Skript A-Schein - Sky-Team

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Skript A-Schein - Sky-Team
A-Schein Theorieskript
Aufbaukurs (Grundkurs) und Höhenflugkurs
Dieses Skript gehört:
Letzte Aktualisierung des Skriptes 2004
Vorwort
Das Sky-Team freut sich, dass Du Dich dazu entschlossen hast, bei uns die Ausbildung zum
Gleitschirmpiloten zu beginnen. Bei uns erwartet Dich die Erfahrung aus mittlerweile 16 Jahren
im Ausbildungsbetrieb. Weil für uns das Fliegen zu einem elementaren Bereich in unserem
Leben geworden ist, sind wir immer mit vollem Eifer dabei, anderen die Faszination, die Schönheit und vor allem den Spaß an dieser Sportart näher zu bringen. Bei aller Freude um das Gleitschirmfliegen ist uns aber auch sehr wichtig, dass Du während Deiner Ausbildung ein hohes
Sicherheitsniveau erreichst. Es ist sicher kein Zufall, dass es in der Ausbildung seit 16 Jahren
keinen schweren Unfall gab.
In diesem Skript haben wir uns bemüht, das notwendige Wissen, das Du als zukünftiger Gleitschirmpilot benötigst, verständlich zu vermitteln. Es lehnt sich dabei eng an die offiziellen Lehrpläne des DHV an, um Dich bestmöglich während des theoretischen Teils Deiner Ausbildung zu
unterstützen. Das Skript ersetzt also keinesfalls die praktische Ausbildung.
Apropos Ausbildung: Dir ist sicherlich schon aufgefallen, dass dieses Skript zwei Kurse, den
Aufbau- und den Höhenflugkurs, abdeckt. Damit Du beim Lesen zu Hause schnell entscheiden
kannst, ob ein Kapitel für Dich relevant ist, schaust Du einfach nach, welches Symbol sich direkt
unterhalb der Kapitelüberschrift befindet:
Befinden sich sowohl ein Buch ( ) als auch ein Gleitschirm ( ) darunter, so bezieht sich das
Kapitel auf den Aufbaukurs. Schließlich wirst Du im Aufbaukurs mehr (nach)lesen als fliegen.
Als Schüler im Höhenflugkurs kannst Du ein solches Kapitel dazu nutzen, Dein Wissen um den
Aufbaukurs aufzufrischen.
Befindet sich nur ein Gleitschirm ( ) darunter, so bezieht sich das Kapitel ausschließlich auf
den Höhenflugkurs, da Du Dich als Schüler im Höhenflugkurs ja bereits als Gleitschirmpilot
bezeichnen kannst. Als Schüler im Aufbaukurs kannst Du dieses Kapitel überspringen.
Viel Spaß während Deiner Ausbildung wünscht Dir
Michael Wagner, Ausbildungsleiter
Sky-Team – Paragliding
Michael Wagner
Schwarzwaldstr. 30
76593 Gernsbach
Tel.:
Fax:
0 72 24 / 99 33 - 65
0 72 24 / 99 33 - 26
Internet: http://www.sky-team.de
E-Mail: [email protected]
Das Sky-Team
Michael Wagner
Gleitschirmpilot der ersten Stunde.
Ausbildungsleiter und Inhaber der Flugschule.
Fachlehrer in den Bereichen Windenschlepp, Passagierflug und Flugfunk.
DHV- Prüfungsrat, DHV-Performancetrainer, DULV Fluglehrer.
Verantwortlich für das ganze Sky-Team.
Walter Hametner
Fluglehrer und Fachlehrer für Winden- und Passagierflug.
DHV- Prüfungsrat, DHV-Performancetrainer.
Verantwortlich für unsere Gleitschirm-Safaries und den Thermik Technik Trainings
sowie für die Ausbildung in der Eifel.
Alexander Zosel
Fluglehrerassistent und Tandempilot.
Ex Wettkampfsportler: Snowboard (WC) und Basketball 2te Bundesliga.
Ex Besitzer der Karlsruhe Kultdiscothek „Unterhaus“, 7 Jahre im Vorstand in der C.I.K..
Verantwortlich für das Sky-Tem Marketing.
Schnupperkurse, Grundkurse, Höhenflugausbildung.
Alexander Gehring
Fluglehrer, Motorschirmpilot und Tandempilot.
Multimedia/Internet-Entwickler, Technischer Redakteur und
Geschäftsführer der Firmen evival Services und evival Technologies GmbH & Co. KG.
Verantwortliche für die Internetpräsentation des Sky-Teams.
Schnupperkurse, Grundkurse, Höhenflugausbildung.
Oliver Lüttschwager
Fluglehrerassistent, Gleitschirm-Checks und Technischer Support.
Schnupperkurse, Grundkurse, Höhenflugausbildung.
Jazek Kosmala
Fluglehrerassistent in Ausbildung und Tandempilot.
Schnupperkurse, Grundkurse, Höhenflugausbildung.
Daniel Schneider
Fluglehrerassistent in Ausbildung und Tandempilot.
Gleitschirm-Checks, Schnupperkurse, Grundkurse
Das Sky-Team
Seite2
Daniel Kirchner
Gleitschirmfluglehrer, Tandempilot, Akropilot.
Höhenflugausbildung in Südtirol.
Stefan Hodek
Gleitschirmfluglehrer, Performance- und Sicherheitstrainer.
Tandem-, Akro- undHubschrauberpilot.
Verantwortlich für unsere Sicherheitstrainings.
Torsten Sattler
Gleitschirmfluglehrer, Performancetrainer, Liga-Pilot.
Gewinner German Cup 2006.
Führt unser Streckenfluglager durch.
Gerd Diesel
Fluglehrer und Gleitschirmpilot.
Schnupperkurse, Grundkurse, Höhenflugausbildung.
Oliver Müller
Gleitschirm-, Tandem- und Motorschirmpilot.
DHV Fluglehrer, Fachlehrer Passagierflug.
Nepal, Indien und Thailand Experte Inhaber und Designer
des Gleitschirm-Labels AIR AFFAIR.
Hartmut Frey
Gleitschirmpilot und Inhaber der Firma Sport Frey in Baiersbronn.
Ehem. Wettkampfsportler in der Nordischen Kombination und im Biathlon.
Ski- und Surflehrer.
Verantwortlicher für Organisation, Marketing und Betreuung
im Raum Baiersbronn.
Dominik Förderer
DHV-Fluglehrer. Fachlehrer für Passagierflug. Tandempilot, Ligapilot.
Inhaltsverzeichnis
1
TECHNIK ...................................................................................................14
1.1 Gleitschirm ........................................................................................................ 15
1.1.1
Bauteile .....................................................................................................15
1.1.2
Aufbau.......................................................................................................15
1.1.3
Kappe........................................................................................................16
1.1.4
(Fang-)Leinen............................................................................................17
1.1.5
Verbindungselemente ................................................................................18
1.1.6
Beschleunigungssystem ............................................................................19
1.1.7
Einstellungen.............................................................................................19
1.1.8
Reparatur ..................................................................................................20
1.1.9
Nachprüfung..............................................................................................20
1.1.10 Betriebsanleitungen ...................................................................................21
1.1.11 Betriebsgrenzen ........................................................................................21
1.2 Instandhaltung.................................................................................................. 22
1.2.1
Packen......................................................................................................22
1.2.2
Lagerung ...................................................................................................22
1.2.3
Alterung und Pflege des Gleitschirms ........................................................23
1.2.4
Schädigende Einflüsse ..............................................................................23
1.3 Gurtzeug............................................................................................................. 24
1.3.1
Typen ........................................................................................................24
1.3.2
Bauteile .....................................................................................................24
1.3.3
Aufbau.......................................................................................................25
1.3.4
Größen......................................................................................................25
1.3.5
Einstellung.................................................................................................25
1.3.6
Schutzeinrichtungen ..................................................................................26
1.4 Rettungsgerät.................................................................................................... 27
1.4.1
Funktion ....................................................................................................27
1.4.2
Typen ........................................................................................................27
1.4.3
Bauteile und Aufbau ..................................................................................27
1.4.4
Auslösung .................................................................................................28
1.4.5
Größen......................................................................................................28
1.4.6
Containersysteme mit Vor- und Nachteilen ................................................28
1.4.7
Kompatibilität.............................................................................................29
1.4.8
Packintervalle ............................................................................................29
1.5 Instrumente und Bekleidung.......................................................................... 30
1.5.1
Instrumente ...............................................................................................30
1.5.2
Bekleidung ................................................................................................31
1.6 Geräteprüfung................................................................................................... 32
1.6.1
Tests .........................................................................................................32
1.6.2
Klassifizierung ...........................................................................................33
1.7 Messgrundlagen ............................................................................................... 35
1.8 Aerodynamik ..................................................................................................... 36
1.8.1
Auftrieb......................................................................................................36
1.8.2
Widerstand ................................................................................................37
1.8.3
Kräfte im stationären Geradeausflug..........................................................39
1.8.4
Strömung...................................................................................................40
1.8.5
Strömungsabriss........................................................................................40
1.8.6
Geschwindigkeit ........................................................................................41
1.8.7
Kräfte am Flügel ........................................................................................43
1.8.8
Stabilität ....................................................................................................44
1.8.9
Steuerung..................................................................................................44
1.8.10 Kurvenflug .................................................................................................45
1.8.11 Maßeinheiten.............................................................................................46
2
FLUGTECHNIK / VERHALTEN IN BESONDEREN FÄLLEN ...................47
2.1 Startvorbereitungen......................................................................................... 48
2.1.1
Auslegen ...................................................................................................48
2.1.2
Vorflugcheck..............................................................................................48
2.1.3
Flugplanung ..............................................................................................49
2.1.4
Startcheck .................................................................................................49
2.2 Start..................................................................................................................... 50
2.2.1
Startphasen...............................................................................................50
2.2.2
Abflug........................................................................................................53
2.2.3
Rückwärtsaufziehen ..................................................................................53
2.2.4
Startabbruch..............................................................................................54
2.2.5
Fehlstart ....................................................................................................55
2.3 Geradeausflug................................................................................................... 56
2.3.1
Bestes Gleiten...........................................................................................56
2.3.2
Geringstes Sinken .....................................................................................56
2.3.3
Trimmgeschwindigkeit ...............................................................................56
2.3.4
„Aktives Fliegen“........................................................................................57
2.4 Kurvenflug ......................................................................................................... 58
2.4.1
Kurven durch Steuerleinenzug ...................................................................58
2.4.2
Kurvenflug durch Gewichtsverlagerung......................................................59
2.5 Landeeinteilung................................................................................................ 60
2.5.1
Landephasen.............................................................................................60
2.5.2
Flugtechnik................................................................................................61
2.5.3
Peilung ......................................................................................................63
2.6 Landung ............................................................................................................. 64
2.7 Besondere Windsituationen........................................................................... 66
2.7.1
Starkwind ..................................................................................................66
2.7.2
Seitenwind.................................................................................................68
2.7.3
Rückenwind...............................................................................................68
2.8 Kappenstörungen und Extremflugzustände............................................... 69
2.8.1
Seitlicher Einklapper ..................................................................................69
2.8.2
Frontklapper ..............................................................................................70
2.8.3
Stabiler Frontklapper .................................................................................71
2.8.4
Seitlicher Verhänger ..................................................................................71
2.8.5
Strömungsabriss (Stall) im Ansatz .............................................................72
2.8.6
Totaler Strömungsabriss (Fullstall).............................................................73
2.8.7
Trudeln (einseitiger Strömungsabriss) im Ansatz .......................................74
2.8.8
Längeres Trudeln (einseitiger Strömungsabriss) ........................................74
2.8.9
Sackflug ....................................................................................................75
2.8.10 Stabiler Sackflug........................................................................................76
2.8.11 Fixseilschlepp............................................................................................77
2.9 Abstiegshilfen ................................................................................................... 78
2.9.1
Ohrenanlegen............................................................................................78
2.9.2
Andere Abstiegshilfen................................................................................79
2.10 Besondere Fluggefahren ................................................................................ 80
2.10.1 Ausfall der Steuerleinen.............................................................................80
2.10.2 Verknotete Leinen im Flug .........................................................................80
2.10.3 Kollision.....................................................................................................80
2.10.4 Einsatz des Rettungsgeräts .......................................................................81
2.11 Besondere Landegefahren ............................................................................. 82
2.11.1 Starkwindlandung ......................................................................................82
2.11.2 Baumlandung ............................................................................................82
2.11.3 Seitenwindlandung ....................................................................................83
2.11.4 Hanglandung .............................................................................................84
2.11.5 Außenlandung ...........................................................................................84
2.11.6 Toplandung ...............................................................................................84
2.11.7 Wasserlandung .........................................................................................85
2.11.8 Landung in Stromleitungen ........................................................................86
2.11.9 Landung in Seilbahnkabeln........................................................................86
2.12 Notfälle ............................................................................................................... 88
2.12.1 Erste-Hilfe-Maßnahmen.............................................................................88
2.12.2 Notausrüstung ...........................................................................................88
2.12.3 Notsignale .................................................................................................89
2.12.4 Einleitung von Rettungsmaßnahmen .........................................................90
2.13 Menschliche Leistungsfähigkeit.................................................................... 93
2.14 Naturschutz und Forst / Landwirtschaft und Jagd .................................... 95
3
METEOROLOGIE ......................................................................................96
3.1 Lufthülle ............................................................................................................. 97
3.1.1
Aufbau der Atmosphäre .............................................................................97
3.1.2
Zusammensetzung der Luft .......................................................................97
3.2 Troposphäre...................................................................................................... 98
3.2.1
Luftdruck ...................................................................................................98
3.2.2
Luftdichte...................................................................................................99
3.2.3
Temperatur................................................................................................99
3.3 Wind.................................................................................................................. 100
3.3.1
Richtung und Stärke ................................................................................100
3.3.2
Tagesverlauf............................................................................................102
3.3.3
Zusammenspiel von Hoch und Tief ..........................................................102
3.3.4
Windgradient ...........................................................................................103
3.4 Turbulenzen..................................................................................................... 104
3.4.1
Luv und Lee ............................................................................................104
3.4.2
Thermische und dynamische Turbulenzen ...............................................104
3.4.3
Bodenturbulenzen ...................................................................................105
3.4.4
Düsenwirkung..........................................................................................105
3.4.5
Windscherung .........................................................................................106
3.5 Windzirkulation............................................................................................... 107
3.5.1
See-/Landwind ........................................................................................107
3.5.2
Hangaufwind ...........................................................................................108
3.5.3
Gebirgszirkulation....................................................................................108
3.6 Wolken und Nebel .......................................................................................... 110
3.6.1
Kondensation ..........................................................................................110
3.6.2
Niederschlag ...........................................................................................110
3.7 Thermik............................................................................................................. 111
3.7.1
Entstehung ..............................................................................................111
3.7.2
Thermikformen ........................................................................................112
3.7.3
Wolkenthermik.........................................................................................112
3.7.4
Wolkenformen und Wolkenstockwerke.....................................................112
3.8 Wetterentwicklung ......................................................................................... 115
3.8.1
Wetterlagen.............................................................................................115
3.8.2
Globaler Zusammenhang ........................................................................118
3.9 Hochs und Tiefs.............................................................................................. 120
3.9.1
Bildung von Tiefdruckgebieten.................................................................120
3.9.2
Warmfront ...............................................................................................121
3.9.3
Kaltfront...................................................................................................122
3.10 Gewitter............................................................................................................ 124
3.10.1 Gewitterarten...........................................................................................124
3.10.2 Bedingungen für Gewitterbildung .............................................................124
3.10.3 Vorboten .................................................................................................125
3.10.4 Phasen des Gewitters..............................................................................125
3.10.5 Gefahren .................................................................................................126
3.11 Föhn .................................................................................................................. 127
3.11.1 Entstehung ..............................................................................................127
3.11.2 Anzeichen ...............................................................................................128
3.11.3 Gefahren .................................................................................................129
3.12 Wetterbesonderheiten im Gebirge.............................................................. 130
3.12.1 Turbulenzen ............................................................................................130
3.12.2 Wettersturz..............................................................................................130
3.12.3 Kaltluftausflüsse ......................................................................................130
3.12.4 Frontmodifikationen .................................................................................130
3.12.5 Thermische Entwicklung ..........................................................................131
3.12.6 Talwind....................................................................................................131
3.12.7 Gletscherwind..........................................................................................131
3.13 Vorhersage und Beratung............................................................................. 132
3.13.1 Wettervorhersage ....................................................................................132
3.13.2 Wetterberatung........................................................................................132
3.14 Regionales Wetter.......................................................................................... 133
3.14.1 Besonderheiten .......................................................................................133
3.14.2 Regionale Wetterberatung .......................................................................133
4
LUFTRECHT ............................................................................................134
4.1 Rechtsvorschriften......................................................................................... 135
4.1.1
Überblick .................................................................................................135
4.1.2
Luftverkehrsordnung................................................................................135
4.1.3
Luftverkehrszulassungsordnung ..............................................................136
4.1.4
Verordnung über Luftfahrtpersonal ..........................................................136
4.1.5
Betriebsordnung für Luftfahrtgerät ...........................................................136
4.1.6
Ausbildungs- und Prüfungsordnung des DHV ..........................................136
4.1.7
Flugbetriebsordnung des DHV.................................................................136
4.1.8
Prüfkataloge des DHV .............................................................................136
4.2 Zuständige Stellen ......................................................................................... 137
4.2.1
BMVBW ..................................................................................................137
4.2.2
LBA.........................................................................................................137
4.2.3
Beauftragter ............................................................................................137
4.2.4
Informationsschrift ...................................................................................138
4.3 Ausbildung/Pilot ............................................................................................. 139
4.3.1
Erlaubnispflicht ........................................................................................139
4.3.2
Mindestalter.............................................................................................139
4.3.3
Ausbildungsinhalte ..................................................................................139
4.3.4
Flugauftrag ..............................................................................................140
4.3.5
Flugbuch .................................................................................................140
4.3.6
Unterrichtsbuch .......................................................................................141
4.3.7
Lernausweis ............................................................................................141
4.3.8
Schulungsbestätigung .............................................................................141
4.3.9
Luftfahrerschein.......................................................................................141
4.3.10 Prüfung ...................................................................................................142
4.3.11 Umfang der Erlaubnisse ..........................................................................143
4.3.12 Gültigkeitsdauer ......................................................................................143
4.3.13 Überprüfungsflug .....................................................................................143
4.3.14 Startarten ................................................................................................144
4.3.15 Passagierberechtigung ............................................................................144
4.3.16 Lehrberechtigung.....................................................................................144
4.3.17 Registrierte Ausbildungsstätten................................................................145
4.4 Fluggerät .......................................................................................................... 146
4.4.1
Musterprüfung .........................................................................................146
4.4.2
Klassifizierung .........................................................................................146
4.4.3
Prüfstellen ...............................................................................................146
4.4.4
Betriebsgrenzen ......................................................................................147
4.4.5
Stückprüfung ...........................................................................................147
4.4.6
Nachprüfung............................................................................................147
4.4.7
Lufttüchtigkeit ..........................................................................................147
4.4.8
Instandhaltung.........................................................................................148
4.4.9
Lufttüchtigkeitsanweisung (LTA) ..............................................................148
4.4.10 Motorgetriebene Gleitschirme ..................................................................148
4.4.11 Straf- und Bußgeldvorschriften ................................................................149
4.5 Flugbetrieb....................................................................................................... 150
4.5.1
Grundregeln ............................................................................................150
4.5.2
Verantwortung .........................................................................................150
4.5.3
Sicherheitsausrüstung .............................................................................150
4.5.4
Kopfschutz ..............................................................................................151
4.5.5
Rettungsgerät..........................................................................................151
4.5.6
Rettungsschnur .......................................................................................151
4.5.7
Rückenschutz..........................................................................................151
4.5.8
Flugausrüstung........................................................................................151
4.5.9
Wetterinformation und Wind.....................................................................152
4.5.10 Sichtflugregeln.........................................................................................152
4.5.11 (Sicherheits-)Mindesthöhe .......................................................................153
4.5.12 Abstände .................................................................................................153
4.5.13 Vorflugregeln ...........................................................................................153
4.5.14 Landeeinteilung .......................................................................................156
4.5.15 Abwerfen von Gegenständen...................................................................156
4.5.16 Kunstflug .................................................................................................156
4.5.17 Wolkenflug ..............................................................................................156
4.5.18 Flüge bei Nacht .......................................................................................156
4.5.19 Betriebsstörungen und Unfälle .................................................................157
4.5.20 Notsignale ...............................................................................................157
4.5.21 Unfallmeldung .........................................................................................157
4.5.22 Aufsicht ...................................................................................................158
4.5.23 Startleiter.................................................................................................158
4.5.24 Straf- und Bußgeldvorschriften ................................................................159
4.6 Fluggelände..................................................................................................... 161
4.6.1
Genehmigung..........................................................................................161
4.6.2
Außenstart- und -landeerlaubnis ..............................................................161
4.6.3
Zuständige Stellen für die Erlaubnis.........................................................161
4.7 Luftraum........................................................................................................... 162
4.7.1
ICAO-Luftraumklassifizierung ..................................................................162
4.7.2
Luftraumgliederung..................................................................................163
4.7.3
Flugbeschränkungs- und Sperrgebiete ....................................................164
4.7.4
Militärisches Tiefflugsystem .....................................................................165
4.7.5
ICAO-Karte..............................................................................................165
4.7.6
Luftgebietsverletzungen...........................................................................165
4.8 Haftung und Versicherung ........................................................................... 166
4.8.1
Verschuldungs- und Gefährdungshaftung ................................................166
4.8.2
Versicherungspflicht ................................................................................166
4.8.3
Flugsportrisiko und Versicherungen .........................................................167
5
BUCHTIPPS, VIDEOS UND INTERNET-LINKS......................................169
6
IMPRESSUM............................................................................................171
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1
Technik
Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:
ü
Gleitschirm
ü
Instandhaltung
ü
Gurtzeug
ü
Rettungsgerät
ü
Instrumente und Bekleidung
ü
Geräteprüfung
ü
Messgrundlagen
ü
Aerodynamik
Damit Du beim Lesen zu Hause schnell entscheiden kannst, ob ein Kapitel für
Dich relevant ist, schaust Du einfach nach, welches Symbol sich direkt unterhalb der Kapitelüberschrift befindet:
i
Hinweis!
Befinden sich sowohl ein Buch ( ) als auch ein Gleitschirm ( ) darunter, so
bezieht sich das Kapitel auf den Aufbaukurs. Als Schüler im Höhenflugkurs
kannst Du ein solches Kapitel dazu nutzen, Dein Wissen um den Aufbaukurs
aufzufrischen.
Befindet sich nur ein Gleitschirm ( ) darunter, so bezieht sich das Kapitel
ausschließlich auf den Höhenflugkurs. Als Schüler im Aufbaukurs kannst Du
dieses Kapitel überspringen.
14
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.1
Gleitschirm
1.1.1
Bauteile
Ein Gleitschirm besteht aus folgenden Bauteilen:
ü
Kappe
ü
Leinen
ü
Tragegurte
ü
Leinenschlösser (Verbindungselemente zwischen Leinen und Tragegurten)
i
Hinweis!
Ein Gleitschirm an sich besteht nur aus oben genannten Teilen. Gurtzeug und
Gleitschirm sind voneinander unabhängig.
Kappe und Leinen sind fest miteinander verbunden und bilden somit eine Einheit.
1.1.2
Aufbau
Abb. 1.1: Gleitschirm (schematisch dargestellt)
Gurtzeug und Gleitschirm sind voneinander unabhängig! Das Gurtzeug kannst Du, wenn Du die
Geräte-Vorschriften beachtest, beliebig aussuchen. Wenn Du Gleitschirm und Gurtzeug miteinander verbindest, erhältst Du das Fluggerät, das im Volksmund als Gleitschirm bezeichnet
wird. Erst dann ist der „Gleitschirm“ einsatzbereit.
15
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.1.3
Kappe
Die Kappe eines Gleitschirms, auch Segel oder Schirm genannt, ist sicherlich das auffälligste
Merkmal eines Gleitschirms. Sie besteht aus reißfestem synthetisch hergestelltem RipstopGewebe (Polyamid oder Polyester), das mit einer schützenden Beschichtung versehen ist.
Ripstop-Gewebe verhindert ein Weiterreißen des Tuches, wenn es beschädigt wird.
Liegt die Kappe vor dem Starten noch formlos am Boden, so bildet sich während des Startvorgangs eine halbstarre Tragfläche aus. Diese Tragfläche entsteht durch den Staudruck im
Inneren der Kappe, der sich durch die anströmende Luft aufbaut. Stabilisiert wird die Kappe
durch senkrecht stehende Wände, so genannte Zellwände, die Ober- und Untersegel miteinander verbinden. Durch den Zuschnitt der Zellwände erhält die Kappe ihr Profil.
i
Hinweis!
Ein Flugzeug besitzt starre Tragflächen, d. h., das Profil der Tragflächen ist
durch ein Gerippe immer fest vorgegeben.
Im Gegensatz dazu besitzt eine Gleitschirmkappe lediglich flexible Trennwände
im Inneren, die die Kappe während des Fluges stabilisieren.
Abb. 1.2: Schnitt durch eine Kappe (schematisch dargestellt; ohne Stabilisator)
Die (Fang-)Leinen eines Gleitschirms sind mit den so genannten Zellwänden verbunden. Der
Raum, der durch Zellwände und Segel eingeschlossen wird, wird Zelle genannt. Jede Zelle
untergliedert sich in Kammern, die durch Zellzwischenwände, so genannte Rippen, getrennt
sind. Damit in der gesamten Kappe stets der gleiche Staudruck herrscht, besitzen sowohl die
Zellwände als auch die Zellzwischenwände Druckausgleichsöffnungen, so genannte Crossports. Fällt eine Kammer während des Fluges ein, so fällt innerhalb dieser Kammer der Staudruck, da keine Luft mehr von vorne einströmen kann. Weil die benachbarte Kammer nun unter
höherem Druck steht, entsteht ein Druckgefälle: Die Luft strömt von der benachbarten Kammer
in die zusammengefallene und füllt diese wieder; der normale Staudruck wird in der eben noch
zusammengefallenen Kammer wieder hergestellt.
i
Hinweis!
Bei manchen Gleitschirmen sind die Kammern teilweise geschlossen, um ein
stromliniengünstigeres Profil zu erhalten. Diese geschlossenen Kammern
werden über Druckausgleichsöffnungen gefüllt.
16
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
An den Außenseiten der Kappe befinden sich die Stabilisatoren, auch Stabilos genannt. Sie
geben dem Gleitschirm Richtungsstabilität. Die Stabilisatoren selbst besitzen keine Einlassöffnung an der Vorderseite, werden aber durch den Staudruck in den äußersten Zellen mit Luft
gefüllt. Diese mit Luft gefüllten Stabilisatoren erhöhen den Auftrieb und reduzieren den Luftwiderstand der Kappe.
