Reisebericht ICO LIbanon 2016 - christlicher

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Reisebericht ICO LIbanon 2016 - christlicher
Reisebericht ICO Libanonreise 15. - 22./26.04. 2016
Fr 15.04.2016
Am Freitag nachmittag kamen wir in Beirut Rafik Hariri International Airport an, wo uns
bereits unser Führer Professor Anis Chahine erwartete und unser Fahrer Robert mit
seinem kleinem Bus bereit stand. Durch den dichten Verkehr der Hauptstadt ging es
zunächst vor zur Corniche, durchs Hotelviertel nach El Raushe (frz. le rocher) zum
Taubenfelsen. Dort ein kurzer Spaziergang, Fototermin. Dann weiter mit dem Bus hoch
hinauf nach Beit Mery, einer alten Sommerfrische oberhalb Beiruts, die inzwischen ganz
mit der darunter liegenden Stadt verwachsen ist. Quartier bei den Rosenkranzschwestern
im Foyer Notre Dame du Rosaire. Die Rosenkranzschwestern sind eine Kongregation,
welche im Nahen Osten beheimatet ist (Jordanien, Israel, Palästina und Libanon) und den
Schwerpunkt auf caritativen Projekten hat. Von
Beit Mery hatten wir einen wunderbaren Blick
von der Dachterasse über das nächtliche
Beirut. Mit dem Lichtermeer vor unseren
Füßen konnten wir dort manches Glas Wein
oder Bier bei anregenden Gesprächen
genießen. Abends bzw. Nachts stießen dann
auch die Nachzügler zu uns. In den folgenden
Tagen wurden wir mit der hervorragenden
Küche des Gästehause verwöhnt. Die
Rosenkranzschwestern um Soeur Daniele in
der Küche servierten uns libanesische
Spezialitäten wie Hummous, Baba Ganouj,
Kebab, Tawouk (Huhn) mit Reis, morgens gab
es typischerweise chibis (Fladenbrot) mit labneh (Quark) und nana (Minze), banadoura
(Tomaten) und khior (Gurken), jibne (Käse) sowie frisch gepressten O-saft (leimoun).
Sa 16.04.2016
Am Samstag früh feierten wir mit Pfarrer Klaus Oehrlein eine Hl. Messe in der Kapelle des
Foyers, um uns auf unsere Pilgerreise einzustimmen. Nach dem Frühstück brachen wir zu
den Jeita Grotten auf. Hier stand die erste Bewährungsprobe an, wie wir Uwe mit dem
Rollstuhl durch obere und untere Höhle sowie in die Teleferique bugsieren konnten. Viele
halfen mit und so klappte das ganz ausgezeichnet genauso wie auf den weiteren Etappen
der Reise. Zu Fuß bestaunten wir die Märchenwelt dieser großartigen Tropfsteinhöhle, mit
dem Boot ging es dann in der unteren Höhle weiter, dort, wo der Hundsfluß (Nahr el Kalb)
unterirdisch entlang fließt. Zuvor hatten wir auf der Fahrt nach Jeita noch am Talausgang
des Nahr el Kalb Halt gemacht. Diese Felsnase mussten mehrere Tausend Jahre lang alle
erobernden Armeen passieren und hatten dabei ihre „Graffiti“ hinterlassen, vom Pharao
Ramses über assyrische und persische Könige bis hin zu Griechen und Römern und dann
in unserer Zeit Napoleon III, ein australisches Armeekorps und libanesische Einheiten.
Von Jeita ging es dann weiter zum Nationalmuseum in Beirut mit seinen reichen Schätzen.
Mosaike, Sarkophage, Schmuck, Figurinen und anderes erzählten von der reichen und
vielfältigen Geschichte des Libanon. Nach einem Sandwich- Imbiss gegenüber des
Museum trafen wir uns dann mit Prof Dr. Eugen Senseniq von der Notre Dame Universität
und mit Herrn Ramez Salameh, welcher uns ein bewegendes Lebenszeugnis gab und von
den Aktivitäten der „Initiatives of Changes Lebanon“ erzählte, einer ursprünglich in
England gegründeten NGO („moralische Aufrüstung“), welche den Weg der Versöhnung
sucht, ausgehend von der persönlichen inneren Veränderung des Einzelnen. Im Libanon
zählen sie etwa 100 Aktivisten, darunter neben vielen Christen nach und nach auch einige
Moslems und Drusen. Doc Eugene informierte uns darüber hinaus aus seiner Sicht als
Politikprofessor und Austro-Amerikaner über die politische Situation im Libanon.
