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2010 herrscht Flaute in der Schifffahrtsbranche.
In Hamburg nutzen zwei junge Männer die Gelegenheit,
günstig ein Schiff zu erstehen und ihre Reederei zu gründen.
Mit beiden Händen am Steuerrad steht
Alexander Tebbe auf der Brücke der Cap San
Diego und schaut nach vorne. Der alte
Frachter liegt vertäut im Hamburger Hafen,
aber das scheint der 33-Jährige für einen
Moment vergessen zu haben. Wahrscheinlich
bewegt ihn derselbe Gedanke wie schon unzählige Besucher vor ihm: Wie es wäre, diese
knapp 160 Meter lange rot-weiße Schönheit
die Elbe hinab und hinaus auf See zu steuern.
machte er sich im Herbst 2010 selbstständig.
Mitten in der Branchen-Krise. Zu einem
Zeitpunkt, als man eigentlich hätte zu Fuß
übers Meer nach Indonesien laufen können,
wie Bunk einmal sagte. Denn so viele Schiffe
lagen ungenutzt vor Anker. Heute stehen die
jungen Reeder kurz vor ihrer vierten Kapitalerhöhung. Suchen zehn neue Gesellschafter,
um die Einlagen von 20 auf 40 Mio. Euro zu
verdoppeln.
Ein majestätisches Bild. Selbst für Tebbe,
dessen Reederei bereits drei solcher Schiffe
gehören. Er ist einer der beiden Gründer von
Auerbach Schifffahrt. Gemeinsam mit seinem Partner, dem 36-jährigen Lucius Bunk,
Indem sie sich an den Werten orientierten,
welche die Branche vor dem Boom ausgemacht hatten, konnten sich die beiden ihren
Platz in einem von Patriarchen dominierten
Umfeld erarbeiten. Ihre Reederei wächst
nicht dank Geld von anonymen Anlegern
oder aus Schiffsfonds. Ihre bisherigen Investoren stammen selbst aus der Schifffahrt und
sind direkt am Unternehmen beteiligt. Bunk
und Tebbe setzen auf nachhaltiges Wachstum: Erst wird die Flotte aufgebaut und die
Schiffe vorerst verchartert, also an andere
Befrachter vermietet. Langfristig wollen Bunk
und Tebbe aber selbst mit den Firmen
verhandeln, deren Waren sie verschiffen.
Denn so lässt sich mehr Gewinn erwirtschaften. Die Krise ist noch nicht vorbei. Aber
Auerbach Schifffahrt hat trotzdem Fahrt
aufgenommen.
Quelle: Character Magazin, Mai 2015
Zukunft
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Die Grundlage für beides – Expertise und ein
geschäftliches
Netzwerk – hatten sie sich zuvor
Verspielt: Das selbst gebaute Modell
der Reeder
symbolisiert ihr erstes Schiff Maple
Ingrid
erarbeitet.
Tebbe, 30, ist gelernter Schifffahrtskaufmann und studierte Schiffsfinanzierung.
Zuletzt arbeitete er als Finanzierungsspezialist
bei Ocean Partners Shipping, einem Hamburger Emissionshaus für Schiffsfonds. Und Bunk,
33, hatte ein Managementprogramm bei der
Reederei Ernst Russ absolviert, für die er zuletzt das Büro in Schanghai leitete.
So lernt man das Handwerk und jede Menge
Leute aus der Branche kennen.
Mit Auerbach wollen die Jungreeder binnen
fünf Jahren eine Flotte von etwa zehn Schiffen
zusammenkaufen, und das inmitten einer tiefen
Branchenkrise. Die Charterraten für Containerschiffe sind auf einigen internationalen Routen
um über 80 Prozent eingebrochen; auch bei
Massen- und Stückgutfrachtern fielen die Sätze.
Und die Preise dürften unter Druck bleiben,
weil noch zahlreiche Containerriesen in den
Werften Chinas auf den Stapellauf warten.
