WISSENSCHAFTLICHE HAUSARBEIT ZUR

Transcription

WISSENSCHAFTLICHE HAUSARBEIT ZUR
WISSENSCHAFTLICHE HAUSARBEIT ZUR ERSTEN STAATSPRÜFUNG FÜR DAS LEHRAMT
SEKUNDARSTUFE I
HIP HOP
Botschafter der Wut
vorgelegt von Michael Rappe
bei Prof. Dr. H. Rösing
Kassel den 13.04.1992
1
INHALTSVERZEICHNIS
Vorwort
3
1. The Old School
2.
5
Ursprung und Wurzeln des Hip Hop
12
2.1. Die Musik und der Rhythmus
14
2.2. Der Tanz und der Rhythmus
15
2.3. Die Sprache und der Rhythmus
16
2.4. Schaubild zur Entwicklung des Hip Hop (Nachtrag ’97)
18
3. The New School
19
4. Geschichte und Ursprung des Message Hip Hop
25
4.1. Old School Message
27
4.2. New School Message
29
4.3. Message Hip Hopper – Politischer Führer und Popidol
35
5. Resümee und Ausblick
35
5.1. Hip Hop und Jazz - Hip Hop und Reggae
37
6. Anhang
40
6.1. Chronologie des Hip Hop
40
6.2. Texte
42
6.3. Erklärung der weniger geläufigen Begriffe
46
6.4. Diskografie
51
6.5. Zitate und Anmerkungen
57
6.6. Quellen
61
6.7. Bildnachweis
63
2
Vorwort
„A SAY DE HIP HOP, DE HIPPE; DE HIPPE
TO THE HIP HOP YOU DON`T STOP THE
ROCKIN` TO THE BANG BANG BOOGIE
THAT A UP JUMP BOOGIE TO THE RYTHM
OF A BOOGIE TO BE: NOW WHAT YOU
HEAR IS NOT A TEST I`M RAPPIN` TO THE
BEAT...“ (1)
(Musikbsp.Nr.1: Sugar Hill Gang, „Rapper’s Delight“, 1997, Sugar Hill Rec.)
Was sich da im Winter 1979 im ersten Augenblick wie ein Mikrofon- oder Soundcheck anhörte war
in der Tat Ernst gemeint. „Was macht der Sänger da?“, dachte ich, als ich in dieser Zeit in einem
Plattenladen stand und mir dieser Song zum ersten Mal entgegenschallte. Ich war irritiert und mit
mir wohl die meisten anderen MithörerInnen. Da sprach jemand sehr rhythmisch über einen
eingängigen Groove. „Halt, Moment!“ Das Stück ist mir nicht unbekannt. Abgesehen von der
Latinglocken-Figur ist das der Disco-Hit „Good Times“ der Gruppe Chic um den Produzenten Nile
Rodgers“.
Mein erster Eindruck war, dass hier jemand von dem Erfolg der damaligen Disco-Musik profitieren
wollte, „...ein außergewöhnlicher aber nicht sonderlich komischer Witz, ein überflüssiges Plagiat
eines sowieso schon überflüssigen Disco-Hits...“ (2). Doch je öfter ich dieses Stück hörte, umso
faszinierender fand ich es. Ich konnte mich nicht satt hören daran, und die Verkaufszahlen der
Single sprachen dafür, dass es Anderen wohl auch so ging. In Amerika befand sich „Rapper’s
Delight“ in den normalen (weißen) Charts(3) unter den ersten 30 und in Deutschland unter den
ersten 10 der Top 20. Bemerkenswert war, dass dieser Song nicht nur von reinen Disco-Musikfans
gehört wurde, sondern eine erstaunlich breite Akzeptanz fand. Bemerkenswert ist weiterhin, dass
dieses Stück bis heute nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hat und nach wie vor eine beliebte
Tanznummer ist.
Nach dem ersten Erfolg dieser neuen „Rap-Musik“ wurde es ein wenig ruhig. Die Kritiker wähnten
sich bereits in der Gewissheit, Recht behalten zu haben mit der Annahme, es handele sich um
einen Gag und damit um eine musikalische Eintagsfliege, bis eine wahre Welle von Rap-Stücken
Europa überschwemmte. Überall tauchten Gruppen und Interpreten, wie Grandmaster Flash & the
Furious Five, Africa Bambaataa, The Treacherous Three oder Whodini auf.
Es war aber nicht nur eine neue Musikform, die aus Amerika kam. Es war eine ganze Kultur mit
einer neuen Mode, vollkommen neuen Tanzformen wie der Electric Boogie, der Breakdance, der
Frozen und einer vollkommen neuen Kunstform, den Graffitis: mit Lackspraydosen grellbunt
gemalte Schriftzüge oder fantasievolle, comicartige Bilder, die dem Betrachter an Häusermauern
und U-Bahnwagen entgegenleuchteten. Eine solche Kultur, ein solches Potenzial an Kreativität
kann nicht das Produkt einer kurzlebigen Mode oder einiger cleverer Werbemanager sein. RapMusik oder richtiger Hip Hop, musste eine länger währende Entwicklung hinter sich haben und der
Hit „Rapper’s Delight“ war nicht der Anfang, sondern das Ergebnis dieser Entwicklung und der
Beginn des weltweiten Erfolgs von Hip Hop.
Die vorliegende Arbeit ist die Geschichte dieser Entwicklung, von einer Party-Musik eines Gettos
(Bronx) in New York, zu einer der augenblicklich ( 1992) weltweit populärsten Musik.
Ein großes Problem bei der Erstellung dieser Arbeit, war die Tatsache, dass es so gut wie keine
(wissenschaftliche) Literatur über diese Musik gab und gibt. Aus diesem Grund wurden
Zeitungsartikel aus den verschiedensten Zeitungen, Videoclips und Platteninformationen zu einer
Hauptquelle meiner Arbeit. Mit der Zeit erschloss sich jedoch eine weitere sehr wichtige Quelle.
Durch die Beschäftigung mit dem gesellschaftlichen und musikalischen Umfeld des Hip Hops,
begann ich musikwissenschaftliche Bücher über andere afroamerikanische Musikstile zu studieren,
und entdeckte parallele Entwicklungen zwischen dem Hip Hop und den beiden Jazz-Stilen Bebop
und Freejazz. Ich begann nun musikwissenschaftliche und musiksoziologische Theorien über
afroamerikanische Musik-Stile auf den Hip Hop anzuwenden. Dabei stellte sich schnell heraus,
3
dass es sich bei Hip Hop um eine neue Form der Black Music handelt, die in ihrem Auftreten unter
Umständen unverständlich und provozierend bzw. bedrohlich wirken kann, aber auf ihre Art und mit
ihren musikalischen Techniken eine konsequente Weiterentwicklung der afroamerikanischen Musik
bedeutet.
Hip Hop ist die neuste Form des musikalischen Ausdrucks innerhalb der afroamerikanischen
Musik, dies ist die zentrale These meiner Arbeit. In ihm finden sich alle entscheidenden Elemente
dieser Gattung wie Improvisation, Tanz, Spontaneität, Ekstase und Protest wieder.
Dabei sind in ihrer Entwicklung Amerikanismen entstanden, die in dieser Form älteren
afroamerikanischen Musikstilen nicht oder nur versteckt vorhanden waren. Eine davon ist die
Wiederentdeckung des gesprochenen Wortes als direkte Information, Nachricht und Literatur. Hip
Hopper werden zu Nachrichtensprechern und zu Chronisten ihrer Gesellschaft, der Black
Community, und nach außen hin zu Botschaftern einer unterdrückten Minderheit und der daraus
resultierenden Wut.
Diese Arbeit ist in fünf größer angelegte Kapitel aufgeteilt, um dem Aspekt einer, in der deutschen
Literatur noch nicht vorhandenen, Chronik des Hip Hop einerseits und einer analysierenden
Betrachtungsweise andererseits, gerecht zu werden. Das erste und das dritte Kapitel bilden den
Schwerpunkt, „die Geschichte des Hip Hop“, von den Anfängen der Old School Anfang der 70erJahre bis zur Entwicklung der New School Ende der 80er-Jahre. Das zweite und das vierte Kapitel
beinhalten den theoretischen Teil meiner Arbeit. Dort versuche ich die Wurzel des Hip Hop durch
alle afroamerikanischen Musikstile hindurch bis nach Afrika zurückzuverfolgen und seine
Entwicklung mit den gesellschaftlichen Verhältnissen in den USA in Zusammenhang zu bringen.
Das fünfte Kapitel, als Zusammenfassung der gesellschaftlichen Entwicklung und der theoretischen
Aspekte, gibt einen Einblick auf die augenblicklichen und einen Ausblick auf mögliche
Entwicklungen im Hip Hop.
Jedes dieser Kapitel ist durch wenige Unterkapitel unterbrochen. Ich hielt dies für notwendig, um
durch einen möglichst großen Erzählfluss ein Gesamtbild des Hip Hop entstehen zu lassen. In
diesem Zusammenhang sind auch die Bilder, der Anhang mit Wörterbuch, Diskografie, Texten usw.
und die Kassette mit den Musikbeispielen zu verstehen. Sie sind weder schmückendes noch
formal-notwendiges Beiwerk, sondern stehen gleichberechtigt zum Text und dienen zur
Vervollständigung des Gesamtbildes.
Kassel im April 1992
4
1. THE OLD SCHOOL
Die ersten 10 Jahre
breakbeat - rap - scratch
Die Geschichte des Hip Hop als eigenständige Musikform beginnt Anfang/Mitte der 70er-Jahre in
der Bronx, einem Getto für Schwarze und Puerto-Ricaner in New York City. In dieser Zeit war die
Disco-Musik beliebteste Tanzmusik in den Diskotheken rund um die Welt. In der Hauptsache ging
es um das Vergnügen. „Grundprinzip der Disco-Musik war das permanente Animieren zur
rhythmischen Körperbewegung. Die Qualität der Orchestrierung und das Niveau der Gesangstexte
schienen dabei oftmals zweitrangig. Ein durchgehender Beat zwischen 120 und 130 Taktschlägen
pro Minute und simple Vokalchiffren mit Aufforderungscharakter wie „Come on, let´s dance...“(1)
standen im Vordergrund. „Schicker Hedonismus war in Kleidung wie Gestus en vogue.
Der Producer hatte bei der Herstellung von Discomusik den wichtigsten Part, Sänger und Spieler
schienen austauschbar“(2). Einzelne Stücke wurden durch das extreme Erweitern des Anfangs
oder des Endes zu endlos langen Stücken mutiert, die nicht selten die 15 Minuten überschritten. In
dieser Zeit kam auch die Maxi-Single in Mode. Eine Single mit der man durch ihre LP-Größe solch
immens lange Stücke aufnehmen konnte, ohne dabei auf die Soundqualitäten einer 45er Single
verzichten zu müssen. Ebenso wurde Mode, verschiedene Versionen ein und desselben Songs zu
produzieren und ihn mit Bezeichnungen wie z.B. „Extended Version“ oder „Dub-Mix-Version“ auf
den Markt zu bringen.
In den Gettos war diese Musik sehr beliebt. Die DJs arbeiteten hier ebenfalls mit der gängigen
Praxis, nonstop Musik zu machen, d.h. einen Song, durch geschicktes mixen, in den nächsten
übergehen zu lassen und die Tanzenden durch kurze Zwischenrufe anzuspornen. Mit der Zeit
wurde den DJs dies jedoch zu langweilig. Sie begannen mit dem Musikmaterial zu
experimentieren, indem sie die Songs wechselten, bevor sie endeten, ohne dabei den Rhythmus
bzw. die Geschwindigkeit zu verlieren oder eine Pause zu machen. Daraus entwickelte sich das
„Breakbeating“.
(Musikbsp. Nr.2 Grandmaster Flash & the Furious Five „ The Adventures of Grandmaster Flash on
the Wheels of Steel“, Sugar Hill Records, 1981)
Beim Breakbeating nahmen die DJs eine kurze rhythmische Sequenz von einem oder mehreren
Takten (z.B. den Basslauf von „Another One Bites The Dust“ der Rock-Gruppe Queen oder „Good
Times“ von der Gruppe Chic). Dieses Stück hatten sie auf jeweils zwei Plattenspielern liegen.
Während die gewünschte Stelle auf einem Plattenteller für das Publikum hörbar lief, suchte der DJ
bei heruntergelassenem Tonarm und per Handbetrieb die passende Stelle auf Platte Nr.2. Wenn
der Break oder die gewünschte Stelle auf der Platte Nr.1 seinem Ende zuging mischte der DJ „in
time“ den gleichen Break von Platte Nr.2 hinzu und suchte den gleichen Break jetzt auf Platte Nr.1
usw.
Dadurch konnte der DJ einen für ihn interessanten Rhythmus zu einem neuen Instrumentalstück
verlängern. Den für ihn langweiligen Rest ließ er einfach weg und überließ ihn den Disco-DJs:
„Breakbeat music simply ate the cherry off the top of the cake and threw the rest away.“(3)
Ein Takt konnte also als zündende Idee zu abendfüllenden Stücken ausgebaut werden.
Von großer Bedeutung für die Entwicklung dieses Stils war der DJ Kool DJ Herc. Kool DJ Herc kam
1967 von Jamaika nach New York. Dort arbeitete er zu Beginn als typischer Reggae-DJ: Er spielte
Reggaemusik, eine Mischung aus „…New Orleans-Rhythm ´n Blues und westindischer Folk-Pop in
monoton -repetetiven Rhythmus... Typisch sind die dominanten Bass-Riffs, die einen melodischen
Gegenpart zu den Vokalpartien bilden, während die Gitarre lediglich als Rhythmusinstrument
eingesetzt wird, bei dem die Akkorde im Off-Beat angerissen werden.“(4)
Dabei verwendet er zwei Techniken, die für den Hip Hop von großer Bedeutung sind - und zwar
das „toasting“ und das „dubbing“. Das Toasting ist das Einmischen des DJs von Vokaleffekten oder
rezitativen Sprachteilen über die Musik. Das Dubbing ist die Überlagerung von Tonspuren und die
Akzentuierung durch Halleffekte und Rückkopplungen. Nach einiger Zeit begann Herc mit Funk-,
5
Soul-, Disco- und Salsamusik zu experimentieren und sie so zu verarbeiten, wie er es vormals mit
der Reggaemusik praktiziert hatte. Zusätzlich verwendet er auch die zuvor schon beschriebene
Technik des übergangslosen Mixens der Disco-DJs, die ihrem Sinn nach nichts anderes war als
das Dubbing.
Natürlich war er nicht der einzige oder der erste DJ, der diese Techniken miteinander verband,
aber er war laut Aussage vieler anderer DJs der Beste und der Innovativste. DJ Grandmaster
Flash, selbst einer der ersten und stilbildender DJ, über seinen Kollegen Kool DJ Herc: „He was
playing little break but it would sound so sloppy... At the time he wasn´t using no cueing. In other
words, the whole was there for a headphone to go in but I remember he never had a headphone
over his ears. All of sudden, Herc had headphones but I guess he was so used the needle by
eyesight.”(5) Leider gibt es von Kool DJ Herc keinerlei Plattenaufnahmen, da er ziemlich schnell
von der Bildfläche verschwand, bevor überhaupt Hip Hop-Platten produziert wurden.
Das Breakbeatin´ entwickelte sich weiter, es entstand das „Scratchen“. Das Scratchen ist im
Ursprung das Kratzgeräusch, (to scratch = dt. Kratzen) das der DJ in seinen Kopfhörern hört, wenn
er auf einer Platte nach einer bestimmten Stelle sucht. Grandmaster Flash begann mit eben diesen
Suchgeräuschen zu experimentieren. Er ließ z.B. Bläser-Riffs von Kool and the Gang über die
Breakbeats laufen, oder rhythmisierte einen Drumschlag indem er den Plattenteller bei
heruntergelassenem Plattenarm vor- und zurückzog: „A scratch is nothing but the back cueing that
you hear in your ear before you push it out to the crowd. All you have to know is mathematically
how many times to scratch it and when to let it go - when certain things will enhance the record
you’re listening to. For instance, if you’re playing a record with horns and slip it in at certain
times.“(6) Der DJ fungierte als Arrangeur - Plattenspieler und Schallplatten als Musikinstrument.
Jeder DJ hatte seine eigenen Geheimplatten, die er wie einen Schatz hütete, weil er mit ihnen
seinen typischen Sound produzierte. Sehr schnell wurde natürlich nicht nur Soul- und Funkmusik
verwendet. Vor nichts machte die Experimentierlust Halt; es wurde alles verwendet, was
Geräusche machte und sich nur irgendwie gut anhörte: von Schreigeräuschen aus Gruselfilmen
über Werbe- und Serienfilmmelodien bis zu Musikformen wie z.B. Hardrock. An dem bereits
vorgestellten Stück von Grandmaster Flash & The Furious Five „The Adventures
Of....(Musikbeispiel Nr. 2) möchte ich diese Techniken verdeutlichen. Es handelt sich hier um eine
Collage aus folgenden Stücken:
•
•
•
•
•
•
•
„8th´s Wonder“, Sugar Hill Gang
„Another Ones Bites The Dust“, Queen
„Good Times“, Chic
„Monster Jam“, Spoonie Gee
„Birthday Party“, GM Flash & the Furious 5
„Rapture“, Blondie
eine hörspielartige Sequenz von Flash mit zwei Kindern, die extra aufgenommen ist.
Der Grundgroove ist eine Mischung aus „Good Time“ und „Another Ones Bites The Dust“.
Beständig wechselt Flash zwischen beiden Beats hin und her, ohne dabei an Drive zu verlieren.
Rhythmisch eingeblendet werden Ausschnitte von Platten seiner Kollegen Sugar Hill Gang und
Spoonie Gee.
Wie schnell Flash ist, erkennt man an der Stelle, an der er Blondies „Rapture“ (eine Hommage der
New Wave Sängerin an den Hip Hop) verwendet. Die Zeilen „Flash is fast, Flash is good“ oder
Wörter wie „allright“ kommen in verschiedenen Varianten vor. An einer Stelle wiederholt er in einem
atemberaubenden Tempo drei Mal „Flash is fast“ hintereinander und zeigt damit wie schnell er die
Nadel an die richtige Stelle positionieren kann ohne aus dem Rhythmus zu kommen. „Adventures
On The Wheels Of Steel“ as the first record really to show that rap was something other than
offshot of disco.“(9)
6
Neben Grandmaster Flash gehört Afrika Bambaataa zu den Begründern des Hip Hop. Bambaataa
verwendet alle nur denkbaren Sounds, Geräusche und Musikstile wie Rockmusik oder Musik von
Werbefilmen und Fernsehserien. Zusätzlich experimentierte er als einer der ersten mit
elektronischer Musik von Gruppen wie der Düsseldorfer Pop-Synthesizer-Band Kraftwerk und dem
englischen New Wave-Musiker Gary Numan auf der einen Seite und mit so genannter
„elektronischer Musik“ der immer beliebter werdenden Videospielgeräte auf der anderen Seite. Der
Autor Steven Hager beschreibt in seinem Buch „The Illustrated History Of Break Dancin’, Rap
Music And Graffiti“ Bambaataa´s Mixing-Art: „He opened his show with the theme song from the
„Andy Griffith Show“, taped off his TV set. He mixed the ditty with a rocking drumbeat, followed it
with the „Munsters“ theme song and quickly changed gears with „I Got The Feeling“ by James
Brown“. The method to Bam´s madness? „I played what ever make you rock, no matter what it
was“.(8) Bambaataa war auch einer der Ersten, der neben dem reinen Spaß- und Lustgewinn eine
Botschaft vermittelte. Selber in Getto-Banden aufgewachsen verließ er unter dem Einfluss von
Malcolm X und der Black Panther-Bewegung der 60er-Jahre seine Gang, konvertierte zum Islam
und gründete die Zulu Nation. Eine lockere Vereinigung von Musikern, DJs und Rappern die für
eine bessere Ausbildung der Schwarzen eintrat.
Bisher war die Rede von den DJs, nicht aber von den Rappern. Sie traten erst später in
Erscheinung. Zu Beginn machten die DJs alles allein. Sie mischten ihre eigene Musik und spornten
ihr Publikum, genau wie die Disco-DJs, durch kurze Aufforderungen mit Call&response-Charakter
wie z.B. „Say Party“, „Say Ho“ oder „Come on und „Let´s dance“ an. Mit der Zeit sprachen sie, nicht
zuletzt durch das Vorbild des Toasting der Reggae-DJs wie z.B. Kool DJ Herc, immer mehr und
länger. Dabei stand im Vordergrund, sich als den besten DJ der Welt - bei gleichzeitiger
Verunglimpfung aller übrigen DJs - darzustellen. Auf die Dauer war es jedoch für die DJs
unmöglich beides zu tun, da die Anforderungen an das Können (Scratchen und Mixen) immer
höher wurden. Die Arbeit wurde aufgeteilt. Es gab nun den DJ der nur noch für das Rhythmischmusikalische zuständig war und den Rapper, oder richtiger gesagt MC (Master of Ceremonies), der
die Tänzer und Zuhörer animierte. Die ersten reinen MCs traten zumeist in Gruppen, so genannten
Crews mit einem oder mehreren DJs auf, wie z.B. The Funky Four, The Treacherous Three oder
Double Trouble. Im Zuge der steigenden Popularität und Wichtigkeit für den Hip Hop begannen
sich auch einzelne MCs wie z.B. Spoonie Gee oder Kurtis Blow durchzusetzen. Damit begannen
sich im Hip Hop zwei unterschiedliche Stile herauszuentwickeln. Zum einen der Stil der so
genannten Rap-Posse (Grandmaster Flash & the Furious Five oder Public Enemy). Bei den so
genannten Rap-Posses.....“insistieren mehrere Rapper im Dialog-Stil und erzeugen so eine
kollektivistische und agitatorische Aufbruchstimmung. Die Solo-Rapper müssen ihr Anliegen ohne
den Verweis auf eine dahinter stehende Anhängerschar vortragen. In musikalischer Hinsicht ist es
dabei schwer, der Abnutzung entgegenzuarbeiten, die sich durch die permanente Präsenz nur
einer Stimmlage ergibt.“(9)
Aus den kurzen Sätzen wurden nach und nach immer länger werdende gereimte Sprachteile.
Inhaltlich ging es zunächst um die absolute Selbstdarstellung und Selbstverherrlichung mit
Wettbewerbscharakter, dazu kamen Informationen über das was zurzeit gerade im Block passierte:
wo es Drogen gab, wann die nächste große Hip Hop-Party stattfand, und was in der Community/ im
Block gerade passiert. Die ersten Hip Hop-Veranstaltungen fanden im Freien oder auf Privatfeten
(House Partys) in Schulen oder Community-Centren statt. Es waren meistens spontan organisierte
Partys: Ein DJ baute seine Anlage(10) z.B. an einer Straßenecke auf. Von irgendeinem
Hausbewohner aus der unmittelbaren Nähe wurde, gegen ein kleines Entgeld, per
Verlängerungsschnur der Strom bezogen. Plötzlich war ein gesamter Häuserblock, Park oder
Basketballplatz am tanzen.
(Musikbsp. Nr.3 Jazzy Jeff & the Fresh Prince, „Live“, von der LP „He´s The DJ...“, 1988)(11)
Von ganz besonders großer Wichtigkeit bei der gesamten Hip Hop-Kultur war und ist der
Wettbewerbscharakter. Sämtliche Auftritte waren unmittelbar auch Wettkämpfe: Wer konnte die
besten Scratches, wer hatte die besten Rhymes, wer hatte die verrücktesten Graffitis und wer hatte
die halsbrecherischsten Tanzfiguren zu bieten. Diese Wettkämpfe erweiterten sich zu regelrechten
7
verbalen und (beim Tanzen) gestischen Fights. Diese Art des Kampfes hat eine lange Tradition
deren kulturellen Wurzeln - wie wir noch sehen werden - in Afrika liegen. Seit jeher gab es in den
Gettos Wettkämpfe, wie „the Dozens“. „Die Dozens werden zu zweit gespielt (playing the dozen)
und sind noch heute in Harlem sehr populär. Ein Teilnehmer attackiert seinen Gegner mit
Bemerkungen, die immer bösartiger und beleidigender werden und das so lange, bis dieser endlich
aufgibt... oder aber - außer sich vor Wut - mit noch verletzenderen Beschimpfungen antwortet... „I
fucked your mama Till she went blind. Her breath smells bad, But she shure can grind. I fucked
your mama For a solid hour. Baby came out Screaming Blackpower. Elephant and the Baboon
Learning to screw. Baby came out looking Like Spiro Agnew.“(10)
Diese Wettkämpfe sind nach Carles und Conolli „improvisierte Duelle zwischen Solisten“ und
finden in der Musik ihre Fortsetzung. Im Jazz z.B. in den „battles“ mehrerer Trompeter(13), und - in
einer noch ursprünglicheren Form - im „rapping“ der MCs im Hip Hop: „The distance between
talking rough with the dozens on the street and moving it inside a roots club like Disco Fever with
some beats for dancing is very small.“(14)
(Musikbsp. Nr.4, Grandmaster Mell Mel, „Step Off“, Maxiversion, Sugar Hill Rec., 1983)
Der Beginn des Stücks, das auch auf der Funknummer „I feel for you“ der Sängerin Chaka Khan zu
finden ist, unterscheidet sich in Inhalt und Ausdruck kaum von einem „toast“. Der Toast (nicht zu
verwechseln mit dem Toasting der Reaggae-DJs) ist ein einfacher Schüttelreim, meistens
sexistischen Inhalts und gilt als Vorläufer der Dozens:
„Chaka Khan let me rock you
Let me rock you Chaka Khan
I say let me rock you Cause all I wanna do
Chaka Khan let me rock you
Let me rock you Chaka Khan
I say let me rock you
Cause I’m feel for you
Chaka Khan would you tell me
What you wanna do
Chaka Khan let me tell me
What I wanna do
I wanna love you, wanna hug you
Wanna screw you too...“(15)
Im Anschluss an diese „introduction“ reimt Grandmaster Mell Mel in den höchsten Tönen und in
perfekter Dozen-Manier über seine Fähigkeiten und seine Einzigartigkeit als Rapper:
„I was sittin´on a corner
Just a waístin´ma time
When I realise
That I was the king of the Rhyme
I got own the Microphone
and what did you see
The rest was my legacy
I was born to the King of the
be bop-swing…
...I´m like Shakespear I´m a pioneer
because the main rap sudden
people want it to here“(16)
Der Rap als eine musikalische Form des Dozen und die Hip Hop-Partys als Austragungsort von
Meinungsverschiedenheiten rivalisierender Gangs, die auf diesen Veranstaltungen aufeinander
trafen und durch die Musik begannen auf friedliche bzw. unblutige Art und Weise ihre Fehden
8
auszutragen: Es wurde versucht, dem Gegner durch den Tanz, durch die Graffitis, durch das
Scratchen und nicht zuletzt durch das Rappen im übertragenen Sinne den Hals zu brechen. Bei
den einzelnen Tanzformen z.B. sieht man sehr deutlich, welchen Ursprungs sie waren.
