Asymmetrische Informationsver- teilung auf dem Versicherungsmarkt

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Asymmetrische Informationsver- teilung auf dem Versicherungsmarkt
Asymmetrische Informationsverteilung auf dem Versicherungsmarkt
Seminararbeit – Thema Nr. 2
eingereicht bei
Prof. Dr. Klaus Peter Kaas
Lehrstuhl für Marketing I,
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften
Johann Wolfgang Goethe-Universität
Frankfurt am Main
Betreuerin:
Heidrun Ruprecht
von
cand. rer. pol. Nicole Hoffmann
[email protected]
Studienrichtung: BWL
12. Fachsemester
- II -
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis .......................................................................................................................III
Abkürzungsverzeichnis..................................................................................................................IV
1 Einleitung ................................................................................................................................1
2 Informationsasymmetrien auf dem Versicherungsmarkt und Ansätze zur Minderung
opportunistischen Verhaltens .................................................................................................2
2.1 Versicherungen..................................................................................................................2
2.1.1 Vollkommene Märkte..............................................................................................2
2.1.2 Realer Versicherungsmarkt......................................................................................2
2.2 Asymmetrische Informationsverteilung................................................................................4
2.2.1 Grundtypen asymmetrischer Informationsverteilung...................................................4
2.2.2 Qualitätsunsicherheit ................................................................................................5
2.2.3 Holdup....................................................................................................................6
2.2.4 Moral Hazard..........................................................................................................6
2.3 Informationsvorsprünge des Versicherungsnehmers.............................................................7
2.3.1 Probleme der Informationsasymmetrie zugunsten des VN .........................................7
2.3.2 Adverse Selection ...................................................................................................7
2.3.3 Ansätze zur Minderung von Adverse Selection.........................................................8
2.3.4 Moral Hazard........................................................................................................10
2.3.5 Ansätze zur Minderung von Moral Hazard .............................................................10
2.4 Informationsvorsprünge des Versicherungsanbieters..........................................................11
2.4.1 Probleme der Informationsasymmetrie zugunsten des VA .......................................11
2.4.2 Adverse Selection .................................................................................................12
2.4.3 Ansätze zur Minderung von Adverse Selection.......................................................12
2.4.4 Moral Hazard........................................................................................................13
2.4.5 Ansätze zur Minderung von Moral Hazard .............................................................13
2.5 Holdup............................................................................................................................14
3 Zusammenfassung ................................................................................................................15
Literaturverzeichnis .................................................................................................................17
- III -
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Drei Grundtypen asymmetrischer Information.................................................................5
- IV -
Abkürzungsverzeichnis
VN:
Versicherungsnehmer
VA:
Versicherungsanbieter
-1-
1
Einleitung
Im Rahmen des Seminars ‚Marketing für Versicherungsdienstleistungen’ behandelt die folgende
Arbeit die asymmetrische Informationsverteilung auf dem Versicherungsmarkt. Auf dem realen Versicherungsmarkt besitzen Versicherungsnehmer (VN) und Versicherungsanbieter (VA) Informationsvorsprünge bezüglich bestimmter Merkmale gegenüber der Vertragspartei. Die VA sind besser über
die Schadensverteilung und Schadenseintrittswahrscheinlichkeit des Schadensfalls informiert. Außerdem kennen sie ihre Liquidität und wissen, wie sie mit den erhaltenen Prämien umgehen werden. Die
VN dagegen haben bessere Kenntnis darüber, zu welcher Risikogruppe sie gehören. Sie können
falsche Angaben machen oder wichtige Eigenschaften verschweigen, wodurch Versicherungsverträge
abgeschlossen werden können, die bei vollständiger Information nicht zustande gekommen wären.
Weiterhin können sich VN nach Vertragsabschluss riskanter verhalten. Durch fahrlässiges Verhalten
käme es zu einer höheren Schadenseintrittwahrscheinlichkeit.
Ziel dieser Arbeit ist es, die verschiedenen Formen der Informationsasymmetrie, sowie der Gefahren
opportunistischen Verhaltens seitens der VN und der VA auf Versicherungsmärkten darzustellen. Im
Vordergrund stehen die Möglichkeiten zur Minderung von Informationsasymmetrien unter Einbeziehung der Neuen Institutionenökonomie, besonders der Prinzipal-Agenten-Theorie. Es sollen Ansätze
aufgezeigt werden, die helfen können, Spielräume für opportunistisches Verhalten der Marktteilnehmer zu verringern und die daraus folgenden Unsicherheiten zu mindern.
In Kapitel 2.1 wird ein allgemeiner Überblick über das Thema Versicherung dargelegt. Dabei wird
auf den vollkommenen Markt eingegangen und die Probleme des realen Versicherungsmarktes werden dargestellt. In Kapitel 2.2 folgt eine Typisierung der verschiedenen Formen asymmetrischer Information. Kapitel 2.3 beschäftigt sich mit Informationsvorsprüngen des VN, den daraus entstehenden Problemen und den Möglichkeiten zur Minderung der Informationsasymmetrie. Informationsvorsprünge seitens des VA sowie Ansätze zu ihrer Minderung sind Thema des Kapitels 2.4. Das Problem des Holdup wird in Kapitel 2.5 nochmals kurz aufgegriffen. Eine Zusammenfassung liefert Kapitel 3.
