brannenburg - Chiemsee Alpenland

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brannenburg - Chiemsee Alpenland
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K ulturverführer
b rannenburg-degerndorf
Brannenburg
„ G e s c h i c h t e ist lebendig in Bildern,
i n t e x t e n u nd in Gebäuden und selbst
i n d e r L a n d schaft.“
Nuntius Agricola, „De natura artium bonarum“
impressum
Herausgeber
Neue Künstlerkolonie Brannenburg e.V. mit Unterstützung
durch die Gemeinde Brannenburg und durch die LeaderAktionsgruppe Mangfalltal – Inntal, sowie durch das Bayerische Staatsministerim für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten und dem Europäischen Landwirtschaftsfond für die
Entwicklung des ländlichen Raums.
Gestaltung
makrohaus GmbH · 83435 Bad Reichenhall
www.makrohaus.de
Druck
quisim dionsequisl dit at
Brannenburg, 2010
© Neue Künstlerkolonie Brannenburg e.V.
Vervielfältigung und Wiedergabe, auch in Auszügen, nur
mit schriftlicher Genehmigung durch die Neue Künstlerkolonie Brannenburg e.V.
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K ulturverführer
b r annenburg-degerndorf
inhaltsverzeichnis
mit auf den weg......................................................................................................................8
Ortsplan.....................................................................................................................................9
Station 1 – Kohlhaufmühle............................................................................................................10
Station 2 – Dorfbachgerinne..........................................................................................................12
Station 3 – Brechstube...................................................................................................................13
Station 4 – Mühlsteine von der Biber.............................................................................................14
Station 5 – Weg zur Kirche St. Magdalena.....................................................................................15
Station 6 – Die Biber – romantisches Kleinod und geologische Besonderheiten..............................18
Station 7 – Die Steinbrüche...........................................................................................................20
Station 8 – Hans Melchior Brugk....................................................................................................21
Station 9 – Die Kistlerfamilie Perthaler...........................................................................................22
Ortsplan mit anderen wandermöglichkeiten.........................................................25
dank...........................................................................................................................................26
literaturnachweise.............................................................................................................27
Bildnachweise........................................................................................................................27
mit auf den weg
Wer als Fremder auf der belebten Hauptstraße
Die Neue Künstlerkolonie Brannenburg e.V.
durch Degerndorf fährt, vorbei an den Ladengeschäften, Restaurants und Cafés, der ahnt wohl
nichts von den Kunst- und Naturschönheiten, die
dieser Ortsteil Brannenburgs zu bieten hat Den interessierten Spaziergänger erwartet an markanten
Punkten Wissens- und Staunenswertes aus Kunst-,
Industrie- und Naturgeschichte.
Die Stationen dort informieren unter anderem über
die Geologie der Nagelfluh, des so genannten Bibersteins, über den Beginn der Industriegeschichte
Degerndorfs mit dem Abbau von Mühlsteinen ab
dem 9. Jahrhundert und über die Brannenburger
Künstlerkolonie des 19. Jahrhunderts, die hier vor
Ort zahlreiche Bildwerke geschaffen hat.
Weitere Stationen sind dem Schaffen berühmter
Persönlichkeiten gewidmet wie zum Beispiel dem
Komponisten Hans Melchior Brugk und den Kunsthandwerkern der Kistlerfamilie Perthaler.
verwirklicht hier, in Zusammenarbeit und mit
finanzieller Unterstützung der Gemeinde Brannenburg ein Kulturprojekt, dessen Bedeutung
über die Gemeindegrenzen hinaus eingestuft
wurde. Aus diesem Grund ist es in das regionale
Entwicklungskonzept der LAG Mangfalltal / Inntal aufgenommen worden und kommt in den
Genuss der Förderung durch das Ministerium
für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und
durch den Europäischen Landwirtschaftsfond für
die Entwicklung des ländlichen Raums.
Wir wünschen allen Kulturwanderern viel Freude
beim Entdecken.
Bildauflösung zu gering.
Unterschrift
Mathias Lederer
Erster Bürgermeister
8
Angela Mayer Spannagel
Vorstand der Neuen Künstlerkolonie Brannenburg e.V.
Ortsplan
➤
Die Wanderung beginnt am Talbahnhof der Wendelsteinbahn. Folgen Sie dem kleinen
Bach in Fließrichtung und überqueren Sie die Sudelfeldstraße. Nach der Werkhalle des
Sägewerks gehen Sie rechts über die Brücke zu Station 1.