Akrobatische Figuren, die, bei falsch angewandter Technik, tödlich waren wie der Spin (ein
schnelles drehen auf dem Rücken der in einer Kopfpirouette (Headspin) bzw. -stand endete),
standen gestische Faustkämpfe oder Messerstechereien gegenüber. Auch unter den GraffitiMalern herrschte ein hoher Wettbewerbsdruck. Ständig mussten sie sich neue grafische Ideen zur
Verfeinerung ihrer Schriftzüge und Bilder einfallen lassen, um zu den Besten zu gehören. So
entstanden aus den einfachen Tags (Namensschriftzüge, die zur Markierung des Territoriums
dienten) kunstvolle Graffitis, die sich Mitte der 80er-Jahre sogar in Kunstgalerien durchsetzten.
Solche rivalisierenden Kämpfe sind sehr gut in dem 1981 entstandenen Film „Beat Street“ des
Regisseurs Tan Lathan festgehalten.
Tatsächlich gingen für eine kurze Zeit die brutalen Auseinandersetzungen zwischen den Gangs
zurück. Das soziale Elend in den Gettos war jedoch zu groß, als dass Hip Hop auf Dauer
friedensstiftend hätte wirken können. Dies wäre meiner Meinung nach von einer Musik und ihrem
kulturellem Umfeld auch zu viel verlangt.
Die Partys wurden immer größer. Waren sie zu Beginn auf einen Häuserblock beschränkt, wo jeder
DJ und jede Crew sein Heimspiel hatte und mit der eigenen Fan-Gemeinde im Rücken gegen
rivalisierende Crews antrat, so trafen sich nun immer mehr Crews aus dem gesamten Getto zu
großen Veranstaltungen. Eine der wohl bekanntesten und beliebtesten Veranstaltungen war die
Party samstagnachts im „Roxy“, einer Roller-Disco am Hudson River in Midtown Manhattan. Mitten
auf der riesigen Tanzfläche thronten die DJs, überall konkurrierten befeindete Tanzgruppen
miteinander, an den Wänden befanden sich riesige bunte Graffiti-Bilder. Immer wieder gingen
verschiedene MCs und Rap-Crews auf die Bühne und rappten mit- bzw. gegeneinander. Einen
Eindruck darüber, wie die Atmosphäre auf diesen Partys gewesen sein muss, gibt der
semidokumentarische Spielfilm „Wild Style“ wieder, in dem eine authentische Hip Hop-Party
inszeniert wurde.(17)
Weiteren Einblick gibt David Toop in seinem Buch „Rap Attack“, indem er sie mit den Be BopJamsessions der 40er und 50er-Jahre vergleicht: „...the endless high-speed collageing of musical
fragments leaves you breathless, searching for reference points. The beauty of dismembering hits
lies in displacing familiarity. It gives the same thrill that visitors to Minton´s Playhouse must have felt
in the 1940´s hearing Charlie Parker carve up standards like „I´ve Got Rhythm“. Parker wrote many
tunes in this way, of course, including „Ornithology“, a bebop standard based on the chords of
„How High The Moon.“(18)
Langsam begannen sich auch die Discotheken für diese neue Musik zu interessieren. Immer öfter
fanden nun Hip Hop-Performances in In-Discos wie dem „Danceteria“ in New York statt. Am
02.09.1976 fand (ebenfalls in New York) die wohl größte Hip Hop-Veranstaltung überhaupt statt.
Eine Menge von 3000 Leuten drängten sich in das „Broadway International“ um nach den Klängen
und Rhythmen von Grandmaster Flash und anderen zu tanzen. Hip Hop war, zumindest in New
York, ein großer Erfolg. Die Künstler begannen, durch die Einnahmen von Eintrittsgeldern und dem
Eigenvertrieb von selbst produzierten Kassetten, Geld zu verdienen. DJs wie Grandmaster Flash
oder Africa Bambaataa, MCs wie Spoonie Gee, Crews wie Double Trouble oder The Force MDs
waren in New York Begründer und Stars einer neuen Musik. Trotzdem kam die erste Platte nicht
aus New York und die Künstler gehörten nicht zur New Yorker Elite, waren sogar vollkommen
unbekannt. Ähnlich wie bei der Punkmusik bedurfte es eines cleveren Managers um Hip Hop
weltweit populär zu machen. Was Malcom McLaren mit seiner Retortenband The Sex Pistols für
die Punkmusik war (19), war Sylvia Robinson mit ihrer Retortenband The Sugar Hill Gang für den
Hip Hop. Sylvia Robinson, selbst früher Musikerin, die unter den Pseudonymen Sylvia Vanderpool,
Little Sylvia oder Little Esther aufgetreten war, hatte in den 50ern einen Hit („Love is Strange“) mit
einem Duo-Partner namens Mikey Baker. Sie gründete in den 60ern verschiedene Plattenfirmen,
von denen die Plattenfirma „All-Platinum“ die Erfolgreichste war. Auf ihren Plattenfirmen brachte sie
mehr oder weniger erfolgreich Soul- und Funknummern heraus und verdiente lukrativ an CoverVersionen verschiedenster Disco-Musik-Hits. Auf Hip Hop wurde sie über ihren Sohn aufmerksam,
9
der ein begeisterter Fan dieser Musik aus New York war. Er versuchte jede Kassette, die in New
Jersey in Umlauf war zu ergattern. Sie erkannte als Erste die Profitmöglichkeit, die in dieser Musik
steckte. Sie suchte sich drei vollkommen unbekannte Rapper: einen Rausschmeißer namens
Henry Jackson(„Big Hank“), den sie auf einer Party rappen hörte, Michael Wright („Wonder Mike“)
ein Freund ihres Sohnes und Guy O´Brien, („Master Gee“), der sich, durch Gerüchte über eine
nahende Plattenaufnahme, bei ihr vorstellte. Sie gründeten ein neues Plattenlabel namens Sugar
Hill Records und ließ das frisch gegründete Trio über eine Instrumentaleinspielung des Disco-Hits
„Good Times“ rappen. „Rapper’s Delight“, der Einstand der Palaver-Gang, wurde ein weltweiter Hit
und machte allein in den USA bei zweimillionen Verkäufen 3,5 Millionen Dollar Profit. (20)
Musikalisch gesehen war „Rapper’s Delight“ ein Rückschritt und hatte nur sehr abgeschwächt
etwas mit dem zu tun, was in der New Yorker Bronx passierte. Der Rap-Stil des Trios war ein
Plagiat der damals beliebten Gold Crush Brothers. Die Musik war kein Breakbeating eines
Grandmaster Flashs, sondern eine rein instrumentale Einspielung durch die Hausband von Sugar
Hill Records. Trotzdem schlug sie ein wie eine Bombe und zeigte den wirklichen Machern des Hip
Hop, wie erfolgreich man damit sein kann. Der Erfolg wirkte auch elektrisierend auf
Schallplattenproduzenten wie z.B. Bobby Robinson. Der Besitzer von Enjoy Records, ein Rhythm
´n Blues-Produzent, für den Hip Hop überhaupt nichts neues war, der aber wie die meisten
anderen nie im Traum daran gedacht hätte, dass man mit dieser Musik so viel Geld verdienen
könnte. Er, Paul Winley (Besitzer von Winley Records) und Danny Robinson (Besitzer von Holliday
Records) schickten nun Talentsucher los, um an dem Erfolg teilhaben zu können. 1979/80 kamen
die eigentlichen Hip Hopper zum Zuge. Nach einer Entwicklung von fast 7 Jahren wurde der Rap
auf Platte genommen, „...der endlich viel mehr mit dem zu tun hatte, was man auf den
Straßenpartys zu hören bekam. „Rappin´And Rockin’ The House“ von den Funky Four... und dann
vor allen Dingen Flashs „Superrappin’.“ (21)
(Musikbsp. Nr.5: Grandmaster Flash and the Furious Five, „Superrappin´“, Enjoy Records, 1980)
In den nun folgenden zwei bis drei Jahren gab es eine wahre Flut von Plattenproduktionen. Immer
mehr kamen auf den Markt und es gründeten sich kleine Plattenfirmen (Labels), wie Tommy Boy
Records oder etwas später Def Jam, die in den folgenden Jahren zu einer erfolgreichen
Konkurrenz wurden und den alteingesessenen schwarzen Plattenfirmen durch ihre Marktnähe
schwer zu schaffen machten. Natürlich begannen sich mit der Zeit auch die größeren (weißen)
Plattenfirmen für diese anscheinend lukrative Musik zu interessieren. Durch Einkäufe von schon
erfolgreichen Gruppen bzw. Acts begannen sie sich in den Hip Hop einzukaufen. Eine
Besonderheit blieb aber bis zum heutigen Tag: Viele Hip Hop-Gruppen liefen über kleine
abhängige und unabhängige Labels. Hip Hop als eine noch sehr ursprüngliche Straßenmusik, von
der auch heute noch seitens der (schwarzen) HörerInnen eine Authentizität und Ehrlichkeit
(Streetcredibility) verlangt wird, ist am ehesten marktwirtschaftlich über kleinere Einheiten in den
Griff zu kriegen. In kaum einer anderen Musik, sind, abgesehen vom frühen Punk der 70er-Jahre,
so viele erfolgreiche und unabhängige Plattenlabels zu finden (22). Kurtis Blow, seines Zeichens
Rapper in der Tradition zwischen James Brown und Chic, war der erste MC, der bei einer großen
Plattenfirma, Mercury/Polyphon unter Vertrag war und somit kommerziell verwertet wurde. „The
Breaks“ von 1980 war ein riesiger Hit und stellte den Beginn des weltweiten Erfolgs des Hip Hop
dar.
(Musikbspl Nr.6: „The Break“, Kurtis Blow, Mercury,1980)
Im Jahr 1982 werden zwei Schallplatten veröffentlicht, die prägend waren für die weitere
Entwicklung im Hip Hop. Mit „The Message“ von Grandmasterflash & the Furious Five kam der
erste Message Hip Hop Song auf den Markt. Der erste Song, der von seinem Inhalt her Zustände
in den Gettos und Lebensumstände der AfroamerikanerInnen darstellt und anprangert.
(Musikbsp. Nr.7: Grandmaster Flash & the Furious Five, „The Message“, 1982 Sugar Hill Records)
10
Gleichzeitig läutete „The Message“ zusammen mit der zweiten LP „Planet Rock“ von Africa
Bambaataa eine neue musikalische Phase im Hip Hop ein. Auf allen vorhergehenden Hip HopPlatten wurden Platten von beliebten Künstlern, oder mit interessanten Geräuschen und Beats
verwendet. Die DJs schufen aus schon bestehender „alter“ Musik eine neue Musik. Mit „The
Message“ wurde zum ersten Mal eine „Beat Box“ als Rhythmusgrundlage verwendet. Eine sehr
beliebte Beat-Box war der Drum-Computer der Firma Vox. Die Beat Box war ideal: Sie ersetzte das
Breakbeatin’ und der DJ konnte sich mehr auf das Scratchen und einmixen von Ideen
konzentrieren. Diese Ideen wurden zunehmend elektronischer: Auf der LP „Planet Rock“
verwendete Africa Bambaataa Musiken von der Band Kraftwerk oder dem New Waver Garry
Numan und setzte sie zu tanzbaren Hip Hop-Nummern zusammen. Hinzu kam, dass nicht nur
natürliche Geräusche wie Schreie, klirrendes Glas etc., sondern auch elektronische Musiken und
Geräusche von den damals gerade aufkommenden Videospielen verwendet wurden.
Beide LPs waren der Beginn der Trennung des Hip Hop vom reinen Disco-Sound der Frühzeit, und
die Entwicklung eines neuen eigenständigen Sounds. Über einen totalen Zusammenbruch, Mitte
der 80er-Jahre, endete er schließlich in einen neuen Stil: Die „New School“, die im Folgenden
behandelt wird.
Zunächst wurde Hip Hop in den folgenden drei bis vier Jahren die erfolgreichste Newcomer-Musik.
Damit änderte sich ihr Charakter. Es verschwand viel von der Ursprünglichkeit. Aus der
experimentierfreudigen, subkulturellen Musik wurde eine gut verkaufbare Ware, die an ihren
eigenen Stereotypen erstickte: verbale Wettkämpfe, Publikumsaufforderungen wie „say party!“
gerieten zu leeren Worthülsen, wurden sinn- und geistlos. Die Musik wurde immer überladener und
hörte sich mit der Zeit an wie ein leicht rhythmisierter Spielhöllensound. Die Hip Hopper der ersten
Stunde befanden sich in einer Krise. Der schnelle Ruhm war ihnen zu Kopf gestiegen. Streitereien
innerhalb der einzelnen Gruppen und massive Drogenprobleme einzelner MCs wie z.B.
Grandmaster Mell Mel ließen in der Folgezeit immer schlechtere Produktionen mit minimalisierten
und langweiligen elektronischen Rhythmen auf dem Markt bringen:
(Musikbsp.Nr.8: Grandmaster Flash & the Furious Five, "Scorpio", 1983 Sugar Hill Records)
1983 wurde das Roxy als wichtigster Austragungsort des Hip Hops geschlossen. Der Grund waren
u.a. anhaltende Schießereien zwischen verfeindeten Gangs.
Rap-Musik Breakdance und Graffitis, mit denen schnell Geld gemacht werden kann, sind auf der
ganzen Welt in Mode. B-Produktionen wie der Film „Breakdance 1984“ oder der 84er Hit der
Breakdancegruppe Rock Steady Crew versuchen den Hip Hop zu vermarkten.
Mitte der 80er-Jahre, nach einer 10-jährigen Entwicklung von einer Underground-Culture zu einer
der erfolgreichsten afroamerikanischen Musik, ist Hip Hop zu einer vermarktbaren Tanzmusik
erstarrt.
11
2. URSPRUNG UND WURZELN DES HIP HOP
Afrika - Da Muthaland
DIE STIMME WAR DAS ERSTE
INSTRUMENT, DIE TROMMEL DAS
ZWEITE. DIE TROMMEL HAT EIN
TROMMELFELL, UND DAS
TROMMELFELL IST EINE MEMBRANE-ES
ATMET. DAHER IST LEBEN DARIN. ES IST
KRAFT DARIN. JALAL & LAST POETS (O)
Dem Hip Hop wurde sehr oft vorgeworfen, keine eigenständige Musik zu sein, im Grunde
genommen nichts anderes zu sein als ein "offshot"(l) der Disco-Musik: ein Ableger oder Ausläufer.
Weiterhin wurde ihm vorgeworfen, keine eigenständige Kultur zu besitzen. Das wurde unter
anderem an der Tatsache festgemacht, dass im Hip Hop keine neue, eigenständige Musik kreiert
wurde, dass sich seitens der Interpreten noch nicht einmal die Mühe gemacht wurde, zumindest mit
eigenen Instrumenten Musik zu adaptieren. Alles, was verwendet wurde, waren und sind fertige
Produkte: Schallplatteneinspielungen verschiedenster Interpreten, Film- und Werbemusiken,
Geräusche usw., die mit mehreren Plattenspielern und anderem technischen Gerät wie z.B.
Sample- oder Drumcomputern zu neuen Songs zusammengebastelt werden.
Dabei kam und kommt wiederum nur neue ziemlich monotone Musik heraus, die noch nicht einmal
etwas Neues darstellt und immer öfter mit Urheberrechtsklagen der benutzten, d.h.
gemixten/gesampleten Künstler bzw. deren Plattenfirmen zu kämpfen hatten/haben.(2)
Über diese Musik wird gerappt, d.h. auf Deutsch gequatscht, in einem Slang, der sogar von
manchen weißen Amerikanern nicht verstanden wird und der sehr oft im höchsten Maße brutal und
sexistisch ist und in Amerika öfter auf den Index-Listen konservativer Familienverbände und
staatlicher Prüfstellen landet, als manche erotische Zeitschrift.
Um belegen zu können, wie wenig ernsthaft sich mit Hip Hop beschäftigt wird, muss man sich nur
50 Jahre zurückbegeben und vom heutigen Standpunkt aus die damalige Debatte über die
Legitimität von Bebop betrachten (3). Denn wie damals kommt, und das ist meiner Meinung nach
noch verheerender als die schlechteste Kritik überhaupt, eine auffällige Nichtbeschäftigung mit
dem Phänomen Hip Hop hinzu: 20 Jahre Hip Hop, und damit meine ich eine 20-jährige
konsequente Entwicklung einer Kunstform.
So etwas war und ist in Amerika nicht neu. Schon immer wurden afroamerikanische Musikformen
überhaupt nicht oder nur wenig wahrgenommen und dies nur dann, wenn mit ihnen Geld zu
verdienen war.
Aus dem Jazz ist dies, wie bereits oben erwähnt, hinreichend bekannt. Die ersten Bücher, die sich
mehr oder weniger ernsthaft z.B. mit dem Bebop oder 20 Jahre später mit dem Freejazz
auseinander setzten, kamen, abgesehen von einigen wenigen Veröffentlichungen, aus Europa. Als
in Europa Jazz-Musiker schon längst anerkannte Künstler waren, litten sie in ihrem eigenen Land
unter der rassistischen Nichtbeachtung und der musikalischen Apartheid der weißen
Gesellschaft.(4)
Ähnlich erging und ergeht es den populäreren afroamerikanischen Musiken wie der Soul/FunkMusik und auch dem Hip Hop. Die erste Veröffentlichung, die sich ernsthaft mit dem Hip Hop als
einer eigenständige Musikform auseinander setzte, war das Buch „Rap Attack“ des englischen
Musikjournalisten David Toop, das an anderer Stelle schon zitiert wurde. Dieses Buch löste einen
Skandal in der Musikwelt aus. Ein weißer Engländer schreibt ernsthaft über ein Stück (afro-)
amerikanische Kultur.
Er war der Erste, der Hip Hop in die Tradition der afroamerikanischen Musiken einbezog und seine
kulturellen Wurzeln bis nach Afrika zurückverfolgte.
Dabei benutzte er die gleichen Quellen, die auch Jazzforscher benutzen. Dies stellte wiederum
eine Revolution dar, denn sämtliche populären afroamerikanischen Musiken (Soul/Funk) wurden
12
bis dahin meist als eine Vereinfachung und Popularisierung der ernsthafteren schwarzen Musiken
wie Jazz und Gospel betrachtet. Mitunter wurde diesen Musiken unterstellt, des Profites wegen
praktiziert zu werden. Namhafte Musikwissenschaftler wie z.B. Jost oder Kerschbaumer sahen in
den Popularisierungstendenzen der schwarzen Musik eine teilweise Anbiederung an die weiße
Gesellschaft und ihren Musikgeschmack.(5)
Toop stellte, und da befand er sich in der Tradition von afroamerikanischen Musikforschern, Hip
Hop in eine Linie mit Jazz, wenn er z.B. das Scratching und Mixing eines Grandmasterflash mit den
immer neuen variativen Soli eines Charlie Parker über einen alten Standard wie "How High The
Moon" verglich. Alles kommt aus derselben Quelle. Die verschiedenen schwarzen Musikformen
sind nur spezifischer und zeitabhängiger Ausdruck eines schwarzen Lebensgefühls; oder um es
mit den Worten von Leroi Jones zu sagen: "Die neue Schwarze Musik [Freejazz] und Rhythm ’n
Blues sind eine Familie, die verschiedene Dinge ansieht. Oder Dinge verschieden ansieht.“(6) Mit
Hip Hop ist ein neues Kind hinzugekommen.
Um die vorgenannten Thesen belegen zu können, muss man sich ausführlich mit der Funktion und
den Traditionen der afrikanischen Musik und ihrer Fortsetzung in den Traditionen
afroamerikanischer Musikstile in den USA beschäftigen.
Die afrikanische Kultur ist nach Ben Sidran eine "Oral Culture"(7). Oral Culture heißt, dass hier eine
Kultur vorliegt, die „...nur vom gesprochenen Wort und seinen Ableitungen Gebrauch...“ macht (8).
Im Gegensatz dazu gibt es die "Literate Culture", die Kultur, die das geschriebene Wort in Form
von Büchern, Zeitungen oder Computern zur Grundlage hat.
Bei der Oral Culture läuft alles über die mündliche Überlieferung: die Geschichte eines Volkes und
das Weitergeben kultureller Errungenschaften wie Musik, Kunst und Tanz. Die
Kommunikationsformen in der Oral Culture sind zeitgebunden, d.h. „...sie sind an das
Zeitkontinuum gebunden, und der Hörer muss sie so aufnehmen, wie sie ankommen. Die Zeit ist
die Strömung des Lautflusses. Mit dem Gesichtssinn verhält es sich anders: Das Auge kann eine
Szene betrachten oder die Sätze und Zeilen eines Buches mit unterschiedlicher Geschwindigkeit
überfliegen, wie es dem Betrachter oder Leser als angemessen erscheint... Es gibt also zwei
Klassen von Signalen. Es gibt zeitabhängige Signale, wie gesprochene Sprache und Musik, und es
gibt raumabhängige Signale wie Gedrucktes, Steininschriften, Lochkarten oder Bilder.“(9)
Auf solche Möglichkeiten kann die Oral Culture nicht zurückgreifen. Sie ist auf die unmittelbare
Übertragung der Information angewiesen. Daraus ergibt sich eine viel größere Palette an
Ausdrucksmöglichkeiten und ein ebenso hohes Maß an oralen Wahrnehmungsmöglichkeiten.
Kleinste Stimmungen müssen wahrgenommen werden, da sie sonst durch ihre Unmittelbarkeit und
Unwiederholbarkeit verloren gingen. Dies beinhaltet ein hohes Maß an "actionality", d.h. direktes
spontanes Handeln und Reagieren innerhalb eines Kommunikationsprozesses, und ein großes
Improvisationsvermögen.
In einer solchen Kultur hat Musik zwangsläufig einen anderen Stellenwert als in der Literate
Culture. Sie ist in all ihren Formen ein wichtiger Bestandteil zur Überbringung von Nachrichten,
zum Gottesdienst, zur Kritik, zum Aufbau eines gemeinsamen Sozialgefühls, zur Bewahrung der
kulturellen Identität oder ein Ausdruck von spontaner Freude bzw. spontanem Leids.
Anhand der drei wichtigen Kunst- und Kommunikationsformen Musik, Tanz und Sprache möchte
ich diese Funktionen veranschaulichen und ihre Fortsetzung in der afroamerikanischen Musik im
Allgemeinen und dem Hip Hop im Besonderen mit Hilfe von Beispielen darstellen und in Beziehung
setzen. Dabei werden zwangsläufig Überschneidungen auftreten, da zum besseren Verständnis
etwas getrennt wird, das in seinem Auftreten ganzheitlich ist.
Im Anschluss gibt ein Schaubild zur Entwicklung des Hip Hops einen zusammenfassenden
Überblick.
13
2.1. DIE MUSIK UND DER RHYTHMUS
Eine der wichtigsten Unterschiede zur Musik der Literate Culture war die Tatsache, dass es keinen
Unterschied zwischen dem Musiker und dem Zuhörer gab: Musiziert wurde im ganzen
Sozialverband. "Musik war ein integraler Bestandteil religiöser Rituale sowie des alltäglichen
Lebens und wurde oftmals bis zur Erschöpfung aller Beteiligten produziert und rezipiert."(I0) Das
Musizieren fand meist in der "call & response"-Form statt, d.h. ein Sänger und Instrumentalist gab
eine musikalische Phrase (Melodie oder Strophe) vor und die Gemeinschaft sang es nach. "The
solist gives the melody while a chorus sings a refrain, wich at times are but ejaculations. The chief
singer remains standing and as the melody is given out, they turn to one other, each improvising in
turn. Their power of invention and improvisation may last for hours"(11).
Nach A. Dauer war nicht die anfängliche Idee eines Liedes die Komposition, sondern das
Ineinandergreifen von rhythmisch-melodischen Formeln, die dem Zweck dienten, ein gemeinsames
klangliches Resultat zu schaffen. Dies war als eigentliche Komposition zu betrachten.(12) Dabei
war die Musik für melodische Variationen offen. Dies wurde sogar erwünscht, da es als besonders
intelligent angesehen wurde und von einer hohen Persönlichkeitsstruktur zeugte, wenn
musikalische und verbale Sachverhalte nicht direkt, sondern über Umschreibungen dargestellt
wurden.
Musik in Afrika war somit Grundlage der meisten gesellschaftlichen Vorgänge, und stand für
soziale Integration des Einzelnen bei gleichzeitiger Förderung von Individualität durch die variativen
Veränderung von musikalischen Inhalten.
Diese grundsätzlichen Funktionen und Techniken finden sich in der afroamerikanischen Musik
wieder. Im Blues, Jazz, Gospel, Soul, Funk und im Hip Hop finden sich Formen des call &
response. Der ganze Blues in seinem textlichen und musikalischen Aufbau ist ein einziges Fragen
und Antworten. Der Reverend in der Kirche predigt, und der Gospel-Chor samt Kirchengemeinde
antwortet ihm. Darüber hinaus ist die Gospelmusik der beste Beweis für die Untrennbarkeit von
Kunst und Leben.
Im Soul, als einer Mischung von Blues und Gospel leben diese Traditionen weiter. Genau wie im
Hip Hop, gibt es dort Publikumsaufforderungen, die im call & response beantwortet werden. Aber
mehr noch als dies, ist das erneute Zusammenwachsen zwischen den Musikern und den Zuhörern
wichtig. Hip Hop ist eine Live-Musik. Sie lebt und entwickelt sich weiter durch den Kontakt
zwischen den MCs, den Rappern, den Tänzern und den Zuhörern. Sie lebt von der Atmosphäre, in
der sie stattfindet.
Stücke innerhalb eines Konzerts sind nicht auf Single gerechte Zeiten zurechtgestutzt. Dauer der
Stücke und Länge der Konzerte sind nicht zuletzt abhängig von den Beteiligten.
Außerdem sind Hip Hopper Meister in der variativen und motivischen Veränderung. Wie
afrikanische Musiker verändern sie vorhandenes Tonmaterial. Mit Plattenspielern und Samplern
verzahnen sie immer wieder kleine rhythmische und melodische Motive miteinander und entwickeln
so, in einem afrikanischen Sinne, neue Musik; und es gibt so viele MC- und DJ-Stile, wie es MCs
und DJs gibt. Jeder hat seinen persönlichen Stil, seine geheimen Platten, seine Rap-Skills.
Individualstil ist im Hip Hop ebenso wichtig wie z.B. im Jazz, der von den variativen Veränderungen
in den Soli der Jazz-Musiker und ihrem jeweiligen Personalstil lebt.
Aus diesem Grund sind Hip Hop-Gruppen anders als Rock- oder Pop-Gruppen aufgebaut. Eine
Rock-Band wie Queen lebt zum größten Teil durch ihren Gesamtsound. Zwar übernehmen die
einzelnen Bandmitglieder unterschiedliche Funktionen (hier z. B. die zurückhaltende Band mit
einem sehr expressiven Sänger, dem vor kurzen gestorbenen, Freddie Mercury) entscheidend ist
jedoch, was die Band als homogene Erscheinung darstellt. Im Hip Hop bedeutet die Zugehörigkeit
zu einer Band nicht die Unterordnung in ein fest gefügtes System. Individualität innerhalb eines
losen Verbundes (Posse, Crew, Family, Nation, Tribe, Unit oder Tongue) ist, genau wie im Jazz,
wichtig und erwünscht. Dazu Shock G, Mitglied der Hip Hop Gruppe Digital Underground:
"Bei uns ist jeder anders. Jeder hat einen anderen Fluss in seinem Rap, einen anderen Stil... Wenn
jemand zu Digital Underground gehören will, kann er nicht wie Humpty, Money B, 2Pac, Schmoov
oder ich sein. Digital Underground präsentiert das ganze Spektrum von Hip Hop und Rhythm 'n
14
Blues... Eine Sängerin wie z.B. Lisa Lisa hätte eine Chance, weil so eine haben wir noch nicht.