-2-
2
Informationsasymmetrien auf dem
Versicherungsmarkt und Ansätze zur Minderung
opportunistischen Verhaltens
2.1
Versicherungen
2.1.1 Vollkommene Märkte
Bevor auf die asymmetrische Informationsverteilung auf dem Versicherungsmarkt eingegangen werden kann, soll ein kurzer Überblick über das Thema Versicherung gegeben werden. Die klassische
Mikroökonomie geht von vollkommenen Märkten aus, auf denen Informationen gleichverteilt sind
und rational handelnde Marktteilnehmer ihren Nutzen maximieren. Die VN und VA fällen ihre Entscheidungen gemäß der Erwartungsnutzen-Theorie. Der Erwartungswert ist die gewichtete Summe
der Eintrittswahrscheinlichkeiten der möglichen Ergebnisse.1 Bei vollkommenen Märkten und Wettbewerb gibt es keinen Grund für die Existenz von Unternehmen.2 Jeder Marktteilnehmer kann sich
fehlende Informationen ohne wirtschaftliche oder zeitliche Nachteile beschaffen. In empirischen Untersuchungen und der Realität kann man jedoch oft beobachten, dass Entscheider inkonsistente, der
Rationalität widersprechende, Entscheidungen treffen.3 Individuen entscheiden in einer unsicheren
Umwelt oft, ohne sich vollständig über ein Problem informiert zu haben. Dies hängt damit zusammen,
dass die Beschaffung von Informationen oft viel Zeit, Mühe und Geld kostet. Oder es ist unmöglich
alle wichtigen Informationen zu beschaffen, aufzunehmen und zu verarbeiten.
2.1.2 Realer Vers icherungsmarkt
Die Dienstleistung Versicherung stellt ein immaterielles, auf die Zukunft gerichtetes und nicht fassbares Gut dar.4 Es ist nicht möglich eine Versicherung für den anonymen Markt zu produzieren. Der
VN ist, durch die Bereitstellung von Informationen über sein Risiko, an der Produktgestaltung beteiligt.5 Der VA verpflichtet sich bei Eintreten eines genau festgelegten Schadens eine Versicherungsleistung zur Kompensation zu erbringen. Der VN zahlt regelmäßig als Entlohnung für die Risikoüber-
1
Vgl. Neus (2003), S. 436.
2
Vgl. Neus (2003), S. 89-90.
3
Vgl. Doherty/Schlesinger (1983), S. 1053.
4
Vgl. Farny (1989a), S. 299.
5
Vgl. Kurtenbach/Kühlmann/Käßler-Pawelka (1992), S. 17.
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nahme die Versicherungsprämie.6 Der Kunde kann die Versicherungsdienstleistung vor dem Kauf
nicht testen.7
Es gibt verschiedene Gründe für die Existenz von Versicherungsmärkten. Versicherungsunternehmen
können VN aufgrund ihrer Erfahrungen mit risikoreichen Situationen beratend zur Seite stehen. Damit
die Verluste weniger Individuen von vielen Versicherten getragen werden können, muss jemand die
zu versichernden Personen auswählen, die Beiträge einsammeln und den Versicherungspool verwalten. So sind die organisatorische Arbeit sowie der Investitionscharakter einer Versicherung zwei
weitere Gründe für das Bestehen von Versicherungsunternehmen. 8 Der wichtigste Grund jedoch im
Rahmen dieser Arbeit ist die Existenz von Risiko. Rejda definiert Risiko als Unsicherheit in Bezug auf
den Eintritt eines Verlustes.9 Farny beschreibt eine Versicherung als die „Deckung eines im einzelnen
ungewissen, insgesamt geschätzten Mittelbedarfs auf der Grundlage des Risikoausgleichs im Kollektiv und in der Zeit“10 Jeder ist dem reinen Risiko11 (entweder Verlust oder kein Verlust; kein Gewinn
möglich) von finanziellen Verlusten, Krankheiten, Arbeitsunfähigkeit und frühzeitigem Tod ausgesetzt.12 Eine Versicherung überträgt das Risiko des VN auf den VA. 13 Es gibt zwei verschiedene
Arten von Versicherungen. Die allgemeine Versicherung umfasst z.B. Haftpflichtversicherungen
oder Versicherungen von Eigentum. Solche Versicherungen schützen vor dem Eintritt ungünstiger
Umweltereignisse und können meist jährlich gewechselt werden. Zum anderen gibt es die Lebensoder die Rentenversicherung, welche langfristig angelegt werden und heutiges Vermögen in die
Zukunft verschieben. Ist ein VN riskoneutral und handelt er rational, so müsste er eine Versicherung
zu einem Preis abschließen, der dem Wert seines erwarteten Verlustes entspricht. Der Preis, den er
für eine Versicherung zu zahlen bereit ist, steigt mit seiner Risikoaversion.14 Die meisten Menschen,
6
Vgl. Trumpp (1995), S. 248.
7
Vgl. Arrow (1963), S. 949.
8
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 240-241.
9
Vgl. Rejda (2003), S. 3.
10
Vgl. Farny (1989a), S. 13.
11
Vgl. Hax (1964), S. 26.
12
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 239.
13
Vgl. Arrow (1974), S. 134, Vgl. Spence/Zeckhauser (1971), S. 380.
14
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 239-244.
