PR-P R ofIS IN NRW - Hochschule Macromedia

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PR-P R ofIS IN NRW - Hochschule Macromedia
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PR-Profis in NRW
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Der Mannschaftsspieler
Michael Schade / Bayer AG
„Als ich bei Bayer anfing, hatte ich bereits für eine
Tageszeitung, den Rundfunk und Wochenmagazine
gearbeitet. Deshalb dachte ich damals: Jetzt machst du
mal zwei Jahre Public Relations – und dann schauen
wir mal, was kommt“, erzählt Michael Schade. Aus den
zwei Jahren sind 30 geworden und aus dem damaligen
Redakteur der Werkspublikationen ein Executive Vice
President und Leiter Konzernkommunikation. Heute
steuert er 450 Mitarbeiter und die weltweite Kommunikation von 316 Gesellschaften mit einem Jahresumsatz
von rund 33 Milliarden Euro.
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Schade sitzt in seinem Büro in der Bayer Konzernzentrale in Leverkusen. Dunkelblauer Anzug, Schnurrbart,
weiße Schläfen, wacher Blick. Er ist konzentriert beim
Gespräch, wirkt nahbar und nicht gehetzt wie viele
Manager multinationaler Konzerne. „Auch im größten
Stress bleibt er gelassen und freundlich“, beschreibt ihn
eine seiner Kolleginnen.
„Als Fotograf habe ich angefangen, im Sportteil einer
Lokalausgabe der Rheinischen Post“, erzählt der heute
57-Jährige. So reift sein Berufswunsch immer mehr,
Sportjournalist zu werden. Er beginnt ein Studium an
der Deutschen Sporthochschule in Köln und schreibt
nun auch zunehmend für das Regionalblatt, insbesondere über Fußball. Schließlich fragt man ihn noch während
des Studiums, ob er nicht die Stelle des Sportredakteurs
übernehmen möchte, die überraschend freigeworden
war. Schade will. Doch schon ein paar Jahre später zieht
es ihn weiter. Er geht als Reporter zur „Quick“, der
damals größten Illustrierten Europas. „Da war ich so
eine Art Schreiber für alles, hatte jeden Tag mit anderen
Menschen zu tun. Eine sehr lehrreiche Erfahrung.“
1980 führt ihn ein Freund zum Bayer-Konzern. Reizvoll
deshalb, weil Schade eine externe Abteilung für Publikationen aufbauen soll. „Das Erste, das wir entwickelten,
war eine Nachbarschaftszeitung mit einer Auflage von
800.000 Exemplaren. Wir waren das erste deutsche
Unternehmen, das versucht hat, Nachbarn rund um
Produktionsstätten über die Aktivitäten des Unternehmens zu informieren.“ Es folgt „Bayer Reports“,
ein Magazin mit einer halben Million Auflage, das in
sieben Sprachen übersetzt und weltweit an Aktionäre
und Freunde des Unternehmens versandt wird. Kurze
Zeit später bringt er das Magazin „Research“ heraus. Es
erscheint in drei Sprachen und berichtet ausschließlich
über Forschung. „Das alles waren journalistische Projekte, die mir unheimlich viel Spaß gemacht haben. Ich
konnte quasi wie ein Chefredakteur die Dinge von Null
auf entwickeln“, sagt Schade und lächelt.
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Bayer AG
Gesundheit, Ernährung, Materialien
1863
Leverkusen
108.600 (2008)
ca. 33 Mrd. Euro (2008)
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Michael Schade
Doch der PR-Profi bleibt nicht bei den Print-Publikationen stehen. 1986 wird er außerdem zuständig für die
interne Kommunikation. 1990 gründet er das Bayer
Mitarbeiterfernsehen BNC TV. 1994 verlässt er den
Publikationsbereich und wird Leiter Unternehmenspolitik. Das beinhaltete damals Wirtschaftspresse, Fachpresse und Ghostwriting für den Vorstand. Ein paar Jahre
später kommen die Abteilung für die Regionalpresse
und die internationalen PR-Aktivitäten hinzu.
1999 ist er kurz davor zu kündigen. „Ich wollte einfach
mal was anderes machen. Es ist sicher gut, ein- bis
zweimal das Unternehmen zu wechseln“, erzählt er. Am
Ende bleibt er doch – „Gott sei Dank, rückblickend
war das eine sehr gute Entscheidung“, sagt er. 2002
erhält Bayer eine neue Struktur mit einer Holding. Aus
der ehemals riesigen Kommunikationsabteilung werden
sieben einzelne Einheiten. Schade wird Leiter Unternehmenspolitik und Presse in der Zentrale. Seit Mai 2008 ist
er als Head of Communications verantwortlich für die
gesamten weltweiten Kommunikations- und Werbeaktivitäten des Konzerns.
„Ich hatte großes Glück, mich journalistisch so entfalten zu können, wie ich es wollte. Tief im Inneren werde
ich immer Journalist sein. Ich glaube, das verlernt man
nie“, erzählt Schade zurückblickend. Also alles perfekt
gelaufen? „Nicht ganz“, sagt er. „Ich wäre gerne mal ein
paar Jahre ins Ausland gegangen. Doch das war leider
nur für einige Monate möglich.“
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Seine Aufgaben haben sich mittlerweile stark vom praktischen Journalismus entfernt. Denn in seiner Abteilung
konzentriert sich neben den Presse- und PR-Aktivitäten
auch die Kultur- und Sportförderung sowie das gesell-
schaftliche und soziale Engagement des Konzerns. Die
Kulturabteilung organisiert jährlich ein Programm mit
150 Veranstaltungen an Bayer-Standorten. Für Corporate Social Responsibility-Projekte gibt es einen jährlichen Etat von 45 Millionen Euro. Und nicht zuletzt ist
das Unternehmen der größte Sportsponsor Deutschlands. Im Bereich des Breiten-, Jugend- und Behindertensports unterstützt der Konzern 27 Werksvereine mit
rund 15 Millionen Euro pro Jahr.
Als Vater von zwei – inzwischen erwachsenen – Kindern
ist ihm neben dem Sport auch die Bildung wichtig. 2007
gründet Bayer unter seiner Federführung die Stiftung
„Bayer Science & Education Foundation“. Sie fördert
mit 500.000 Euro jährlich die Bildung junger Menschen
an Schulen in der Nähe der Bayer-Werke. „Viele reden
von PISA – wir wollen einen kleinen Beitrag leisten, die
Lernvoraussetzungen zu verbessern. Denn Deutschland
lebt ganz wesentlich von den Köpfen seiner Menschen.
Die müssen wir fördern – und zwar so früh wie möglich“,
erklärt der PR-Manager. Durch die Unterstützung möchte
er neue Lernräume entstehen lassen.
Wie organisiert man diese vielen Aktivitäten? „Mit guten
Teams“, antwortet Schade. „Allein hier in Leverkusen
laden wir zu 75 Veranstaltungen pro Jahr ein. Von Hauptversammlungen mit 10.000 Besuchern bis zu Gesprächen
mit 20 Leuten. Früher habe ich deswegen schlecht
geschlafen, heute weiß ich: Meine Leute haben das im
Griff“, erzählt der gebürtige Solinger. Teamarbeit hält
er für besonders wichtig.
Sein Tipp für die PR-Manager von morgen: „Nicht
dauernd mit den Hufen scharren, sondern lieber den
aktuellen Job so gut wie möglich machen, ohne stets
auf die Karriereleiter zu schielen. Die wirklich Guten
werden schon entdeckt und rechtzeitig gefördert.“
Text: Tülin Katrpare - Fotos: Arne Ebner
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Vertraue Deiner eigenen Kraft
Rudolf Jeschenko / Jeschenko MedienAgentur
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Als Rudolf Jeschenko seiner großen Liebe einen Heiratsantrag machen wollte, war klar, dass er das nicht bei
einem Kerzenabend machen würde. Stattdessen ließ er
ein Plakat mit dem Foto seiner zukünftigen Frau anfertigen. Darauf stand in großen geschwungenen Lettern:
,,Liebe Anette, willst du meine Frau werden? Du weißt ja,
wo du mich findest.“ Dann buchte er die Litfaßsäule vor
dem Büro seiner Frau und ließ das Plakat dort anbringen.
Sie antwortete mit „Ja“.
Der kreative Unternehmer ist Geschäftsführender Gesellschafter der Jeschenko MedienAgentur mit Standorten
in Köln und Berlin. Mit rund 50 festen Mitarbeitern bietet die Agentur nahezu alle Kommunikationsdienstleistungen an, von der Organisation großer Events bis zur
Krisenkommunikation. Die Agentur ist Teil der Jeschenko Alliance Europe, eines Netzwerks von insgesamt 22
inhabergeführten Agenturen in Europa, Amerika und
Hongkong. Dieser Verband wurde 2001 von Jeschenko
gegründet, um Kunden auch außerhalb Deutschlands
umfassende PR-Dienstleistungen anbieten zu können.
Der Unternehmer wuchs in Bonn als jüngstes von fünf
Kindern auf, lebt heute in Köln und fühlt sich als Kölner.
Dass er Fan vom 1. FC Köln ist, versteht sich dann von
selbst. Als Kind träumte er noch davon, Fußballspieler
zu werden. Dies änderte sich, als er seinen Wehrdienst
leistete. Er arbeitete beim Bund als Redakteur bei
„aktuell-Zeitung für die Bundeswehr“, und das gefiel
ihm recht gut. Durch diesen Job kam er an ein Angebot,
Sportartikel für den ,,Bonner Stadt-Anzeiger“ zu schreiben. Nach dem Wehrdienst heuerte er bei ABC-Presseinformation in Düsseldorf an und machte zudem auf
der Werbefachlichen Akademie Köln einen Abschluss als
Kommunikationswirt. Heute unterrichtet er selbst dort.
Als er herausfand, dass das Mutterland der Public Relations die USA sind, sagte er sich: ,,Wenn dort der Takt
angegeben wird, muss ich dorthin!“ So kam es, dass er
als Anfänger ein Jahr in New York für Burson-Marsteller
arbeitete. ,,Von den Erfahrungen, die ich dort gemacht
habe, zehre ich noch heute.“ Nach New York arbeitete er
zehn Monate in Tokio und machte dort PR für deutsche
Firmen. Zurück in Deutschland, gründete der redegewandte Unternehmer mit 26 Jahren seine eigene Agentur.
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Rudolf Jeschenko
Rudolf Jeschenko ist ein weltoffener Mann, der seine
Mitarbeiter motiviert, indem er ihnen freie Hand lässt.
Er gibt ihnen den Spruch „It’s on your shoulders“ gerne
mit auf den Weg, versucht sie durch ihre eigenen Leistungen zu motivieren. „Ich möchte in immer schwieriger
werdenden Zeiten den Mitarbeitern möglichst einen
sicheren Arbeitsplatz bieten“, sagt Jeschenko.
Er erhält seine Motivation durch die Zufriedenheit der
Kunden. „In den letzten 20 Jahren“, sagt er, „gibt es
nichts, was ich noch nicht getan habe, von der klassischen Produkt-PR bis hin zur Organisation eines Börsengangs oder der Entwicklung einer Werbekampagne.“
Eine Herausforderung wäre für ihn, einmal für die Bundesregierung zu arbeiten. Das stellt er sich sehr spannend
vor. „Regierungssprecher – das wäre doch ´was“, lacht er.
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Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standorte Mitarbeiterzahl
Umsatz Jeschenko MedienAgentur
Kommunikationsberatung
1990
Köln, Berlin
52 (2009)
7,6 Mio. Euro (2009)
Jeschenko hat mit seiner Frau zwei Kinder im Alter
von 12 und 16 Jahren, mit denen er am liebsten seine
Freizeit verbringt. Zudem treibt er eine Menge Sport. Er
geht regelmäßig laufen, und wenn es ihm seine Arbeit
erlaubt, jeden Montag Tennis spielen. Ebenfalls trainiert
er die Fußballmannschaft seines Sohnes zusammen mit
einem Mitarbeiter.
In Zukunft hat der Agenturgründer nicht vor, kürzer zu
treten, denn er ist der Meinung, dass man ohne Aufgaben
im Leben schnell altert. Er möchte zwar irgendwann die
Verantwortung an einige Mitarbeiter abgeben, doch ganz
die Zügel aus der Hand geben will er nicht. Zu sehr
möchte der Selfmade-Man Herr seines Schicksals bleiben.
So folgt er auch hier konsequent seinem Leitmotiv:
,,Vertraue Deiner eigenen Kraft und nicht dem Glück.“
Text: Anne Steffen - Fotos: Kemal Capaci
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Amazone für Menschen- und Frauenrechte
Sina Vogt / Uniklinik Köln
Im Jahr 2000 recherchierte sie mit einem Stipendium
zwei Monate in Texas zum Thema Todesstrafe. Sie
begleitete einen Mörder bis zu seiner Hinrichtung und
verfasste daraus zahlreiche Artikel und Hörfunkbeiträge.
Im vergangenen Jahr schrieb sie zusammen mit Mina
Ahadi, der wohl weltweit aktivsten Kämpferin gegen die
Steinigung, das Buch „Ich habe abgeschworen: Warum
ich für die Freiheit und gegen den Islam kämpfe“.
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Seit ihrem 15. Lebensjahr begleitet Sina Vogt der Kampf
für Menschen- und Frauenrechte. „Das war in meinem
Leben einfach immer wichtig“, sagt die 43-Jährige. Es ist
schwer zu begreifen, woher die schmale, zierliche Frau
die Kraft nimmt, sich mit Themen wie diesen über so
viele Jahre intensiv auseinanderzusetzen. Dabei wirkt sie
durchaus positiv, hat ein freundliches, offenes Lächeln.
Ihre blonden, krausen, halblangen Haare trägt sie offen.
Sie ist elegant gekleidet – eine im Auftreten sichere und
souveräne Frau.
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl
Jahreserlöse
Uniklinik Köln
Krankenversorgung, Forschung und Lehre
1863
Köln
6.923 (2008)
ca. 485 Mio. Euro (2008)
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Sina Vogt
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Seit September 2007 arbeitet Vogt als Leiterin der
Stabsabteilung Kommunikation und Pressesprecherin der Uniklinik Köln. Sie leitet ihr Team, bearbeitet
Anfragen der Presse, steht in Kontakt mit der Redaktion
der Mitarbeiterzeitung, bereitet Pressekonferenzen vor
und schreibt Pressemitteilungen. Für die ausgebildete
Journalistin ist es das erste Mal, dass sie in einem Team
arbeitet – und das gefällt ihr gut, „denn so kann man viel
mehr erreichen und umsetzen“. Lächelnd fügt sie hinzu:
„Und mir gefällt die Position als Teamleiterin.“
Von ihren Kollegen wird sie als teamfähig beschrieben
und als jemand, der immer ein offenes Ohr hat. Trotz
der Unterstützung durch ihre drei Mitarbeiter ist die
Pressestelle der Uniklinik eine winzige Abteilung ohne
größere Ressourcen und Budget. Dennoch versucht
Vogt der Klinik ein Markenprofil zu geben, welches bisher allenfalls in Umrissen vorhanden ist. Eine schwierige
Aufgabe, da das Unternehmen sehr zergliedert und in
viele Bereiche aufgeteilt ist. Sie möchte ein umfassendes
Gesicht der ganzen Uniklinik nach außen und innen
verstärkt sichtbar machen. „Unter einem Dach sollte die
Spitzenforschung der molekularen Grundlagen sowie
auch die Notfallambulanz Platz finden“, erklärt sie.
Um dies zu realisieren, nimmt Vogt eine Rolle als Kommunikatorin und Vermittlerin ein. Kommunikatorin ist
sie im Unternehmen zwischen Vorstand und Angestellten. Zwischen der Führungsebene und den Mitarbeitern
befinde sich noch viel zu häufig eine Art „Schlammschicht“, die nur durch gezielte Kommunikationsmaßnahmen durchdrungen werden könne, erläutert sie.
Vermittlerin ist sie über die Journalisten an die Öffentlichkeit. Eine neutrale Position, wie ein Journalist sie
haben sollte, nimmt sie dabei nicht ein. Ihrer Meinung
nach ist es manchmal sinnvoller, nicht alles zu sagen
und die geläufige Regel „intern vor extern“ anzuwenden.
Trotzdem müsse die Kommunikation immer seriös und
transparent sein.
Insbesondere bei einem Krankenhaus geht es oft um
Krisenkommunikation. Und exakt das ist es, was die
43-Jährige reizt und gerne macht. „In der Krise muss man
sich zusammensetzen, schnell entscheiden und handeln.
Nichts ist alltäglich.“ Auch bei ihren früheren Arbeitgebern amnesty international und dem Unfallkrankenhaus
Berlin arbeitete sie viel als Krisenkommunikatorin.
Sie hat ein „Exotenwissen“ in einem Krankenhaus, das
sie vermitteln und durchsetzen muss. Ärzte würden zum
Teil erst spät begreifen, dass eine Pressekonferenz um
elf Uhr morgens sinnvoller ist als um vier Uhr nachmittags, damit die Zeitungen noch davon berichten können.
Ihr Erfolgsrezept: „Man sollte immer Kopf und Bauch
zusammenhalten und sich eine Arbeit suchen, die einem
Spaß macht. Denn man ist immer besser in den Dingen,
die man mit Leidenschaft tut.“
Trotz der Leidenschaft nimmt sie ihre Arbeit nicht mit
nach Hause. Denn sie braucht auch Zeit für ihre Hobbys, das Theater spielen und Lesen. Sie ist jemand, der
sich immer weiter fortbilden will. Deshalb steuert sie im
nächsten Jahr ein Weiterbildungsstudium an: Coaching
und Supervision. „Ich möchte einfach noch mal in eine
etwas andere Richtung gehen.“
Text: Inga Konen - Fotos: Kemal Capaci
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Spielerisch zum Erfolg
Martin Lorber / Electronic Arts
„Dragon Age“, „Saboteur“, „Die Sims“ und „Starwars“
– das ist die Welt von Martin Lorber. Ein Mann aus dem
Filmgeschäft? Regisseur, Schauspieler, Produzent? Nein,
Martin Lorber ist PR-Director von Electronic Arts, dem
weltweit führenden Unternehmen für interaktive Unterhaltungssoftware. Umsatz im Geschäftsjahr 2008/09:
rund 2,9 Milliarden Euro.