1.1.4
(Fang-)Leinen
Die Fangleinen, oft nur kurz Leinen genannt, sind durch dreiecksförmige Verstärkungen, so
genannten Flares, mit den Zellwänden des Gleitschirms verbunden. Diese Verstärkungen
sorgen dafür, dass die Zugkräfte gleichmäßig über die gesamte Kappe verteilt werden. Ferner
wird durch die Verstärkungen verhindert, dass der Schirm unerwünschte Falten wirft.
Der Kern der Leinen besteht aus einem Bündel in Zugrichtung verlaufender Fasern. Als Fasermaterial wird meist Kevlar (gelber Kern) oder Dynamee (weißer Kern) verwendet. Kevlar-Fasern
sind zwar dehnungsstabiler als solche aus Dyneema, sind aber dafür umso knickempfindlicher.
Ummantelt sind diese Fasern in der Regel mit geflochtenem Polyester.
Die Gesamtlänge der Leinen beträgt mehrere Hundert Meter, weshalb Sie zu einem großen Teil
zum Luftwiderstand des Schirmes beitragen. Um diesen Luftwiderstand zu verringern, gabelt
man die Leinen so oft wie möglich, um Leinenmaterial einzusparen. Die einzelnen Gabelungen
unterteilen die Leinen in so genannte Leinen-Stockwerke. Die Kappe in Abb. 1.2 besitzt zwei
solcher Stockwerke. Moderne Gleitschirme besitzen meist drei Stockwerke: das untere mit den
dicken Stammleinen, das mittlere mit den Gabelleinen und das obere mit den dünne Galerieleinen.
i
Hinweis!
Die Trimmung – und somit das Flugverhalten des Schirms – wird durch die
Länge der Leinen bestimmt. Bemerkst Du drastische Änderungen im Flugverhalten Deines Schirms, so lasse zuallererst die Leinen ausmessen.
Abb. 1.3: Leinenebenen A-E eines Gleitschirms (schematisch dargestellt)
17
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Zusätzlich wird, wie in Abb. 1.3 dargestellt, zwischen verschiedenen Leinenebenen unterschieden. Die vorderste Leinenebene, knapp hinter der Eintrittskante, wird als A-Leinenebene,
die letzte je nach Schirmtyp als D- oder E-Leinenebene bezeichnet. Die einzelnen Leinenebenen jeder Schirmhälfte laufen getrennt in den Tragegurten zusammen.
1.1.5
Verbindungselemente
Abb. 1.4: Position des Leinenschlosses (hier ein Schäkel; schematisch dargestellt)
Die so genannten Leinenschlösser verbinden die Leinen mit den Tragegurten. Meist kommen
dabei Schraubschäkel in Dreiecksform zum Einsatz (Abb. 1.4). Diese verhindern, dass die
Leinen zu sehr hin und her rutschen. Durch den Schraubverschluss am Schäkel kannst Du verwirrte Leinen schnell entwirren.
Abb. 1.5: Karabiner (schematisch dargestellt)
Die Karabiner (Abb. 1.5) verbinden die Tragegurte mit dem Gurtzeug. Mittlerweile gibt es
speziell für Gleitschirme entwickelte Arten von Karabinern:
ü
Karabiner mit herkömmlichem Drehverschluss
ü
Karabiner mit Schnappverschluss
ü
Karabiner mit einer Kombination aus Dreh- und Schnappverschluss
ü
Quick-Out-Karabiner
18
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Der Quick-Out-Karabiner besitzt eine stark abweichende Konstruktion mit dem Ziel, die Sicherheit weiter zu erhöhen.
i
Hinweis!
1.1.6
Neben den Karabinern gibt es auch das so genannte Safe-In-Lock (SIL). Es
ersetzt sowohl Karabiner als auch Beingurtschloss. Auch das SIL ist mit dem
Ziel entwickelt worden, die Sicherheit weiter zu erhöhen.
Beschleunigungssystem
An den Tragegurten Deines Gleitschirms kannst Du ein Beschleunigungssystem anbringen,
wenn der Hersteller dies in der Betriebsanleitung ausdrücklich erlaubt. Ein solches System
ermöglicht Dir, schneller zu fliegen. Du musst dazu nur Deine Beine ausstrecken und somit den
so genannten Beinstrecker betätigen. Dieser verkürzt in der Regel die vorderen Tragegurte und
verkleinert somit den Anstellwinkel Deines Schirms: Dein Schirm wird 5 bis 15 km/h schneller.
i
Hinweis!
Neue Beschleunigungssysteme verändern lediglich die Form des Profils, um
Deinen Schirm schneller werden zu lassen.
Gefahr von Kappenstörungen und Extremflugzuständen!
Nie beschleunigt in Bodennähe fliegen! Nie beschleunigt in turbulenter Luft
fliegen!
M
Achtung!
1.1.7
Dein Schirm verliert im beschleunigten Flugzustand an Stabilität und wird
dadurch anfälliger für Turbulenzen. Gerade in Bodennähe ist dies sehr
gefährlich.
Einstellungen
i
Hinweis!
Einstellmaßnahmen an den Steuerleinen darfst Du nur dann vornehmen, wenn
dies in der Betriebsanleitung des Herstellers ausdrücklich erlaubt wird. Selbst
dann solltest Du die Steuerleinen nur von fachkundigen Händen einstellen
lassen.
Das einzige, was Du an Deinem Gleitschirm einstellen kannst, ist die Länge der Steuerleinen.
Die Steuerleinen sind diejenigen Leinen, die über eine Rolle oder eine Schlaufe am hintersten
Tragegurt geführt sind. Du erkennst sie auch an den Steuerschlaufen.
Je nach Körpergröße bzw. Armlänge kannst Du die Länge anpassen, indem Du den Knoten, mit
dem die Steuerschlafe an der Steuerleine befestigt ist, verschiebst. Dabei musst Du aber
folgendes beachten:
ü
Die Länge darf nur auf diejenige Art und Weise eingestellt werden, die der Hersteller
vorsieht. (Betriebsanleitung beachten!)
ü
Die Steuerleinen sollten gerade so lang sein, dass Du in einer angenehmen Position,
etwa in Schulterhöhe, leicht Kontakt zum Schirm hast; d. h., dass Du die Steuerleinen
dann schon spannst, die Schirmkante nicht oder nur minimal heruntergezogen wird.
19
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
ü
Zu kurz eingestellte Bremsen führen zu einem kritischen Flugverhalten, da Dein Schirm
zu langsam fliegt.
ü
Bei zu lang eingestellten Bremsen hast Du nicht den kompletten Steuerweg zur
Verfügung. Gerade bei der Landung kann dies problematisch werden.
1.1.8
Reparatur
i
Hinweis!
Lese vor eigenen Reparaturversuchen unbedingt die Betriebsanleitung Deines
Gleitschirms!
Prüfe Deinen Gleitschirm vor jedem Flug auf folgende Beschädigungen:
ü
Risse/Löcher in der Kappe
ü
Scheuerstellen der Nähte
ü
Beschädigungen der Leinen (verdickte Stellen, fehlende Ummantelung)
ü
Beschädigungen der Leinenschlösser (feine Risse)
Kleinere Risse/Löcher in der Kappe kannst Du, falls sie sich nicht an tragenden Stellen
befinden, mit selbstklebendem Reparaturtuch, so genanntem Ripstop-Band, selbst flicken. Das
Band muss hierbei mindestens 2 cm über dem Riss/Loch überstehen.
Lasse alle anderen Beschädigungen (große Risse/Löcher, Scheuerstellen, beschädigte Leinen)
nur in einer dafür autorisierten Werkstatt reparieren. Tausche beschädigte Leinenschlösser umgehend aus!
i
Hinweis!
1.1.9
Nach erfolgter Reparatur kann eine Nachprüfung notwendig sein bzw. angeordnet werden! Ohne Nachprüfung verliert Dein Schirm seine Zulassung.
Nachprüfung
Es hat sich gezeigt, dass Gleitschirme altern und sich deren Flugeigenschaften im Laufe der
Zeit ändern können. Daher ist es seit 1992 Pflicht, Gleitschirme mindestens alle zwei Jahre in
einer autorisierten Werkstatt überprüfen zu lassen. Die Nachprüfung umfasst dabei folgendes:
ü
Überprüfen des Segeltuches (Luftdurchlässigkeit, Beschädigungen)
ü
Überprüfen der Leinen (korrekte Länge, Beschädigungen, Reißtest)
ü
Überprüfen der Nähte (Scheuerstellen)
ü
Überprüfen der Haupttragegurte (Scheuerstellen)
ü
Überprüfen der Leinenschlösser (Beschädigungen)
ü
Nachmessen der Kappe
ü
Überprüfen des Anstellwinkels der Kappe
20
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Kleine Mängel werden in der Regel vor Ort behoben. Ist alles in Ordnung, so erhält Dein Schirm
einen offiziellen Stempel der Werkstatt. Sollte jedoch die Flugsicherheit nicht mehr gewährleistet sein, so darfst Du diesen Gleitschirm nicht mehr benutzen.
i
Hinweis!
Eine Nachprüfung kann angeordnet werden.
1.1.10 Betriebsanleitungen
Die Betriebsanleitung ist ein Bestandteil Deines Schirmes. Fehlt sie, so besorge Dir umgehend
Ersatz. Lese die Betriebsanleitung aufmerksam durch, bevor Du Dich mit einem Dir nicht vertrauten Schirm auf den Startplatz begibst.
Die Betriebsanleitung teilt Dir mit, welches Gurtzeug Du verwenden musst, worauf Du beim
Fliegen mit diesem Schirm genau achten musst und welche Betriebsgrenzen für den Schirm
gelten.
1.1.11 Betriebsgrenzen
Jeder Gleitschirm hat seine Grenzen. – Daher legen Hersteller in der Betriebsanleitung zu ihren
Schirmen bestimmte Betriebsgrenzen fest. Darunter zählen das empfohlene Pilotengewicht und
das empfohlene Totalgewicht (Abhebegewicht) für den jeweiligen Schirm.
Wir empfehlen Dir ausdrücklichst, Deinen Schirm nach diesen Gesichtspunkten auszuwählen.
Unter- oder überbelastete Schirme neigen eher zu Extremreaktionen wie Sackflug oder
Einklappern. Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass Du mit einem Schirm, den Du im
oberen Gewichtsbereich fliegst, besser (und sicherer) unterwegs bist.
i
Hinweis!
Die Betriebsgrenzen Deines Schirms findest Du sowohl in der Betriebsanleitung als auch auf der Gütesiegelplakette am Schirm selbst.
21
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.2
Instandhaltung
1.2.1
Packen
Abb. 1.6: Richtiges Packen eines Gleitschirms
Um Deinen Gleitschirm einzupacken, gehst Du so vor wie in Abb. 1.6 gezeigt. Falte Deinen
Schirm jeweils zur Mitte und streiche dabei die Luft vorsichtig aus der Kappe.
Achte während des Packens besonders darauf, dass sich keine Gegenstände
wie Steine in oder unter der Kappe befinden!
i
Hinweis!
1.2.2
Achte während des Packens besonders darauf, die Leinen nicht scharf zu
knicken!
Lagerung
Ein Gleitschirm ist ein empfindliches Fluggerät! Dies gilt auch bei der Lagerung. Nimm Dir
deshalb folgende Regeln zu Herzen:
ü
Lagere Deinen Gleitschirm nur bei normaler Luftfeuchtigkeit (40-60 %). Zu trockene
oder zu feuchte Luft schadet Deinem Schirm.
ü
Lagere Deinen Gleitschirm niemals in der Nähe von Chemikalien wie Benzin oder
Lösungsmittel! Deren Dämpfe schaden Deinem Schirm.
ü
Lagere Deinen Gleitschirm lichtgeschützt. Besonders UV-Strahlung schadet Deinem
Schirm nachhaltig.
ü
Lagere Deinen Gleitschirm bei konstanter Temperatur. Zu große Schwankungen, wie
sie z. B. in einem Auto vorkommen, schaden auf Dauer Deinem Schirm.
22
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.2.3
Alterung und Pflege des Gleitschirms
Die Lebensdauer Deines Gleitschirms hängt im Wesentlichen davon ab, wie pfleglich Du mit
ihm umgehst:
ü
UV-Strahlung, also auch Sonnenstrahlung, schädigt – trotz schützender Beschichtung –
die Materialen der Kappe. Auf Dauer verliert die Kappe so ihre Luftundurchlässigkeit
(Zweijahrescheck!), Dein Schirm altert unnötig schnell.
Lasse Deinen Schirm also nicht unnötig in der Sonne liegen oder gar trocknen.
ü
Leichte Erdflecken auf der Kappe, wie sie nach einer missglückten Landung entstehen
können, verschwinden meist nach ein paar Flügen wieder von alleine. Entferne stärkere
Schmutzflecken stets mit einem weichen Tuch und handwarmem Wasser (zur Not mit
ein wenig milder Seife). Benutze aber niemals Reinigungsmittel dazu! Diese greifen die
Materialien der Kappe stark an.
ü
Untersuche Deinen Schirm regelmäßig auf Beschädigungen (siehe Kapitel 1.1.8).
ü
Lasse Reparaturen generell nur von einer autorisierten Fachwerkstatt ausführen.
1.2.4
Schädigende Einflüsse
Ein Gleitschirm ist ein empfindliches Fluggerät. Achte deshalb sehr darauf, ihn möglichst selten
schädigenden Einflüssen auszusetzen:
ü
UV-Strahlung, also auch Sonnenstrahlung, schädigt die Materialien der Kappe.
Lasse Deinen Schirm also nicht unnötig in der Sonne liegen oder gar trocknen.
ü
Feuchtigkeit ist Gift für Deinen Gleitschirm. Die Länge der Leinen kann sich ändern; die
Kappe kann beschädigt werden.
Sollte Dein Schirm feucht geworden sein, so trockne ihn an einem lichtgeschützten,
warmen und gut gelüfteten Raum. Solltest Du Deinen Schirm feucht packen müssen, so
lasse ihn nie längere Zeit im Packsack.
ü
Salzwasser greift die Materialen der Kappe extrem stark an.
Spüle Deinen Schirm nach Kontakt mit Salzwasser mit reichlich Süßwasser, um
jegliches Salz zu entfernen. Trockne anschließend Deinen Schirm wie oben
beschrieben.
ü
Chemikalien wie Benzin oder Lösungsmittel (und deren Dämpfe) greifen die Materialien
der Kappe extrem stark an.
Lagere Deinen Schirm daher getrennt von Chemikalien.
ü
Starke mechanische Belastungen schaden Deinem Schirm.
Schleife Deinen Schirm nicht über den Boden, sondern trage ihn, indem Du ihn zu einer
Wolke zusammenraffst. Setze die Leinen keinen extremen Zugbelastungen (z. B. durch
Verhängen) aus.
23
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.3
Gurtzeug
1.3.1
Typen
Generell wird zwischen drei Gurtzeugtypen unterschieden:
•
Hängegurtzeug Y
•
Sitzgurtzeug G / GH / GX
•
Spezialgurtzeug S
Hängegurtzeuge, vom DHV in die Gruppe Y eingeteilt, wurden früher oft während der Schulung
verwendet. Durch die aufrechte Haltung im Gurtzeug befindet sich der Pilot bereits in der
richtigen Haltung für Start und Landung. Längere Flüge sind aber unangenehm und können zu
einem gefährlichen Blutstau in den Beinen führen. Dieses Gurtzeug wird heute nicht mehr
benutzt.
Sitzgurtzeuge sind vom DHV in mehrere Gruppen unterteilt: G, GH und GX. Je nach Schirm
darf nur eine bestimme Gruppe von Sitzgurtzeugen benutzt werden. Fast alle neuen Sitzgurtzeuge gehören der Gruppe GH an. Die Gruppen G und GX spielen heutzutage nur noch eine
untergeordnete Rolle und kommen meist nur noch bei älteren Gleitschirmen zum Einsatz.
Spezialgurtzeuge, vom DHV in die Gruppe S eingeteilt, gibt es nur wenige. Als normaler Gleitschirmpilot bekommst Du sie selten zu Gesicht.
1.3.2
Bauteile
Ein Gurtzeug besteht im Wesentlichen aus folgenden Teilen:
ü
Sitzbrett
ü
Protektor
ü
Beingurten
ü
Brustgurten
ü
Schultergurten
ü
Integrierter Container für Rettungsgerät (optional)
i
Hinweis!
Manche Gurtzeuge besitzen keinen integrierten Container für das Rettungsgerät. Bei solchen Gurtzeugen wird ein Container extern angebracht.
24
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.3.3
Aufbau
Abb. 1.7: Gurtzeug der Gruppe GH (hier: SupAir EvoXC; schematisch dargestellt)
1.3.4
Größen
Gurtzeuge gibt es in unterschiedlichen Größen. Die grobe Einteilung erfolgt dabei meist anhand
der Konfektionsgrößen (S, M, L, XL). Bei der Auswahl der richtigen Größe bzw. des richtigen
Gurtzeugs musst Du dabei folgende Punkt beachten:
ü
Das Gurtzeug muss Dir passen.
ü
Das Sitzbrett des Gurtzeuges muss so breit wie nötig, aber so schmal als möglich sein.
Du darfst nicht zu sehr auf dem Sitzbrett hin- und herrutschen können.
ü
Das Gurtzeug muss einen geprüften Rückenprotektor besitzen.
ü
Das Gurtzeug muss nach den Bauvorschriften gebaut, geprüft und zugelassen sein und
darüber hinaus das Gütesiegel des DHV/OeAeC besitzen.
1.3.5
Einstellung
Dein Gurtzeug stellst Du so ein, wie es in der Betriebsanleitung zu Deinem Gurtzeug
beschrieben ist. Dabei musst Du aber auch folgendes beachten:
ü
Das Gurtzeug muss Dir passen.
ü
Das Gurtzeug darf nirgends einschneiden oder drücken.
ü
Das Gurtzeug darf Dir keine Schwierigkeiten beim Aufrichten, Laufen und beim Hineinsetzen machen.
25
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.3.6
Schutzeinrichtungen
i
Hinweis!
Überprüfe Dein Gurtzeug regelmäßig auf Beschädigungen.
Da Du beim Fliegen mit einem Gleitschirm durchaus in gefährliche Situationen kommen kannst,
ist ein Gurtzeug mit Schutzeinrichtungen versehen, die die Gefahr einer ernsthaften Verletzung
zumindest reduzieren. Zu diesen Schutzeinrichtungen zählen (Rücken-)Protektor und Rettungsgerät.
i
Hinweis!
Dem Rettungsgerät ist ein eigenes Kapitel gewidmet.
Der Protektor ist unter dem Sitzbrett und dem Rückenteil Deines Gurtzeuges eingebaut.
Protektoren gibt es in zwei verschiedenen Ausführungen, den Airbag- und den FeststoffProtektoren. Das Grundprinzip ist dennoch gleich: Ein Protektor schützt Dich vor schweren
Wirbelverletzungen, indem er Deinen Aufprall auf dem Boden abdämpft. Deine Arme und Füße
sind dennoch stark gefährdet, da sie neben dem Protektor durchfallen und hart auf dem Boden
aufprallen können.
i
Hinweis!
Zusätzlich zum Protektor kannst Du das Verletzungsrisiko mit Hilfe des so
genannten Landefalls weiter verringern. Den Landefall kannst Du in unserer
Flugschule üben.
26
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.4
1.4.1
Rettungsgerät
Funktion
Das Rettungsgerät ist, wie der Name schon sagt, ein reines Notfallgerät. Es reduziert Deine
Fallgeschwindigkeit je nach Typ und Zuladung auf etwa 7 m/s, was einem Sprung von einer
etwa 2,50 Meter hohen Mauer gleichkommt. Zusammen mit dem (Rücken-)Protektor verhindert
ein Rettungsgerät zwar das Schlimmste, kann aber nicht 100%ig vor Verletzungen schützen.
1.4.2
Typen
Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Typen von Rettungsgeräten. Neben den Rettungsgeräten mit Rundkappenschirm gibt es auch Rettungsgeräte mit Matratzenschirm, so genannte
Cutaway-Systeme.
Cutaway-Systeme trennen Dich im Notfall vom Gleitschirm und öffnen einen kleineren steuerbaren Matratzenschirm. Dieser Vorgang kostet aber enorm an Höhe, und die Steuerung
erfordert eine zusätzliche Ausbildung. Aus diesen Gründen haben sich Cutaway-Systeme auf
dem Massenmarkt nicht durchgesetzt.
Praktisch alle Rettungsgeräte nutzen daher einen Rundkappenschirm. Bei diesen Rettungsgeräten bleibst Du mit Deinem Schirm verbunden, kannst aber den Rundkappenschirm nicht
oder nur sehr bedingt steuern.
1.4.3
Bauteile und Aufbau
Abb. 1.8: Rundkappen-Rettungsschirm (schematisch dargestellt)
27
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Ein Rettungsschirm ist ein einfacher Rundkappen-Fallschirm aus Nylon, der mit einer oder
mehreren Mittelleinen ausgestattet ist. Diese Mittelleinen ziehen den Scheitel des Schirms nach
unten und erhöhen somit zusätzlich den Luftwiderstand des Schirms.
Der Rettungsschirm wird mit über die Verbindungsleine und dem V-Gabelgurt, beide aus Polyester, mit dem Gurtzeug verbunden.
1.4.4
Auslösung
Das Rettungsgerät darf nur in absoluten Notfällen ausgelöst werden! Dazu zählen z. B.:
ü
Zusammenstöße mit anderen Luftfahrzeugen
ü
Defekte am Schirm, die ein sicheres Landen unmöglich machen
ü
Flugsituationen, in denen der Schirm nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden kann
ü
Gefährliche Rotationen (Steilspirale, Trudeln) unmittelbar über Grund
Falls Du in einer Notsituation noch genügend Höhe hast, solltest Du zuerst versuchen, Deinen
Schirm unter Kontrolle zu bekommen; wie schon erwähnt, kannst Du Dich beim Einsatz des
Rettungsgeräts dennoch verletzen.
Ist die Höhe zu gering oder die Situation zu gefährlich, so löse das Rettungsgerät aus, indem
Du den Handgriff des Rettungsgerätes mit voller Kraft nach außen ziehst bis der Innencontainer
frei ist. Dann schleuderst Du den Innencontainer in hohem Bogen von Dir weg in den freien
Luftraum, damit er nicht mit Deinem Gleitschirm kollidiert. Sobald die Rettungsleine gestreckt
ist, öffnet sich der Rettungsschirm.
i
Hinweis!
i
Hinweis!
1.4.5
Um Deinen Rettungsschirm zu stabilisieren, solltest Du Deinen Gleitschirm
flugunfähig machen, indem Du die Fangleinen einholst oder an den Tragegurten ziehst.
Das Auslösen des Rettungsgerätes solltest Du regelmäßig üben, spätestens
aber nach einem Wechsel des Gurtzeugs bzw. des Rettungsgerätes. Im Notfall
kann das regelmäßige Üben über wertvolle Sekunden entscheiden!
Größen
Auch Rettungsgeräte gibt es in unterschiedlichen Größen. Normalerweise wählst Du diejenige
Größe aus, die auf Dein Abhebegewicht hin optimiert ist. Solltest Du einen Tandemflug planen,
so wähle unbedingt ein Rettungsgerät für Tandemflüge!
1.4.6
Containersysteme mit Vor- und Nachteilen
Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Containersysteme: externe Containersysteme und
interne Containersysteme. Beide Systeme haben ihre Vor- und Nachteile.
28
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Ein externes Containersystem ist vom Gurtzeug unabhängig und kann bei einem Wechsel des
Gurtzeuges meist weiterverwendet werden. Zudem kannst Du die Position des Rettungsgerätes
am Gurtzeug selbst auswählen; so ist gewährleistet, dass Du das Rettungsgerät in jeder
Situation auslösen kannst. Dieses System benötigt aber recht viel Platz, und das Fixieren des
Rettungsgerätes ist nicht immer einfach.
Ein internes Containersystem hingegen ist in Dein Gurtzeug integriert. Es sitzt meist am Rücken
oder unter dem Sitzbrett; der Auslösegriff befindet sich meist farblich hervorgehoben rechts
oder links am Gurtzeug. Dieses System ist kompakt und gut fixiert, lässt sich aber meist
schlechter auslösen, da die Position des Auslösegriffs nicht selbst bestimmt werden kann.
1.4.7
Kompatibilität
Bei einem externen Containersystem musst Du darauf achten, dass Du die Verbindungselemente korrekt zusammenführst; bei einem internen Containersystem musst Du darauf
achten, dass alle Bauteile zueinander kompatibel sind.
i
Hinweis!
1.4.8
Eine einwandfreie Funktion kann, besonders nach einem Wechsel eines Bauteils, nur durch die so genannte Kompatibilitätsprüfung (K-Prüfung) getestet
werden.
Packintervalle
i
Hinweis!
Für einen Rettungsschirm gelten die gleichen Regeln zu Pflege und Instandhaltung wie für einen Gleitschirm.
Packe Deinen Rettungsschirm regelmäßig, mindestens aber jährlich neu, da dessen Leinen miteinander verkleben können. Mit verklebten Leinen öffnet Dein Rettungsschirm nur sehr
langsam – im Extremfall öffnet er sich gar nicht!
Besitzt das Containersystem Klettverschlüsse, so öffne diese mindestens einmal im Monat und
verschließe sie wieder locker. Klettverschlüsse verketten sonst und lassen sich nur noch sehr
schwer öffnen.
29
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.5
Instrumente und Bekleidung
1.5.1
Instrumente
i
Hinweis!
Im Sky-Team-Shop findest Du eine große Auswahl an Instrumenten. Alle
Artikel werden sorgsam ausgesucht und als besonders geeignet empfunden.
Als Gleitschirmpilot kannst Du folgende Instrumente während eines Fluges bei Dir haben:
ü
Höhenmesser
ü
Variometer
ü
Fahrtmesser
ü
GPS-Empfänger
ü
Kugelkompass
ü
Barograph
Der Höhenmesser zeigt Dir die aktuelle Höhe im Vergleich zum Referenzpunkt an. Er kann in
der Regel auf die Höhe über dem Meeresspiegel (QNH) oder auf die Höhe über dem Startbzw. Landeplatz (QFE) eingestellt werden; er kann Dir aber nicht die Höhe über Grund (GND)
anzeigen.
Das Variometer zeigt Dir die Höhenänderung pro Sekunde akustisch und optisch an. Durch
einen modulierten Piepton erkennst du sofort, ohne auf das Variometer blicken zu müssen, ob
Du gerade steigst oder fällst.
Der Fahrtmesser misst Deine Fluggeschwindigkeit. Er wird an einem langen Kabel als Schleppsensor angebracht, was in der Praxis recht hinderlich ist. Die angezeigten Werte sind aber in
der Regel nicht sonderlich genau.
Der GPS-Empfänger ist besonders beim Streckenflug hilfreich. Er zeigt Dir Deine genaue
Position in Breite und Länge (z. B. 48,867° N, 8,200° W) an. Manche Geräte können zusätzlich
eine Karte einblenden.
Der Kugelkompass zeigt Dir in etwa die Himmelsrichtungen an. Er ist während des Fluges
anfällig für Fliehkraftfehler. Er kann Dir aber gerade in Nebel oder in Wolken zur groben
Orientierung dienen.