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Christian Mali, „Mühle bei Brannenburg“, 1861
station 1 – Kohlhaufmühle
Christian Mali (1832 - 1906)
Christian Mali war 1859 erstmals in Brannenburg.
Er lernte zuerst das Handwerk des Xylographen
(d.h. Holzschnittmachers) und wechselte 1857 in
München zur Malerei. Mit seinem Malerfreund
Anton Braith erwarb er 1866 in München die
„Schwanenburg“ als gemeinsames Atelierhaus.
Bei Malausflügen ins Inntal entstanden viele Skizzen, Aquarelle und Ölbilder, die dann zum Teil im
Atelier in München fertiggestellt wurden oder als
Vorlagen für weitere Gemälde dienten. Christian
Mali malte das Bild der Kohlhaufmühle 1861. Es
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zeigt, wie all seine Bilder von Brannenburg, seine
Begeisterung für unsere Landschaft und seinen
virtuosen Umgang mit dem Pinsel. Im BraithMali-Museum in Biberach an der Riß kann dieses
Gemälde betrachtet werden.
Der Name Kohlhaufmühle kommt von dem Kohlenmeiler, der jenseits des Baches, oberhalb des
Sägewerks zur Gewinnung von Holzkohle errichtet wurde.
Zeichnung eines Kohlenmeilers , Künstler unbekannt
Kohlenmeiler
Vor dem Industriezeitalter, das durch die Errichtung
von Eisenbahnen Stein- und Braunkohle überall
verfügbar machte, brauchte man zur Verhüttung
und Bearbeitung von Metall Holzkohle in großen
Mengen. Ein Kohlenmeiler hatte einen enormen
Verbrauch: Nur 20% des Holzes konnten als Holzkohle gewonnen werden. Daher standen Kohlenmeiler immer in waldreichen Gebieten.
Ein Kohlenmeiler war ein sehr großer Holzstapel,
der mit Erde und Gras zugedeckt wurde. Mit
kunstvoller Kenntnis wurden dabei Luftkanäle
offengehalten und geschlossen, um den entzündeten Holzhaufen unter Luftmangel Tage und
➤
Wochen am Schwelen zu halten; so konnten die
verschiedenen organischen Anteile verbrennen,
und der Kohlenstoff des Holzes blieb unverbrannt
übrig. Viel Erfahrung gehörte dazu, anhand der
Farbe des Rauches, der Dauer des Brandes und
der Größe des Haufens zu erkennen, ob Luft zugegeben oder gedrosselt werden musste, damit
der Brand nicht erlischt, aber auch das Holz nicht
ganz verzehrt wird. Ein Bach musste in der Nähe
sein, damit das Ganze zur rechten Zeit gelöscht
werden konnte. Die auf der Zeichnung sichtbaren
fachwerkähnlichen Hölzer stützen den Erdmantel.
Nun gehen Sie wieder zurück über die Brücke und folgen weiter dem Bachlauf bis Sie das
Wehr am Förchenbach erreichen. Dort finden Sie Station 2.
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Wilhelm Busch, „Brannenburger Mühle“, Bleistiftzeichnung aus einem Skizzenbuch
station 2 – Dorfbachgerinne
Dieser kleine Bach ist ein im Mittelalter künstlich
angelegtes Mühlwassergerinne von 2,5 km Länge.
Er leitet einen Teil des Förchenbachwassers nördlich um die Biber herum. Östlich der Biber mündet
es wieder ein. Wann und unter wessen Führung
dieses beachtliche Gemeinschaftswerk entstand,
wissen wir nicht. Das Wasser trieb an sechs Stellen
hintereinander Wasserräder an. Für Degerndorfer
➤
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Überqueren Sie die kleine Brücke und
folgen Sie dem Weg bis Sie an die Milbinger Straße gelangen. Dort ist jenseits der
dritten Förchenbachbrücke links an der
Straße die letzte Brechstube, Station 3.
Anlagen bestand vielerlei Kraftbedarf: So für eine
Getreidemühle, Lohemühle, Schleifmühle,
Zementmühle, Schmiedehammer, Dreschwerk und
ein Sägewerk, die
alle nicht mehr
bestehen.