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Der 41-jährige PR-Profi wirkt unkompliziert: Er trägt
legere Jeans und ein schlichtes schwarzes Rollkragenshirt. Das Haar fällt ihm locker in die Stirn. Durch seine
kleinen runden Brillengläser fixiert er seine Gesprächspartner gelegentlich genau. Anders als im Spiel hat er
eine reale Mission: Computer- und Videospiele als Leitmedium der modernen Unterhaltungskultur zu platzieren. Er ist jedoch keiner, der noch vor dem Frühstück
an der Spielekonsole sitzt. Stattdessen fährt er täglich
rund eine halbe Stunde mit dem Fahrrad zur Arbeit,
begleitet von Jazzmusik in den Ohren. Im Zollhafen am
Kölner Rheinufer legt der PR-Manager dann los. In der
redaktionellen Berichterstattung der General Interest
Presse gebe es noch viel Nachholbedarf bei Computerspielen. „Über Kino, Filme und vor allem Musik wird
viel häufiger berichtet als über Videospiele. Dabei zeigen
Nutzerstudien, dass die Menschen mittlerweile viel mehr
von interaktiver Unterhaltung fasziniert sind.“
Auf die Frage, ob die Kommunikationsbranche schon immer sein zentrales Berufsziel war, antwortet er wie aus der Pistole geschossen: ,,Ja“.
Schon während seines Studiums der Musikwissenschaften, Philosophie und
Völkerkunde an der Universität Köln arbeitete er als freier Autor für den
Kölner Stadt-Anzeiger. Damals schrieb er hauptsächlich Musikkritiken. Weil
der Wunsch, in den Journalismus zu gehen, immer größer wurde, beginnt er
nach dem Studium ein Volontariat beim Süddeutschen Rundfunk in Stuttgart. Hier erhält er eine solide Journalistenausbildung und arbeitet weitere
zwei Jahre als Redakteur, Moderator und Reporter im Hörfunk. ,,Ich sehe es
als Stärke an, dass ich als Pressesprecher journalistisch tätig gewesen bin und
aus eigener Anschauung weiß, wie Medien funktionieren“, erklärt er.
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Martin Lober
Aus Süddeutschland kehrt er zurück nach Köln und
wird auf der „anderen Seite des Schreibtisches“ tätig. Er
heuert als Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
der Kölner Philharmonie an. Drei Jahre später wechselt
er zur Garant Schuh + Mode AG in Düsseldorf, Europas größten Einzelhandelsgruppe im Schuhfachhandel,
und verantwortet dort die Bereiche Public und Investor
Relations. Anfang 2004 kehrt er wieder nach Köln zurück und wird Head of PR für Electronic Arts und 2008
PR-Director für Deutschland, Schweiz und Österreich.
In Sachen PR beherzigt er zwei Grundregeln: ,,Erstens:
Ich sage immer und grundsätzlich die Wahrheit und instrumentalisiere Journalisten nicht. Zweitens: Ich verstehe
mich als Dienstleister für Journalisten und trete daher
offen und transparent auf und mit Informationsangeboten an sie heran.“
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Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Electronic Arts
Interaktive Unterhaltungssoftware, Computer- und Videospiele, Mobiltelefonsoftware
1982
Köln
ca. 9.000 weltweit (2009)
ca. 2,9 Mrd. Euro weltweit (2008/2009)
Wenn das Unternehmen oder ein Produkt doch mal eine
schlechte Presse bekomme, z.B. wenn schlechte Unternehmenszahlen vorliegen, versuche er diese nicht zu kaschieren oder wegzudiskutieren, sondern den Journalisten
neue Perspektiven aufzuzeigen und Diskussionen wieder
in eine andere Richtung zu lenken. „Die Kommunikation
zu steuern und bestimmte Themen zu setzen, Agenda
Setting zu betreiben – das ist für mich erfolgreiche PR.“
Im Jahr 2000 wurde er mit dem Multimedia Award ausgezeichnet, 2007 mit dem Econ Award für das Electronic Arts Magazin, das er mit Hilfe der Agentur mühlhaus & moers konzipiert und realisiert hat. 2009 gewann
er den Deutschen PR-Preis für die positive Verankerung
von Computer- und Videospielen in den Medien. Darüber habe er sich sehr gefreut, sagt er stolz. Doch seine
Ziele seien damit nicht erreicht. Er freue sich auf die
noch kommenden spannenden Aufgaben.
Seine große Leidenschaft? Jazzmusik. Früher war er
sogar Jazzmusiker, hat Kontrabass gespielt, und mit
seiner Band das Kleinkunstprojekt ,,Heute Abend“ in
großen Städten Deutschlands präsentiert. „Immer mit
guter Resonanz“, berichtet ein Freund. ,,Mit Martin ist
es immer locker, witzig und interessant“, fügt er hinzu.
Lorber selbst findet Jazzmusik mitreißend.
,,Das Miteinander von Spontaneität und Struktur gibt
Einem Freiheit und ist äußerst anregend“, findet er. Doch
Musik mache er nicht mehr so wie früher. Andere Dinge
seien wichtiger geworden.
Vor allem die Geburt seiner Kinder nennt er als wichtige
Stationen in seinem Leben. An seinen freien Tagen verbringt er viel Zeit mit seinen Kindern. Sein Sohn ist sieben Jahre alt und seine Tochter drei. Für Computer- und
Videospiele würden sich die Kinder nicht interessieren,
dafür seien sie zu klein. ,,Noch wird bei uns traditionell
gespielt und vorgelesen“, lächelt er verschmitzt.
Text: Sandra Wicher - Fotos: Kemal Capaci
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Weiblichkeit und starker Wille
Heike-Melba Fendel / Barbarella Entertainment
Dunkelrote Lippen, blonde, wilde Locken bis zu den
Schultern, muskulöser Körper, glatte Haut, schwarze
enge Jeans, lange dünne Finger, eine Lücke zwischen den
Schneidezähnen wie Madonna. Wenn sie redet, tut sie
dies sehr überlegt mit einem Hauch Erotik in der rauen
Stimme. Die intensive Mimik und die Grübchen, wenn
sie lacht, machen das Bild komplett.
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Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Barbarella Entertainment
Veranstaltungen, Künstlervermarktung,
Pressearbeit
1991
Köln
15 (2009)
k. A.
Heike-Melba Fendel charakterisiert ihre Firma – Barbarella Entertainment – als eigen und flexibel. Es sei der
Angebotsmix aus Pressemappen, Management und Veranstaltungen. Für ihre Künstler und Events macht Barbarella auch Pressearbeit, was als Portfolio einer Agentur
mit rund 15 Mitarbeitern selten sei. „Ein Geschäftsfeld
befruchtet bei uns immer wieder das andere“, erklärt
sie. So entsteht bei ihr ein ganz besonderes Bild ihres
Unternehmens. „Ich würde die Firma als eine Art Club
bezeichnen, wo man Mitglied ist und Zugehörigkeit
empfindet.“ Nach dem Prinzip, es gebe keine Probleme,
sondern nur Situationen, heißen beispielsweise die Trouble Counter bei Veranstaltungen von Barbarella Entertainment heute „Situationsschalter“. Das müsse niemand
auf Anhieb verstehen, es sei eben eigen.
1991 machte sich Heike-Melba Fendel selbstständig, nach dem Motto
„Mal gucken, was wir machen“, was
heute wohl so kaum noch möglich
wäre. Mittlerweile steuert sie drei
Geschäftsstellen in Köln, Berlin
und Frankfurt-Offenbach, sodass
ihre Mitarbeiter dort sein können,
wo gerade Arbeit ansteht. Es ist ihr
gelungen, Menschen in den Medien
zu platzieren, die spannend sind
und etwas zu vermitteln haben. Die
Faszination entsteht bei der Geschäftsführerin da, wo PR Journalismus mit anderen Mitteln ist, wo das
medial abgebildet wird, was richtig
und wichtig ist.
Der Hauptsitz in Köln bietet sechs
lichtdurchflutete Etagen, die offen
über Treppen verbunden sind. Die
überdimensionale Diskokugel in der
Mitte und das darunter stehende,
dunkelrote, runde Sofa mit großen,
dunkelroten Kissen sind von jedem
Arbeitsplatz aus zu sehen und bilden
das Highlight, das keinem entgeht.
Die Geschäftsführerin hat ihr Büro
unter dem schrägen Glasdach. Neben den Comics „Barbarella“ von
Jean-Claude Forest, welche die Idee
für den Namen gaben, sind Bücher
und Bilder von Klaus Kinski, Winnetou oder Rex Guildo zu sehen.
Heike-Melba Fendel unterteilt
die Geschichte Barbarellas in drei
Phasen: Aufbruch, Gefährdung und
Selbstfindung. Die Krise um die
Jahrtausendwende war für das Unternehmen „der Absturz ins nahezu
Bodenlose“. Nicht erwischt hat sie
in diesem Jahr die Wirtschaftskrise,
denn sie arbeite mit prominenten
Leuten zusammen, und Prominenz
gehe immer, genau wie staatliche
Einrichtungen, für die sie und ihre
Mitarbeiter tätig seien.
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Heike-Melba Fendel
Tritt die willensstarke Frau öffentlich auf, schwimmt sie
oft mit ihrer etwas anderen Haltung gegen den Strom
und möchte dabei nicht hilflos untergehen. Sie hasst es,
wenn Leute „dummes Zeug“ reden, auch ihre eigenen
Mitarbeiter. Sie muss vorbereitet sein, um Fehler aufzudecken. Ansonsten beschreibt sie sich als kreativ, aber
egoman und eher faul, was ihr wiederum einen Vorteil
im Sinne der Effizienzsteigerung bringe.
Die 1,78 Meter große Powerfrau ist PR- und EventFrau, Journalistin, Moderatorin, Managerin, Dozentin
und Autorin zugleich. „Wenn ich in einem Hotel meinen
Beruf angeben muss, schreib‘ ich da immer was anderes hin“, sagt sie mit einem breiten Grinsen auf den
rot geschminkten Lippen. Die Grenzen zwischen den
Tätigkeiten seien fließend. Lachend fügt sie hinzu, dass
es wahrscheinlich ein Problem gäbe, wenn sie einmal
anfangen müsse, sich für ihre Arbeit zu motivieren.
Autorin, das wollte die Allrounderin eigentlich immer
sein, gesteht sie in einem Youtube-Video ein. Ihr Buch
„nur die“, erschienen im September 2009, umfasst ein
Leben in 99 kurzen Geschichten, welche die FAZ sehr
treffend als „schillernde Prosapolaroids“ betitelte.
Heike-Melba Fendel schreibt im Buch, dass sich die Hauptfigur selbst den Namen Melba als Decknamen gegeben
habe. Darauf angesprochen zieht sie die langen, schlanken
Beine an ihren Oberkörper, verschränkt die Arme vor
den Schienbeinen und haucht mit einem charmanten
Grinsen: „Was in meinem Personalausweis wirklich steht,
weiß niemand ...“ Zumindest die Eckdaten seien eins zu
eins. Fendel hat eine erwachsene Tochter, war nie verheiratet und lebt in Köln und Berlin zu gleichen Teilen. „Es
ist wie eine Frau zwischen zwei Liebhabern, wo genau
gleich viel für beide spricht“, sagt sie über diese Städte.
Sie betrachtet die Welt „schriftstellerisch“ und hat schon
genaue Vorstellungen für mindestens vier weitere Bücher.
„Ich geh‘ gern feiern und tanzen“, sagt sie lachend und
nicht, ohne sich rhythmisch zu bewegen und mit ihren
langen Fingern wieder und wieder in den Haaren zu
spielen. Genau das ist auch der Plan zum 20-jährigen Jubiläum von Barbarella Entertainment und ihrem 50. Geburtstag im Jahr 2011. Sie plant einen großen Event mit
„lustigem, selbstironischem Programm, wobei sich alle,
als Teil des Programms, gründlich blamieren werden“.
Text: Anna-Karina Berels - Fotos: Kemal Capaci
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Malteser, Chemiker, KommunikatoR
Dr. Andreas Archut / Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn
„2,5 Millionen Euro Preisgeld für den Bonner Chemiker
Frank Neese“. So oder ähnlich lauten die aktuellen Schlagzeilen über den Chemieprofessor, der eine Art deutschen Nobelpreis, den Gottfried Wilhelm Leibniz-Preis,
gewonnen hat. Es herrscht Hektik in der Pressestelle der
Universität Bonn. Die Anfragen häufen sich. Andreas
Archut sitzt in seinem Büro und rollt in einem schwarzen
Sessel zwischen Computer, Telefon und Regalen hin
und her. Er tele-foniert gerade mit dem WDR. Trotz
Stress bleibt er gelassen: „Ich habe mein Hobby zum
Beruf gemacht. Es macht mir einfach Spaß, und das
Schöne ist, dass ich die Früchte meiner Arbeit immer
gut verfolgen kann.“
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Dass Andreas Archut schon immer Journalist oder
Pressesprecher werden wollte, würde man auf Anhieb
bei seinem Lebenslauf nicht vermuten. Nach dem
Abitur studierte er ab 1990 Chemie. Das Grundstudium
machte er in Bonn, das Hauptstudium in Los Angeles.
Seinen Master absolvierte er unter Betreuung des Nobelpreisträgers George A. Olah. Danach in Deutschland
wieder angekommen, wollte er gerne noch einen deutschen Abschluss haben und promovierte 1997 in Bonn.
Doch das, was eigentlich so fern vom Journalismus
wirkt, ist laut Archut eigentlich ein „kalkulierter Plan“
gewesen. Er lacht, und man merkt, dass er ein wenig
stolz ist, wie alles geklappt hat.
„Ich war schon in der Grundschule
Herausgeber einer aus heutiger Sicht
peinlichen Klassenzeitung, habe
bei den Maltesern schon immer
Zeitungstexte geschrieben und mit
fünfzehn als freier Mitarbeiter der
Honnefer Volkszeitung angefangen.
Doch man hat mir geraten, ein
Studium abzuschließen, um Journalist
zu werden. Da ich Chemie immer
sehr interessant fand und einen
großartigen Lehrer hatte, war das
Studium nicht weit.“
Sein Plan hat funktioniert, erst
Redakteur in der Pressestelle der
Deutschen Forschungsgemeinschaft,
dann Leiter der Pressestelle der
Rheinischen Friedrich-Wilhems-Universität Bonn. „Ich hatte Glück, dass
man so mutig war, einen Anfänger
wie mich zu nehmen, als die Stelle
frei wurde. Das Studium hat mir aber
auch sonst viel gebracht. Als Naturwissenschaftler geht man Probleme
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Dr. Andreas Archut
einfach anders an als zum Beispiel ein Jurist, und die
Fähigkeit, mit Frustrationen umzugehen, wird durch
Forschung stark entwickelt“, schmunzelt der Rheinländer.
Die Geduld des 39-Jährigen zeigt sich auch an seinen
Hobbys. Seitdem er vor kurzem einen Jagdschein gemacht hat, geht er zum Abschalten auf den Hochsitz.
„Da muss ich nicht einmal mehr irgendetwas jagen. Nur
da sitzen und Wiesen mit Grasbüscheln betrachten,
kann sehr beruhigend neben dem hektischen Alltag sein.“
Ein weiteres Interesse von Archut ist die Arbeit beim
Malteser Hilfsdienst. „Die Malteser ziehen sich wie ein
roter Faden durch mein Leben“, erzählt er. Sein Engagement dort ist für ihn nicht nur Freizeit, da er dort auch
eine Funktion als Pressesprecher hat und der Zeitaufwand
recht hoch ist. „Ich habe einen Sprachfehler“, erklärt der
Chemiker, „ich kann nämlich nicht gut ‚Nein‘ sagen.“
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Viele seiner Bonner Kollegen seien mittlerweile auch
seine Freunde. Wie es in seinem Privatleben aussieht oder
aussehen wird, will er nicht verraten. Beruflich könnte er
sich jedoch durchaus vorstellen auch für die nächsten
28 Jahre für die Bonner Universität zu arbeiten. „Wenn ich
mir aussuchen könnte, für wen ich einen Tag PR machen
dürfte, dann vielleicht für den Papst oder noch besser den
Kardinal Meisner.“ Kurzes Schweigen. „Obwohl, der ist
wahrscheinlich beratungsresistent.“
Wenn Archut dies wirklich einmal machen würde, wäre
interessant wie der Kardinal mit seiner Öffentlichkeitsarbeit zurechtkäme. Denn der Rheinländer setzt in der
Kommunikation immer mehr auf Social Media Instrumente wie Facebook und Twitter und versucht, sie in
seine Arbeit zu integrieren. Dabei sieht er nicht nur die
positiven Seiten der Web-Kommunikation. „Die neuen
Möglichkeiten sind an sich eine tolle Sache, ich kann
durch sie mit den Studenten viel besser kommunizieren.
Allerdings kann sich durch das Internet quasi jeder als
Journalist betätigen, und dies kann zu enormen Problemen in der professionellen Arbeit führen. Die Qualität
und Glaubwürdigkeit leiden.“
Das Telefon klingelt wieder, und Archut rollt mit seinem
Sessel zum Computer, wo auch das Telefon steht. Das
Gespräch ist kurz. Er steht auf und verabschiedet sich
freundlich mit den Worten: „Es tut mir leid, ich muss
nun gehen. Ich möchte Professor Neese auch persönlich
meine Glückwünsche überbringen.“
Text: Gesche Hansen - Detailfoto: Gregory Siegburg
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Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Jahresetat
Rheinische Friedrich-WilhelmsUniversität Bonn
Lehre, Forschung
1818
Bonn
ca. 8.840 (2009)
ca. 553 Mio. Euro (2009)
Die Frau vom Bau
Jutta Hobbiebrunken / Hochtief AG
Der Blick beim Eintreten fällt sofort auf die etwa
180 mal 80 Zentimenter große, auf einen Holzrahmen
gespannte, bedruckte Leinwand. Zu erkennen: ein leeres
Treppenhaus. Die Blickrichtung wird aufwärts auf einen
Treppenabsatz geführt, wo die Treppe einen Knick
macht. Im Hintergrund ein Panoramafenster mit Blick
in die ruhige Nacht. An der linken Bildseite eine offene
Tür, die von einem anderen Raum in das Treppenhaus
führt. Die Farbgebung: kunterbunt.
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Wer hängt sich ein solches Bild ins Büro? „Es hat einen
Bezug zu meiner Arbeit, ist eine Erinnerung an ein
schönes Projekt, das ich geleitet habe: Die Renovierung
des Meisterhauses Kandinsky-Klee in Dessau. Ich bin
Bauhaus-Fan.“ Die Dame, die das sagt, ist Jutta Hobbiebrunken, Leiterin der Unternehmenskommunikation
beim Globalplayer Hochtief. 40 Mitarbeiter delegiert sie
täglich in ihrem Stab. Auf die Frage, ob es Mitarbeiter
gebe, die Angst vor ihr haben, lacht sie.