Klar? Aber es hat keinen Zweck einen Haufen Rapper zu haben, die alle gleich sind... Alle haben
ihre eigenen Karrieren. Bei Digital Underground versuchen wir, jeden Mann auf seinen besten Job
anzusetzen..., das ist unsere Philosophie. Wer immer heiß ist, wird vorgelassen. Dieses Jahr ist es
Humpty, nächstes Jahr mag ich es sein. Die Gruppe soll größer sein als die Summe ihrer
Mitglieder."(13) Ein solches offenes System hat zum Vorteil, dass die Leistung der Gesamtgruppe
erhöht ist. Gleichzeitig entspricht sie, durch ihren Aufbau und ihrer Spielart, einer afrikanischen
Form des Musizierens. Die soziale und künstlerische Integration, bei gleichzeitiger Förderung des
Individuums.
2.2. DER TANZ UND DER RHYTHMUS
Wie wichtig die Musik für das Leben der Afrikaner war, erkennt man auch an der Bedeutung des
Tanzens, die von den Beteiligten erkannt werden konnte. "On the Gold Coast and Slave Coast
every god of note has his own individual dance."(14) Nicht nur Götter, auch Begebenheiten und
Ereignisse wurden über das Tanzen dargestellt. Die Wichtigkeit des Tanzens kommt u.a. in dem
Reisebericht des englischen Forschers David Livingston zum Ausdruck, wenn er beschreibt: „Die
Neger im Betschuanaland [fragten] den Fremden nicht: „Woher kommst du?“, sondern: „Was tanzt
du?“ Der Tanz war also identisch mit der Lebensweise und der Kultur eines Volkes.“(I5)
Jeder Tanz hatte seinen speziellen Rhythmus. Rhythmus ist Musik, d.h. wenn Tänze Auskunft
geben konnten, Information und Kommunikationsform waren, galt dies auch für die Musik. Tanz,
Musik/Rhythmus und nicht zuletzt Gesang als untrennbare Einheit war demnach nicht nur
Zeremonie und vom Leben getrennte Kunst. Sie war Ausdruck von Lebensgefühl (Freude, Leid,
Spiritualität), direkte Informationsquelle und spontaner Ausdruck für die Lebensumstände, mit
anderen Worten: die Darstellung vom Leben schlechthin. Damit wurde Musik und Tanz zum Träger
gesellschaftlichen Handelns. „Die Naturvolkkunst und die Musik als ein Teil von ihr ist in viel
höherem Grade aktiv mit allen Ausdrucksformen der Existenz verflochten... Sie reflektiert das
gesamte Leben, als dessen Bestandteil sie in den Gesamtzusammenhang der Kultur, in der ihr
festumrissene Aufgaben zugeteilt sind, eingebettet ist.“( 16)
So wie es in der Musik einzelne Motive gab, die zusammengespielt das Ganze ergaben, gab es im
Tanz die Isolation einzelner Körperteile. Das heißt, es gab mehrere unabhängige Tanzzentren.
Diese Polyzentrik ist analog zur Polyrhythmik zu sehen. Ziel des Tanzens war das Auflösen des
gesamten Körpers durch die Polyzentrik. Dies wurde durch die Polymetrik erreicht, d.h. der Tänzer
tanzte mit seinen einzelnen Körperteilen verschiedene Metren, „...mit dieser Technik [wurde] der
Körper nicht nur räumlich in verschiedene Richtungen geführt, seine Zentren [bewegten] sich nun
auch zeitlich verschieden.(I7)
Somit wurde ein Zustand der Ekstase erreicht, der von den Afrikanern als höchster göttlicher
Zustand betrachtet wurde: „In der Ekstase, dem Ziel des afrikanischen Tanzes, tritt der Mensch aus
sich selber heraus... In der Ekstase, So erleben es die Afrikaner, wird der Tänzer von einem Gott
ergriffen, der Tänzer selber wird vergöttlicht."(I8)
Die ersten Sklaven, die nichts hatten als ihren Körper und ihre Erinnerungen, übertrugen die
Techniken auf die von den weißen erlaubten Tanz- und Musikformen und praktizierten dort ihre aus
Afrika stammenden Riten weiter.
Ekstatische Formen des Tanzes kennen wir z.B. aus den Voodoo-Riten im Süden der USA, bei
denen Tänzer wie in Afrika durch das Tanzen in Trance fallen und so Gott dienen, der hier eine
Mischung aus Christus und alten afrikanischen Fluss-Gottheiten darstellt. Auch im Gospel ist die
Ekstase als der Beweis tiefer Religiosität innerhalb des Gottesdienstes bekannt und stellt dort
schlechtweg die Übertragung der Praktiken aus Afrika dar.
Die bekanntesten Tänze aus Amerika sind ihrem Ursprung nach afrikanisch und zeichnen sich
durch ihre Körperbetontheit, Lebensfreude und Körpererotik ans. Jazzdance, Charleston, SteppTanz(19), Jive und Rock 'n Roll stehen als Beispiel für die vielen Tanzformen, die die Schwarzen in
Amerika, trotz des anfänglichen Tanzverbots, kreiert haben. Dieses Gefühl der Zeitlosigkeit hat
15
sich auch in den individuellen Tänzen der Rock/Popmusik-Fans erhalten, die beim Tanzen ein
Gefühl der Verzückung und der Freiheit empfinden.(20)
Bei den Hip Hop Tänzen kommt neben der Körperbetontheit und dem Lebensgefühl, der rituelle
Charakter hinzu. Hip Hop Tänzer stehen im Kreis, tanzen mit- und gegeneinander. Es ist
gleichzeitig Gemeinschaftsgefühl, Wettkampf, Improvisation und Kommunikation, denn die Gesten
der Tänzer haben direkte Botschaften wie „Ich werde dich fertig machen!" oder "Ich bin der Beste!".
Nicht selten ähneln sie wahren Box- oder asiatischen Kämpfen, aus denen sie zum Teil Posen
entnommen haben.(21) Mit ihrer Akrobatik im Breakdance oder den skurrilen Bewegungen des
Electric Boogie und des Frozens haben sie die Polyzentrik wieder in den Mittelpunkt ihres Tanzens
gestellt.
2.3. DIE SPRACHE UND DER RHYTHMUS
Jedes Dorf hatte seine professionellen Sänger sie waren die literarische wie geschichtliche
Grundlage eines Stammes. Gleichzeitig waren sie die Nachrichtenübermittler.
Außerdem gab es umherziehende Geschichtenerzähler, die Nachrichten von Dorf zu Dorf brachten
oder gegen Bezahlung oder Geschenke Lobpreisungen über die Könige gesanglich zum Besten
gaben. Der Musikwissenschaftler Wolfgang Weber berichtet in den 20er-Jahren über solche
Lobpreisungen in Afrika: „Bei einer Einladung... werden die Gastgeber von den Gästen auf
folgende Weise gepriesen:
Kiorale
Kilomea ist ein Löwe, er brüllt wie
ein Löwe.
Ndorere ist eine Löwin, sie brüllt wie
eine Löwin.
Mlana ist ein Löwe, er brüllt wie
ein Löwe.
Die Mutter ist eine Löwin, sie brüllt wie
eine Löwin
Unser Häuptling ist ein Löwe, er brüllt wie
ein Löwe
Kiorale!
Unwesentlich hinzuzufügen, dass in diese Hymne nur solche Familienmitglieder des Wirtes
aufgenommen werden, die sich durch reichliches Einschenken angenehm bemerkbar machen."(22)
In vielen Dörfern wurden so genannte Gegenbeschuldigungswettkämpfe (Lampoons) zwischen
Stammesmitgliedern praktiziert, in denen man sich oder andere satirisch beschimpfte oder
lobte.(23)
Die afrikanische Sprache war mehr auf Umschreibungen und Formulierungen aus. Direkte
Aussagen galten als ungehobelt. Fortwährende Paraphrasierung von Sachverhalten und
Doppeldeutigkeiten zeugten von Intelligenz und Bildung. Daneben war Sprache, bedingt durch ihre
Vergänglichkeit und der daraus resultierenden Actionality, in ihrem Ausdruck viel nuancierter, als
dies in unserer Sprache der Fall ist. Ein Wort konnte nach Jones durch die Veränderung von
Tonhöhe und Timbre eine vollkommen andere Bedeutung erhalten.(24)
Die kleinste Tonveränderung konnte zur Bedeutungsgebung dienen. Dies wurde auf
Musikinstrumente übertragen: z.B. konnten die Afrikaner ihre Sprache auf Trommeln phonetisch
reproduzieren. Es handelte sich dabei nicht um Morsezeichen, sondern um die Übertragung von
ganzen Worten und Sachverhalten oder Gefühlen, aber nicht im abstrakten Sinne, sondern das
ursprüngliche Gefühl wurde beim Empfänger genauso gefühlt.
Diese hohe Flexibilität im Ausdruck, sowohl verbal als auch nonverbal, erhielt sich auch bei den
Sklaven. Es entstanden die Texte der Worksongs oder der Fielders, die in ihrer Form den
16
Lampoons sehr ähnlich waren. Aus diesen Lampoons entstanden ebenfalls die Toasts und
Prisonsongs (Schüttelreime), die obszön, brutal und satirisch waren, In der Darstellung als
Metapher oder Fabel ging es inhaltlich darum, dass der Gerissenere oder Klügere gewinnt. Somit
waren sie nicht zuletzt ein indirekter Protest gegenüber der weißen Herrschaft, der von den
meisten Weißen überhaupt nicht verstanden wurde.
Der Grund dafür war und ist die Tatsache des "Double Talks". Double Talk bedeutet
Doppeldeutigkeit. Das Black English benutzt zwar das gleiche Vokabular wie das Hochenglisch,
funktioniert aber teilweise nach afrikanischen Sprachmustern. Es ist nach Monika Plessner die
(eigenständige) Sprache der verschleppten Sklaven, die sich eines erworbenen Vokabulars
bedienten, aber in der Denkstruktur ihrer eigenen Sprache(25) verharrten. Hierzu einige Beispiele:
•
•
•
Erstens gibt es im Black English, genau wie in vielen afrikanischen Sprachen, keine
Vergangenheitsform. Das Verb wird immer in der Grundform benutzt.
Zweitens ist die gesamte Sprache voll mit Doppeldeutigkeiten, Umschreibungen und
Umkehrungen, deren Bedeutung oft nur durch die Tonhöhe/Betonung oder den Adressaten klar
wird. Dies machte und macht es für Außenstehende (Weiße) sehr schwer, diese Sprache auch
nur im Ansatz zu verstehen. In den Worterklärungen im Anhang befinden sich Beispiele für
solche Umkehrungen. Zwei Beispiele seien an dieser Stelle genannt: "Bad Nigger" von einem
Weißen ausgesprochen bedeutet, das, was es heißt: "mieser Nigger". Sagt ein Schwarzer das
Gleiche zu einem anderen Schwarzen, ist die Bedeutung umgekehrt, "bad" steht dann für "gut"
oder "gut drauf ", Nigger" bedeutet, hier im positiven Sinne, "Schwarzer".
"Chuck", der Spitzname für Charlie, war zur Sklavenzeit die Bezeichnung für den weißen
Aufseher. Nennt sich ein Schwarzer "Chuck", bedeutet das, "er hat alles im Griff, er übersieht
(to oversee) alles". Nennt ein Schwarzer einen Weißen "Chuck", hätte er ihn genauso als
"Rassisten" beschimpfen können.
Die Toasts wiederum waren Ausgangspunkt für die Dozens, Reimwettbewerbe in der besten
Tradition der Gegenbeschuldigungswettbewerbe zwischen zwei Kontrahenten, die versuchten sich
gegenseitig fertig zu machen. Letztlich sind die Raps der MCs zu Beginn nichts anderes gewesen,
als längere Dozens über einen Disco-Rhythmus.
Mit der Zeit sind sie zu Nachrichten und Botschaften geworden. Hip Hopper schließen an die
afrikanische Tradition der Wandersänger und Dorfmusiker an. Mit neuesten Techniken wie Video
oder Schallplatte praktizieren sie eine Tradition, die jahrhundertelang gewachsen ist. Sie verbreiten
Nachrichten über die Community, klagen, wie wir beim "Message-Rap" ausführlich sehen werden,
Missstände an, unterhalten durch Rap-Wettbewerbe ihre Hörerschaft, kurz: lassen die Oral Culture
wieder aufleben.
Eine weitere Tradition, in der der Hip Hop steht, ist der "Scat-Gesang" der Bebopper wie z. B. Ella
Fitzgerald oder Dizzy Gillespie. Der Scat-Gesang war nichts anderes als die Übersetzung der
Sprache in lautmalerische Klänge. Er entsprang aus der uralten Tradition, Sprache und sprachliche
Inhalte rhythmisch musikalisch übersetzt wieder zu geben.
Hinzu kamen Spontan-Raps wie "who put the benzedrine in Miss Murphy's Ovaltine", mit denen
Harry the Hipster sein Publikum aufforderte, Benzedrin in ihre Cola zu gießen, weil das High
macht."(20)
Das Scaten und diese spontanen Kurzraps wurden bald fester Bestandteil der Bigbands in den
50er-Jahren. Hier ist vor allem Cab Calloway zu nennen, der sowohl Bigband-Leader, Conferencier
als auch meisterhafter Scat- Sänger war. Bald übernahmen Sänger diese Aufgaben. Der Begriff
des MCs (Master of Ceremony) entstand und wurde in seiner Funktion von den Hip Hoppern
übernommen.
17
2.4. SCHAUBILD (aktualisierte Version***)
Entwicklung des Hip Hops und seine Einbindung in die afroamerikanische Musik
Afrika (alltägliche und rituelle Musik)
Polyrhythmik, Polymetrik, Lampoons, Griots
Gospel (Weiterentwicklung,
siehe rechts!)
Europa (weltliche und kirchliche Musik) Afrika (siehe
Instrumentarium, Harmonik
links!)
Worksongs/Fielders
Blues (klassischer)
- moderner B.
Gospel
Prisonsongs
Toasts
Jazz (Dixi)
Rock’n Roll
Rhythm ‘n Blues
Dozens
Swing
Rhythm’n- Hillbilly
Ska (Jamaika) Cajun/Zydeko (Kultur d.Franco-Kanadier/
franz. sprechende Sklaven (Haiti)
Blues
Reggae
Soul
Bebop
Funk
Jazz
R’nB...**
Disco
Rock
Modaljazz
Hardbop
Rock
Souljazz
(siehe links!)
Freejazz
..*
Hip Hop (HH)
House
(Blues)
Souljazz
Funkyjazz
Acid Jazz/
Easy Listening
(GB)
Old School
Fusion Neo-Traditionalisten New Thing/
Noise
Acid
Deep House
Dancehall
Techno
Rock
Computer Pop
(z.B. Kraftwerk)
New School
Crossover
Raga-HH G-Style Jazz-HH Polit-HH
Djungle(D&B) Hardcore Trance/Ambience
* Entwicklung der Rockmusik ist nicht weiter dargestellt
** Neuere Soulmusik firmiert oft unter dem Namen R ’n B, nicht zu verwechseln mit dem eigentlichen Rythm’n Blues
*** Stand ca. 1997
18
3. THE NEW SCHOOL
Die nächsten 10 Jahre
1984: Die Welt schien das Interesse an Hip Hop verloren zu haben. Es kam nichts Neues mehr.
Die Filme über Hip Hop waren z.T. alt oder überholt und beschränkten sich zumeist darauf, die
Stereotype der Hip Hop-Kultur wie nächtliches Graffitimalen oder akrobatische Tanzfiguren als
reizvolle (Werbe-) Träger f ü r ihre Inhalte zu benutzen.(1)
Die Hip Hop Gruppen veröffentlichten immer schlechter werdende Produktionen. Sie verwendeten
nur noch elektrische Sounds/Geräuscheffekte und überluden sie damit. Sie konzentrierten sich zu
stark auf die unfunkigen Rhythmen der weißen Elektronik-Bands und brachten immer gleiche Raps.
"Alle waren verrückt nach diesen Drumcomputern, und es war absehbar, dass sich die Sachen mit
der Zeit viel zu ähnlich wurden"(2), so Marley Marl, ein erfolgreicher Hip Hop Produzent. Die Hip
Hop Künstler befanden sich in einer Sackgasse. Die Bands entfernten sich immer mehr von ihren
Zuhörern. Mit fantasievollen Kostümen, Nietenarmbändern, Leder- und Metallaccessoires
versuchten sie wie große Showstars auszusehen. Damit machten sie sich, nach anfänglichen
Erfolgen, einfach nur lächerlich.
Russel Simmons, Besitzer von Def Jam Records über diese Bands: "Look at what rapper's used to
look like. They'd get a record und throw on sequins, leather-rock'n roll shit. What the fuck? What
you know about that - some old shit that shows we're stars? It reinforces an artist's image und ego.
They think it's good because you get off a plain in purple suit and orange hat "Oh shit, there's a
superstar! I seen bis clown ass an TV Yesterday.”(3) Die Gruppen hatten keine "street-credibility (o.
street-credits) mehr, d.h. sie verloren den Rückhalt und das Vertrauen ihrer Konsumenten.
Gleichzeitig blieb aber Hip Hop trotz dieser Krise die Musik der Jugendlichen. "Hip Hop wahr mehr
als nur ein kurzzeitiges Phänomen, es war die Straßenkultur, die Musik, mit der sich in den USA
die schwarzen Jugendlichen identifizieren konnten."(4) Und genau dort, wo vor 10 Jahren alles
begann, auf den Straßen von Bronx New York, weit entfernt von den großen Plattenfirmen und
dem großen Geschäft "Rap-Breakdance-Graffiti", entwickelte sich eine neue Form des Hip Hops,
die das entstandene Vakuum auffüllte: die "New School".
Drei Veröffentlichungen markierten in den Jahren 86/87 diesen neuen Stil: "Radio" von LL Cool J,
"Raising Hell" von Run DMC und "Paid In Full" von Eric B. & Rakim. Hinter allen Gruppen standen
Produzenten, die maßgeblich zu dem Erfolg beitrugen.
Bei den ersten beiden Gruppen waren es Russel Simmons und Rick Rubin. Der weiße Rick Rubin,
Filmstudent, Funk- und Heavymetal-Fan mit einem guten Verkaufstalent, der die Intensität und die
Power des Hip Hop schätzte, produzierte 1984 die Maxi "It's Yours" von DJ Jazzy Jay. Diese Single
hörte Russel Simmons, ehemaliger Organisator und Promotor von Hip Hop-Partys Ende der 70er
und Manager von Hip Hop-Interpreten wie z.B. Kurtis Blow, mit hervorragenden Kontakten zur
Musikszene und einem sehr guten Gespür für Talente. Er traf sich mit Rick Rubin und gründete Def
Jam Records. Ihre erste Produktion, "I Need A Beat" mit dem damals 16-jährigen Rapper LL Cool J
wurde 1985 so erfolgreich, dass der Plattenkonzern CBS Def Jam kaufte. Mit der LP "Radio" kam
der endgültige Durchbruch für Def Jam und dem neuen Stil.
(Musikbspl. Nr.9: "I Can't Live Without My Radio", LL Cool J, auf der LP "Radio", Def Jam R., 1986)
Der Sound, die Musik waren insgesamt viel härter und aggressiver. Die Drumcomputer wurden
verbannt. Es wurden wieder ursprüngliche und echte Sounds verwendet. Zum Einen durch die
Verwendung von 70er-Jahre Funk- und Soulmusik und zum Anderen durch die Verwendung von
Hardrock-Scratches von Gruppen wie Thin Lizzy oder Led Zeppelin. Die Interpreten sahen wieder
aus wie die, für die diese Musik gemacht wurde. Sie sahen nicht mehr aus wie Clowns oder
Paradiesvögel, sondern wie der B-Boy im Jahre 85/86 auszusehen hatte: Sportanzug von Adidas
oder Kangol, Basketballstiefel (Sneakers) und goldene Ketten und Ringe von immensem
Durchmesser und Größe . "And here comes LL cool J getting off the plain behind him in a Kangol
and a pair of sneakers. What we try and do is get what's real from them and sell that."(5)
19
Die LP "Raising Hell" von der Gruppe Run DMC und das darin enthaltene Stück "Walk This Way"
war die nächste geniale Produktion von Def Jam.(6)
(Musikbsp. Nr.10.: "Walk This Way", auf der LP "Raising Hell", 1987 Profile)
Es war eine Hip Hop-Coverversion des 77er Hits der Heavymetal-Band Aerosmith. Rick Rubin
hatte die Vorstellung, Energie miteinander zu verbinden: für ihn war der Unterschied zwischen
Hardrock und Hip Hop nicht sonderlich groß. Die Idee, diese beiden Kräfte miteinander zu
verbinden, kam ihm während der Aufnahmen zu der LP "Raising Hell": „The whole "Raising Hell"Album was finished, and that song ("Walk This Way") was not on the record. I called Russel and
said' "We need something else. I want the group to cover a song, and I'm going to go through my
record collection and find the right song… I thought the way the vocals worked in "Walk This Way",
it was already pretty much a rap song. It would be cool to have a high-profile rap group doing a
traditional rock 'n roll song and not having to change that much. I think a lot of people thought of
rap as so completely alien to music at the time, and here they were doing a cover that I knew would
sound like a Run DMC song, but people could say, "Wow, I understand this!."(7)
Run DMC erreichte mit diesem Stück eine, bis dahin von einer Hip Hop-Gruppe noch nie erreichte
Popularität. Es war der erste Hip Hop-Song, der unter die Top 5 der amerikanischen Hitparade
kam. "Walk This Wayl“ war bei weißen Rockmusikhörern genauso beliebt wie bei den schwarzen
Hip Hop-Fans. „Die begriffen instinktiv, worum es ging: Rache - der sonst so gängige Weg
(schwarze musikalische Innovation, weiße Adaption und kommerzielle Auswertung) war umgedreht
worden."(8) Diese Veröffentlichung bewies, dass Hip Hop nicht tot war, sondern sich regeneriert
hatte: "Skeptics continued to say that rap was a novelty, a fleeting fad, and when rapping and break
dancing began turning up in exploitaition movies and television commercials, it looked like might be
right, but in '86... "Walk This Way"... silenced all doubt about the music's staying power."(9)
Def Jam Records wurde in den nächsten Jahren das, was in den 60er-Jahren die Plattenfirma
Motown war. Jedes Produkt wurde ein Erfolg und konnte ungehört gekauft werden. 1988/89 verließ
Rick Rubin Def Jam, gründete in Los Angeles Def American Records und widmete sich
hauptsächlich Heavymetal-Bands und nach einiger Zeit auch wieder Hip Hop-Gruppen wie z.B. den
Geto Boyz. Durch den Weggang R. Rubins verlor Def Jam viel von seiner Popularität und dem Ruf,
innovativstes und stilbildendes Label für die New School zu sein. Trotzdem gibt es auf Def Jam
immer wieder Gruppen, die auf ihre Art etwas Neues leisten bzw. einleiten. Ich denke z.B. an
Public Enemy oder 3rd Bass, auf die ich noch im Einzelnen zu sprechen komme.
Die dritte, stilprägende Veröffentlichung in dieser Zeit war die 1987 entstandene LP „Paid In Full"
von Eric B. & Rakim. Der DJ Eric B. und sein Produzent Marley Marl waren die Ersten, die das
Samplen im Hip Hop einsetzten. Mit den Sample-Computern wie dem Oberheim Digital DMX oder
dem Fairlight/Oberheim-Synthesizer waren sie nicht nur in der Lage, Töne auf elektronischem
Wege nachzuahmen, vielmehr konnten sie Töne, Sounds usw. digital speichern und originalgetreu
wieder geben. Sie speicherten (sampleten) z. B. den Original Schlagzeugsound von dem James
Brown-Stück "Funky President". Aus diesen Beats bauten sie ein neues Stück ("Eric B. Is
President") zusammen, indem sie diese kurze rhythmische Phrase breakbeatartig aneinander
loopten (d.h. aneinander mischten).
Diese neue Art des Breakbeating knöpfte damit an den Ursprung des Hip Hops an und entwickelte
mit neuestem elektronischen Gerät seine Techniken weiter. Durch die Verwendung von natürlichen
Sounds und die technische Möglichkeit jeden erdenklichen Sound nach seinen eigenen
Vorstellungen zu benutzen, hörte sich die Musik viel natürlicher und funkiger an, als alles, was es
zu dieser Zeit gab. Dabei wurden die Samplegeräte nicht nur zum Abspeichern von Rhythmen
verwendet, sondern sehr schnell genauso eingesetzt wie zu Beginn des Hip Hops die
Plattenspieler. "Was früher der DJ mit den Händen aus anderen Platten herausmischte oder später
im Studio von anderen Musikern nachgespielt wurde - das war alles nicht mehr nötig."(10)
20
Ein Akkord, ein James Brown-Schrei, ein interessant klingendes Geräusch, eine kurze Melodie
oder musikalische Phrase konnten zu ganz neuen Stücken zusammengebastelt werden.
(Musikbsp.Nr.11: “I Got Soul”, Eric B - Rakim, Maxiversion, 1988, WEA)
Dieses Stück hatte in der Hauptsache zwei Stücke zur Grundlage. Zum Einen war es der gesamte
Rhythmusteil des Funk-Stücks "I Know You Got Soul" von Bobby Bird, zum Anderen wurde von
dem Stück "ABC" der Soulgruppe Jackson 5 das Intro dazwischengemixt. Zusätzlich hört man
Einblendungen aus Fernsehansagen und TV-Soapoperas aus den 50er-Jahren und Eigenzitate
aus anderen Stücken von Eric B. & Rakim.
Darüber rappte MC Rakim in einem völlig neuem Stil, der für die New School prägend wurde.
Rhythmisch betrachtet sang/sprach er nicht mehr so sehr auf den Beat. Er umspielte den
Rhythmus und bestätigte ihn durch das Verlangsamen und Beschleunigen des sprachlichen
Rhythmus sowie durch das Verschlucken und Nuscheln.
Inhaltlich veränderte sich nicht viel. Es ging immer noch darum, wer der Beste war. Die Art jedoch,
wie gereimt wurde, veränderte sich. Die Raps wurden indirekter, poetischer, voller Wortspiele und
umschrieben eher, als direkt zur Sache zu kommen: "Rakim, in 1988, on how he writes: "I go
downstairs where my equipment is, I sit down and turn all the lights off and listen to some Jazz or
something like that. Then I listen to the track I’m gonna write off of. Then I got this one spotlight that
I put in the paper, so that's where I concentrate. Ain’t nothin' else goin' on but the paper."(11)
Dieses Zitat zeigt sehr deutlich, dass sich neben all den musikalischen und technischen
Veränderungen auch die Machart des Hip Hops verändert hatte. Hip Hop war nicht mehr die
spontane Straßenecken-Hinterhof-Party, deren Ergebnisse dann im Studio nachempfunden
wurden. Hip Hop wurde, nicht zuletzt durch die Technisierung, zu einer Studiomusik. Und die Hip
Hopper der neuen Generation hatten nicht selten bloß eine Idee, eine Soundvorstellung oder einen
guten Rap, der dann mit Hilfe eines technisch versierten Produzenten in Musik umgesetzt wurde.