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die Versicherungen abschließen, sind risikoscheu15, d.h. die sichere, kleine Auszahlung für die Prämie
wird dem riskanten, großen Schaden vorgezogen, auch wenn der erwartete Verlust nicht so hoch ist
wie die Prämie.16
Im Gegensatz zum vollkommenen Markt, kommt es auf dem realen Versicherungsmarkt zu Interessenskonflikten, die dadurch entstehen, dass der Versicherungsfall immer erst nach Abschluss des
Vertrages eintritt.17 Mit Hilfe der Prinzipal-Agenten-Theorie analysiert die neue Institutionenökönomie genau diesen unvollkommenen Markt. Die Theorie geht davon aus, dass sich ein Auftragnehmer
(Agent) einem Auftraggeber (Prizipal) gegenüber verpflichtet eine bestimmte Leistung zu erbringen,
für die er vom Prinzipal eine bestimmte Gegenleistung erhält.18 Kaas charakterisiert die PrinzipalAgenten-Beziehung als „eine elementare Form der Zusammenarbeit von Wirtschaftssubjekten mit
eigennützigen, divergierenden Zielsetzungen, unvollkommener Information und unvollkommener Moral in einer arbeitsteiligen Wirtschaft.“19 Es herrscht asymmetrische Informationsverteilung und die
Geschäftspartner neigen dazu, sich opportunistisch zu verhalten. Williamson bezeichnet Opportunismus als tückisches Handeln im Eigeninteresse.20 Informationsasymmetrien seitens der VA sowie der
VN können zu Fehlallokationen, ökonomischen Nachteilen und Wohlfahrtsverlusten, bis hin zum
Marktzusammenbruch führen.21 In den Kapiteln 2.3 und 2.4 sollen deshalb verschiedene Kooperationsdesigns und Vertragstypen analysiert werden, die dazu geeignet sind Wohlfahrtsverluste zu verringern.
2.2
Asymmetrische Informationsverteilung
2.2.1 Grundtypen asymmetrischer Informationsverteilung
Die Prinzipal-Agenten-Theorie geht davon aus, dass die zwei auf dem Markt kooperierenden Partner jeweils besser über ihre eigenen Stärken und Schwächen und ihr eigenes Verhalten informiert
sind als der Vertragspartner. Auf dem Versicherungsmarkt kooperieren der VA und der VN. Der
15
Vgl. Arrow (1963), S. 959.
16
Vgl. Eisenführ/Weber (1999), S. 225.
17
Vgl. Finsinger (1983), S. 17.
18
Vgl. Meinhövel (2004), S. 471.
19
Vgl. Kaas (1992), S. S. 888.
20
Vgl. Williamson (1985), S. 30, (‘self-interest seeking with guile’)
21
Vgl. Spremann (1990), S. 562.
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VA (Prinzipal) erbringt eine Leistung (Zahlung im Schadensfall) und der VN (Agent) muss eine Gegenleistung (Prämienzahlung) erbringen. Aber jeder Prinzipal (P) kann auch als Agent (A) gesehen
werden. 22 Bevor auf die Probleme der asymmetrischen Informationsverteilung auf dem Versicherungsmarkt eingegangen wird, zeigt die folgende leicht modifizierte Tabelle von Spreemann23 eine
allgemeine Übersicht über die Grundtypen asymmetrischer Information, die zu Problemen bei der
Risikoteilung auf dem Versicherungsmarkt führen können:24
Grundtypen
asymmetrischer Qualitätsunsicherheit
Holdup
Moral Hasard
‘hidden intention’
‘hidden action’
Information
‚hidden characteristics’
Verhalten des A
exogen gegeben; wird P ex post willensabhängig; wird P willensabhängig; bleibt P
bekannt
ex post bekannt
auch ex post verbo rgen
Interpretationsbeispiele
Qualität / Risiko
Fairness / Kulanz
Anstrengung
Ursachen
Informationsineffiezienz
Sunk Costs
Ressourcenplastizität
Adäquate Kooperationsdesigns
Offenbarung
Autorität
Anreizsysteme
Tabelle 1: Drei Grundtypen asymmetrischer Information
2.2.2 Qualitätsunsicherheit
Es werden drei verschiedene Arten von Verhaltensunsicherheit unterschieden. Die erste Form der
asymmetrischen Informationsverteilung ist die Qualitätsunsicherheit oder „hidden characteristics“. Es
gibt Merkmale des Agenten, wie z.B. seine Qualität oder seine Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe,
die er nicht beeinflussen kann. Der Prinzipal erhält erst ex post genauere Informationen über diese,
für seine Entscheidungen wichtigen, Merkmale.25 Das Problem des VA (Prinzipal) liegt darin zwischen den VN mit höherem Risiko und denen mit geringerem Risiko zu unterscheiden.26 Zum
schlechteren Informationsstand des Prinzipals kommt erschwerend hinzu, dass ein VN mit hohem
Risiko einen Anreiz hat, sich als VN mit geringem Risiko zu präsentieren27, da er dadurch eine im
Verhältnis zu seinem Risiko zu geringe Risikoprämie zahlt. Wie schon erwähnt kann jeder Prinzipal
22
Vgl. Picot (1989), S. 375.
23
Vgl. Spremann (1990), S. 572.
24
Vgl. Johnson et al. (1993), S. 36.
25
Vgl. Spremann (1990), S. 566.
26
Vgl. Rothschild/Stiglitz (1976), S. 632.
27
Vgl. Schmidt (1979), S. 168.
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auch als Agent gesehen werden. So ist z.B. seine Qualität ein Merkmal über das der VA (Agent) ex
ante besser informiert ist. Es ist schwierig für VN sich umfassend über alle Versicherungen zu informieren und diese Informationen auch zu verarbeiten. Sie erhalten erst ex post genauere Informationen
über die Versicherung, die sie gewählt haben. Da das Verhaltensmerkmal des Agenten wie ein Datum feststeht, kann der Prinzipal das Verhalten weder durch Zwang noch durch Motivation beeinflussen.28 Er kann nur versuchen, die ‚guten’ von den ‚schlechten’ Risiken bzw. Qualitäten zu trennen.