Christian Mali, „Hofbrunnen in Brannenburg“, 1861
station 3 – Brechstube
Letzte erhaltene der ehemals 11 "Badstubn"
(Brechstuben) im Gemeindebereich. Mit speziellen
Gewölbeöfen wurde in ihnen der Haar (Flachs)
gedarrt (getrocknet) und gebrochen, damit er
sich von den Ogn (Spelzen) löst. Danach wurde
er gehechelt (ausgekämmt). So entstand Werg
(Ausgangsmaterial) für Rupfen (grober Stoff) und
feinen Flachs, der durch Spinnen und Weben
zu Leinen verarbeitet wurde. Auch Wasser- und
Schwitzbäder wurden in diesen Gebäuden angerichtet – daher auch der volkstümliche Name
„Badstubn“. Wegen Feuergefahr standen sie meist
abseits der Wohnbebauung.
➤ Kehren Sie um und gehen Sie nach rechts weiter die Biberstraße entlang bis zu einer Fußspur, die nach links zur Biber führt. Beim großen Stein am Wiesenrand finden Sie Station 4.
Übrigens: Hier oben auf dem Hügel lebte bis 1993 der Literat Uwe Dick. Er ist Meister des gesprochenen Ein-Mann-Theater. Er tritt auf als zynischer Verbal-Karikaturist, der mit extremer Wortakrobatik Zeiterscheinungen geißelt. Uwe Dick wurde 2007 mit dem Jean Paul Preis ausgezeichnet.
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station 4 – Mühlsteine von der Biber
In einer Brixener Urkunde des Bischofs Albuin aus
dem 10.Jahrhunderts ist der Abbau von Nagelfluh
der Biber erwähnt. Der Name des Konglomeratgesteins nimmt Bezug auf die nagelkopfartig aus
der Fluh (Felswand) herausschauenden Gerölle.
Durch die im Stein eingelagerten, sehr harten
Kiesel eignete sich die Nagelfluh besonders für
Mühlsteine. Die Mühlsteine wurden in der vollen
Wand ausgehauen. Dann mit Buchenholzkeilen,
die - mit Wasser übergossen - zu quellen begannen, aus der Wand gesprengt.
Am großen Felsblock sind diese Bearbeitungsspuren noch sichtbar.
Die Innschifffahrt ermöglichte weite Transporte.
Auf Plätten gelangten die Mühlsteine der Biber
über Inn und Donau bis nach Ungarn.
Christian Mali, „Mühlsteinabbau an der Biber“, Zeichnung, 1861
➤
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Wenige Schritte weiter nach Westen befindet sich Station 5.
Adolf Heinrich Lier, „Kinder am Wegkreuz“, um 1860
station 5 – Weg zur Biberkirche
Adolf Heinrich Lier (1826 - 1882)
Adolf Heinrich Lier hatte ursprünglich das Maurerhandwerk erlernt, studierte dann bei Gottfried
Semper an der polytechnischen Akademie zu
Dresden und entschied sich erst mit 23 Jahren
zum Beruf des Kunstmalers. 1849 zog es ihn in
die Kunststadt München, wo er sich zunächst
autodidaktisch weiterbildete und schließlich in
Richard Zimmermann einen Lehrer fand. Von
romantischen Gemüt und tief beeindruckt von
der schlichten Frömmigkeit des Volkes, suchte er
auf seinen Malaufenthalten in Oberbayern seine
Landschaftsmotive auch in Brannenburg und
Umgebung (1857, 1868). Lier hatte auf Studienreisen die zeitgenössische Malerei Frankreichs
kennengelernt und war davon überzeugt, „dass
man das Landschaftsmalen nur in der freien Natur
durchführen könne“. Bemerkenswert auf seinen
Bildern sind vor allem das nuancierte Spiel des
Lichts und die atmosphärisch dichte Dunkelheit
der Schatten.
15
Wilhelm Busch, „Marterl an der Biber“, Brannenburg um 1858
Wilhelm Busch (1832 - 1908)
Der Zeichner und Maler Wilhelm Busch, der in
seiner Münchner Zeit oft in Brannenburg die
Sommermonate verbrachte, schuf eine ganze
Folge von Skizzen, welche die Anlage der Magdalenenkirche mit Treppe und Kreuzweg zeigen.
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Von den beiden Skizzenbüchern Buschs, die in
Brannenburg entstanden, ist leider nur noch eines
vorhanden.