Das hatte zur Folge, dass..... "Hip Hop heute meist live nur reproduziert und gerade auf Grund
mangelnder Improvisationsfähigkeit vor dem Publikum versagt... In den frühen Jahren war Hip Hop
Improvisation - musikalisch wie vokal. Ich habe Anfang der 80er gesehen, wie ein Grandmaster
Flash improvisiert... Heute machen die Gruppen fantastische Platten und sind auf der Bühne
einfach nur schlecht. Aber ich denke auch, dass auch die Studioarbeit ein improvisatorisches
Element hat."(I2)
In diesem Zusammenhang änderte sich, wie wir am Beispiel von Def Jam gesehen haben, die
Funktion des Produzenten. Er war nicht mehr bloß der Aufnahmeleiter, der für den Klang und die
Qualität einer Produktion verantwortlich war, sondern wurde selbst zum Musiker, der aus den Ideen
der Hip Hopper ganze Musikstücke produzierte. Es verwundert deshalb nicht, dass viele dieser
neuen Hip Hop-Produzenten selbst früher DJs oder MCs waren, so z.B. Prince Paul von den
Stretasonic oder DJ Mark The 45 King.
Mit den Samplingtechniken entstand ein neues Problem. Die gesampleten Musiker, allen voran
James Brown (der wohl am meisten gesamplete von allen), wehrten sich gegen diese
Ideenklauerei. In 1987/88 entstanden, wie damals bei Kraftwerk und Africa Bambaataa, Prozesse
und Verhandlungen über die Zahlung von Tantiemen an die benutzten Musiker. Diese ließen den in
den Anfängen des Hip Hop aufgestellten Vorwurf wieder aufleben, ob denn Hip Hop überhaupt
etwas Neues darstelle, eine eigenständige Musik sei.
Diese zwei Positionen standen sich 88/89 unversöhnlich gegenüber: Plagiat und damit
Tantiemenforderungen seitens der gesampleten Künstler oder die Tatsache einer neuen Musik und
damit die künstlerische Freiheit, zu zitieren.
Im Laufe der Zeit hat sich dieser Streit zur Zufriedenheit Aller gelegt. Der Hauptgrund dafür war,
dass sich die Schallplatten der gesampleten Künstler durch die Klauereien besser verkauften, wie
z.B. bei Aerosmith und dem Stück "Walk This Way". Manche Künstler wie James Brown feierten
ein wahres Come Back, und vor kurzem gab es sogar ein Soulrevival mit Musikern wie Curtis
Mayfield oder Isaac Hayes, weil die Hip Hopper auf ihrer Suche nach interessanten Beats und
Sounds die gesamte afroamerikanische Musik durchforsteten, und mit Soulkünstlern
21
Coverversionen im Stil von "Walk This Way“ produzierten.(13) Mit dem Erfolg, den Kids auf der
Straße ihre eigenen musikalischen Traditionen und Geschichte auf orale Weise näher zu bringen
und damit zu bewahren.
Ein weiterer Grund zur Beendigung dieses Streits waren die Produktionen der nächsten zwei
Jahre. Die Kreativität, die früher bei den Scratch-Wettbewerben freigesetzt wurde, brach sich nun
in den Studios Bahn. Die Idee, eine Vorstellung oder ein Bild wurden wichtig, und die Hip Hopper
versuchten dies mit Hilfe der Technik umzusetzen. Immer öfter entstanden Platten, deren Stücke in
einem ideellen oder dramatischen Zusammenhang standen: Kommunikation über Schallplatte.
Dabei wurde nicht nur afroamerikanische Musik benutzt. Wie in der Endphase der Old School
wurde alles an Geräuschen und Tönen verwendet was nützlich sein konnte, um die gewollte
Stimmung entstehen zu lassen. Die neuen Schallplattenproduktionen wurden so zu Klangcollagen,
in denen benutzte Musiken und Geräusche zu einer neuen Idee verschmolzen.
Als etwas neues wurde sie von den Hörern begriffen, und wenn jemanden die Ausgangssamples
interessierten, hörte er sich das Original an.
Besonders eindrucksvoll geschieht dies auf der ersten LP "3 Feet High And Rising" der Gruppe De
La Soul.
(Musikbsp.Nr.12: "Me Myself And I", "3 Feet High And Rising", De La Soul, Tommy Boy R., 1988)
ME MYSELF AND I (c. Kevin Mercer)
"Mirrow, mirrow on the wall
Tell me, mirrow what is wrong
Can it be my De La clothes
Or is it just my De La Soul?
What I do ain't make-believe
People say I sit and try
But when it comes to being De La It's just me myself and I..."(14)
“De La Soul tritt auf. Da es wenig zu sehen gibt, beschränkt sich die Inszenierung auf akustische
Mittel. Ihre Aktivität resultiert aus der vielfältigen, mythisch anmutenden Umschreibung des
Namens: De La Soul. Scheinbar endlos wird er variiert. Jeder gesprochene und gerappte Satz
umtänzelt diesen Namen, dient dazu seine Aura zu kreieren und zu vergrößern. Er bildet auch das
Programm: Alles kommt von ‚der Seele’“.(I5)
Die gesamte LP war auf diesem Programm aufgebaut und wurde durch die collagenartig angelegte
Musik, die von Funk/Soul über Rock/Pop, Werbe- und Filmmusik bis hin zu einer gescratchten
Französisch-Lektion geht, unterstützt.
Wie in der Hauptphase der Old School (1979-81) entlud sich innerhalb der Jahre 1988/89
explosionsartig, was sich in den vier Jahren zuvor entwickelt hatte. Eine unüberschaubare Flut von
neuen Produktionen überschwemmten den Markt: Innerhalb eines einzigen Jahres kamen 42 neue
LPs auf den Markt. Damit wurden „...1988 mehr Rap LPs veröffentlicht als von 1979 bis 1987
zusammen."(16)
Zu den Pionieren wie Eric B & Rakim, LL Cool J, Run DMC oder Stretasonic kamen Namen hinzu
wie De La Soul, Jungle Brothers, EPMD, Dr. Ice, Boogie Down Productions, Justice, Public Enemy
oder Kool Moe Dee (einer der wenigen Old School Rapper, der neben Spoonie Gee, den Absprung
in die neue Generation schaffte). Der Erfolg des Hip Hops war nicht mehr aufzuhalten. Rapper wie
LL Cool J oder die Gruppe Run DMC füllten bald Fußballstadien. Große Plattenfirmen ließen ihre
anfänglichen Hemmungen fallen und produzierten eigene Gruppen oder finanzierten zumindest
kleinere Label, die sich um das neue, sehr einträgliche Geschäft kümmerten. Die meisten dieser
Gruppen kamen immer noch aus New York, andere Städte begannen jedoch stärker zu werden.
22
Aus Philadelphia kamen Jazzy Jeff & the Fresh Prince, aus New Jersey Queen Latifah, aus Los
Angeles kamen Gruppen wie z.B. NWA, Ice T oder Young MC und aus Miami Tone Loc oder die 2
Live Crew. Immer öfter gelangten Hip Hop-Stücke weltweit in die Pop-Charts und belegten dort die
obersten Plätze wie z. B. "Push It" von der Frauengruppe Salt'n Pepa. Sie gelangten im Sommer
'88 in Deutschland unter die ersten 20.
(Musikbeispl. Nr.13: Salt'n Pepa "Push It" auf der LP "A Salt With A Deadly Pepa", 1988)
"Push it“ war für viele Frauen, wenn nicht Startzeichen, so doch Anreiz selbst Musik zu machen. In
den Jahren 88/89 gründeten sich eine immer größer werdende Zahl weiblicher Hip Hop-Gruppen.
Interpretinnen wie Queen Latifah, MC Lyte, Monie Love, Sweet'n Cookie, Roxanne Shante oder
Jazzy Joyce beendeten die jahrelang anhaltende männliche Dominanz im Hip Hop.
Während der gesamten Hochphase der Old School gab es so gut wie keine Veröffentlichungen von
weiblichen MCs oder DJs, obwohl zu Beginn des Hip Hops der Anteil von Männern und Frauen
verhältnismäßig ausgeglichen war.
Rapperinnen wie Sherry Sheryl, Lisa Lee oder Angie B und DJs wie DJ Lady B oder DJ Sequence
waren in ihrem Können genauso gut wie ihre damaligen männlichen Kollegen. Der Grund warum
sie ziemlich schnell von der Szene verschwanden war der, dass im Hip Hop als einem
musikalischen Dozen, der Wettbewerbscharakter einen genauso hohen Stellenwert besaß wie die
musikalischen Fähigkeiten. Die Männer akzeptierten zwar die Frauen als musikalisch gleichwertig,
nahmen sie aber als ebenbürtige Konkurrentinnen innerhalb eines Wettbewerbs nicht ernst, was
einem Boykott gleich kam, denn die ersten Hip Hopperinnen bekamen aus den gleichen
sexistischen Gründen keine Plattenverträge. Das Männerbündische wurde mit dem Beginn der
New School aufgebrochen. Durch die immer größer werdende Identifikation der Hip Hopper als
Künstler und Musiker war es unhaltbar, Frauen in einem solchen Maße auszuschließen.
Außerdem hatten die Frauen, durch die Frauenbewegung der 80er-Jahre, inzwischen genügend
Selbstbewusstsein entwickelt, ihre musikalischen Fähigkeiten auszudrücken.
Die Female Rappers und DJs stehen ihren Kollegen in nichts mehr nach und wiedersetzen sich
immer erfolgreicher dem männlich-chauvinistischen Gedankengut, den gerade die West-CoastRapper, wie NWA oder 2 Live Crew in ganz extremen Maße vertreten.
Diese beiden Gruppen standen für eine Tendenz, die sich seit 1988 ebenfalls bemerkbar machte.
Der Hip Hop wurde immer härter und immer aggressiver, sowohl was die Musik als auch was die
Textinhalte anging. Die Angebereien in den Texten wurden zu sexistischen Beschimpfungen
gegenüber Frauen. Hype (großartig sein) und Mack (Chef) waren die Lieblingswörter der Rapper.
Auf der einen Seite ernannten sich MCs wie Big Daddy Kane zu ungekrönten Königen der
Casanovas, auf der anderen Seite beschrieben Gruppen wie NWA oder 2 Live Crew auf
sexistischste Art und Weise, wie sie "bitches dissen", also Nutten fertig machen wollen.
Neben dem blanken Sexismus (inklusive eines Schwulenhasses, der schon an Phobie grenzt)
tauchten immer mehr Texte auf, die sich mit dem Leben und den Lebensumständen der
Schwarzen in den Gettos auseinander setzten.
Es entstanden Texte über Kriminalität, Bandenbrutalität, Drogensucht, soziale Entwurzelung in den
Gettos und von dem noch immer existierenden unterschwelligen Rassismus in den USA. Die sich
daraus resultierende Wut machte sich in der Musik und in den Texten Luft. Die Rapper wurden zu
Nachrichtensprechern und Chronisten von einer Welt des Elends und zu Botschaftern einer
grenzenlosen Wut.
Hier blieb die Entwicklung jedoch nicht stehen. Mit der Darstellung entstand auch ein kritisches
Bewusstsein und der Wunsch nach Veränderung. Gruppen wie Public Enemy (PE) oder Boogie
Down Production (BDP) stehen für diese Entwicklung; ein politisches, mehr oder weniger radikales
Bewusstsein bei den Schwarzen zu schaffen und den Wunsch nach Veränderung zu formulieren.
23
4. GESCHICHTE UND URSPRUNG DES MESSAGE-HIP HOPS
DASS MUSIK EINE SOZIALE TATSACHE
IST, DIE IM INSTITUTIONALISIERTEN
ZUSAMMENWIRKEN DER MENSCHEN
GRÜNDET, DÜRFTE DENN AUCH NICHT
ZU LEUGNEN SEIN.
Carl Dahlhaus (1)
A CHILD IS BORN IN NO STATE OF MIND
BLIND TO THE WAY OF MANKIND GOD IS
SMILING ON YOU, BUT HE'S FROWNING,
TOO BECAUSE ONLY GOD WHAT YOU'LL
GO THROUGH YOU'LL GROW IN THE
GEETTO LIVING SECOND RATE AND
YOUR EYES WILL SING A SING OF DEEP
HAIE... SO DON'T PUSH ME CAUSE I'M
CLOSE TO THE EDGE I'M TRYIN' NOT TO
LOOSE HEAD IT'S LIKE A JUNGLE,
SOMETIMES IT MAKES ME WONDER HOW
I'M KEEPING GOIN' UNDER
aus "The Message"(2)
"The Message" war das erste Hip Hop-Stück, welches sich direkt und in aller Deutlichkeit mit den
Zuständen der Schwarzen in den Gettos auseinander setzte. Der oben dargestellte Text ist der
Beginn der letzten Strophe, in der berichtet wird, was mit Kindern passiert, die in so eine
Atmosphäre hineingeboren werden. Die konfrontiert werden mit Gewalt, Rassismus, versteckter
Apartheid und der Tatsache, dass man innerhalb dieser Gesellschaft nur mit Verbrechen, wie
Zuhälterei oder Drogendealerei zu Wohlstand kommt. In einer solchen Atmosphäre des Hasses
werden, so das Resümee des Stücks, die Werte wie Familie, Gemeinsamkeit und Bildung
unwichtig. Wichtig wird das reine Überleben und groß wird der Hass gegenüber denjenigen, die
Verursacher dieses Übels sind. Mit diesem Stück brachte die Gruppe Grandmaster Flash & the
Furious Five die Sozialkritik und den verbalen Protest in den Hip Hop. Und zwar mit einer
Direktheit, die es, mit Ausnahme des Freejazz, in den afroamerikanischen Musikstilen noch nicht
gegeben hatte. Zwar war afroamerikanische Musik schon immer eine Stimme des Protests
gewesen, die als Musik einer unterdrückten Minderheit auch deren Ventil und Sprachrohr war. Sie
war es jedoch zumeist auf eine indirekte Weise. Sehr oft verstanden nur die Schwarzen das, in
ihrer Musik und ihren Texten, immanente Potenzial an Kritik und Protest. Sehr oft waren die Texte
verschlüsselt oder umschrieben eher, als dass sie beschrieben. Hinzu kam der schon erwähnte
Double Talk, das typische Black English, das von den meisten weißen Amerikanern nicht oder nur
kaum verstanden wurde.
Die Textinhalte im Gospel z.B. bezogen sich nicht nur in einem christlichen Sinne auf das alte
Testament. Die Hebräer standen nicht zuletzt für die Schwarzen, von den Pharaonen (den Weißen)
unterdrückt und versklavt wurden, nach der Freiheit strebten oder sich in das gelobte Land (Afrika
oder auch ein freies Leben generell) zurücksehnten. Außerdem entstand durch den gemeinsamen
Gottesdienst, durch die gemeinsam bestrittenen Zeremonien, in denen auch Reste alter religiöser
Zeremonien aus Afrika überlebten und auf die neuen Gottheiten übertragen wurden, ein sehr
großes Gemeinschaftsgefühl. Hier waren sie in einer Gruppe aufgehoben, alle gleich und als
Menschen angesehen. Innerhalb dieser Gruppe (der Black Community) konnten sich die
Schwarzen nach Ben Sidran von den Aggressionen der weißen Gesellschaft abschotten und ihre
eigene Kultur entwickeln(3).
Der Blues in seiner rauen, direkten und zotigen Ausdrucksweise war von Anbeginn eine Stimme
des Protests. In ihm tauchte der Sklave plötzlich wieder als Individuum mit Gefühlen und einer
24
eigenen Lebensgeschichte auf, als Mensch, der sich in seiner Ausdrucksweise von den Richtlinien
der weißen Gesellschaft unterschied bzw. unterscheiden wollte. Nicht als seelenloses Wesen,
sondern als Individuum mit eigener Geschichte und Tradition, das sich mit seinesgleichen
identifizieren konnte. Als solches wurde der Blues von den Schwarzen verstanden: "Denn der
Blues stimuliert... den Prozess der Identifizierung zwischen dem Sänger und seinen Hörern: die
Probleme und Sorgen des einen Schwarzen, der ihn singt, sind die Probleme und Sorgen aller
Schwarzen; das jeweilige Subjekt ist lediglich das Sprachrohr der schwarzen Ideologie."(4) Dabei
schätzten sich die Blues-Musiker wiederum durch den Double Talk vor Repressalien seitens der
weißen Gesellschaft.
Im Soul schließlich, der Vermischung von Blues und Gospel, verband sich religiöse Ekstase,
Freiheitssehnsucht, ein starkes Sozialgefühl und Individualität zu einem Bewusstsein, das sich,
nicht zuletzt unter dem Einfluss der Bürgerrechtsbewegung um Martin Luther King, an dem
Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der damaligen Interpreten ablesen lassen konnte. "Wenn
Otis Redding "Respect" fordert, dann wussten seine Hörer, dass er sich damit nicht nur an seine
Frau wandte. Und kündete Wilson Picketts "In The Midnight Hour" nicht deutlich von mehr als nur
sexueller Potenz, die darauf wartete, freigesetzt zu werden?"(5) Und wenn James Brown sang
"Say Loud I'm Blak And Proud" oder "I Don't Want Nobody To Give Me Nothin' Open Up The Dorr
I'll Get It Myself", dann sprach er nur das aus was seine schwarzen Brüder und Schwestern Mitte
der 60er-Jahre dachten: Emanzipation und Gleichberechtigung.
Jeder dieser Musikstile war für sich zeitabhängiger Ausdruck, bestimmte und bestimmende Form
eines Protests und einer Sozialkritik. Was sie aber von dem Message Hip Hop unterschied war ihre
Indirektheit, ihr eher versteckter Protest. Hip Hop dagegen kam durch seine wieder gewonnenen
Funktionen der Nachrichtenübermittlung und der Verbalisierung von Tatsachen, mit einer Direktheit
und Offenheit daher, die es bis dahin in den populäreren Formen afroamerikanischer Musik noch
nicht gegeben hatte.
Ein solches Potenzial an Protest und direkter Kritik innerhalb schwarzer Musik war bis dato am
ehesten im Freejazz zu finden. Dort hatten z.B. der Schlagzeuger Max Rasch und die Sängerin
Abbey Lincoln die Schallplatte "We Insist, Freedom Now Suite" aufgenommen: "Die von Oscar
Brown Junior verfassten Texte nahmen..... eindeutig gegen die amerikanische Rassenpolitik und
für einen von Kolonialismus befreites Afrika Stellung."(6) Weiterhin stand der Message-Hip Hop in
der Tradition der Last Poets. Die Last Poets waren eine lose Vereinigung von musikalischen
Literaten und Musikern um den geistigen Führer Jalal, die, Ende der 60er-Jahre bewusst in der
afrikanischen Tradition stehend, politische, prophetische und poetische Texte über reine
Trommelrhythmen vortrugen. Sie beschrieben das alltägliche Leben und griffen die amerikanische
Gesellschaft mit Titeln wie "White Man Got A God-Complex" an.
Sie gaben der Musik ihre Funktion als Nachrichten und Botschaftenüberbringerin zurück und
verstanden sich dabei in der Tradition der afrikanischen Wandersänger (griots). Dazu Jalal: "Wir
führen damit eine Tradition fort – eine Tradition die amerikanische Sklaverei und amerikanischen
Neokolonialismus überstanden hat. Deshalb bedienen wir uns traditioneller afrikanischer
Instrumente"(7).
Viele der heutigen Hip Hopper beziehen sich auf die Last Poets und ihren "Leader" Jalal und
stellen sich in dieselbe Tradition, wenn sie ihn als den Paten ("Godfather") des politischen Hip
Hops betrachten.
1982, mit dem Stück "The Message" verändere sich der Charakter von Hip Hop. Zum Einen war er
einer der populärsten afroamerikanischen Musik-Stile, zum Anderen wurde er zu einem Medium,
das eine ähnliche politische Aussagekraft mit Nachrichtenfunktion besaß, wie der, bei der breiten
Masse der Schwarzen wenig akzeptierte Freejazz, der Ende der 60er-Jahre sogar versucht hatte
diesem Manko durch bewusste Popularisierungstendenzen entgegenzutreten.(8)
Trotzdem entwickelte sich der Message-Hip Hop erst richtig mit Beginn der New School. Zu Beginn
und während der Phase der Old School war der Hip Hop sowohl vom Inhaltlichen, als auch vom
Musikalischen eine im Grundsatz positive und am Spaß orientierte Musik: Party, Celebration,
Acvtivity waren wichtiger. Die Sozialkritik stand dabei nicht im Vordergrund.
Mit der New School jedoch wurde nicht nur die Musik härter, auch die Texte nahmen in ihrem Inhalt
an Gewaltdarstellung, Sexismus und Brutalität zu. Sie begannen sich etwa Mitte der 80er-Jahre in
25
ihren Aussagen immer politisch radikaler zu gestalten. Gruppen wie Public Enemy oder Boogie
Down Production begannen Front zu machen gegen die fortwährende Ungerechtigkeit,
Diskriminierung und den unterschwelligen Rassismus in den USA.
4.1. OLD SCHOOL-MESSAGE
Wenn man davon ausgeht, dass die Brutalität und der Hass in diesen Texten zurückzuführen ist
auf die Lebensumstände, dann verwundert es, dass diese Musik nicht von Anfang an brutal und
gewalttätig war, denn die Zustände in den Gettos, waren schon immer miserabel. Keneth B. Clark
beschreibt das Leben in den schwarzen Gettos wie folgt: "Mangelhafte Erziehung, Instabilität der
Familie, Unehelichkeit, Kriminalität, Rauschgiftsucht, Alkoholismus, häufige Krankheit und geringe
Lebenserwartung- all diese Symptome einer Gesellschaft der unteren Klasse plagen die
Schwarzen Gettos Amerikas."(9)
Stattdessen war die Musik geprägt von Gemeinsamkeit, Spontaneität, Improvisation und
Lebensfreude. Dies lag an den Erfindern von Hip Hop wie z.B. Africa Bambaataa, Grandmaster
Flash oder Kool DJ Herc. Sie kamen aus einer Generation, die geprägt war von dem Geist der
Bürgerrechtsbewegung der 60er-Jahre und der einsetzenden Friedensbewegung (ausgelöst durch
den Vietnam Krieg und der Kuba Krise) zum Ende dieses Jahrzehnts.
Mit der Bürgerrechtsbewegung um den Reverend Martin L. King begann sich Anfang der 60erJahre der Widerstand gegen die Apartheid und den Rassismus der weißen Gesellschaft zu bilden.
Überall fanden Demonstrationen oder "sit ins" gegen rassentrennende Einrichtungen, wie Schulen,
Parkbänke oder Bussitzplätze statt. Dort, wo die Unterdrückung am größten war, im Süden der
USA, ließen sich die Schwarzen immer weniger gefallen. Sie veranstalteten Blockaden oder riefen
zu Boykotten gegen rassistische Geschäfte auf. Ein großer Höhepunkt dieser Bewegung war der
"Marsch auf Washington" im Jahr 1963, an dem 300 000 Schwarze und Weiße gemeinsam gegen
Rassismus protestierten und Martin L. King seine bekannte Rede "I have a Dream" hielt, in der er
zur Brüderlichkeit und zur Aussöhnung aufrief.
Neben dieser liberalen Bürgerrechtsbewegung, deren politisches Ziel die Gleichberechtigung der
Schwarzen und die Aussöhnung der Rassen war, gab es weitaus radikalere Positionen. Die wohl
wichtigste war die der "Nation Of Islam" (NOI). 1933 von Elijah Muhamad als eine radikale
islamische Sekte gegründet, sprach sie sich für die Segregation und für einen eigenen schwarzen
Staat innerhalb der Grenzen Amerikas und Reperationsleistungen für 300 Jahre erlittene Sklaverei
aus. Die Ideologie der NOI war eine, zum Teil abstruse, Mischung von Religion, Mystik und
radikalpolitischen Äußerungen, die nicht zuletzt einen umgekehrten Rassismus beinhaltete, wenn
die Funktionäre, die Weißen als "blue-eyed devils" bezeichneten oder antisemitische Äußerungen
veröffentlichten. Hauptziel war die Zerstörung der weißen Macht, die nach 6000 Jahren kurz bevor
stand. Mitglieder dieser Sekte legten ihren "Sklaven-Namen" ab und nannten sich entweder
"Shabazz" oder" X", Namen, die als Zeichen für den unbekannten afrikanischen Stamm aus Afrika
standen. Der bekannteste politische Führer, der aus dieser Bewegung hervorging war Malcom X.
Er war einer der scharfsinnigsten und analytischsten politischen Führer, den die Schwarzen je
gehabt haben. 1965 wurde er von NOI-Anhängern erschossen, nachdem er sich von den Zielen
und Forderungen der NOI lossagte, und zum Vertreter einer gemäßigteren, auf Analyse der
Situation beruhenden, Denkrichtung wurde.
Die NOI und die "Black Panther Party", eine Schwarze nationalistische und militante Partei,
erhielten vor allem Ende der 60er-Jahre einen größeren Zulauf, nachdem viele Schwarze sahen,
dass die Bemühungen der Bürgerrechtsbewegungen seitens der weißen Gesellschaft nur mit
Gewalt beantwortet wurden: Ermordung M.L. Kings 1968 und J.F. Kennedys 1967. Die Folge war
eine Radikalisierung eines großen Teils der Schwarzen, die sich in zahlreichen Getto-Aufständen
entluden.
Der Verdienst dieser politischen Gruppierungen, ob nun radikal oder nicht, war neben mehr
Bürgerrechten (wie z.B. das Wahlrecht im Süden der USA) eine Bewusstmachung und Politisierung
26
der schwarzen Bevölkerung. Dies ging mit einer Afrikanisierung der Schwarzen einher: Der AfroHaarschnitt und afrikanische Kleidung kamen in Mode. Die Rückbesinnung auf das afrikanische
Erbe war der Ausdruck eines neu entstandenen Selbstbewusstseins. Der schwarze Mensch war
stolz auf seine eigene Kultur. Vor allem entstand das Bewusstsein, dass sich nur etwas ändert,
wenn man es selbst in die Hand nimmt. "Wenn wir uns selbst finden", schrieb Malcom X, „werden
die Weißen ihre Einstellung automatisch ändern."(10)
In der Tat führte dieses neue Verständnis dazu, dass die Schwarzen aus ihrer Lethargie und
Selbstzerstörung gerissen wurden. K. B. Clark schreibt u.a. davon, dass sich während der
Demonstrationen und Dauerproteste einer schwarzen Gemeinde in Montgomery, Alabama, Ende
der 60er-Jahre, die kriminellen Delikte innerhalb des Gettos auf fast Null verringerten.(11)
Hinzu kam, dass die schwarze Bewegung bei großen Teilen der Studentenschaft eine immer
größer werdende Resonanz erhielt. Sie solidarisierten sich mit den Schwarzen und bezeichneten
sich selbst als schwarz und ihre Eltern als weiß. Der Begriff whiteness wurde als „eine Frage des
Bewusstseins und nicht der Abstammung begriffen, ...nun erschien blackness als Indikation einer
Kultur, mit der sich junge Weiße identifizierten.“(12) Nicht zuletzt um sich gegen die eigene weiße
Gesellschaft und deren Normen aufzulehnen und sich von ihr abzukehren. Das Vertrauen in die
Eltern-Generation war, insbesondere durch den Vietnam Krieg, zerstört und entlud sich in
Studentenrevolten und Protesten, die wenig später die ganze westliche Welt ergriff.