Trotz anhaltenden Wachstums des weltweiten
Frachtvolumens rechnen Experten mit Überkapazitäten bei den Schiffen.
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Bunk, ursprünglich Volkswirt und Sinologe,
lernte den Schifffahrtskaufmann Tebbe bei
der Hamburger Reederei Ernst Russ kennen.
Für Tebbe war es der erste Arbeitgeber: „Bei
Ernst Russ habe ich gelernt, was es heißt, Verantwortung für ein Projekt zu übernehmen.“
Drei Jahre arbeiteten die beiden Männer eng
zusammen. Dann ging Bunk nach China, um
das Büro der Reederei in Shanghai zu leiten.
Es war eine Zeit, in der manche Frachtschiffe
sechsstellige Tagesmieten einfuhren. Eine Zeit,
in der Reeder, euphorisiert von derartigen
Summen, bei den Werften Schiff auf Schiff
bestellten – ohne zu wissen, ob diese nach
dem Stapellauf auch wirklich so viel einbringen würden. Denn der Bau eines Frachtschiffs
kann mehrere Jahre dauern. Mit der LehmanPleite drehte sich der Wind. Frachter, die noch
nicht mal zu Wasser gelassen waren, verloren
an Wert.
Und Bunk und Tebbe wussten: Jetzt ist der
Zeitpunkt, sich selbstständig zu machen.
Sie trafen sich beim Notar, gründeten ihre
Reederei ohne Schiff. Das wurde ihnen nur
drei Monate später angeboten. Die „Honest
Rays“, ein Mehrzweckschiff aus Konkursmasse. Knapp 10 Mio. Euro sollte es kosten,
weniger als die Hälfte des Neupreises. Bunk
www.bethmannbank.de
Unternehmen der
Zukunft
Derartige Risiken scheuen die Banken. Große
Schiffsfinanzierer wie etwa die Commerzbank
ziehen sich aus dem Geschäft zurück. „Selbst
solide, konservativ finanzierte Schifffahrtsunternehmen haben in Deutschland im Moment große Schwierigkeiten, Kredite zu bekommen“, sagt Carsten Wiebers, Leiter der
Schiffsfinanzierung der Förderbank KfW Ipex.
„Im Grunde sind die beiden Gründer vier Jahre zu spät dran“, sagt ein Banker, der anonym
bleiben will. „Heute bekommen sie zwar billige
Schiffe, aber kein Geld mehr.“
Das bekamen Tebbe und Bunk zu spüren. Bei
etwa einem Dutzend Schiffsfinanziers wurden
sie vorstellig. Geld wollte keiner geben. „Die
klopften uns auf die Schulter und sagten, wir
sollten wiederkommen, wenn wir fünf Schiffe
haben“, erzählt Tebbe. Dabei gefiel den Bankern sogar, was ihnen die Gründer zu erzählen
hatten. Denn das Auerbach-Konzept unterscheidet sich in wichtigen Punkten von den
klassischen Geschäftsmodellen der Branche.
Ab in die Nische
Die meisten Reedereien sind heute entweder
reine Schiffsmanager ohne eigene Flotte. Oder
sie haben zwar eigene Schiffe, überlassen sie
aber gegen Gebühr, der sogenannten Charter,
Dritten für den Warentransport. Auerbach dagegen will von der gesamten Wertschöpfung
der Handelsschifffahrt profitieren. Und das in
einer Nische abseits der riesigen Containerschiffe: Stückgutfrachter, die alles transportieren, was nicht mehr in die Stahlboxen passt.