Der Barograph zeichnet den Höhenverlauf Deines Fluges auf. Er wird meist auf Streckenflügen
mitgenommen, um den Streckenflug zu dokumentieren.
Hinweis!
Moderne Instrumente sind eine Kombination aus mehreren der oben
genannten Instrumente. Wenn sie mit einer Schnittstelle versehen sind, kannst
Du die Daten Deines Fluges am Computer auswerten.
i
Als „Normalpilot“ kommst Du einem Variometer und einem Höhenmesser aus.
i
Hinweis!
30
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.5.2
Bekleidung
Häufig wird gerade am Anfang zu wenig auf die passende Bekleidung und Ausrüstung Wert
gelegt. Spezielle Bekleidung und Ausrüstung für den Gleitschirmsport steigern nicht nur den
Spaß am Fliegen, sondern erhöhen auch die passive Sicherheit beträchtlich.
i
Hinweis!
Im Sky-Team-Shop findest Du eine große Auswahl an Bekleidung. Alle Artikel
werden sorgsam ausgesucht und als besonders geeignet empfunden.
Die passende Bekleidung und Ausrüstung umfassen folgendes:
ü
Helm
ü
Sonnenbrille
ü
Bekleidung
ü
Handschuhe
ü
Schuhe
Als Helm eignet sich am besten ein spezieller Gleitschirm-Vollintegralhelm. Er ist leicht und
schützt das ganze Gesicht. Ferner lässt er einen guten Kontrollblick zu und besitzt Ohröffnungen, damit Du den Fahrtwind besser hörst. Ein solcher Integralhelm erfüllt die
europäische Norm für Gleitschirmhelme, wenn er das CE-Zeichen trägt.
i
Hinweis!
Gleitschirmhelme werden auch als Halbschalenhelme angeboten. Diese
vermitteln zwar ein schöneres Fluggefühl, können aber Dein Gesicht im Ernstfall nicht ausreichend schützen!
Die Sonnenbrille sollte großflächig, aber nicht zu dunkel sein. Wichtig ist es, dass sie einen
guten UV-Schutz aufweist.
Die Bekleidung sollte warm, bequem und atmungsaktiv sein. Dazu eignen sich spezielle Flugoveralls bzw. Fleecebekleidung.
Die Handschuhe sollten gerade bei Höhenflügen wärmen, aber nicht zu dick sein, da Du sonst
den Kontakt zum Schirm verlierst. Auch hier gibt es spezielle Gleitschirmhandschuhe.
Die Schuhe sollten knöchelfixierend sein, um Dich vor Verletzungen durch Umknicken zu
schützen. Ein griffiges Profil ist gerade bei Start und Landung sehr von Vorteil. Auch hier gibt es
spezielle Gleitschirmschuhe, die auf die Anforderungen hin optimiert sind.
31
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.6
Geräteprüfung
1.6.1
Tests
Jeder neue Schirm muss eine Musterprüfung über sich ergehen lassen, bevor er offiziell
zugelassen wird. Diese Prüfung umfasst dabei folgende Tests:
ü
Festigkeitstest (Schocktest und Lasttest)
ü
Flugtest (Flugverhalten und Reaktionen des Schirms)
ü
Bauausführung
Der Festigkeitstest beinhaltet zwei Tests: den Schocktest und den Lasttest. Beim Schocktest
wird die Festigkeit des Schirms bei schlagartigen Belastungen geprüft, wie sie bei extremen
Einklapp- und Öffnungssituationen eintreten können. Beim Lasttest hingegen wird geprüft, ob
der Schirm das Achtfache des angegebenen maximalen Startgewichts ohne Beschädigungen
aushält.
Anschließend erfolgt der Flugtest, bei dem zwei Piloten ein komplettes Testprogramm unabhängig voneinander durchfliegen. Dabei werden das Flugverhalten und die Reaktionen des
Schirms während des Starts, des Fluges und während Extremsituationen bewertet. Anhand der
Bewertungen erfolgt die Klassifizierung des Schirms, wobei das jeweils schlechteste Ergebnis
den Ausschlag gibt.
Zuletzt wird überprüft, ob ein Schirm mit allen geprüften Gurtzeugen geflogen werden kann.
Gegebenenfalls wird eine Einschränkung auf eine bestimmte Gruppe von Gurtzeugen vorgenommen.
Besteht ein Schirm sämtliche Prüfungen, so erhält er das Gütesiegel des DHV und des OeAeC.
Abb. 1.9: Gütesiegel des DHV und des OeAeC
i
Hinweis!
Das Gütesiegel und sämtliche technische Daten eines Gleitschirms findest Du
sowohl in dessen Betriebsanleitung als auch am Gleitschirm selbst (entweder
in der Mitte der Kappe oder an einem der beiden Stabilisatoren).
32
33
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.6.2
Klassifizierung
Der DHV unterteilt die Gleitschirme in mehrere Klassen:
Klasse 1
Gleitschirme mit einfachem, weitgehend fehlerverzeihendem Flugverhalten.
Klasse 1-2
Gleitschirme mit gutmütigem Flugverhalten.
Klasse 2
Gleitschirme mit anspruchsvollem Flugverhalten und dynamischen Reaktionen
auf Störungen und Pilotenfehler. Für Piloten mit regelmäßiger Flugpraxis.
Klasse 2-3
Gleitschirme mit sehr anspruchsvollem Flugverhalten und heftigen Reaktionen
auf Störungen und geringem Spielraum für Pilotenfehler. Für Piloten mit
umfassender Flugerfahrung und regelmäßiger Flugpraxis.
Klasse 3
Gleitschirme mit sehr anspruchsvollem Flugverhalten und sehr heftigen
Reaktionen auf Störungen und geringem Spielraum für Pilotenfehler. Für
Piloten mit überdurchschnittlich hohem Pilotenkönnen.
Laut neuer CEN-Norm werden Schirme in folgende Klassen eingeteilt:
Klasse A
Gleitschirme mit einem Maximum an
passiver Sicherheit und einem extrem
verzeihendem Flugverhalten. Gute
Widerstandsfähigkeit gegen abnormale Flugzustände.
Für alle Piloten einschließlich Piloten
aller Ausbildungsstufen.
Klasse B
Gleitschirme mit guter passiver
Sicherheit und verzeihenden Flugverhalten. Einigermaßen widerstandsfähig gegen abnormale Flugzustände.
Für alle Piloten einschließlich Piloten
aller Ausbildungsstufen.
Klasse C
Gleitschirme mit mäßiger passiver
Sicherheit und mit potentiell
dynamischen Reaktionen auf
Turbulenzen und Pilotenfehler. Die
Rückkehr in den Normalflug kann
präzisen Piloteneingriff erfordern.
Für Piloten, die das Ausleiten abnormaler Flugzustände beherrschen, die
"aktiv" und regelmäßig fliegen, und die
die möglichen Konsequenzen des
Fliegens mit reduzierter passiver Sicherheit verstehen.
Klasse D
Gleitschirme mit anspruchsvollem
Flugverhalten und potentiell heftigen
Reaktionen auf Turbulenzen und
Pilotenfehler. Die Rückkehr in den
Normalflug erfordert präzisen Piloteneingriff.
Für Piloten, die über viel Übung im Ausleiten abnormaler Flugzustände verfügen, die sehr aktiv fliegen, die
signifikante Erfahrungen in turbulenten
Bedingungen gesammelt haben, und die
die möglichen Konsequenzen des
Fliegens mit einem solchen Gleitschirm
akzeptieren.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
i
Hinweis!
Bei neuen Gleitschirmem gehen die Hersteller mehr und mehr dazu über, ihre
Gleitschirme nach der CEN-Norm einzustufen. Die CEN-Norm beschreibt ein
europaweit einheitliches Testverfahren, welches längerfristig die DHVKlassifizierung ablösen soll.
Neben der Klasse befindet auf der Gütesiegelplakette ebenfalls ein Zusatz, der auf die zu
verwendende Gurtzeuggruppe hinweist:
G
Nur spezielle, namentlich aufgeführte Gurtzeuge sind mit diesem Gleitschirm
zugelassen.
GH
Brustgurtzeuge. Alle Gurtzeuge, die der Gurtzeug-Gruppe GH angehören, sind mit
diesem Gleitschirm zugelassen.
GX
Gurtzeuge mit festen Kreuzgurten. Alle Gurtzeuge, die der Gurtzeug-Gruppe GX
angehören, sind mit diesem Gleitschirm zugelassen.
S
Spezialgurtzeug. Nur bestimmte Gurtzeuge, die der Gurtzeug-Gruppe S
angehören, sind mit diesem Gleitschirm zugelassen.
Y
Hängegurtzeug. Alle Gurtzeuge, die der Gurtzeug-Gruppe Y angehören, sind mit
diesem Gleitschirm zugelassen.
Biplace
Der Gleitschirm ist für doppelsitzigen (Tandem-)Betrieb zugelassen.
34
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.7
Messgrundlagen
Die Fläche, die Dein Gleitschirm ausgelegt einnimmt, beträgt je nach Schirm zwischen 20 und
30 m2. Für den Flug relevant ist aber lediglich die so genannte projizierte Fläche. Die projizierte
Fläche zeigt sich in der Draufsicht und ist durch die Krümmung Deines Schirms während des
Fluges kleiner als die Fläche, die Dein ausgelegter Schirm einnimmt.
Mit Hilfe der Spannweite und der projizierten Fläche kannst Du die Streckung Deines Gleitschirms bestimmen:
Die Streckung neuer Gleitschirme beträgt zwischen 4 und 6. Große Streckungen verbessern die
Leistung Deines Schirmes, machen ihn aber gleichzeitig schwerer beherrschbar.
Die Fläche Deines Gleitschirms wird während des Fluges durch das Eigengewicht des Schirms,
das Gewicht des Piloten und durch das Gewicht der Ausrüstung belastet. Ein Maß für die
Belastung Deines Schirms ist die Flächenbelastung. Mit Hilfe der oben berechneten projizierten
Fläche kannst Du die Flächenbelastung Deines Schirmes ausrechnen:
Die Geschwindigkeit und die Stabilität Deines Schirmes hängen von der Flächenbelastung ab.
Hohe Flächenbelastung bringt mehr Stabilität und höhere Geschwindigkeit, weshalb es heute
üblich ist, mit einer hohen Flächenbelastung zu fliegen.
35
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.8
1.8.1
Aerodynamik
Auftrieb
Während des Fliegens baut sich, wie bereits anfangs geschildert, der so genannte Staudruck in
Deinem Schirm auf. Luftteilchen strömen in die Einlassöffnung an der Vorderseite des Schirms
ein, können aber nicht entweichen, da Dein Schirm hinten geschlossen ist. In der Folge stauen
sich die Luftteilchen im Schirm; ein Druckanstieg im Schirm ist die Folge. Dieser Druckunterschied (und die resultierende Druckkraft) ist zwar sehr gering, reicht jedoch aus, um Ober- und
Untersegel auseinander zu drücken und somit das Profil zu formen (Abb. 1.10).
Abb. 1.10: Staudruck-Aufbau im Schirm
Die Höhe des Staudrucks hängt dabei stark von der Eigengeschwindigkeit Deines Schirmes ab.
Fliegst du schnell, so ist der Staudruck groß. Fliegst Du hingegen langsam, so fällt der Staudruck. Wenn Du zu langsam fliegst, z. B. bei einem Stall, können sich die Zellen Deines
Schirms komplett entleeren; das Profil fällt zusammen.
Durch das speziell geformte Profil wird die Luft, die das Profil umströmt leicht nach unten abgelenkt; die Kappe erfährt eine Kraft nach oben. Diese Kraft, die Auftriebskraft F A, wird noch
verstärkt, da die Luft am Obersegel schneller strömt als am Untersegel. Das Gesetz von
Bernoulli besagt, dass der Druck umso geringer wird, je höher die Strömungsgeschwindigkeit
ist: Es entstehen ein Unterdruck am Obersegel und ein Überdruck am Untersegel, die die
Kappe förmlich nach oben ziehen.
Abb. 1.11: Auftriebsverteilung am Profil (dunkle Flächen: Überdruck; helle Flächen: Unterdruck)
36
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Der Auftrieb des Schirms entsteht hauptsächlich in der Mitte des Schirms. An den Außenseiten
hingegen entsteht kaum Auftrieb, da die Breite des Profils – und somit auch dessen Auftrieb –
zum Rand hin abnimmt (Abb. 1.12).
Abb. 1.12: Auftriebskräfte am Schirm
1.8.2
Widerstand
In der Aerodynamik sind drei verschiedene Formen des Widerstandes von Bedeutung:
ü
der Formwiderstand
ü
der induzierte Widerstand
ü
der Restwiderstand
Jeder Körper erzeugt einen Formwiderstand, der im so genannten c W-Wert ausgedrückt wird.
Je niedriger der c W-Wert, desto niedriger ist der Formwiderstand. Durch Versuche mit unterschiedlich geformten Körpern hat sich herausgestellt, dass ein tropfenförmiges Profil den
besten c W-Wert aufweist (Abb. 1.13).
Abb. 1.13: Widerstandsbeiwerte cW verschiedener Körper
37
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Aufgrund der unterschiedlichen Drücke zwischen Ober- und Untersegel kommt es an den
Kappenenden zu einer Druckausgleichsströmung von unten nach oben. Je ein Wirbelzopf, ein
so genannter Randwirbel, bildet sich links und rechts an den Kappenaußenenden hinter dem
Schirm aus (Abb. 1.14). In Flugrichtung gesehen drehen sich die Wirbel an am linken Außenende im Uhrzeigersinn, am rechten Außenende im Gegenuhrzeigersinn. Diese Wirbel wirken
wie ein zusätzlicher Widerstand. Da dieser Widerstand mit dem Erzeugen von Auftrieb
zusammenhängt, wird diese Form des Widerstands induzierter Widerstand genannt.
Gefahr von Extremsituationen!
M
Achtung!
Fliege niemals dicht hinter einem anderen Gleitschirm her!
Das Fliegen in den Randwirbeln des vorausfliegenden Gleitschirms kann zu
extremen Reaktionen Deines Schirms führen. Dies gilt besonders bei zweisitzigen Biplaces.
Abb. 1.14: Randwirbel
Wenn Du langsam fliegst, ist der Anteil des induzierten Widerstands am Gesamtwiderstand
besonders groß. Der Anteil nimmt jedoch ab, je schneller Du fliegst. Der induzierte Widerstand
macht im Schnitt zwischen 20 und 45 % des Gesamtwiderstandes Deines Gleitschirms aus,
weshalb versucht wird, ihn durch konstruktive Maßnahmen zu verringern. Die wichtigste Maßnahme hierbei ist das Vergrößern der Streckung der Kappe (Abb. 1.15). Diese Maßnahme
bringt aber andere wesentliche Nachteile, z. B. extremes Flugverhalten, mit sich, so dass immer
ein Kompromiss eingegangen werden muss.
Abb. 1.15: Unterschiedliche Streckung bei gleicher Kappenfläche
Der Widerstand, der nicht an den zum Auftrieb benötigten Teilen entsteht, wird Restwiderstand
genannt. Er entsteht an den Leinen und am Piloten selbst.
38
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.8.3
Kräfte im stationären Geradeausflug
Die Gewichtskraft FG zieht Deinen Gleitschirm senkrecht nach unten. Diese Kraft ist umso
größer, je größer Dein Startgewicht ist.
Die Gewichtskraft FG wird kompensiert durch die Totale Luftkraft F TL, die der Gewichtskraft
entgegenwirkt. In Abb. 1.16 wird dies durch die entgegengesetzten Richtungen der Kräfte
anschaulich dargestellt. Die Totale Luftkraft F TL setzt sich aus Auftriebskraft F A und Widerstandskraft F W zusammen.
Die Auftriebskraft F A zieht Deinen Schirm gleichzeitig nach vorne und nach oben. Sie wirkt
senkrecht zur Strömungsrichtung, d. h., zu der Richtung, aus der die Luftteilchen auf Deinen
Schirm treffen.
Die Widerstandskraft F W bremst Deinen Schirm ab. Sie wirkt genau in Strömungsrichtung und
ist eng mit dem Anstellwinkel α verknüpft.
Der Anstellwinkel α ist der Winkel zwischen Strömungsrichtung und mittlerer Profilsehne, die in
Abb. 1.16 als schmale Linie quer durch das Profil angedeutet ist.
Die Vortriebskraft F V zeigt in die entgegengesetzte Richtung der Widerstandskraft F W. Solange
Dein Schirm nicht beschleunigt oder abbremst sind Vortriebskraft und Widerstandskraft gleich
groß.
Die Auftriebsgegenkraft F A* ist, wie die Vortriebskraft auch, eine Komponente der Gewichtskraft F G. Sie wirkt der Auftriebskraft F A entgegen. Auftriebskraft F A und Auftriebsgegenkraft F A*
sind im Idealfall gleich groß.
Abb. 1.16: Kräfte im stationären Geradeausflug (Kräfte in Pfeilform dargestellt)
Abb. 1.16 zeigt deutlich: Die Vortriebskraft F V zeigt immer nach schräg unten, während die
Auftriebskraft F A immer kleiner als die Totalen Luftkraft F TL sein muss. D. h., Dein Schirm muss
ständig an Höhe verlieren, um Auftrieb zu erzeugen. Diesen Höhenverlust kannst Du z. B.
durch den Flug in thermischen Aufwinden wieder gutmachen.
39
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.8.4
Strömung
Grundvoraussetzung, damit Du mit Deinem Gleitschirm überhaupt erst fliegen kannst, ist die
Strömung, die am Schirm anliegt. Die einzelnen Luftteilchen gleiten dabei über Deinen Schirm.
Es gibt fünf verschiedene Szenarien, bei denen Strömung an Deinem Schirm anliegt:
ü
Bei Windstille bewegt sich nur dein Schirm.
ü
Bei leichtem Gegenwind bewegen sich Luft und Schirm gegeneinander.
ü
Bei starkem Gegenwind steht Dein Schirm über Grund; nur die Luft bewegt sich.
ü
Bei sehr starkem Gegenwind bewegt sich Dein Schirm über Grund rückwärts.
ü
Bei Rückenwind haben Luft und Schirm die gleiche Bewegungsrichtung.
Es kommt nur darauf an, dass die Luftteilchen von vorn nach hinten (mit ausreichender
Geschwindigkeit) am Schirm entlang gleiten.
Abb. 1.17: Strömung am Profil
Der Punkt, an dem sich die Strömungslinien teilen nennt sich Staupunkt S. Ein Teil der
Strömung fließt also am Obersegel, der andere Teil am Untersegel entlang.
Ab dem so genannten Umschlagpunkt U beginnen die Luftteilchen auf der Oberfläche des
Schirms zu verwirbeln. In Abb. 1.17 ist diese Zone hellgrau eingefärbt dargestellt. Hinter dem
Umschlagspunkt U erhält der Schirm keinen Auftrieb mehr.
1.8.5
Strömungsabriss
Je mehr Du den Anstellwinkel Deines Schirms erhöhst, desto weiter wandert der Umschlagspunkt U, der sich im Normalflug am Ende Deines Schirms befindet, nach vorne. Dein Schirm
40
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
verliert somit Auftrieb, weil sich die Luftteilchen direkt hinter dem nun weiter vorne liegenden
Umschlagpunkt leicht verwirbeln. Die Verwirbelungen werden aber umso stärker, je weiter der
Umschlagspunkt nach vorne wandert. Sie werden sogar so stark, dass sich extreme Wirbel
bilden (Abb. 1.18).
Abb. 1.18: Strömungsabriss
Wandert der Umschlagspunkt durch extremes Anstellen des Schirmes in den Bereich der
vorderen Profilkante, so erreichst Du einen so genannten überzogenen Flugzustand: Am
gesamten Obersegel liegt lediglich verwirbelte Strömung an. In diesem Flugzustand kann Dein
Schirm keinerlei Auftrieb mehr erzeugen, es kommt zu einem so genannten Strömungsabriss (Stall): Dein Schirm bewegt sich nicht mehr vorwärts, sinkt aber gleichzeitig extrem
schnell.
i
Hinweis!
1.8.6
Ein Strömungsabriss kann auch durch zu geringe Eigengeschwindigkeit oder
durch zu starken Zug an den Steuerleinen eintreten.
Geschwindigkeit
Die Geschwindigkeit Deines Gleitschirms kannst Du, neben dem Beschleunigungssystem,
durch beidseitiges symmetrisches Ziehen an den Steuerleinen regeln, da Du mit ihnen den
Anstellwinkel α und die Profilform Deines Schirmes ändern kannst (Abb. 1.19). Ein höherer
Anstellwinkel sorgt für mehr Auftrieb, gleichzeitig wandert aber der Umschlagpunkt U nach
vorne; d. h., der Auftrieb nimmt auch ab.
Abb. 1.19: Steuerung der Geschwindigkeit und des Auftriebs über Steuerleinenzug
41
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Zeichnest Du den Verlauf für jede Geschwindigkeit mit dem zugehörigen Sinkwert in ein
Koordinatensystem ein, so erhältst Du die so genannte Geschwindigkeitspolare Deines Gleitschirms (Abb. 1.20). Sie ist abhängig von Deinem Gewicht und Deinem Schirmtyp.
Abb. 1.20: Geschwindigkeitspolare
Die Geschwindigkeitspolare hat die Form einer Kurve. Ihr höchster Punkt, in Abb. 1.20 als
waagrechte Hilfslinie hervorgehoben, zeigt Dir auf, bei welcher Geschwindigkeit Dein Schirm
den geringsten Sinkwert hat. Diese Geschwindigkeit wird Geschwindigkeit des geringsten
Sinkens (GdgS) genannt.
Legst Du vom Nullpunkt des Koordinatensystems eine Tangente an die Polare, so erhältst Du
die Geschwindigkeit, bei der Dein Schirm seine beste Leistung (Gleitzahl) hat. Diese
Geschwindigkeit wird Geschwindigkeit des besten Gleitens (GdbG) genannt. Anhand der
Steigung der Tangenten kannst Du die Gleitzahl Deines Schirmes bestimmen: Die Horizontalgeschwindigkeit beträgt in Punkt 2 etwa 33 km/h, also etwa 9,2 m/s; der Sinkwert liegt bei etwa
1,5 m/s. Teilst Du die Horizontalgeschwindigkeit (in m/s) durch den Sinkwert (in m/s), so erhältst
Du die Gleitzahl von 6,1.
i
Hinweis!
Je größer die Gleitzahl ist, desto leistungsfähiger ist Dein Schirm; d. h., bei
größerer Gleitzahl kannst Du längere Strecken zurücklegen. Gleitschirme
haben eine Gleitzahl zwischen 4 und 7.
Die Geschwindigkeitspolare behält auch dann ihre Form bei, wenn ein schwererer bzw. ein
leichterer Pilot Deinen Schirm fliegt. Sie verschiebt sich lediglich entlang der Tangente nach
rechts unten bzw. links oben. Die Leistung (Gleitzahl) Deines Schirmes ändert sich dabei nicht,
lediglich die GdbG und die GdgS ändern sich.
Lediglich Wind hat Einfluss auf die Leistung (Gleitzahl). Bei Rückenwind verbessert sich die
Gleitzahl gegenüber dem Boden, bei Gegenwind verschlechtert sie sich gegenüber dem Boden.
Dein Schirm gleitet selbst in einem Luftpaket wie in ruhiger Luft; dieses Luftpaket wird aber vom
Wind (mitsamt Gleitschirm) mittransportiert (Abb. 1.21).
42
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Abb. 1.21: Beeinflussung der Gleitzahl durch Rücken- bzw. Gegenwind
1.8.7
Kräfte am Flügel
Dein Flug wird durch ein Zusammenspiel von Massenkräften (Schwerkraft, Fliehkraft) und Luftkräften bestimmt. Alle Luftteilchen, die an Deinem Schirm entlang strömen, üben auf jeden
Punkt der Kappe eine Kraft, die Luftkraft, aus. Addierst Du die einzelnen Kräfte, so erhältst Du
eine einzelne große Kraft, die am so genannten Druckpunkt auf die Kappe einwirkt. Der Druckpunkt liegt im vorderen Drittel der Kappe.
Massekräfte wirken auf jeden Punkt Deines Gleitschirms ein. In ihrer Summe verhalten sich die
einzelnen Kräfte aber so, als ob eine große Kraft, die Gewichtskraft, am Schwerpunkt des Gleitschirms einwirkt. Der Schwerpunkt befindet sich meist knapp über Deinem Kopf.
Abb. 1.22: Druckpunkt (DP) und Schwerpunkt (SP) am Schirm
Die Totale Luftkraft FTL setzt sich, wie bereits erwähnt, aus Auftriebskraft F A und Widerstandskraft F W zusammen. Sie wirkt immer senkrecht zur Gewichtskraft und ist abhängig von der
Eigengeschwindigkeit, der Luftdichte und der Größe der Schirmstirnfläche.
43
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.8.8
Stabilität
Alle aerodynamischen Drehbewegungen führt Dein Schirm um die drei aerodynamischen Drehachsen aus, die sich im Schwerpunkt SP des Systems Schirm-Pilot schneiden (Abb. 1.23).
Abb. 1.23: Drehachsen und Bewegungen am Gleitschirm (um den Schwerpunkt SP)
Die Quer- und Längsstabilität erhält ein Gleitschirm durch den extrem tief liegenden Schwerpunkt. Pilot und Schirm pendeln um den gemeinsamen Schwerpunkt SP. Sobald sich beide aus
ihrer Ausgangslage heraus bewegen, wirken rückstellende Drehmomente (ähnlich wie bei
einem Pendel). Bei dieser Art des Stabilisierens kann es aber zu unerwünschtem (und gefährlichem) Aufschaukeln kommen, das durch „aktives“ Fliegen unterdrückt werden muss.
i
Hinweis!
Alle ruckartigen Steuerbewegungen können starkes Pendeln (bis hin zum
dynamischen Stall) verursachen!
Richtungsstabilität (um die Hochachse) erhält Dein Schirm durch die Stabilisatoren und die
spezielle Form der Kappe. Durch sie richtet sich Dein Schirm immer in Flugrichtung aus.
1.8.9
Steuerung
Du steuerst Deinen Gleitschirm, indem Du an den Steuerleinen ziehst. In diesem Beispiel
gehen wir davon aus, dass Du eine Linkskurve einleiten willst. Das Einleiten einer Rechtskurve
erfolgt analog.
Um die Linkskurve einzuleiten, ziehst Du an der linken Steuerleine. Das erhöht den Anstellwinkel und den Widerstand am linken Teil der Kappe, während der rechte Teil der Kappe seine
Geschwindigkeit beibehält. Es entsteht ein Drehmoment, das Deinen Schirm in die gewünschte
Kurve dreht.
Durch den erhöhten Anstellwinkel wächst aber gleichzeitig der Auftrieb am linken (gebremsten)
Teil der Kappe. Dies wirkt der Querneigung des Schirms entgegen und ist nicht erwünscht, aber
auch nicht vermeidbar. Dein Schirm „schiebt“ mehr um die Kurve als er fliegt. Ein Vorteil ist,
dass das Kurvensinken geringer ausfällt und der Schirm langsamer kreist. Dabei besteht aber
immer die Gefahr des Strömungsabrisses, wenn Du zu abrupt oder zu stark an den Steuerleinen ziehst.