Mögliche Ansätze zur Minderung von Qualitätsunsicherheit sind Screening, Signaling oder SelfSelection. Die beiden letzteren Ansätze sollen dazu führen, dass der Agent sich freiwillig offenbart.
2.2.3 Holdup
Eine weitere Form der Verhaltensunsicherheit stellt das Holdup bzw. “hidden intention“ dar. Das
Verhalten des Agenten ist variabel, d.h. er kann es noch beeinflussen. Unter Holdup versteht man
das opportunistische Ausnutzen von Vertragsfreiräumen durch den Agenten für die Gestaltung der
Gegenleistung. Solche Vertragslücken können entstehen, wenn es unmöglich ist, alle denkbaren
Umweltentwicklungen vertraglich festzuhalten. Der Prinzipal ist meist Sunk Costs eingegangen, die
sich nur dann rentieren, wenn der Agent sich so verhält, wie der Prinzipal es von ihm erwartet29.
Verhaltensmerkmale von Holdup sind z.B. Fairness oder Kulanz. Auch über diese Merkmale erhält
der Prinzipal erst ex post genauere Informationen.30 Der VA hat vor allem Spielräume bei Prämienanpassungsklauseln für Kostensteigerungen, bei Prämienrückerstattungssystemen und bei der Servicequalität.31 Holdup-Problemen wird meist durch Autoritätssysteme entgegengewirkt.32
2.2.4 Moral Hazard
Das letzte Problem, dass durch asymmetrische Informationsverteilung entstehen kann, ist Moral Hazard oder „hidden action“. Diese Art der Verhaltensunsicherheit ist wieder vom Agenten beeinflussbar, aber sie bleibt dem Prinzipal auch ex post noch verborgen. Der Prinzipal kann nicht erkennen,
ob das Verhalten des Agenten oder das exogene Risiko den endgültigen Umweltzustand herbeige-
28
Vgl. Spremann (1990), S. 567.
29
Vgl. Alchian/Woodward (1988), S. 67.
30
Vgl. Spremann (1990), S. 568-569.
31
Vgl. Finsinger (1983), S. 19.
32
Vgl. Spremann (1990), S. 580.
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führt hat. Verhaltensmerkmale von Moral Hazard sind z.B. Anstrengung, Fleiß und Sorgfalt.33 Möglichkeiten, dieses Problem zu verringern, sind Anreizsysteme, Kontrollen, Sanktionen und Regulierungen durch den Staat.
2.3
Informationsvorsprünge des Versicherungsnehmers
2.3.1 Probleme der Informationsasymmetrie zugunsten des VN
Größtenteils wird in der Literatur der VN als Agent betrachtet, der besser über vertragsrelevante
Eigenschaften informiert ist als der VA.34 Der VN hat Informationen über sein Risiko und er weiß,
wie er sich nach Vertragsabschluss verhalten wird. Obwohl in empirischen Arbeiten herausgefunden
wurde, dass VN Wahrscheinlichkeiten häufig schwer einschätzen können35, so wissen sie doch zu
welcher Risikogruppe sie gehören. Schließt ein VN eine Fahrradversicherung ab, so kennt er den
Zustand seines Rades. Er weiß, ob er es in gefährlichen Gegenden abstellen und ob er es abschließen
wird. Der Agent (VN) kann die Wahrscheinlichkeit des Versicherungsfalls besser beurteilen und er
kann sie beeinflussen, ohne dass ihn der VA daran hindern kann. 36 Durch den Informationsvorsprung
des VN sieht sich der VA mit den Problemen der Adverse Selection und des Moral Hazard konfrontiert. Im folgenden werden diese Probleme im Versicherungszusammenhang erläutert und Möglichkeiten zur Minderung dieser Probleme werden präsentiert.
2.3.2 Adverse Selection
Adverse Selection entsteht aus der in Kapitel 2.2.2 erwähnten Qualitätsunsicherheit. Der VN ist
besser über sein Risiko informiert und der VA erhält erst nach Vertragsabschluss genauere Informationen. Akerlof diskutierte als einer der ersten in seinem ‚Market for Lemons’ das Problem der Adverse Selection auf dem Automobil Markt.37 Es gibt Gebrauchtwagen guter und schlechter Qualität.
Aufgrund der Qualitätsunsicherheit bieten die potentiellen Käufer nur einen Durchschnittspreis an.
Die Verkäufer höherwertiger Wagen fühlen sich unterbezahlt und sie ziehen sich vom Markt zurück.
Dadurch kommt es zu einer Verschiebung des Durchschnitts und einer weiteren Negativauslese.38
33
Vgl. Spremann (1990), S. 571.
34
Vgl. Zweifel/Eisen (2003), S. 293.
35
Vgl. Johnson et al. (1993), S. 37.
36
Vgl. Hellwig (1988), S. 1065.
37
Vgl. Akerlof (1970), S. 489-490.
38
Vgl. Bürkle (1999), S. 27.