Reisebericht ICO Libanonreise 15. - 22./26.04. 2016
Danach fuhren wir mit dem Bus durch abgesperrte und weitestgehend leere Strassen
(Hollande-Besuch) zur downtown. Anis gelang es die Wachen zu überzeugen und so
konnten wir in die seit mehreren Tagen abgeriegelte Innenstadt mit Uhrenturm und
Rathaus gelangen und die ehemalige Kreuzfahrerkathedrale besichtigen, welche schon
seit Jahrhunderten in eine Moschee umgewandelt ist. Ebenfalls warfen wir einen Blick in
die orthodoxe Georgskathedrale sowie die neuere maronitische Kathedrale selben
Namens. In downtown fiel der Leerstand vieler Geschäfte auf, was ein deutliches Zeichen
der verschärften Wirtschaftskrise im Libanon ist.
So 17.04.2016
Heute frühstückten wir bereits um 07.15 Uhr, um rechtzeitig um 10.00 Uhr in Tyrus zum
Gottesdienst zu sein. Das gelang uns trotz des zwischenzeitlich dichten Verkehrs
weitesgehend und wir konnten in der Altstadt von Tyrus in der griechisch-katholischen
Kathedrale mit der melkitischen Gemeinde zusammen die heilige Messe feiern.
Anschließend bat uns der Erzbischof zu einem kleinen Empfang in den Salon der
anliegenden Bischofsresidenz und wir erhielten Informationen unter anderem über die
Gemeinde (3500 melkitische Christen,
in den Dörfern des Südlibanon weitere
5000). Danach Bummel zu Fuß an der
Ruine der riesigen
Kreuzfahrerkathedrale vorbei
(seinerzeit die größte im Nahen Osten)
zum Ausgrabungsgelände an der
Seeseite. Tyrus ist eine der vier
UNESCO Welterbestätten im Libanon.
Ein Teil der Gruppe nutzte die
Gelegenheit zum Bad im Meer. Die
Strände in Tyrus und nach Süden hin
zur israelischen Grenze zählen zu den
schönsten im Libanon, das Wasser ist hier sehr klar und sauber. Andere nutzten die
Gelegenheit zum Kauf von diversen antiken Fundstücken. Danach hatten wir wieder einen
Mittagsimbiss und weiter ging es zur Nekropole, welche sich der römischen Cardo entlang
zog, welche wiederum dem von Alexander dem Großen aufgeschütteten Damm folgte.
Seitlich davon lag das Hippodrom, welches einst für 35 000 Zuschauer ausgerichtet war
und alte Kindheitsbilder an „Ben Hur“ auftauchen ließ.
Auf der Rückfahrt machten wir in Magdouche, dem Marienauffahrtsort von Mantara
Station. Hier oberhalb Sidons soll Maria seinerzeit mit anderen Frauen in einer Grotte auf
Jesus gewartet haben, da sie als jüdische Frau nach dem Gesetz keine heidnische Stadt
betreten durfte. Die Verehrung dieses Ortes ist bereits in den ersten nachchristlichen
Jahrhunderten belegt. Uns fielen die fielen äthiopischen Frauen in ihren weißen
Gewändern auf, Hausangestellte, welche zu einer Wallfahrt hierher gekommen waren.
Unterhalb des Wallfahrtsortes konnten wir die beiden größten palästinensischen
Flüchtlingslager, Ain-el-Hilweh und Mieh-Mieh erkennen. Unsere Fahrt führte uns dann
durch das Hafengebiet Sidons mit dem Seekastell aus der Zeit Friedrich II und dem
fränkischen Handelshof (Khan al Frangie) aus mamelukischer Zeit zurück gen Beit Mery.
Für drei von uns stand dann am Abend noch ein Besuch im Kloster der Antoninerinnen auf
dem Programm, mit denen die ICO seit langem eine Zusammenarbeit verbindet.
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Mo 18.04.2016
Nach unserem Ausflug in den Süden des Libanon führte uns unser heutiger Weg gen
Osten. Kurz nach Abfahrt machten wir um 08.30 Uhr im benachbarten Broumana Station,
ebenfalls einer alten libanesischen Sommerfrische. Dort besuchten wir die Schule St.