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz
Hochtief AG
Baudienstleister
1873
Essen
ca. 65.000 (2008)
ca. 19 Mrd. Euro (2008)
„Das entspricht nicht meinem Führungsstil.“ Allerdings
hat sie eine ganze Menge zu sagen – in einem Unternehmen mit immerhin rund 65.000 Mitarbeitern weltweit.
Sie ist mittlerweile 16 Jahre dabei, hat mit zwei Vorstandsvorsitzenden zusammengearbeitet und hat sich in den
Anfängen zunächst einmal Respekt verschaffen müssen.
Früher war die Baubranche viel mehr als heute eine
Männerdomäne. „Sehr geehrte Frau Hobbiebrunken,
sehr geehrte Herren“, so begannen damals die Managertagungen des Unternehmens, berichtet die etwa 1,80m
groß gewachsene, schlanke Frau mit schulterlangen
braunen Haaren. Hobbiebrunken kam jedoch durch
eine ganz andere Tür zur Unternehmens-PR. Zunächst
studierte sie Sozialwissenschaften und arbeitete anschließend als Journalistin für eine norddeutsche Tageszeitung.
Die ausbleibende Resonanz auf eine investigative
Recherchearbeit entfernte sie jedoch von ihrer Vorstellung
journalistischen Arbeitens. Sie bewarb sich bundesweit
und ging zum Unternehmen Transfracht in Frankfurt als
Pressesprecherin. Ab dann ging es für die heute 49-jährige
Managerin wie in einem Treppenhaus immer nur
aufwärts. „Ich habe mich in meinem Leben nur einmal
richtig bewerben müssen, die anderen Male wurde ich
immer abgeworben“, gesteht sie fast reumütig. Grund-
51
Jutta Hobbiebrunken
sätzlich belegt sie ihren Tag nur zur Hälfte mit Terminen, den Rest bestimmt der Alltag. „Es wird jeden Tag
eine neue Sau durchs Dorf getrieben“, und an diesem
Tag ist es „Dubai“. Eine Immobilienblase scheint zu
platzen, und seitens der renommiertesten Medienvertreter hagelt es Anfragen auf ihren Schreibtisch. „Darum
liebe ich meinen Job, heute Dubai, morgen bereite ich
unseren Vorstand auf ein Fernsehinterview vor oder begleite die Akquisition eines Unternehmens“, beschreibt
sie ihr vielfältiges, kunterbuntes Aufgabengebiet.
52
Rückblickend wäre sie während ihrer Laufbahn gerne
mal ins Ausland gegangen. Sie urteilt über sich kritisch,
dass ihr Englisch besser sein könnte. Mitmenschen werfen ihr allerdings auch schon einmal vor, sie würde damit
kokettieren, denn schließlich delegiert sie regelmäßig via
Telefonkonferenz Mitarbeiter rund um den Globus und
sorgt für eine koordinierte Konzernkommunikation.
Auf die zierliche Damen-Rolex an ihrem Handgelenk
angesprochen, reagiert sie fast schon ein bisschen beschämt. „Ich bin absolut kein Statustyp, habe auch lange
mit mir gerungen, bis ich mir die Uhr gekauft habe.
Aber die ist einfach toll, die macht alles mit.“ Und das
muss sie auch. Die verheiratete Mutter eines zwölfjährigen Sohnes geht regelmäßig laufen, um Adrenalin abzubauen und den Kopf einfach mal frei zu bekommen.
Mit einem Blick aus dem Panoramafenster scheint sie
sich nach mehr Ruhe zu sehnen. „Das morgendliche
Frühstück mit meinem Sohn ist mir heilig.“ Ihre engen
Freunde beschreiben sie als „treue Seele“, einen durch
und durch verlässlichen Menschen, der ab und an aber
schon einmal recht ungeduldig sein kann. Auf die Frage,
warum man über sie nur wenig Privates erfahre, gibt sie
sich sehr zurückhaltend: „Mein Job ist es, vornehmlich
anderen die Bühne zu schaffen, dem Unternehmen,
dem Vorstandsvorsitzenden und nicht mir.“ Eine klare
Aussage über ihre Arbeit – und so erscheint es plausibel,
warum man bei ihr nicht sofort sehen kann, was einen
auf dem nächsten Treppenabsatz erwartet. Beim Verlassen ihres Büros fällt es wie Schuppen von den Augen:
Es gibt kein besseres Bild für diesen Raum.
Text: Jan Hölkemann - Fotos: Paula Karys
53
Kirmes wie der Rummelplatz
Thorsten Kirmes / Radio Relations
„Moin, mein Name ist Thorsten Kirmes, der Name ist
Programm.“ Diese Floskel wird der Entrepreneur wohl
nie mehr los. Thorsten Kirmes: schlendernder Gang,
circa 1,90 Meter groß, blonde Haare mit einem Seitenscheitel locker nach hinten geschwungen. Er trägt eine
dunkle lockere Jeans, ein helles Hemd mit Kapuzenpullover. Kirmes würde von sich niemals behaupten, dass er
einen Klamottentick hat, doch ohne Ralph Lauren würde
sein Kleiderschrank zusammenschrumpfen.
54
Der junge Unternehmer eilt ständig von einem Termin
zum nächsten. Morgens noch in seiner Firma „Radio
Relations“, dann kurzerhand für einen Zwei-Stundentermin eine Strecke von 750 Kilometer nach Wien. „Ein
paar Stunden hin oder her reisen, was macht das schon?
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz:
Radio Relations
Hörfunk-PR
2005
Köln
3 (2010)
k. A.
Es liegt nicht daran wie lange man braucht, sondern wie
schnell der Kunde es wünscht.“ Morgens früh um acht
Uhr sieht er trotz nächtlicher Rückfahrt wie aus dem
Ei gepellt aus, die anstehenden Termine im Hard Rock
Café „Vorlesungen über Musik-Management“ könnten
schließlich nicht verschoben werden.
Thorsten Kirmes ist ein Unternehmer, der seine Arbeit
liebt. „Ich habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Es
gibt nicht einen Tag, an dem ich wünschte, im Bett
liegen zu bleiben, statt aufzustehen und zu arbeiten“,
erzählt er strahlend. Seine Arbeit, das ist primär PR im
Hörfunk, aber auch Zusammenarbeit mit anspruchsvollen Künstlern und zum Teil klassische Medienarbeit. Die
Musikbranche sei ein sehr spezielles Geschäft, nie langweilig und immer wieder anders. Der Tag fängt für ihn
um fünf Uhr an, früh geht er ins Büro, das direkt neben
der Wohnung liegt. Zwischendurch verbringt er ein bis
zwei Stunden im Fitnessstudio und liest eine der Zeitungen auf dem Laufband. Danach sitzt er bis zum späten
Abend im Büro oder fährt zu anstehenden Terminen.
55
Thorsten Kirmes
Thorsten Kirmes ist mit seiner Arbeit verheiratet, nur so
gelingt ihm wohl der Erfolg seiner Selbstständigkeit. Seine
geradlinige, erfolgsorientierte Art, gepaart mit einem
Schuss jugendlichen Leichtsinns, kommt ihm in der Musikbranche zugute. In seiner Zeit bei Edel Records zeigte
ihm der zurückgehende Plattenverkauf, dass er auf
einem wackligen Ast sitzt. Es musste also etwas passieren, und Kirmes hatte auch schon eine Idee. Nennen wir
es „24/7 media solution“ und „Radio Relations“ – seine
Fluchtwege aus der Bedrohung des niedergehenden
Marktes in eine Selbstständigkeit auf der Gewinnerspur.
„Work hard and party hard. Wer hart arbeitet, darf auch
hart feiern“, so sieht der Jungunternehmer sich selbst.
Kirmes‘ professionelles Selbstbild wird nur von den
täglichen Szenen mit seinem jungen Team aufgelockert.
„Er gibt öfters mal folgewidrige Aufgaben, die er jedoch
mit einem Nein-Moment-Stop nach zwei Sekunden wieder über den Haufen wirft“, erzählt eines seiner Teammitglieder. Das Verhältnis unter ihnen ist familiär.
56
Die kleine Firma Radio Relations residiert im Kölner
Mediapark im Maisonette-Stil: offene Räume, helle
Möbel, Macs auf jedem Bürotisch. Thodde, wie Freunde
ihn liebevoll nennen, ist es wichtig, dass sein Team sich
zuhause fühlt. Nur so kann er mit der guten Arbeit rechnen, die er fordert. Auf einer Wand steht der jährlich
wechselnde Leitsatz, diesmal von Ari Gold „Knock off
the hippie shit, strap on a helmet and start shooting!“,
ein kleines Zeichen dafür, dass Kirmes sein Leben nicht
nur mit Arbeit füllt, sondern auch Gefallen findet an
US-Serien wie Entourage.
Thoddes eigenes Reich erkennt jeder sofort. Sein
Schreibtisch ist groß und fast leer, bis auf seinen Mac,
die dahinter am Boden aufgereihte Fachliteratur und
einer E-Gitarre. Das Musikinstrument ist ein weiteres
Zeichen, das nicht nur auf Arbeit hindeutet. Kirmes ist
ein guter Gitarrist, in seiner Kindheit gründete er mit
seinem Schulfreund Marc eine Punk-Rockband. „Na ja“,
sagt er, „Punk-Rockband ist ein wenig übertrieben. Um
überhaupt Geld zu verdienen, spielten wir auf Hochzeiten. Dort wurden allerdings Coverlieder gewünscht,
passend zum Anlass.“ Aus dieser Zeit stammen auch
diverse Modesünden, unter anderem eine Weste im TigerLook und ein Zündkerzenhemd, wie sein bester Freund
und ehemaliger Bandkollege im Gespräch mit einem
Schmunzeln ausplaudert.
Der Entrepreneur ist mit der Band
Metallica aufgewachsen, was sich
noch heute in seinem Musikgeschmack abzeichnet. Durch seinen
Beruf in der Musikbranche hat die
Musik jedoch einen beruflichen Stellenwert eingenommen. Viele Reisen
mit Bands, Events und Festivals sind
einerseits harte Businessarbeit,
andererseits sieht Kirmes viel von
der Welt. Ein Vorteil, wie er findet:
„Ich brauche keinen Urlaub mehr,
um durch die Welt zu reisen. Das
bringt schon mein Beruf mit sich.“
Text: Jeannine Herzog
Fotos: Zein Okko
57
Der Weltbürger
Dieter Offenhäußer / Deutsche UNESCO-Kommission (DUK)
Mitte der 80er Jahre. Der Sultan von Oman sucht einen
Deutschlehrer für ein von ihm geplantes Projekt. Dieter
Offenhäußer packt, ohne zu zögern, seine Koffer, hängt
seinen Lehrerjob in Deutschland an den Nagel und
verabschiedet sich von Europa. Doch die Reise in den
Osten der Arabischen Halbinsel endet früher als geplant.
Kurz nachdem er seine Wohnung leer geräumt hat,
findet er einen Brief in seinem Briefkasten. Darin steht:
„Das Projekt des Sultans wird auf unbestimmte Zeit
verschoben.“ Offenhäußer steht wieder ganz am Anfang
seiner beruflichen Karriere
58
Heute ist Dieter Offenhäußer Stellvertretender Generalsekretär und Pressesprecher der Deutschen UNESCOKommission. Sorgfalt, Begeisterungsfähigkeit und Konfliktbereitschaft zeichnen den Charakter des 57-Jährigen
aus und helfen ihm, sich in seinem Job durchzusetzen.
Früher hat ihn die Kommunikationsbranche kaum
interessiert. Reisen, Geschichte, Literatur und Fremdsprachen, aber auch die Lust an der Recherche, das
waren und sind auch heute noch seine Leidenschaften.
Als Kind wollte Offenhäußer Lehrer oder Schriftsteller
werden. Er verwirklichte seine Träume und arbeitete
lange Zeit als Lehrer, später wurde er Verlagslektor.
Wenn Offenhäußer von seiner Vergangenheit erzählt,
merkt man, dass er keine Station im Lebenslauf bereut.
Die Aufgaben, die das Leben an ihn stellte, formten seine
Persönlichkeit und sorgten rückblickend dafür, dass
er heute für den Job als UNESCO-Sprecher bestens
geeignet ist.
Offenhäußer mag die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten
Seiten eines Themas und deren
Vermittlung an verschiedene Zielgruppen, betrachtet aber die interne
Kommunikation mit ihren vielfältigen Ebenen, den sich reibenden
Zuständigkeiten und den oft komplizierten Abstimmungen mit den
Gremien der UNESCO als seine
Hauptaufgabe. Eigentlich schade,
denn als Vertreter einer Mittlerorganisation der Auswärtigen Bildungsund Kulturpolitik liegen ihm natürlich die Belange der Menschen
besonders am Herzen, die in diesen
Bereichen benachteiligt werden.
Dabei stellen sehr heterogene Zielgruppen Offenhäußer täglich vor die
Herausforderung, das Bewusstsein
der Deutschen in diese Richtung zu
sensibilisieren. „Alles in allem ist
mein Tag ein gut durchgeschüttelter
Cocktail, der meinen Job niemals
langweilig werden lässt“, erzählt er.
59
Dieter Offenhäußer
Der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk prägte mit
seinem Buch „Du musst Dein Leben ändern“ das
anthropologische Modell des Menschen als Übender.
Ein Übender – ein Mensch, der ständig versucht sich
weiterzuentwickeln und zwar biologisch, kulturell und
symbolisch – das ist Dieter Offenhäußer. Er hat schon
etliche Länder und Leute kennengelernt – Frankreich,
Portugal, Laos, Vietnam, Kambodscha, Thailand, China,
Burma. Trotzdem will er noch mehr sehen und verstehen. „Seit ich das Buch ‚Kritik der zynischen Vernunft‘
gelesen habe, hat mich der Autor Sloterdijk bis heute
immer wieder davor bewahrt, in philosophischen Kathedralen und mentalen Schubladen zu denken“, räsoniert
der Pressesprecher.
60
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Etat Deutsche UNESCO-Kommission e.V.
Mittlerorganisation der Auswärtigen Kulturund Bildungspolitik
1950
Bonn
50 (2008)
ca. 20 Mio. Euro Pflichtbeitrag Deutschlands
Zurzeit plant Offenhäußer Konzepte
für die UNESCO-Projektschulen.
Was ihn besonders freut: In Deutschland ist inzwischen jede Schulform,
ob Grundschule oder berufsbildende
Schule, ob staatliche Regelschule
oder Privatschule, als UNESCOProjektschule vertreten. Dort werden
Werte zur Verbesserung internationaler Verständigung vermittelt und
in Workshops Themen wie Umweltschutz und Toleranz bearbeitet. Auch
die Bemühungen zur weltweiten
Alphabetisierung, die UNESCOBiosphärenreservate und die vielen
anderen Langzeitprojekte aus den
Bereichen Bildung, Wissenschaft und
Kultur haben immer einen festen
Platz in seinem Terminkalender.
Trotz oder gerade wegen der großen
und kleinen Eitelkeiten, den teilweise
sehr filigranen Kommunikationssträngen seiner Organisation liebt
Offenhäußer die Selbstverständlichkeit internationaler Begegnungen.
„Es gibt kaum ein Land dieser Erde,
das ich nicht mit einem Gesicht
verbinde. Da entsteht eine Art Familienzugehörigkeitsgefühl, das grenz-,
kultur-, religions- und politikübergreifend ist.“ Bei der Generalkonferenz der UNESCO hat Deutschland
(„Allemagne“) seinen Sitz zwischen
Afghanistan, Albanien, Algerien,
Andorra und Angola. Dort trifft
Dieter Offenhäußer seit 16 Jahren
seine Kollegen aus der ganzen Welt.
Über alle politischen und sonstigen
Unterschiede hinweg sind so Freundschaften entstanden, die er nicht
missen möchte.
Text: Nadine Kretsch
Fotos: Agnieszka Rakowska
61
Den Kopf hinhalten ist Teil meines Jobs
Philipp Schindera / Deutsche Telekom AG
Eine Dose mit genau einer sauren Spreewaldgurke, ein
Wörterbuch „100 Worte Saarländisch“, ein magentafarbener, überdimensional großer Sitzsack und eine Bildergalerie von Fußballern, Pokalen und Vereinswimpeln. All
das passt nicht zusammen – aber trotzdem in das Büro
A 416 im Glaspalast der Bonner Konzernzentrale der
Deutsche Telekom AG. Das Büro gehört Philipp Schindera, dem Leiter Unternehmenskommunikation in einem
der größten DAX-30-Konzerne Deutschlands. Seit mehr
als 13 Jahren arbeitet er für Europas größtes Telekommunikationsunternehmen, doch „das alles war Zufall
und so eigentlich nicht geplant“, reflektiert Schindera.
62
„Eigentlich wäre ich gerne Fußballer geworden, aber es
war schon relativ früh klar, dass aus mir kein guter Kicker
wird.“ Trotz dieser Enttäuschung als Kind ist der Fußball
noch heute seine Leidenschaft. Jedoch bleibt es beim reinen Freizeitkick mit Freunden und der Rolle als Fan des
1. FC Saarbrücken. Zum Glück kompensierte er seinen
sportlichen Rückschlag frühzeitig durch eine zweite Faszination: Den Journalismus und die Begeisterung für die
Medien und deren Möglichkeiten. Vor allem das Radio
hatte es ihm angetan. Aus dieser Begeisterung heraus
studierte der gebürtige Saarländer Politikwissenschaften,
Wirtschaftspolitik und neuere Geschichte in Münster. Bereits während des Studiums verwirklichte er seine journalistischen Ambitionen als Radiojournalist beim Saarländischen Rundfunk und bei Antenne Münster. In dieser Zeit
lernte er den Menschen kennen, der dafür verantwortlich
ist, dass Schinderas Karriere als Journalist scheiterte.