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Diese Negativauslese führt zum Versagen des Marktes39, obwohl Angebot und Nachfrage für die
Produkte vorhanden sind. Akerlof erklärt, dass Adverse Selection auch auf dem Krankenversicherungsmarkt zu Marktversagen führen kann.40 Die VA wissen, dass es ‚gute’ und ‚schlechte’ Risiken
gibt, sie können jedoch nicht die einzelnen VN den Gruppen zuordnen. Daher leiten sie die Versicherungsprämie von den durchschnittlichen Kosten bei einer Erkrankung ab. Dies führt wieder dazu,
dass die ‚guten’ Risiken sich nicht versichern41, also den Markt verlassen und zu viele Lemons durch
das Angebot angezogen werden. Die ‚schlechten’ Risiken haben einen Anreiz ihren Informationsvorsprung auszunutzen und schaden damit dem VA.42 Wenn die Prämie steigt, versichern sich nur noch
die Personen, die ihren Bedarf an medizinischer Versorgung in Zukunft als hoch einschätzen. Besteht
der Versicherungspool eines Anbieters nur noch aus kranken und alten Kunden, so kann das Unternehmen die anfallenden Kosten nicht mehr tragen.43
2.3.3 Ansätze zur Minderung von Adverse Selection
Es gibt verschiedene Ansätze zur Minderung von Adverse Selection und zur Verbesserung des Informationsstandes des Prinzipals (VA). Eine Möglichkeit ist das sogenannte Screening, welches
durch die aktive Erhebung von Informationen gekennzeichnet ist.44 VA können sich durch Befragung
(z.B. Fragebögen vor Abschluss eines Krankenversicherungsvertrages) oder Beobachtung (z.B.
Besichtigung eines Gebäudes durch einen Feuerversicherer) Informationen über ihre potentiellen
Kunden beschaffen.45 Probleme der Screening-Strategie sind, dass die VN nicht ehrlich antworten
werden, solange sie dazu keinen Anreiz haben. Ein weiteres Problem sind die Kosten, die durch die
Informationsbeschaffung entstehen. Diese müssen gegen die Nachteile, die bei einer Entscheidung bei
asymmetrischer Information entstehen, abgewogen werden.46
39
Vgl. Alewell (1993), S. 110.
40
Vgl. Akerlof (1970), S. 492-494.
41
Vgl. Browne (1992), S. 13.
42
Vgl. Erlei/Leschke/Sauerland (1999), S.145.
43
Vgl. Zweifel/Eisen (2003), S. 295.
44
Vgl. Bürkle (1999), S. 70.
45
Vgl. Horsch (2004), S. 534.
46
Vgl. Spremann (1990), S. 568.
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Vorteilhaft wäre es also für den VA, wenn die potentiellen Kunden einen Anreiz hätten ihr Risiko
selbst zu offenbaren. Die hohen Risiken haben natürlich keinen Anreiz ihr wahres Risiko preiszugeben, da sie eine Prämie zahlen, die für ihr Risiko zu gering ist. VN mit geringen Risiken verlassen
bei durchschnittlichen Prämien den Versicherungsmarkt, da der Preis ihnen zu hoch ist. Da diese VN
aber auch risikoavers sind und sie ihr Risiko gerne einer Versicherung übergeben würden47, haben
die ‚guten’ Risiken ein Interesse daran ihr Risiko zu offenbaren.48 Diese Offenbarung kann durch
Signaling erfolgen, was jedoch meist mit Kosten verbunden ist.49 Die ‚guten’ Risiken nehmen den
Nachteil der Kosten des Signals auf sich, wenn sie dadurch eine ihrem Risiko angemessene Prämie
erzielen können. Für die ‚schlechten’ Risiken lohnen sich die Kosten nicht und sie geben sich mit der
höheren Prämie zufrieden.50
Eine weitere Möglichkeit Qualitätsunsicherheit zu verringern sind Self-Selection-Ansätze. Spence
bezeichnet diese als die andere Seite der Signaling-Medaille.51 Rothschild und Stiglitz (1976)52 beschreiben in ihrem Artikel ausführlich Self-Selection auf dem Versicherungsmarkt. Der VA gibt den
VN eine Auswahl an Signalmöglichkeiten in Form differenzierter Verträge vor. Die Verträge können
sich z.B. in der Höhe der Selbstbeteiligung unterscheiden.53 Allen Self-Selection-Modellen ist die
Reward-Penalty-Struktur gleich. Das Unternehmen gestaltet diese Strukturen derart, dass VN verschiedener Risiken unterschiedliche Präferenzordnungen erlangen. Die Belohnung der ‚schlechteren’
Risiken besteht darin, dass eine größere Summe im Schadensfall von der Versicherung übernommen
wird. Ihre Strafe ist die höhere Versicherungsprämie. Die Belohnung der ‚guten’ Risiken ist die geringere Versicherungsprämie, ihre Strafe der Anteil, den sie im Schadensfall selbst bezahlen müssen.54
47
Vgl. Schmidt (1979), S.156.
48
Vgl. Hirshleifer/Riley (1992), S. 424.
49
Vgl. Spence (1973), S. 358.
50
Vgl. Spremann (1990), S. 579.
51
Vgl. Spence (1976), S.592.
52
Vgl. Rothschild/Stiglitz (1976), S. 629-649.
53
Vgl. Horsch (2004), S. 534.
54
Vgl. Rothschild/Stiglitz (1976), S.641.
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Um ein Abwandern der ‚guten’ Risiken zu verhindern, wird oft die Pflichtversicherung55 eingeführt,
z.B. die Haftpflichtversicherung. Es entsteht ein subventionierendes Gleichgewicht, bei dem die ‚guten’ Risiken eine zu hohe Prämie zahlen und dadurch die ‚schlechten’ Risiken, die eine zu geringe
Prämie zahlen, subventionieren.56
2.3.4 Moral Hazard
Das in der Tabelle von Spremann erwähnte Moral Hazard ist das zweite Problem der VA. Der VN
kann seine Anstrengungen zur Vermeidung des Schadensfalls etwas zurücknehmen und dadurch die
Eintrittswahrscheinlichkeit oder die Höhe des Schadens steigern.57 Ein VN kann nicht beeinflussen,
ob ein Brand in seinem Haus ausbricht. Durch Achtlosigkeit kann er jedoch die Wahrscheinlichkeit
eines Brandes erhöhen. 58 Der VA kann das Verhalten des VN nicht beobachten, sondern nur das
Ergebnis, das sich aus seinem Verhalten und äußeren Einflüssen ergibt.