Vinzenz, welche von den barmherzigen Schwestern des Hl. Vinzenz/ Lazaristen geführt
wird. Marie Ghiya, die pädagogische Leiterin
des Projekts sowie die Superiorin Schwester
Zahia Frangieh begrüssten uns dort und
berichteten im Salon ausführlich über dieses
Projekt, welches für den gesamten Mittleren
Osten Modellcharakter hat und unter
anderem von der Caritas Austria mit Sitz in
Salzburg gefördert wird. Danach
besichtigten wir das Internat für die 185
Internen, ehe wir uns auf den Weg zur
Schule machten, in der 300 libanesische und
100 syrische Kinder beschult und gefördert
werden. Die Zahl von 800 000 syrischen und 500 000 libanesischen Schulkindern machte
uns eindrucksvoll deutlich, mit welchen immensen Problemen sich der Libanon angesichts
der Flüchtlingszahlen konfrontiert sieht und dass dies massive Auswirkungen auf das Land
hat. In Gesprächen konnten wir erspüren, dass sich insbesondere viele Christen genauso
wie andere Gruppen (Drusen, Alewiten, Schiiten etc.) durch die hohe Zahl der
sunnitischen Flüchtlinge auch rein demographisch in ihrer Zukunft bedroht fühlen. Die
Schüler der Vorschul- und Primarklassen präsentierten uns dann eine stunde lang Tänze
und Lieder, welche viele von uns bewegten und bei manchem auch Gänsehaut oder
Tränen auslösten. Es war wirklich ein ganz besonderer Moment, ein besonderes
Geschenk und vor allem auch die Freude der Kinder berührend. Nach einer kurzen
Kaffeepause ging es dann weiter über die Höhen des
Libanon nach Zahle, der größten Stadt der Bekaa Ebene,
überwiegend von melkitischen Christen bewohnt. In einer
Vorstadt, dem Ort Furzol trafen wir uns mit Priester und
Ordensmann Pater Joseph Saghbini im dortigen
Gemeindehaus zu Imbiss und Gespräch, bei dem
leidenschaftlich politisiert wurde.
Schließlich stand noch der Besuch von Baalbek, dem
antiken Heliopolis auf dem Programm, dem „Staunen der
Götter“. Mit dem Bacchustempel ist dort einer der weltweit
am besten erhaltenen Tempel aus römischer Zeit zu
bewundern. Die riesige Tempelanlage des Jupiter-Tempels
zog seinerzeit unzählige Pilger an und zählt allein aufgrund
ihrer Masse an Stein zu den größten Tempelanlagen aus
römischer Zeit. Einiges von dem einstigen Glanz war auch
heute noch zu erspüren. Als dritter Tempel lag daneben der
Venustempel. Dieser Dreiklang, welcher bei manchem von
uns Assoziationen an die Dreifaltigkeit auslösen mag, war in
römischer und phönizischer Zeit ganz typisch für die religiöse Praxis: Vater, Mutter und
Sohn sozusagen. Natürlich hätten wir noch stundenlang zwischen den Ruinen stöbern
können, vor dem Hintergrund der schneebedeckten Berge des Libanon und des
Antilibanon, doch die Zeit zwang uns zur Rückkehr. Auf der Rückfahrt konnten wir
nochmals einen Blick auf den schneebedeckten Gipfel der Berges Hermon werfen.