Dieses neue schwarze Selbstbewusstsein machte sich nicht nur auf politischer Ebene, sondern
auch auf kultureller Ebene bemerkbar. Es entstanden eine Vielzahl von Filmen (BlaxploitationFilme) wie z. B. die Krimis "Shaft" oder "Superfly" in denen Schwarze die Helden waren. Zwar
waren sie oft genug nur eingefärbte Spielfilme, zu dem Zweck gedreht, die Schwarzen in die Kinos
zu locken. Trotzdem spiegelten diese Filme mit der Tatsache, dass Schwarze nicht mehr nur
Statisten- oder Nebenrollen besetzen, einen gewissen Zeitgeist wider: Der schwarze Mann, die
schwarze Frau waren stolz und selbstbewusst. Sie hatten eine eigene Kultur, derer sie sich nicht
zu schämen brauchten.
Bei vielen Schwarzen entstand eine Aufbruchstimmung und das Gefühl, dass sich vieles zum
Besseren ändern wird. Ben Sidran fügt noch hinzu, dass es zu dieser Zeit (Ende der 60er, Anfang
der 70er) vielleicht das letzte Mal überhaupt gewesen war, dass, trotz aller Rückschläge der
Bürgerrechtsbewegung, die schwarze Unterschicht Vertrauen in die amerikanischen
Institutionen(13) und in die Gerechtigkeit derselben setzten.
Diese Aufbruchstimmung und die Hoffnungen spiegelten sich auch in der Anfangsphase des Hip
Hops wider. Hip Hop als Straßen-Musik, als Musik der Unterschichtsjugendlichen, reflektierte
genau dieses neue (Selbst-) Bewusstsein.
Die Jugendlichen hörten auf sich in Jugendgangs gegenseitig zu bekämpfen, verwendeten ihre
Energien nicht zur Selbstzerstörung, sondern nutzen sie kreativ. Sie nahmen ihr Leben in die
eigene Hand und versuchten es positiv zu verändern, anstatt es durch Drogen und Kriminalität zu
zerstören.
Ein Beispiel dafür ist Africa Bambaataa: “And then, as the years went by, through all the civil rights
movement, human rights, Vietnam war and all the folk and rock that was happening to the whole
world - it just stayed with me to have some type of group like that."(14)
In seiner Jugend war er Mitglied der größten Jugendgang (The Black Spides). Unter dem Eindruck
der Ereignisse der damaligen Jahre trat er aus seiner Gang aus und begann mit seiner Gruppe
Zulu Nation, die sowohl politische wie künstlerische Ziele zum Inhalt hatte, Musik zu machen.
Dabei, und das ist in der afroamerikanischen Musik selbst schon Tradition, verwendeten die Hip
Hopper der ersten Stunde in ihrer Kreativität nur die Mittel und Möglichkeiten, die ihnen zur
Verfügung standen: Sie hatten weder das Geld Instrumente zu kaufen, noch die Möglichkeiten
eines zu erlernen. Sie hatten kein Geld für besondere Kleidung, und sie hatten erst recht keine
Möglichkeit sich einen Tanzlehrer zu beschaffen. Alles was sie hatten, war ihre Kreativität und ihr
Wunsch etwas Eigenes zu leisten und auf die Beine zu stellen.
27
Aus diesem Grund wurden aus Plattenspielern und Mischpulten Musikinstrumente. Sie waren
erschwinglich und mit ihnen und der Technik des Mixens konnte man sich ohne jahrelanges
Erlernen eines Instruments, in relativ kurzer Zeit Sound und Klangwünsche erfüllen. Mit dem
Scratchen konnte man rhythmisch und melodisch improvisieren. Und was da zu Beginn wie reine
Klauerei aussah, war letztlich eine afrikanische Form des Komponierens: die variative Veränderung
von rhythmischen und melodischen Phrasen. Einer Technik, die wir von den Improvisationslinien
der Jazz-Solisten und aus den Call & Response-Gesängen der Gospel-Chöre kennen. Hip Hop war
und ist nichts anderes als eine Jahrhundert alte Tradition, die mit neuen Instrumenten und neuester
Technik fortgesetzt wurde und wird.
Die Hip Hop-Mode: Sportkleidung, wie Trainingsanzüge, Basketballstiefel und Baseballmützen, die
heute von vielen modebewussten Jugendlichen in der ganzen Welt getragen, und für die eine
Menge Geld ausgegeben wird, war in den 70er-Jahren nichts anderes als ein modischer DoubleTalk. Es war die einzige (weil billigste) Kleidung, die sich die Jugendlichen leisten konnten. Und wie
so oft schon in der Sprache geschehen, wurde diese negative Tatsache einfach ins positive
umgedreht. Es war einfach cool und absolut hip in solchen Klamotten rumzulaufen.
Die Tanzschule war der Wettkampf auf der Straße, und Tanzlehrer war das Leben: Ihre
Tanzschritte waren die Bewegungen aus ihren (Banden-)Kämpfen und aus Kung Fu-Filmen, für die
sie insgeheim Bewunderung empfanden, weil dort eine nichtweiße Rasse Stärke zeigte. Sie
schufen vollkommen neuartige Tänze. In diesen Tänzen erstanden längst vergessen geglaubte
Techniken und Funktionen des afrikanischen Tanzes wieder auf. "Was tanzt du?" und nicht etwa
"wer, was bzw. wie bist du?", war die zentrale Frage wenn sich verfeindete Tanz-Crews zu (Wett-)
Kämpfen trafen.
Der Tanz als unmissverständliche Botschaft und Ausdruck eines Lebensgefühls. Dieses
Lebensgefühl kam auch in den Graffiti-Bildern zum Ausdruck. Einerseits waren sie reine
Kommunikation, ein einziger Buchstabe oder ein Bild eines Malers konnte für Eingeweihte Bände
sprechen. Andererseits stellten sie durch ihre Buntheit eine Verschönerung, der tristen und grauen
Getto-Realität dar.
Die Old School stand für mehr, als nur Kreativität. Sie sorgte für eine kurze Zeit für die Integration
der Rassen. Gerade bei Graffiti-Crews (und in seltenen Fällen bei den Tanz-Crews(15)) konnte
man gemischte Gruppen, d.h. Schwarze und lateinamerikanische Getto-Bewohner in ein und
derselben Gang sehen.
Dort malten und tanzten sie zusammen gegen eine ebenfalls gemischte Gruppe. Auf Hip HopPartys, oder in den Discos wie dem Roxy waren Schwarze, Puerto Ricaner und – für eine kurze
Zeit sogar eine große Menge – weiße New Wave-Fans, die ab Mitte der 70er-Jahre ein starkes
Interesse für diese Musik zeigten.
Von 1976 bis circa 1981 fand für eine kurze Zeit eine Integration von schwarzen, weißen und
braunen Menschen statt. Der Hip Hop schaffte es damit, die Ziele und die Ideen der
Bürgerrechtsbewegung und der Friedensbewegung, wie Gleichheit, Einheit, Integration der Rassen
und gegenseitige Achtung, zumindest zeitweise durchzusetzen.
4.2. NEW SCHOOL-MESSAGE
Doch der Traum währte nicht lange. Schnell wurden die Hip Hopper von der Realität und der
Tatsache, dass sich an ihrer miserablen Situation nichts geändert hatte, heimgeholt. Dies brachte
die nächste Generation von Hip Hoppern zum Ausdruck, die das kreative Vakuum zu Beginn der
80er-Jahre innerhalb kürzester Zeit füllten und die Old School Musiker nahezu vollständig
verdrängten.
Durchweg 10 -15 Jahre jünger hatten sie ganz andere Erfahrungen und Vorstellungen, die sie in
diese Musik einbrachten und dort ab Mitte der 80er-Jahre zu verarbeiten begannen. Sie mussten
mit ansehen, dass ihre Aufstiegschancen nach wie vor schlechter waren, als die der Weißen, und
28
dass die Arbeitslosigkeit unter ihnen um ein vielfaches höher war, als unter Weißen mit einer
vergleichbaren Ausbildung. Die ohnehin schon geringen Berufsförderungen und Sozialleistungen
wurden unter der Reaganadministration drastisch gesenkt. Ebenso gekürzt wurden die Leistungen
im Gesundheitssystem. Die Säuglingssterblichkeit bei schwarzen Kindern lag und liegt z.B. in den
Gettos um ein doppeltes höher, als in weißen Wohnvierteln und gleicht Werten, die aus so
genannten Dritte Welt Ländern bekannt sind.(16)
Nirgends ist die Gewalt und die Kriminalität in den USA größer, als in afroamerikanischen und
lateinamerikanischen Gettos. Allein in New York werden jeden Tag... „5 Menschen umgebrachte
vergewaltigt, 256 ausgeraubt, und 367 Autos geklaut. 1989 wurden der Polizei insgesamt 712 119
schwere Verbrechen gemeldet, darunter 1905 Morde."(17) 1990 war die Rate um 60% höher. 100
000 Homeless People bevölkern allein in New York die Straßen in denen sie leben und sterben.
Die Zahl der Rauschgiftsüchtigen steigt rapide an und hat bereits epidemische Ausmaße
angenommen. Spitzenreiter bei den Rauschgiften ist Crack, ein Derivat aus Kokain vermischt mit
Backpulver, das geraucht wird. Es ist sehr leicht herzustellen und stellt die Droge mit der größten
Gewinnspanne dar. Crack ist verheerend. Es macht, im Gegensatz zu anderen härteren Drogen,
sofort süchtig und extrem aggressiv. Es zerstört den Abhängigen nach kürzester Zeit physisch und
psychisch. Noch schlimmer als bei Heroin ist der Entzug. Er treibt den Abhängigen an den Rand
des Wahnsinns und lässt ihn für ein paar Münzen morden oder sich für einen Zug an der Pfeife
prostituieren. Aus diesem Grund ist in dieser Gruppe die Gefahr der AIDS-Infizierung mit am
höchsten.
Arbeitslosigkeit, Drogensucht und sozialer Abstieg unter den Jugendlichen macht sich in blinder
Wut und Aggressivität Luft. Von Banden begangene Verbrechen und interne Kämpfe nehmen in
der Stärke ihrer Auseinandersetzung immer mehr zu. Inzwischen sind die Gangs wie Armeen
ausgerüstet. Schnellfeuergewehre, Maschinenpistolen sind keine Seltenheit und das Eintrittsalter
hat sich zurzeit auf circa 10 Jahre eingependelt.
Deswegen verwundert es auch nicht dass Mord im Getto die häufigste Todesursache ist und die
statistische Lebenserwartung unter schwarzen Männern 46 Jahre beträgt.(18)
Nachts gleichen das Getto eher einem Kriegsschauplatz, auf dem sich verschiedene Armeen
gegenseitig bekämpfen. Eine davon ist die Polizei, die den Kampf gegen das Verbrechen durch
Personalknappheit fast schon aufgegeben hat. Auf die Frage eines Reporters des Sterns über die
Zustände im Getto antwortete ein Gettobewohner: "Fick das Leben verdammt, sagte er. Wir leben
hier im Krieg".(I9)
Auch äußerlich verwahrlosen die Gettos immer mehr. Durch unsoziale Wohnungsbaupolitik und
einem Kaputtsanieren sieht es in der Bronx stellenweise aus, wie nach einem Bombenangriff.
Noch nie war die Kluft zwischen den Reichen und Armen in den USA größer, der Graben zwischen
Schwarzen und Weißen tiefer und die Wut der Schwarzen auf die Weißen größer. Genau diese
Wut hat sich dem Hip Hop bemächtigt und spiegelt als eine Musik der schwarzen Unterschicht
deren Stimmung wider. In ihrer direktesten Form kommt sie bei den selbst ernannten GangstaRappern zum Ausdruck.
Diese stammen zum größten Teil von der West Coast (Los Angeles). Zu ihren Hauptvertretern
gehören u.a. NWA (Niggaz With Attitudes), Ice Cube, Geto Boys, Above The Law oder Boo Yaa
T.R.I.B.E. In ihren Raps erzählen sie unverblümt und emotionslos von dem täglichen Leben in den
Schwarzen-Gettos wie Compton oder Inglewood in South Central, Los Angeles. Vom Krieg
zwischen den Rassen, der alltäglichen Gewalt. Gangsta-Hip Hop ist die Sprache der Gangs, der
Banden in den Gettos und oftmals stehen diese Rapper selbst noch mit einem Bein in einer
solchen bzw. im Gefängnis. Die Gruppe Boo Yaa T.R.I.B.E. ist ein Beispiel dafür. Der erste Teil des
Namens (Boo Yaa) ist, nach Aussage der Gruppe, der Sound den die Kugeln beim Abschießen
einer abgesagten Schrotflinte verursachen. "Tribe" steht für den Stamm. Sie stammen alle aus ein
und derselben Gang. Sie sagen zwar: "Unsere Waffen sind jetzt die Reime. Wir killen unsere
Gegner nur noch mit unserer Musik"(20), machen aber auch im gleichen Augenblick klar, dass,
wenn ihnen irgendjemand krumm kommt, sie sofort wieder zur Waffe greifen würden. Eine
dermaßen hohe Agressivität legt auch der Rapper Ice Cube an den Tag.
29
(Plattenbspl.Nr.14: "The Nigga Ya Love To Hate", Ice Cube auf der LP "AmeriKKKas Most
Wanted", 1991)*, Text siehe Anhang
Auf seiner LP, die konzeptionell so angelegt ist, dass jedes Stück eine Seite der Getto-Realität
darstellt und die untereinander mit Kurzhörspielen verbunden sind, beschreibt er nicht nur äußerst
gewalttätig das Leben in seiner Umgebung. Er legt sich auf provozierende Art und Weise mit allen
Weißen an, was bereits im Titel der LP klar zum Ausdruck kommt. Die drei großgeschriebenen Ks
stehen für den Klu Klux Klan, und für ihn für alle Weißen. Sein Hass ist groß und er ist der
schwarze Underdog, der es mit allen aufnehmen wird.
Der Gruppenname Lench Mob (Lynchende Gang o. Mob) seiner Crew unterstreicht es noch
zusätzlich. Der Name „... soll den Amerikanern ihren eigenen Rassismus vorhalten. Nachdem der
Klu Klux Klan, der im Süden Schwarze gelyncht hat, sind wir jetzt dran - allerdings hängen wir
unsere Gegner nicht mit Seilen, sondern mit unseren Worten auf."(21) Zur Not würde er innerhalb
einer solchen Konfrontation sogar sterben. Als Beweis dafür steht zu Beginn seiner LP ein
Hörspiel, indem er (als Cube Black) auf dem Elektrischen Stuhl hingerichtet wird. Er ist der harte,
eiskalte Homeboy, der vor nichts zurückschreckt und den nichts aufhalten kann.
Cube und seinen Kollegen von NWA (deren Mitglied er früher war) werden für solche Texte
Gewaltverherrlichung, blinder Rassismus und menschenverachtende Frauenfeindlichkeit
vorgeworfen. Sogar aus den eigenen Reihen des Message Hip Hops, so z.B. von KRS 1.
Die Gangstas dagegen sehen darin lediglich die reine Darstellung der Realität und verstehen sich
als Frontberichterstatter in einem Krieg. “Peoples sometime act as if we are making up the stuff we
talk about on the records, that we are trying to be controversial and shocking. It is controversial and
shocking, but it's also real. We're speaking in the language of the neighbourhood. The homeboy
know exactly what we’re saying...”(22)
Der Erfolg gibt ihnen anscheinend Recht. Ihre Platten landen in Amerika innerhalb kürzester Zeit
auf den oberen Plätzen der Billboard-Charts und das ohne air-play, ohne, dass sie in Radios
gespielt werden durften. Sie werden immer radikaler. Die letzte von Ice Cube veröffentlichte LP
"Death Certificate" könnte nicht unversöhnlicher sein. Dort wird nicht nur das weiße Amerika
verflucht, sondern – ebenfalls Koreaner ("Black Korea" ), Juden ("True To The Game"), Schwule
("Horny Lil' Devil" ) und Frauen (Look Who's Burnin"'), die einmal mehr nur als Nutten (bitches)
bezeichnet werden.
"Death Certificate" ist das Zeugnis der augenblicklichen Stimmung großer Teile der schwarzen
Bevölkerung, die sich von der Regierung und der Politik betrogen und im Stich gelassen fühlen und
immer öfter mit blindem Hass auf alles reagieren, was vermeintlich anders ist. Damit geben sie
jedoch die Unterdrückung nur weiter. An ihrer eigentlichen Situation ändert sich nichts. Gangsta
Hip Hop als der Ausdruck eines solchen Bewusstseins ist das Dokument einer permanenten, zu
einer Provokation erstarrten Protesthaltung geworden. Unfähig eine Analyse der Situation
anzustreben und damit eventuell Vorschläge zu einer Verbesserung derselben zu liefern, verharrt
diese Musik in reinen Drohgebärden und wird zum Dokument eines umgedrehten Rassismus, der
auf Hass mit Hass antwortet.
Die Textinhalte stellen gleichzeitig die Positionen der Nation Of Islam dar, dessen Mitglied Ice
Cube inzwischen geworden ist, und die in den letzten Jahren stark an Mitgliedern (zurzeit, Januar
1992: 800 000) hinzugewonnen hat. Unter der Führung von Louis Farrakhan hat sie sich zu einer
noch radikaleren Sekte entwickelt, als sie es in den 60er-Jahren schon war: Schwarzer
Nationalismus, Segregation und abstruseste Verschwörungstheorien über jüdisch-koreanische
Geschäftsbesitzer, die der Black Community das letzte Geld aussaugen und dass es in den Gettos
so viele Schnaps- und Plattenläden gibt, damit sich die Schwarzen selbst zerstören, sind
Schwerpunkte ihrer Ideologie.
Die NOI predigt die Überlegenheit der schwarzen Rasse und ist durch ihre physische und
psychische Präsenz von offensichtlicher Stärke. Sie ist für viele Schwarze die einzige vorhandene
politische Kraft, die dem weißen Amerika etwas entgegenzusetzen hat. Dadurch wird die NOI
30
paradoxerweise auch für viele Schwarze, die in ihrem politischen Denken viel liberaler und
humanistischer eingestellt sind, sehr attraktiv. Zum Beispiel gehört es unter den Hip Hoppern zum
guten Ton - egal ob politisch oder nichtpolitisch, egal ob Gangsta Rapper oder liberaler PolitRapper - auf dem Platten-Inlett eine Grußbotschaft an Louis Farrakhan zu richten. Kritik an der
Führung wird innerhalb der Black Community ausgetragen. Nach außen hin wird Geschlossenheit
demonstriert. Anders ist es nicht zu erklären, warum z.B. Africa Bambaataa, der sowohl mit
weißen, als auch mit schwarzen Künstlern arbeitet und sich in der Tradition der Bürgerrechts- und
Friedensbewegung sieht, Mitglied in der Nation of Islam ist und genauso geschlossen hinter L.
Farrakhan steht wie z.B. Ice Cube. Es zeigt gleichzeitig, wie verzweifelt die Lage der Schwarzen
sein muss, wenn sie in ihrer Not zu einer Organisation stehen (müssen), deren Inhalte und
Praktiken sie (teilweise) ablehnen.
Eine Ausnahme bildet der Polit-Rapper KRS1 und seine Gruppe Boogie Down Productions (BDP).
KRS steht fest in der Tradition der Bürgerrechtsbewegung und ist selbsterklärter Gegner der
Gangstas, die er nur verächtlich Sucker-MC’s (Ätz-Rapper) nennt. Er setzt sich für Frieden,
Gleichheit aller Rassen und Humanität ein. KRS1 gehört zu den Polit Hip-Hoppern, die ihre erlebte
Realität nicht nur beschreiben bzw. verherrlichen, sondern die auch versuchen sie zu analysieren.
KRS1 will nicht nur Hass säen, er versucht in seinen Texten Problemlösungen anzubieten.
(Musikbeispiel Nr.15: BDP: "You Most Learn", auf "The Blue Print Of Hip Hop",(Jive/LP) 1988), Text
siehe Anhang
Wie aus dem Titel ersichtlich wird, steht für KRS1 die Bildung der Schwarzen im Vordergrund. Sie
ist für ihn der Schlüssel zur Verbesserung der Zustände der Schwarzen: „I speak to them human
intelligence. I want to show kids another way to deal with things. We can deal with things by beeing
intelligent and dealing with our problems head on."(23) Er sieht sich inzwischen mehr als Lehrer
und Philosoph, denn als Rapper, und seine Aktivitäten beschränkt er nicht nur auf das Produzieren
von LPs. Daneben hält er an amerikanischen Universitäten Vorträge über die Situation der
Schwarzen und verfasst Artikel in der New York Times. Weiterhin ist er Initiator der Stop-TheViolence- und der H.E.A.L. (Human Education Against Lies) -Bewegung, in denen er Versucht, mit
anderen Hip Hoppern gegen die zunehmende Gewalt innerhalb des Gettos anzugehen. Seine
Auftritte nennt er Endutainmant, eine Verbindung von Education (Erziehung) und Entertainment.
Dabei setzt er bewusst die Masche, harten Hip Hop mit humanitären Textinhalten zu verbinden,
ein.
KRSI ist im Laufe der Jahre z u einem der einflussreichsten Rapper geworden. Sein Manko ist,
dass gerade seine neueren Platten nicht mit der Qualität vieler anderer Produktionen standhalten
können. Dadurch befindet er sich in der Situation, einerseits politischer Sprecher zu sein, der zu
den verschiedensten politischen Veranstaltungen eingeladen wird und innerhalb der Community
als Leader angesehen ist, andererseits verkauft er viel weniger Platten, weil die Schwarzen dann
doch lieber die musikalisch besseren Gangsta-Rapper hören wollen. „Boogie Down Productions
kauft man, weil sie korrekt sind. Aber im Auto laufen Naughty By Nature oder NWA."(24)
Eine Gruppe, die sich in dem Spannungsfeld dieser beiden gegensätzlichen Positionen befindet,
die versucht, sie miteinander zu verbinden und obendrein kommerziell sehr erfolgreich ist, ist die
Gruppe Public Enemy (PE). Sie steht der Nation Of Islam sehr nahe, was am ähnlichen Aufbau der
Gruppe deutlich wird. PE ist im gesamten Auftreten militärisch und wie ein kleiner Staat organisiert.
Neben den beiden Rappern Chuck D und Flavor Flav, dem DJ Terminator X, dem Minister Of
Information und dem Media Assasin, gibt es die Security of the First World. Sie tritt in
Kampfanzügen und mit Gewehrattrappen auf und ist der Fruits of Islam, der Elite-Kampftruppe der
NOI nachempfunden. Der ganze Gestus und Habitus soll Stärke, Macht, Selbstbewusstsein, aber
auch schwarzen Nationalismus signalisieren. Damit stehen sie in ihrem Auftreten der NOI nicht nur
nahe, sondern begreifen sich als einen Teil dieser Bewegung. Gleichzeitig lassen sie sich aber
nicht von ihr vereinnahmen und rücken von gewissen Inhalten ab und versuchen gleichzeitig
Sprecher zu sein für die unterschiedlichsten Meinungen und Strömungen innerhalb der Community.
31
Dies schaffen sie durch den, fast schon genialen Trick, die einzelnen Persönlichkeiten innerhalb
der Gruppe bestimmte Parts mit bestimmten Funktionen übernehmen zu lassen, die sich eigentlich
ausschließen. An erster Stelle steht der Rapper Chuck D, der Kopf von PE und selbst ernannter
Lyrical Terrorist. Er ist der schwarze, zornige Mann, der die Massen zum Nachdenken bewegen
will. Seine Einstellung, die sowohl radikal-militant ist, als auch humanistische Gedanken beinhaltet,
bezeichnet er als pro-black. Damit stellt er sich gegen die NOI mit ihrer against all whites- oder only
black- Ideologie und wiederum auch nicht. Pro black bedeutet, höchstmöglichste Förderung der
schwarzen Rasse. Dies beinhaltet bei fortdauernder Unterdrückung, die Entscheidung zu einer
offenen Konfrontation mit der weißen Gesellschaft. Das ist der stärkste Berührungspunkt zwischen
Chuck D und den Ideen und Zielen der NOI. Pro black schließt deshalb für Chuck D. nicht aus, mit
Weißen gemeinsam aufzutreten, z.B. 1990 mit einer weißen Hip Hop-Gruppe, den Young Black
Teenagers oder 1992 mit der Heavymetal-Band Anthrax. An diesem Punkt entfernt er sich sehr
deutlich von der NOI, da er durch solche Aktionen Gesprächsbereitschaft signalisiert. Für ihn sind
nicht alle Weiße automatisch blue-eyed-devils.
Chuck D gegenüber stehen der Minister of Information Professor Griff und Media Assasin Harry
Allen. Beide übernehmen den Part des unversöhnlichen, zynischen Schwarzen, der alle Weißen
verteufelt und im Prinzip als Sprachorgan der NOI gewertet werden kann. Nach heftigen
antisemitischen Äußerungen Professor Griffs in der Washington Times vom Mai 1989 verließ er
nach beiderseitigem Einverständnis die Gruppe. Seinen Platz als Informationsminister nahm Sister
Souljah ein, welche für die Emanzipation der schwarzen Frauen eintritt und aus einer christlich
motivierten, politischen Bewegung kommt. Den Part des Weißen-Hassers hat Harry Allen nun ganz
übernommen.
Ihnen allen zur Seite steht Flavor Flav, Co-Rapper und Joker im wahrsten Sinne des Wortes. Er ist
die personifizierte Karikatur all der Eigenschaften, die den Schwarzen von Seiten rassistischer
Weißer angehängt werden. Der vollkommen überzogene Nigger, egozentrisch, triebhaft und
absolut überdreht. Die Bewegungen, die extreme Getto-Sprache sind die maßlose Übertreibung
der Eigenschaften und Verhaltensweisen eines vollkommen durchgeknallten Homeboys. Er ist der
Gegenpol zu Chuck D und lockert, durch seine manchmal psychopatisch anmutenden
Verhaltensweisen, die intensive Präsenz der Gruppe auf.
Die unterschiedlichen politischen Strömungen innerhalb von PE sind sehr schlecht nachvollziehbar,
aber für die Botschaft ungeheuer effektiv. Zum einen erfreuen sie sich eines breiten Zuspruchs
innerhalb der Community, zum anderen erreichen sie durch die gelegentlichen Ausfälle einzelner
Mitglieder der Gruppe eine hohe Medienpräsenz. Provokative oder rassistische Äußerungen
dienen dazu, bei der breiten Masse der Bevölkerung eine Diskussionsbereitschaft zu erzielen und
Inhalte und Anliegen der Community zu verbreiten.
Die Musik von PE übersteigt die Intensität der Darstellung der Gruppe bei weitem.
(Musikbspl. Nr 16: Public Enemy, “Fight The Power" auf Fear Of The A Black Planet”, Def Jam
1990), Text siehe Anhang
Ihre Songs ähneln eher einer Klang/Krach-Collage. Eingesampelte Sirenen, wilde HeavymetalScratches erzeugen eine beständige Geräuschkulisse, die den Hörer gefangen nimmt und
vereinnahmt. Public Enemy schafft es, ähnlich wie Ice Cube, die Wut und Agressivität in einer
absolut intensiven Form in die Musik zu codieren. Bei vielen Stücken hat man unwillkürlich das
Gefühl mitten in ein Kriegsgebiet versetzt zu sein. Energie pur, wobei das englische Wort Power
die treffendere Bezeichnung wäre, beinhaltet es auch die Bedeutung von Macht.