Dieser Bekannte machte Schindera auf eine freie Stelle
in der Presseabteilung der Telekom-Tochter T-Mobile
aufmerksam. Trotz seiner Vorurteile und einer Skepsis
als passionierter Journalist gegenüber Mitarbeitern von
Pressestellen, bewarb er sich und bekam den Job. „Für
mich war es damals eine Zwischenetappe, um meinen
Lebenslauf abzurunden.“ Doch Vorhaben und Vorbehalte legte er schnell ab: „Ich habe mir gesagt, ich gehe,
wenn es langweilig wird.“ Ein Zustand, der offensichtlich nie eingetreten ist. „Wer kann schon von sich
behaupten, in 13 Jahren nicht einen langweiligen Tag
erlebt zu haben?“ Für Schindera gab es innerhalb des
Konzerns immer wieder neue Herausforderungen, denen
er sich unbedingt stellen wollte. „Immer wenn ich auf
dem Absprung war, kam schon wieder etwas Neues.“
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Deutsche Telekom AG
Telekommunikations- und Informationstechnologie
-Dienstleistungen
1990
Bonn (Zentrale)
ca. 260.000 (2009)
ca. 64 Mrd. Euro (2009)
63
Herausgekommen sind dabei inzwischen rund 4.600
Tage Berg- und Talfahrt in seiner Kommunikationsarbeit für die Telekom. Die Täler: Die Krisen. Man
erinnere sich an die Deutsche Telekom in Verbindung
mit Doping-Affären im Radsport, Streiks, Personalabbau oder die Bespitzelungs-Affäre. Die Bergfahrt: Der
Weg aus den Krisen. „Den Kopf hinhalten, wenn es
im Unternehmen nicht rund läuft, ist Teil meines Jobs.
Ich möchte die Krisen nicht missen, denn sie fordern
mich heraus und sind lehrreich. Durch meine Erfahrung
als Journalist habe ich eine ganz klare Vorstellung, wie
Pressearbeit sein sollte und wie nicht. Sie ist keine Form
der Werbung oder des Marketings. Die Arbeit mit den
Philipp Schindera
Medien muss auf Augenhöhe passieren und soll von
gegenseitigem Vertrauen geprägt sein.“ Dabei bedauert
Schindera, dass den Kollegen aus dem Journalismus
heutzutage zu wenig Zeit bleibt, in die Tiefe zu recherchieren. Schnelle Schlagzeilen statt fundierte Analysen
seien immer häufiger an der Tagesordnung.
64
So spricht ein Journalist, in dessen Adern magentafarbenes Blut fließt: Schindera hat eine sehr enge Bindung
zur Telekom, vor allem aber zu seinen Mitarbeitern in
der Pressestelle: „Ich habe ein tolles Team, das mich mit
seinem Engagement jeden Tag neu motiviert. Es macht
großen Spaß zu sehen, wie wir gemeinsam unsere Ziele
erreichen.“ Die saure Gurke in der Dose sei eigentlich
als Mitarbeiter-Trophäe für nicht geglückte Arbeit gedacht gewesen. Doch bisher mangele es ihm an passenden Bewerbern, sagt Schindera augenzwinkernd. Als
Chef versucht er, jedem seiner Mitarbeiter möglichst
viel Verantwortung zu übertragen und allen vertrauensvoll zu begegnen. „Umgangsformen und Werte sind für
mich sehr wichtig, und das gebe ich auch weiter.“ Sozialkompetenz, Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit gehören
zum Wertegerüst des zweifachen Vaters. Das wurde ihm
von seinen Eltern mitgegeben und hat für ihn bis heute
nicht an Relevanz verloren.
Intern sieht er seine Abteilung als
das „gute Gewissen“ der Telekom,
das nicht zuletzt auf Defizite aufmerksam macht. „Unser Wort hat
Gewicht, und damit müssen wir behutsam umgehen.“ Schindera nahm
beispielsweise die BespitzelungsAffäre als Chance, eine Diskussion
über einen neuen Wertekanon anzustoßen. Sein Ziel: Eine offenere Unternehmenskultur. Dennoch bleibt
Schindera kritisch: „Die Aufgabe ist
noch lange nicht erledigt, aber dem
Ziel kommen wir immer näher.“
Schindera ist mit dem Managen
solcher Großbaustellen vertraut: Es
ist Teil seiner Aufgabe, gegen das
konservative und spießige Image der
Telekom zu kämpfen. Und da große
Veränderungen bekanntlich klein
anfangen, soll der pinke Sitzsack im
Büro wohl ein erstes Signal sein. In
der Außenwirkung vertraut er freilich auf große Kampagnen. „Heute
ist die Deutsche Telekom ein ganz anderes Unternehmen
als vor zehn Jahren. In den letzten drei Jahren haben wir
zusammen mit der Werbeabteilung sehr viel dafür getan,
um das Image einer ganz neuen Telekom zu prägen.“
Heute steht die Deutsche Telekom für Modernität, Fortschritt, Nachhaltigkeit und Exklusivität. Produkte wie
der Exklusivvertrieb des iPhones oder Kampagnen wie
„Millionen fangen an“, „Erleben, was verbindet“ oder
„Grenzen gab’s gestern“ haben maßgeblich dazu beigetragen. Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann. Doch
Philipp Schindera gibt sich zurückhaltend: „Manchmal
frage ich mich, wie es kommt, dass der Zufall, das
Schicksal oder vielleicht eine höhere Instanz es fast nur
gut mit mir gemeint haben.“
Text: Lisa Bader - Fotos: Kemal Capaci
65
Ideen müssen zünden
Lutz Nebelin / Jung von Matt/relations
,,Wie, wo, was, weiß Obi“, „3... 2... 1... meins!“ von Ebay
oder der „RWE-Riese“ – jeder kennt diese Werbespots,
die uns fesseln, manchmal aufregen, zumindest aber zum
Staunen oder Lachen bringen. Ihr Merkmal: Sie sind
ungewöhnlich und auffallend. Solche Ideen stecken in den
kreativen Köpfen von Jung von Matt, der wohl kreativsten
Werbeagentur Deutschlands. Der kreative Kopf und Geschäftsführer des PR- und Eventzweigs Jung von Matt/
relations ist der heute 47-jährige Lutz Nebelin.
66
In seinem Unternehmen werden Events und PRKreationen geschaffen. Bereits als kleiner Junge dachte
der Agenturchef darüber nach, Journalist zu werden.
,,Schreiben ist etwas, das ich schon immer gut konnte“,
lacht er. Als er sich mit 16 Jahren bei den Parlamentsredaktionen in Bonn, seiner Heimatstadt, bewirbt, wird er
zunächst nach Hause geschickt. Die Begründung: ,,Sie
sind noch zu jung und sollten lieber noch etwas mehr
lernen oder sogar studieren.“
Doch dies war nie die Sache des jungen Mannes, er
ist ,,einer, der gerne mitten im Schlachtfeld steht und
kämpft“. In der Schule, einem deutsch-französischen
Gymnasium in Bonn, war er nicht besonders gut, er
wollte schon früh in die Praxis des Schreibens übergehen.
,,Die Uni hätte mich nur gekillt“, das war Nebelin immer
viel zu theoretisch. ,,Ich wollte schon arbeiten, als andere
noch damit beschäftigt waren, zu überlegen, was sie werden sollen“, sagt er mit einem Schmunzeln im Gesicht.
Nach der Bundeswehr tat er dies über ein Praktikum bei
der Bonner Rundschau, dessen Redakteure sich sofort
für ihn begeisterten und ihm ein Volontariat anboten.
Es folgte die klassische journalistische Ausbildung.
Mit 22 Jahren war er schon stellvertretender Chef im
Feuilleton-Ressort.
Heute, 25 Jahre später, ist er Chef seiner eigenen
Agentur. In seinem Kölner Büro, das rundherum aus
Glaswänden besteht, spiegelt sich seine Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz wider, die er versucht, seinen
Kunden entgegen zu bringen. Hier verbringt Nebelin oft
Tage, manchmal auch Nächte, in denen er seiner Kreativität freien Lauf lässt, ,,das können auch mal 14 bis 16
Stunden am Tag sein“.
Unterscheidungsmerkmal seiner Agentur: ,,Wir wollen
anders sein als andere Agenturen. Wir wollen einen
Unterschied machen und ungewöhnliche Lösungen
für die Aufgaben unserer Kunden finden.“ So spielen
bei der Auswahl der Kunden drei Kriterien eine Rolle:
Zum einen der Spaß, zum anderen die Einzigartigkeit
der Idee und als letztes Geld. „Wenn man gute Arbeit
abliefert, kommt das Geld ganz von alleine. Spaß steht
bei der Arbeit klar im Vordergrund“, erklärt er. Dies sei
wichtig, um den Auftrag exzellent und einzigartig umsetzen zu können. ,,Firmen müssen mutig sein, ich hasse
es wenn sie auf mathematisches Marketing setzen“,
sagt er mit tiefem Tonfall in der Stimme. ,,Ich möchte
67
Lutz Nebelin
meine Kunden für eine gute und überraschende Idee
anzünden.“ Dabei setzt Nebelin auf die Verschmelzung
von klassischer PR, klassischer Werbung und räumlicher
Inszenierung. ,,Wenn ich das eine mache, dann brauche
ich auch das andere“, so arbeiten die Werber mit den
PR-Verantwortlichen zusammen.
68
Das Team von Jung von Matt/relations besteht aus
20 Mitarbeitern und funktioniert wie ein Orchester.
Nebelin und sein Partner Joachim Kortlepel sind die
Dirigenten, die Mitarbeiter spielen einzelne Instrumente.
Trotzdem ist er manchmal eine ,,Zecke“, wenn es darum
geht, zweihundert Prozent zu geben, um das Hauptziel
zu erreichen, ,,den Kunden erfolgreich zufriedenzustellen“. Wenn es um eine bestimmte Sache geht, kann
,,ich schon mal richtig ruppig werden“, sagt er, während
er das Papier von einem Stück Schokolade zwischen
den Fingern hin und her rollt. ,,Wer viel tut, macht auch
Fehler“, jedoch ist für Nebelin ein ,,Ignorant schlimmer
als ein Idiot – denn der Idiot weiß es nicht besser“.
Menschen, die einen Fehler mehrmals machen und dann
dafür nicht einstehen, können ihn ganz schön auf die
Palme bringen.
Er freut sich jeden Tag aufs Neue, seinen Arbeitsplatz
aufzusuchen. „Ich empfinde das, was ich tue, nicht als
Arbeit. Ich habe das Glück, mit meiner Passion Geld
verdienen zu können.“ Ist er mit dieser Leidenschaft
nicht beschäftigt, verbringt er am liebsten Zeit mit seiner
Familie. Das Resultat seiner schon 20 Jahre anhaltenden
Ehe sind zwei Kinder, ein Mädchen und ein Junge. Beide spielen, wie auch der Vater, mit Leidenschaft Hockey,
eine Sportart, die Nebelin bereits in seiner Jugend besser
als Fuß- und Handball fand. Eine andere Leidenschaft
sind Opernvorstellungen, die er zwischen seiner Zeit bei
dem Boulevardblatt Express, als Sprecher des Berliner
Kultursenators, dem Posten als Head of New Business
von BBDO Deutschland und als PR-Chef der Oper
Bonn entdeckt hat.
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Jung von Matt/relations
Public Relations & Eventmanagement
2002
Köln
20 (2009)
k. A.
Dort kann er auch mal zwei bis drei Stunden abschalten
und die ,,Wirklichkeit ausblenden“. Dabei stellt er sich öfter mal die Frage, wie wohl Kommunikation in 20 Jahren
aussehen wird. ,,Die Kommunikation und die PR verändern sich heute rasant“, sagt der Agenturchef mit Sorge
im Gesicht. Er hofft, dass ,,die Menschen sich in der
digitalen Welt nicht verlieren“. In einer Welt ohne Emotionen, nur durch Technik gesteuert, würde er nicht leben
wollen. „Das reale Leben ist analog – neue digitale Geräte
und Anwendungen erleichtern die Kommunikation,
können das persönliche Gespräch aber nicht ersetzen.“
Preise für ihre gute Arbeit hat Jung von Matt/relations
schon viele gewonnen, darunter die Auszeichnung zur
,,European best Agency“, ,,ADC-Nägel“, den ,,EVAAward“ oder den ,,Galaxy Award“. Ziel ist es, die paar,
die noch fehlen, auch noch zu gewinnen – ,,dann hätten
wir jeden Preis einmal gewonnen“, sagt er mit einem
Grinsen im Gesicht.
Text: Jessica Scholl - Fotos: Gregory Siegburg
69
Vom Jazzkonzert über den Scheich zum König
Karin Schlautmann / Bertelsmann Stiftung
Reinhard Mohn, Karl Lagerfeld, Max ... Max? Wer ist
Max? In dieser Reihenfolge erspäht man die Motive der
Fotos, die in Karin Schlautmanns Büro hängen. Max
mag zwar nicht die größte Persönlichkeit sein, der die
Kommunikationschefin der Bertelsmann Stiftung je
begegnet ist, trotzdem verbringt sie gerne Zeit mit dem
sechsjährigen Yorkshire-Terrier beim Spielen oder Spazierengehen. „Er selbst glaubt, er sei ein Bernhardiner“,
lacht Karin Schlautmann.
70
Die 44-jährige Karrierefrau hat einmal klein angefangen.
Mit siebzehn entdeckte sie den Journalismus für sich.
Der Chefredakteur des Westfalenblatts in Gütersloh
bot ihr freie Mitarbeit an und sie begann, journalistisch
zu arbeiten. An ihren ersten Job erinnert sie sich noch
genau: „Damals berichtete ich über ein Jazzkonzert in
einer Schule. Ich fuhr mit dem Fahrrad hin und machte
Fotos mit einer Kamera, die ich mir von meinen Nachbarn geliehen hatte.“ So fing alles an.
Danach lernte die Journalistin Deutschland kreuz und
quer kennen. Nachdem sie Geschichte und Literaturwissenschaften studiert hatte, volontierte sie beim Westfalenblatt in Bielefeld und machte sich auf, die Welt zu erkunden. 1991, zwei Jahre, nachdem die Mauer gefallen war,
ging sie nach Chemnitz, um bei Bild zu arbeiten. Damals
war Schlautmann 25 Jahre alt, jung und unerfahren,
aber mutig und bereit, etwas zu lernen. „In dieser Zeit
habe ich viel gelernt. Man muss sich immer wieder auch
neuen Aufgaben stellen und den Willen zur Veränderung
haben.“ Nachdem es sie schließlich nach Köln verschlagen hatte, wo sie bei Bild Chefreporterin und später
noch zusätzlich Ressortleiterin für die Bundesausgabe im
Ressort Unterhaltung war, arbeitete sie als Redakteurin
bei Thomas Gottschalks Late Night Show.
„Als Journalistin war ich schon überall dabei, auf jeder
Party, Society- und Lokalveranstaltung.“ Heute muss sie
nicht nur journalistisch arbeiten, sondern eine Kommunikationsabteilung leiten, und das nach der Philosophie
Reinhard Mohns, dem Gründer der Stiftung. Der verstorbene Bertelsmann-Chef steht für gesellschaftspolitisches
Engagement und ein partnerschaftliches Miteinander.
Sein Leitsatz, dass ein Unternehmen auch gesellschaftliche
Verantwortung trägt, muss Schlautmann nun leben und
vermitteln. Doch sie scheint sich in die Stiftungsarbeit
schnell integriert zu haben und sich den neuen Aufgaben gerne zu stellen.
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Gesamterträge
Bertelsmann Stiftung
Engagement für das Gemeinwohl, Förderung des
gesellschaftlichen Wandels und Fortschritt
1977
Gütersloh
352 (2008)
ca. 85 Mio. Euro (2008)
71
Karin Schlautmann
Den Einstieg bei Bertelsmann fand die Powerfrau über
Europas größten Zeitschriftenverlag Gruner und Jahr.
„Bevor ich zur Stiftung kam, arbeitete ich als Stellvertretende Chefredakteurin bei „Gala“, und im Oktober 2002
übernahm ich die Chefredaktion bei „Frau im Spiegel“.
So konnte sie Managementerfahrung sammeln und auch
Liz Mohn und Gunter Thielen, den Vorsitzenden des
Vorstandes der Stiftung, kennenlernen. „Sowohl die
Persönlichkeiten als auch die Aufgaben fand ich beeindruckend. Ich sehe es als große Chance und Bereicherung, die Gelegenheit zu haben, mich beruflich noch
einmal völlig neu aufzustellen.“ Die Erinnerung daran
zaubert ein Lächeln auf ihre Lippen, und es scheint, als
wäre sie heute noch genau so froh und dankbar darüber
wie vor zweieinhalb Jahren.
72
Einen typischen Arbeitstag gibt es im Leben von Karin
Schlautmann jetzt jedoch nicht mehr. Ständig stehen
Termine und Reisen auf dem Plan. „Erst vor zwei Wochen war ich in Abu Dhabi“, die hellblauen Augen der
44-Jährigen glänzen, als sie davon berichtet. „Sonntag
morgens fuhr ich mit Liz Mohn und Gunther Thielen
zum Flughafen nach Frankfurt, von da aus ging es nach
Abu Dhabi, wo auf Einladung des Scheichs eine große
Konferenz zum Thema Globalisierung mit mehr als
1.200 Gästen stattfand und die beiden Vorträge hielten.
Zurück in Frankfurt, ging es nach Madrid, wo am
Mittwoch eine Konferenz der spanischen Fundación
Bertelsmann stattfand, bei der Liz Mohn mit König
Juan Carlos Preise an Jugendliche verlieh. Am Donnerstag gab es noch eine Vorstandssitzung, bevor wir zurück
nach Frankfurt flogen“, erzählt sie und streicht sich
eine blonde Haarsträhne aus dem Gesicht, als würde
das Berichten die Eindrücke der langen Reise wieder
zum Leben erwecken.
So ein stressiger Alltag wäre mit Kindern kaum möglich,
trotzdem hat sich Schlautmann nie bewusst gegen Familie
und für Karriere entschieden. Die knappe Freizeit
verbringt sie, statt mit Ehemann und Kindern, mit ihrem
Lebensgefährten sowie Hund Max, ihrer Mutter und der
Familie ihres Bruders. Zeit für Hobbys bleibt kaum.
Dennoch wirkt die 44-Jährige ausgeglichen und fröhlich.
Ihr Beruf scheint ihr viel Spaß zu machen. „Wenn man
in der Kommunikation arbeitet, stehen einem alle Türen
offen“, schwärmt sie. Manchmal sogar die von Scheichen
und Königen.
Text: Julia Schöneberger - Fotos: Stephan Overhagen
73
Leidenschaft als Erfolgsfaktor
Christian Körner / RTL Television GmbH
Wenn beide Elternteile Mediziner sind, ist die Marschrichtung für die Karriere des Sohnes meist festgelegt.
Umso verwunderlicher ist es, wenn der Sohn, allen
Bemühungen der Eltern zum Trotz, auf die „schiefe
Bahn“ gerät. Dass diese „schiefe Bahn“ sehr wohl in
eine geradlinige Karriere führen kann, weiß Christian
Körner. „Medien statt Medizin“ lautet das Motto des
heute 38-Jährigen.