2.3.5 Ansätze zur Minderung von Moral Hazard
Meist wird der VN vom VA zu Handlungen verpflichtet, die das Risiko mindern. So kann z.B. eine
Feuerversicherung verlangen, dass der VN Rauchmelder installiert und Feuerlöscher griffbereit hält.
Doch diese Sicherheitsvorkehrungen verursachen dem VN Kosten. Er wird versuchen, sie zu vermeiden, falls er keinen Anreiz bekommt, sie einzuhalten. Der VA muss den VN kontrollieren und ihm
bei Nichteinhaltung der Vertragsbedingungen Sanktionen androhen.59 Eine mögliche Sanktion wäre
das Nichtgreifen der Versicherung im Schadensfall, falls der VN keine Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat. Der Nachteil dieses Ansatzes sind die Kontrollkosten, die dem VA entstehen.60
Eine weitere Möglichkeit Moral Hazard zu verringern ist die Einführung von Selbstbeteiligungen, wie
sie meist bei KFZ-Versicherungen üblich sind.61 Die meisten VA übernehmen nicht das komplette
Risiko ihrer Kunden, da viele dies ausnutzen oder fahrlässig mit dem versicherten Gut umgehen. Der
VN zahlt eine geringere Prämie und beteiligt sich im Falle eines Schadens mit einem festen Betrag an
55
Vgl. Zweifel/Eisen (2003), S. 387, Diacon/Watkins (1995), S. 243, Vgl. Trumpp (1995), S. 113.
56
Vgl. Trumpp (1995), S. 113, Vgl. Browne (1992), S. 16.
57
Vgl. Spremann (1990), S. 571-572.
58
Vgl. Arrow (1963), S. 961.
59
Vgl. Horsch (2004), S. 534.
60
Vgl. Alchian/Woodward (1988), S. 68
61
Vgl. Trumpp (1995), S. 112.
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der Schadenssumme. Dem VN entstehen durch einen Unfall Kosten, wodurch sein Anreiz steigt, das
versicherte Gut zu schützen. Für viele VN scheinen Selbstbeteiligungen jedoch nicht so attraktiv zu
sein wie eine volle Versicherung, obwohl sie aufgrund geringerer Prämien sparen können. Eine mögliche Erklärung dafür wäre, dass VN die Prämie sowie die Selbstbeteiligung jeweils als getrennte
Verluste wahrnehmen und die Variante aufgrund ihrer Risikoaversion als unangenehmer empfinden.
Eine scheinbar attraktivere Möglichkeit, die Selbstbeteiligung zu integrieren, ist eine Erhöhung der
Prämie mit anschließender Zurückzahlung eines Rabattes, als Honorierung für geringe Schadenseintritte. In der Praxis findet man dieses Anreizsystem bei der KFZ-Versicherung, wo die Prämie nach
einem gewissen unfallfreien Zeitraum gesenkt wird. Diese Prämiendifferenzierung scheint attraktiver
zu sein, da der etwas höhere Verlust durch einen Gewinn ausgeglichen wird. Die höhere Prämie stört
den VN weniger als die Selbstbeteiligung.62
Auch bestimmte Kooperationsformen, wie die von Kaas beschriebene Geschäftsbeziehung (Folge
von Transaktionen)63, können Moral Hazard verringern. Während einer längeren vertragliche Beziehung sammeln Vertragspartner Informationen übereinander, die sie bei neuen Verträgsbeziehungen
noch nicht besitzen.64 Der VA kann besser das Risiko seiner Kunden einschätzen. Beide Parteien
ziehen einen Nutzen aus den Informationen, die sie im Laufe der Geschäftsbeziehung gewinnen und
werden versuchen, die Beziehung langfristig zu halten. Diese Kooperationsform senkt den Reiz, Informationsvorsprünge zum Nachteil des anderen auszunutzen.65
2.4
Informationsvorsprünge des Versicherungsanbieters
2.4.1 Probleme der Informationsasymmetrie zugunsten des VA
Wie bereits erwähnt, kann auch der VA als Agent agieren, da er besser über seine eigene Qualität
informiert ist. Durch die große Vielzahl von konkurrierenden Versicherungsunternehmen ist es für die
VN schwierig umfassende Preis- und Qualitätsvergleiche durchzuführen.66 VA mit finanziellen Problemen werden versuchen diese zu verheimlichen, um neue Kunden zu aquirieren und damit mehr
Prämieneinzahlungen zu erreichen. Der VA hat genauere Informationen über die Verteilung und die
62
Vgl. Johnson et al. (1993), S. 42-44.
63
Vgl. Kaas (1995), S. 24.
64
Vgl. Neus (2003), S. 102.
65
Vgl. Kaas (1992), S. 895.
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Eintrittswahrscheinlichkeiten möglicher Schäden. Bei allgemeinen Versicherungen kann der VA relativ genau die Wahrscheinlichkeit der Häufigkeit und der Größe eines Verlustes für einen typischen
Kunden berechnen. 67 Der VA kann außerdem entscheiden, wie er die Versicherungsprämien anlegt.
Die Erfüllung der Leistungsansprüche der VN sind dabei abhängig von der Fähigkeit des VA Anlagemöglichkeiten zu beurteilen und davon, ob er mehr oder weniger riskante Anlagemöglichkeiten
bevorzugt.68 So sieht sich auch der VN mit den Gefahren der Adverse Selection und des Moral Hazard konfrontiert.