Wilhelm Busch, „Aufgang zur Biberkirche“, 1858
Wilhelm Busch, „Aufgang zur Biberkirche“, 1858
Wilhelm Busch, „Biberkirche bei Brannenburg“, 1858
➤
Gehen Sie die Treppe hinauf bis zur Bank. Dort finden Sie Station 6.
17
J. G. P. Mohr, „An der Biberklause“, 1838
station 6 – Die Biber
Johann Georg Paul Mohr (1808 - 1843)
Johann Georg Paul Mohr wurde am 16.06.1808
in Bordesholm geboren. Er war als Dekorationsmaler in Hamburg tätig, studierte dann ab 1831
an der Dresdener Akademie bei Christian Dahl.
1832 wechselte er an die Akademie Kopenhagen.
Er war vermutlich öfter in Bayern und Tirol, was
unter anderem ein Bild von Kufstein belegt. 1836
wurde ihm von seinem Lehrer Johann Ludwig Gebhard Lund eine Reise nach Süddeutschland und
ein Aufenthalt in München ermöglicht. Über den
Kunstmaler Christian Morgenstern, den Großvater
des gleichnamigen Dichters, kam er zum Münchner
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Kunstverein. Mohr bewunderte den Maler Carl
Rottmann als größten Landschafter seiner Zeit.
Inspiriert von dessen Bildern und Zeichnungen
von Brannenburg und Umgebung wanderte er
mit seinem Freund Louis Gurlitt ins Inntal und
malte 1838 das Bild „An der Biberklause“. Das
Gemälde ist eine romantische Darstellung der
Magdalenenkirche und der Grotte auf der Biber.
Die Klause selbst war zu diesem Zeitpunkt bereits
25 Jahre verlassen und abgebrannt. Johann Georg
Paul Mohr starb am 07.09.1843 in München.
In der Höhle befindet sich eine Tafel mit folgendem Text:
„In diesen Felsenhöhlen siedelte sich im Jahre 1626
(während des 30-jährigen Krieges) der erste Eremit
und Schupfe. Der letzte Eremit Fr. Homsbon
Adlmayr starb 1813. Am 21. November 1814
– Johannes Schelle – an. Die Klause bestand aus
einem Wohnraum, einer Brunnenstube und der
Ölberggrotte. Die Höhle wurde erweitert durch
eine Holzhütte, später ein kleines gemauertes
Haus mit zwei Zimmern, Küche, Flötz, Verschlag
brannte das Haus nieder und wurde dann völlig
abgebrochen. Die Höhlen werden mit Hilfe des
Trachtenvereins Degerndorf zur Erinnerung an
schwere Zeiten und hochherzige Menschen erhalten und der Bevölkerung zur Pflege anvertraut.”
Die Biber, eine geologische Besonderheit
Die Nagelfluh der Biber ist erdgeschichtlich betrachtet ein junges Gestein. Vor der letzten Eiszeit
lagerten sich Schotter und Geröll aus verschiedenen
Bächen und dem Inn ab. Im östlichen Teil der Biber
bestehen diese Konglomerate aus Kristallin, also
aus Gneis-, Granit-, und Hornblendegesteinen,
die aus den Zentralalpen stammen, im westlichen
Teil aus grobem Kalkgeröll, das vermutlich vom
Förchenbach hierher verfrachtet wurde. Durch
das kalkhaltige Wasser, das zu dieser Zeit das
Alpenvorland im Gebiet des heutigen Inntals bedeckte, verbanden sich die Gerölle zur Nagelfluh.
In der folgenden Eiszeit wurde ein großer Teil
des Gesteinsblockes wieder abgetragen – der
verbleibende Rest bildet die heutige Biber. An
den sichtbaren schrägen Schichten im Steinbruch
erkennen wir den Schüttkegel des Gerölls das
sich in den interglazialen See ergoß.
Bildauflösung zu gering.
Im Querschnitt wird das reizvolle Farbenspiel des Bibergesteins sichtbar.
➤
Über den Festplatz nach Osten abwärts gehend kommen Sie auf die Biberstraße und
erreichen nach einer Linkskurve Station 7.
19
Bildauflösung zu gering.