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Am Montag Abend ging es dann nochmals los nach Rabieh, einem wohlhabendem
Stadtteil in Ostbeirut, wo wir einer Andacht/ Anbetung der Jugendpastoral beiwohnen
konnten. Anschließend ein kurzes Gespräch in der Kirche mit dem Pfarrer und mit Maya
Dweihy, welche dort in der Gemeinde aktiv ist und uns eingeladen hatte
Di 19.04.2016
Am Morgen hieß es die Koffer packen, uns von den Schwestern verabschieden, denn nun
ging die Fahrt nach Norden unserem neuen Quartier entgegen. Erste Station war Harissa
oberhalb der Bucht von Jounieh. Umgeben
vom Grün der Zedern thront hier die Statue
Unserer Lieben Frau vom Libanon, dem
herausragenden Marienwallfahrtsort des
Landes, der nicht nur die Christen, sondern
auch Muslime anzieht. Nebenan liegt auch die
melkitische Kathedrale Sankt Paul mit ihren
wunderbaren Mosaiken. Danach fuhren wir
nach Jounieh mit seinen Stadtteilen
Maameltein und Kaslik sowie Alt-Jounieh. Vor
dem Bürgerkrieg ein beschauliches
Fischerstädtchen mit knapp 5000 Einwohner
ist es innerhalb von wenigen Jahrzehnten zu
größten christlichen Stadt des Libanon mit
mehreren Hunderttausend Einwohnern geworden. Das Weiss der Häuser frisst sich wie
überall im Land immer mehr im Grün der steilen Hänge des Libanon bergan. In Kaslik
besuchten wir die Heilig-Geist-Universität, eine der ältesten und bedeutendsten des
Landes mit heute ca. 8000 Studenten. Father Abdo Badwi der Leiter der Fakultät für
Sakrale Kunst zeigte uns die diversen Studios dort, insbesondere das für Ikonenmalerei,
dem Herzstück der Fakultät. Prof. Badwi hat sich um die Erneuerung der Ikonographie in
den Orientalischen Kirchen des Mittleren Osten besonders verdient gemacht und man
kann das getrost als eine seiner Lebensaufgaben und Lebensleistungen beschreiben.
Anschließend führte er uns auf einem Rundgang durch die Universität. Von der
Dachterrasse des Klausurbereichs der Mönche hatten wir einen wunderbaren Blick über
das Meer. Anschließend waren wir von der Universität zum Lunch in der Mensa
eingeladen, bei dem der ordenseigene Biowein „expression monastique“ serviert wurde,
der zu den besten des Libanon zählt. Kann man übrigens auch in Deutschland beziehen:
http://libanon-wein.de/cms/front_content.php?idcat=108
Da bei Weiterfahrt die Küstenstrasse vollkommen verstopft war, drehten wir kurz
entschlossen und änderten unser Programm: Über Jeita fuhren wir hoch nach Ghousta,
wo uns im Kloster Deir Nesbey, Unserer Lieben Frau vom Siege, der dortige Superior F.
Maroun Audi empfing. Father Maroun, Islamwissenschaftler, Dozent und Buchautor
berichtete uns vom Postulat des Ordens, welches hier untergebracht ist und derzeit 18
jungen Menschen beheimatet, welche hier für 3 Jahre wohnen, leben, zur Schule gehen,
eine Ausbildung erhalten, betreut werden, alles gratis, ehe sie sich entscheiden, ob sie in
den Orden eintreten wollen oder lieber ein säkulares Leben führen wollen. Ausserdem
berichtete er als Agrarökonom auch von der Landwirtschaft in Deir Nesbey, den Versuchen
der Umstellung auf Bio-Anbau und gab uns auf den Weg eigenen Wein und Käse zur
Verköstigung mit. Über Meerab, dem Hauptquartier der Libanese Forces führte uns unser
Weg nach Ghazir, der Zentrale des Maronitisch Libanesischen Ordens (OLM) und weiter
nach Byblos, wo unsere neue Führerin, Alia Fares zu uns stieß. Dagegen verabschiedete
sich in Batroun Anis Chahine von uns, welcher uns bis dahin engagiert und sympathisch
begleitet hatte. Gegen Abend kamen wir dann im Antoniuskloster von Qozhaya, unserem
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neuen Quartier an. Dort begrüßten uns Joseph und Nathalie, die Verantwortliche für das
dortige Gästehaus.
Mi 20.04.2016
Heute hatten wir vor dem Frühstück die Gelegenheit das Stundengebet der Mönche
(Laudes) und die anschließende Eucharistiefeier in der 1600 Jahre alten Klosterkirche zu
besuchen. Dann ging es mit dem Bus zunächst nach Balamand, dem mittelalterlichen Bel
Mont, einem alten Zisterzienserkloster aus fränkischer Zeit, welches heute ein orthodoxes
Kloster ist und mit der gleichnamigen Universität das geistige Zentrum der griechischorthodoxen Kirche im Libanon beherbergt.Von dort dann weiter nach Tripolis, durch die
Ebene von Khoura hindurch, dem Hauptanbaugebiet von Oliven im Libanon. Hier ist Alia
geboren und aufgewachsen und hier leben vor allem griechisch-orthodoxe Christen. In
Tripoli starteten wir mit einem Besuch der Zitadelle aus fränkischer Zeit mit baulichen
Veränderungen durch die Mameluken, ehe wir in die Altstadt von Tripoli hinabstiegen.