74
Mit einem Praktikum beim Berliner Rundfunk legt
Christian Körner den Grundstein für seine Karriere.
„Eigentlich hatte ich nicht geplant, zum Radio zu
gehen, das war eine spontane Bauchentscheidung.“ Er
bereut sie nicht. Ganz im Gegenteil: „Mir hat das viele
Möglichkeiten eröffnet. Zum Beispiel eine TraineeAusbildung, woraus sich wiederum die Leitung der
Presseabteilung ergeben hat.“ In seiner Zeit beim Berliner Rundfunk erlernt Christian Körner das komplette
Handwerk eines Kommunikationsexperten.
Auf der Suche nach neuen Herausforderungen zieht es
Körner nach Köln, wo er die Verantwortung für die
Kommunikation der Grundy Light Entertainment GmbH
übernimmt. Viele erfolgreiche Klassiker wie „Das Familienduell“, „Herzblatt“ oder „Geh aufs Ganze“ stammen
aus der Feder der Produktionsfirma. Auch die erste Staffel
des Erfolgsformats „Deutschland sucht den Superstar“
fällt in die Amtszeit von Körner. Durch die kommunikative Betreuung dieses Kassenschlagers kommt auch der
Kontakt zu RTL zustande, seinem späteren Arbeitgeber.
Nach vier Jahren bei Grundy übernimmt er 2004 die
Unternehmenskommunikation von RTL, 2005 übernimmt er auch die Leitung der Konzernkommunikation
der Mediengruppe RTL Deutschland. „Ich wollte einfach
mal sehen, was auf Senderseite so los ist.“ Und zu der
Zeit ist dort richtig viel los. RTL befindet sich im Jahr
2004 gerade in bewegten Zeiten, nicht mehr alle Formate
laufen auf dem gewohnten Niveau. Das soll mit Hilfe
eines Change-Prozesses überwunden werden. Gerade
neu eingestellt, fallen auch unangenehme Aufgaben in
seine Hände. Mitarbeiter müssen entlassen, Misserfolge
akzeptiert und negative Kritik eingesteckt werden. Aber
vor allem gilt es, positive Ansätze zu finden. Während
dieses Prozesses spielen bei Körner zwei Eigenschaften
eine entscheidende Rolle. „Sei selbst dein größter Kritiker.“ Mit dieser Distanz zum Produkt und zum Unternehmen RTL wappnet sich der Kommunikationsprofi
gegen das Salz, das Journalisten gerne in die Wunden
streuen. Zum anderen scheut Körner die Auseinandersetzung nicht. „Ich streite gerne für RTL, um den Journalisten auch die andere Seite der Medaille zu zeigen,
gerade auch denen, die sie nicht sehen wollen.“
75
Christian Körner
76
Momentan ist das offenbar nicht schwer: „RTL erzielt
trotz Wirtschaftskrise, die auch an uns nicht vorbeigeht,
Traumwerte im Zuschauermarkt. Das soll uns erstmal
einer nachmachen.“ Christian Körner ist davon überzeugt, dass der Grund für den Erfolg ein Programm
ist, welches schlicht den Nerv der Zuschauer trifft. Da
teilt er die RTL-Philosophie, nach der die Zuschauer ein
Recht darauf haben, gut unterhalten, aber eben auch
gut informiert zu werden. „In dieser Hinsicht ist RTL
einfach ehrlich, und deshalb schaue ich auch persönlich
gerne unser Programm.“ Dann legt Körner die Füße
hoch und entspannt.
Christian Körner macht sich keine Sorgen diesbezüglich.
Bewegtbild spielt auch im Internet eine große Rolle, und
RTL versucht mit bereits bestehenden Angeboten den
Top-Trends im Internet gerecht zu werden. Beispielsweise kann sich der Nutzer auf „RTL.Now“ komplette
TV-Sendungen anschauen, wenn er sie verpasst hat. Mit
„Clipfish“ hat RTL ein eigenes Video-Portal ins Leben
gerufen und das soziale Netzwerk „wer-kennt-wen“
gehört inzwischen auch vollständig der Mediengruppe
RTL. Tatsachen, die Körner sicher machen: „Wir sind
der Entwicklung des Internets nicht nur gewachsen, wir
treiben sie mit voran.“
Solche Gelassenheit ist bei dem Kölner Medienunternehmen trotz Marktführerschaft eher die Ausnahme. Die
nächsten Herausforderungen warten: Im Zeitalter der
Digitalisierung gewinnt das Internet mehr und mehr an
Bedeutung. Ist das die Zeit, in der das Fernsehen, wie wir
es heute kennen, ausstirbt? „Und wenn es irgendwann
mal so wäre: Wir sind schon heute längst kein reiner
Fernsehsender mehr, sondern ein Inhaltehaus. Deshalb
heißen wir ja übrigens auch Mediengruppe RTL.“
Ein gesundes Maß an Optimismus ist eben auch eine
gute Voraussetzung für die Arbeit in der Kommunikationsbranche. Wesentlicher Erfolgsfaktor ist für ihn aber
etwas anderes: „Am wichtigsten ist die Leidenschaft.
Man muss einfach Spaß an Kommunikation haben und
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiter
Umsatz RTL Television GmbH
Free-TV, Pay-TV, Online, Mobile
1984
Köln
7.300 weltweit (2008)
1,559 Mrd. Euro (2008)
daran, was das Haus, für das man arbeitet, herstellt. Bei uns sind es täglich 24 Stunden Programm.“ Körner
ist überzeugt, dass man seiner Arbeit
diese Leidenschaft anmerkt.
Ein Grund, warum sich inzwischen
auch seine Eltern mit der Karriere
ihres Sohnes angefreundet haben.
Körner: „Ob Mediziner oder
Kommunikationsexperte, sonntags
sind alle gleich: Ausschlafen, Kaffee
trinken, erst die Quoten des Vortags,
dann die Zeitung lesen, Zeit mit Familie und Freunden verbringen, Sport
machen und einfach mal den Kopf
abschalten können und dürfen.“
Text: Leif Call
Fotos: Katharina Bregenzer
77
Mit Leib und Seele, Herz und Verstand
Carmen Dohmen / Rotwild GmbH
4. Januar 2005. Die RTL-Reality-Show „Big Boss“ neigt
sich dem Ende zu. Von zwölf jungen Bewerbern sind
noch zwei im Rennen. In der letzten Sendung treibt
Fußballmanager Rainer Calmund, genannt „Calli“, die
Spannung auf die Spitze. Dann gibt er den Sieger bekannt:
Es ist die 25-jährige Rheinländerin Carmen Dohmen. Sie
kann mit 250.000 Euro Startkapital für ihr Unternehmen
nach Hause gehen.
78
Heute, fünf Jahre später, leitet Dohmen die Full-ServiceAgentur Rotwild und beschäftigt 20 feste Mitarbeiter
in Köln und Berlin. Ein Standort in München ist in
Planung. Es dauert nicht lange, bis man begreift, dass die
Gewinnsumme Früchte getragen hat. Das Großraumbüro in Köln ist ein modernes umgebautes Loft, der
Konferenzraum nur durch eine Schiebetür aus Milchglas
abgetrennt. An der Wand hängt ein Bild in altmodischem
Rahmen, darauf zu sehen ein Hirsch. Das Tier macht
seit Kurzem die Corporate Identity der Agentur aus,
steht für „Kommunikation mit allen Sinnen“ und imposantes Auftreten.
Als imposant könnte man auch Dohmens Auftreten
bezeichnen. Selbstbewusst und natürlich kommt die
inzwischen 31-Jährige in Jeans und Turnschuhen daher,
aufgeschlossen und erwartungsvoll blickt sie ihr
Gegenüber an, während sie ihr blondes Haar schwungvoll über die Schulter wirft. Und als sie wenig später
erzählt, dass sie nach ihrem, von DaimlerChrysler
finanzierten BWL-Studium nicht in diesem Unternehmen
bleiben konnte, weil sie „die Welt erobern wollte“, nimmt
man ihr diese Absicht sofort ab. Man könnte fast meinen,
Tiefpunkte und persönliche Grenzen kenne sie nicht.
Und nachdem sie diesen Eindruck zunächst bestätigen
will, erinnert sie sich doch an „eine Phase, in der die
Batterien leer waren“. Als jemand, der sich selbst viel
zumutet und sich gelegentlich überschätzt, sei es der
Körper gewesen, der schließlich streikte. Der Kopf
hingegen habe immer weiter gewollt.
79
Carmen Dohmen
Als man Dohmen schon fast in die Schublade „strategischer Kopfmensch“ eingeordnet hat, wird man
eines Besseren belehrt. „Worauf es wirklich ankommt,
ist Herzblut. Herzblut ist das, was mich antreibt.“ Als
„sehr sozial“ beschreibt sie ein Kollege, korrigiert seine
Aussage allerdings im nächsten Moment und formuliert
„hin und wieder zu sozial“. Auch Dohmen selbst stellt
die Bedeutung der sozialen Kompetenz im Berufsleben
gewissermaßen über die fachliche. Und sollte sich irgendwann einmal die Gelegenheit ergeben, will sie sich
im Ausland engagieren. „Das, was ich täglich tue, ist
wichtig und hat seine Berechtigung, aber es ist nicht, als
würde ich kranke Kinder mit Medikamenten versorgen.
Es ist Kommunikation in allen Facetten, damit verändert man kaum die Welt.“
80
Sie sei definitiv gewachsen mit ihrer Aufgabe als Geschäftsführerin, was jedoch keineswegs mit einer Persönlichkeitsveränderung einherginge. Dohmen ist nicht
zum „Big Boss“ geworden. Die Umgangsweise in der
Agentur ist von Lockerheit geprägt. Auf die gesunde
Mischung aus harter Arbeit, Leistung und Spaß kommt
es der Chefin an. „Welcher Kunde will es schon dauerhaft mit einem mies gelaunten Haufen zu tun haben?“
Als wäre es abgesprochen, ertönt in diesem Moment
das Lachen eines vorbeilaufenden Mitarbeiters im Büro
nebenan. Auf dem mit Entwürfen beklebten Milchglas
ist sein Schatten zu sehen. Im Schlepptau ein Hund.
Gemessen an der Mitarbeiterzahl, ist Rotwild eine eher
kleine Agentur. Eine Tatsache, die laut Dohmen keinerlei
Nachteile mit sich bringt. „Wir sind kosteneffizient und
flexibel, treten in direkten Vergleich zu deutlich größeren
Konkurrenten. Es gibt in Deutschland keinen Namen,
der mich bange machen würde.“ Die Hauptaufgaben
der Agentur liegen bei klassischer Werbung, Promotion,
Events und PR. Ein Event macht Dohmen besonders
stolz. Ihre Augen leuchten, als sie vom Public Viewing
zur Fussball WM 2006 in Düsseldorf berichtet. „Ich
bekomme noch heute Gänsehaut, wenn ich daran denke,
wie wir mit einem winzigen Team auf 14.000 Menschen
geschaut haben, die die Nationalhymne sangen.“
Um solche Erfolge zu feiern, kann das Licht in den
Agenturräumen gelegentlich auch mal bis zwei Uhr
nachts brennen. Für wochenlanges Durcharbeiten gönnt
sich Dohmen allerdings im Anschluss ein paar Tage
Auszeit am Stück. In dieser freigeschaufelten Zeit stehen
Freunde an erster Stelle der Frau, die im kommenden
Jahr plant zu heiraten. Was die Rheinländerin nicht will,
ist in einen Trott aus Arbeit, Couch und Bett verfallen.
Und wenn sie Feierabend hat, dann konsequent: Mit
ihrem iPhone ruft sie nie E-Mails ab, zu Hause hat sie
keinen Laptop und keinen Internetanschluss. Und all die
persönlichen Kontakte, die man heutzutage übers Internet
pflegt? „Ich treffe mich lieber mit Leuten in einer Kneipe
und trinke da ein echtes Kölsch, als an meinem Laptop
zu sitzen und zu schreiben, wie schön es wäre, mal wieder
ein Kölsch trinken zu gehen.“ So sei sie, die heutige
Gesellschaft. „Man schreibt auf Pinnwände und per
Instant Messenger, anstatt anzurufen und zu machen.“
Carmen Dohmen macht lieber.
Text: Lena Schütz
Detailfoto: Kurt Steinhausen
Portraitfoto: Simon Stinton
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr
Standorte Mitarbeiter
Umsatz Rotwild GmbH
Kommunikationsdienstleistungen
2005 (bis 2009 „Breitbandevent GmbH”)
Köln, Berlin
ca. 21 Mitarbeiter (2009)
k. A.
81
Hier bin ich der Feuerwehr näher als je zuvor
Dr. Daniel Leupold / Berufsfeuerwehr Köln
82
„Nach dem Einsturz des Kölner Stadtarchivs hatten die
Menschen für uns oberste Priorität. Unsere Gedanken
waren stets bei den Opfern,“ sagt Dr. Daniel Leupold,
Pressesprecher der Kölner Berufsfeuerwehr. Kein Wort
zu den beschädigten Archivalien. Erstaunlich für einen
leidenschaftlichen Historiker.
Dabei begleiten Leupold schon sein ganzes Leben zwei
Leidenschaften: die Feuerwehr und die Geschichte.
Beide beginnen in frühen Jahren. „Mein Vater ist Theologe und meine Mutter Architekturfotografin mit dem
Schwerpunkt Bau- und Denkmalpflege, sie haben mir
Geschichte immer verständlich vermittelt und so mein
Interesse geweckt.“ In der Schule wurde dieses Interesse
dann noch gestärkt. So war einer seiner Leistungskurse,
man ahnt es, Geschichte. „Das Arbeiten mit Quellen
fand ich sehr interessant.“ Das Ergebnis: Der Wunsch,
Historiker zu werden. „Ich kann mich nicht erinnern, je
einen anderen Berufswunsch gehabt zu haben. Zumindest keinen ernsthaften.“
Nach dem Abitur 1992 beginnt er deshalb das Studium
der Geschichte, Kunstgeschichte und Ur- und Frühgeschichte an der Kölner Universität. Doch es zeigte
sich, dass Wunsch und Wirklichkeit nicht dasselbe sind:
Seine Vorstellung vom Beruf des Historikers stimmte
nicht mit der Realität überein. So setzte sich die zweite
Leidenschaft durch: die Feuerwehr. Trotzdem beendete
er sein Geschichtsstudium und schrieb sich anschließend
in Aachen für das Fach Architektur ein.
Mit Architektur zur Feuerwehr? So verwunderlich es
zunächst klingen mag: Um bei der Feuerwehr im gehobenen Dienst arbeiten zu können, ist ein naturwissenschaftlicher oder technischer Fachhochschulabschluss
notwendig. Er begab sich auf den Weg, sein Hobby zum
Beruf zu machen. Im Alter von fünfzehn Jahren überzeugten Freunde den heute 37-Jährigen zur Freiwilligen
Feuerwehr zu kommen. „Mein Heimatort, Bliesheim in
Erftstadt, ist ein sehr traditioneller Ort. Man engagiert
sich in der Kirchengemeinde, im Schützenverein oder
bei der Freiwilligen Feuerwehr. Besonders die Zusammenarbeit mit den Menschen machte Spaß.“ Leupold
blieb der Freiwilligen Feuerwehr treu und verpflichtete
sich für acht Jahre als Ersatz für den Zivildienst. Während des Studiums arbeitete er im Notdienst. In seiner
Doktorarbeit als Historiker vereinte er 2003 seine beiden
Leidenschaften und schrieb über das Feuerwehrwesen
im Rheinland bis 1918.
Nach Jahren des Bücherwälzens folgte die Praxis:
Anderthalb Jahre Ausbildung im gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst. Über die Abteilung Vorbeugender
Brandschutz kam er zur Einsatzplanung. „In dieser
Abteilung arbeiteten sieben Leute, die alle nebenbei
auch für Öffentlichkeitsarbeit zuständig waren.“ Als eine
eigene Planstelle dafür eingerichtet wurde, bewarb sich
Leupold und trat die Stelle im Oktober 2008 an.
Zunächst liegt die Hauptarbeit darin, den Journalisten
Informationen zu Einsätzen zu liefern, aber nur selten selbst vor Ort zu berichten. Naturgemäß wird der
Kontakt zu den Medienvertretern gepflegt. Es werden
geeignete Interviewpartner vermittelt oder Themen
gemeinsam für die Öffentlichkeit aufbereitet. Wie ein
83
Dr. Daniel Leupold
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standorte Mitarbeiterzahl Haushalt
84
Berufsfeuerwehr Köln
Feuerschutz, Rettungsdienst, Gefahrenabwehr
und Bevölkerungsschutz
1872
11 Feuer- und Rettungswachen in Köln
ca. 1100 Beamte (2009)
ca. 97 Mio. Euro (2009)
Fernsehbeitrag über das richtige Verhalten, wenn der
Adventskranz brennt. „Dies ist ein Teil der Brandprävention, die ebenso zu unseren Aufgaben zählt.“ Hinzu
kommen die konzeptionellen Arbeiten. Der Rest sind
häufig Routinearbeiten, wie sie in jeder Pressestelle
anfallen: Die Auswertung der Presseclippings aus den
letzten 24 Stunden, Rückmeldungen an Journalisten und
an die Abteilungen, über die berichtet wurde. „Die Stelle
als Pressesprecher bringt mich der Feuerwehr viel näher.
Denn ich stehe mit jeder Abteilung, jeder Sondereinheit
und mit allen Spezialisten in Kontakt.“ Gleichzeitig ist
Leupold „ganz normaler“ Feuerwehrmann und arbeitet
alle zehn Tage zusätzlich in einem 24-Stunden-Dienst.
Bereits fünf Monate nach seiner Benennung kam für
den Pressesprecher die große Herausforderung: KrisenPR bei einer Katastrophe. Am 3. März 2009 stürzte das
Kölner Stadtarchiv ein. Das war nicht nur für Leupold
persönlich eine große Herausforderung, sondern auch
für die Feuerwehr Köln. Zuvor hatte es kein Unglück
gegeben, bei dem so viel Pressearbeit notwendig war.
„Die schwierigste Aufgabe war es, eine Struktur und Regeln für die Berichterstattung aufzubauen. Beispielsweise
konnten wir keine Exklusivgeschichten erlauben. Allen
Medienvertretern wurden alle Bilder, Interviews und
Neuigkeiten gleichzeitig mitgeteilt. Es sollte kein inszeniertes Medienspektakel werden, es war wichtig klarzustellen, dass die oberste Priorität die Opfer haben“,
erzählt Dr. Daniel Leupold.
