Abstract (*) - Die Inszenierung des Bürgerkriegs

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Abstract (*) - Die Inszenierung des Bürgerkriegs
6.-8. OKTOBER 2011
SCHLOSS REISENSBURG, ULM
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Bürgerkriege sind die äußerste und radikalste Form politischer Interessensaushandlung
innerhalb eines Gemeinwesens und zählen zu den wirkmächtigsten Katalysatoren gesellschaftlicher Entwicklungsprozesse. Mit nachhaltiger Wirkung schreiben sich die Erfahrungen von eskalierender Gewalt, Zerrüttung und Entgrenzung in die Erlebnis- und Erinnerungswelt der betroffenen Gesellschaften ein. Zugleich stehen diese nach dem Krieg vor
der komplexen Aufgabe der Reintegration eines politisch fragmentierten Gemeinwesens. In
der Regel gehen Auseinandersetzungen dieser Art daher besonders stark mit einem Ringen
um die Deutungshoheit einher, das spezifische Bürgerkriegsnarrative sowie entsprechende
Diskursmuster und Symbolisierungen hervorbringt.
Konfliktaustragung wie Konfliktbewältigung werden dabei immer auch performativ gerahmt, sprich: inszeniert. Rituale, Zeremonien und sonstige symbolische Handlungen
dienen den gegnerischen Parteien als Mittel der Inklusion und Exklusion, markieren Anfang
und Ende der gewaltsamen Auseinandersetzungen, werden nach dem Ende des Konflikts
zur Inszenierung des Sieges wie zur Reintegration des Bürgerverbands eingesetzt und
strukturieren auch die Erinnerung an den Konflikt.
Das internationale althistorische Symposium „Die Inszenierung des Bürgerkriegs. Zur
rituellen Ordnung politischer Desintegration“ versteht den Bürgerkrieg in diesem Sinne als
distinkten kulturellen Phänomenkomplex mit einer ganz eigenen diskursiven und
praxeologischen Ratio. Ziel der Tagung ist es, über eine Analyse der performativen Ausgestaltung des Bürgerkrieges – sowohl synchron als auch rückblickend – in griechischrömischer Zeit neue Einblicke in die kulturellen, gesellschaftlichen, ökonomischen und
politischen Spannungsfelder antiker Gesellschaften zu gewinnen und die Dynamiken der
politischen Entwicklungsprozesse besser zu verstehen.
Der zeitliche Rahmen der Tagung erstreckt sich von der griechischen Archaik bis zur
Spätantike und wird gleichermaßen Phänomene wie den Tyrannenmord, die griechische
stasis, Proskriptionen, Usurpationen und Aufstände umfassen, um sich dem Problemfeld
von unterschiedlichsten Seiten zu nähern. Die vergleichende Analyse der Struktur, Funktion
und historischer Dynamik von Inszenierungen innerer Konflikte soll dazu beitragen, die
besonderen systemischen Dispositive der jeweiligen gesellschaftlichen Ordnungen offenzulegen.
Die Tagung wird gemeinsam veranstaltet vom Sonderforschungsbereich „Ritualdynamik“ der Universität
Heidelberg und dem Konstanzer Exzellenzcluster „Kulturelle Grundlagen von Integration“
Organisatoren: Henning Börm (Konstanz) | Marco Mattheis (Heidelberg) | Johannes Wienand (Heidelberg)