Nach heftigen Unruhen in 2014 - Kämpfe zwischen fanatisierten Sunnis/Salafisten und
Alawiten - hat die Armee inzwischen wieder in Kontrolle über die Stadt und gilt die Stadt
derzeit als sicherer als andere Gebiete im Libanon. Die Altstadt birgt die größte Sammlung
mamelukischer Baudenkmäler ausserhalb Kairos und gleichzeitig stößt man immer wieder
auf Spuren der alten fränkischen Stadt aus Kreuzfahrerzeiten. So wies uns das Lamm im
Tympanon/ Eingang zum türkischen Bad (Hamam) darauf hin, dass hier einst das Hospital
des Hl. Jakobus war. Auch der Minarett-Turm der großen Moschee verriet uns mit seinen
italienischen Elementen, dass dies einst
der Kirchturm der Kathedrale Unserer
Lieben Frau vom Meere war. Die Souqs
von Tripoli sind für den Libanon
einzigartig. Wir bummelten darin, kehrten
zum Lunch ein, kauften Gewürze und
anderes mehr. Ausserdem trafen wir uns
mit Abouna Sarrouj, einem griechischorthodoxen Pfarrer, welcher inmitten der
Altstadt eine Bibliothek mit mehr als 85
000 Büchern aufgebaut hat. Hier kann
man Bücher lesen, ausleihen und kaufen.
2014 wurde die alte Bibliothek Opfer eines Brandanschlags, welche den alten bestand fast
vollkommen vernichtete. Bei drei Überfällen vermutlich durch fanatisierte sunnitische
Extremisten wurde auch ein Mitarbeiter des Priesters schwer verletzt. Etwa 10 Prozent der
Bevölkerung von Tripoli sind Christen, allerdings ist die Zahl der Christen schon seit dem
Bürgerkrieg am Schwinden. Auch gemäßigte Sunniten und Alawiten kehren der Stadt den
Rücken wegen des zunehmend restriktiveren Klimas dort. Auf dem Rückweg zum
Antoniuskloster machten wir auf den Klippen oberhalb Chekkas noch einen kurzen Stop
beim Kloster Seydet Nourieh, Unserer Lieben Frau vom Licht, und genossen den
atemberaubenden Blick in das türkisfarbene Meer. Leider war der Schlüssel zum alten
Felsenkloster in den Klippen seit mehreren Wochen verschlampt und konnten wir dies
deshalb nicht besuchen.
Do 21.04.2016
Wieder Gelegenheit zu Laudes und Gottesdienst, die Mönche luden uns jeden Morgen ein
zwei Lieder zur Gestaltung des Gottesdienstes beizutragen. Nach dem Frühstück stieß F.
Abdo Badwi zu uns und gemeinsam brachen wir zu den Zedern des Herrn auf etwa 1800
Meter Höhe oberhalb Bcharres auf. Obwohl das kleinste der vier Zedernreservate des
Libanon (Hosh Ehden, Arz-ar-Rab, Tannourine, Barouk), zählt es zu den ältesten des
Landes mit zwei Bäumen, welche über 3000 Jahre zählen. Wir wanderten durch den
Reisebericht ICO Libanonreise 15. - 22./26.04. 2016
Heiligen Hain, lauschten den Versen eines libanesischen Dichters und anschließend
vergnügten wir uns bei den zahlreichen Verkaufsständen an der Strasse. Von hier fuhren
wir dann wieder hinab und weiter nach Dimane, zum Sommersitz der Maronitischen
Patriarchen aus dem 19. Jahrhundert. Etwas unterhalb bot die Felskanzel der Patriarchen
einen atemberaubenden Blick über das Heilige Tal. In der Kirche erklärte und Prof. Badwi
die Deckenmalereien, welche sein ehemaliger Lehrer geschaffen hat. Danach Fahrt durch
Hasroun, einem traditionellen libanesischen Dorf mit vielen alten rot gedeckten Häusern,
ehemals Sitz eines osmanischen Gouverneurs und dann Sitz der französischen
Gendarmerie in der Mandatszeit. Wir nahmen hier einen Imbiss, ehe es auf engen Kurven
an tosenden Wasserfällen vorbei hinab in das Heilige Tal, das Qadishatal ging. Zu Fuß
wanderten wir auf dem Kreuzweg unter Steineichen hin zum Kloster Mar Lichaa.