Die Nagelfluh eignet sich auch als Gestein für Bildhauer: Robert Spannagel, „Schiffsmo“, Nagelfluh von der Biber
station 7 – Die Steinbrüche
Durch seine Struktur, seine hohe Frost-und Druckfestigkeit und durch seine Leichtigkeit (wegen der
großen Poren) ist die Nagelfluh ein hervorragender
Baustoff. So sind beispielsweise die Grundmauern
der Frauenkirche und die Technische Hochschule
in München aus ihr gebaut. Unzählige Uferverbauungen, viele Brücken und andere Bauwerke,
nicht nur in Bayern, zeugen von diesen besonderen
Eigenschaften. 1935 wurden 150 Güterwaggons
➤
20
mit Biberstein nach Berlin zum Bau des damaligen
Reichssportfeldes befördert.
Eine Rollbahn führte zu Verladestellen am Inn
und am Bahnhof.
Die Abbaurechte für Bibergestein waren an verschiedene Degerndorfer Anwesen vergeben. Die
Flächen auf der Biber wurden nach1848 unter
den einzelnen Anwesen in Degerndorf verlost.
Der Straße folgend kommen Sie vor dem vierstöckigen Haus der Familie Huber, die hier
seit Jahrhunderten Nagelfluh abbaut, zu Station 8.
station 8 –
Hans Melchior Brugk
Hans Melchior Brugk (1909 - 1999) studierte
in seiner Heimatstadt München, gemäß seiner
Doppelbegabung, zuerst an der Akademie für
bildende Künste, an der technischen Hochschule
und an der Kunstgewerbeschule, um sich dann an
der Akademie für Tonkunst neben Komposition,
Tonsatz und Dirigieren auch der Musikpädagogik
zu widmen. Nach der Rückkehr aus russischer
Kriegsgefangenschaft wirkte Brugk 1948 bis 1963
als Lehrer für Kunsterziehung am Ignaz- GüntherGymnasium Rosenheim. Neben dem Schuldienst
fand er Zeit für sein Kompositionswerk, das schließlich auch überregional große Anerkennung fand.
Zusammen mit seiner Frau Marianne lebte Hans
Melchior Brugk seit 1948 in Brannenburg. Sein
musikalisches Schaffen umfasst gleichermaßen
Hans Melchior Brugk (1909 - 1999)
Lieder, Chorwerke und Sakralmusik, Instrumentalwerke, Kammermusik und Orchesterwerke.
Brugks Kompositionen zeichnen sich aus durch klare Formgebung, harmonische Klangschönheit und
melodischen Erfindungsreichtum. Werkbeispiele: Deutsches Te Deum, für Soli, gemischten Chor, Orchester und Orgel, op.15; Brannenburger Suite für drei Trompeten und drei Posaunen, op. 21,7; Karneval,
Burleske für Klavier und Orchester, op. 24. Hans Melchior Brugk war Ehrenbürger seines Heimatorts
Brannenburg und der Stadt Wasserburg.
➤
An der Ecke zur Sudelfeldstraße befindet sich Station 9.
21
Übrigens: Im Weitergehen passieren wir beim Gasthaus Kürmeier links oben eine Villa, die nach
dem Krieg von Veit Harlan für seine Frau Kristina Söderbaum erworben wurde. Der Regisseur Harlan
und die Schauspielerin Söderbaum hatten im Dritten Reich beim Film Karriere gemacht. Kristina
Söderbaum, die als „Reichswasserleiche“ bekannt geworden war, wechselte später ans Theater.
station 9 – Die Kistlerfamilie Perthaler
Das reich bemalte Haus auf der gegenüberliegenden Seite war Wohn- und wohl auch Wirkungsstätte der Künstler- und Handwerkerfamilie
Perthaler. Über vier Generationen, vom Barock bis
ins Rokkoko, schufen sie Schreiner- und Malerarbeiten von hohem Rang. Matthias Perthaler
(1700-1773) stammte aus Tirol und heiratete die
Erbtochter des Kistleranwesens (übrigens bezeichnet Kistler im bairischen den Möbelschreiner, im
Gegensatz zum Bauschreiner). Die Kirchen der Umgebung, Schwarzlack, Brannenburg, Degerndorf,
Flintsbach stattete er mit reichem Schnitzwerk im
Stil des Barock aus. Sein Sohn Anton Perthaler
(1740-1806) arbeitete bereits im zierlicheren
Stil des Rokkoko. Für die Bemalung der Möbel
wurden eigens Maler beschäftigt. Namentlich
bekannt sind Sebastian Rechenauer und Sebastian
Huber - von ihm stammen auch die Fresken am
Perthalerhaus. Unter Anton Perthaler entstanden
die so genannten „Bandlschränke“ - sie imitierten
die reich furnierten Intarsien der Barockschränke
durch malerische Mittel. Sein Sohn Johann Baptist
und sein Enkel Josef waren die letzten bekannten
Kistler, die in dieser Tradition arbeiteten.