44
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
Den Kurvenflug kannst Du unterstützen, indem Du Dein Gewicht zur Kurveninnenseite hin
verlagerst, nachdem Du an der Steuerleine gezogen hast. Dadurch verlagerst Du den Schwerpunkt etwas zur Kurvenmitte. In der Folge neigt sich Dein Schirm stärker zur Kurvenmitte.
i
Hinweis!
Bei lockeren oder nicht vorhandenen Kreuzgurten kannst Du Dein Gewicht so
weit zur Kurveninnenseite verlegen, dass ein Knick in der Kappe entsteht. Die
dadurch schräg gestellte Fläche sorgt dafür, dass sich Dein Schirm noch mehr
zur Kurvenmitte hin neigt.
Die Linkskurve beendest Du, indem Du die linke Steuerleine wieder entlastest. Beide Kappenseiten erhalten wieder denselben Anstellwinkel; d. h., die linke Kappenseite beschleunigt wieder
auf Trimmgeschwindigkeit: Dein Schirm fliegt wieder geradeaus.
1.8.10 Kurvenflug
Beim Kurvenflug hast Du das Gefühl, schwerer zu werden. Dies liegt daran, dass eine neue
Kraft, die Zentrifugalkraft F Z auf Dich und Deinen Schirm einwirkt (Abb. 1.24). Aus Gewichtskraft F G und Zentrifugalkraft F Z ergibt sich die Kurvengewichtskraft F KG, die größer ist als die
Gewichtskraft FG. Die Kurvengewichtskraft ist es, die Dich schwerer wirken lässt, weil sie – von
Dir aus gesehen – direkt nach unten wirkt.
Abb. 1.24: Kräfte beim Kurvenflug
Mit zunehmender Schräglage fliegst Du zwar schneller, sinkt aber auch umso mehr, um der
Kurvengewichtskraft F KG durch eine größere Totale Luftkraft F TL entgegen zu wirken. In der
Regel gilt: Je größer die Schräglage, umso stärker sinkst Du.
Je größer die Schräglage ist, desto stärker wirst Du auch in Dein Gurtzeug gedrückt. Diese
Belastung wird in g gemessen. Bei 45° Neigung wirken 1,41 g auf dich ein, bei 60° bereits 2 g;
d. h., bei 60° Schräglage wirkt die doppelte Erdbeschleunigung auf Dich ein. Du fühlst Dich also
bei 60° Schräglage doppelt so schwer als Du es real bist – die Kurvengewichtskraft F KG ist dann
doppelt so groß wie die Gewichtskraft F G.
45
46
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 1 „Technik“
1.8.11 Maßeinheiten
Als Gleitschirmpilot kommst Du mit folgenden Geschwindigkeitseinheiten in Berührung:
ü
Kilometer pro Stunde (km/h)
ü
Meter pro Sekunde (m/s)
ü
Knoten (kt)
Für die Umrechnung dieser Einheiten gelten folgende Faustformeln:
i
Hinweis!
ü
km/h = (kt * 2) - 10 %
ü
km/h = (m/s *4) - 10 %
ü
kt = (m/s *2)
Als Gleitschirmpilot kommst Du mit folgenden Druckeinheiten in Berührung:
ü
Bar (bar)
ü
Hectopascal (hPa)
ü
Millimeter Quecksilbersäule (mm Hg)
Für die Umrechnung dieser Einheiten gelten folgende Faustformeln:
i
Hinweis!
ü
bar = hPa/1000
ü
bar = mm Hg * 750
ü
hPa = mm Hg * 0,75
Das wichtigste Leistungsmerkmal eines Gleitschirms ist dessen Gleitzahl, die bereits in
Kapitel 1.8.6 erwähnt wurde. Sie berechnet sich folgendermaßen:
Streng genommen besäße ein heutiger Gleitschirm die Gleitzahl 1/7, statt der häufig
verwendeten Gleitzahl 7. Ein Gleitschirm mit der Gleitzahl 7 fliegt bei Windstille aus einer Starthöhe von 1 km also 7 km weit.
Den Winkel, den die Flugbahn des Schirms gegenüber dem Boden einnimmt, wird Gleitwinkel
genannt. Er berechnet sich folgendermaßen:
Der Gleitwinkel beträgt für einen Schirm mit der Gleitzahl 1/7 also etwa 8,1°.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2
Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen
Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:
ü
Startvorbereitungen
ü
Start
ü
Geradeausflug
ü
Kurvenflug
ü
Landeeinteilung
ü
Landung
ü
Besondere Windsituationen
ü
Kappenstörungen und Extremflugzustände
ü
Abstiegshilfen
ü
Besondere Fluggefahren
ü
Besondere Landegefahren
ü
Notfälle
ü
Menschliche Leistungsfähigkeit
ü
Naturschutz und Forst / Landwirtschaft und Jagd
Damit Du beim Lesen zu Hause schnell entscheiden kannst, ob ein Kapitel für
Dich relevant ist, schaust Du einfach nach, welches Symbol sich direkt unterhalb der Kapitelüberschrift befindet:
i
Hinweis!
Befinden sich sowohl ein Buch ( ) als auch ein Gleitschirm ( ) darunter, so
bezieht sich das Kapitel auf den Aufbaukurs. Als Schüler im Höhenflugkurs
kannst Du ein solches Kapitel dazu nutzen, Dein Wissen um den Aufbaukurs
aufzufrischen.
Befindet sich nur ein Gleitschirm ( ) darunter, so bezieht sich das Kapitel
ausschließlich auf den Höhenflugkurs. Als Schüler im Aufbaukurs kannst Du
dieses Kapitel überspringen.
47
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.1
2.1.1
Startvorbereitungen
Auslegen
Nachdem Du Dein Gurtzeug richtig angelegt hast, legst Du Deinen Gleitschirm, wie in Abb. 2.1
zu sehen ist, aus. Dazu legst Du Deinen Schirm gegen den Wind mit dem Obersegel nach
unten zunächst rechteckig aus. Sollten Kammern nicht geöffnet sein, so raffst Du Deinen
Schirm an der Hinterkante soweit zusammen, dass sämtliche Kammern geöffnet werden.
Anschließend überprüfst Du, ob die Leinen frei sind. Dazu nimmst Du die Haupttragegurte und
spannst die Leinen; achte darauf, dass sich keine Leinen unter dem Schirm befinden! Nun
trennst Du die Tragegurte voneinander. Zu jedem Tragegurt müssen die entsprechenden
Leinengruppen frei laufen – tun sie dies nicht, so musst Du sie unbedingt entwirren!
Abb. 2.1: Richtiges Auslegen des Schirms (von oben betrachtet; schematisch dargestellt)
Erst jetzt verbindest Du Dein Gurtzeug mit dem Gleitschirm und machst mit dem Vorflug- und
dem Startcheck weiter.
2.1.2
Vorflugcheck
Jeder Gleitschirmflug erfordert einen umfangreichen Vorflugcheck, der folgendes umfasst:
ü
Überprüfen des Schirms und des Gurtzeugs auf Beschädigungen
ü
Besichtigen und Beurteilen des Start- und Landeplatzes
ü
Informieren über Besonderheiten des Fluggeländes
ü
Suchen des passenden Auslegegeländes
ü
Überprüfen des Rettungsgeräteverschlusses
ü
Korrektes Anlegen des Gurtzeugs
48
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
ü
Korrektes Auslegen des Schirms
ü
Sortieren und Überprüfen der Leinen und Tragegurte
ü
Korrektes Verbinden von Gleitschirm und Gurtzeug
2.1.3
Flugplanung
Jeder Gleitschirmflug erfordert eine gewissenhafte Flugplanung, die folgendes umfasst:
ü
Einholen und Beurteilen von aktuellen Wetterinformationen (Flugwetterbericht)
ü
Beurteilen der Wind- und Wettersituation während der Fahrt zum Start- bzw. Landeplatz
ü
Besichtigen und Beurteilen von Not- und Außenlandeplätzen
2.1.4
Startcheck
Unmittelbar vor dem Start erfolgt der so genannte 5-Punkte-Check:
1.
Pilot:
Alle(!) Gurtzeugschnallen geschlossen?
Karabiner unverdreht und geschlossen?
Alle(!) Gurte richtig angelegt (besonders Fußgurte)?
Helm auf und geschlossen?
Funkgerät an?
2.
Leinen:
Leinen frei?
Tragegurte unverdreht?
Beschleuniger eingehängt und unverdreht?
Steuerleine frei und unverdreht?
3.
Kappe:
Bogenförmig ausgelegt?
Sämtliche Kammern offen?
4.
Luftraum: Auf allen Seiten weiträumig frei?
5.
Wind:
Richtige Richtung?
Nicht zu stark?
Kein Start ohne Startcheck!
i
Hinweis!
Sollten andere Piloten bereits warten und auf einen Start drängen, so lasse
Dich nicht aus der Ruhe bringen. Der Startcheck ist absolut lebenswichtig und
darf daher nicht vernachlässigt werden!
49
50
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.2
Start
2.2.1
Startphasen
Sind die Startvorbereitungen erfolgreich durchlaufen, so geht es an den eigentlichen Start.
Dabei wird zwischen zwei grundlegend unterschiedlichen Starttechniken unterschieden: dem
Vorwärtsstart und dem Rückwärtsstart. Den Vorwärtsstart wählst Du, wenn gar kein Wind oder
maximal mittelstarker Wind weht; den anspruchsvolleren Rückwärtsstart hingegen wählst Du
nur bei starkem Wind.
i
Hinweis!
Dieses Kapitel befasst sich ausschließlich mit dem Vorwärtsstart! Der
Rückwärtsstart wird in Kapitel 2.2.3 ausführlich angesprochen.
Der Vorwärtsstart wird in folgende Startphasen untergliedert:
ü
Aufziehen
ü
Kontrollieren
ü
Korrigieren
ü
Beschleunigen
ü
Abheben
Nach dem Startcheck begibst Du Dich in die Grundhaltung. Dabei stehst Du aufrecht vor der
Hinterkante möglichst genau vor der Mitte des Schirms. Deine Arme nimmst Du leicht nach
hinten/unten; die Leinen spannst Du lediglich bei mittelstarkem Wind leicht an.
Aufziehen
Dazu läufst Du nach vorne gebeugt gleichmäßig mit seitlich nach hinten gestreckten Armen
kräftig los. Dein Schirm öffnet sich und schöpft Luft; er bietet Dir seinen größten Widerstand.
Nun führst Du die Tragegurte der A-Leinen locker nach vorne oben.
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm steigt schräg
hoch und/oder kippt seitlich
ab.
Du hast beim Aufziehen
nicht mittig vor dem Schirm
gestanden.
Unterlaufe Deinen Schirm in
Abkipprichtung schräg nach
vorne.
Dein Schirm schießt unkontrolliert nach oben.
Du bist zu schnell losgelaufen und/oder hast zu
rasch beschleunigt.
Laufe beim nächsten Start
langsamer los und beschleunige gleichmäßig.
Kontrollieren
Dein Schirm steht nun über Dir: Zeit für die Kontrollphase. Dazu läufst Du mit gleichmäßiger
Geschwindigkeit aufrecht weiter und schaust kurz nach oben, ob keine Leinen verheddert sind
und alle Kammern geöffnet sind.
51
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm kommt nicht
über Deinen Kopf.
Du hast die Tragegurte zu
weit unten gefasst.
Fasse die Tragegurte an
den Enden.
Du hast die Tragegurte zu
früh losgelassen.
Halte die Tragegurte länger
in der Hand.
Du hast den Kontrollblick zu
früh durchgeführt.
Beuge Dich wieder nach
vorne, laufe weiter und führe
den Kontrollblick später
erneut durch.
Bei mittelstarkem Wind: Du
hast die Leinen nicht vorgespannt.
Spanne die Leinen beim
nächsten Start vor.
Bei leichten Piloten: Dein
Schirm ist zu groß dimensioniert.
Wähle einen kleineren
Schirm (in Deinem
Gewichtsbereich).
Korrigieren
Nun kannst Du evtl. nötige Korrekturen (bis hin zum Startabbruch) durchführen.
i
Hinweis!
Kannst Du nötige Korrekturen nicht erfolgreich durchführen oder ist der Startweg für Korrekturen zu kurz, so breche den Start unbedingt ab! Wie Du den
Start abbrichst, erfährst Du in Kapitel 2.2.4.
Symptom
Fehler
Korrektur
Die Außenkammern sind
nach dem Aufziehen nicht
gefüllt.
Du hast Deinen Schirm nicht
sorgfältig ausgelegt;
Kammern waren beim Auslegen geschlossen.
Pumpe an den Steuerleinen
bis sich die Außenkammern
füllen. Fasse dann erneut
die Tragegurte.
Dein Schirm kippt seitlich
ab.
Du warst beim Aufziehen
nicht mittig vor dem Schirm
gestanden oder hast einen
der Tragegurte nach unten
gezogen.
Unterlaufe Deinen Schirm in
Abkipprichtung schräg nach
vorne.
Beschleunigen
Ist alles okay, so kommt das Beschleunigen: Du beugst Dich nach vorne und beschleunigst mit
immer größer werdenden Schritten. Dabei ziehst Du die Steuerleinen gerade so weit nach
unten, dass Dein Schirm weder hinter Dir hängt noch Dich überholt.
52
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Abheben
Verletzungsgefahr durch Bodenberührung!
M
Achtung!
Nie direkt nach dem Abheben ins Gurtzeug setzen!
Du kannst durch starkes Durchsacken oder Pendeln Deines Schirms unmittelbar nach dem Abheben hart auf dem Boden aufschlagen. Sitzt Du bereits im
Gurtzeug, so hast Du keine Möglichkeit, den Aufschlag abzufedern.
Die letzte Phase, das Abheben, beginnt dann, wenn Dich Dein Schirm vom Boden hebt. Du
bleibst dabei in leichter Schrittstellung, um bei einem evtl. Fehlstart nicht hart auf dem Rücken
zu landen. Nun kannst Du die Steuerleinen leicht nachlassen, damit Dein Schirm Fahrt aufnehmen kann.
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm hebt nicht ab.
Du hast zu schwach
beschleunigt.
Beschleunige stärker.
Mache dabei immer größere
Schritte.
Du hast die Steuerleinen zu
sehr gezogen.
Gebe die Steuerleinen ein
wenig mehr frei.
Du hast die Tragegurte mit
den Armen verkürzt.
Lasse Deine Arme beim
Beschleunigen ausgestreckt.
Das gewählte Startgelände
ist für Deinen Schirm zu
flach.
Suche ein steileres Startgelände. Das Gefälle muss
größer als der minimale
Gleitwinkel sein.
Du bist beim Kontrollblick
langsamer gelaufen.
Laufe während des Kontrollblicks gleichmäßig weiter.
Du hast Dich bei zu geringer
Geschwindigkeit ins Gurtzeug gesetzt.
Laufe bis zum Abheben
weiter und setze Dich erst
nach Erreichen der Sicherheitshöhe ins Gurtzeug.
Du hast die Steuerleinen
beim Abheben stark
gezogen und abrupt wieder
losgelassen.
Lockere die Steuerleinen
beim Abheben gleichmäßig
und nicht zu schnell.
Du bist unmittelbar nach
dem Abheben ins Gurtzeug
gesprungen.
Setze Dich erst in Sicherheitshöhe ins Gurtzeug.
Dein Schirm klappt ein.
Du berührst nach dem Start
den Boden.
53
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Dein Schirm pendelt nach
dem Start.
2.2.2
Fehler
Korrektur
Es herrscht Rückenwind
durch Leeturbulenzen.
Überdenke Deine Flugplanung und Deinen Vorflugcheck (besonders das
Beobachten der Windverhältnisse).
Du gibst zu abrupte Steuerbefehle nach dem Abheben.
Ziehe gerade in Bodennähe
die Steuerleinen nur leicht.
Abflug
Nach dem Abheben bleibst Du zunächst in leichter Schrittstellung, ohne Dich in das Gurtzeug
zu setzen. Während des Steigens auf Sicherheitshöhe musst Du sehr konzentriert sein, da
mögliche Störungen ein sofortiges Reagieren erfordern!
Erst nach Erreichen der Sicherheitshöhe nimmst Du die Flugposition im Gurtzeug ein. Dazu
ziehst Du lediglich Deine Beine an.
i
Hinweis!
2.2.3
Solltest Du nicht in eine bequeme Gurtzeugposition gelangen, wenn Du Deine
Beine anziehst, so ist Dein Gurtzeug falsch eingestellt!
Rückwärtsaufziehen
Bei starkem Wind ist an einen Vorwärtsstart kaum zu denken. Das Aufziehen bereitet größte
Probleme, da Dein Schirm so gut wie immer schräg hoch kommt und ausbricht. Ferner neigt
Dein Schirm immer dazu, Dich zu überholen – eine überaus anstrengende Art zu starten.
Aus diesem Grunde wird bei starkem Wind der Rückwärtsstart bevorzugt. Dabei wird in zwei
Techniken unterschieden:
ü
Start mit Steuerleinen parallel
ü
Start mit Steuerleinen über Kreuz
Start mit Steuerleinen parallel
Beim Start mit Steuerleinen parallel hängst Du Dich wie gewohnt in die Tragegurte ein und
führst, während Du Dich um 180° drehst, einen der Tragegurte über Deinen Kopf. Die Tragegurte sind nun gekreuzt.
i
Hinweis!
Merke Dir genau, welcher der Tragegurte oben liegt. Liegt der linke Tragegurt
oben, so drehst Du Dich später nach links zurück; liegt der rechte Tragegurt
oben, so drehst Du Dich später nach rechts zurück.
Nun nimmst Du die Steuerleinen parallel auf: In Blickrichtung gesehen, hält Deine linke Hand
die Steuerleine für die linke Schirmhälfte und umgekehrt.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Anschließend ziehst Du Deinen Schirm mit den A-Tragegurten auf. Dazu kannst Du beide
Tragegurte in eine Hand nehmen.
Nachdem Du Deinen Schirm wie gewohnt stabilisiert hast, kannst Du nun entweder die Steuerleinen zuerst übergeben und Dich anschließend in Startrichtung zurückdrehen oder Dich zuerst
in Startrichtung zurückdrehen und anschließend die Steuerleinen übergeben.
Gefahr des Vertwistens!
M
Immer in der Richtung ausdrehen, die der oben liegende Tragegurt vorgibt!
Achtung!
i
Hinweis!
Drehst Du Dich in die falsche Richtung zurück, so vertwistet Du Dich in den
Tragegurten. Ein Fehlstart ist vorprogrammiert.
Beim Übergeben der Steuerleinen verlierst Du kurzzeitig die Kontrolle über
Deinen Schirm. Übergebe die Steuerleinen deshalb nur dann, wenn Du Deinen
Schirm sicher stabilisiert hast.
Nun startest Du, wie Du es vom Vorwärtsstart her gewohnt bist.
Start mit Steuerleinen über Kreuz
Beim Start mit Steuerleinen über Kreuz hängst Du Dich wie gewohnt in die Tragegurte ein,
nimmst die Steuerleinen auf und führst, während Du Dich um 180° drehst, einen Tragegurt über
den Kopf. Die Steuerleine für die rechte Schirmhälfte befindet sich nun in Deiner linken Hand
und umgekehrt.
i
Hinweis!
Merke Dir genau, welcher der Tragegurte oben liegt. Liegt der linke Tragegurt
oben, so drehst Du Dich später nach links zurück; liegt der rechte Tragegurt
oben, so drehst Du Dich später nach rechts zurück.
Anschließend ziehst Du Deinen Schirm mit den A-Tragegurten auf. Dazu kannst Du beide
Tragegurte in eine Hand nehmen.
Der folgende Teil erfordert einige Übung: Da Du die Steuerleinen über Kreuz in den Händen
hältst, zieht Dein Schirm nach links, wenn Du die rechte Steuerleine ziehst und umgekehrt. Du
musst also umdenken, wenn Du Deinen Schirm sicher stabilisieren willst.
Sobald Du Deinen Schirm stabilisiert hast, drehst Du Dich in Startrichtung zurück.
Gefahr des Vertwistens!
M
Immer in der Richtung ausdrehen, die der oben liegende Tragegurt vorgibt!
Achtung!
Drehst Du Dich in die falsche Richtung zurück, so vertwistet Du Dich in den
Tragegurten. Ein Fehlstart ist vorprogrammiert.
Nun startest Du, wie Du es vom Vorwärtsstart her gewohnt bist.
2.2.4
Startabbruch
Waren Korrekturversuche vergeblich oder steht anschließend zu wenig Anlaufstrecke zur Verfügung, so breche den Start sofort ab! Die Entscheidung, den Start (kontrolliert) abzubrechen,
musst Du deutlich vor der Beschleunigungsphase treffen.
54
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
In flachem Gelände überziehst Du beide Steuerleinen und legst damit die Kappe kontrolliert
nach hinten ab. In steilem Gelände hingegen ziehst Du lediglich eine Steuerleine, damit Dich
Dein Schirm nicht aushebeln kann, und läufst aus.
2.2.5
Fehlstart
Fehlstart und Startabbruch unterscheiden sich grundlegend: Ein Startabbruch ist von Dir so
gewollt und ist in einer unkontrollierten Situation immer vorzuziehen; ein Fehlstart hingegen tritt
meist dann auf, wenn Du trotz einer unkontrollierten Situation versuchst, dennoch zu starten. Es
ist äußerst schwierig, mit einem unruhigen Schirm sicher abzuheben, weil zu wenig Spielraum
für weitere Störungen des Schirms vorhanden ist.
Ein Fehlstart ist meist auf vermeidbare Fehler während der Startphasen zurückzuführen. Dazu
zählen u. a.:
ü
Fehlender oder ungenügender Kontrollblick
ü
Bewusstes oder unbewusstes Ausbleiben von nötigen Korrekturen
ü
Zu frühes Hineinsetzen in das Gurtzeug
ü
Mangelhafte Flugplanung bzw. mangelhafter Vorflugcheck
Das Resultat ist meist das gleiche: ein Absturz mit (teilweise erheblichen) Verletzungen.
i
Hinweis!
Ein guter Starter ist nicht derjenige, der keine Startabbrüche macht, sondern
derjenige, der seine Starts kontrolliert ausführt!
55
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.3
Geradeausflug
2.3.1
Bestes Gleiten
Wie bereits in Kapitel 1.8.6 beschrieben, kannst Du Deinen Gleitschirm mit unterschiedlichen
Geschwindigkeiten bewegen. Damit Du die Geschwindigkeit des besten Gleitens (GdbG)
erreichst, lässt Du die Steuerleinen locker. Dein Schirm legt nun die größtmögliche Strecke bei
geringem Sinken zurück; der beste Gleitwinkel wird erreicht.
i
Hinweis!
Lese auf jeden Fall die Betriebsanleitung: Bei manchen (älteren) Schirmen
musst Du die Steuerleinen ein wenig durchziehen, um die GdbG zu erreichen.
Falls Du gegen einen starken Gegenwind anfliegen musst, ist die GdbG die einzig richtige
Wahl. In Verbindung mit einem Beschleunigungssystem kommst Du noch besser voran.
2.3.2
Geringstes Sinken
Wie bereits in Kapitel 1.8.6 beschrieben, kannst Du Deinen Gleitschirm mit unterschiedlichen
Geschwindigkeiten bewegen. Damit Du die Geschwindigkeit des geringsten Sinkens (GdgS)
erreichst, ziehst Du die Steuerleinen ab dem Punkt, an dem Du die Bremswirkung bemerkst,
noch etwa 10 bis 30 cm (je nach Schirmtyp) herunter. Dein Schirm verlangsamt zwar, sinkt aber
auch pro Sekunde deutlich weniger. Dein Schirm fliegt im Geschwindigkeitsbereich des
geringsten Sinkens.
Falls Du in einer Thermik Kreise fliegst, ist die GdgS die richtige Wahl.
2.3.3
Trimmgeschwindigkeit
Wenn Du die Steuerleinen locker hältst, so fliegt Dein Schirm mit Trimmgeschwindigkeit. Diese
Geschwindigkeit ist die maximale Geschwindigkeit, die Dein Schirm ohne ein Beschleunigungssystem im normalen Flugzustand erreichen kann.
i
Hinweis!
Bei den meisten Schirmen fallen Trimmgeschwindigkeit und Geschwindigkeit
des besten Gleitens (GdbG) zusammen.
56
57
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.3.4
„Aktives Fliegen“
Gerade in turbulenter Luft wird Dein Gleitschirm von Auf- und Abwinden getroffen, die Deinen
Schirm rollen und/oder nicken lassen. Durch den tiefen Schwerpunkt (und durch die daraus
resultierende Pendelstabilität) werden diese Bewegungen bei leichtem Rollen/Nicken ausgeglichen. Bei starken Turbulenzen mit heftigem Rollen/Nicken musst Du jedoch stabilisierend
eingreifen.
Diesen Roll-/Nickbewegungen kannst Du durch „aktives Fliegen“ entgegenwirken. Dabei
reagierst Du frühzeitig auf die von Dir bewusst wahrgenommenen Schirmbewegungen: Durch
Gegensteuern hältst Du die Kappe möglichst senkrecht über Dir.
Die bevorstehenden Schirmreaktionen erkennst Du u. a. an:
ü
den Druckänderungen auf den Steuerleinen,
ü
der optischen Kontrolle der Fluglage (Horizont) und
ü
den Bewegungen Deines Schirms, die auf Dein Gurtzeug übertragen werden.
i
Hinweis!
Schirmreaktionen erkennst Du sicher nicht, wenn Du ständig hinauf zur Kappe
schaust! Du verlierst dadurch jegliches Gefühl für Deine momentane Fluglage.
Symptom
Schirmreaktion
Gegenreaktion
Der Steuerdruck auf den
Steuerleinen lässt beidseitig
nach.
Dein Schirm nickt oder
schießt nach vorne.
Ziehe beide Steuerleinen so
weit herunter, bis Du den
normalen Steuerdruck
wieder erreichst.
Der Steuerdruck auf den
Steuerleinen nimmt beidseitig zu.
Dein Schirm nickt oder
schießt nach hinten.
Gib beide Steuerleinen so
weit frei, bis Du den
normalen Steuerdruck
wieder erreichst.
Der Steuerdruck nimmt nur
auf einer Steuerleine ab.
Dein Schirm kommt seitlich
nach vorne oder wird seitlich
entlastet.
Ziehe die entlastete Steuerleine so weit herunter, bis
Du den normalen Steuerdruck wieder erreichst.
Der Steuerdruck nimmt nur
auf einer Steuerleine zu.
Dein Schirm geht seitlich
nach hinten oder wird seitlich belastet.
Gibt die belastete Steuerleine soweit frei, bis Du den
normalen Steuerdruck
wieder erreichst.
i
Hinweis!
„Aktives Fliegen“ ist ein dynamischer Prozess und fordert daher von Dir, Dich
ständig an geänderte Fluglagen anzupassen.