Auch bei der Finanzierung geht das Startup
und
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Anleger, wenn eins der Schiffe mal Verluste
wohlwollend auf die Schulter geklopft“,
macht. „Wenn ich heute neu anfangen würde,
erinnert sich Tebbe. Aber mehr als eine Tasse
ich würde es genauso machen“, sagt der Chef
Kaffee für jeden wollten oder konnten die
einer der großen Reedereien. Und ein SchiffsBerater nicht bereitstellen. Der elfte bat um
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sah Tebbe noch: Er rief einen Banker bei einer
Regionalbank aus Niedersachsen an, den er vor
Jahren flüchtig kennengelernt hatte. Zwar finanziert das Geldhaus sonst nur Reeder aus sei-
Mai 2015
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Chara cter
Character
53
Mai 2015
D
ie marke verankern:
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Am Reesendamm, der die Einkaufsstraße
Jungfernstieg mit dem Rathausmarkt
verbindet, wehen 34 Flaggen. Jede steht für
eine Hamburger Reederei. Viele sind mit den
Initialen der Firmengründer bedruckt. Nicht
die der Auerbach Schifffahrt. „Wir wollten
mit unserer Reederei-Flagge einen Farbklecks am Hamburger Rathaus hinterlassen
und signalisieren, dass wir nachhaltig und
ökologisch handeln“, sagt Alexander Tebbe.
Ein weißes Blatt auf grünem Grund sollte
es sein. Nichts Maritimes. „Ein Apfel hat ja
auch nichts mit Computern zu tun. Aber er
bleibt im Gedächtnis.“
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Ortsbesuch:
Stückgutfrach
Diego ist ein
Die Cap San
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Die beauftragte Designagentur bestand
zwar auf Dunkelblau – das sei klassischer.
Doch mit dem Blatt setzten sich die Gründer
durch. Sie wählten das Ahornblatt. „Weil
es an eine Krone erinnert.“ Den Namen
ihres Unternehmens liehen sie sich vom
Auerbachs Keller in Leipzig, den Goethe
mit „Faust I“ weltbekannt gemacht hatte.
Und sie telefonierten so lange herum, bis
sie einen Herrn Auerbach fanden, der bereit
war, mit seinem Namen in die Gesellschaft
einzusteigen. Die skurrilen Telefonate, die
sie dafür führen mussten, seien es wert
gewesen, sagt Tebbe. „Uns war wichtig,
dass der Name traditionell und beständig
klingt. Nicht nach Lehman Brothers oder
Citigroup.“
uns wurde
immer
wohlwollend
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geklopft.
Alexander Tebbe
Jungreeder:
Lucias Bunk (l.) und Alexander Tebbe
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Zukunft
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urskorrektur:
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Szenenwechsel zur Cap San Diego. Bunk
und Tebbe sind nicht zum ersten Mal dort –
das mehr als 50 Jahre alte Museumsschiff
eigne sich gut, um das Geschäftsmodell
von Auerbach Schifffahrt zu erklären, sagt
Bunk. Ihre eigenen Schiffe, die Maple Ingrid,
Maple Lotta und Maple Lea, sind der Cap
San Diego recht ähnlich. Nur nicht ganz
so luxuriös ausgestattet. Auerbachs Flotte
besteht aus flexiblen Mehrzweckfrachtern,
wie sie vor allem in Asien, Afrika oder
Südamerika genutzt werden. Mit ihren
bordeigenen Kränen laden diese Kisten und
Säcke mit Lebensmitteln, Windkraftrotoren
oder Eisenbahnschienen.
Die Ladung ändert sich von Hafen zu
Hafen. „Man muss sich so ein Schiff wie
ein Taxi vorstellen, das dorthin fährt, wo es
gebraucht wird“, sagt Bunk. So funktionierte
die Schifffahrt lange auch in Nordeuropa.
Doch dann verdrängten die Containerriesen –
die Linienbusse des Meeres – die kleineren
Frachter. „Wir wussten von Anfang an,
dass wir auf Stückgut setzen müssen.“ Auf
Schiffe, die Dinge des täglichen Bedarfs
transportieren, wie sie in Schwellenländern
gehandelt werden. Deren Auslastung wird
von Konsum und Konjunkturschwankungen
in Europa oder den USA deutlich weniger
beeinflusst, sagt Tebbe (und einen Containerriesen hätten sich die Gründer ohnehin nicht
leisten können).