Nachdem zu den Medienvertretern eine Vertrauensbasis
aufgebaut war, lief die Zusammenarbeit reibungslos. Leupold und sein Feuerwehrchef wurden zur sicheren und
seriösen Informationsquelle in einer Stadt, in welcher
der Bürgermeister wegen seines Verhaltens im Rahmen
der Katastrophe gerügt und abgewählt wurde. Wie sehr
die Öffentlichkeit plötzlich hinter ihrer Feuerwehr stand,
wurde spätestens deutlich, als Leupolds Chef bei Auftritten von den Wartenden mit Applaus begrüßt wurde.
Leupold bleibt bescheiden: „Wir müssen dieses Unglück
als Mahnung sehen, so etwas darf nie wieder passieren.
Die Feuerwehr hat das Beste getan, um die Folgen zu
mildern. Darauf können wir zu Recht stolz sein.“
Was besonders ungewohnt für Leupold war: Selbst im
Mittelpunkt zu stehen. „Als ich nach meinen ZwölfStunden-Schichten am Einsatzort zum Hauptbahnhof
ging, bedankten sich Leute auf offener Straße bei mir.
Und ich bekam E-Mails von Menschen, von denen ich
ewig nichts gehört hatte. Nach einigen Wochen ebbte
der Trubel zum Glück wieder ab.“ Man merkt, dass er
erleichtert ist und glaubt ihm sofort, dass es für ihn das
Schönste ist, seine Freizeit mit seiner Lebensgefährtin
und seinem anderthalb Jahre alten Sohn zu verbringen.
„Wenn dann noch Zeit ist, bin ich schon zufrieden,
wenn ich abends ein Buch lesen kann und dazu ein Glas
Rotwein trinke.“
Text: Angela Krumpholz - Fotos: Kemal Capaci
85
Mann der Praxis
Thomas Ellerbeck / Vodafone D2 GmbH
„Ich bin kein Hasardeur – aber ich will es wissen.“ Diesen Satz nimmt man ihm ohne den leisesten Zweifel ab.
Lebhaft und voller Begeisterung, aber dennoch bedacht
erzählt er von den vielen unterschiedlichen Stationen, die
er in seinem Leben bis jetzt durchlaufen hat. Lässig sitzt
er dabei in seinem Stuhl und unterstreicht die Geschichten
mit Gesten und einem offenen Lachen. Würde er dabei
keine goldenen Manschettenknöpfe tragen, hätte er nicht
drei Handys, die immer funktionsbereit sind, und stünde
im Regal auf einem Glassockel nicht ein Teil des Brandenburger Tors und vor der Tür auch gerne mal der eine
oder andere Minister, könnte man fast meinen, ein alter
Bekannter erzähle im Café, was er so alles erlebt hat.
86
Erlebt hat Thomas Ellerbeck, Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland und zuständig für Konzernkommunikation, Politik und Stiftungen, allerdings
so einiges. Manches war geplant, zu anderen Dingen
entschied er sich spontan. Als Kind wollte der heute
42-Jährige eigentlich mal Pfarrer oder Pilot werden, doch
nach einem Informationstag in der Schule landete Ellerbeck zunächst als freier Mitarbeiter bei der LippischenLandeszeitung. Die Freiräume, die er dort und nach dem
Abitur im Zeitungsvolontariat für seine Arbeit erhalten
hat, haben die weitere berufliche Entwicklung und
seinen Umgang mit Kollegen stark geprägt. Sein Jurastudium, auf das er sich mit seinen Eltern einigen konnte,
brach er nach einigen Semestern ab bzw. hat es, wie er
als PR-Mann sagt, „dauerhaft unterbrochen“.
87
Von da an lernte Ellerbeck ausschließlich in der Praxis und
hat sowohl in seiner Zeit in der politischen Öffentlichkeitsarbeit als auch bei Begegnungen mit beeindruckenden
Menschen und in einmaligen Situationen Erfahrungen
gesammelt, die er keinem Lehrbuch hätte entnehmen
können. „Es gab immer Menschen, die an mich geglaubt
haben, mir Verantwortung und neue Aufgaben übertragen
haben. Ich bin froh und sehr dankbar, dass ich viele
spannende Stationen erleben konnte, die für mich sehr
prägend waren.“ So war er Pressesprecher und einer
der engsten Vertrauten des früheren Bundespräsidenten
Roman Herzog, traf Staatschefs aus der ganzen Welt
und lernte während seiner Laufbahn etliche Politiker und
Prominente kennen.
Thomas Ellerbeck
Aber auch aus Krisen wie dem 11. September 2001, kurz
nachdem er den Sprung in die Wirtschaft gewagt und
bei der Lufthansa als Leiter der weltweiten Pressestellen
angefangen hatte, lernte er vieles, was für ihn heute hilfreich ist. Krisen-PR wie nach dem 11. September und
Vorbereitungen auf Pandemien durch SARS und Vogelgrippe gehörten ebenso dazu wie klassische Wirtschaftskommunikation. Nach diesem Wechsel aus der Politik
in die Wirtschaft stellte Ellerbeck fest: „Politik und
Wirtschaft sind sich viel ähnlicher, als man denkt.“ Auch
deswegen ist er, der sich selbst als „Mann der Praxis“ bezeichnet, sicher, dass er bei seinen beruflichen Entscheidungen vieles, vielleicht alles richtig gemacht hat. Durch
die Erfahrungen in Politik und Industrie sieht er sich
auch als „Übersetzer“ zwischen beiden Welten.
88
Dennoch geht er mit all diesen Erfahrungen nicht
hausieren, spricht über den ihm durch Roman Herzog
verliehenen Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland sehr zurückhaltend. Lieber erzählt er voller Bewunderung von mutigen Menschen wie Axel Springer, der
für eine klare Haltung und gegen Beliebigkeit stand,
und mit dem Bau seines Verlagsgebäudes direkt an der
Berliner Mauer ein Zeichen dafür setzte, dass er an die
Wiedervereinigung Deutschlands glaubte. Diese ist für
den Kommunikationsmanager zweifelsfrei das wichtigste
Ereignis der letzten Jahrzehnte. Der Stein des Brandenburger Tors, dessen Restaurierung er mit der Stiftung
Denkmalschutz Berlin begleitet hat, ist somit mehr als
nur Dekoration.
Vor allem gesellschaftliches Engagement ist ihm sowohl
beruflich als auch persönlich sehr wichtig, da es „in unserer Gesellschaft eine zunehmende Individualisierung
gibt“, der entgegengewirkt werden müsse. Laut Ellerbeck
heißt es heutzutage leider viel zu oft nur „Ich und mein
Golfclub“. Eine intakte Zivilgesellschaft sei aber der
Kern und die Basis. Besonders er als Kommunikator
habe eine große Verantwortung der Öffentlichkeit und
den Stakeholdern gegenüber, weshalb ihm Verlässlichkeit,
Glaubwürdigkeit und Transparenz bei seiner Arbeit
besonders wichtig sind. „Man kann vieles verdecken und
zukleistern, aber irgendwann bröckelt der Putz.“
Ebenso wichtig ist ihm die Förderung des Standorts
Deutschland im Bereich der Wissenschaft, weshalb er
unter anderem seit zehn Jahren aktives Mitglied im Kuratorium für die Tagungen der Nobelpreisträger in Lindau
ist. Eine Lieblingskategorie habe er jedoch nicht, da er
inhaltlich eigentlich nur die Wirtschaftswissenschaften
ansatzweise beurteilen könne – er
sehe sich dort eher im „Lager“ der
Förderer, die sich um die internationale Weiterentwicklung der Tagung
und die Kommunikation kümmern.
Bei so vielen beruflichen Aufgaben
bleibt für die persönlichen Interessen kaum Zeit. Ellerbeck hat jedoch
das Glück, sich schnell erholen zu
können, am liebsten auf Sylt oder
Mallorca, aber wenn es sein muss,
auch einfach mal während des Flugs
von Düsseldorf nach Berlin oder der
Fahrt zum nächsten Termin. Für ihn
ist seine Arbeit gleichzeitig ein Vergnügen, weshalb er gerne alle Kraft
investiert, die er hat, denn halbherzig
macht er nichts. Ganz oder gar nicht
– er will es eben wissen.
Text: Caroline Jakubowski
89
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz
Vodafone D2 GmbH
Mobilfunk, Festnetztelefonie, Breitband-Internet,
Internetdienste 2002 (Deutschland)
Düsseldorf
ca. 15.000 (2008)
ca. 9,4 Mrd. Euro (2008/2009)
Per Anhalter durch Europa
Vojislav Miljanovic / Kommunikationsagentur Kam3
Ein wenig wie von einem anderen Stern mag er einem
erscheinen: Bekleidet mit einer dicken Wollmütze, Schal
und Mantel kommt er die Straße entlang und kämpft
gegen den kühlen Novemberwind an. Es ist Vojislav
Miljanovic, der Mann mit dem unaussprechlichen Namen,
geboren in der Zungenbrecherstadt Vojvodina in Serbien.
Seine gute Laune kann ihm das Wetter nicht nehmen.
Miljanovic lächelt fast immer. Hinter den runden Brillengläsern verstecken sich viele kleine Lachfältchen um die
Augen und vervollständigen das freundliche Bild.
90
Miljanovic ist Gründer und Geschäftsführer der Kommunikationsagentur Kam3, die als einzige im Dreiländereck um Aachen Ethnomarketing und Cross-BoarderCommunications anbietet. Der verheiratete Vater von
drei Kindern bestellt sich eine heiße Milch mit Honig
gegen die Kälte. Seine positive, gelassene Stimmung fällt
sofort auf. Eine Tugend, die andere zuweilen aufregen
kann. „Ich bin schwer zu beeindrucken und die Ruhe
in Person“, beschreibt er sich selbst lachend, „so ruhig,
dass es manche Leute rasend macht.“ Doch damit kann
er leben. So ist es ihm lieber als andersherum.
Was treibt einen Mann aus Südosteuropa in den westlichsten Zipfel Deutschlands? Miljanovic bezeichnet
sich selbst als „typischen Vertreter der Generation von
Gastarbeiterkindern“. Seine Eltern zogen auf der Suche
nach guter Arbeit ins Rheinland, als er sieben Jahre alt
war. Sofort am nächsten Tag wurde er in die Schule
geschickt, musste die deutsche Sprache quasi über Nacht
lernen. Heute spricht er insgesamt sechs Sprachen,
darunter Russisch, Kroatisch, Serbisch und Bosnisch, in
Teilen auch Niederländisch. In seinem Beruf hilft ihm
das zwar gelegentlich, Miljanovic betont allerdings mit
einem Grinsen: „Das Wichtigste sind Kontakte. Wenn
man die Richtigen hat, braucht man nicht mal einen Satz
grammatikalisch richtig schreiben zu können.“
Neben Kontakten sind es Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit, die laut Miljanovic von den Kunden sehr geschätzt
werden. Das vierköpfige Team der Kommunikationsagentur mit Sitz in Aachen betreibt Cross-Border-Communications für über 50 Prozent ihrer Kunden aus den
Niederlanden und übernimmt Marketingstrategien für
Großkunden, die ihre Produkte über Ethnomarketing
an verschiedene Bevölkerungsgruppen bringen wollen.
„Wir überwinden sozusagen Sprach- und Mentalitätsbarrieren“, erläutert Miljanovic stolz.
Seine kleine Agentur sei von der Wirtschaftskrise kaum
getroffen worden, erzählt er. Lediglich einen Kunden
habe er verloren. Der 43-jährige PR-Berater scheint auf
der Überholspur zu sein. Und so hat er sich eigentlich
schon immer gefühlt. Geklappt hat das jedoch nicht
von Anfang an. Mit 23 Jahren hat er sich zum ersten
Mal selbstständig gemacht. „Das war zu der Zeit, als
gerade viele private Hörfunksender auf den Markt
kamen“, erinnert er sich. Damals hat er Werbetexte für
Radiospots verfasst und großen Anklang gefunden. Also
entschied er sich kurzerhand, die Werbeagentur „Text &
Grafik“ zu gründen und durchzustarten. „Wenn du jung
bist, denkst du, dir gehört die Welt“, lächelt Miljanovic
mit einem entschuldigenden Schulterzucken. Warum
die Unternehmung damals gescheitert ist? „Ich hatte
schlicht und einfach keine Ahnung von der Branche,
kein Kontaktnetzwerk.“
91
Vojislav Miljanovic
Vorbei also der Traum, sein eigener Chef zu sein. Doch
er gibt nicht auf. Zeitgleich mit der Agenturgründung
belegt er einen Fortbildungsstudiengang „Kulturelles
Management“ und bewirbt sich nach dessen Abschluss
als PR-Berater bei der Agentur Aexis in Düsseldorf,
einer Tochter der damals großen und renommierten
Euroadvertising. „Ich bin heute noch überrascht, dass
die mich genommen haben“, schmunzelt er, „ich hatte
nämlich keinerlei Ahnung. Ich hatte zu Hause keinen
Computer und konnte daher auch keinen bedienen. Ich
habe einfach so getan.“ Der Schalk blitzt kurz in seinen
Augen auf, als er belustigt mit den Schultern zuckt. Er
wurde eingestellt und Assistent des Geschäftsführers,
der von „Kothes & Klewes“ kam – der Keimzelle von
Pleon, heute Deutschlands führende PR-Agentur.
92
Miljanovic saugt in kürzester Zeit alles Wissen in
sich auf, das ihm geboten wird. Dann wagt er erneut
den Schritt in die Selbstständigkeit, motiviert von der
Geburt seines zweiten Kindes, mit dem er mehr Zeit
verbringen will. „Die Arbeitszeiten waren suboptimal in
der Agentur, vor allem mit zwei Kleinkindern.“ „Außerdem“, gibt er mit einem offenen Lächeln zu, „konnte
ich bei Aexis nichts mehr lernen.“
Diesmal gründet er die Kommunikationsagentur Miljanovic, die 2008 zur Kam3 GmbH umgewandelt wurde.
Heute ist er mit seinem kleinen Unternehmen erfolgreich.
Und das, obwohl er beinahe mal ganz woanders gelandet
wäre. „Als Teenager“, erinnert er sich und legt die Stirn
in Falten, „da hatte ich einmal dermaßen Weltschmerz,
dass ich nachts meine Sachen packte, aus der Wohnung
schlich und bis ins heutige Kroatien trampte, mit nichts
als dem, was ich anhatte, und ein paar Büchern und
Landkarten.“ Aber von dort schickte ihn eine ansässige
Freundin der Familie mit dem nächsten Zug wieder nach
Deutschland. Quasi einmal per Anhalter durch halb
Europa und zurück.
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz KAM3 Kommunikationsagentur
Cross-Border-Communications, EthnoMarketing, Kommunikationsberatung
2008 (GmbH)
Übach-Palenberg
4
k. A.
Heute will er nicht mehr weg.
Vojislav Miljanovic hat seine Balance
zwischen Beruf und Familie gefunden.
Obwohl oder gerade weil er jetzt sein
eigener Chef ist, kommt die Familie
zwar häufig zu kurz, aber immerhin
verbringt er jede freie Minute mit ihr.
Besonders freut sich der Agenturchef
auf den Freitagnachmittag, aufs
Schwimmen mit seinem Kleinsten im
Thermalbad. Stolz zeigt er ein Foto
seines Sohnes. „Wenn man sich dann
so im warmen Wasser treiben lässt,
ist das wie unendliche Schwerelosigkeit“, schwärmt er.
Während Arthur Dent in „Per Anhalter durch die Galaxis“ noch immer
nach dem Sinn des Lebens und des
Universums sucht, scheint Vojislav
Miljanovic ihn gefunden zu haben.
Text: Yvonne Westphal
Detailfoto: Kurt Steinhausen
Portraitfoto: Simon Stinton
93
Als PR-Verantwortlicher verkauft man immer etwas
Frank-Michael Rall / TSV Bayer 04 Leverkusen
94
Betritt man den 180.000 Quadratmeter großen Sportpark in Leverkusen, bekommt man einen ersten Eindruck, welch gigantische Maschinerie hinter dem
TSV Bayer 04 Leverkusen stecken muss. Er ist einer der
größten Sportvereine Nordrhein-Westfalens. Direkt unterhalb der A1-Stelzenautobahn verläuft das Sportimperium des TSV. Nur wenige Minuten voneinander entfernt
liegen BayArena, Smidt-Arena, das vereinseigene Fitnessstudio und die einzelnen Trainingsstätten der Fußballer,
Leichtathleten, Handballer, Basketballer, Boxer, Fechter,
Turner und Judoka. Insgesamt 9.500 Mitglieder tummeln
sich in den 14 Abteilungen des TSV Bayer 04.
Unter den zahllosen Sportlern in ihren Trainingsanzügen sticht ein Mann im schwarzen Anzug heraus:
Frank-Michael Rall. Seit dem Jahr 2001 ist er Pressesprecher des TSV Bayer 04 Leverkusen. Rall hat es
geschafft, sein Hobby zum Beruf zu machen. Einen
Beruf, in dem er seine Leidenschaft für den Sport mit
seinem Interesse an Sprache und Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen kombinieren kann.
Ich treffe ihn im Foyer der Hauptgeschäftsstelle des
Vereins, das zugleich der Durchgang in die heiligen
Hallen der Trainingsbereiche ist. Eine schlechte
Idee. Rall begrüßt jeden vorbeilaufenden Mitarbeiter
freundlich mit Namen – ohne den Gesprächsfaden zu
verlieren. Nahtlos knüpft er an seinen vorherigen Satz
an. Zwei Einsichten ergeben sich zwangsläufig: Hier
agiert ein souveräner Rhetoriker, der seinen Verein und
dessen Gesichter wie seine Westentasche kennt.
Rall ist verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit aller
Abteilungen im Verein. Die Berichterstattung selbst
wird von den Pressewarten der einzelnen Abteilungen
übernommen. Die Gesamtkoordination liegt bei ihm,
damit ein homogenes Bild des Vereins nach außen entsteht. Seine Herausforderung: Er muss sich in die unterschiedlichen Kulturen der einzelnen Sportarten eindenken
und deren kommunikativen Bedürfnisse kennen.