Darin eingebettet sind die Lyrics von Chuck D, eine Mischung aus Beschreibung, Anklage und
Belehrung. Ihre Inhalte gehen von Kriegsdienstverweigerung über den Rassismus in seinen
verschiedensten Ausprägungen, bis hin zu den Krisen innerhalb der Community, wie Drogen,
Bandenkriminalität, männlichen Chauvinismus.
Genau wie KRS1, betrachten sich PE weniger als Musiker, sondern als analysierende
Berichterstatter: "Was wir tun können ist die Sinne für die Wahrnehmungen aller Art weiter zu
sensibilisieren und dadurch die Intelligenz des Einzelnen zu fordern... Wir können nur informativ
32
aktiv werden, punktuell wie eine Art Lehrplan, den wir zusammenstellen. Nur damit können wir aber
auch Veränderungen in der Community herbeiführen. Darüberhinaus müssen die weißen Politiker
gezwungen werden, uns dort Hilfe zu leisten, wo es am nötigsten ist. In diesem Sinne verstehen wir
uns als 24 Std.-7 Tage-die-Woche-TV-Station, die den Dialog voranbringen muss. Alleine um den
staatlich beherrschten Massenmedien etwas entgegenzusetzen."(25)
Dieses Konzept nennen sie "mental-self-defensiv". Der Aufbau einer eigenen physischen und
psychischen Stärke, durch die Analyse (und Konfrontation mit) der Vergangenheit und der
Gegenwart. Diesen Lernprozess wollen sie durch das bewusste Einsetzen von Popmusik in Gang
bringen und erreichen: "Die Idee, den Auflösungserscheinungen etwas entgegenzusetzen, hat
natürlich nichts mit Pop oder so zu tun. Nur: die Leute, um die es geht, erreichst du halt mit Musik.
Die hören ja überhaupt keiner Öffentlichen Persönlichkeit oder gar einem Abgeordneten mehr
zu".(26) Um ihre Message erfolgreich an den Mann oder die Frau zu bringen setzen sie das
Medium Videoclip ein. Die Video-Clips sind eine geschickte Mischung aus Fiktion, DokumentarfilmEinspielungen und nachgespielten Szenen. Mit Eindringlichkeit und Klarheit werden dort die
Mechanismen der alltäglichen Unterdrückung analysiert. In dem "Can Truss It"-Video werden
nachgespielte Szenen aus der Sklavenzeit mit dokumentarischen Einspielungen von Verhaftungen
schwarzer politischer Führer (M. L. King, Angela Davis, Malcom X) in Zusammenhang gebracht,
und somit, in Verbindung mit Text und Musik, eine Kontinuität schwarzer Unterdrückung dargestellt.
(Muiskbspl.Nr.16: PE "Can Truss It" auf der LP "Apokalypse 01... The Enemys Strikes Back“, Def
Jam ‘92), Text siehe Anhang
Das Video "911 Is Just A Joke" ist ein zynischer und satirischer Angriff auf die medizinische
Unterversorgung der schwarzen Bevölkerung. In dem Clip "Brothers Gonna Work It Out" klagen
sie, wiederum durch die Vermischung von Fiktion und Realität, polizeiliche Übergriffe auf die
schwarze Bevölkerung an und liefern Vorschläge, wie man durch Selbsthilfe-Gruppen gemeinsam
Vorgehen und aktiven Widerstand leisten kann. Bewusst setzen Public Enemy die Video-Clips als
Träger ihrer Botschaften ein. Dabei gehen sie nicht nur von der Tatsache des immer größer
werdenden Analphabetentums aus, sondern erheben die Videos zur Nachrichten- und
Informationsquelle einer Oral Culture-beeinflussten Gesellschaft.
Damit werden Public Enemy und mit ihnen die meisten anderen Hip Hop-Gruppen, zu neuzeitlichen
afrikanischen Wandersängern, die jahrtausendalte Kulturtraditionen mit neuesten technischen
Mitteln fortsetzen: Botschafter, Prediger, Aufklärer, Politiker, Geschichtenerzähler, Historiker,
Künstler und Bewahrer der afroamerikanischen Geschichte. Hip Hop ist nicht nur der Ausdruck
eines bestimmten Bewusstseins. Er ist, mittels seiner Lehr-, Lern- und Vorbildfunktion (Chuck D.
hat längst die Stellung eines politischen Leaders), Ausgangspunkt zur Änderung des
Bewusstseins, Grundlage gesellschaftlichen Handelns und fester Bestandteil der Black Community
geworden.
4.3.
MESSAGE EIP HOPPER - POPIDOL UND POLITISCHER FÜHPER
Das ist wohl der Hauptgrund, weshalb Hip Hop bis heute noch nicht von Weißen adoptiert worden
ist. In jeder anderen schwarzen Musik ist dies früher oder später geschehen. Es gibt weiße
Bluesmusiker, Jazzmusiker, Funkmusiker, die diese Musik nicht nur nachspielen, sondern auch
Innovatives leisten oder geleistet haben wie z.B. im Jazz der Pianist Bill Evans oder Joe Zawinul
oder im Blues der Gitarrist Johnny Guitar Winter. Hip Hop wird seit 20 Jahren von Schwarzen
gemacht. Es gab und gibt (’92) meines Wissens in Amerika drei weiße Gruppen, die kommerziell
erfolgreich, Hip Hop machen. Wobei entweder schwarze Produzenten hinter den Gruppen stehen
(Beastie Boys und Young Black Teenagers) oder die Gruppen gemischt sind (3rd Bass). Hinzu
kommen zwei oder drei Latino Hip Hopper wie z.B. Kid Frost oder Mellow Man Ace. Selbst im
Crossover-Bereich zur Popmusik finden sich sehr wenig weiße Rapper (Marky Mark, Vanilla Ice),
auch hier dominieren die schwarzen Rapper wie z. B. Kid'n Play, MC Hammer, Tone Loc oder
Young MC.
33
Trotzdem ist Hip Hop bei allen Jugendlichen - und da gerade der härteste Message Hip Hop - die,
neben Heavymetal, zurzeit populärste Musik. In kaum einer anderen Musiksparte werden so viel
Platten verkauft und wird so viel Geld verdient.
Jugendliche auf der halben Welt rennen wie B-Boys aus der Bronx oder South Compton herum.
Was macht die Musik für weiße Kinder aus einem fremden Kulturkreis so interessant?
An den gesellschaftskritischen Texten kann es nicht liegen, denn die werden in den seltensten
Fällen verstanden, da es selbst weißen Amerikanern zum Teil Schwierigkeiten bereitet, Black
English halbwegs gut zu verstehen.
Ich denke der Reiz dieser Musik liegt in ihren rebellischen Ausdrucksformen, ihrem Habitus, der
Musik und der darin codierten Power. Das was Rock 'n Roll für die 50er, Soul und Rock für die 60er
und Punk für die 70er war, ist der Hip Hop für die 80er und 90er-Jahre: Spaß, Aufmucken,
Aggression. Er besitzt somit all die Eigenschaften, die eine anständige Jugendrevolte braucht.
Mehr noch, die Musik fand ihre ersten und größten Anhänger unter den ausländischen
Jugendlichen (die ersten Breakdancer waren türkische und jugoslawische Jugendliche). Sie
konnten sich, selbst einer benachteiligten Minderheit angehörend, sehr gut mit Hip Hop
identifizieren. Hip Hop als Revolutionsmusik, schafft es somit seine Inhalte in der Musik codiert,
über soziale Grenzen hinweg, zu vermitteln.
Polit- Hip Hoppern wie Chuck D oder KRSI ist es schmerzhaft bewusst, dass sie nur zur Hälfte
verstanden und zumeist mit den Gangsta-Rappern in einen Zusammenhang gebracht werden, weil
sie mit der gleichen Energie und mit ähnlichen Bildern arbeiten. Dies nehmen sie in Kauf, denn
durch die große Beliebtheit von Hip Hop und ihrem Pop- bzw. Idolstatus, erreichen sie, dass ihr
Anliegen, ihre Botschaft zum Gesprächsthema gerade in den sonst sehr unpolitischen
Popmusikmedien wurde. Nicht nur durch die MTV-Sendung "Yo!MTV", die 1989 auf Sendung ging
und die in Amerika, wie in Europa eine der beliebtesten Hip Hop-Musiksendungen überhaupt ist,
konnte der Message Hip Hop sein Anliegen weltweit publik machen.
5. RESÜMEE UND AUSBLICK
Mit dem Hip Hop entstand ein neuer Musikstil innerhalb der afroamerikanischen Musik. Was sich
zu Beginn ausnahm wie eine leicht modifizierte Form der Discomusik, entwickelte sich im Laufe der
nächsten Jahre zu einer eigenständigen Musikform mit neuen Instrumenten und neuen Techniken.
Aus den Publikumsaufforderungen wurden Raps, gesprochene Texte die informativ, poetisch aber
auch provozierend und politisch waren: Afroamerikanische Literatur im Sinne der Oral Culture. Die
Plattenspieler waren mehr als reine Abspielgeräte. Sie wurden zu Instrumenten, die DJs zu
Instrumentalisten, Solisten und zumindest in der Anfangsphase des Hip Hop zu Improvisateuren.
Später, mit dem Aufkommen der elektronischen Geräte, wurden sie eher zu Soundgestaltern und
Komponisten, die, auf der Grundlage von konservierter Musik (Schallplatten, Filmmusiken etc.),
collagenartige und sehr tanzbare Musik kreierten und ihnen den Ruf einbrachte lediglich
"Copycats", d.h. Ideenklauer, zu sein.
Dies entspricht nicht meiner Auffassung, denn sie übernahmen nicht nur bereits vorhandene
Musikstile, sondern montierten sie nach ihren Vorstellungen zu neuen Sounds, zu einer neuen
Musik zusammen. Dabei folgten sie einem aus Afrika stammenden Kompositionsprinzip, nach der
nicht die Anfangsidee, sondern die rhythmischen Melodievariationen der beteiligten Musiker über
einen Grundrhythmus oder -melodie die eigentliche Komposition ist. Sie benutzten eine uralte
Technik des Musizierens mit den neuesten technischen Möglichkeiten. Die Tatsache, dass durch
das Samplen von 70er-Jahre Funk ein Revival dieser Musik eingeleitet wurde, spricht meines
Erachtens dafür, dass der Hörer, die Hörerin sehr wohl zwischen dem Original und der daraus neu
entstandenen Musik unterscheiden konnte. Wem ein gesampelter Akkord oder Schrei eines James
Brown-Stücks (als James Brown-Musik) reichte, würde nicht zum Original greifen wollen.
Außerdem habe ich noch niemanden sagen hören Charlie Parker oder Dizzy Gillespie wären
Copycats, nur weil sie die Akkordfolge des Georg Gershwin Songs "I've Got Rhythm" benutzten,
um eigene Melodien und Improvisationslinien darüber zu spielen. Der Jazz und der Hip Hop
verwendeten und verwenden gleiche Techniken: In Beiden wird ausgewählt und bestehende Musik
34
in immer anderen Variationen neu zusammengesetzt. Dass dabei die Jazzmusiker normale
Musikinstrumente benutzen und die Hip Hopper neue erfanden, sollte nicht über die Tatsache
hinwegtäuschen, dass erstens in allen afroamerikanischen Musikstilen Instrumente gegen ihren
Sinn, ihre technische wie musikalische Funktion benutzt wurden (neue Anblastechniken/Hot
Intonation/Rolle der Begleitinstrumente im Jazz oder Blues oder Sampling/Cutting/Mixing als
kreativ-musikalisches Moment im Hip Hop), und das es zweitens um das gleiche
Kompositionsprinzip handelt.
Hip Hop steht nicht nur fest in der Tradition afroamerikanischer Musikstile, in ihm sind, wie von mir
ausgeführt, Afrikanismen wieder auferstanden. Graffitis Z. B. sind nicht nur kunstvolle Bilder, die je
nach Sichtweise das Straßenbild verschönern bzw. verschandeln. Sie besitzen innerhalb der Oral
Culture geprägten Kultur der Black Community Symbol- und Nachrichtenfunktion. Aus einfachen
Namensschriftzügen oder Abkürzungen (Tags) entstanden, dienen sie zur Gebietsmarkierung für
einzelne Jugendgangs. Sie sagen viel über den jeweiligen Maler aus: Sowohl im Sinne einer
kunstwissenschaftlichen, ästhetischen Analyse, als auch als direkte und eindeutige Botschaft.
Der Tanz stand und steht ebenfalls für die direkte Kommunikation, mit dem Konkurrenzkämpfe
ausgetragen werden, und in dem der tägliche Kampf ums Überleben gestisch mitgeteilt wird. Eine
Hauptleistung des Hip Hops ist die Wiederentdeckung der gesprochenen (gesungenen) Sprache
als Botschaft. Sie wurde zur Trägerin von Informationen und entwickelte sich zur direktesten und
unmittelbarsten Form schwarzen Protests, den die afroamerikanische Musik bisher hervorgebracht
hat. Sie knüpft an die Tradition der afrikanischen Wandersänger an, und sie ist als Musik einer Oral
Culture nicht nur Ausdruck des Bewusstseins dieser Gesellschaft, sondern Grundlage und
bestimmende Form. Chuck D von Public Enemy oder KRSI von Boogie Down Productions haben
den Status von Pop-Idolen und politischen Führern!
Damit wurde der Hip Hop zur direktesten und geschlossensten Kunstform, welche die Black
Community hervorgebracht hat. Hip Hop ist Musik, Poesie, Literatur, Tanz, Bewahrer der
afroamerikanischen Geschichte, Chronist, Protest, Politik aber auch Spaß und Sex und spiegelt
somit die Black Community in ihrer Gesamtheit wider, und ist, wie bereits gesagt, ein Teil der
gesellschaftlichen Grundlagen der Community. "In der Vergangenheit waren Gospel und Blues die
Musik des Volkes", sagt KRS1. "Jetzt ist es Rap."(1)
Darin liegt wohl auch der Grund, warum es diese Kunstform geschafft hat, von Weißen weder
adaptiert noch weiterentwickelt zu werden. Es gibt sehr wenig weiße Hip Hopper, und die drei bis
vier weißen Künstler (Stand Januar/1992) sind die Ausnahme, die die Regel bestätigen. Zu dieser
Ausnahme gehören für mich auch die lateinamerikanischen MCs und DJs wie z.B Kid Frost und
Mellow Man Ace. Sie sind zum Teil Sprachrohr der Chicanos und Puerto Ricaner, die nach Vorbild
der Afroamerikaner "I'm brown and I'm proud" propagieren. Die große Masse der Latinos jedoch
hören identifizieren sich nach wie vor lateinamerikanischer Musik, wie z.B. dem kubanischen Salsa.
Hip Hop sperrt sich gegen die Vereinnahmung von außen, und ist trotzdem (oder gerade
deswegen?) gleichzeitig eine der beliebtesten Musikstile der heutigen Popmusik. Er ist neben
Heavymetal die Jugendmusik der 90er-Jahre, weil er, genau wie alle anderen Jugendmusiken vor
ihm, für Revolte, Protest, Spaß, Sex und Jugendlichkeit steht. Hip Hop gibt es seit 20 Jahren und
das Potenzial dieser Musik scheint noch lange nicht ausgeschöpft. Hip Hop hat als Grundlage die
variative Veränderung kleiner musikalischer Bausteine, hier gesamplete Musikteile.
Zusammengesetzt bilden sie die Komposition als augenblickliche Erscheinung, die durch die Platte
oder (seltener) das Konzert festgehalten wird. Dies beinhaltet eine permanente Aktualisierung des
Hip Hops. Hip Hop ist wie ein Schwamm, der aktuelle Strömungen aufgreifen kann und sie in
seinem Sinne und nach seinen Vorstellungen verarbeitet. Ich begreife Hip Hop als eine, in einem
positiven Sinne, eklektizistische Musik, die durch ihre Offenheit, nicht nur Revivals benutzter - weil
gesampleter - Musikstile einleitet, sondern auch zu starken Crossovertendenzen, zu Verbindungen
mit anderen Musikstilen zu neuen Musikstilen, neigt. An den neuesten Entwicklungen möchte ich
diese Crossovertendenz zu anderen Musikstilen (am Beispiel Jazz) und die permanente
Weiterentwicklung und Verarbeitung von Musikstilen (am Beispiel Reggae) zu immer neueren
Formen des Hip Hops kurz darstellen.
35
5.1. HIP HOP UND JAZZ - HIP HOP UND REGGAE
Die Politisierung innerhalb des Hip Hop schaffte bei den Hip Hoppern, ähnlich wie bei den Be
Boppern und später bei den Free Jazzern, ein Bewusstsein für den Ursprung und die Wurzeln der
afroamerikanischen Kultur. Zu Beginn der 90er-Jahre war Afrocenitry in aller Munde. Ähnlich wie in
den 70er-Jahren entstand in dieser Zeit eine starke Rückbesinnung auf das afrikanische Erbe. In
diesem Zusammenhang sind die "Five Percenter" von großer Wichtigkeit, die unter den Hip
Hoppern immer mehr Anhänger gewinnen.
Die Five Percenter wurden in den 60er-Jahren von Clarence 13 X Smith gegründet und sind eine
von insgesamt 72 Splittergruppen der Nation Of Islam (NOI). Ihre Ideologie ist eine Mischung aus
afrikanischer Mystik und christlichen und islamischen Heilslehren. In der Hauptsache vertreten sie
die Ansicht, dass die Wiege aller Kulturen in Afrika steht, dass 85% Prozent aller Menschen von
10% aller Menschen ausgebeutet werden und nur 5% dies alles durchschauen und ändern können.
Sie betrachten sich als die Elite und vertreten die Ansicht, dass jeder Mensch sein eigener Gott ist,
der sich seine eigene Realität kreiert. Dadurch sind die Five Percenter gerade unter den
jugendlichen Schwarzen sehr beliebt, denn wer sich seine eigene Realität schafft, kann, im
Gegensatz zur fundamentalistischen NOI-Ideologie, ruhig Alkohol oder andere Drogen genießen.
Neben diesen skurrilen Verhaltensmustern der Mitglieder beinhaltet die Ideologie der eigenen
Realität einen selbstbestimmteren Umgang mit sich selbst und anderen und ist bewusster
Ausdruck dafür, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen. Mitglieder sind u.a. Big Daddy Kane,
Kool Moe Dee, Eric B oder Lakim Shabazz. Dazu kommen Gang Starr, Monie Loye, Queen Latifah,
A Tribe Called Quest und die Jungle Brothers, die Zusammen die Vereinigung der "Native Tongue"
bilden.
Im Zuge des wachsenden Selbstvertrauens, aber auch dem größer werdenden Interesse an der
eigenen kulturellen Geschichte, begann diese Gruppe von Hip Hoppern, den Jazz für den Hip Hop
zu entdecken.
(Musikbeispl. Nr. 18: "Jazz Thing" von Gang Starr, Maxiversion CBS 1991)
"Jazz Thing" ist sowohl textlich, als auch musikalisch eine Hommage an den gesamten Jazz. Der
Rap erzählt die Geschichte des Jazz, der durch eingesampelte Jazzsoli oder Gesprächsfetzen von
Jazzmusikern unterstützt wird.
In einem anderen Stück nehmen Gang Starr die Akkordfolge einer Dizzy Gillespie-Version von
"Night In Tunesia" als Grundlage für ein sehr tanzbares Hip Hop-Stück. In Folge entstanden, unter
anderem auch in England, eine Vielzahl von Remixes alter Jazz-Stücke, die mit Hip Hop-Rhythmen
unterlegt wurden. Wie bei den Soul-Samples früherer Hip Hop-Stücke, begannen sich die Hörer
auch bei den neuen Jazz-Samples sehr schnell für die ursprüngliche Musik zu interessieren.
Eingesamplete Soli von John Coltrane oder Miles Davis bei den Jungle Brothers, oder der
gesamplete Groove von "Don't Lose Your Mind" von der Miles Davis-LP "Tutu" bei Queen Latifah,
waren u.a. Startzeichen für ein Jazz-Revival, das zurzeit noch anhält.
Von Seiten der Jazz-Musiker gibt es sehr viele Vorbehalte gegenüber diesen eigenartigen
Mischformen von Hip Hop und Jazz. Immer mehr jüngere Jazz-Musiker beginnen jedoch, die
Energien des Hip Hop für sich zu entdecken und in ihre Musik zu integrieren. Der Erste, der
Elemente aus dem Hip Hop verwendete war Herbie Hancock auf seiner 1983er LP "Futureshock".
Dort finden sich live eingespielte Scratches und eingemixte Geräusche. Ein weiteres Beispiel ist
der Tenorsaxofonist Branford Marsalis, der mit Gang Starr auf der "Jazz Thing"- und mit Public
Enemy auf der "Fight The Power"-Produktion zusammengearbeitet hat. Ein anderes Beispiel ist die
New Yorker Musikervereinigung "M-Base" um die Musiker und Musikerinnen Steve Coleman,
Cassandra Wilson, Abbey Lincoln, Robin Eubanks und Craig Harris. Robin Eubanks hat auf seiner
letzten LP "Karma" eine interessante Vermischung aus Funk, Miles Davis-Fusion, experimenteller
Musik und Hip Hop vorgestellt.
36
(Musikbeispl. Nr.19: Pobin Eubanks, "Karma" auf der LP "Karma", New York 1990)
Der englische Gitarrist Ronny Jordan hat auf seiner neuesten LP "The Antidode" den JazzKlassiker „So What" von Miles Davis aufgenommen. Das im Swingfeeling gespielte Stück ist mit
einem Hip Hop Rhythmus unterlegt. Sehr eindrucksvoll ist das dazugehörige Video. Während der
stark Georg Benson beeinflusste Ronny Jordan sein Solo spielt, tanzen Breakdancer im
Hintergrund, die auch dann nicht aufhören, wenn in einem Break innerhalb des Stücks nur der
Swingrhythmus weiterläuft. Damit sagt dieses Video mehr über die Gemeinsamkeiten schwarzer
Musik aus, als Theorien es zu leisten vermögen.
Inzwischen haben die Hip Hopper wiederum begonnen mit Instrumentalisten aufzutreten und
Konservenmusik mit Livemusik zu mischen. Der Go-Go-Swing, eine Spielart des Hip Hop aus
Washington, praktiziert dies schon seit längerer Zeit. Dort werden alte Jazz-, Blues- und
Soulstandards mit Rap gemischt und in einem nonstop durchgehenden Rhythmus vorgetragen.
(Musikbspl.Nr.20: Chuck Brown & the Soulsearchers, "Kickin' The Jams", von der LP "LIVE 87",
Rhythm King 1988)
Hip Hop ist längst kein einheitlicher Stil mehr. Entstanden als Party-Musik, ist er zu einer Gattung
geworden, die von einfachen Pop Crossovers über Message Raps bis hin zur Verbindung und
Verschmelzung mit anderen Musik-Stilen wie Acid/House, Jazz, Reggae und Hardrock/Heavymetal
reicht. In diesem Augenblick, in dem ich über die neuesten Tendenzen schreibe, hat mich mit
ziemlicher Sicherheit die musikalische Entwicklung bereits überholt. Dies gilt sowohl für die
Verbindung und Annäherung von Jazz und Hip Hop, als auch für den neusten Hip Hop-Stil: den
Ragamuffin Hip Hop.
(Musikbeispl. Nr.21: Poor Righteous Teachers, "Easy Star", Maxi-Version 1992)
Ragamuffin Hip Hop ist eine Verschmelzung von Reggae bzw. Dancehall mit Hip Hop, und meiner
Meinung nach der neueste und wahrscheinlich wichtigste zukünftige Stil im Hip Hop. In „Yo! MTV
Raps“, der wichtigsten und aktuellsten Hip Hop-Sendung des Videosender MTV, hat sich der mit
schweren Reggae-Rhythmen versetzte Hip Hop bereits durchgesetzt. Der neue Rap-Stil, eine
Mischung aus rezitativem Toasting der Reggae-DJs und -Sängern und den Raps des Hip Hop ist
von vielen einigen Rappern, wie z. B. Big Daddy Kane teilweise übernommen worden.
Ich bin neugierig, was in den nächsten Jahren mit dem Hip Hop zu einem neuen Stil verschmelzen
wird. Eine Richtung wird sicherlich die Verbindung zwischen Hardcore Hip Hop mit Heavymetal
sein. Ein Beispiel dafür ist, die bereits erwähnte Zusammenarbeit von Public Enemy mit der Gruppe
Anthrax. Rick Rubins neues Label Def America Records, das sowohl Heavymetal-Gruppen, als
auch Hip Hop-Gruppen wie die Geto Boyz unter Vertrag hat, könnte innerhalb dieser Entwicklung,
von Bedeutung sein. Rubin erkannte Mitte der 80er-Jahre zu Zeiten von Def Jam R. die
energetische Gemeinsamkeit von Hip Hop und Hardrock und brachte Run DMC mit Aerosmith
zusammen.
Eine weitere Entwicklung innerhalb des Hip Hops könnte der Crossover zu den verschiedensten
Ethno-Musiken sein. Ich denke, dass die Beschäftigung der Hip Hopper mit ihren kulturellen
Wurzeln, verbunden mit einer noch stärkeren Hinwendung zum Islam, zu einer
Auseinandersetzung mit nichtwestlicher Musik führen könnte. Ähnlich wie bei den Hardboppern
und Freejazzern 10 bzw. 20 Jahre zuvor, werden sie sich in den nächsten Jahren vielleicht mit
Musik aus Indien und Afrika beschäftigen. Einen ersten Schritt in diese Richtung hat der gläubige
Moslem Eric B schon getan. Auf der Maxi-Version seines Stücks "Paid In Full" von 1987 sind
Gesangs- und Musikfetzen der israelischen Sängerin Ofra Haza eingesamplet. Indische Ragas
vermischt mit Raps? Wir dürfen gespannt sein!
37
6. ANHANG
6.1.
CHRONOLOGIE DES HIP HOPS
1970
1974
In dem schwarzen Getto Bronx
entwickelt sich aus der Discomusik
und Elementen und Techniken des
Reggae die Rap-Musik. Sie wird
mit dem Breakdance und den Graffitis
zu Ersatzwettkämpfen der
Jugendgangs. Im Hip Hop entstehen
neue musikalische Techniken wie
das Rappen, das Mixen und das
Scratchen. Die ersten Protagonisten
sind DJ Kool Herc, Grandmaster Flash
und Africa Bambaataa.
1974
1976
Hip Hop wird immer bekannter. Die
Hip Hop-Partys werden zu
Massenveranstaltungen, auf denen
Jugendliche aller Hautfarben
gemeinsam feiern. Die Techniken
des Scratchen werden verfeinert.
1979
Die erste Hip Hop-Platte wird
veröffentlicht. "Rapper's Delight"
von der Gruppe Sugar Hill Gang,
einer Retortenband der Produzentin
Sylvia Robinson.
1980
Hip Hop wird über die Grenzen hinweg
bekannt. Die eigentlichen Hip
Hopper kommen jetzt zum Zug. Die
großen Plattenfirmen beginnen sich
für die neue Musik zu interessieren.
Kurtis Blow ist einer der ersten
Hip Hopper, der bei einer großen
Plattenfirma unterkommt. Ein
Beispiel, das sehr schnell Schule
macht. Es gründen sich immer mehr
Gruppen und Tanzcrews.
Charlie Ahearns Film "Wild Style"
porträtiert sehr authentisch die
damalige Hip Hop-Szene.
1982
Hip Hop ist weltweit bekannt. Die
erste Phase (Old School) neigt sich
dem Ende zu. Gründe: Überladung
der Musik mit elektronischen Geräten
und Scratches.