Blumen, Heiligengestalten, rocailleähnlichen Bordüren und Umrahmungen, Monogramme von Jesus
und Maria und den Jahreszahlen der Anschaffung
auf dem Gesims mit den Namen der Eigentümer
– das war die Welt, in der die Menschen damals
lebten, litten und sich freuten.“
Josef Rosenegger beschreibt die weit über das
Inntal hinaus berühmten Perthalerschränke mit
folgenden Worten:
„… was an Schnitzdekor weggelassen wurde, versah man nun mit einer überaus reichen Malerei
mit naturalistischen und figürlichen Darstellungen:
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Schrank aus der Werkstatt Perthaler, Nationalmuseum München
➤
Gehen Sie am Perthalerhaus vorbei und halten Sie am nächsten Bauernhaus inne, das
von Wilhelm Busch trefflich skizziert wurde.
➤
Nach dem nächsten
Anwesen folgen Sie
rechts dem kleinen
Weg, überqueren Sie
die Straße und gehen
an der Feuerwehr
vorbei den kleinen
Weg zum Kirchbach.
Dort gehen Sie bachaufwärts weiter.
Wilhelm Busch, „Beim Pecher“, 1858
Übrigens: Die vorliegende Zeichnung von Wilhelm Busch aus dem Jahr 1858 zeigt das Pechleranwesen. Der Pechler hatte die Erlaubnis in den Wäldern Pech bzw. Harz zu sammeln, das zum „Auspichen“ der Fässer – hauptsächlich für die Brannenburger Brauerei – gebraucht wurde.
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Otatet unt et faciis TEUNO
Adolf Grimme
Übrigens lebte auf der anderen Seite
des Baches im Ortsteil Weidach Adolf
Grimme bis er 1963 hier starb. Er war
vor dem 3. Reich Kultusminister von
Preußen, im 3. Reich von 1942-1945 in
Haft und nach dem 3. Reich Kultusminister von Niedersachsen, SPD Politiker,
Schulreformer und Generaldirektor des
Norddeutschen Rundfunks. Seit 1961
gibt es den Adolf Grimme Preis für
herausragende Fernsehproduktionen.
Das Grimme Haus wurde durch einen
Neubau ersetzt, nur das Mosaik des
„Phoenix aus der Asche“ ist vom alten
Bau übernommen worden.
Mosaik des ehemaligen Hauses der Familie Grimme
Übrigens: Martha Diesel die Frau des Erfinders des Dieselmotors wurde 1944 in St. Margarethen
begraben. Ihr Sohn Dr. Eugen Diesel, ein Schriftsteller, hat 1950 in der Leiblstrasse ein Fertigteilhaus
gebaut. Es bestand aus Stahlbauteilen der Firma MAN – Hersteller von Großdieselmotoren. Die
Familie Diesel verbrachte viel Zeit in Brannenburg da ihre Schwiegertochter mit den Besitzern von Gut
Weidach verwandt war.
24
Ortsplan MIT ANDEREN
WANDERMÖGLICH KEITEN
25
DANKSAGUNG
Für die jahrelange Vorbereitung, Ausarbeitung und Erstellung gilt unser besonderer Dank:
·Bürgermeister Mathias Lederer, für seine Unter stützung in jede Richtung und für sein tatkräftiges
Umsetzen der Verträge mit den Grundstücks eigentümern.
·Dem Gemeinderat Brannenburg, der sich für
unser Projekt entschieden hat.
·Der Gemeinde Brannenburg. die das Projekt
finanziell untersützt und langfristig für den
Erhalten der Stelen und des Themenweges sorgt.
·Den Mitgliedern der LAG-Vollversammlung, die
sich für die Förderng dieses Projektes ausgespro chen haben.
·Frau Angela Vaas vom Amt für Ernährung, Land wirtschaft und Forsten in Töging am Inn, welche
das Projekt hinsichtlch der EU-Förderung betreute.
ihre wunderbaren Ideen zur Umsetzung unseres
Projekts.