Einen typischen Büroalltag gibt es für Rall nicht. Die
Hälfte seines Arbeitsvolumens kann er zu Hause erledigen. „Solange ich eine Rede für den Vorstand zum
vorgegeben Zeitpunkt abliefere, ist es egal, ob ich sie
nachts um zwölf oder morgens um sechs schreibe.“
So kommt auch sein privates Glück nicht zu kurz. Das
hat er in Düsseldorf gefunden. Dennoch ist es für ihn
wichtig, Präsenz im Verein zu zeigen. Regelmäßig fiebert
Frank-Michael Rall in den vereinseigenen Hallen bei
Saisonspielen aller Mannschaften mit. „Für mich ist
95
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz TSV Bayer 04 Leverkusen
Sport
1984
Leverkusen
k. A.
k. A.
Frank-Michael Rall
es teils privates Vergnügen, teils aber auch eine Art
professionelles Schaulaufen“, erklärt Rall. Hier kommt
er mit Managern, Journalisten oder (potenziellen)
Sponsoren ins Gespräch. „Als PR-Verantwortlicher
verkauft man etwas – vor allem sich selbst und damit
den Verein.“ Kontaktpflege und Networking sind heute
erforderlicher denn je. In Zeiten rückläufiger Budgets
sichern speziell Sponsoren die Existenz des TSV im
Bereich des Spitzensports.
Zwar steht die Bayer AG als Hauptsponsor nach wie
vor als Synonym für sportliche Erfolge, dennoch zieht
sich der Chemie- und Pharmakonzern finanziell schrittweise aus den einzelnen Abteilungen zurück.
96
Bevor er beim TSV startete, war Rall knapp vier Jahre
bei der Bayer AG im Bereich „Sportwerbung“ angestellt.
Damals lag die gesamte Finanzierung und Kommunikationsarbeit der noch heute existierenden Bayersportevents in den Händen des Leverkusener Chemiegiganten.
Nach und nach verlagerte sich die Verantwortung für
diese Aufgaben in die einzelnen Abteilungen des Vereins,
und Rall wechselte die Seiten.
Die neu ausgerichtete Corporate Identity des Vereins
ist klar: Der TSV Bayer 04 Leverkusen soll sich als
Werbe- und Imageträger auf die Bereiche Behindertensport, Breitensport und Talentförderung konzentrieren.
Eine Konsequenz: Aus dem Basketball-Rekordmeister
der Bundesliga „Bayer Giants Leverkusen“ wurden die
„Giants Düsseldorf“, da man keine Finanzierungsalternativen in Leverkusen für die Lizenzerhaltung fand.
Rall muss die Konzernphilosophie aus nächster Nähe,
kennen, um die Bayersportpolitik im Verein umsetzen zu
können. Dementsprechend berät er und verfasst Reden
für Vorstand und Geschäftsführung, um weiterhin genügend Unterstützung des Konzerns zu bekommen.
Bevor Rall seine Berufung im Sport und in der
PR-Arbeit fand, absolvierte der gebürtige Karlsruher
einige Zwischenstopps. Sein Interesse an Sprache
motivierte ihn zunächst, Publizistik und Kommunikationswissenschaften in Münster zu studieren. In diversen
Praktika bei RTL Köln, dem Bauer Verlag und der dpa
in Hamburg teste Rall zunächst seine Talente, ehe er
als Trainee in der Redaktion des Sport-InformationsDiensts in Neuss anfing. Insgesamt verblieb Rall sechs
Jahre beim SID, einer der größten deutschen Nachrichtenagenturen im Bereich Sport.
Tragik des Freizeitsportlers: In dem
reichen Angebot des Vereins fehlt
eine Tennis-Abteilung – der Sport,
dem er in seiner Freizeit am liebsten
nachgeht. Im Verein selbst bleibt
dem Mann im schwarzen Anzug nur
der Passivsport von der Tribüne –
und da ist Frank-Michael Rall dann
immer gleichzeitig als Botschafter
für seinen Verein unterwegs. Schicksal, wenn man Beruf und Hobby so
eng miteinander verknüpft.
Text: Lisa Bader - Fotos: Kristina Haak
97
Fehlt es an Wind, so greife zum Ruder
Dr. Jens Schreiber / E.ON AG
Einst war sein Traumberuf Dozent, heute jedoch
arbeitet Dr. Jens Schreiber als Leiter der externen
Kommunikation und Pressesprecher bei Eon in Düsseldorf. Der 53-Jährige, dunkler Anzug, weißes Hemd mit
dunkelroter Krawatte, ist ein viel beschäftigter Mann,
wie nach kurzer Zeit deutlich wird. Gerade erst von
einer Konferenz aus Kopenhagen zurück, klingelt nun
ununterbrochen sein Handy.
98
Jens Schreiber durchlief einige berufliche Stationen, bis
er letztendlich beim größten deutschen Energieversorger
Eon landete. Von der Klöckner-Humboldt-Deutz AG
über Balcke-Dürr bis hin zu Veba Oel, der ehemaligen
Metallgesellschaft in Frankfurt und der Frankfurter Messe
war Schreiber häufig in erfolgreichen Unternehmen, die
früher oder später jedoch in eine Existenz bedrohende
Krise rutschten. Dies, sagt er, komme daher, dass
„jahrzehntelanger Erfolg nach bewährten Rezepten
blind macht für Veränderungen auf den Märkten und
damit verbundene Gefahren. Es entsteht wie auf der
Titanic die fröhliche Illusion, dass man unsinkbar ist
und die Eisberge vorüberziehen. Wenn man dann die
Krise als Krise wahrnimmt, ist es häufig zu spät“. Die
meisten der Unternehmen, bei denen er beschäftigt war,
existieren heute nicht mehr. Schreiber sprang regelmäßig,
kurz, bevor das Unternehmen in die Krise kam, vom
schwankenden Schiff, bis er 2007 zu Eon kam. Zufall,
kein Plan, wie er betont.
Das Unternehmen Eon, das wegen seiner Bedeutung für
die deutsche Wirtschaft und die europäische Energieversorgung als eines der wichtigsten in Deutschland gilt,
erregt derzeit große Aufmerksamkeit in den Medien
und der Öffentlichkeit. Dies resultiert daraus, dass vor
allem der Klimawandel, aber auch die Energiepreise und
die Versorgungssicherheit zu Themen der Tagespolitik
geworden sind und die Schlagzeilen füllen. Der generelle
Vorwurf, die Energieunternehmen würden bei all diesen
Themen ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht ausreichend wahrnehmen
und ihre Marktmacht missbrauchen, hat die gesamte Branche in eine tiefe
Reputationskrise rutschen lassen, und das nahezu europaweit. Genau hier
sieht Schreiber auch in der nächsten Zeit die größte Herausforderung
für die Unternehmenskommunikation. Er möchte mit seinem Team dazu
beitragen, das Unternehmen aus dieser Reputationskrise langfristig herauszuführen. Dies geht seiner Meinung nach aber nur mit klaren Zielen, einfachen
Strategien, die sich aufs Wesentliche beschränken, systematischem Denken
und dem Mut zum Handeln. Man müsse schlicht das Ruder in die Hand
nehmen, anstatt im Schützengraben zu verschwinden.
Grundsätzliche Probleme sieht Schreiber bei seiner Arbeit nicht. Er hat, wie
er sagt, mit viel Humor und einem guten Verhältnis zu seinem Team und
dem Unternehmensvorstand Spaß an der Arbeit als Kommunikator. Stress
und eine hohe Belastung gehören für ihn einfach zu seinem Beruf.
Seine Aufgabe bei Eon beschreibt er als eine „Gesamtleistung, die sich
hauptsächlich auf die externe Kommunikation erstreckt und die für Eon
enorm wichtig ist, da sich hier das Unternehmen als Dialogpartner in der
Öffentlichkeit darstellt und über die Medien von der Öffentlichkeit bewertet
wird“. Noch vor drei Jahren beschäftigte sich Eon eher mit Unternehmensthemen und kommunizierte deutlich stärker wirtschafts- und kapitalmarktorientiert. Als sich jedoch die oft hitzig geführte gesellschaftliche Debatte
über die Verantwortung der Energieunternehmen für den Klimaschutz
und eine sichere sowie bezahlbare Energieversorgung entzündete, ging es
99
Dr. Jens Schreiber
100
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz E.ON AG
Energie
2000
Düsseldorf (Zentrale)
ca. 93.600 (2008)
ca. 87,7 Mrd. Euro (2008)
darum, die Kommunikation von Eon neu auszurichten.
Die Energiebranche verlor zunehmend an Vertrauen
und Glaubwürdigkeit, da sie ihre eigentliche Aufgabe,
eine sichere, bezahlbare und klimafreundliche Energieversorgung immer weniger erfüllte. Laut Schreiber
wurde ihr von einem großen Teil der „Gesellschaft die
′Lizenz zum Arbeiten′ entzogen“.
In der nahen Zukunft sieht Schreiber die Aufgabe dieser
Neuausrichtung noch nicht als beendet an. Die Kommunikation über Blogs und Twitter habe für ihn und sein
Team an Bedeutung gewonnen, da er hier eine neue
Möglichkeit sieht, in den gesellschaftlichen Dialog
intensiver einzugreifen. Zum jetzigen Zeitpunkt hat er
noch kein klares Bild vor Augen, wie das Unternehmen
Social Media einsetzen wird. Aber eines könne er schon
jetzt sagen, wenn Eon sich entschließe, diese Art von
Kommunikation wahrzunehmen, dann nach dem Grundsatz: „Wir machen das mit offenem Visier und geben
uns zu erkennen.“ Schreiber will zu dem stehen, was er
tut und hält nichts von versteckter PR. Auch der aktuelle
Trend zum Klimaschutz und erneuerbaren Energien
werde in Zukunft für die Energiebranche an Wichtigkeit
gewinnen. Für Eon mit seinen Kern- und Kohlekraftwerken wird dies eine große Herausforderung darstellen.
„So schnell, wie wir uns alle das wünschen, wird sich der
Umbau der Energiesysteme nicht verwirklichen lassen“,
sagt der PR-Manager.
Schreiber, der sich selbst auf dem Fahrersitz sieht, hat
trotz der üblichen Schattenseiten im Job viel Spaß an der
Arbeit. Für ihn ist es jedoch auch wichtig, Privat- und
Berufsleben zu trennen und Themen wie Wirtschaft,
Unternehmen und Kommunikationstheorien nicht mit
nach Hause zu nehmen.
Beruflich verfolgt er die Philosophie, aktiv zum Erfolg
des Unternehmens beizutragen und sich mit seinem Team
auf gemeinsame, möglichst messbare Ziele zu verständigen,
die alle antreiben und vorwärts bringen. Seine tägliche
Motivation hierbei ist die gemeinsame Aufgabe.
Privat dagegen liebt es Schreiber, seinen Tag mit Sport
zu beginnen, danach ein gutes Buch zu lesen und, wenn
es geht und passt, den Abend mit einem Essen und
einem Theaterbesuch ausklingen zu lassen. Auch hier
nimmt er gerne aktiv das Ruder in die Hand.
Text: Kristin Lingner
Detailfoto: Kathrin Borgs
Portraitfoto: Dietke Benndorf
101
Die Bühnenbildnerin
Silvia Schumacher / Schumacher PR
Silvia Schumacher war immer klar, dass sie irgendwann
in der Medienbranche arbeiten würde. Nach ihrem Abitur
wollte sie sich zuerst ein Jahr lang in Lissabon sozial
engagieren. Doch Lissabon erwies sich als zu verlockende
Stadt fürs Arbeiten. So kehrte sie nach einem halben
Jahr zurück nach Deutschland und entdeckte durch Zufall
eine Anzeige im Kölner Stadt-Anzeiger. Sie lautete:
,,Wollen Sie in der Medienbranche arbeiten?“ Sie dachte
sich: ,,Klar will ich das!“, bewarb sich und hatte kurz
darauf ein Vorstellungsgespräch bei der Barbarella Entertainment GmbH in Köln.
102
Es folgte ein einjähriges Praktikum, danach absolvierte
sie eine dreijährige Ausbildung als Kauffrau für audiovisuelle Medien. Daraufhin wurde Schumacher von Barbarella Entertainment als PR-Beraterin übernommen.
,,Meine damalige Chefin ist eine anspruchsvolle Frau
und schmeißt einen auch mal ins kalte Wasser. Aber das
ist gut, denn so werden alle Mitarbeiter selbstständiger.“
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Schumacher PR
Personality-PR, Fernsehfilm-PR
2008
Köln
k. A.
k. A.
Ein Jahr später wechselte sie zu Pool Position, wo sie die
Pressearbeit für Moderatoren wie Barbara Schöneberger,
Thomas Hermanns oder Sonya Kraus verantwortete.
Zwei Jahre blieb sie dort, bis sie wieder zu ihrer alten
Firma als Leiterin der PR-Abteilung zurückkehrte.
Die junge Frau lernte aber auch die Schattenseite der
Branche kennen. ,,Irgendwann kam der Wendepunkt bei
mir, als ich merkte, dass ich zu viele Projekte mit zu unterschiedlichen Inhalten betreute und mich nicht mehr
jedem einzelnen hundertprozentig widmen konnte.“ Da
spürte sie, dass es Zeit für eine Veränderung war. Einige
Schauspieler, die sie damals betreute, ermutigten sie,
sich selbstständig zu machen. Als dann auch noch die
bekannte Münchener Schauspielagentin Andrea Lambsdorff ihr das Angebot machte, die Personality-PR für
alle ihre Schauspieler zu übernehmen, war der erste
Schritt in Richtung Selbstständigkeit getan.
103
Silvia Schumacher
104
,,Ich hatte damals eineinhalb Jahre mit Silvia an einem
Projekt gearbeitet und wusste daher, wie sie arbeitet. Sie
unterscheidet sich von anderen PR-Beratern dadurch,
dass sie auch mal talentierte, aber relativ unbekannte
Schauspieler betreut. Außerdem leistet sie ihre Arbeit genau so, wie ich es mir wünsche. Heute ist sie für mich so
etwas wie der verlängerte Arm meiner Schauspielagentur“,
sagt Lambsdorff über Schumacher.
2007 heiratete die damals 30-Jährige im engsten Familienkreis und gründete noch im gleichen Jahr ihre kleine
Agentur Schumacher PR. Seitdem übernimmt die Jungunternehmerin die Pressearbeit für Film- und Fernsehprojekte sowie Schauspieler. Aber ihre Arbeit beinhaltet nicht
nur die Set- und Ausstrahlungs-PR für Fernsehfilme, auch
um die Interessen, das Wohlergehen, die Vermarktung, ja
sogar gelegentlich um die Beschaffung von Kleidern für
Events ihrer Schauspieler kümmert sie sich. Hinzu kommen die Koordination und Organisation von Terminen,
die Entwicklung von Pressestrategien sowie die ständige
Aktualisierung der Vitae ihrer zu betreuenden Schauspieler.
Dabei ist ihr Wikipedia oftmals ein Dorn im Auge. ,,Jeder
kann Informationen auf diesem Portal verbreiten, und
oft werden diese dann ohne Recherche übernommen –
egal, ob die Informationen nun richtig sind oder nicht.“
Viel Motivation erhält sie aus der Entwicklung der
Schauspieler. ,,Es ist immer wieder ein schönes Gefühl,
wenn ’meine’ Schauspieler für ihre Arbeiten gelobt
werden und in der Branche Anerkennung finden. Wenn
dann noch das Interesse der Medienvertreter steigt, freue
ich mich natürlich, ein wenig dazu beigetragen zu haben.“
Deshalb hofft sie auch weiterhin, dass Journalisten sich
stärker für talentierte, noch nicht so bekannte Schauspieler interessieren und über sie berichten werden.
Zu den Schauspielern, die sie betreut, hat die freundliche
Niedersächsin ein sehr gutes Verhältnis. Sie glaubt, dass
es in dieser Branche sehr wichtig ist, niemandem etwas
aufzuzwingen. ,,Ich bin dazu da, um zu beraten. Wie sich
die Person dann entscheidet, liegt in ihrer Hand. Jeder
muss seinen eigenen Weg gehen.“
Der Schauspieler Christoph-Maria Herbst, bekannt aus
der Fernsehserie ,,Stromberg“, ist einer von vielen
Schauspielern, die die Arbeit der jungen PR-Managerin
schätzen. „Silvia ist zuverlässig und immer erreichbar.
Zudem hat sie eine gewisse Aura in der Stimme – das ist
gut, da man in dem Job oft telefonieren muss. Außerdem
ist sie ehrlich, das ist mir ebenfalls sehr wichtig.“
Schumacher gibt zu, dass es ihr oftmals schwerfällt
abzuschalten. Selbst wenn sie wie jedes Jahr nach Sardinien
fährt, um Urlaub zu machen, erwischt sie sich oft dabei,
wie sie E-Mails auf ihrem iPhone liest und im Kopf
schon neue Pressestrategien für ihre Kunden durchgeht.
Am besten kann die Agenturleiterin immer noch an
einem gemeinsamen Frauenabend mit ihren Freundinnen
abschalten oder beim Film- und Fernsehabend mit
ihrem Mann.
In Zukunft hat Silvia Schumacher nicht vor, zu expandieren. ,,Schumacher PR soll klein und fein bleiben“,
sagt sie. So kann sie sich auf ihre Kunden konzentrieren
und dies mit ihrer ganzen Energie.
Text: Anne Steffen - Fotos: Zein Okko
105
Das Sprachrohr Nordrhein-Westfalens
Tim Arnold / NRW-Landesvertretung in Berlin
Der Aufzug zieht sich in einem der wuchtigen Türme
des gläsernen Stadttors hoch bis in den elften Stock. Die
Bel Etage der nordrhein-westfälischen Landespolitik.
Hier in der Düsseldorfer Staatskanzlei hätte es eigentlich
stattfinden sollen, das Interview mit Tim Arnold, dem
Sprachrohr der NRW-Landesregierung in Berlin. Doch
Tief Daisy machte, als Verursacherin eines Zugausfalls,
dem Treffen einen Strich durch die Rechnung. Rund drei
Wochen später steht er vor der Berliner NRW-Vertretung im noblen Botschaftsviertel unweit des Potsdamer
Platzes: „Willkommen in Nordrhein-Westfalen!“ Seine
Stimme ist tief und deutlich, kein Wunder bei einem
Resonanzkörper von etwa zwei Metern Körpergröße.
106
Der gebürtige Wuppertaler ist seit 2006 Leiter der
nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin.