Unterwegs Begegnung mit einer Kräuter sammelnden
Libanesin. Am Kloster Mar Lichaa, welches seit den
90er Jahren als Museum restauriert wurde - die
Mönche der Marjamiten wohnen nun oberhalb des
Tales im neuen Mar Lichaa Kloster - besuchten wir das
Grab des Einsiedlers Antonios Tarabay. Er war als
hellsichtig bekannt und sein Grab zieht heutzutage viele
Betende, Bittende und Besucher an. er war der letzte
Bewohner des Elishaklosters bis Anfang Neunziger
Jahre. Das Kloster bot uns einen guten Einblick in die
traditionelle Struktur eines mittelalterlichen Klosters im
Heiligen Tal, bis hin zur Fluchtkammer für die Mönche
bzw. den Patriarchen, falls sie von osmanischen Soldaten überrascht wurden. Auf dem
Rückweg machten wir dann in Bcharre einen kurzen Halt und besuchten das Geburtshaus
Khalil Gibrans. Der große libanesische Dichter verbrachte hier seine Kindheitstage und
seine Philosophie (Der Prophet) und Wortkraft ist nicht denkbar ohne die Natur und
Lebenskraft des Heiligen Tales, welches ihn tief inspirierte. Auf dem Rückweg wagten
einige von Kfar Sghab aus den Abstieg durchs Qozhayatal zu Fuß zum Kloster, vorbei an
Orchideen und wilden Tulpen.
Fr 22.04.2016
Heute mussten wir schon um 07.30 Uhr aufbrechen, um rechtzeitig ins Adonis Tal zu
gelangen, dem anderen Mythen umwobenen Tal des Libanon, heute Nahr Ibrahim
genannt, nach dem Mönch Abraham, welcher das Tal im 5.Jahrhundert missionierte. Hier
besuchten wir Annaya, die Einsiedelei und das Kloster des
Heiligen Charbel, des berühmtesten Heiligen des Libanon. An
jedem 22. eines Monats gibt es dort eine große Prozession und
das schon seit etwa 20 Jahren. Eine Frau wurde von ihrem
Kehlkopfkrebs und den Folgen eines Schlaganfalls geheilt.
Das Wunder wissenschaftlich von Ärzten überprüft, zu
bestimmten Tagen bluten auch heute noch ihre
„Operationswunden“ und sie führt seit damals diese Prozession
monatlich an. Aus dem ganzen Land waren Tausende von
Pilgern gekommen, teilweise barfuß oder in Büssergewändern.
Bei dieser Prozession vollziehen sich immer wieder Wunder,
zuletzt vor 2 Monaten. Für uns alle war die Inbrunst des Betens
augenscheinlich, die Innigkeit des Gebets der menschen
spürbar. Auch die Not und materielle Bedrängnis der Menschen
wurde erfahrbar. Gleichzeitig war diese Prozession eine echte
Erfahrung der Volksfrömmigkeit und des tief verwurzelten
christlichen Glaubens im Libanon.
Reisebericht ICO Libanonreise 15. - 22./26.04. 2016
Von dort fuhren wir dann weiter nach Byblos, der antiken Stadt, welche zu den ältesten
dauerhaft bewohnten der Welt zählt. Alia,
unsere sachkundige Archäologin, zeigte
und erklärte uns die verschiedenen
Schichten der Baugeschichte der Stadt,
vom fränkischen Kastell aus der Zeit
Gottfrieds von Bouillons dann ein letzter
Blick über die Ausgrabungsstätte, ehe es
zum Lunch in den kleinen sympathischen
osmanischen Souq ging. Bummel nach
Gusto durch den Souq, Spaziergang zum
mittelalterlichen Hafen, einige gingen von
dort mit Alia zur Kathedrale Jean-Marc
aus fränkischer Zeit, andere nahmen mit mir ein kurzes Bad seitlich des Hafens an einem
leider ziemlich vermüllten Strand mit nur mäßiger Wasserqualität.
Auf der Weiterfahrt besuchten wir die Klöster der anderen beiden maronitischen Heiligen
des Libanon, das Kloster in Jrebta mit der Gruft der heiligen Rafka, der Heiligen des
„Großen Ja“, danach ein Besuch in Kfifane am Grab des Heiligen Nemtallah Hardini, des
vorbildlichen Mönchs und Lehrers des Hl. Charbel. Im Klosterladen Einkauf von Wein und
Gewürzen. Das Kloster von Kfifane beherbergt das Noviziat des Lib. Maronitischen
Ordens. Abends dann wie jeden Abend eine gesellige Runde auf der Terrasse des
Gästehauses bei Wein und Vollmondlicht, dann brach dann ein Teil der Gruppe mit Robert
zum Flughafen auf, weil sie zurück nach Österreich und Berlin mussten.
