien verkauft werden, kommen bald auch Kochtopf-Sets und Lama-Decken. Woanders
müssen für solche Geschäfte Räume angemietet werden. Hat hier etwa auch jemand kassiert?
Cora Browne
Heimatländisches jot w.d.-Preisrätsel
1
E N
E B
U T
S T
2
3
4
5
6
7
8
9
10
I T
I D
L S
R E
S E
R G
Es sind Orte mit zehn Buchstaben folgender Bedeutung zu finden: 1. historische Kleinstadt an der Tauber, 2.
hier befindet sich der Führungsbunker
Harnekop, 3. Ort mit Bergbauwanderpfad in Thüringen, 4. hier steht Brandenburgs schönste Burg, 5. sehn wir
uns nicht in dieser Welt, dann sehn
wir uns in ..., 6. Ziel (fast) aller Touristen aus den USA, 7. Berliner Stadtteil mit deutsch-russ. Museum, 8.
Oberst Petershagen rettete diese
Stadt, 9. hier gibts zum Einkaufen die
„Kö“, 10. hier steht Europas längste
Burganlage.
Die Buchstaben in den markierten
Feldern ergeben – neu sortiert – eine
andere Bezeichnung für überall.
Schicken Sie Ihre Lösung bis 29. August (Poststempel) an jot w.d., Müllerstr. 45,
12623 Berlin, Kennwort Rätsel, und gewinnen Sie u.a. ein Kunstbuch.
Auflösung des Preisrätsels aus jot w.d. 6/2013: 1. Nordirland, 2. Szegediner, 3.
Stonehenge, 4. Stierkampf, 5. Roussillon, 6. Gondoliere, 7. Penderecki, 8. Kopenhagen, 9. Schönbrunn, 10. Ijsselmeer. Das Lösungswort lautete: Grenzenlos.
Die Preise gingen per Post an die Gewinner. Herzlichen Glückwunsch!
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Wenn wir alle gemeinsam
an einem Strang ziehen, dann macht
sogar eine Hinrichtung Spaß.
Team & Struppi, Träger des Deutschen Kleinkunstpreises 2013