·Allen Grundstückseigentümern, die das Aufstellen
der Stelen und somit die Realisierung des Pro jektes ermöglichten.
·Helmut Pabst für die Zurverfügungstellung seines
über Jahrzehnte ständig erweiterten Wissens
über Brannenburg, seine prägnanten Texte und
seine vielen guten Vorschläge zur Erweiterung
dieser Kulturwanderung.
·Eugen Rapp für das Modellieren des Portraits
von Hans Melchior Brugk.
·Andres Kottmair für seine Mithilfe beim Erstellen
der Texte.
·Dr. Bernhard Stalla für den Text zu Station 8.
·Dr. Ursula Diepolder, Msnagerin der LAG Mang falltal-Inntal, für ihren unermüdlichen Einsatz und
Bildauflösung zu gering.
Angela Mayer Spannagel
Idee, Gesamtkonzept, Leitung und Text
26
·Robert Spannagel für das Erstellen der Stelen.
Hinweis:
Die Stationen 1 - 9 sind „bedingt barrierefrei“ zu erreichen. Station 6 ist nicht mit dem Rollstuhl oder
einem Rollator zu erreichen.
Bildnachweise
Titelbild: J. G. P. Mohr, „An der Biberklause“, Privatbesitz
Seite 9: Ortsplan Kulturwanderung, Kartographischer
Verlag H. Huber
Seite 10: Christian Mali, „Mühle bei Brannenburg“,
Braith-Mali-Museum, Biberach an der Riß
Seite 11: Zeichnung eines Kohlenmeilers,
Künstler unbekannt
Seite 12: Wilhelm Busch, „Brannenburger Mühle“,
Wilhelm Busch Museum Hannover
Seite 13: Christian Mali, „Hofbrunnen in Brannenburg“,
1861, Braith-Mali-Museum, Biberach an der Riß
Seite 14: Christian Mali, „Mühlsteinabbau an der Biber“,
Braith-Mali-Museum, Biberach an der Riß
Seite 15: Adolf Lier, „Kinder am Wegkreuz“, um 1860
Seite 16: Wilhelm Busch, „Marterl an der Biber“,
1858, Privatbesitz
Seite 17:
lo: Wilhelm Busch, „Aufgang zur Biberkirche“, 1858,
Privatbesitz
ro: Wilhelm Busch, „Aufgang zur Biberkirche“, 1858,
Privatbesitz
u: Wilhelm Busch, „Biberkirche bei Brannenburg“, 1858,
Wilhelm Busch Museum Hannover
Seite 18: J. G. P. Mohr, „An der Biberklause“,
1838, Privatbesitz
L i t e r at u r n a c h w e i s e
Aigner Fritz, Bernrieder Josef:
Mit den Malern durch den Landkreis Rosenheim,
Rosenheim, 1989
Trachtenverein Degerndorf:
Gedenktafel an der Biberklause
Pabst Helmut:
Das Buch von Brannenburg, Brannenburg
Pabst Helmut:
Brannenburger Notizen, Brannenburg 2009
Neue Künstlerkolonie Brannenburg:
Kulturverführer, Brannenburger Kulturspaziergang,
Brannenburg, 2005
Hans Heyn: Wilhelm Busch, Anton Braith, Christian Mali,
Rosenheimer Verlagshaus
Rosenegger Josef: Brannenburg – Degerndorf,
Gemeinde Brannenburg
Brunngruber-Malottke Ruth: Wilhelm Busch,
Verlag Gerd Hatje, Stuttgart 1992
Ebers Edith, Kraus Ernst: Die Landschaft um Rosenheim,
Verlag des Stadtarchivs Rosenheim, 1965
Seite 23: Wilhelm Busch, „Beim Pecher“
Von Rochow Evelin und Henning: Brannenburg am
Wendelstein, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg 2001
Seite 25: Ortsplan Kulturwanderung, Kartographischer
Verlag H. Huber
Brannenburger Nagelfluh: Internetpräsentation der
Firma Grad, www.brannenburger-nagelfluh.de
Bad Aibling
Bad Feilnbach
Brannenburg
Flintsbach
Kiefersfelden
Neubeuern
Nußdorf
Oberaudorf
Raubling
Samerberg
Gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER).
www.u-k-b.de