Sa 23.04.2016
Heute ein Tag ohne Bus. Nach Gottesdienst und Frühstück brachen wir zu Fuß durch die
Gärten des Klosters Richtung Fradiss auf. Unterwegs kamen wir an den Röhren des
Waserkraftwerks aus der Mandatszeit vorbei, welches immer noch seinen Dienst tut.
Vorbei an Wasserfällen. An den Grotten der alten Einsiedelei von Mar Semaan ein kurzer
geistlicher Impuls von Dom Helder Camara. In Fradiss sahen wir nicht nur die Kühe, von
deren Milch das labneh des Klosters produziert wird, sondern wir konnten auch den
Frauen und Männern beim Produzieren der Bastmatten zusehen, einem traditionellem
Gewerbe in diesem Dorf. Auf schmalen Pfaden erreichten wir schließlich das
Gartenrestaurant in Qannubin, welches uns mit einer reichhaltigen Mittagstafel verköstigte.
Manche von uns zählten 21 Vorspeisen/Meze. Vom Wegesrand hatten wir unterwegs
einen Blick auf das alte jakobitische Kloster von Mar Aboun und das alte Dörfchen
Reisebericht ICO Libanonreise 15. - 22./26.04. 2016
Qannubin mit seinen beiden Kirchlein. Nach
dem Essen stiegen wir zum Kloster von
Qannubin auf (gr. Connoebion), welches von
Mitte 15. bis Mitte 19. Jahrhundert Sitz der
maronitischen Patriarchen war. Soeur Angèle
von den Antoninerinnen versorgte uns mit
Broschüren, ein Lied und Gebet in der
Klosterkirche mit den Fresken aus der Zeit des
berühmten Patriarchen Estephane Dweihy,
dem bedeutendsten Reformer und
Geschichtsschreiber der maronitischen Kirche
um die Wende des 17. Jahrhunderts. Dann
führte uns ein Panoramaweg weiter zur Grotte
der Heiligen Marina mit der Grablege der
maronitischen Patriarchen, danach zu den
Höhlen von Hawka, in denen sich beim Einfall
der Mameluken um 1283 ein menschliches
Drama abspielte, und schließlich zum
mittelalterlichen Felsenkloster Unserer Lieben
Frau von Hawka, der ersten theologischen
Schule der Maroniten aus dem 17.
Jahrhundert, in dem seit Maria Himmelfahrt 2000 der Eremit Abouna Dario Escobar lebt.
Einige von uns bekamen ihn noch in der Kirche zu Gesicht, ehe er sich in seine Klausur
zurück zog.
So 24.04.2016
Am Morgen besichtigten wir nach dem Frühstück Refektorium und Salon des
Antoniusklosters von Qozhaya (aram.= Schatz des Lebens). Beide sind in einem
Klosterbereich unter gebracht, der etwa im 11. Jahrhundert errichtet wurde. Danach Blick
in die wundertätige Antoniusgrotte, einem Kraftort, der seit jeher Pilger anzieht. Frauen mit
Kinderwunsch stellen dort Töpfe als Votivgaben ab, die Ketten verkünden von der Heilung
geisteskranker Menschen in früheren Zeiten, welche die Ketten ihres Leidens abwerfen
konnten. Anschließend Messe zusammen mit maronitischen Besuchern, danach
Museumsbesuch. Besondere Stücke sind dort der Bischofsstab, welche Ludwig der
Heilige im 13. Jahrhundert dem Patriarchen schenkte sowie eine Druckerpresse aus dem
19. Jahrhundert und zahlreiche alte Bücher, Evangeliare, zum Teil auch in Qarshuni
gedruckt, d.h. arabisch mit aramäischen Lettern. Im Antoniuskloster wurde schon im 16.