2.4.2 Adverse Selection
Auch seitens der VA kann es zu Adverse Selection kommen. Die VN wissen, dass es VA ‚guter’
und ‚schlechter’ Qualität gibt, sie können jedoch die einzelnen Anbieter nicht den beiden Gruppen
zuordnen. Daher unterstellen sie eine durchschnittliche Leistungsqualität und bieten eine Durchschnittsprämie an.69 Die VA ‚guter’ Qualität ziehen sich vom Markt zurück und die Negativauslese
kann wieder zum Zusammenbruch des Versicherungsmarktes führen.
2.4.3 Ansätze zur Minderung von Adverse Selection
Wie die VA können auch die VN Screening-Strategien verwenden, um ihren Informationsstand zu
verbessern. Da sie jedoch meist nicht in der Lage sind, alle Informationen über alle VA zu sammeln
und zu verarbeiten, vertrauen sie oft auf Verbraucherverbände oder unabhängige Makler. Das
Screening beinhaltet zwei Probleme für den VN: er muss sich auf fremde Meinungen verlassen und
Informationsasymmetrien zwischen ihm und dem Makler führen zu neuen Problemen.70
Nicht nur die VN mit ‚guten’ Risiken, sondern auch die VA ‚guter’ Qualität, sind daran interessiert
sich zu offenbaren, weshalb auch hier das Signaling eine Möglichkeit ist, Adverse Selection zu verringern. Können sich die ‚guten’ Qualitäten glaubhaft offenbaren, so wird ihnen eine höhere Prämie
angeboten. Eines der wichtigsten Signale im Versicherungsbereich ist eine gute Reputation. Es kostet
viel Zeit, Mühe und Geld, sich einen guten Ruf aufzubauen und Ansehen zu gewinnen, weshalb
66
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 238.
67
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 253.
68
Vgl. Hellwig (1988), S.1065.
69
Vgl. Horsch (2004), S. 535.
70
Vgl. Horsch (2004), S. 535.
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‚schlechtere’ Qualitäten darauf verzichten werden. Weitere Signale können Garantien71, Gütesiegel
oder transparente Vertragsbedingungen sein.72
Self-Selection wird bei Adverse Selection seitens der VA in der Literatur nicht diskutiert. Es könnte
aber auch schwierig für VN sein, einem VA verschiedene Verträge zur Auswahl zu stellen.
Eine weitere Möglichkeit zur Minderung von Adverse Selection stellt die Einschränkung des Qualitätswettbewerbs durch staatliche Regulierungsbehörden dar. Es sollen einheitliche, allgemeine Versicherungsbedingungen geschaffen werden, um die Unübersichtlichkeit des Marktes zu lichten und
Markttransparenz zu schaffen.73
2.4.4 Moral Hazard
Es ist schwer für VN die Qualität einer Versicherung einzuschätzen und alle Preise zu vergleichen.
Sie können nur anhand vergangener Leistungen die Qualität des VA einschätzen. Es ist jedoch wichtig für sie zu wissen, ob das Unternehmen solvent ist und im Schadensfall zahlen kann.74 Je seltener
ein Schadensfall eintritt, desto länger können sich Informationsasymmetrien halten. Der VN kann
nicht beurteilen, ob der VA leichtfertig mit den erhaltenen Mitteln umgeht.75 Der VN weiß nicht, ob
der VA die Prämien für unberechtigte Ansprüche ausgibt oder ob er es vielleicht riskant anlegt.76
2.4.5 Ansätze zur Minderung von Moral Hazard
Da bei Moral Hazard des VA marktliche Maßnahmen kaum greifen77, muss die staatliche Versicherungsaufsicht regulierend eingreifen.78 Vor allem in diesem Fall kann das Eingreifen des Staates zum
Schutz des VN gerechtfertigt werden. Der Marktzutritt muss von den Aufsichtsinstitutionen kontrolliert werden. Der Geschäftplan, der dem Bundesaufsichtsamt für Versicherungswesen vorgelegt werden muss, soll detaillierte Informationen über Tarife, Rückversicherung und Aufwendungen, die für
den Aufbau der Verwaltung und des Vertreternetzes erforderlich sein werden, enthalten. Außerdem
71
Vgl. Philips (1988), S. 57.
72
Vgl. Horsch (2004), S. 535.
73
Vgl. Finsinger (1983), S. 26.
74
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 251.
75
Vgl. Spremann (1990), S. 572.
76
Vgl. Horsch (2004), S. 535.
77
Vgl. Horsch (2004), S. 535.
78
Vgl. Hellwig (1988), S.1065.
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wird eine Mindestausstattung mit Eigenkapital gefordert. Auch der Preiswettbewerb muss eingeschränkt werden, da dieser die Möglichkeit eines Konkurses beinhaltet. Die Aufsicht möchte jedoch
garantieren, dass die Versicherungsverträge erfüllt werden können. 79 Die Regulierungsbehörden wollen den Informationsstand der VN verbessern, indem sie den VA vorschreiben, ihre Zahlungsfähigkeit zu offenbaren und Versicherungsempfehlungen zu begründen.80 Für falsch empfohlene Versicherungen werden den VA Strafen und Kompensationszahlungen auferlegt, weshalb maximale Einnahmen nicht immer den Profit maximieren.81
Um das Misstrauen der Gegenseite zu mindern sprechen VA oft Garantien82 aus, die z.B. versprechen, dass keine Erhöhung der in der Prämie einberechneten Kosten stattfinden wird.83
Auch hier kann die in Kapitel 2.3.5 beschriebene Geschäftsbeziehung84 ein Mittel zur Verringerung
von Moral Hazard sein. Je länger ein VN bei einem VA bleibt, desto besser kann er einschätzen, wie
fair und kompetent er sich im Schadensfall verhält. Ist der VA an einer langfristigen Zusammenarbeit
interessiert, so wird er seine Informationsvorsprünge nicht ausnutzen und versuchen seinen guten Ruf
weiter auszubauen, sowie das Vertrauen seiner Kunden zu gewinnen85. Tut er dies nicht, kann es zu
schlechter Reklame durch unzufriedene VN kommen, woran er nicht interessiert sein wird. 86 Ein
guter Ruf und ein bekannter Name sind für ein Versicherungsunternehmen profitabler, als kurzfristige
Verkäufe und das Ausnutzen von Informationsasymmetrien.