Ihren ersten Investor, den Hamburger
Unternehmer Stefan Cremer, überzeugte
diese Ausrichtung – handelt er doch selbst
weltweit mit Getreide und Futtermitteln. Für
die Bank dagegen war entscheidend, dass
Bunk und Tebbe ihre Flotte nicht wie üblich
über Fonds finanzieren wollten.
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Befehle
Geschichte:
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„Nachdem wir Cremer als Gesellschafter
gewonnen hatten, wurde es einfacher, weitere
Investoren zu finden“, sagt Lucius Bunk.
Doch auch dafür hätten sie etliche Termine
gemacht, ergänzt Tebbe: „In unserem Gewerbe
muss man mindestens zehn Gespräche führen,
damit eines erfolgreich ist.“ Wichtig sei, dabei
immer man selbst zu bleiben. Nichts verkaufen
zu wollen, sondern die eigene Geschichte zu
schildern und dann zuzuhören und auch mal
um Rat zu fragen.
Die Schifffahrtsbranche in der Hansestadt
wird von Patriarchen dominiert. Offensichtlich
gefiel denen die Haltung der jungen Männer.
„Mit manchen unserer Gesellschafter haben
wir uns nur ein paar Mal zum Mittagessen
getroffen, bis diese einstiegen“, sagt Tebbe. Bei
anderen habe es durchaus auch mal Monate
gedauert. „Und einige haben wir abgelehnt“,
sagt Lucius Bunk. „Weil uns ihre Erwartungen
suspekt waren.“ Wer sich nachhaltiges Wachstum auf die Flagge druckt, muss sich so viel
Selbstbewusstsein eben leisten.
man muss
sich so ein
schiff wie
ein taxi
vorstellen.
Lucius Bunk
Sie beteiligten Cremer an der gesamten Reederei und auch alle weiteren der mittlerweile
elf Investoren. Das mindert das Risiko für
den einzelnen Gesellschafter.
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Vier spannende Jahre liegen hinter Lucius
Bunk und Alexander Tebbe. Ihrem Ziel, bis
Ende 2015 eine Flotte von zehn Schiffen
aufzustellen, sind sie schon recht nahe
gekommen. Im April 2014 haben die
Reeder bei einer chinesischen Werft zwei
Mehrzweckschiffe in Auftrag gegeben. Zwei
weitere Optionen sind erklärt. Noch immer
sind die Preise für Schiffe niedrig. Das
lässt mehr Spielraum für Entwicklungen.
Volle Fahrt:
Die Maple Lea, das dritte Auerbach-Schiff
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Stärkere Kräne und eine knapp 80 Meter
lange Ladeluke sollen den Neubauten den
Transport von riesigen Rotorflügeln für
Windenergieanlagen auch unter Deck
erlauben. Große Schrauben und ein langhubiger Motor senken den Treibstoffverbrauch
um bis zu 25 Prozent. Das schont die Umwelt und die Betriebskosten.
Vor einem Jahr haben die jungen Reeder
außerdem das E-Ship 1 übernommen.
Das Frachtschiff von Enercon wurde für
den Transport der Windkraftanlagen des
Konzerns entwickelt – und wird selbst zum
Teil mit Windkraft betrieben. Ein Konzept,
Mai 2015
das Alexander Tebbe für zukunftsfähig hält.
„In der Schifffahrt hat sich seit Einführung
der Dieselmotoren nur wenig verändert.
An solarbetriebene Schiffe glaube ich nicht.
Aber Wind – das leuchtet mir ein.“ Die
Übernahme des Schiffs beschreibt er als seinen besten Moment 2014. „Unser Kapitän
steuerte das E-Ship 1 um Helgoland. Als
er die Rotoren nach dem Wind ausrichtete,
wurde es lautlos zwei bis drei Knoten
schneller. Das war beeindruckend.“
Text: Jessica Braun