Jahrhundert die erste Druckerpresse im Mittleren Osten installiert. Danach brachen wir zu
einer Wanderung gen Bane auf, einige wurden direkt mit dem PKW abgeholt. Im Garten
der Familie Zeaiter wurden wir köstlich bewirtet, erfuhren etwas über Agrikultur und die
derzeitigen Probleme. Wegen der Krise in Syrien
konnten sie noch nichts von der Ernte 2015
verkaufen. Auch die Apfelernte des
Antoniusklosters ist noch zu 90 Prozent
unverkauft. Am Kreuz mit Blick über das Tal
sangen wir ein Segenslied, wir teilten Essen und
Freundschaft, ehe wir uns dann zu Fuss auf den
Weg zurück ins Antoniuskloster machten. Dort
erwartete uns am Abend eine Einladung der
Superiors ins Refektor des Klosters. Abouna
Raymond Kairouz, der Verantwortliche für das
Gästehaus, bediente uns persönlich, es wurden
Reisebericht ICO Libanonreise 15. - 22./26.04. 2016
Gastgeschenke überreicht und Abouna Raymond bedankte sich nochmals für unseren
Besuch und insbesondere für unsere geschwisterliche Teilnahme am Stundengebet.
Mo 25.04.2016
Nach dem Frühstück stieß wieder Robert mit dem Bus zu uns. Doch zuvor spielte uns
Abouna Kairouz einige Melodien auf der arabischen Laute vor. Er ist unter anderem
studierter Sänger und Lautenspieler Danach fuhren wir nach Bcharre. Dort besuchten wir
im Home of Joy die Missionarinnen der Nächstenliebe, die Schwestern Mutter Theresas,
welche dort 9 behinderte Waisenkinder betreuen und sich um die Ärmsten der Armen
kümmern. Wir wurden in die Kapelle eingeladen, beteten und sangen dort gemeinsam mit
einer Schwester, anschließend noch ein kurzer Austausch mit zwei Schwestern darunter
einer aus Kenia, welche einige Jahre zum Einsatz in Wien war. Beeindruckend für uns die
Glaubenskraft der Schwestern, welche sie voller Vertrauen Unmögliches wagen lässt. Auf
der Weiterfahrt Besuch der Kirche Sydet el Derr mit mittelalterlichen Fresken. Die Kirche
entstand in einem alten Grab aus römischer Zeit. beeindruckend das Fresko von der Taufe
Jesu im Jordan aus dem 13. Jahrhundert, ebenso ein eingraviertes Jerusalemkreuz aus
Kreuzfahrerzeit.
Am Nachmittag wanderten wir dann für
mehrerer Stunden im Nationalpark
Horsh Ehden in einer Höhe von 1400
-1800 Meter. Horsh Ehden ist das
artenreichste Gebiet im gesamten
Libanon mit vielen endemischen
Pflanzen und Tieren. Wir wanderten
durch einen Mischwald mit Steineichen,
Bergahorn, wilden Apfelbäumen und
Koniferen, vor allem aber Zedern,
welche zum Teil bis zu 2000 Jahre alt
waren. Gamswurz, wilde Primeln, Natternkopf, Schachblumen,
Waldvögelein, Knabenkraut und viele Orchideen mehr blühten am
Wegesrand. Bei Abfahrt kreiste dann ein Steinadler über uns und
zog majestätisch seine Runden. In Ehden kehrten wir dann noch
auf dem Midan in einer Patisserie ein, unterhalb des alten
osmanischen Gouverneurspalast und der in Umbau befindlichen
Georgskirche. Libanesischer Kaffe, Knaife und Süssigkeiten mit
Aschtarcreme warteten auf uns.
Im Kloster danach nochmals Zeit zum Verschnaufen, zum
Packen, dann ging es weiter in den Sonnenuntergang hinein zur
Küste und weiter nach Süden ins verkehrsreiche Beirut. In Hamra
in Westbeirut warteten schon Alia auf uns und das deutsche
evangelische Pastorenpaar Jonas und Chris, welche die hiesige
evangelische deutschsprachige Gemeinde betreuen. Bei einem
wunderbaren libanesischen Dinner berichteten uns die beiden von
ihrer Tätigkeit und ihren Eindrücken. Danach ein letzter
abendlicher Bummel durch die Hamra Street, ein mitternächtlicher Besuch der
Taubenfelsen und weiter ging es zum Flughafen. 11 gefüllte und bewegende Tage im
Libanon neigten sich zu Ende, die bei allen von uns noch länger nachwirken werden.
Möget ihr Botschafter sein für dieses Land und seine Menschen, besonders die
Christen des Libanon!