2.5
Holdup
Abschließend soll noch kurz hinterfragt werden, weshalb in der Literatur das Problem des Hold-up
kaum behandelt wird. Die Versicherungsliteratur befasst sich nur mit Adverse Selection und Moral
Hazard, obwohl das Holdup-Problem sicherlich auch im Zusammenhang mit Versicherungen auftreten kann. Man kann sich vorstellen, dass es gerade bei Versicherungsverträgen kaum möglich ist, alle
79
Vgl. Finsinger (1983), S. 26-27, S. 37.
80
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 251.
81
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 258.
82
Vgl. Schmidt (1979), S.165.
83
Vgl. Faulhaber (2005), S.97.
84
Vgl. Kaas (1995), S. 24.
85
Vgl. Kaas (1992), S. 895.
86
Vgl. Diacon/Watkins (1995), S. 261, Vgl. Schmidt (1979), S. 165.
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denkbaren Umweltentwicklungen und die daraus folgenden Konsequenzen detailliert festzuhalten.
Auch bei Versicherungsverträgen kann es noch juristischen Freiraum bei der Ausgestaltung der Leistung geben. Tritt Holdup so selten auf dem realen Versicherungsmarkt auf oder ist es durch Autoritätssysteme so leicht zu bewältigen, dass es kaum ein Problem darstellt? Vielleicht führt die Bekämpfung von Moral Hazard gleichzeitig zur Verringerung von Holdup. Ein VA, der sich eine Reputation
aufbauen will, wird weder mit den erhaltenen Prämien leichtsinnig umgehen (Moral Hazard), noch
wird er Vertragslücken ausnutzen (Holdup). Um seinen guten Ruf zu schützen, wird er eher versuchen, fair und kulant zu sein. Vielleicht ist das Problem auch weniger interessant, da es eher auf der
VA-Seite auftritt.
3
Zusammenfassung
Die Arbeit hat gezeigt, dass Informationsasymmetrien auch auf Versicherungsmärkten in der Lage
sind, schwerwiegende Probleme aufzuwerfen, die bis hin zum Marktzusammenbruch führen können.
Auf einem vollkommenen Markt sind die Informationen gleichverteilt und die Marktteilnehmer verhalten sich rational. Ein VN kauft eine Versicherung, wenn die zu zahlende Prämie dem Wert seines
erwarteten Verlustes entspricht. Beide Parteien können sich ohne Kosten ausführlich über den Geschäftspartner informieren. Die Neue Institutionenökonomie befasst sich mit Unvollkommenheiten auf
Märkten. Die Prizipal-Agenten-Theorie zeigt, dass es durch asymmetrische Informationsverteilung zu
Unsicherheiten bezüglich der jeweiligen Qualitäten zwischen den Kontraktpartnern kommen kann.
Ursprünglich wurde meist der VA als Prinzipal und der VN als Agent gesehen. Aber auch der VA
kann als Agent gesehen werden, was vor allem staatliches Eingreifen rechtfertigen kann. Im Laufe
der Arbeit wurden Probleme asymmetrischer Information auf dem Versicherungsmarkt erörtert und
Möglichkeiten zusammengetragen, die bei der Minderung der Probleme helfen können. Durch das
Ausnutzen von Informationsvorsprüngen kann es auf beiden Seiten zu Adverse Selection, Holdup
und Moral Hazard kommen. Holdup wird im Zusammenhang mit Versicherungsmärkten nicht behandelt. Qualitätsunsicherheit kann jeweils seitens des VA sowie des VN zu Adverse Selection und
damit zum Versagen des Marktes führen. Ziehen die durchschnittlichen Prämien nur die ‚schlechten’
Risiken an, so wird das Versicherungsunternehmen die Kosten der höheren Forderungen nicht mehr
tragen können. Werden VA nur durchschnittliche Prämien angeboten, so werden sich auch hier die
‚guten’ Qualitäten vom Markt zurückziehen, was nicht im Sinne der VN liegen kann. Auch Moral
Hazard kann auf beiden Seiten des Marktes auftreten. Es wurden verschiedene Ansätze erläutert, die
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helfen können, diese Probleme zu verringern. Um Adverse Selection zu verhindern, kann sich der
benachteiligte Vertragspartner Informationen beschaffen oder die besser informierte Partei dazu bringen, sich zu offenbaren. Damit die ‚guten’ Risiken oder Qualitäten nicht abwandern, kann der Staat
Pflichtversicherungen einführen. Der VA verringert Moral Hazard vor allem dadurch, dass er den
VN kontrolliert, ihn am Risiko beteiligt oder Anreize setzt. Da sich der VN gegen Moral Hazard des
VA kaum wehren kann, muss hier vor allem der Staat regulierend eingreifen.
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