58
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.4
Kurvenflug
2.4.1
Kurven durch Steuerleinenzug
Das Steuern eines Gleitschirmes ist theoretisch sehr einfach. Willst Du eine Linkskurve fliegen,
so ziehst Du an der linken Steuerleine; willst Du eine Rechtskurve fliegen, so ziehst Du an der
rechten Steuerleine. – In der Praxis gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, eine Kurve zu
fliegen. Du kannst sie schnell oder langsam, steil oder flach, eng oder weit fliegen.
Grundsätzlich wird zwischen drei Arten unterschieden, eine Kurve zu fliegen:
ü
Kurven aus voller Fahrt
ü
Kurven aus leicht angebremstem Zustand
ü
Kurven aus stark angebremstem Zustand
Aus voller Fahrt (mit Trimmgeschwindigkeit) leitest Du eine Kurve ein, indem Du die kurveninnere Steuerleine ziehst. Die Kurve wird umso steiler und enger, je stärker Du die Steuerleine
ziehst. Durch die extreme Schräglage sinkst Du schnell.
Fliegst Du mit leicht gezogenen Steuerleinen, z. B. mit der Geschwindigkeit des geringsten
Sinkens (GdgS), so leitest Du eine Kurve ein, indem Du die kurveninnere Steuerleine ziehst und
ggf. die kurvenäußere Steuerleine nachlässt. Dein Schirm neigt sich kaum und dreht schnell;
Du sinkst kaum stärker als beim Geradeausflug.
Fliegst Du bereits mit stark gezogenen Steuerleinen, also unterhalb der GdgS, so lässt Du die
kurvenäußere Steuerleine etwas nach. Du drehst fast auf der Stelle – immer an der Grenze
zum Strömungsabriss! Fliege eine solche Kurve also immer in ausreichender Höhe!
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm dreht sich nicht
so, wie Du es willst.
Du hast die Steuerleine zu
zaghaft gezogen bzw. nachgelassen.
Ziehe kräftiger an der
Steuerleine bzw. lasse sie
schneller nach.
Es kommt zum Trudeln mit
einseitigem Strömungsabriss.
Du hast die Steuerleine zu
schnell und/oder zu weit
durchgezogen.
Genaueres zur Korrektur
des Trudelns findest Du in
Kapitel 2.8.7.
Gefahr des Trudelns!
M
Steuerleinen nie abrupt bzw. zu weit ziehen! In stark angebremstem Zustand
extrem vorsichtig Kurven fliegen!
Achtung!
Zu rasches Kurveneinleiten kann zu Trudeln mit einseitigem Strömungsabriss
an der Kurveninnenseite der Kappe führen. Du verlierst dabei sehr rasch an
Höhe; auch dann, wenn Du sofort Gegenmaßnahmen einleitest.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.4.2
Kurvenflug durch Gewichtsverlagerung
Steuerst Du lediglich mit den Steuerleinen, so reagiert Dein Schirm träge und schiebt die Kurve
sehr stark. Verlagerst Du aber zusätzlich zum Steuerleinenzug dein Gewicht auf die Kurveninnenseite, so wird Dein Schirm wendiger. Ferner musst Du für den gleichen Kurvenradius die
Steuerleine weniger stark ziehen.
Dazu leitest Du die Kurve zunächst mit der Steuerleine ein. Anschließend übst Du mit Gesäß
und Oberschenkel auf der Kurveninnenseite Druck auf das Sitzbrett aus und entlastest gleichzeitig die kurvenäußere Seite des Sitzbretts.
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Gurtzeuge der Gurtzeuggruppe GX machen durch ihre Kreuzgurte einen
Kurvenflug mit aktiver Gewichtsverlagerung kaum möglich.
Ein Kurvenflug rein durch die Gewichtsverlagerung ist kaum möglich.
59
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.5
Landeeinteilung
2.5.1
Landephasen
Eine gute Vorbereitung auf die Landung triffst Du bereits im Anflug auf den Landeplatz. Dazu
bestimmst Du zunächst Windstärke und -richtung.
i
Hinweis!
Die Windstärke und -richtung kannst Du z. B. anhand von Rauchfahnen,
Windsäcken oder Flaggen – zur Not auch aus der eigenen Abdrift über dem
Boden – einschätzen.
Die Landephasen werden folgendermaßen eingeteilt:
ü
Position
ü
Gegenanflug
ü
Queranflug
ü
Endanflug
Abb. 2.2: Landeeinteilung
i
Hinweis!
Das Lernen der optimalen Landeeinteilung ist ein langwieriger Prozess, der oft
genug mit Fehlschlägen gepflastert ist.
60
61
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.5.2
Flugtechnik
i
Hinweis!
Der gesamte Landeanflug wird mit leicht gezogenen Bremsen geflogen, um
das Sinken besser kontrollieren zu können.
Position
Als Position wird der Platz bezeichnet, an dem Du überschüssige Höhe in Vollkreisen linksherum abbaust. Die Position liegt im Idealfall etwa 100 Meter seitlich auf Höhe des geplanten
Landeplatzes. Hast Du eine Höhe zwischen 40 und 60 Metern erreicht, so leitest Du die Kurve
aus und beginnst den Gegenanflug.
i
Hinweis!
Die Drehrichtung der der Vollkreise (und somit auch der Landeeinteilung) ist
i. d. R. links; es sei denn, andere Piloten im Landeanflug haben bei Ihrer
Landeeinteilung die Drehrichtung rechts vorgegeben.
Symptom
Fehler
Korrektur
Du kannst keinen ausreichend langen Queranflug
ausführen.
Deine Position war zu nahe
an geplantem Landeplatz.
Beziehe die Position immer
ausreichend entfernt vom
Landeplatz.
Du machst eine Außenlandung aufgrund einer
überraschenden Windänderung.
Deine Position war zu weit
vom geplanten Landeplatz
entfernt.
Beziehe die Position immer
ausreichend nah am Landeplatz.
Gegenanflug
Der Gegenanflug erfolgt parallel zum geplanten Endanflug. Dabei muss der Landeplatz ständig
im Sichtkontakt bleiben. Beobachte die Flughöhe und den Wind genau; sie verändern Deine
Fluggeschwindigkeit nachhaltig. Hast Du eine Höhe zwischen 20 und 30 Metern erreicht, so
leitest Du den Queranflug ein.
Symptom
Fehler
Korrektur
Du verschätzt Dich bei
Quer- und Endanflug.
Du hast keinen Sichtkontakt
zum Landeplatz gehabt und
konntest so keine Einschätzung vornehmen.
Suche eine Position, die
auch beim Gegenanflug
Sichtkontakt zum Landeplatz
zulässt.
Queranflug
Achte beim Queranflug besonders auf die Windabdrift. Der Queranflug dient dazu, letzte
Höhenkorrekturen durchzuführen. Du beginnst den Endanflug, wenn Du mit Deinem Gleitwinkel
bis zum Landeplatz kommst. Bist Du noch zu hoch, so verlängerst Du den Queranflug; bist Du
zu niedrig, so verkürzt Du ihn (siehe dünne Linien in Abb. 2.2).
62
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
i
Hinweis!
Bei starkem Gegenwind musst Du den Endanflug früh einleiten, da Du bei
starkem Gegenwind kaum Fahrt über Grund machst.
Symptom
Fehler
Korrektur
Du musst letzte (gefährliche) Höhenkorrekturen im
Endanflug machen.
Dein Queranflug ist zur
180°-Kurve verkommen.
Plane immer einen ausreichend langen Queranflug
ein.
Du fliegst über den Landepunkt hinaus.
Du hast den Endanflug zu
früh begonnen.
Plane immer einen ausreichend langen Queranflug
ein.
Du verfehlst den Landeplatz.
Du hast den Endanflug zu
spät begonnen.
Leite den Endanflug genau
dann ein, wenn Du direkt in
Windrichtung zum Landeplatz kommst.
Dein Schirm pendelt, wenn
Du den Endanflug einleitest.
Du setzt ggf. hart auf.
Du hast den Endanflug mit
einer Steilkurve eingeleitet.
Leite den Endanflug immer
mit einer angebremsten
flachen Kurve ein.
Endanflug
Im Endanflug richtest Du Dich im Gurtzeug auf. Nun kannst Du mit Hilfe der Steuerleinen die
Länge des Endanfluges bestimmen: Dosiertes Ziehen der Steuerleinen verkürzt den Endanflug;
dosiertes Nachlassen der Steuerleinen verlängert ihn.
i
Hinweis!
Der Endanflug erfolgt immer gegen den Wind. Landungen bei Rückenwind sind
äußerst gefährlich!
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm stallt.
Du hast überschüssige
Höhe durch zu starken Zug
an den Steuerleinen
abgebaut.
Nehme Höhenkorrekturen
ausschließlich im Queranflug
vor.
Dein Schirm pendelt
während Deines Endanflugs.
Du hast überschüssige
Höhe durch S-Kurven abgebaut.
Nehme Höhenkorrekturen
ausschließlich im Queranflug
vor.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.5.3
Peilung
Das Abschätzen der richtigen Höhe im Endanflug erfolgt nach einem einfachen, aber effektiven
Prinzip: der Peilung. Wie Du in Abb. 2.3 und Abb. 2.4 siehst, ändert sich der Winkel zum Landepunkt, wenn Du zu hoch bzw. zu tief anfliegst. Bist Du zu hoch, so musst Du während des
Anfluges immer weiter nach unten schauen, um den Landeplatz zu fixieren; bist Du zu niedrig,
so musst Du während des Anfluges immer weiter nach oben schauen, um den Landeplatz zu
fixieren.
Abb. 2.3: Anflughöhe zu hoch (Peilung wandert nach unten)
Abb. 2.4: Anflughöhe zu niedrig (Peilung wandert nach oben)
i
Hinweis!
Führe Höhenkorrekturen im Endanflug lediglich durch dosiertes beidseitiges(!)
Ziehen oder Nachlassen der Steuerleinen durch.
Im Idealfall hast Du Position, Gegenanflug und Queranflug so geplant, dass Du
im Endanflug keine Höhenkorrekturen mehr durchführen musst.
63
64
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.6
Landung
i
Hinweis!
Lande grundsätzlich immer gegen den Wind.
Bei der Landung richtest Du Deinen Schirm durch dosierte Steuerbefehle exakt gegen den
Wind aus. Die Steuerleinen hast Du dabei so weit gezogen, dass Du etwa mit der Geschwindigkeit des geringsten Sinkens (GdgS) fliegst. Spätestens in 5 Metern Höhe richtest Du Dich im
Gurtzeug voll auf und bereitest Dich auf die Landung vor.
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Immer frühzeitig im Gurtzeug aufrichten!
Richtest Du Dich nicht frühzeitig bzw. gar nicht auf, so drohen Verletzungen an
der Wirbelsäule, da Du den Landefall im Notfall nicht durchführen kannst.
Gerade in Bodennähe kannst Du meist nicht schnell genug auf Störungen
reagieren.
In 1 bis 2 Metern Höhe bremst Du Deinen Schirm durch dosiertes, aber bestimmtes beidseitiges
Ziehen der Steuerleinen stark ab. Dein Schirm wird langsam und setzt Dich im Idealfall weich
ab.
i
Hinweis!
Räume den Landeplatz umgehend, damit andere bereits zur Landung bereite
Piloten ein freies Landefeld vorfinden.
Symptom
Fehler
Korrektur
Du landest hart mit starker
Vorwärtsbewegung.
Du hattest bei der Landung
Rückenwind.
Plane die Landeeinteilung
genauer. Meist hilft eine
Windfahne am Landeplatz,
den Wind am Boden einzuschätzen.
Du hast nicht oder zu wenig
abgebremst.
Ziehe die Steuerleinen bei
der Landung ganz durch.
Dein Schirm stallt oder
pendelt.
Du hast zu früh abgebremst.
Ziehe die Steuerleinen,
sobald Du 1 bis 2 Meter über
dem Boden fliegst.
Dein Schirm sackt durch; Du
landest hart. (Verletzungsgefahr bei Sturz auf den
Rücken!)
Du bist bei der Landung zu
langsam geflogen.
Ziehe die Steuerleinen lediglich bis zur Geschwindigkeit
des geringsten
Sinkens (GdgS).
65
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm kippt nach
hinten; Du fällst auf den
Rücken.
Du hast die Vollbremsung
zu abrupt durchgeführt.
Ziehe die Steuerleinen
dosiert, aber bestimmt voll
durch.
i
Hinweis!
Falls Du den Eindruck hast, die Landung wird durch einen Fehler zu hart, so
gehe sofort in den Landefall über. Den Landefall kannst Du in der Flugschule
üben.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.7
Besondere Windsituationen
2.7.1
Starkwind
i
Hinweis!
Als unerfahrener Pilot bleibst Du bei Starkwind zu Deiner eigenen Sicherheit
besser am Boden.
Starkwind ist eine Herausforderung für jeden Gleitschirmpiloten. Das Fliegen bei Starkwind
erfordert großes Geschick und genaues Wissen um die Leistungsgrenzen und das Flugverhalten des benutzten Schirms. Die Windspitzengeschwindigkeiten dürfen dabei nie über der
maximalen Geschwindigkeit Deines Schirms liegen, sonst fliegst Du über Grund rückwärts.
Erhebliche Unfallgefahr!
M
Achtung!
Bei Starkwind nie fliegen, wenn die Windspitzengeschwindigkeiten über der
maximalen Geschwindigkeit des Schirms liegen!
Bei hohen Windgeschwindigkeiten kannst Du unter Umständen über Grund
rückwärts fliegst und siehst nicht, wo genau Du hinfliegst.
Liegen die Spitzenwindgeschwindigkeiten unterhalb der maximalen Geschwindigkeit Deines
Schirms, so kannst Du als erfahrener Pilot zwar fliegen, musst aber unbedingt folgendes
beachten:
ü
Bei zunehmendem Wind besteht immer die Gefahr, ins Lee getrieben zu werden. Die
dort herrschenden Abwinde drücken Dich stark nach unten.
ü
Bei Starkwind musst Du immer mit starken Turbulenzen rechnen, besonders in Bodennähe.
ü
Der Gleitwinkel wird bei zunehmendem Wind immer schlechter. Gerade beim Landeanflug musst Du dies beachten.
ü
Bergrücken bilden lange Wirbelzöpfe aus.
ü
Starts sind nur rückwärts möglich.
ü
Die Kurvenform über Grund weicht extrem von der Kreisform ab (Abb. 2.5).
ü
Eine normale Landeeinteilung ist nicht möglich (Abb. 2.6).
Wenn Du bei Starkwind eine Kurve fliegst, so ist diese über Grund immer verzerrt (Abb. 2.5).
Dies musst Du während des Fluges immer beachten.
Die normale Landeeinteilung ist bei Starkwind nicht möglich! Stattdessen fliegst Du, wie in
Abb. 2.6 dargestellt, direkt gegen den Wind in einer Art Zick-Zack-Kurs, um permanent Höhe
abzubauen, ohne allzu sehr abzudriften. Nach der Landung ziehst Du sofort(!) eine Steuerleine
ganz durch, damit Dein Schirm möglichst schnell in sich zusammenfällt.
66
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Beim Landen nie beide Steuerleinen ziehen! Nach einer Starkwindlandung
sofort eine Steuerleine ganz durchziehen, damit der Schirm schnell auf eine
Seite kippt und in sich zusammenfällt!
Fällt Dein Schirm wie bei einer normalen Landung nach hinten, so bietet er
dem Wind eine große Angriffsfläche. Dabei kannst Du förmlich umgerissen
werden.
Abb. 2.5: Kurvenformen über Grund
Abb. 2.6: Landeeinteilung bei Starkwind
67
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.7.2
Seitenwind
Bei Seitenwind kannst Du starten, wenn der Startplatz breit genug ist und nur gering geneigt ist.
Dazu ziehst Du deinen Schirm gegen den Wind auf und steuerst den Schirm beim Beschleunigen in die Richtung, in der Du abheben willst.
Wenn Du bei Seitenwind fliegst, so wird Dein Gleitschirm permanent in Windrichtung über
Grund versetzt – Du driftest ab. Um dieses Abdriften auszugleichen, musst Du Deinen Schirm
leicht in den Wind drehen (Abb. 2.7).
Abb. 2.7: Abdrift
Um also einen Zielpunkt zu erreichen, den Du bei Windstille durch einen simplen GeradeausFlug erreichen könntest, musst Du Deinen Schirm um den so genannten Vorhaltewinkel δ in
den Wind drehen, um diesen Zielpunkt anzusteuern. Am einfachsten geht das, indem Du einen
geeigneten Punkt anvisierst, der leicht entgegen der Windrichtung versetzt ist – Du hältst vor.
Deine Fluggeschwindigkeit vF bleibt gleich, auch wenn Seitenwind mit der Windgeschwindigkeit vW herrscht. Was sich ändert ist Deine Geschwindigkeit über Grund v G. Sie ist größer als
Deine Fluggeschwindigkeit vF, wenn Du mit dem Wind fliegst, und kleiner, wenn Du in den Wind
drehst (Abb. 2.7).
2.7.3
Rückenwind
Rückenwind erhöht Deine Geschwindigkeit über Grund. Fliegst Du mit der Trimmgeschwindigkeit Deines Schirms (z. B. mit 35 km/h) und der Rückenwind bläst mit 10 km/h, so hast Du eine
Geschwindigkeit über Grund von 35 + 10 = 45 km/h. Dein Gleitwinkel verbessert sich gegenüber dem Gleitwinkel bei Windstille beachtlich.
68
69
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.8
Kappenstörungen und Extremflugzustände
2.8.1
Seitlicher Einklapper
Der seitliche Einklapper ist die häufigste Störung während eines Gleitschirmfluges. In
Turbulenzen kann es passieren, dass die Kappe nicht wie sonst üblich von unten, sondern von
oben angeströmt wird: Die Kappe wird nach unten gedrückt; Dein Schirm klappt ein.
Generell wird zwischen folgenden seitlichen Einklappern unterschieden:
ü
kleiner Einklapper (unter einem Drittel der Kappe eingeklappt)
ü
mittlerer Einklapper (über ein Drittel der Kappe eingeklappt)
ü
großer Einklapper (mehr als die Hälfte der Kappe eingeklappt)
Je nach Größe des Einklappers taucht Dein Schirm mehr oder weniger stark in einer Kurve zur
eingeklappten Seite hin ab. Obwohl DHV-geprüfte Schirme diese Bewegung je nach Schirmtyp
nach einer Drehung von 90° bis 360° beenden, musst Du Deinen Schirm – besonders in Bodennähe – rasch wieder unter Kontrolle bringen und den Einklapper öffnen.
i
Hinweis!
Priorität hat immer die Richtungskorrektur; erst danach wird der Einklapper
geöffnet!
Dazu gehst Du folgendermaßen vor: Gebe den ggf. betätigten Beschleuniger unbedingt vollständig frei! Ziehe dosiert an der Steuerleine der offenen Seite, um der Drehbewegung entgegenzuwirken und diese langsam zu stoppen.
i
Hinweis!
Lasse Deinen Schirm bei großen seitlichen Einklappern kurzzeitig kontrolliert
weiterdrehen, um Deine Fluggeschwindigkeit zu erhöhen und einen drohenden
Strömungsabriss zu vermeiden.
Hast Du die Drehbewegung gestoppt und Deinen Schirm wieder unter Kontrolle, so öffnest Du
noch eingeklappte Kappenteile durch kräftiges Pumpen mit der Steuerleine an der eingeklappten Seite.
Symptom
Fehler
Korrektur
Es kommt zu einem
Strömungsabriss an der
offenen Kappenseite; Dein
Schirm trudelt.
Du hast bei einem großen
Einklapper zu stark gegengesteuert, ohne den Schirm
durch eine kurze
kontrollierte Drehbewegung
Fahrt aufnehmen zu lassen.
Näheres zur Korrektur des
Trudelns findest Du in
Kapitel 2.8.7.
Dein Schirm dreht anhaltend
weiter und öffnet nur stark
verzögert.
Du hast den Beschleuniger
noch betätigt gehabt, als Du
die Korrekturen durchgeführt hast.
Gebe sofort den
Beschleuniger frei und fahre
mit den Korrekturen fort.
70
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Du kommst dem Hang
gefährlich nahe.
Du hast Dich nur auf das
Öffnen des Einklappers
konzentriert.
Stoppe zuerst die Drehbewegung und öffne dann
den Einklapper.
i
Hinweis!
2.8.2
Kannst Du den Einklapper nicht öffnen oder gerät Dein Schirm dabei gar außer
Kontrolle, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
Frontklapper
Fliegst Du in starken Turbulenzen, so kann eine Turbulenz, die von oben kommt, Deinen
Schirm frontal einklappen lassen. Dabei schließen sich die Eintrittsöffnungen der Kappe je nach
Größe des Frontklappers mehr oder weniger stark. Grundsätzlich wird zwischen zwei Formen
des Frontklappers unterschieden:
ü
kleine Frontklapper (geringe Einklapptiefe)
ü
harte Frontklapper (große Einklapptiefe, große Teile der Kappe deformiert)
Während sich kleine Frontklapper meist schnell und selbstständig wieder öffnen, bremsen harte
Frontklapper Deinen Schirm bis hin zum Stillstand ab; starkes Pendeln und großer Höhenverlust sind meist die Folge.
Gebe den ggf. betätigten Beschleuniger unbedingt vollständig frei! Öffnet sich der Frontklapper
selbstständig, so ziehe beide Steuerleinen um zu verhindern, dass Dein Schirm nach vorne
schießt. Öffnet er hingegen verzögert, so ziehe beide Steuerleinen dosiert, aber nicht zu stark,
um das Öffnen zu unterstützen.
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Ziehe die Steuerleinen niemals unmittelbar nach dem Frontalklapper. Dein
Schirm befindet sich zu weit hinter Dir; akute Gefahr des Strömungsabrisses!
Ziehe die Steuerleinen erst dann, wenn sich Dein Schirm wieder über Dir
befindet!
Öffnet sich der Frontklapper asymmetrisch, so korrigiere die anschließende
Drehbewegung so, wie Du einen seitlichen Einklapper korrigierst (siehe
Kapitel 2.8.1).
Symptom
Fehler
Korrektur
Es kommt zu einem
Strömungsabriss.
Du hast die Steuerleinen
gezogen, als Dein Schirm
noch weit hinter Dir war.
Näheres zur Korrektur eines
Strömungsabrisses findest
Du in Kapitel 2.8.5.
Du hast beim verzögerten
Öffnen des Frontklappers
die Steuerleinen zu stark
gezogen.
Näheres zur Korrektur eines
Strömungsabrisses findest
Du in Kapitel 2.8.5.
71
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Der Frontklapper öffnet sich
nur verzögert.
Du hast den Beschleuniger
noch betätigt gehabt, als Du
die Korrekturen ausgeführt
hast.
Gebe sofort den
Beschleuniger frei und fahre
mit den Korrekturen fort.
i
Hinweis!
2.8.3
Kannst Du den Frontklapper nicht öffnen oder gerät Dein Schirm dabei gar
außer Kontrolle, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
Stabiler Frontklapper
Öffnet sich der Frontklapper nicht selbstständig, so spricht man von einem so genannten
stabilen Frontklapper. Durch die geänderte Anströmung werden die Eintrittsöffnungen gegen
das Untersegel gepresst.
Um dem stabilen Frontklapper entgegenzuwirken, gibst Du den ggf. betätigten Beschleuniger
unbedingt vollständig frei und ziehst die Steuerleinen beidseitig so lange, bis sich der Frontklapper wieder zu öffnen beginnt. Lasse dann die Steuerleinen deutlich nach!
i
Hinweis!
2.8.4
Kannst Du den stabilen Frontklapper nicht öffnen oder gerät Dein Schirm dabei
gar außer Kontrolle, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
Seitlicher Verhänger
Die gefährlichste Form des seitlichen oder frontalen Einklappers ist der so genannte Verhänger.
Dabei verhängen sich Teile der Außenkappe in den Leinen; ein plötzlicher schneller Spiralsturz
ist die Folge. Allerdings sind Verhänger sehr selten und betreffen meist Hochleistungsgleitschirme (vor allem im beschleunigten Flug).
i
Hinweis!
Rotiert Dein Gleitschirm nach einer Extremsituation ohne Dein Zutun schnell,
hat sich ein Teil der Außenkappe verhängt. Reagiere sofort darauf!
Wirkst Du einem Verhänger nicht sofort und konsequent entgegen, so kannst Du den unausweichlichen Spiralsturz nicht stoppen. Die beim Spiralsturz auftretenden Kräfte können so hoch
werden, dass Du durch die extreme Belastung zu keiner Reaktion mehr fähig bist.
i
Hinweis!
Löse bei einem Verhänger in Bodennähe sofort das Rettungsgerät aus!
Um dem seitlichen Verhänger entgegenzuwirken, musst Du zunächst die Drehbewegung
stoppen, indem Du die Steuerleine an der offenen Seite ziehst und dein Gewicht zur offenen
Seite hin verlagerst.
72
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Um den Verhänger zu öffnen, hast Du mehrere Möglichkeiten:
ü
Normalerweise reicht es, wenn Du die (meist farbig markierte) Stabilisator-Leine an der
verhängten Seite herunterziehst. Dies entlastet die verhängten Leinen und kann den
Verhänger öffnen.
ü
Bei einem Verhänger in den vorderen Leinenebenen ziehst Du an den äußersten
A-Leinen. Dies entlastet die verhängten Leinen und kann den Verhänger öffnen.
ü
Bei einem Verhänger in den hinteren Leinenebenen pumpst Du mit den Steuerleinen.
ü
Sehr routinierte Piloten können einen Verhänger durch einen so genannten Fullstall
lösen. Von diesem (radikalen) Manöver solltest Du als unerfahrener Pilot absehen!
Kannst Du den Verhänger nicht öffnen, aber Deinen Schirm noch über Steuerleine und Gewichtsverlagerung steuern, so fliege sofort den nächsten Landeplatz an. Achte dabei besonders auf Turbulenzen!
i
Hinweis!
Kannst Du Deinen Schirm nach einem Verhänger nicht unter Kontrolle bringen
oder lässt er sich nicht mehr steuern, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
Symptom
Fehler
Korrektur
Es kommt zu einem
Strömungsabriss an der
offenen Kappenseite; Dein
Schirm trudelt.
Du hast zu stark an der
Steuerleine der offenen
Kappenseite gezogen.
Näheres zur Korrektur des
Trudelns findest Du in
Kapitel 2.8.7.
2.8.5
Strömungsabriss (Stall) im Ansatz
Die Mindestgeschwindigkeit Deines Gleitschirms liegt etwa bei 20 km/h, je nach Typ und
Belastung. Unterschreitest Du diese Mindestgeschwindigkeit, so reißt die Strömung an der
Kappe ab; den Schirm stallt.
i
Hinweis!
Fliege generell nie in der Nähe der Mindestgeschwindkeit! Schon die kleinste
Turbulenz kann dabei zum Strömungsabriss führen.
Einen beginnenden Strömungsabriss erkennst Du am Nachlassen des gewohnten Steuerdruckes bei gleichzeitigem fast völligem Nachlassen der Fahrtgeräusche.