Sein Job ist es, das Bundesland in der Hauptstadt auf
Bundes- und internationaler Ebene zu vertreten und
zu repräsentieren – PR für NRW. „Mein Arbeitsfeld
ordnet sich klar dem Gebiet Public Affairs oder Reputationsmanagement zu. Als PR’ler bezeichne ich mich
jedoch nicht. Politischer Kommunikationsmanager trifft
es besser“, erläutert er bei einem Rundgang durch das
Hightech-Gebäude. Eine Aufgabenstellung der besonderen Art. Arnold macht einen Spagat zwischen der
NRW-Hauptstadt Düsseldorf, wo er zwei bis drei Mal
die Woche ist, der Bundeshauptstadt Berlin und der
westfälischen Unternehmensmetropole Gütersloh, die
er seine Heimat nennt. „Die Bahnstrecke verbindet alle
drei Städte miteinander, das ist optimal für mich“, stellt
der Vierzigjährige fest.
Jürgen Rüttgers persönlich war es, auf dessen Wunsch
sich Arnold auf den Weg nach Berlin machte. „Ursprünglich wollte ich nur im Wahlkampf für den damaligen Oppositionsführer Rüttgers arbeiten. Wahlkampf ist
für mich die Königsdisziplin der Kommunikation.“ Er
beschreibt sein Verhältnis zu seinem Chef als vertrau-
107
Tim Arnold
108
ensvoll und unkompliziert. Jürgen Rüttgers hat sich
– wie es scheint – genau überlegt, wer für ihn das immerhin wirtschaftsstärkste Bundesland vor nationalen und
internationalen Vertretern repräsentiert. Die Vita von
Tim Arnold liest sich wie ein Bilderbuch, doch er selbst
gibt sich eher bescheiden: „Meine Hochschulen habe ich
mir immer im Kontext der Praxisorientierung ausgesucht.“
Wenn er von Hochschulen spricht, meint er Universitäten
wie die London School of Economics and Political
Science, die Harvard University und die École Nationale
d‘Administration in Strasbourg. Ganz nebenbei absolvierte
er noch Praktika in der Hamburger Staatskanzlei und im
Bundeskanzleramt, damals noch in Bonn.
Bevor er jedoch seine Fahrt nach Berlin antrat, machte
er Karriere beim Medienriesen Bertelsmann. Mark
Wössner, Thomas Middelhoff, Gunter Thielen und der
verstorbene Medienmogul Reinhard Mohn selbst waren
zu ihren Zeiten seine direkten Vorgesetzten. „Reinhard
Mohn war eine Ausnahmepersönlichkeit. Durch Selbstbestimmung und Zurückhaltung hat er sich eine besondere Art von Work-Life-Balance geschaffen. Er war ein
unangepasster, freier Geist“, erinnert sich Arnold.
Genau wie Mohn scheint auch Arnold die richtige
Balance zwischen Berufs- und Privatleben gefunden
zu haben. Sein Wecker klingelt morgens um 05:30 Uhr.
Noch bevor er zusammen mit seiner Freundin frühstückt, geht er joggen. Um 08:45 Uhr stehen die ersten
Besprechungen in seinem Büro mit Blick auf die japanische Botschaft an. In Sitzungswochen des Bundestages
kommt er nur selten vor 24:00 Uhr nach Hause. „Meine
Freundin versteht das, sie ist selbst sehr beschäftigt. Die
Zeit holen wir dann am Wochenende wieder raus.“
Der Sport ist für ihn kein Ausgleich, denn er braucht
keinen Ausgleich. „Ich arbeite gerne und habe Spaß
dabei. Erholung durch Abwechslung.“ Enge Freunde
beklagen schon einmal, dass er zu viel unterwegs sei,
aber das bringe der Job nun mal mit sich. Auf die Frage
nach seiner Motivation antwortet er nach kurzem Überlegen, dass es nicht das Geld sei. In der Wirtschaft habe
er weitaus mehr verdient als heute. „Vielmehr ist es die
gesellschaftliche Verantwortung, die mich antreibt. Es
gibt bei uns in Deutschland viel zu wenig Schnittstellen
zwischen Wirtschaft und Politik.“
Arnold verkörpert eine dieser Schnittstellen, und das
mit Erfolg: Die Besucherzahlen in der NRW-Vertretung
haben sich unter seiner Führung von 7.000 Besuchern
pro Jahr auf rund 35.000 verfünffacht. Nach dem
Abschluss der aktuellen Koalitionsverhandlungen unter
dem Dach der NRW-Vertretung sagte Kanzlerin Merkel,
dass die Küche dort fast abhängig mache und sie in
Zukunft zum Essen mal öfter vorbeischauen müsse.
„Ein tolles Kompliment für unser 50-köpfiges Team
und ein fulminanter Erfolg aus NRW-Sicht“, so Arnold
mit stolzer Stimme. Ob der Kommunikationsmanager
weiterhin erfolgreich für das Land NRW arbeiten kann,
oder ob der Fahrstuhl aus der Bel Etage zunächst wieder abwärtsgeht, entscheiden die Wähler im Mai 2010
durch die nächste Landtagswahl.
Text: Jan Hölkemann - Detailfoto: Stephan Overhagen
Unternehmen
Geschäftsfeld
Gründungsjahr Standort Einwohner BIP
Nordrhein-Westfalen
Politik
1946
Deutschland
ca. 18 Mio.
521,8 Mrd. Euro (2009) 109
Die erste Geige im Orchester Oetker
Dr. Jörg Schillinger / Dr. August Oetker KG
Die Geschichte von Jörg Schillinger beginnt in Göttingen,
während seines Studiums. In dieser Zeit entwickelte er
diverse Leidenschaften: zur Folk-Musik, zu Schweden,
zum Geigen, zu Großseglern und nicht zuletzt zu seiner
Frau. „Auf einer Radtour mit Bremer Musikern habe ich,
bis zum Bauchnabel im Wasser eines Seitenarms der
Wümme stehend, ein Freiluftkonzert mit schwedischer
Musik gegeben. Die anderen Ausflügler waren mehr
als verwundert. Die damals anwesende Flötistin habe
ich geheiratet.“ Ihr Vater sollte ihn wenig später seiner
beruflichen Leidenschaft näher bringen, er schlug vor:
„Wenn Du nicht zur Presse gehst, dann mach doch
Pressearbeit für Dr. Oetker!“
110
Rund 20 Jahre später war es soweit. Im Oktober 2007
übernimmt er die Leitung der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Dr. August Oetker KG in Bielefeld. „Ich
bin zuständig für die Holding insgesamt, alles was die
Inhaber-Familie betrifft und selbstverständlich in Personalunion für die Nahrungsmittellinie.“ Andere Teile des
Dr. Oetker-Reichs, wie Brauereien, Reederei und Bank
sind in ihrer PR eigenständig organisiert und berichten
ihren jeweiligen Geschäftsleitungen.
Sein Büro ist lichtdurchflutet, zwei Glasfronten bieten
einen schönen Blick auf den Bielefelder Südwesten.
Hinter einer Zwischentür ist das Büro vom Firmeninhaber August Oetker. „Ich bin Berater des Eigentümers
und habe eine besondere Vertrauensstellung“, erklärt
der 49-Jährige. Der Bereich der Öffentlichkeitsarbeit
untersteht August Oetker direkt.
111
Die Nachmittagssonne steht tief im Raum, Schillinger
sitzt in einem der massiven Holzsessel, sein brauner
Anzug, kombiniert mit einer farbenfroh gestreiften Krawatte, harmoniert perfekt mit Interieur und Gardinen.
„Herr Oetker sagt gerne: Die Kunst ist es, nah an der
Sache zu sein, aber über den Dingen zu stehen.“ Und
das beherrscht er sehr gut, findet Schillinger.
Seine ersten Arbeitserfahrungen macht der PR-Profi
während der Schulzeit als Aushilfsarbeiter in der Erdölbranche. „Harte Arbeit war das, ich wusste genau
warum ich studieren wollte“, erzählt er. Schillinger
stammt aus Oberg, einem kleinen Ort im Umkreis von
Hannover. Sein Elternhaus, sagt er, habe ihm vor allem
Bodenständigkeit mitgegeben.
Als Jugendlicher will er zunächst Verhaltensforscher,
dann Pastor oder Berufsoffizier werden. Schließlich
studiert er Geschichte und Philologie. Nach Abschluss
des Studiums schließt er eine Ausbildung an der Fortbildungsakademie der Wirtschaft in Köln an. Dabei
absolviert Schillinger ein Praktikum bei der Brauerei
Beck & Co, das seinen späteren Berufsweg bestimmt:
Hier entdeckt er die Lebensmittelbranche.
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz Dr. August Oetker KG
Nahrungs- und Genussmittel
1891
Bielefeld
24.700 (2008)
9,2 Mrd. Euro (2008)
Dr. Jörg Schillinger
Er steigt 1993 beim Spar Handelskonzern ein, bekommt
früh viel Verantwortung und wird dort nach zwei Jahren
Leiter Konzernkommunikation. Nach einem kurzen
Intermezzo bei einem Online-Dienstleister wechselt er
2003 als Director Corporate Affairs zur Deutschlandholding des Brauunternehmens InBev, zu dem unter
anderem Marken wie Beck‘s Bier, Franziskaner und
Hasseröder gehören.
Hier erlebt Schillinger mehrere Geschäftsführungen in
kurzer Zeit. Krisen-PR gehörte zum täglichen Geschäft.
Über diesen Karriereabschnitt sagt Schillinger: „Es war
sicherlich interessant, bei globalen Treffen aller PRVerantwortlichen die Mentalitäten und Arbeitsweisen
der verschiedenen Nationen kennenzulernen, aber die
einsamen Tage auf den Flughäfen dieser Welt vermisse
ich nicht.“
112
Heute schätzt er die Vorzüge des Familienunternehmens
Dr. Oetker, nachdem er die krasse Welt von Shareholder
Value und Börsennotierung kennengelernt hat. „Hier
spürt jeder Mitarbeiter, wie stark die Unternehmenskultur
von sozialem Engagement, Bodenständigkeit und Langfristigkeit geprägt ist.“ Neben den regelmäßigen (Dienstags-)Treffen der Abteilungen zur Lagebesprechung
gehe man auch täglich gemeinsam zum Mittagessen in
die Kantine. „Das ist hier eben so seit Generationen.
Jede Abteilung hat so ihre Zeit, auch daran kann man
sich gewöhnen“, schmunzelt Schillinger.
Hier in Bielefeld würde er gerne auch noch in zehn Jahren wirken. „In diesem Unternehmen hat man eine
Probezeit von sieben Jahren“, zwinkert der Branchenkenner, der auf ein in zwei Jahrzehnten aufgebautes
Netzwerk vertrauen kann. Sein Vorgänger war 24 Jahre
im Unternehmen und hat die Strukturen der Unternehmens-PR geprägt. „Meine Aufgabe ist es, das Unternehmen am Puls der Zeit zu halten. Dabei gilt: Evolution
statt Revolution. Prämisse ist langsamer, aber stetiger
Wandel.“ Glaubt man dem Ranking des Pressesprechermagazins, war diese Formel bisher erfolgreich: „Dr. Oetker“ belegt regelmäßig einen Platz auf dem Treppchen
der 500 stärksten Marken von Konsumgüterartikeln.
Es scheint so, als habe sich nach knapp einem halben
Jahrhundert ein Kreis geschlossen. Die Frau des PRManagers, mit der er seit über 26 Jahren zusammen ist,
stammt aus Bielefeld. Und selbst seine Tochter wünschte
sich nach einem Zusammentreffen mit seinem Vorgänger
im Hause Oetker auf einer Rückfahrt in die damalige
Heimat Bremen: „Papa, Du sollst nicht mehr für Becks
arbeiten, sondern für Herrn Oetker!“
Schillinger entspannt sich im Alltag gerne gemeinsam
mit seiner Tochter bei einem Lateinkreuzworträtsel oder
via Youtube mit Ronja Räubertochter und schwedischer
Musik. Gibt es einen Traum, den er sich noch gerne erfüllen würde? Schillinger überlegt eine Weile. Dann sagt
er: „Einen Großsegler bauen, ins norwegische Trondheim reisen und eine Hardanger-Geige kaufen und darauf spielen lernen, am liebsten eine nordische Melodie.“
Text & Fotos: Dietke Benndorf
113
Immer in Bewegung
Monika Bruser / L’Oréal Deutschland GmbH
„Wandel und Wechsel liebt, wer lebt“, zitiert Monika
Bruser den Komponisten Richard Wagner, und ihre
mandelförmigen braunen Augen werden größer und
strahlen. „Das ist mein Lieblingszitat, das ist mein Motor!
Es darf einfach nichts stehen bleiben, es muss sich bewegen.“ Die Energie der Vierzigjährigen L’Oréal Pressechefin spürt man förmlich, wenn sie erzählt. Ihre klare
Stimme ist freundlich, aber bestimmt. Sie weiß, was sie will.
114
Unternehmen
Geschäftsfeld Gründungsjahr Standort Mitarbeiterzahl Umsatz L’Oréal Deutschland GmbH
Kosmetik
1930
Düsseldorf
1.695 (2008)
ca. 1 Mrd. Euro (2008)
Und doch passt die dunkelhaarige, sportliche PR-Managerin nicht ganz ins Unternehmensbild: In der schlicht,
aber stilvoll designten Empfangshalle laufen viele sehr
gestylte Personen herum, sie hingegen wirkt auch in
ihrem Hosenanzug noch natürlich und authentisch.
Bruser hat Betriebswirtschaftslehre an der HeinrichHeine-Universität in Düsseldorf studiert. In die PR ist
sie eher zufällig gerutscht, aber dafür schon ziemlich
früh. Schon mit sechzehn Jahren fing sie an, in einer PRAgentur zu jobben, und entdeckte dort ihre Neigung zur
Kommunikation. „Irgendwann habe ich bemerkt, dass
man mit PR viel bewegen kann. Das BWL-Studium habe
ich gemacht, um eine breite Basis, ein gutes Fundament
zu besitzen. Das halte ich nach wie vor für sehr wichtig.“
Ihr Studium und ihre jahrelange Mitarbeit in der Agentur
haben ihren Weg geebnet, denn sie musste sich nie richtig
bewerben. „Klar ich habe auch auf mich aufmerksam
gemacht, aber ich hatte das Glück, dass ich in der
Kosmetikbranche bereits relativ bekannt und gefragt
war“, erzählt sie. So war es relativ einfach, bald nach dem
Studium zu Calvin Klein Cosmetics zu wechseln.
Doch sie wollte auch noch mal eine andere Branche kennen lernen. „Ich war erst Mitte zwanzig und galt schon
fast als alter Hase in der Kosmetikbranche, so etwas geht
einfach nicht“, sagt sie fast ein wenig empört. „Also
habe ich mir überlegt, was noch spannend sein könnte.“
So kam es, dass sie bei EMI Music in Köln anfing. Doch
nach etwa zwei Jahren kam ein Angebot von L’Oréal,
das sie nicht ausschlagen wollte. „Die Erfahrungen, die
ich bei EMI sammeln konnte, waren großartig, doch bei
L’Oréal konnte ich meine breite Basis optimaler nutzen.
Mein Ziel war eine verantwortungsvolle Aufgabe in der
Unternehmenskommunikation, und das hat das Angebot
so perfekt gemacht.“
115
Monika Bruser
Beruflich sucht die PR-Managerin zwar das Neue und
Aufregende, im Privatleben versucht sie dies aber auszugleichen. „Mein Mann und ich sind jetzt die Hälfte
meines Lebens zusammen. Er ist mein Ruhepol, gibt
mir Kraft und Weisheit, wenn ich mal wieder zu sehr in
Aktion bin.“ Im Kern scheint sie ein Familienmensch
zu sein. Auf ihre beiden Kinder ist sie stolz, erzählt
gerne und viel von ihnen. Wenn sie Zeit findet, versucht
sie auch zu alten Schul- und Studienfreunden noch
Kontakt zu halten.
Besonders engagiert ist sie in der Forschungskommunikation. Es ist deutlich zu spüren, dass ihr das ein
wichtiges Anliegen ist. Auch aus diesem Grund hat sie
persönlich das Programm „For women in science“ zur
Förderung herausragender Wissenschaftlerinnen mit
Kindern mit initiiert und entwickelt. „Ich weiß einfach,
wie nötig es ist, ein stabiles Netzwerk zu haben, wenn
man Familie und Beruf kombinieren will“, erklärt sie.
116
Dass sie selber den Spagat zwischen Beruf und Familie
trotz relativ kleiner Kinder recht gut bewerkstellige, liege
an einer guten Organisation, aber vor allem an ihrem
Mann, der Familie, Freunden und nicht zu vergessen
L’Oréal. „Das Unternehmen lässt mir viel Spielraum. So
kann ich schon mal mit dem Blackberry in der Weihnachtsfeier meiner Kinder sitzen und zwei Dinge auf
einmal managen.“
Es habe auch kritische Stimmen ihr gegenüber gegeben,
als sie trotz kleiner Kinder mit ihrem Vollzeit-Job weitermachte. Doch sie sei der Überzeugung, dass sie selbst
glücklich sein müsse, um ihren Kindern eine gute Mutter
zu sein. Sie achte darauf, dass sie die Kinder morgens
zum Kindergarten und zur Schule bringe. „Ich denke,
durch meine stressige Arbeit bin ich letztlich eine ausgeglichene Mutter.“ Zeitlich sei jedoch häufig nicht alles zu
schaffen. Da müsse man Prioritäten setzen und dürfe
keiner sein, der nach Schubladen arbeitet. „Ohne Flexibilität und Durchsetzungsvermögen schafft man das
nicht. In der Branche muss man zudem extrovertiert
sein, Spaß an Kommunikation haben.“
Die Branche entwickele sich ständig weiter, vor allem
durch die Kommunikation im Internet werde alles offener. Da sei es wichtig, dass Unternehmen noch glaubwürdiger werden. „Lügen haben kurze Beine, und wenn
ein Unternehmen mit falschen Informationen rausgeht,
kann dies immer nur von kurzer Dauer vorteilhaft sein.“
Die Top-Priorität habe die interne Kommunikation, es
dürfe nie extern vor intern kommuniziert werden. „Deswegen ist es so wichtig, dass man ein Team ist und sich
die Mitarbeiter wohlfühlen. Denn sie sind Meinungsführer, und wenn sie nicht hinter dem Unternehmen stehen,
ist das ein Musterbeispiel für schlechte PR.“
Obwohl sie jetzt schon viele Jahre in Düsseldorf arbeitet, findet sie Köln immer noch ein Stück lebenslustiger.
Ihr Team beschreibt sie als einen sehr positiven Menschen, was sie mit einem herzhaften Lachen quittiert.
Vielleicht hat sie deswegen während des Gesprächs
kein schlechtes Wort fallen gelassen, weil sie die Dinge
grundsätzlich erst mal positiv sieht.
Text: Gesche Hansen - Fotos: Paula Karys
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