1983
Die Kunstform Hip Hop scheint sich
totgelaufen zu haben.
38
1984
Die Band Run DMC experimentiert mit Hardrockrhythmen.
Rick Rubin und Simon Russel gründen Def Jam Records und nehmen den
erst 16-jährigen LL Cool J unter Vertrag.
1985
Run DMC und LL Cool J sind die Begründer der "New School". Eric B &
Rakim führen das Sampling in den Hip Hop ein.
1986
Boogie Down Productions (BDP) gründen sich.
1987
Public Enemy produzieren ihr erstes Album. Ice T aus Los Angeles
veröffentlicht sein erstes Album. Das Image des "Gangstas" etabliert sich im
Hip Hop. Gangsta-Hip Hop von der West Coast wird immer beliebter.
1988
KRS1 (von BDP) ruft die "Stop The Violence-"Bewegung ins Leben.
1989
Die Sendung "Yo!MTV Raps" geht auf Sendung. NWA veröffentlichen ihr
erstes Album "Straight Outta Compton".
De La Soul veröffentlichen ihr erstes Album " 3Feet High And Rising".
Public Enemy-Mitglied Professor Griff äußert sich in der Washington Post
antisemitisch und rassistisch und muss sich von Publik Enemy trennen. Die
NOI gewinnt immer mehr Einfluss auf die Hip Hop-Szene.
1990
Afrocenitry mit den dazugehörigen Accessoires kommt in Mode. Die "5
Percenter" eine islamische Sekte der NOI gewinnen unter den Hip Hoppern
immer mehr Anhänger. Dadurch findet eine stärkere Zuwendung zur eigenen
Kultur und Geschichte statt: Jazz- und Reggaemusik finden Eingang in den
Hip Hop.
Die West-Coast Rapper schließen sich zu einer "Alliance" zusammen und
treten mit dem Stück "We Are All In The Same Gang" gemeinsam gegen die
Gewalt in den Gettos auf.
1991
Hip Hop ist eine der erfolgreichsten Musikstile der späten 80er- und
beginnenden 90er-Jahre geworden. Von der MC Hammer-LP "Please
Hammer Don't Hurt" werden zwei Millionen Stück verkauft.
Bei Public Enemy wird mit Sister Souljah zum ersten Mal eine Frau Mitglied
und bringt damit den Feminismus in die wichtigste und einflussreichste PolitHip Hop Gruppe innerhalb der Black Community.
1992
Public Enemy tritt gemeinsam mit der Heavymetal-Band Anthrax auf.
Neueste Entwicklung ist der Ragamuffin Hip Hop. Eine Mischung aus den
Elementen des Dancehall-Reggae und des Hip Hop.
39
6. 2 TEXTE
AUS "NIGGA YA LOVE TO HATE" von Ice Cube
Soul Train done lost they soul
Just call it train cause the bitches look like hoes
I see a lotta others damnIt almost look like the Bandstand
You ask me did I like Arsenio About as much as the bicentennial
I don't give a fuck about dissing these fools cause they all scared of
the Ice Cube And what I say what I portray and all that
And ain't even seen the gat I don't wanna see no dancing
I'm sick of that shit listen to the hit Cause yo if I look and see another brother
On the video tryin to out-dance each other I'm a tell T-Bone to pass the bottle
And don't give me that shit about role model
It ain't wise to chastise and preach Just open the eyes of each
Cause laws are made to be broken up What niggas need to do is start loc-ing up
And build mold and fold theyself into shapeOf the nigga ya love to hate
Chorus: Fuck yon Ice Cube
It's the nigga ya love to hate
Voice: Yo, you aint doin' nothin' positive for the brothers! What you gotta say for yourself?
Cube: You don't like how I'm livin? Well, fuck you!
c. Gangsta Boogie Music. 1990
Aus "YOU MUST LEARN" von Boogie Down Productions
It's calm yet wild, the style that I speak deal with facts and you'll get weak in the heart
In fact, you start to illuminate Knowledge to others in a song. Let me demonstrate
The force of knowledge. Knowledge
reigns supreme
The ignorance are ripped to smithereens What do you mean when you say I’m rebellious
'Cause I don't accept everything that you're tellin’ us?
What are you sellin’ us? The creator dwells in us
I sit in your unknown class while you're failing us
I failed your class 'cause I ain't wit' your reasoning
You try to make me you by seasoning Up my mind with "See Jane run. See John walk" in a
hardcore New York Come on now. It's like a chocolata cow: lt doesn't exist, no way, no how It
seems to that in a School that's ebony
African history should be pump up steadily
But it's not, and this has got to stop "See spot run. Run get spot."
Insulting to a black mentality
A black way of live or a jet black family So 1 include with one concern:
That you must learn!
C. BDP Music/Zorqba Music. 1989
Fight The Power (Shocklee - Sadler – Ridenhour)
1989 the number another summer (get down)
Sound of the funky drummer
Music hittin' your heart cause I know you got sould
(Brothers and sisters, hey)
40
Listen if you're missin' y'all
Swingin' while I'm singin'
Givin' whatcha gettin'
Knowin' what I know
While the Black bands sweatin'
And the rhythm rhymes rollin'
Got to give us what we want
Gotta give us what we need
Our freedom of speech is freedom or death
We got to fight the powers that be
Lemme hear you say
Fight the power
Chorus
As the rhythm designed to bounce
What counts is that the rhymes
Designed to fill your mind
Now that you've realized the prides arrived
We got to pump the stuff to make us tough
from the heart
It's a start, a work of art
To revolutionize make a change nothin's strange
People, people we are the same
No we're not the same
Cause we don't know the game
What we need is awareness, we can't get careless
You say what is this?
My beloved lets get down to business
Mental self defensive fitness
(Yo) bum rush the show
You gotta go for what you know
Make everybody see, in order to fight the powers that be
Lemme hear you say...
Fight the Power/Chorus
Elvis was a hero to most
But he never meant shit to me you see
Straight up racist that sucker was
Simple and plain
Mother fuck him and John Wayne
Cause I'm Black and I'm proud
I'm ready and hyped plus I'm amped
Most of my heroes don't appear on no stamps
Sample a look back you look and find
Nothing but rednecks for 400 years if you check
Don't worry be happy*
Was a number one jam
Damn if I say it you can slap me right here
(Get it) lets get this party started right
Right on, c'mon
What we got to say
Power to the people no delay
To make everybody see
In order to fight the powers that be
41
c. Def American Music. 1989
*"Don't Worry Be Happy" des Jazz-Sängers Bobby McFerrin war 1988/89 ein Nummer Eins-Hit. Ein
Acapella-Stück im Overdub-Verfahren, das im Reggaefeeling über die Leichtigkeit des Lebens
philosophierte. Von Seiten der Black Community wurde ihm deswegen "Onkel-Tom-Mentalität
vorgeworfen. Siehe die LP "Simple Pleasures" (ElectraRecords), 1988.
"CAN TRUSS IT" von Public Enemy
Bass in your face
Not an eight track
Gettin' it good to the wood
So the people
Give you some a dat
Reactin' to the fax
That I kick and it stick
And it stay around
Pointin' to the joint, put the Buddha down
Goin', goin', gettin' to the roots
Ain't givin' it up
So turn me loose
But then again I got a story
That's harder than the hardcore
Cost of the holocaust
I'm talin' 'bout the one still goin' on
I know
Where I'm from, not dum diddie dum
From the base motherland
The place of the drum
Invaded by the wack diddie wack
Fooled the black, left us faded
King and chief probably had a big beef
Because of dat now I grit my teeth
So here's a song to the strong
'Bout a shake of a snake
And the smile went along wit dat
Can't truss it
Kickin' wicked rhymes
Like a fortune teller
'Cause the wickedness done by Jack
Where everybody at
Divided and sold
For liquor and the gold
Smacked in the back
For the other man to mack
Now the story that I'm kickin' is gory
Little Rock where they be
Dockin' this boat
No hope I'm shackled
Plus gang tackled
By the other hand swingin' the rope
Wearin' red, white and blue Jack and his crew
The guy's authorized beat down for the brown
42
Man to the man, each one so it teach one
Born to terrorize sisters and every brother
One love who said it
I know Whodini sang it
But the hater taught hate
That's why we gang bang it
Beware of the hand
When it's comin' from the left
I ain't trippin' just watch ya step
Can't truss it
An I judge everyone, one by the one
Look here come the judge
Watch it here he come now
I can only guess what's happ'nin'
Years ago he woulda been
The ships captain
Gettin' me bruised on a cruise
What I got to lose, lost all contact
Got me layin' on my back
Rollin' in my own leftover
When I roll over, I roll over in somebody else's
90 F--kin' days on a slave ship
Count 'em fallin' off 2, 3, 4 hun'ed at a time
Blood in the wood and it's mine
I'm chokin' on spit feelin' pain
Like my brain bein' chained
Still gotta give it what I got
But it's hot in the day, cold in the night
But I thrive to survive, I pray to god to stay alive
Attitude boils up inside
And that ain't it (think I'll every quit)
Still I pray to get my hands 'round
The neck of the man wit' the whip
3 months pass, they brand a label on my ass
To signify
Owned
I'm on the microphone
Sayin' 1555
How I'm livin'
We been livin' here
Livin' ain't the word
I been givin'
Haven't got
Classify us in the have-nots
Fightin' haves
'Cause it's all about money
When it comes to Armageddon
Mean I'm getting mine
Here I am turn it over Sam
427 to the year
Do you understand
That's why it's hard
For the black to love the land
Once again
43
Bass in your face
Not an eight track
Gettin' it good to the wood
So the people
Give you some a dat
Reactin' to the fax
That I kick and it stick
And it stay around
Pointin' to the joint, put the Buddha down
Goin', goin', gettin' to the roots
Ain't givin' it up
So turn me loose
But then again I got a story
That's harder than the hardcore
Cost of the holocaust
I'm talin' 'bout the one still goin' on
I know
Where I'm from, not dum diddie dum
From the base motherland
The place of the drum
Invaded by the wack diddie wack
Fooled the black, left us faded
King and chief probably had a big beef
Because of dat now I grit my teeth
So here's a song to the strong
'Bout a shake of a snake
And the smile went along wit dat
Can't truss it
c. Def American R. 1991
44
6.3.
ERKLÄRUNG DER WENIGER GELÄUFIGEN BEGRIFFE
ACID/HOUSE
Weiterentwicklung der Disco-Musik. Entstand in Chicago. Schnelle Tempi
sind charakteristisch. Der Gesang reduziert sich auf einzelne Sätze oder
hysterische Schreie. Es geht um das hemmungslose Tanzen. Der Name
House-Musik kommt von der ersten Disco, dem Warehouse, einem
Schwulen-Club in Chicago, dem Entstehungsort der House-Musik. ACID ist
die englische Variante des House.
Blaxploitation
zusammengezogenes Wort, bestehend aus Black und Exploitation (dt. große
bzw. Heldentat). Begriff für die in den 70er-Jahren entstandenen Filme und
Fernsehserien mit afroamerikanische Helden (z.B. "Shaft" oder "Superfly").
Selten waren diese Filme von guter Qualität, meistbillig abgedreht und von
Weißen produziert, dienten sie bloß dazu, durch gefärbte Helden Schwarze
ins Kino zu locken.
B-Boy/B-Girl
Kürzel für Break-Boy, also für die Breakdance-Tänzer. Ist inzwischen
Synonym für Hip Hop-Fans. Siehe auch Homeboy.
Boogie Down Bronx Bronx, Stadtteil von New York,* afroamerikanisches Getto.
Breakdance
neben dem Frozen und dem Electric Boogie der Tanz des Hip Hop. Alle
Tänze haben Wettbewerbscharakter. Ziel des Breakdance ist, es durch die
verrücktesten Tanzfiguren den verfeindeten Gangs gestisch den Hals zu
brechen und den Schneid abzukaufen, siehe auch Frozen und Electric
Boogie.
Cap
mit einer Waffe schießen
Cat
cooler Typ, siehe auch smooth und chill
Chill
cool, relaxed, gelassen sein.*
Chilly most
absolut cool sein.*
Chilling hard
cool im Sinne von abgekühlt/kaltblütig."
Chuck
ursprüngl. "weißer Aufseher" o."Weißer" heute: jmnd., der den Durchblick hat
bzw. der Chef ist, dient auch als eigenständiger Name z.B. "Chuck D." oder
"Chuck Brown".
Crack
Billigdroge. Vor ungefähr 6 Jahren aufgetaucht. Crack ist eine Mischung von
Kokain mit Backpulver, sehr leicht herzustellen, und dadurch die Droge mit
der größten Gewinnspanne. Crack ist verheerend: Es wird in Plastikröhrchen
(so genannten Crackpfeifen) geraucht und macht, anders als bei anderen
Drogen, sofort süchtig.
Crash
jemanden schlagen
Crew
Gruppe, auch Musikgruppe (z.B. "2LiveCrew"). Siehe auch Posse.
Crush
zerstören
Def Jam Rec.
wichtigstes amerikanisches Independent-Label für Hip Hop-Crews härterer
Richtung, vor allem mit politischem Einschlag (z.B. Public Enemy)
45
The Dozen's
Reimwettbewerbe, entstanden in Harlem, in denen es darum geht den
Gegner durch Beleidigungen verbal das Genick zu brechen.
Electric Boogie
Tanzform, bei der Bewegungen ähnlich dem eines Roboters ausgeführt
werden siehe auch Breakdance und Frozen.
5-Percenter
Islamische Splittergruppe. Glauben an den Ursprung der Menschheit in
Afrika, und daran, dass es eine auserwählte Minderheit von 5% gibt, die
dieses kulturelle heutige Erbe darstellen.
Fresh cool,
gutes Aussehen.
Frozen
Tanzform, bei der einzelne Bewegungen abrupt angehalten bzw. eingefroren
(frozen=einfrieren) werden. Siehe auch Breakdance und Electric Boogie.
Fuck/ fucked up/
fuck that shit
Fick, Scheiße, Mist/ Verrückt, hau ab/
vergiss den Scheiß
Gang
Jugendbande. Siehe auch Posse.
Graffiti
bunte, mit Spray-Dosen gemalte Namenszüge oder Bilder an Häuser- und UBahnwänden. Dient auch zur Abgrenzung eines Gang-Territoriums. Nicht
selten sind Graffiti -Wettbewerbe und -fights zwischen einzelnen Gruppen.
Hat in der Zwischenzeit Eingang in Galerien gefunden und ist als eine neue,
urbane Kunstform anerkannt (z.B. Keith Hearing u.a.). Allerdings ist es
fraglich, ob ein Graffiti auf einer Leinwand seine eigentliche Funktion noch
erfüllt.
Gee
männlicher Freund, inzwischen Anrede für Männer allgemein.
Gusto
Geld*.
Gunsmoge
Brooklyn.
Hip
gut drauf, mit allem (Mode, Gestus, Habitus) im Trend liegen.
History
Bedeutet oft mehr, als bloß Geschichte. Durch eine andere sprachliche
Betonung, nämlich His-Story (s.z.B. Public EnemySongs) erhält es die
Bedeutung "SeineGeschichte", also die Geschichte des/der Weißen (double
talk).
Homeboys/Homeboyz/
Angehörige ein und derselben Nachbarschaft.
Homegirls, Homies/Homiez
Hype
positiv:-großartig sein/hypergut, angeben. negativ: Überheblichkeit, angeben,
aufschneiden, Täuschung/Irreführung, Intrige, Süchtiger.
Hook up
Schulden bezahlen/wieder gut machen.
lt works
irgendetwas arbeitet für Einen, oder für eine Sache o. etwas läuft sehr gut.
Juice
eigentl. Saft, heute: Power, Kraft/Energie.
Jazzie
gut drauf, absolut "in" sein.
46
Kicks
siehe Sneakers., Drogen, "High" sein
Mack
mc
Mixen/Remixen
positiv wie negativ: Macker, Chef; siehe auch Chuck.
Bezeichnung für einen Rapper. Abkürzung für Master of Ceremonies.
das Mischen und Neuabmischen von unterschiedlichen Musikstücken zu
neuen, ganz anderen Instrumentalstücken.
Mula
Geld.
Nation Of Islam
Islamisch-fundamentalistische Sekte, die Segregation (also Loslösung der
Schwarzen v.d. Weißen) predigt. Führer ist der charismatische Louis
Farakhan, der auch von vielen Hip Hop-Künstlern verehrt wird.
P-Funk
Funk-Richtung mit hartem Rockeinschlag. Hauptvertreter ist George Clinton.
Posse
jugendliche Bande oder Musikgruppe bzw. engere Gruppe um einen Musiker
oder eine Musikgruppe. Siehe auch Crew.
Rap-Jive-DJ
Rap-Jive-Lyric
Radiosprecher, der unheimlich schnell ganz viel
(dummes Geschwätz) redet; z.T. auch rhythmisiert über Musik.
Rave
Musikstil in England Anfang der 90er-Jahre. Verbindet Elemente der HouseMusik mit Sixties-Soul und Rock. Rave bezeichnet inzwischen eine
Technoveranstaltung.
Samples
Sampling
digitale Fortsetzung der Praktiken des
Scratchens und des Mixens. Beim Sampling wird der gewünschte Ausschnitt
(Take) nicht mehr direkt von der Platte zugemischt, sondern mit SamplingComputern aufgenommen. Die Geräusche/Sounds oder Rythmen können
nun über eine Keyboardtastatur abgerufen werden. Inzwischen ist es
zwischen den Plattenfirmen usus, sich gegenseitig Tantiemen für die
gesampleten Teile ihrer jeweiligen Künstler und Künstlerinnen
auszubezahlen. Des Weiteren ist es immer noch ein großer Streitpunkt, ob es
sich beim Sampling (wie auch beim Mixing) um eine Kunstform oder um eine
reine Ideenklauerei handelt.
OLD SCHOOL:
bezeichnet den anfänglichen Hip Hop bis zum Ende der 80er-Jahre.
New School:
Hip Hop der letzten 5-6 Jahre. Es gibt allerdings Hip Hop-Musiker, die sich
auf die Old School-Musiker, wie Africa Bambaataa beziehen. Deswegen ist
aus der eigentlich eher chronologischen Einteilung eine stilistische geworden.
Scratching
ursprüngl.: kratzen, Kratzer. Ist die Bezeichnung für das rhythmische Vor und
Zurück einer Platte, bei aufgelegtem Plattenarm. Der Plattenspieler samt
Platte wird zu einem Percussionsinstrument.
Smooth
clever, überlegen, perfekt, gut aussehend.
Sneakers
Basketballstiefel, teure Sportschuhe.
Square
schlecht drauf sein, in jeder Beziehung (modisch, gestisch etc.) out sein.
Tag
Namensschriftzüge und –kürzel, meist mit dicken Filzstiften geschrieben,
dienen zur Markierung eines Gebietes einer Gang.
47
Techno/Tekkno
Toast's
Toasting
Weiterentwicklung der House-Musik. In Deutschland sehr beliebt. Musik ist
rein elektronisch, oftmals am PC angeschlossenen Synthesizer hergestellt.
Siehe House.
Reimspiele zur reinen Selbstdarstellung, sind die Vorläufer der Dozen's.
rezitatives Sprechen, z.T. in Reimen, von Reggae-DJs. Wird von dem DJ
Kool DJ Herc in den Hip Hop eingeführt.
Treacherous/treach ursprüngl. hinterhältig/untreu
heute:
Bezeichnung für etwas sehr schönes oder etwas sehr kluges.-12"inch
engl. Bezeichnung für Maxi-Single.
Word up/word
Ausdruck zur Bestätigung von etwas Gesagtem bzw. einer Meinung.'-
Yo!
Ausrufung- "Jetzt spreche ich!" o. "hört mir zu!".
Anmerkung: Die mit einem * versehen Erklärungen sind von mir übersetzte Definitionen aus einem
Wörterbuch, dass sich im Anhang des Buchs „Rap-Attack“ David Toops befindet.
48
6.4. DISCOGRAfIE
Die Discografie ist in ihrer Aufteilung bzw. Klassifizierung das typische Produkt einer
wissenschaftlich-systematischen Denkweise, die nicht anders kann, als präsentiertes Wissen in
Schubladen zu packen. Andererseits erleichtert es das Zurechtfinden durch die Vielzahl von
Veröffentlichungen. Die hier aufgeführten Gruppen und Interpreten/Interpretinnen würden sich
gegenseitig nicht so unterscheiden und klassifizieren. Bei allen Meinungsverschiedenheiten in der
Hip Hop-Community: alle machen Hip Hop. Ein solches Gemeinsamkeitsgefühl ist in der Popmusik
nicht vorhanden. Ein Beispiel verdeutlicht dies: Es gibt immer wieder Gruppenprojekte, d.h.
verschiedene bekannte Bands treten mit einem gemeinsamen Song für oder gegen etwas auf (z.B.
"First Aid" oder "A Song for Nelson Mandela" oder das deutsche Projekt "Nackt im Wind" für die
Welthungerhilfe).
1990 gab es ein Hip Hop-Projekt, dass mit dem Titel "We're All In The Same Gang" gegen die
Bandenbrutalität in den schwarzen Gettos aufspielte. In dieser Gruppe befanden sich so
unterschiedliche Interpreten wie z. B. MC Hammer und Easy E. von NWA. Auf deutsche
Verhältnisse übertragen würde dies bedeuten: die Hardrockgruppe Scorpins würde mit Modern
Talking zusammen spielen, so weit auseinander stehen sich im amerikanischen Musikbusiness MC
Hammer und Easy E.
Die Kurzbeschreibungen einer Gruppe entspringen meinem wertenden Verständnis. Zum
Gebrauch: Als Erstes wird der Gruppen-/Interpret.-Name genannt, danach stehen die Titel der
Veröffentlichungen. Nicht als LP ausgewiesene Titel sind Maxis. In den Klammern stehen die
jeweiligen Plattenfirmen bzw. Labels. Im Anschluss steht eine Kurzbeschreibung der Band und
zum Schluss stehen Kürzel, die Aufschluss über die Herkunft der Gruppen geben, WC für
Westcoast (z.B. Los Angeles, San Francisco), EC für Eastcoast (z.B. New York, Phladelphia).
Old School:
Afrika Bambaataa & Soulsonic Force - Planet Rock (Tommy Boy) Afrika Baambaata & James
Brown - UNITY (Tommy Boy/Polydor)
Einer der Ersten, der den Islam in den Hip Hop brachte. Arbeitet immer mit großen
Gruppen/Projekten (Zulu Nation) zusammen/EC.
Joe Bataan - Rap-0 Clap-0 (Solsoul/RCA) Pop-Rap/EG.
Gary Bird & the GB-Expirience - The Crown (Motown)
Rapmusiker, Texter für andere Interpreten (z.B. Stevie Wonder) und Radio-DJ, seine Texte
beziehen sich auf das kulturelle Erbe der Afroamerikaner/EC.
Kurtis Blow - The Break und Hard Times (Mercury/LP) Old Schoolrapper der härteren Gangart/EC.
Genius of Rap (Sampler) mit u.a. Dr. Jekyll & Mr. Hide (Island) LP/EC.
Grandmaster Flash & the Furious Five - Adventures of Grandmaster Flash on the Wheels of Steel
und The Message (Sugar Hill) LP eine der ersten Hip Hop-Gruppen mit sozialkritischen
Textinhalten. Rockiges Aussehen (Nieten etc.)/EC.
Grandmaster Mell Mell & the Furious Five - Stepp off (Sugar Hill)
Grandmasterflash Flash & the Furious 4 ohne Flash.
Spoonie G. - The Godfather (Tuff City/BCM) Coolness und Hype/EC.
Sugar Hill Gang - Rapper's Delight (Sugar Hill)
Erste auf LP gebannte Hip Hop-Gruppe. Kunstprodukt einer cleveren Produzentin/EC.
49
T.Ski Valley - Catch the beat (Grund Groove) Coolness/EC.
T La Rock - On Tour (DefJam/LP) Rapper im Übergang zur New School/EC.
Whoodini - Magic's Wand (live) "Miamy Vice"-Rapper, Designer-Anzüge, Designer-Rap/EC.
New School
The Afros - Kickin Afrolistics (CBS/LP) Hardcore Hip Hop mit Anleihen (optischer Art) an den AfroLook der 70er-Jahre/EC.
Anoter Bad Creation - Coolin' At The Playground Y'a Know (Motown/LP) Kinder/Jugendlichegruppe/EC.
Big Daddy Kane - It's Big Daddy Thing, Taste Of Chocolate, Prince Of Darkness (alles Cold
Chillin/LPs) gute Textreime, sexistische Textinhalte, Coolness/Hype/EC.
Bitches With Problems - Bitches With Problems Sony/LP) Hardcore Frauen Hip Hop-Gruppe/WC.
Biz Markie Goin' Off (Cold Chillin') Hip Hop mit viel Fun und ein wenig Psychedelic/EC.
Boogie Down Produktion - Criminal Minded (B-Boy-R./LP), By All Means Necessary (JiveTeldec/LP) Edutainment = Education + Entertainment. Hardcore Rapper mit politischen Zielen/EC.
Boo Ya T.R.I.B.E. - The New Funky Nation (Ackee Music/LP) Hardcorerap/Gangsta-Rap, gehörten,
bevor sie Musik machten, einer der größten Gangs (the Bloods) in Los Angeles an/WC.
Brand Nubian - One For All (Electra/LP) Band um den Rapper Grand Pupa, verbindet Erfahrung
der "Nativ-Tongue"-Fraktion um Jungle Brothers mit den Hard-Core-Rap der Polit -Hip Hopper.
Digital Underground - Sex Packets (LP», Same Song (EP), Sons Of The F (LP) (alles Tommy Boy)
Fun-Rap. Sehr stark beeinflusst vom P-Funk/WC.
DJ Jazzy Jeff & the Fresh Prince - He's The DJ, I'm The Rapper (Jive-Teldec/LP), Homebase (JiveBMC/LP) stark verpoppter Hip Hop/EC.
Easy E.- Easy-Duz-It (BCM/LP) Rapper der Formation NWA. Sexistischer Hardcorerap/WC.
EPMD - Strictly Business (BCM/LP) sehr guter Scratcher und DJ/EC.
Eric B. & Rakim - Paid In Full (Ariola/LP), Follow The Leader (WEA/LP), Let The Rhythm Hit Em
(WEA/LP)
Hardcore Hip Hop. Sehr guter Rapper (Rakim) mit vollkommen eigenem Rapstil. Hat viele
Nachahmer/EC.
The Fat Boys - The Twist, Fat Boys (Longitude Music)
Pop-Rap im Stil von Kid'n Play, waren erfolgreich mit einer Coverversion von Chubby Checkers
The Twist. Besonders erstaunlich ist MC Darren Robinson, der das "human beatboxin'“ perfekt
beherrscht/WC.
Geto Boys - Wo Can't Be Stopped, (Priority/LP) Hardcore- sexistischer Gangsta-Hip Hop/WC
Heavy D. & the Boyz - Mr. Big Stuff (MCA), Peaceful Journey (MCA/LP) Swingbeat Hip Hop.
Swingende Rythmen. Crossover mit House-Music/EC.
50
Hoes With Attidude - noch nicht in Deutschland veröffentl. Die weibliche Antwort auf NWA/WC.
Ice Cube - AmeriKKKa's Most Wanted, Kill At Will, Death Certificate (alles Island/LPs) Hardcore
Hip Hop, Ex-Rapper von NWA/WC. Hat in seiner letzten LP massive rassistische (gegen Koreaner)
und antisemitische Textinhalte.