Um einen totalen Strömungsabriss (Fullstall) zu vermeiden, musst Du sofort beide Steuerleinen
ganz freigeben. Dein Schirm nimmt mit einer Nickbewegung wieder ausreichend Fahrt auf und
geht in den Normalflug über.
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm schießt extrem
schnell nach vorne.
Du hast die Steuerleinen zu
spät freigegeben. Dein
Schirm ist bereits nach
hinten in den Fullstall gekippt.
Ziehe sofort die Steuerleinen
kurz(!) vollständig (aber mit
Gefühl), um das Vorschießen zu bremsen, damit
Du nicht in die Kappe fällst.
73
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm geht in einen
Sackflug über.
Du hast die Steuerleinen zu
langsam und/oder nicht vollständig freigegeben.
Näheres zur Korrektur des
Sackfluges findest Du in
Kapitel 2.8.9.
i
Hinweis!
2.8.6
Fällst Du beim Versuch, den drohenden Fullstall zu verhindern in die Kappe, so
versuche, das Rettungsgerät so zu werfen, dass es sich nicht in den Leinen
der Kappe verheddert!
Totaler Strömungsabriss (Fullstall)
Hältst Du die Steuerleinen bei einem beginnenden Strömungsabriss weiter unten, so entleert
sich die Kappe. In der Folge kippt die Kappe hinten in den totalen Strömungsabriss (Fullstall).
Da die Kappe durch den fehlenden Staudruck nicht mehr stabilisiert ist, flattert sie nun heftig im
Fahrtwind. Rückwärts fliegend erreichst Du eine Fallgeschwindigkeit von etwa 6 bis 8 m/s!
i
Hinweis!
Beherrschst Du das sichere Ausleiten eines Fullstalls nicht, so löse sofort das
Rettungsgerät aus!
Um einen Fullstall sicher auszuleiten, musst Du konsequent die Steuerleinen ziehen und so
lange unten halten, bis die Kappe wieder über Deinem Kopf steht. Dies ist keinesfalls einfach,
da Du enorme Kraft aufwenden musst, um die Steuerleinen unten halten zu können.
Steht die Kappe über Deinem Kopf, so gebe die Steuerleinen etwa zwei Sekunden symmetrisch
und vollständig frei. Dabei kann es passieren, dass die Kappe extrem nach vorne schießt und
einklappt. Normalerweise nickt Dein Schirm nicht weiter als 45° nach vorne und geht in einen
normalen Gleitflug über.
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm schießt extrem
schnell nach vorne.
Du hast die Steuerleinen zu
spät freigegeben. Dein
Schirm ist bereits nach
hinten in den Fullstall gekippt.
Ziehe sofort die Steuerleinen
kurz(!) vollständig (aber mit
Gefühl), um das Vorschießen zu bremsen, damit
Du nicht in die Kappe fällst.
Du hast den Fullstall zu
langsam ausgeleitet.
Ziehe sofort die Steuerleinen
kurz(!) vollständig (aber mit
Gefühl), um das Vorschießen zu bremsen, damit
Du nicht in die Kappe fällst.
Du hast die Steuerleinen
asymmetrisch gezogen.
Bringe die Drehbewegung
durch dosiertes Ziehen der
Steuerleinen unter Kontrolle.
Dein Schirm dreht sich beim
Ausleiten des Fullstalls.
74
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm verhängt sich
beim Ausleiten des Fullstalls.
Du hast die Steuerleinen
asymmetrisch gezogen.
Näheres zur Korrektur des
Verhängers findest Du in
Kapitel 2.8.4.
Kannst Du den Fullstall nicht ausleiten oder gerät Dein Schirm dabei gar außer
Kontrolle, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
i
Hinweis!
2.8.7
Fällst Du beim Versuch, den Fullstall auszuleiten in die Kappe, so versuche,
das Rettungsgerät so zu werfen, dass es sich nicht in den Leinen der Kappe
verheddert!
Trudeln (einseitiger Strömungsabriss) im Ansatz
Einen beginnenden einseitigen Strömungsabriss erkennst Du am Nachlassen des Steuerdrucks
auf einer Seite und dem markanten „Wegschmieren“ Deines Schirms.
Hat sich Dein Schirm noch nicht um volle 90° gedreht, so musst Du sofort die Steuerleine freigeben, um ein längeres Trudeln zu vermeiden. Ein DHV-geprüfter Schirm leitet die Trudelbewegung normalerweise selbstständig aus. Schießt die Kappe dabei leicht seitlich vor, ziehst
Du die Steuerleine behutsam, um die vorschießende Seite abzubremsen.
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm trudelt weiter
(längeres Trudeln).
Du hast die Steuerleinen
nicht vollständig freigegeben.
Näheres zur Korrektur des
längeren Trudelns findest Du
in Kapitel 2.8.8.
2.8.8
Längeres Trudeln (einseitiger Strömungsabriss)
Ziehst Du nur eine Steuerleine extrem nach unten, so kommt es zu einem einseitigen
Strömungsabriss. Die Seite, an der die Strömung abgerissen ist, wird von hinten angeströmt
und bewegt sich daher rückwärts. Da die offene Seite weiter vorwärts fliegt, fängt Dein Schirm
an, schnell um die Hochachse zu rotieren; die Kappe pendelt dabei vor und hinter Dich.
Um das längere Trudeln auszuleiten, gibst Du die Steuerleinen in der Vorwärts-Pendelbewegung zügig frei, also genau dann, wenn Du nach vorne gezogen wirst und den Boden
siehst.
75
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptom
Fehler
Korrektur
Dein Schirm schießt bei der
Ausleitung extrem seitlich
nach vorne und verhängt
sich.
Du hast die Steuerleinen in
der Rückwärts-Pendelbewegung freigegeben.
Näheres zur Korrektur des
Verhängers findest Du in
Kapitel 2.8.4.
Dein Schirm trudelt weiter.
Du hast die Steuerleinen
nicht vollständig freigegeben.
Gebe die Steuerleinen in der
Vorwärts-Pendelbewegung
vollständig frei.
Dein Schirm trudelt weiter,
obwohl Du die Steuerleinen
freigegeben hast (stabiles
Trudeln).
Deine Steuerleinen sind
„gewickelt“ oder falsch eingestellt.
Wenn Du den Fullstall
beherrscht, so leite ihn ein
(siehe Kapitel 2.8.6).
Löse sonst sofort das
Rettungsgerät aus!
Die Trimmung deines
Schirms stimmt nicht.
Wenn Du den Fullstall
beherrscht, so leite ihn ein
(siehe Kapitel 2.8.6).
Löse sonst sofort das
Rettungsgerät aus!
i
Hinweis!
2.8.9
Kannst Du das Trudeln nicht ausleiten oder gerät Dein Schirm dabei gar außer
Kontrolle, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
Sackflug
i
Hinweis!
Sackflüge kommen bei modernen gewarteten Gleitschirmen kaum vor. Sie
werden hauptsächlich durch Pilotenfehler provoziert.
Veränderte Trimmung und/oder hohe Luftdurchlässigkeit des Segeltuchs
können einen Sackflug begünstigen.
Beim Sackflug ist die Strömung am Obersegel komplett abgerissen; lediglich am Untersegel
liegt die Strömung noch an. Dein Schirm sinkt senkrecht oder sich leicht drehend nach unten.
Einen beginnenden Sackflug erkennst Du am vollständigen Nachlassen der Fahrtgeräusche bei
gleichzeitigem starkem Sinken. Wenn Du kurz zur Kappe hinaufschaust, sieht das Untersegel
faltig/schwammig aus.
Um den Sackflug auszuleiten, gibst Du sofort beide(!) Steuerleinen frei.
76
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Leite einen Sackflug in Bodennähe nicht aus! Bereite Dich auf eine harte
Landung mit Landefall vor!
Ziehst Du eine oder beide Steuerleinen bei der Landung im Sackflug durch, so
fällt Dein Schirm extrem nach hinten (Fullstall!). Du schlägst mit einer Pendelbewegung sehr hart auf dem Boden auf.
Symptom
Fehler
Korrektur
Es kommt zu einem Fullstall.
Du hast eine oder beide
Steuerleinen gezogen.
Näheres zur Korrektur des
Fullstalles findest Du in
Kapitel 2.8.6.
Dein Schirm bleibt im Sackflug, obwohl Du die Steuerleinen freigegeben hast.
Du hast keinen(!) Fehler
gemacht; Dein Schirm
befindet sich einem stabilen
Sackflug.
Näheres zur Korrektur des
stabilen Sackfluges findest
Du in Kapitel 2.8.10.
2.8.10 Stabiler Sackflug
Selbst wenn Du die Steuerleinen vollständig freigibst, kann es passieren, dass Dein Schirm im
Sackflug bleibt.
Um diesen stabilen Sackflug auszuleiten, drückst Du beide A-Gurte nach vorne bzw. ziehst sie
nach unten. Besitzt Dein Schirm ein Beschleunigungssystem, so betätige zusätzlich den
Beschleuniger.
Hast Du den Sackflug ausgeleitet, so greife sofort nach den Steuerschlaufen, um Deinen
Schirm weiter unter Kontrolle zu halten.
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Leite einen Sackflug in Bodennähe nicht aus! Bereite Dich auf eine harte
Landung mit Landefall vor!
Ziehst Du eine oder beide Steuerleinen bei der Landung im Sackflug durch, so
fällt Dein Schirm extrem nach hinten (Fullstall!). Du schlägst mit einer Pendelbewegung sehr hart auf dem Boden auf.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.8.11 Fixseilschlepp
Lebensgefahr durch puren Leichtsinn!
M
Achtung!
Führe niemals einen Fixseilschlepp bei Starkwind durch!
Dein Schirm schießt förmlich nach oben, um noch schneller wieder nach unten
zu rasen und Dich in den Tod zu reißen! Die einzig zulässige – und sichere –
Methode ist der Windenschlepp!
In den letzten Jahren kam es immer wieder zu tödlichen Unfällen, weil sich Piloten bei starkem
Wind mit ihren Gleitschirm an einem fixierten Seil in die Höhe ziehen lassen wollten. Es ist ein
tödlicher Irrtum zu glauben, dass der Fixseilschlepp harmlos ist!
Der Grund ist rein physikalischer Natur: Wird das Seil an einem festen Gegenstand (Auto,
Baum) und am Gurtzeug des Piloten fixiert, so kann der Gleitschirm bei starkem Wind der Zugkraft nur nach oben nachgeben. Pilot und Gleitschirm werden mit extremem Anstellwinkel in die
Höhe katapultiert.
Dabei steigt die Zugkraft innerhalb von Sekundenbruchteilen auf Werte bis zu einer halben
Tonne. Kommt es dabei nicht zum kompletten Ausleinen, so bricht der Gleitschirm am Scheitelpunkt seitlich aus; er wird in den Lockout, eine Drehung um 180°, gezwungen. Der Gleitschirm
rast mitsamt seinem Piloten in fast senkrechtem Sturzflug am straffen Seil nach unten und
erreicht beim Aufschlag Geschwindigkeiten von über 100 km/h(!).
i
Hinweis!
Selbst Seile mit Sollbruchstellen schützen Dich vor der Gefahr eines extremen
Absturzes nicht!
Ein Gleitschirm ist kein Drachen, den man mit einem fixierten Seil steigen
lassen kann!
77
78
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.9
Abstiegshilfen
2.9.1
Ohrenanlegen
Moderne Gleitschirme mit ihren guten Gleitzahlen machen es schwierig, im normalen Flug
schnell an Höhe abzubauen. Läufst Du z. B. Gefahr, durch starken Aufwind in eine Wolke
gezogen zu werden, musst Du Dich spezieller Abstiegshilfen bedienen.
Eine dieser Abstiegshilfen ist das so genannte Ohrenanlegen. Indem Du die Außenseiten der
Kappe einklappst, erhöhst Du den Luftwiderstand der Kappe enorm. Dein Schirm fliegt langsamer vorwärts, sinkt dabei aber umso schneller: Der Sinkwert beträgt zwischen 3 und 6 m/s,
was meist ausreicht, um einer Gefahrensituation zu entgehen.
Um die Ohren anzulegen, ziehst Du die beiden äußeren A-Leinen symmetrisch nach unten. Die
Steuerleinen bleiben dabei in den Händen! Sind die Ohren angelegt, so hältst Du die A-Leinen
fest.
i
Hinweis!
Die äußeren A-Leinen sind meist farblich markiert, um Dir das Anlegen der
Ohren zu vereinfachen.
Hast Du die Ohren angelegt, so steuerst Du Deinen Schirm lediglich über die Gewichtsverlagerung. Ist Dein Schirm mit einem Beschleunigungssystem ausgestattet, so kannst Du das
Sinken durch das Betätigen des Beschleunigers noch verstärken.
Willst Du den Schnellabstieg ausleiten, so gebe die gehaltenen A-Leinen symmetrisch frei.
Öffnet sich Dein Schirm nicht von alleine wieder, so ziehe die Steuerleinen nach unten.
Symptom
Fehler
Korrektur
Es kommt zu einem
Strömungsabriss.
Du hast die falschen Leinen
heruntergezogen.
Näheres zur Korrektur des
Strömungsabrisses findest
Du ab Kapitel 2.8.5.
Du hast die Steuerleinen
beim Ausleiten zu sehr
heruntergezogen.
Näheres zur Korrektur des
Strömungsabrisses findest
Du ab Kapitel 2.8.5.
Du hast die A-Leinen zu
abrupt heruntergezogen.
Näheres zur Korrektur des
Frontklappers findest Du in
Kapitel 2.8.2.
Es kommt zu einem Frontklapper.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.9.2
Andere Abstiegshilfen
Neben dem Ohrenanlegen gibt es zwei weitere Abstiegshilfen: den B-Leinenstall und die Steilspirale. Beide sind extreme Manöver, die Du mit Deinem jetzigen Ausbildungsstand nicht sicher
beherrschen kannst. Sie sind nur der Vollständigkeit halber erwähnt.
79
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.10 Besondere Fluggefahren
2.10.1 Ausfall der Steuerleinen
Verwickeln sich die Steuerleinen Deines Schirms bereits unbemerkt beim Starten, so können
sie während des Fluges blockieren. Blockieren Deine Steuerleinen, so versuche unbedingt, sie
wieder freizubekommen.
Bekommst Du die Steuerleinen nicht mehr frei, so kannst Du Deinen Schirm behelfsmäßig
durch behutsames(!) Ziehen an den hinteren Tragegurten steuern. Eine Linkskurve leitest Du
durch Ziehen am linken hinteren Tragegurt ein; eine Rechtskurve leitest Du durch Ziehen am
rechten hinteren Tragegurt ein. Steuere umgehend den nächsten Landeplatz an!
i
Hinweis!
Die Notsteuerung mit den hinteren Tragegurten ist wenig effektiv. Unterstützen
kannst Du sie durch Gewichtsverlagerung zur Kurveninnenseite hin.
Eine andere Form des Steuerleinenausfalls ist das Reißen von Fangleinen. Reißen einzelne
Fangleinen, so baucht das Segel zwar an manchen Stellen aus, bleibt aber meist flugtauglich
und bedingt steuerbar. Kommt es allerdings zu einem so genannten Ausleiner, einem Mehrfachleinenriss, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
2.10.2 Verknotete Leinen im Flug
Verknoten sich Steuerleinen während Deines Fluges, so kannst Du die Knoten meist durch
kräftiges Ziehen an den verknoteten Leinen wieder öffnen. Gelingt dies nicht, Dein Schirm ist
aber noch flugtauglich, so zieht Dein Schirm in der Regel nach links oder nach rechts. Steuere
in diesem Fall behutsam den nächsten Landeplatz an.
Leitet Dein Schirm jedoch eine Steilspirale ein oder kommt es zu einem Kappenüberwurf, so
löse sofort das Rettungsgerät aus!
2.10.3 Kollision
Auch wenn Du die Ausweichregeln befolgst, kann es, insbesondere in turbulenter Luft, zu einer
Kollision kommen. Verhängt sich Dein Schirm dabei oder ist er nach der Kollision nicht mehr
flugtauglich, so löse sofort das Rettungsgerät aus!
80
81
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.10.4 Einsatz des Rettungsgeräts
Das Rettungsgerät ist ein Notfallgerät und darf daher nur in absoluten Notfällen ausgelöst
werden! Dazu zählen z. B.:
ü
Zusammenstöße mit anderen Luftfahrzeugen
ü
Defekte am Schirm, die ein sicheres Landen unmöglich machen
ü
Flugsituationen, in denen der Schirm nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden kann
ü
Gefährliche Rotationen (Steilspirale, Trudeln) unmittelbar über Grund
Falls Du in einer Notsituation noch genügend Höhe hast, solltest Du zuerst versuchen, Deinen
Schirm unter Kontrolle zu bekommen; wie schon erwähnt, kannst Du Dich beim Einsatz des
Rettungsgeräts dennoch verletzen.
Gefahr der gefährlichen Bodenannäherung!
M
Löse in aussichtslosen, nicht kontrollierbaren Situationen immer das Rettungsgerät aus!
Achtung!
Du verlierst zuviel Zeit, und somit wertvolle Höhe, mit aussichtslosen Korrekturversuchen. Löse das Rettungsgerät lieber einmal zuviel als einmal zuwenig
aus! Es ist keine Schande, mit dem Rettungsgerät notzulanden.
Ist die Höhe zu gering oder die Situation zu gefährlich, so löse das Rettungsgerät aus, indem
Du den Handgriff des Rettungsgerätes mit voller Kraft nach außen ziehst bis der Innencontainer
frei ist. Dann schleuderst Du den Innencontainer in hohem Bogen von Dir weg in den freien
Luftraum, damit er nicht mit Deinem Gleitschirm kollidiert. Sobald die Rettungsleine gestreckt
ist, öffnet sich der Rettungsschirm.
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Um Deinen Rettungsschirm zu stabilisieren, solltest Du Deinen Gleitschirm
flugunfähig machen, indem Du die Fangleinen einholst oder an den Tragegurten ziehst.
Das Auslösen des Rettungsgerätes solltest Du regelmäßig üben, spätestens
aber nach einem Wechsel des Gurtzeugs bzw. des Rettungsgerätes. Im Notfall
kann das regelmäßige Üben über wertvolle Sekunden entscheiden!
Symptom
Fehler
Korrektur
Du näherst Dich während
den Korrekturversuchen zu
sehr dem Boden.
Du hast Dich zu sehr auf
Deinen Schirm und nicht auf
Deine Höhe über Grund
konzentriert.
Löse sofort das Rettungsgerät aus!
Das Rettungsgerät gelangt
in die Kappe und verheddert
sich.
Du hast das Rettungsgerät
nicht in den freien Luftraum
geworfen. Berechne Schirmrotationen mit ein.
Ziehe kräftig an der Verbindungsleine zum
Rettungsschirm und versuche, schnellstmöglich den
Rettungsschirm wieder frei
zu bekommen.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.11 Besondere Landegefahren
2.11.1 Starkwindlandung
Die normale Landeeinteilung ist bei Starkwind nicht möglich! Stattdessen fliegst Du, wie bereits
in Kapitel 2.7.1 dargelegt, direkt gegen Wind in einer Art Zick-Zack-Kurs, um permanent Höhe
abzubauen, ohne allzu sehr abzudriften. Nach der Landung ziehst Du sofort(!) eine Steuerleine
ganz durch, damit Dein Schirm möglichst schnell in sich zusammenfällt.
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Beim Landen nie beide Steuerleinen ziehen! Nach einer Starkwindlandung
sofort eine Steuerleine ganz durchziehen, damit der Schirm schnell auf eine
Seite kippt und in sich zusammenfällt!
Fällt Dein Schirm wie bei einer normalen Landung nach hinten, so bietet er
dem Wind eine große Angriffsfläche. Dabei kannst Du förmlich umgerissen
werden.
Fliegst Du während es Landeanfluges über Grund rückwärts, so suche über die Schulter einen
geeigneten Landeplatz. Dies ist schwierig, aber nicht unmöglich.
i
Hinweis!
Auf der windabgewandten Seite von Hindernissen wie Bäumen oder Häusern
gibt es starke Lee-Turbulenzen. Vermeide daher das Landen in den LeeBereichen von Hindernissen.
2.11.2 Baumlandung
Eine Baumlandung ist schnell passiert und ist meist durch folgende Fehler begünstigt:
ü
Falsches Einschätzen des Gleitwinkels
ü
Falsches Einschätzen des Gegenwindes
ü
Niedriges Einfliegen in großflächige Waldgebiete mit ausgedehnten Sinkgebieten
i
Hinweis!
In der Regel eignen sich Nadelbäume bei einer Baumlandung besser, da sie im
Gegensatz zu Laubbäumen keine starren ausladenden Äste haben. Das
Verletzungsrisiko ist somit bei einem Nadelbaum erheblich geringer.
Kannst Du eine Baumlandung nicht mehr vermeiden, so fliege einen möglichst niedrigen Baum
oder eine Baumgruppe gezielt an!
82
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Akute Absturzgefahr!
M
Achtung!
Fliege einen Baum immer gezielt an!
Fliegst Du einen Baum seitlich an, so besteht die Gefahr, dass Du ihn nur
streifst. Ein Absturz wäre die Folge.
Bremse Deinen Schirm wie bei der normalen Landung stark ab. Nehme unmittelbar vor der
Baumberührung die Arme an den Oberkörper, die Beine zusammen und die Hände vors
Gesicht!
Bist Du im Baum gelandet, so ergreife sofort einen stabilen Ast oder den Stamm und halte Dich
fest, da Du und Dein Schirm vom Baum abrutschen können.
Akute Absturzgefahr!
M
Achtung!
Unternehme keine eigenen Rettungsversuche, wenn Du in einem hohen Baum
gelandet bist.
Bleibe stets im Gurtzeug hängen und sichere Dich an stabilen Ästen. Warte auf
das Eintreffen von Helfern.
Treffen die ersten Helfer ein, so lasse die Rettungsschnur herunter, die Du im Gurtzeug mit dir
führst, damit Du ein starkes Seil hinaufziehen und festbinden kannst. Beginne den Abstieg nur
dann, wenn Du das Seil ausreichend stark befestigen kannst!
i
Hinweis!
Steige nur in absoluten Notfällen ohne fremde Hilfe von einem hohen Baum
herunter.
2.11.3 Seitenwindlandung
Seitenwindlandungen solltest Du, insbesondere bei starkem Seitenwind, unbedingt vermeiden.
Dein Schirm versucht bei einer Seitenwindlandung aufgrund der Winddrift in Windrichtung auszubrechen; Du musst stets gegensteuern und kannst Dich nicht voll auf die eigentliche Landung
konzentrieren.
Bist Du gelandet, so drehe den Schirm durch Ziehen der windzugewandten Steuerleine in den
Wind und laufe ihm in einer Kurve hinterher, damit Dich Dein Schirm nicht umreißen kann.
Laufe immer gegen den Wind aus.
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Laufe bei einer Seitenwindlandung nie geradeaus aus!
Dein Schirm wird seitlich vom Wind versetzt und wirft Dich zur Seite. Drehe
Deinen Schirm daher nach dem Aufsetzen stets in den Wind und laufe in einer
Kurve gegen den Wind.
83
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.11.4 Hanglandung
i
Hinweis!
Lande nur an einem Hang, wenn sonst keine andere Landemöglichkeit besteht
oder Du durch eine Notsituation dazu gezwungen bist.
Beobachte vor einer Hanglandung genaustens die Windverhältnisse und untersuche die
Beschaffenheit des Landeplatzes. Der Gegenanflug erfolgt parallel zum Hang mit Rücken- oder
Seitenwind. Den Queranflug leitest Du ein, indem Du vom Hang weg kurvst. Der eigentliche
Endanflug bei Gegen- oder Seitenwind erfolgt immer parallel zum Hang!
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Niemals bergauf landen!
Eine frontale Hangkollision ist lebensgefährlich! Lande daher stets quer zur
Hangneigung.
2.11.5 Außenlandung
Kannst Du den offiziellen Landeplatz nicht mehr erreichen, so suche einen geeigneten Außenlandeplatz und fliege ihn zielstrebig an, um eine Notlandung in unwegsamem Gelände zu vermeiden.
Als Außenlandeplätze eignen sich Flächen ohne hohen Bewuchs. Da solche Flächen meist
sehr klein sind, musst Du überschüssige Höhe meist über Hindernissen wie Felsen abbauen.
Verletzungsgefahr!
M
Achtung!
Außenlandungen stets extrem vorsichtig einleiten und ausführen!
Da Du überschüssige Höhe meist über gefährlichem Gelände (Wald, Felsgebiet) abbauen musst, besteht immer die Gefahr einer Crashlandung. Ferner
kannst Du das Landegelände nur schlecht beurteilen.
2.11.6 Toplandung
Toplandungen sind gefährlicher als sie aussehen! Das Landen am Startplatz oder auf einer
Bergkuppe verlangt viel Erfahrung und erfordert eine gute Schirmbeherrschung – und je nach
Landeplatz eine gehörige Portion Mut.
Bei einer Toplandung besteht immer die Gefahr, dass Aufwind- oder Leeturbulenzen Deinen
Schirm in Extremmanöver zwingen. Gerade auf den höher gelegenen Startplätzen gibt es
schwer zu erkennende Abwindzonen, Düsenbereiche oder Bereiche mit starker Thermik.
84
85
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.11.7 Wasserlandung
Wasserlandungen musst Du auf jeden Fall vermeiden! Es ist allemal besser, eine Notlandung
auf festem Boden oder eine Baumlandung durchzuführen als im Wasser zu landen.
Lässt sich eine Wasserung nicht mehr vermeiden, so bleibt Dir nicht viel Zeit, folgende Schritte
zu unternehmen:
1.
Werfe den Rucksack ab.
2.
Löse sämtliche schwer zu öffnenden Verschlüsse (Kreuzgurte).
3.
Löse Brust- und Beingurte, so dass Du locker auf dem Sitzbrett sitzt.
4.
Öffne Anorak und Schuhe und werfe sie ab.
5.
Fliege das Wasser ungebremst an, damit die Kappe bei der Landung über Dich hinweg
schießt.
6.
Steige nach der Wasserung aus dem Gurtzeug. Hast Du Dich in den Fangleinen
verheddert, so bewahre Ruhe und löse Dich von den Fangleinen.
7.
Schwimme gegen(!) den Wind vom Schirm weg. Versuche auf keinen Fall, den Schirm
schwimmend zu bergen!
8.
Bist Du in einem stehenden Gewässer gelandet, so steuere das nächstgelegene Ufer
an; bist Du hingegen in einem fließenden Gewässer gelandet, so schwimme zunächst
gegen den Strom, um Dich nicht im Schirm zu verheddern und schwimme dann quer zur
Strömung zum nächstgelegenen Ufer.
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Wenn Du die Wasserung ungebremst durchgeführt hast, so bleiben die Zellen
Deines Schirms gefüllt; er geht nicht unter. D. h., Du kannst Deinen Schirm
später mit einem Boot bergen. Berge ihn keinesfalls schwimmend!
Springe keinesfalls vor der Wasserung ab! Das Schätzen der Höhe über
Wasser ist sehr schwer. Es sind Fälle bekannt, bei denen Piloten unbewusst
aus über 15 Metern Höhe abgesprungen sind!
Symptom
Fehler
Korrektur
Du verhedderst Dich in den
Fangleinen
Du hast die Wasserung mit
gezogenen Steuerleinen
durchgeführt.
Bewahre Ruhe und löse
Dich von den Fangleinen.
Schwimme dann gegen den
Wind vom Schirm weg.
Du bist mit dem Wind vom
Schirm weg geschwommen;
Dein Schirm ist auf Dich zu
getrieben.
Bewahre Ruhe und löse
Dich von Fangleinen.
Schwimme dann gegen den
Wind vom Schirm weg.
Du bist nach der Wasserung
nicht sofort aus dem Gurtzeug gestiegen.
Versuche sofort, aus dem
Gurtzeug zu steigen. Gefahr
des Ertrinkens!
Dein Protektor drückt
Deinen Oberkörper und
Deinen Kopf unter Wasser.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
M
Achtung!
Gefahr des Ertrinkens!
Trenne Dich nach der Wasserung sofort vom Gurtzeug!
Dein Protektor entwickelt im Wasser Auftrieb und drückt Dich unter Wasser!
2.11.8 Landung in Stromleitungen
Die Landung in Stromleitungen ist absolut lebensgefährlich! Vermeide daher unbedingt eine
solche Landung und ziehe selbst das Risiko einer Baumlandung oder einer Kollision mit einem
Hindernis einer Landung in einer Stromleitung vor!
Kollidierst Du dennoch mit einer Stromleitung, so bleibt Dein Schirm oft hängen. Selbst wenn
Du nicht abzurutschen drohst, solltest Du Dich umgehend mit Hilfe mehrerer Fangleinen
sichern (Abb. 2.8).
Abb. 2.8: Klemmknoten zur Sicherung an Kabeln und Seilen
i
Hinweis!
Rutschst Du von einer Stromleitung ab oder rutschst Du mitsamt Schirm an der
Leitung nach unten, so löse umgehend das Rettungsgerät aus! Aufgrund der
geringen Höhe kann es sein, dass der Rettungsschirm nicht vollständig auslöst.
Unternehme keinerlei Versuche, Dich selbst aus dieser Lage zu befreien! Warte auf eintreffende Helfer! Weise die Helfer an zu veranlassen, dass die Stromleitung vom Elektrizitätswerk abgeschaltet wird. Erst nach diesem Abschalten können die Helfer anfangen, Dich aus
Deiner misslichen Lage zu befreien.
2.11.9 Landung in Seilbahnkabeln
Die Landung in Seilbahnkabeln ist gefährlich! Gerade die Kabel von Materialseilbahnen kannst
Du sehr leicht übersehen.
Kollidierst Du mit einem Seilbahnkabel, so bleibt Dein Schirm oft hängen. Selbst wenn Du nicht
abzurutschen drohst, solltest Du Dich umgehend mit Hilfe mehrerer Fangleinen
sichern (Abb. 2.9).
86
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Abb. 2.9: Klemmknoten zur Sicherung an Kabeln und Seilen
i
Hinweis!
Rutschst Du von einem Seilbahnkabel ab oder rutschst Du mitsamt Schirm am
Kabel nach unten, so löse umgehend das Rettungsgerät aus! Aufgrund der
geringen Höhe kann es sein, dass der Rettungsschirm nicht vollständig auslöst.
Unternehme keinerlei Versuche, Dich selbst aus dieser Lage zu befreien! Warte auf eintreffende Helfer! Weise die Helfer an zu veranlassen, dass der Seilbahnbetrieb eingestellt wird.
Erst nach dem Einstellen des Betriebs können die Helfer anfangen, Dich aus Deiner misslichen
Lage zu befreien.
87
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.12 Notfälle
2.12.1 Erste-Hilfe-Maßnahmen
Im Prinzip reicht es, wenn Du regelmäßig einen Erste-Hilfe-Kurs, mit der Vertiefung in lebensrettende Sofortmaßnahmen (SM) am Unfallort, besuchst. Im Ernstfall bist Du so immer gut vorbereitet und weißt sofort, was zu tun ist.
Als kleine Gedächtnisstütze findest Du hier die wichtigsten Regeln in aller Kürze; der komplette
Inhalt eines Erste-Hilfe-Kurses mit SM würde den Rahmen dieses Skripts sprengen.
Führe Erste-Hilfe-Maßnahmen immer in dieser Reihenfolge durch:
1.
Sichern der Unfallstelle; Bergen des Verletzten
2.
Beurteilen des Bewusstseinzustandes
3.
Durchführen von Sofortmaßnahmen bei lebensbedrohlichen Zuständen
4.
Anfordern von professioneller Hilfe
5.
Erstversorgen bei Verletzungen
Kommt ein Rettungshubschrauber zum Einsatz, musst Du folgendes unbedingt beachten:
ü
Alle Gleitschirmpiloten in der Luft müssen sofort den Landeplatz weiträumig freimachen.
Je mehr Gleitschirmpiloten in der Luft sind, umso eher ist der Hubschrauberpilot von der
eigentlichen Landung abgelenkt.
ü
Mache der Besatzung mit Armzeichen (Abb. 2.10) unmissverständlich klar, ob Du Hilfe
benötigst oder nicht.
ü
Sichere alle losen Dinge wie Packsäcke, Gleitschirme u. ä. am Landeplatz, damit diese
nicht in den Rotor des Hubschraubers gelangen können.
ü
Folge den Anweisungen der Besatzung vorbehaltlos – selbst dann, wenn sie Dir rätselhaft erscheinen; Zeit für Diskussionen bleibt nach der Rettungsaktion!
ü
Nähere Dich dem Helikopter nur, wenn es wirklich nötig ist. Dreht sich der Rotor noch,
so nähere Dich dem Helikopter stets von vorne!
2.12.2 Notausrüstung
Bei jedem Flug kann es passieren, dass Du selbst in einen Unfall verwickelt bist oder als
Außenstehender zu einem Umfall stößt. Deshalb ist es für jeden Gleitschirmpiloten Pflicht, eine
Notausrüstung bei sich zu haben. Diese umfasst folgendes:
ü
Verbandsmaterial (Wundschnellverband, Mullbinde u. a.)
ü
Rettungsleine(n)
ü
Signalraketen (rot/grün/weiß)
ü
Rettungsdecke (Wärmeschutz und Sichtzeichen)
88
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
ü
Signalpfeife
ü
Kappschere (zum Kappen von Leinen u. ä.)
ü
Schmerzmittel
ü
Handy mit eingespeicherten Notrufnummern
ü
(GPS-System zur genauen Standortangabe)
2.12.3 Notsignale
i
Hinweis!
Notsignale dürfen, wie der Name schon andeutet, nur in Notsituationen gegeben werden!
Das SOS-Notsignal kannst Du auf mehrere Arten geben:
ü
Als im Morsecode übermitteltes (Funk-)Signal
ü
Als gesprochenes (Funk-)Signal
ü
Als Sichtzeichen (Segel, Signalraketen)
ü
Als alpines Notsignal (nur in den Bergen)
Willst Du das Notsignal im Morsecode übermitteln, so kannst Du das mit Hilfe des Tastfunks
tun, indem Du in regelmäßigen Abständen die Taste Deines Funkgeräts 3x kurz, 3x lang,
3x kurz drückst. Reagiert jemand am Sprechfunk auf Dein Notsignal, so teile ihm folgendes mit:
•
Was ist passiert? (Art der Verletzung)
•
Wer ist verletzt? (Zahl der Verletzten)
•
Wo befindet sich der Verletzte? (Genaue Ortsangabe)
•
Wie sind die Umstände? (Gelände, Wetter, Wind, Hindernisse)
Alternativ kannst Du ein Notsignal auch am Sprechfunk absetzen, indem Du in regelmäßigen
Abständen das Wort „Mayday“ 3x hintereinander absetzt. Reagiert jemand am Sprechfunk auf
Dein Notsignal, so teile ihm folgendes mit:
•
Was ist passiert? (Art der Verletzung)
•
Wer ist verletzt? (Zahl der Verletzten)
•
Wo befindet sich der Verletzte? (Genaue Ortsangabe)
•
Wie sind die Umstände? (Gelände, Wetter, Wind, Hindernisse)
Zusätzlich zu Funk und Trillerpfeife kannst Du Sichtzeichen geben. In Deiner Notausrüstung
befinden sich normalerweise mehrere grüne, rote und weiße Signalraketen oder -kugeln.
Schieße in einer Notsituation lediglich die roten(!) Signalraketen/-kugeln in regelmäßigen
Abständen ab.
89
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
i
Hinweis!
Schießt Du grüne Leuchtraketen/-kugeln ab, so zeigt dies anderen Piloten an,
dass bei Deiner Notlandung nichts passiert ist. Hast Du also keine roten
Raketen mehr, so beschränke Dich auf Funk, Trillerpfeife und andere Sichtzeichen.
Schießt Du weiße Leuchtraketen/-kugeln ab, so zeigt dies anderen Piloten an,
dass Du Dir nach einer Notlandung selbst helfen kannst und keine Hilfe
benötigst.
Ein nicht ganz so weit reichendes, aber dennoch aus der Luft sehr auffälliges Sichtzeichen ist
die Kappe Deines Gleitschirms. Raffst Du sie nach einer Notlandung nicht gleich zusammen,
sondern lässt sie liegen bzw. legst sie vollständig aus, so wissen andere Gleitschirmpiloten,
dass Du Hilfe benötigst.
i
Hinweis!
Ist Dir bei einer Notlandung nichts passiert, so raffe die Kappe zusammen, um
anderen Gleitschirmpiloten zu zeigen, dass nichts passiert ist.
Fliegt ein Hubschrauber suchend um Deine Absturzstelle herum, so gebe dessen Besatzung
mit Hilfe von Armzeichen (Abb. 2.10) Bescheid, ob Du Hilfe benötigst (Yes) oder nicht (No).
Abb. 2.10: Armzeichen bei Hubschraubereinsatz
Als Notsignal in den Bergen hat sich das so genannte alpine Notsignal durchgesetzt. Es ist
ebenso wie das SOS-Signal international. Um ein alpines Notsignal abzusetzen, gibst Du 6x pro
Minute ein Zeichen (Pfeifen, Blinken, Rufen o. ä.); beantwortet wird ein solches Notsignal mit
drei Zeichen pro Minute.
2.12.4 Einleitung von Rettungsmaßnahmen
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Das Einleiten von Rettungsmaßnahmen fällt je nach Symptomen des Verunfallten unterschiedlich aus. Die wichtigsten Symptome mit den jeweils
richtigen Maßnahmen findest Du zusammengefasst in der folgenden Tabelle.
Das Unterlassen von Rettungsmaßnahmen ist strafbar.
90
91
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptome
Mögl. Verletzungen
Sofortmaßnahmen
Lagerung
apathisches Verhalten / blaue
Gesichtsfarbe /
feuchte, kühle
Haut / schneller,
kaum fühlbarer Puls
Schock
Schütze den Verletzten vor Kälte,
Hitze und Lärm.
Bringe den Verletzten in Schocklage: Oberkörper
und Kopf horizontal;
Beine angehoben.
Verletzter ist nicht
ansprechbar /
schlaffe Glieder /
(Stöhnen)
Bewusstlosigkeit
Halte die Atemwege
des Verletzten frei
und schütze ihn vor
Kälte. (Führe ihm
ggf. Wärme mit
Decken o. ä. zu.)
Bringe den Verletzten in die stabile
Seitenlage: Kopf
überstreckt; Mund
unten; Arme und
Beine stabilisieren
die Seitenlage.
Blässe / Zeichen
eines Schockzustandes
Schwere äußere
und innere(!) Verletzungen
Halte blutende
Körperteile hoch und
drücke sie ab. Lege
einen Druckverband
an und binde die
Wunde ab.
Verständige sofort
einen Notarzt!
Bringe den Verletzten in Schocklage: Oberkörper
und Kopf horizontal;
Beine angehoben.
Druckschmerzen /
Schwellung im
Bruchbereich (Bluterguss) / unnatürliche Lage der
Gliedmaßen /
atypische Beweglichkeit
Arm- oder Beinbruch
Lagere den Verletzten möglichst
schmerzfrei.
(Schiene und fixiere
ggf. das verletzte
Gliedmaß. Halte
dabei die Druckstellen durch
Polstermaterial frei.)
Lagere den Verletzten möglichst
schmerzfrei. Überprüfe regelmäßig die
Beweglichkeit von
Fingern bzw. Zehen.
(Lockere ggf. den
Verband um die
Schiene.)
unnatürliche Verformung des
Gelenks / starke
Schmerzen /
federnde Fixation in
Fehlstellung
Gelenksverrenkungen
Fixiere das Gelenk;
berücksichtige dabei
dessen federnde
Lage.
Lagere den Verletzten möglichst
schmerzfrei.
92
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
Symptome
Mögl. Verletzungen
Sofortmaßnahmen
Lagerung
Schmerzen im
Rückenbereich /
evtl. Unvermögen,
sich aufzurichten /
Kribbeln oder
Gefühllosigkeit in
Armen und Beinen
Wirbelverletzungen
Keine!
Bewege den Verletzten keinesfalls
stark! Schütze ihn
lediglich vor Unterkühlung!
Verständige sofort
einen Notarzt!
Führe lediglich
kleine(!) Veränderungen der Lage von
Armen und Beinen
durch, um eine
möglichst schmerzfreie, aber stabile
Lage des Verletzten
zu erreichen.
Blutungen im
Bereich des
Kopfes / Bewusstlosigkeit / Übelkeit /
Kopfschmerz
Schädelverletzungen
Bedecke die Wunde
mit Verbandsmaterial.
Verständige sofort
einen Notarzt!
Bringe den Verletzten in die stabile
Seitenlage (auf die
unverletzte Seite!).
Überprüfe regelmäßig Atmung und
Puls des Verletzten.
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.13 Menschliche Leistungsfähigkeit
Der Flug mit einem Gleitschirm stellt hohe Anforderungen an Dich als Piloten. Dabei spielen
weniger Deine bloße Muskelkraft, sondern vielmehr Deine Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit eine Rolle. Gerade bei Extremmanövern wie der Steilspirale wird auch Dein Kreislauf auf
eine harte Probe gestellt.
Die größten körperlichen Belastungen wirken beim Starten, beim Landen und bei extremen
Manövern auf Dich ein. Bevor Du Dich zu einem Gleitschirmflug entschließt, musst Du
folgendes zu Deiner eigenen Sicherheit beachten:
ü
Übermüdung führt zu einer deutlichen Abnahme Deiner Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit. In der Folge kannst Du Deinen Schirm nicht mehr aktiv genug fliegen; die
Gefahr eines Unfalls wächst.
Fliege daher stets ausgeruht! Es ist besser, auf einen Flug zu verzichten und sich auszuruhen, als auf einen gefährlichen Flug zu gehen.
ü
Alkohol- und/oder Drogenkonsum führen ebenfalls zu einer Abnahme Deiner
Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, verleiten Dich aber zusätzlich zu waghalsigen,
oft falsch eingeschätzten (und damit lebensgefährlichen) Manövern.
Alkohol und Drogen sind vor und während eines Fluges tabu! Schließlich setzt Du Dich
unter Drogeneinfluss als vernünftiger Mensch auch nicht hinter das Lenkrad Deines
Autos.
ü
Medikamente sind meist nicht so harmlos wie sie im ersten Moment zu sein scheinen.
Lese unbedingt den Beipackzettel aufmerksam durch. Beeinflusst ein Medikament
Deine Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit, beinhaltet es Alkohol und/oder kann zu
Übelkeit/Erbrechen führen, so verzichte zu Deiner eigenen Sicherheit auf einen Flug.
ü
Gehe nur gesund an den Start. Bereits eine Allergie und/oder eine Erkältung reichen
aus, um den Druckausgleich in Deinem Kopf empfindlich zu stören. Dabei kann unter
Umständen gar Dein Trommelfell Schaden nehmen.
ü
Wird Dir bei extremen Kurvenmanövern (z. B. bei einer Steilspirale) schwarz vor Augen
oder wird Dir übel, so leite das Manöver sofort aus! Du bist empfindlich gegenüber den
G-Kräften, die während eines solchen Manövers auf Dich einwirken. Taste Dich nur
langsam an Deine Grenzen vor!
Neben den genannten körperlichen Belastungen gibt es auch die weitaus gefährlicheren
psychischen Belastungen. Sie führen meist zu massiven Fehleinschätzungen. Wenn Du die
folgenden Punkt beachtest, so solltest Du sicher fliegen können:
ü
Gehe niemals gehetzt an den Start, da Du in einer solchen Situation meist nicht bei der
Sache bist. Gerade während des Starts kann dabei ein Unfall passieren!
Nimm Dir also die Zeit für eine ausgedehnte sorgfältige Startvorbereitung und
Konzentrationsphase. Lasse Dich nicht zum Start drängen!
ü
Lässt Du Dich bereits während der Startvorbereitungen zu sehr von persönlichen oder
beruflichen Dingen ablenken, so wirst Du mit Sicherheit auch während des Fluges
ständig abgelenkt sein.
Verzichte in einem solchen Fall auf einen Start!
93
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
ü
Hast Du vor dem Start Angst, so verringert das Deine Konzentrations- und Reaktionsfähigkeit enorm: Die Gefahr von Fehleinschätzungen wächst.
Atme tief und ruhig. Verzichte bei großer Angst auf einen Start und baue Deine Angst
langsam ab, indem Du an einem anderen Tag bei geringeren Start- und Fluganforderungen (evtl. unter weiterer Aufsicht) trainierst.
ü
Bist Du stark erregt, so versuche, Dich auf das sachliche Überprüfen der Situation und
Deine fliegerischen Aufgaben zu konzentrieren. Atme dabei tief und ruhig.
Bleibt die starke Erregung, so verzichte auf einen Start!
ü
Folge auf keinen Fall dem riskanten Beispiel anderer Piloten! Entscheide kritisch(!), ob
Du bei den gegebenen Startbedingungen sicher starten, fliegen und wieder landen
kannst.
i
Hinweis!
Merke Dir diesen Grundsatz: Starte nie gegen eigene Bedenken! Mutig ist, wer
auch einmal seinen Schirm wieder zusammenpackt – und nicht derjenige, der
halsbrecherisch dennoch startet!
94
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 2 „Flugtechnik / Verhalten in besonderen Fällen“
2.14 Naturschutz und Forst / Landwirtschaft und Jagd
Das Gleitschirmfliegen gehört genauso zu den Natursportarten wie das Klettern oder Mountainbiken. Da Du nun auch zu den Gleitschirmpiloten gehörst, solltest Du wissen, dass es in den
letzten Jahren heiße Diskussionen um die Verträglichkeit von Natur und Sport gab. In vielen
Bereichen wurden Kompromisse gefunden, die Dir als Gleitschirmpiloten erlauben, relativ ungestört Deine Sportart auszuüben.
Dabei musst Du stets bedenken, dass Du Dich gerade in den Bergen in einem sehr sensiblen
Ökosystem bewegst. Daher ist es unbedingt nötig, einige Verhaltensregeln zu berücksichtigen,
damit die Belastungen für Natur und Mitmenschen so gering wie möglich ausfallen und Konflikte
mit Jägern, Bauern und Naturschützern entschärft werden.
Folgende kurze Verhaltensrichtlinien solltest Du als Gleitschirmpilot tunlichst beachten:
ü
Bilde Fahrgemeinschaften oder nutze die öffentlichen Verkehrsmittel, um zum Startgelände zu gelangen.
ü
Hole Informationen über örtliche Schutzgebiete z. B. bei einem ansässigen Club ein.
Das Einfliegen in solche Schutzgebiete ist zu Recht strafbar!
ü
Benutze beim Anmarsch zum Startgelände stets den gleichen Fuß-/Anfahrtsweg, damit
sich das Wild an Dich als „Gast“ gewöhnen kann.
ü
Mache sowohl im Gelände als auch in der Luft keinen unnötigen Lärm.
ü
Überfliege Wild und Vieh nie in geringer Höhe! Umfliege Horste von Greifvögeln weiträumig! – Greift Dich ein Greifvogel an, so bist Du zu nahe an seinem Horst; drehe
daher sofort ab!
ü
Kreist ein Greifvogel mit Dir in derselben Thermik, so verlasse die Thermik umgehend,
wenn der Greifvogel zu schreien beginnt; er fühlt sich durch Dich gestört.
ü
Fliege grundsätzlich nur in großer Höhe, um die Naturbelastung gering zu halten!
ü
Nimm gerade im Frühjahr und im Frühsommer besonders Rücksicht, da in dieser Zeit
der (Wild-)Nachwuchs im Wald großgezogen wird.
ü
Setze erosionsgefährdete Zonen keiner unnötigen Trittbelastung aus und schone die
empfindliche Pflanzendecke. Gerade bei Startplätzen ist die Erosion besonders groß.
Evtl. kannst Du den Boden und die Pflanzen mit Trittmatten schonen.
ü
Vermeide Landungen auf ungemähten Wiesen und nicht abgeernteten Feldern!
Versuche im Notfall, am Rand zu landen!
Landest Du dennoch in einer Wiese oder einem Feld, so biete dem Besitzer zumindest
eine Entschädigung an.
ü
Packe Deinen Gleitschirm nicht im hohen Gras oder am Rande eines Feldes
zusammen! Raffe Deinen Schirm zusammen und packe ihn an geeigneter Stelle
zusammen.
ü
Halte Zuschauer, wenn möglich, fern!
95
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3
Meteorologie
Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:
ü
Lufthülle
ü
Troposphäre
ü
Wind
ü
Turbulenzen
ü
Windzirkulation
ü
Wolken und Nebel
ü
Thermik
ü
Wetterentwicklung
ü
Hochs und Tiefs
ü
Gewitter
ü
Föhn
ü
Wetterbesonderheiten im Gebirge
ü
Vorhersage und Beratung
ü
Regionales Wetter
Damit Du beim Lesen zu Hause schnell entscheiden kannst, ob ein Kapitel für
Dich relevant ist, schaust Du einfach nach, welches Symbol sich direkt unterhalb der Kapitelüberschrift befindet:
i
Hinweis!
Befinden sich sowohl ein Buch ( ) als auch ein Gleitschirm ( ) darunter, so
bezieht sich das Kapitel auf den Aufbaukurs. Als Schüler im Höhenflugkurs
kannst Du ein solches Kapitel dazu nutzen, Dein Wissen um den Aufbaukurs
aufzufrischen.
Befindet sich nur ein Gleitschirm ( ) darunter, so bezieht sich das Kapitel
ausschließlich auf den Höhenflugkurs. Als Schüler im Aufbaukurs kannst Du
dieses Kapitel überspringen.
96
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.1
Lufthülle
3.1.1
Aufbau der Atmosphäre
Die Erde ist von einer Lufthülle, der so genannten Atmosphäre umgeben. Die Atmosphäre
unterteilt der Meteorologe in mehrere Schichten, den so genannten „Sphären“. Die Trennschichten zwischen den einzelnen Sphären werden „Pausen“ genannt.
Die einzelnen (Haupt-)Sphären sind (von unten nach oben geordnet):
ü
Troposphäre
ü
Stratosphäre
ü
Mesosphäre
ü
Thermosphäre
Als Gleitschirmpilot ist lediglich die unterste Sphäre, dieTroposphäre, relevant, da sich das
komplette Wettergeschehen nur in ihr abspielt. Die Tropopause, die Trennschicht zwischen
Troposphäre und darüber liegender Stratosphäre, stellt ein unüberwindbares Hindernis für
Wolken dar. D. h., Wolken können maximal bis zur Tropopause, also in Mitteleuropa maximal
11 Kilometer hoch aufsteigen.
3.1.2
Zusammensetzung der Luft
Trockene, gereinigte Luft besteht aus:
•
78 vol% Stickstoff (N2)
•
21 vol% Sauerstoff (O2)
•
0,9 vol% Argon (Ar)
•
0,1 vol% weitere Edelgase (z. B. Helium) und andere Spurengase (z. B. Kohlendioxid)
In der Natur kommt diese Luft aber nicht vor. Tatsächlich enthält Luft immer Wasserdampf und
Feststoffe wie Staubpartikel. Der Wasserdampfgehalt der Luft kann dabei zwischen 0 und
4 vol% betragen.
Obwohl der Wasserdampf hauptsächlich in den unteren Schichten der Atmosphäre vorkommt,
ist feuchte (wasserdampfhaltige) Luft leichter als trockene! – Mag dies auf den ersten Blick nicht
einleuchtend sein, gibt es dennoch eine einfache Erklärung: Ein Wassermolekül benötigt in der
Luft ebenso viel Platz wie ein Sauerstoffmolekül, wiegt dabei aber etwa nur halb so viel!
Verdrängt ein Wassermolekül also ein schwereres Gasmolekül (Stickstoff oder Sauerstoff), so
wird das die Moleküle umgebende Luftpaket leichter; es steigt auf.
i
Hinweis!
Ein alltäglicher Beweis dafür, dass feuchte Luft leichter ist, sind die Wolkenformationen, die über den Himmel ziehen. Sie sind nichts anderes als Ansammlungen feuchter Luft, die vom Boden in die Höhe gestiegen ist.
97
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.2
Troposphäre
3.2.1
Luftdruck
Die Atmosphäre wird, wie jeder andere Körper auch, von der Erde angezogen und unterliegt
deshalb der Schwerkraft. Die unterste, bodennahe Schicht wird dabei von den höher gelegenen
zusammengepresst; der Luftdruck ist hier am größten. Der Luftdruck nimmt mit der Höhe stetig
ab: Die einzelnen Luftschichten werden weniger stark komprimiert, da weniger höher gelegene
Luftschichten auf sie einwirken können.
i
Hinweis!
Auch im Meer macht sich das Zusammenpressen der einzelnen Wasserschichten bemerkbar. So ist der Druck in großen Tiefen (in der Nähe des
Meeresgrundes) am größten.
Als Luftdruck wird die Kraft bezeichnet, die das Gewicht der Atmosphäre auf eine bestimmte
Fläche ausübt. Der mittlere Luftdruck in Meereshöhe beträgt 1013,2 hPa. Dies entspricht etwa
dem Druck einer 10 Meter hohen Wasserschicht.
Der Druck einer 10 Meter hohen Wasserschicht mag groß erscheinen, doch spürst Du von
diesem Druck nichts, da er gleichmäßig von allen Seiten auf Dich einwirkt und sich dadurch aufhebt.
i
Hinweis!
Die Abnahme des Luftdrucks in großer Höhe ist der Grund für die lebensgefährliche Höhenkrankheit. Durch den geringen Druck in großer Höhe kannst
Du weniger Sauerstoff aufnehmen als in Meereshöhe.
Daher wird in Passagierflugzeugen, die in der Stratosphäre fliegen, ein
konstanter Druck aufgebaut, der dem Druck in etwa 2000 Metern entspricht.
Bei diesem Luftdruck kann ein Mensch mehrere Stunden ohne Beschwerden
atmen.