Ice MC - Cinema (1988/LP) Pop-Hip Ilop/EC.
Ice T - COLORS (WEA), Power, X-Rated ( beide Rhyme SyndicaLe-WEA/LPs) Hardcore. Extrem
politisch/WC. Produziert sich und z.T. andere Rapper selbst (Rhythm Syndicate).
Just Ice Na Touch Da Just (Fresh)/EC.
Kid'n Play Fun House, To Ilype (Cooltempo) Fun Hip Hop, haben einen erfolgreichen Hip Hop-Film
"Houseparty" abgedreht/EC.
Kool Moe Dee - Go See The Doctor (Jive-Teldec), Knowledge Is King (Jive-Teldec/LP), Funky
Funky Wisdom (JiveTeldec/LP) technisch sehr guter Rapper. Dadurch treten manchmal die
Samples und Beats zu sehr in den Hintergrund EC.
Leader Of The New School - PTA (Electra) Polit- Hip Hop
Lifer's Group - The Real Deal (Hollywood Basic R./LP) Schon länger bestehendes Projekt von
Gefängnisinsassen zur Vereitelung von Kriminalität unter den Jugendlichen, durch Abschreckung
(Gefängnisbesuche). Haben seit kurzem begonnen, die Jugendlichen mit Rap-Musik zu erreichen.
LL Cool J - Radio (Def Jam/LP), Bigger Than Def (Def Jam/LP), Walking With A Panther (Def
Jam/LP), Mama Said Knock You Out (DefJam/LP) New School der ersten Stunde. Guter Rapper.
Gilt als "Erfinder" des Schmuse- oder Balladenraps/EC.
MC Hammer - Please Hammer Don't Hurt, Too legit to quit (alles Capitol/LPs) Fast schon Pop zu
nennen. Extrem erfolgreich als tanzender Rapper oder rappender Tänzer/EC.
MC LYTE - Act Like You Know (Warner/LP) Female-Hip Hop
Monie Love - Down To Earth (Cooltempo/LP) eigentlich Engländerin, wohnt aber in NY. Sehr gute
Rapperin, gute Texte und Samples/EC.
Naughty By Nature - Naughty By Nature (Tommy Poy/LP) Polit Hip Hop mit Jazz- und
Soulsamples. Stehen in der Tradition von PE und Ice Cube/EC.
Nice 'N Smooth Sometimes I Rhyme Slow (Columbia)
NWA - NWA The Posse, Straight Outta Compton (LP), 100 Miles And Runnin' (EP), (alles
Ruthless) eine der härtesten Hip Hop-Gruppen, sowohl was die Textthemen, als auch was die
Musik angeht/WC.
Professor Griff - Kaos Il Wiz *7-1 Dome (BMG-Ariola/LP) ehemaliger Minister of Information der
Gruppe Public Enemy. Hardcore Hip Hop. Islamischer Fundamentalist. Anhänger von Louis
Farrakhan/EC.
Puplic Enemy - Yo! Bum Rush The Show, It Takes A Nation To Hold Us Back, Fear Of A Black
Planet, Apocalypse 91...The Enemy Strikes Back (alles DefJam/LPs) eine der härtesten polit Hip
Hop-Gruppen. Paramilitärisch wie ein kleiner Staat im Auftreten/EC.
Queen Mother Rage - Vanglorius Law (Virgin/LP) Female Hip Hop/EC.
51
Queen Latifah - All Hail The Queen (BCM/LP) Female Hip Hop. Stilistisch sehr gute
Rapperin.Mitglied der Native Tonguemacht /EC.
Run DMC
- Run DMC (Profile-BCM/LP), Raising Hell (Profile Metronome/LP), Klug Of Rock
(ECM/LP), Tougher Than Leather (BCM/LP), Back From Hell (BCM/LP) erste Gruppe, die mit
Rockmusikern zusammengearbeitet hat. Mischung aus hartem Hip Hop und Hardrockmusik.
EC.
Salt'n Peppa - Hot, Cool, Vicious (Next Plateau-Metronome/LP), A Salt With A Deadly Peppa,
Blacks Magic, The Best Of (alles Next Plateau/LPs) Female Hip Hop. Gute Rapperinnen mit z.T.
sozialkritischen Texten/EC.
Schooly D. - Schooly D (Rhythm King/LP), Hardcore Rap mit Rockeinflüssen/EC
Lakim Shabazz - Pure Righteousness (Tuff City) radikaler Moslem, ist einer der offiziellen "RapSprachrohre" von Louis Farrakhan. Hardcore mit reichlich Jazzsamples/EC.
Son Of Bazerk - Bazerk Bazerk Bazerk (DefJam/LP) harter Hip Hop mit starken Anleihen an
Rhythm'n Blues und 60er-Jahre Soul/EC.
Sweet 'n Cookie - Do you wanna Dance (LP) Female Hip Hop, Old- School-orientiert/EC.
Del Tha Funky Homosapien - I Wish My Brother George Was Here (Electra/LP) P-Funk orientierter
Hip Hop. Westcoastrapper mit starken East-Coast-Einflüssen/WC.
Tone Loc - Loc-Ed After Dark, Cool Hand Loc (Delicous Vinyl-Island/LP) Fun-Hip Hop/WC.
Too Short - Born To Mack, Live is.... Short Dog's In The House (alles Jive-BMG/LPS) Hardcore mit
70er-Jahre Soul-Samples. Viel Sexismus ("Motherfuckin'-lmperium")/WC.
3rd Bass - Derelicts of Dialect (DefJam/LP) eine der ganz wenigen schwarz-weißen Hip HopGruppen, die in der Hip Hop Community angesehen ist/EC.
2 Live Crew - Nasty As They Wanna Be, Banned In The USA, Sports Weekend (Deep GrooveAriola/LP) extrem sexistisch. Die Gruppe gehört zu einer der WC-Gruppen, die unter dem Begriff
"Motherfuckin'-Imperirium" laufen/WC.
Yo Yo - Make Way for The Motherlode (Lench Mob-Knowledge/LP) Hardcore Hip Hopperin/WC.
Young MG - Bust A Move (Delicous Vinyl/LP) Pop-Hip Hop/WC.
Crossover/Fusion:
Asher D & Daddy Freddy - Ragamuffin Hip Hop (BCM/LP)
Hip Hop & Reggae/EC
A Tribe Called Quest - Travels And The Path Of Rhythm,
Low End Theorie (beide Jive/LPs) Gruppe bestehend aus Mitgliedern von De La Soul und Djungle
Brothers. Musikalische Richtung ist ähnlich wie bei den beiden genannten Gruppen/EC.
Chuck Brown & the Soulseachers - Bustin' Loose, Live '87,
Any Other Way To CO (alles Rhythm King/LPs)
52
Führender Musiker des CO GO-Swings, einer Stilrichtung des Hip Hop aus Washington/DC. Go
Go-Swing ist eine homogene Mischung aus verHip Hoppten alten Jazz-Standards oder verjazzten
Raps. Die gesamte Musik wird auf Instrumenten gespielt. Improvisation und Raps stehen
gleichwertig nebeneinander. Die Musik schöpft aus der gesamten afroamerikanischen
Musiktradition. Co Go-Swing ist ein hervorragendes Beispiel für den, bei vielen anderen Hip HopGruppen rein verbal beschworenen oder musikalisch konstruierten, Crossover anderer Musikstile
mit Hip Hop.
DE LA SOUL - Three Feet High and Risin', DE LA SOUL ls Dead ( beides Tommy Boy/LPS)
Hip Hop + Soul/Flower Power, experiment. Samples und Psychedelic. Intellektuelle Wortspiele
bestimmen zum großen Teil die Texte/EC.
Djungle Brothers - Straight Out The Djungle (LP)(Warlock-Zyx), Done By The Force Nature
(WEA/LP) Soul/Spirit und Psychedelic. Intellektuelle Texte mit starken Bezügen zu Afrika ("NatureTounge")/EC.
Dream Warriors - My Definition of a Bombastic Jazzstile siehe Gang Starr/kommen aus Kanada.
FU Schickens - Ring The Alarm (Jive) Ragamuffin-Hip Hop
Gang Starr
Branford Marsalis - Jazz Thing (CBS).
Gang Starr
Stepp In The Arena (Chrysalis/LP) Hip Hop + Jazz-,Blues- und Swing-Samples/EC.
Kid Frost - Hispanic Causing Panic (Virgin/LP) Hip Hop z.T.mit spanischen Raps und
lateinamerikanischen (Salsa, Cha Cha etc.) Samples/WC.
Ninjaman - noch keine Veröffentl. auf Tonträger, Super Clash Round (Live-Video) Dancehall
Reggae - Hip Hop beeinflusste neueste Form des Reggae aus Jamaika
Poor Righteous Teachers - Easy Star (Profile) Ragamuffin-Hip Hop
Shabba Ranks - noch keine Veröffentl. auf Tonträger siehe Ninjaman.
Hip Hop aus England:
Betty Boo - Boomania (1990/LP) Hip Hop + House-Musik.
Galliano Gettho Boy (Talkin Land) Mischung aus Soul, karibischer Musik, Jazz und Hip Hop.
Massive - Blue Lines (Virgin/LP) Früher Massive Attack, benannten sich während des Irakkriegs
um. Hip Hop und Deep House/Soul.
Outlaw Posse - My Afro's Om Fire (Island/LP) Hip Hop und starker 70er Funk Einschlag. Sehr New
York-orientiert.
Redhead Kingpin - Do The Right Thing, The Album With No Name(LP) (beide Virgin) sehr stark
New York-orientiert.
Soul Il Soul - Club Classics Na. I, C.C. Na. II, (beides 10 Record/LPs) Mischung aus Hip Hop, Soul,
Reggae. Loser Verbund von Musikern und Musikerinnen um den Leader Jazzie B.
Zusammenarbeit mit Jazzmusikern wie z.B. dem Tenorsaxofonisten Courtney Pine.
Stereo MCs - Supernatural's (Island/LP) stehen De La Soul und A Tribe Called Quest sehr nahe.
Jazz-Samples.
53
Young Disciples - Road To Freedom (Talking Loud/LP) Soul und Hip Hop.
Produzenten:
The Bomb Squad (Shocklee, Ridenhour, Sadler) - Puplic Enemy, Terminator X
DJ Mark The 45 King - zB. Queen Latifha, aber auch Pop-Interpretin, wie Madonna
Joe "The Bitcher" Nicolo - z.B. Boo Ya T.R.I.B.E.
LA & Babyface
z.B. Bobby Brown
Marley Mall
z.B.Biz Markie, Big Daddy Kane, Queen Latifha,
Prince Paul
z.B. Big Daddy Kane, DE LA SOUL
Rick Rubin Def Jam-Gründer z.B. LL Cool J, Jazzy Jay,
Russel Simmons - Def Jam-Gründer z.B. Kurtis Blow, Public Enemy,
Teddy Riley - z.B. Redhead Kingpin, Big Daddy Kane
54
6.5. ZITATE UND ANMERKUNGEN
Vorwort:
1.
Sugar Hill Gang: "Rapper’s Delight", Textanfang, Sugar Hill R., 1979
2.
Gorris, Lothar: "Rebel Without A Pause". In: Hündgen, Gerald (Hrsg.): "Chaisin' A Dream",
Köln 1989, S.193
3.
Amerika erlaubt sich nach wie vor getrennte schwarze und weiße Popmusik-Charts.
Old School:
1.
2.
Graves/Schmidt-Joos: "Rocklexikon Bd. II", Frankfurt 1990, S.904
Ebda., S.904
3.
Toop, David "Rap Attack", London 1984, S.62
4.
Graves/Schmidt-Joos, a.a.O., S.932
5.
Toop, D, a.a.O., S.62
6.
Interview mit Grandmasterflash. In, Toop, D., a.a.O., S.65
7.
Ebda., S.106
8.
Zitiert nach Adler,B.: "Rap", London 1991, S. 23
9.
Günther, Jakob :"La Quan - Notes of a nature man". In:
10.
Die ersten DJ-Anlagen waren ähnlich aufgebaut wie die Soundsysteme der Reggae-DJs:
große wuchtige Bassboxen, in deren die Musik durch Hallgeräte usw. verzerrt wurde.
11.
Leider gibt es keine mir zugänglichen Original-Plattenaufnahmen. Aus diesem Grund muss
ich auf eine jüngere Live-Einspielung zurück greifen. Sie trifft allerdings sehr gut die
Stimmung der damaligen Partys.
12.
Carles/Conolli "Freejazz - Black Power", Hofheim 1980, S. 128
13.
Ebda, S.129
14.
Toop,D., a.a.O., S.33
15.
Grandmaster Mell Mel: Transkription von der Maxi "Stepp Off", Sugar Hill R., 1984
16.
Ebda., Intro und Beginn der ersten Strophe
17.
Ahearn, Charlie : "Wild Style", siehe Film
18.
Toop, D., a.a.O., S.18
19.
Siehe den Film "The Great Rock'n Roll Swindle", der in allen Einzelheiten und sehr satirisch
den Aufbau der Retortenband Sex Pistols durch den Manager Malcom McLaren beschreibt.
20.
Gorris, Lothar :a.a.O., S. 198
SPEX 10/90
55
21.
Eine ausführliche Auseinandersetzung mit der Praxis der Labelgründung und der
Vermarktung von Popmusik generell ist in dem Buch "Wem gehört die Rockmusik" von
Garofalo und Capple (Frankfurt 1977) zu finden.
Ursprung und Wurzeln des Hip Hops:
1.
Interview mit Jalal. In: Scheuring, Dirk:"Jalal & the Last Poets", Spex 7/89, S.47
2.
Toop, D., a.a.O., S.18 ff.
3.
Jost, Ekkehard :"Die Sozialgeschichte des Jazz", Frankfurt 1986, S.95 ff.
4.
Ebda., S.99 ff.
5.
Ebda., S.166 ff., S.229 ff. und Kerschbaum, Franz :"Miles 1)avis",Graz 1978, S.104 ff.
6.
Jones, Leroi :"Black Music", Frankfurt 1970, S.189
7.
Sidran, B., a.a.O., gesamte Einleitung
8.
Ebda., S.28
9.
Ebda., S.28
10.
Ebda., S.33
11.
Cunny-Hare, Maud
York 1974, S.19
12.
Dauer, Alfons :"Tradition afrikanischer Blasorchester", Graz 1985, S. 11 ff.
13.
Interview mit Digital Underground. In: Spex 1/92, S.23
14.
Cunny-Hare,M., a.a.O., S.2
15.
Günther, Helmut
16.
Ramseger,U. :"Soziale Bezüge des Musizierens in Naturvölkern", Basel 1970. In: Rathje, S:
"Utopie als Klang", Kassel 1990, S. 68
17.
Günther, H., a.a.O., S.21
18.
Ebda., S.20
19.
Der Stepptanz ist im Ursprung nichts anderes, als ein Trommel-Solo mit den Füßen.
20.
Vgl. hierzu Schütz, Volker:"Zur Faszination des Rhythmischen in der populären Musik". In:
"Musik und Bildung" 4/85, S.352 ff.
21.
Siehe z.B. den Vorspann des Films "Do The Right Thing", von Spike Lee, Tanzszenen aus
dem Spielfilm "Beatstreet" oder die jeweils aktuellen Hip Hop-Videoclips.
22.
Weber, Wolfgang
:"Negro Musican and their music", New
:"Die Tänze und Riten der Afroamerikaner", Bonn 1982, S.5 ff.
:"Was ist Negermusik", 1928. In: Jazz-Thetik 9/89
56
23.
Jones, Leroi :"Blues People", Darmstadt 1975, S.46 ff.
24.
Ebda., S.44 ff.
25.
Plessner, Monika
26.
Kurz, Rüdiger :"Bebop-Yabba-Dah...". In: Network Press 7/91
:"Ich bin dein dunkler Bruder", Hagen, 19771 S.76 ff.
The New School:
1.
Siehe dazu die beiden 84er Filme "Flashdance" und "Breakdancesensation '84".
2.
Gorris,L., a.a.O., S.206
3.
Interview mit Rick Rubin und Simon Russel. In: Light, Allan: “King of Rap". In: Rolling Stone
11/90, S.106 ff.
4.
Gorris,L., a.a.O., S.206
5.
Interview mit Simon Russel, a.a.O., S.107
2.
Grandmaster Flash
3.
Sidran, B., a.a.O., S.158 ff.
4.
Carles/Conolli, a.a.O., S.123
5.
Hüngen, Gerald :"The dark end of the street". In: Hündgen, G. (Hrsg.): "Chaisin' a Dream",
Köln 1989, S.48
6.
Jost, E., a.a.O., S.188
7.
Interview mit Jalal, a.a.O., S.42
8.
Vgl. dazu Jost, E., a.a.O., S.192, über die Tendenz der Free Jazzer, durch musikalische
Annäherung an die Soul-Musik, politische Inhalte in die Community zu tragen.
9.
Clark, Kenneth B. :"Schwarzes Getto", Düsseldorf 1967,S.42
10.
Sidran, B., a.a.O., S.181
11.
Clark, K. B., a.a.O., S.34
12.
Sidran, B., a.a.O., S.164
13.
Ebda., S.182
14.
Afrika Bambaataa. In: Toop, D., a.a.O., S.57
15.
Tanz und Musik blieben durch die ganze Entwicklung des Hip Hops eine Domäne der
Schwarzen.
16.
Bericht in der TAZ :"Washington: Gefährliches Pflaster für Babys", TAZ vom 18.1.92
17.
Bericht im Stern: "New York - Verfall einer Stadt", Stern 1 1 / 90
the Furious Five: Ausschnitt aus "The Message", Sugar Hill 1981
57
18.
Nachichten in der Taz vom 26.10.91
19.
Bericht im Stern: "Eine Musik macht mobil", Stern 9/90 S.91
20.
Ebda., S.91
21.
Bericht in BAD :"Ice Cube's Lench Mob". In: Bad, Erstausgabe 07./08.-90
22.
Ice Cube. In: Adler, B., a.a.O., S.97
23.
KRSI. In: Adler, B., a.a.O., S.61
24.
Baumann, ebda :"BDP - Hitting Hard". In: BAD 4/92
25.
Interview mit Chuck D. In: "And now all the motherftickin' racists...", Stadt Revue Köln 3/92
26.
Chuck D. In: Becker, Jochen: "Öffentlichkeitsarbeiter", Taz vom 30.1.92
Resümee und Ausblick:
1.
KRSI. In: "Word! Yo Leaders Speak", BAD, Erstausgabe, a.a.0., S.8
58
6.6.
LITERATURLISTE
Adler, B.
Bader, Staser (26)
Berendt, J.E. (26) :
Burley, Dan (24) :
Carles, P. / Conolli, J.L. (4)
Chernoff, John (5)
:„Rap“, London 1992
:„Worte wie Feuer“, Buchverlag Michael Schwinn, Neustadt 1988
„Das große Jazz Buch“, Frankfurt 1988
„Original Handbook of Harlem Jive“, 1985
:„Free Jazz - Black Power, Hofheim 1980
:„African Rhythm and African Sensibility: aesthethics and socialisation
in african musical idioms“, Chicago 1979 Darmstadt 1989
Dauer, Alfons (6)
:„Tradition afrikanischer Blasorchester....“, Text und Notenteil, Graz
1985
Dauer, Alfons (2)
:Der Jazz: seine Ursprünge und seine Entwicklung“, Kassel 1977
Chapple/Garofalo
(28) :„Wem gehört die Rockmusik“, Frankfurt 1977
Graham, Ronnie (7)
:„The World Of African Music“, London 1992
Graves, B. / Schmidt-Joos, S: „Rocklexikon Bd. I & II“, Frankfurt 1990
Günther, Helmut (8)
:„Grundphänomen und Grundbegriffe des afrikanischen und
afroamerikanischen Tanzes“, Wien 1970
Hündgen, Gerald (Hrsg.) (16):„Chaisin’a dream“, Köln 1989
Jones, LeRoi (9)
:„Blues People“, Wiesbaden ohne Jahresangabe
Jost, Ekkehard (15)
:„Sozialgeschichte des Jazz“, Frankfurt 1982
Kuhnke/Miller/Schulze (20) :„Geschichte der Popmusik“, Bremen 1976, zit. nach Werther 1988,
S. 50
Litweiler, John (10)
:„Das Prinzip Freiheit“, Schaftlach 1988
Meinhof, C. (Hrsg.) (11)
:„Afrikanische Märchen“, Musik“. In: „Zum Verstehen afrikanischer
Musik“, Leipzig 1988, S.69
Nketia, Joseph (12)
: „Die Musik Afrikas“, Hamburg 1979
Polillo, A.
(27)
:„Jazzgeschichte und Persönlichkeit“, München 1981
Raab, Claus (3)
:„Afrikanische Musik“. In Rudolf Stephan (Hg.): „Musik
fremder Kulturen“, Mainz 1977
Sander, W. (25)
:„Zur Geschichte und stilistischen Entwicklung afroamerikanischer
Musik“, Laber Verlag 1982
Sidran,Ben (19)
:„Black Talk“, Frankfurt 1985
Smash, Nick (23)
:„Hip Hop“, NY 1990
Stockmann, E. (Hrsg.) (14) :„Musikkulturen in Afrika“, Berlin 1987
Toop, David (24)
:„Rap Attack 2“, New York 1991
Zeitungen und Zeitschriften:
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
DIE ZEIT + das Zeitmagazin, : Redaktionsleitung Marie Hüllenbrenner, Hamburg
Die Tageszeitung(TAZ): Hrsg. Freunde der alternativen Zeitung e.V. Berlin, Kochstr. 18, 1000
Berlin 80
Der Stern : Hrsg. Rolf Schmidt-Holtz, Verlag Gruhner & Jahr AG + Co., Am Baumwall 11, 2000
Hamburg 11
Hessische Niedersächsische Allgemeine (HNA): Hrsg. Rainer Dierichs, Verlag Dierichs
GmbH+Co.KG, Fankfurter Str.168, 3500 Kassel
Musik-Express/Sounds (ME): Redaktion Bernd Gockel, Verlagsgruppe Jürgen Marquard/Brisas
Verlag, Baarestr. 22, CH6304 Zug
Dance: Verlag Jennifer Röder, Hochstr. 19, 4650 Gelsenkirchen-Buer (kostenloses Werbeheft)
Spex: Redaktion Clara Drechsler, Hrsg. Spex Verlagsgesellschaft mbH, Aachener Str. 4044,
5000 Köln 1
Stadt Revue (SR): v.i.S.d.P. Jürgen Salm, Maastrichter Str. 49, 5000 Köln 1
Network Press: v.i.S.d.P. Rüdiger Kutz, Deichstr. 23, 2000 Hamburg 11
CUT: v.i.S.d.P. Rüdiger Kutz, Universal Media GesellschaftmbH, Schillerstr. 7, 8000 München 2
Black Artists & Dance (BAD: Hrsg. Axel Stinnhoff, Ernst-Robert-Curtius- Str. 6, 5300 Bonn
59
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Quo Vadis : Hrsg. Kulturverein Kreativ e.V., Taunusweg 12, 5600 Wuppertal 12
Tempo: Jahreszeitenverlag GmbH., 2000 Hamburg 60, PF 601220
Der Spiegel: Hrsg. Rudolph Augstein, Spiegelverlagsg mbH., 2000 Hamburg 11, PF 110420
Jazz-Thetik: Hansaplatz Nr. 9, 4400 Münster
Jazz Podium: JP-Verlagsgesellschaft mbH., Vogelsangerstr. 32, 7000 Stuttgart 1
Info Tip: Hrsg. Jörg Schermann, Jörg Shermann-Verlag,
Friedrich-Ebert-Str. 20, 3500 Kassel
The Face: Edit Director Nick Logan, Third Floor Block A, Exmouthhouse, Pine Street, London
ECIROJL, England
Wire: Units G&H, 115 Cleveland Street, London W1PSPN, England
Straight No Chaiser: Publisher Paul Bradshaw, 436 Coronet Street, London, England
Blues + Soul: Publisher Napfied Limeted, 153 Praed Street, London W21kL, England
Rolling Stone: Publisher Iann. S. Wenner, 745 Fith Avenue, New York, NY 10151, USA
Sky: Publisher Hugh Goldsmith, News International Hachette Ltd., 27 Swinton Street London,
England
Hip Hop: Publisher Sarah Wise, Popular Publication
Connection: Alexander House, Forehill, Ely, Camp CB7 4AF, England
Video:
Bei einfachen Videoclips sind nur die Titel angegeben, alle anderen Angaben stimmen mit den
Angaben der Diskografie überein.
Public Enemy :"Fight The Power", Video-Film, ca.40 min., Regisseure u.a. Spike Lee + Bomb
Squad, produziert von Bomb Squad und Public Enemy, 1989 by CBS
Public Enemy : 911 Is A Joke
Public Enemy : Shut Ein Down
Public Enemy : Can Truss It
NWA : Express Yourself
Kool Moe Dee : I Co Werk
Grandmaster FLash&
The Furious Five: The Message
Grandmaster Mel
Mel& The Furious
Five: Step Off
DJ Jazzy Jeff &
The Fresh Prince: Summertime
Too Short: Getto
Digital Underground: Do Watcha Like
Snap: Live in Dresden, aufgenommen vom Fernsehsender TELE 5
Run DMC:Walk This Way
LL Cool J:I Need Love
Public Enemy & Big
Daddy Kane:Burn Hollywood, Burn
Salt 'n' Peppa:Let's Talk About Sex
Spielfilme:
Do The Right Thing: Regisseur Spike Lee, USA 1989
Wildstyle : Regisseur Charlie Ahearn, 1980
Boyz 'n The Hood : Regisseur John Singleton, USA 1991
60
Beat Street : Regisseur Stau Lathan, USA 1984
6.7.
BILDERNACHWEIS
Seite Titel
8.
10.
12.
18.
20.
23.
47.
49.
52.
58.
59.
61.
63.
68.
76.
79.
80.
82.
87.
89.
92.
93.
104.
105.
110.
Quelle
Kool DJ Herc: Hager, Steven: "Hip Hop",
New York 1984
G.M. Flash: Toop, David : Rap Attack",
London 1984
Africa Bambaataa: Toop, D., ebda.
Hip Hop-Tanz: Hager, S., a.a.0.
Graffiti-Beispiel: Hager, S., ebda.
Sugar Hill Gang: Plattencover: "The Message",
Sugar Hill R., 1982
LL Cool J: Plattencover: "Walk Like A
Panther", Def Jam, 89
Run DMC Adler, B.: "Rap", London 1991
Eric B & Rakim Adler, B., ebda.
Salt'n Pepa Adler, B., ebda.
Queen Latifah/Monie Love: Adler, B., ebda.
Slick Rick Adler, B., ebda.
NWA Smash, Nick: "Hip Hop", London
1990
The Last Poets: Spex 7/89
Graffiti an einem U-Bahnwagen: Hager, S., a.a.0.
Bronx, New York: Hager,S., ebda
New York: Stern 11/90
Ice Cube: Plattencover: "Kill At Will",
Lench Mob 1991
Boogie Down Productions: Spex 9/89
Public Enemy: Stern 9/90
Public Enemy-Logo: Werbung in BAD, Erstausgabe,
Sommer 90
Chuck D: Spex 1/92
Native Tongue: Adler, B., a.a.0.
Gang Starr: Spex 3/90
Normsky at street: Hager, S., a.a.0.
61