Bereiche gleichen Luftdrucks werden in Wetterkarten mit den so genannten Isobaren dargestellt. Entlang einer Isobaren herrscht der gleiche Luftdruck, der in der Wetterkarte in der
Regel in Millibar (mbar) angegeben ist.
Abb. 3.1: Verlauf der Isobaren in einer Wetterkarte
98
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Bereiche hohen Luftdrucks werden in der Regel mit einem „H“ wie Hochdruckgebiet in der Wetterkarte dargestellt.
i
Hinweis!
3.2.2
Bereiche niedrigen Luftdrucks werden in der Regel mit einem „T“ wie Tiefdruckgebiet in der Wetterkarte dargestellt.
Luftdichte
Die Luftdichte spielt für jedes Fluggerät, vom Gleitschirm bis hin zum Flugzeug eine große
Rolle. Sie ist proportional zum Luftdruck, aber umgekehrt proportional zur Temperatur; d. h., in
heißen Gebieten (z. B. in der Wüste) oder bei hochgelegenen Start-/Landeplätzen findest Du
eine deutlich geringere Luftdichte vor. Dies führt dazu, dass ein Flugzeug eine längere Startbahn benötigt.
Für Dich als Gleitschirmpiloten heißt das, dass sich Dein Gleitwinkel bei einer geringen Luftdichte deutlich verschlechtert. Die Luftdichte verringert sich ebenso wie der Luftdruck mit zunehmender Höhe.
3.2.3
Temperatur
Sonnenstrahlen erwärmen die Luft je nach Luftfeuchtigkeit nicht oder nur kaum. Treffen die
Sonnenstrahlen jedoch auf den Boden, so werden sie einerseits von ihm reflektiert, andererseits zu einem großen Teil absorbiert: Der Boden, und mit ihm die unterste Luftschicht, wird
warm.
Innerhalb der Troposphäre nimmt die Temperatur mit zunehmender Höhe generell etwa um
0,65 °C pro 100 Metern Höhenunterschied ab. Da in unseren Breiten die Durchschnittstemperatur am Boden etwa 15 °C beträgt, beträgt die Temperatur an der Grenze zur Tropopause bereits -50 °C!
An manchen Tagen können hoch gelegene Luftschichten wärmer sein als tiefer
gelegene. In diesem Fall spricht der Meteorologe von einer Inversion.
i
Hinweis!
Ist die Temperatur in einer Luftschicht gleich bleibend, so liegt eine Isothermie
vor.
Isothermie und Inversion sind für das Wettergeschehen im Gebirge von großer
Bedeutung.
99
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.3
Wind
3.3.1
Richtung und Stärke
Der Wind wird nach der Richtung, aus der er weht, benannt. Weht ein Wind von Norden in
Richtung Süden, so wird er Nordwind genannt. Als Richtungsangabe kannst Du dabei zwischen
den Hauptwindrichtungen (N, NO, O, SO, S, SW, W, NW) oder, wie in Flugwetterberichten
üblich, zwischen Gradangaben wählen (Abb. 3.2).
Abb. 3.2: Kompassrose
Die Windstärke wird in Knoten angegeben. In den Wetterkarten ist die Windrichtung durch
Pfeile gekennzeichnet. Diese Pfeile tragen je nach Windstärke Striche und/oder Wimpel. Ein
halber Strich steht dabei für eine Windgeschwindigkeit von 5 kn (Knoten), ein langer Strich für
10 kn und ein Wimpel für 50 kn (Abb. 3.3). Dabei entsprechen 1 kn etwa 1,85 km/h bzw. 1 km/h
etwa 0,54 kn.
i
Hinweis!
Bei den angegebenen Windgeschwindigkeiten handelt es sich um Durchschnittswerte über einen Zeitraum von 10 Minuten. Schwankt die Windgeschwindigkeit stark, so wird zusätzlich die Geschwindigkeit der stärksten
Windböen mit angegeben.
Bei Windvorhersagen wird keine Rücksicht auf etwaige lokale Gegebenheiten
wie Berge genommen. Im Gebirge herrschen gänzlich andere Windsituationen
als in der Ebene.
Abb. 3.3: Befiederung der Windpfeile (exemplarisch)
100
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Wind entsteht, sobald ein Druckgefälle zwischen zwei Punkten innerhalb der Atmosphäre entsteht. In der Regel weht Wind also zwischen einem Hoch- und einem Tiefdruckgebiet. Der Wind
ist bestrebt, dieses Druckgefälle auf dem schnellsten, nämlich dem direkten Weg auszugleichen. Aber: Aufgrund der Erdrotation kommt es zur Ablenkung aller bewegter Luftteilchen!
Diese ablenkende (Schein-)Kraft wird als Corioliskraft bezeichnet.
Abb. 3.4: Corioliskraft
Wie Du in Abb. 3.4 gut sehen kannst, rotiert die Erde mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten.
An den Polen ist die Rotationsgeschwindigkeit gleich Null, am Äquator beträgt sie etwa
1670 km/h. Die Luftteilchen werden dabei mitgerissen und rotieren mit der gleichen
Geschwindigkeit um die Erde – Du empfindest Windstille.
Das Luftteilchen A in Abb. 3.4 bewegt sich mit 1450 km/h vom Weltraum aus gesehen. Bewegt
sich das Teilchen A nun z. B. auf ein Tiefdruckgebiet zu, das nördlich von ihm liegt, so behält es
seine Rotationsgeschwindigkeit von 1450 km/h bei, während die Erde auf der Nordhalbkugel
langsamer rotiert: Das Teilchen eilt dem Boden also voraus! Analog bleibt das Teilchen A hinter
dem Boden zurück, wenn es sich nach Süden bewegt.
i
Hinweis!
Das Teilchen A wird in Bodennähe durch Reibung stark abgebremst. Die
Geschwindigkeit reicht dennoch aus, um dem Boden vorauszueilen. Speziell in
großer Höhe herrschen schnelle Winde, die so genannten Jetstreams vor.
Generell gilt:
ü
Die Corioliskraft wirkt senkrecht zur Windrichtung.
ü
Die Corioliskraft ist eine Scheinkraft. Das Teilchen A in Abb. 3.4 erfährt keine echte
Kraft. Für einen Beobachter auf der Erde sieht es aber so aus, als ob das Teilchen A
eine ablenkende Kraft erfährt.
ü
Die Corioliskraft ist abhängig von der geographischen Breite: Am Äquator ist sie am
kleinsten; an den Polen am größten.
ü
Die Corioliskraft wächst linear mit der Windgeschwindigkeit.
ü
Auf der Nordhalbkugel werden Luftteilchen generell nach rechts abgelenkt; auf der Südhalbkugel hingegen nach links.
ü
Die Corioliskraft wirkt nur bei großräumigen Luftbewegungen.
101
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.3.2
Tagesverlauf
Der typische Tagesverlauf des Windes ist folgender:
Während der wolkenlosen Nacht kühlt der Boden (und somit auch die unterste Luftschicht)
merklich ab. Die unterste Luftschicht verbleibt dadurch am Boden und kann sich nicht mit den
noch warmen über ihr liegenden Luftschichten vermischen – es herrscht eine so genannte
Bodeninversion vor.
Der Morgen ist dabei generell windstill. Winde setzen erst dann ein, wenn die Thermik zunimmt.
Am frühen Nachmittag, wenn der Boden von der Sonne am stärksten aufgeheizt ist, erreichen
die Winde ihre Maximalgeschwindigkeiten. Dabei erfolgt das Durchmischen der Luftschichten;
der überregionale Wind kann bis zum Boden durchdringen.
Abends nimmt der Wind allmählich bis hin zur Windstille ab. Der Boden kühlt wiederum aus;
eine Bodeninversion bildet sich, durch die der überregionale Wind nicht dringen kann.
i
Hinweis!
3.3.3
Werden die Luftschichten z. B. aufgrund warmer, hoch liegender Luftschichten
nicht durchmischt, so bleibt der Tag windschwach.
Zusammenspiel von Hoch und Tief
Ein Hoch dreht sich auf der Nordhalbkugel grundsätzlich rechts herum. Die Luft, die den
kürzesten Weg zum nächsten Tief nehmen will, wird durch die Corioliskraft zunächst nach
rechts abgelenkt. Je näher sie dem Tief kommt, desto eher wird die Corioliskraft durch die Sogwirkung des Tiefs überlagert: Die Luft dreht sich in der Folge links um das Zentrum des Tiefs
herum (Abb. 3.5 oben).
Abb. 3.5: Zusammenspiel von Hoch- und Tiefdruckgebieten
Wie Du in Abb. 3.5, unterer Teil, gut erkennen kannst, strömt die Luft bei einem Hochdruckgebiet von oben nach unten, da der Luftdruck am Boden geringer ist als im Zentrum des
Hochs (Druckgefälle). Unter dem Zentrum des Tiefs strömt die Luft von unten nach oben, dem
Punkt des tiefsten Luftdrucks entgegen.
102
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.3.4
Windgradient
Der Wind wird in Bodennähe am stärksten abgeschwächt. Ein Maß für diese Abschwächung ist
der so genannte Windgradient. Abhängig vom Untergrund (Gebirge, Wasserfläche) schwankt
dieser teilweise stark.
Generell gilt:
ü
In 500 Metern Höhe über Grund ist der Wind bereits doppelt so schnell wie in Bodennähe.
ü
In 1500 Metern Höhe über Grund ist der Wind etwa drei Mal so schnell wie in Bodennähe.
Über großen Wasserflächen wird der Wind generell weniger stark abgeschwächt, während er
im Gebirge teilweise sehr stark abgeschwächt wirkt.
103
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.4
Turbulenzen
3.4.1
Luv und Lee
Die Begriffe Luv und Lee dienen dazu, zwischen windzugewandter und windabgewandter Seite
eines Hindernisses, z. B. eines Berges zu unterscheiden. Das Luv ist, wie in Abb. 3.6 abgebildet, die windzugewandte Seite und das Lee die windabgewandte Seite eines Hindernisses.
Abb. 3.6: Unterschied zwischen Luv und Lee
Unfallgefahr!
M
Nie in den Leebereich eines Bergrückens fliegen!
Achtung!
3.4.2
Die Turbulenzen auf der Leeseite, besonders die Leewalzen bzw. -rotoren mit
ihren starken Abwinden sind so stark, dass sie Dich regelrecht zu Boden
drücken können.
Thermische und dynamische Turbulenzen
Wie bereits in Kapitel 3.2.3 beschrieben, heizt die Sonne nicht die Luft auf, sondern (fast) nur
die Erdoberfläche. Von der Erde gelangt die Wärme auf zwei verschiedene Arten in die Atmosphäre:
ü
durch thermische Turbulenz und
ü
durch dynamische Turbulenz.
Bei der thermischen Turbulenz bilden sich aufgeheizte Luftblasen, die gegenüber der Umgebungsluft eine höhere Temperatur (und somit mehr Auftrieb) aufweisen. Bei Windstille lösen
sich die Luftblasen beim Überschreiten eines Grenzwertes vom Boden ab und steigen bis in
große Höhen auf. Weht mäßiger Wind, so werden die Luftblasen bereits vor Erreichen des
Grenzwertes vom Boden abgelöst. – Auf diese Weise wird die Wärme vom Boden in die Atmosphäre getragen.
104
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Bei der dynamischen Turbulenz weht in der Regel ein starker Wind, der die Wärme vom Boden
in die Atmosphäre transportiert und umgekehrt kalte Luft in Bodennähe bringt. Die Grenze
zwischen thermischer Turbulenz bei mäßigem Wind und dynamischer Turbulenz sind fließend.
i
Hinweis!
3.4.3
Näheres zum Thema thermische/dynamische Turbulenzen findest Du als
Schüler des Höhenflugkurses in Kapitel 3.7.
Bodenturbulenzen
Trifft Luft auf ein Hindernis, so muss sie beim Umströmen des Hindernisses ihre Richtung der
Form des Hindernisses anpassen. Muss die Luft dabei eine starke Richtungsänderung durchführen, so wird ihr Strömungsfluss erheblich gestört: die Luftteilchen verwirbeln.
Bodenturbulenzen treten, wie der Name schon andeutet, nur in Bodennähe auf und werden
z. B. durch Bäume, Häuser oder Geländeunebenheiten hervorgerufen. Bei großen Hindernissen
kommt es im Lee zur so genannten Leeturbulenz, die sich bei scharfen Geländeabbrüchen,
z. B. einem Gebirgsrücken zu den gefährlichen Leewalzen ausbilden können (siehe
Kapitel 3.4.1).
3.4.4
Düsenwirkung
Wird ein Luftstrom eingeengt, so erhöht sich die Windgeschwindigkeit. So wirken Täler wie
Düsen, die nicht nur die Windgeschwindigkeiten erhöhen, sondern auch die Windrichtung
ändern können. Auch Grate können wie eine Düse wirken und die Windgeschwindigkeit erhöhen.
Abb. 3.7: Düsenwirkung im Tal (dunkelgraue Berge ändern die Richtung des Windes)
105
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
i
Hinweis!
3.4.5
Der Wind wird in einem Tal nicht nur abgelenkt, sondern strömt auch an den
Hängen empor. Diesen Aufwind kannst Du zum besseren Steigen nutzen.
Windscherung
Die Windscherung ist eine besondere Art der Turbulenz, da sie nicht auf den Einfluss der Erdoberfläche zurückgeführt werden kann. Eine Windscherung entsteht, sobald benachbarte Luftmassen unterschiedliche Bewegungsrichtungen und/oder –geschwindigkeiten haben. An ihrer
Scherfläche bildet sich eine Wirbelschicht, die je nach Windstärke und –richtung schwächer
oder stärker ausfällt.
Abb. 3.8: Windscherung mit Wirbelschicht (bei unterschiedlichen Windgeschwindigkeiten)
106
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Kapitel 3 „Meteorologie“
3.5
Windzirkulation
3.5.1
See-/Landwind
Das Wasser im Meer unterscheidet sich in der Wärmeleitfähigkeit vom Boden an Land. Im
Wasser dringt die Wärme in Form von Sonnenstrahlen in tiefe Regionen vor, während der
Boden meist nur an der Oberfläche erwärmt wird. Wasser besitzt also eine bessere Wärmeleitfähigkeit.
Das Meer ist ständig in Bewegung; es kommt zum stetigen Durchmischen warmem Oberflächenwassers mit kälterem Tiefenwasser. Dies führt dazu, dass das Meerwasser am Morgen
und am Mittag kaum erwärmt wird. – Der Boden jedoch erwärmt sich am Tag stark; die Luft
über dem Boden steigt auf. Die Luft über dem Meer wird dabei förmlich angezogen und strömt
als so genannter Seewind aufs Land (Abb. 3.9 links).
Abb. 3.9: Windsystem See-/Landwind im Tagesverlauf
Am Abend und in der Nacht kehrt sich dieses Windsystem um. Der Boden an Land kühlt schnell
ab, da er eine geringe Speicherwärme hat. Die Wassertemperatur jedoch bleibt annähernd
konstant. Ist der Boden bis auf eine Temperatur unterhalb der des Wassers abgekühlt, so setzt
sich der Kreislauf in der entgegengesetzten Richtung in Kraft. Die Luft über dem Land strömt
als so genannter Landwind aufs Meer (Abb. 3.9 rechts).
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Der Seewind kann Dir, entsprechende Stärke und genügend steilem Küstenverlauf vorausgesetzt, zu oft interessanten und meist ruhigen abendlichen
Soaring-Flügen verhelfen.
Der Seewind trifft nie genau rechtwinklig auf die Küstelinie, weil ihn die
Corioliskraft in eine leichte Kreisbahn zwingt.
107
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Kapitel 3 „Meteorologie“
3.5.2
Hangaufwind
Auch Berg und Tal unterscheiden sich in ihrer Oberflächenbeschaffenheit. An Berghängen fließt
das Wasser sofort ab und fließt in die Talgründe; d. h., die Berghänge trocknen schnell ab,
während die Talgründe feucht bleiben.
Die sonnenbeschienenen Berghänge heizen sich am Tag schneller auf als die Talgründe: Die
warme Luft steigt auf; kältere Luft aus dem Tal strömt als so genannter Hangaufwind nach. Die
am Berghang entlangströmende Luft löst sich spätestens am Gipfel ab.
Bereits am Abend kühlen die Berghänge jedoch schneller aus als die Talgründe. Die Luft strömt
nun von den Berghängen als so genannter Bergwind ins Tal herab (Abb. 3.10).
Abb. 3.10: Hangauf- bzw. Hangabwinde
i
Hinweis!
i
Hinweis!
3.5.3
Die lokalen Hangauf- bzw. Hangabwinde und überregionale Winde können sich
überlagern. Dies führt zu komplexen Luftverhältnissen und geht immer mit
Turbulenzen einher.
Dieser thermisch ausgelöste Hangaufwind wird in der Fachsprache
anabatischer Wind, der abendliche und nächtliche Abwind katabatischer Wind
genannt.
Gebirgszirkulation
Das in Kapitel 3.5.2 beschriebene Windsystem tritt fast nur an freistehenden Bergen (und selbst
dort nur auf der Sonnenseite) auf. Im Gebirge mit seinen vielen Berghängen und Talgründen
tritt die so genannte Gebirgszirkulation auf. Diese ist ein komplexes System aus zwei sich überlagernden Kreisläufen:
ü
Jedes Tal entwickelt an einem sonnigen Tag einen anabatischen Wind an beiden Hangflächen, dessen Aufstieg teilweise durch absinkende Luft im mittleren Talbereich ausgeglichen wird.
ü
Die an den Bergkämmen wegsteigende Warmluft bewirkt ein Anheben der gesamten
Luftmasse über der Gebirgsregion. Als Ausgleich strömt kältere Luft aus dem Tal nach –
es weht Talwind. Der Druckausgleich erfolgt dabei durch eine Höhenströmung in
Gegenrichtung.
108
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Kapitel 3 „Meteorologie“
Bei ungestörter Hochdrucklage haben beide Kreisläufe einen 24-Stunden-Rhythmus.
Bis zum Nachmittag haben sich die Gebirgshänge schneller als die Talgründe erwärmt: Die
warme Luft steigt auf und der Luftdruck fällt. Durch diese Luftdruckabnahme fließt aus dem Umland kältere Luft nach. In einer Höhenströmung fließt die warme Luft wieder zurück ins Umland (Abb. 3.11).
Abends und nachts kehrt sich dieser Kreislauf (ähnlich dem See-/Landwind) wieder um, da die
Bergrücken schneller auskühlen als die Talgründe. Die kalte Luft an den Bergrücken sinkt in die
warmen Talgründe. Es weht Bergwind.
Abb. 3.11: Gebirgszirkulation (hier nur morgens und nachmittags dargestellt)
109
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Kapitel 3 „Meteorologie“
3.6
Wolken und Nebel
3.6.1
Kondensation
Wasser gelangt durch Verdunstung in die Luft. Je wärmer dabei die Luft ist, desto mehr gasförmiges Wasser (Wasserdampf) kann sie aufnehmen. Hat ein Luftpaket so viel Wasser aufgenommen, wie es gerade noch halten kann, so ist die Luft in diesem Paket gesättigt.
Dieses Sättigen kann auf zwei Arten geschehen: durch Zufuhr von Feuchtigkeit bei gleichbleibender Temperatur oder durch Abkühlen des Luftpakets bei gleichbleibender Wasserdampfmenge. Meist jedoch steigt ein Luftpaket auf, d. h., das Luftpaket kühlt sich in großer Höhe ab.
Dies kann geschehen durch:
ü
Aufsteigen durch Thermikeffekte
ü
Aufsteigen durch Anstieg an einem Gebirge
ü
Aufsteigen durch Aufgleiten auf andere Luftmassen
Erreicht die Luft diesen Punkt der Sättigung, den so genannten Taupunkt, so bilden sich aus
dem überschüssigen Wasserdampf, den die Luft ja nun nicht mehr halten kann, kleine Wassertröpfchen – der Wasserdampf kondensiert. Dabei treten die Wassertröpfchen um so genannte
Kerne, winzige Staubpartikel in der Luft, auf.
i
Hinweis!
Beim Überschreiten des Taupunkts können auch direkt kleine Eiskristalle entstehen. In diesem Fall resublimiert der Wasserdampf zu kleinen Eiskristallen.
Bei der Kondensation des Wasserdampfes wird die Wärme frei, die beim Verdunsten aufgenommen worden war. D. h., innerhalb einer aufsteigenden Wolke fällt die Temperatur im Vergleich zur Außentemperatur weniger stark.
i
Hinweis!
3.6.2
Die Höhe, ab der die Kondensation eintritt, kannst Du an einem wolkigen Tag
sehr leicht abschätzen: Sie entspricht der Höhe, auf der sich die meisten
Wolken bewegen. Wolken sind ja nichts anderes als mit Wasserdampf
gesättigte Luftpakete.
Niederschlag
Während der Kondensation werden die Wassertröpfchen immer größer und kälter. Haben die
Wassertröpfchen ein Gewicht erreicht, ab dem sie nicht mehr durch die Aufwinde innerhalb der
(mittlerweile entstandenen) Wolke getragen werden können, so fallen die Tröpfchen in Richtung
Boden.
Den Boden erreichen sie jedoch nur, wenn sie auf dem Weg dorthin nicht verdunsten. Ob ein
Tropfen den Erdboden erreicht, hängt von mehreren Faktoren ab:
ü
Temperatur und Luftfeuchtigkeit der Luftschichten, die die Tröpfchen passieren
ü
Größe und Temperatur der Tröpfchen
110
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.7
Thermik
3.7.1
Entstehung
An Sonnentagen ist die Erdoberfläche mehr oder weniger stark aufgewärmt. Die bodennahe
Luftschicht wird wärmer (und somit leichter) als die über ihr liegende Schicht.
i
Hinweis!
Die erwärmte Luftschicht kannst Du sehr gut aufgrund ihres Flimmerns, z. B.
über einer Asphaltdecke erkennen.
Diese erhitzte Schicht kann in Wüstengebieten bis zu 100 Metern dick sein, während sie am
Meer lediglich kaum mehr als einen Meter dick ist.
Bei einem Temperaturunterschied von etwa 2 °C zur Umgebungsluft will sich die Warmluft vom
Boden lösen. Die warme Luft baucht sich ein wenig nach oben aus. Dabei fließt kältere Luft
außen an der entstehenden Blase nach unten und schnürt sie ab (Abb. 3.12).
Abb. 3.12: Entstehung einer Thermikblase
Die so entstandene Thermikblase steigt nach oben, weil sie wärmer (und somit leichter) als die
Umgebungsluft ist. Dabei zieht sie, verursacht durch ihren eigenen Sog, eine Schleppe wirbelnder Luft hinter sich her.
Generell lassen folgende Gesichtspunkte ein präzises Vorhersagen von Thermik zu:
ü
Je steiler der Anfallswinkel der Sonnenstrahlung, desto mehr erhitzt sich der Boden.
Thermik wird begünstigt.
ü
Permanente Sonneneinstrahlung begünstigt das Entstehen von Thermik. Bereits kurze
Abschattungen können das Entstehen von Thermik verhindern.
ü
Trockene Böden erwärmen sich schneller; feuchte Böden speichern die Wärme
zunächst, können aber am späten Nachmittag für Thermik sorgen.
ü
Flächen ohne Vegetation heizen sich stärker auf als Flächen mit ausgiebigem Bewuchs.
Dringt genügend Sonnenstrahlung bis zum Boden vor, begünstigt das das Entstehen
von Thermik.
ü
Lockere Boden, z. B. gepflügte Äcker, heizen sich schnell auf und sind, gute Sonneneinstrahlung vorausgesetzt, sichere Quellen von Thermik.
ü
Je weniger die Sonnenstrahlung reflektiert wird, desto eher heizt sich der Boden auf.
ü
Bläst ein kräftiger Wind in Bodennähe, so wird die Warmluft ständig mit der Kaltluft
vermischt; Thermik kann dabei nicht entstehen.
111
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Kapitel 3 „Meteorologie“
i
Hinweis!
3.7.2
Thermik kann sich auch vom Boden ablösen, wenn sie sich an einer Abrisskante vom Boden löst. Dies ist vor allem im Gebirge der Fall. Abrisskanten
können dabei Knicke im Geländeprofil, Vegetationswechsel oder Temperaturwechsel sein.
Thermikformen
Thermik kommt in zwei Hauptformen vor: als pulsierende Thermik und als Thermikschlauch.
Hat sich eine Thermikblase abgelöst, so erwärmt sich die frische Luftschicht und der Vorgang
wiederholt sich. Lösen sich Thermikblasen nur sporadisch ab, so spricht man von pulsierender
Thermik.
Erwärmt sich die frische Luftschicht in nur wenigen Minuten bis zum Entstehen einer neuen
Thermikblase, so steigt die neue Thermikblase schneller auf, sobald sie die Schleppe ihrer Vorgängerin erreicht hat – es entsteht ein so genannter Thermikschlauch, in dem Warmluft
kontinuierlich von unten nach oben steigt.
Um die aufsteigende Warmluft herum fließt kältere Luft in Richtung Boden und drückt dort von
der Seite auf die bodennahe Warmluft. Wird das Gebiet der bodennahen Warmluft abgeschattet, so reißt die Thermik ab.
3.7.3
Wolkenthermik
Thermik kühlt sich bei ihrem Aufstieg kontinuierlich ab, da der Luftdruck mit zunehmender Höhe
abnimmt. Eine Thermikblase dehnt sich folglich immer weiter aus. Laut den Gesetzen der
Thermodynamik muss ein Gas aber Arbeit (also Energie) leisten, wenn es sich ausdehnt. Diese
Energie nimmt die Thermikblase aus der eigenen Wärmeenergie; sie kühlt daher mit
zunehmender Höhe ab.
Kühlt sich die Thermik so weit ab, dass sie ihren Taupunkt unterschreitet, so bilden sich,
während die Thermik weiter aufsteigt, Wolken aus. Bei der Kondensation wird, wie bereits
erwähnt, Wärme freigesetzt. Diese Kondensationswärme gibt der Thermik innerhalb der Wolke
zusätzlichen Auftrieb.
Je trockener die Thermikluft ist, desto niedriger ist ihr Taupunkt. D. h., die
Thermik steigt bis zur Wolkenbildung höher auf als feuchte Thermikluft.
i
Hinweis!
3.7.4
Trifft Thermik bei ihrem Aufstieg auf eine Sperrschicht unterhalb der
Kondensationszone, so bildet sich keine Wolke aus. Diese Form der Thermik
nennt man Blauthermik, weil sie am Himmel nicht sichtbar ist.
Wolkenformen und Wolkenstockwerke
Nüchtern gesehen sind Wolken Kondensations- oder Sublimationsprodukte von Wasserdampf.
Bereits minimale Wasserdampf-Übersättigungen führen in der Natur unweigerlich zur
Kondensation an mikroskopisch kleinen und in Unmengen in der Luft schwebenden
112
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Kondensationskeimem, so genannten Aerosolen. Je nach Art und Lebensdauer der Wolke
können Wolkentröpfchen enorme Größenunterschiede und verschiedene Aggregatszustände
aufweisen.
Die Vielfalt der Wolkenbilder fasziniert nicht nur die Flieger. Es gibt „schöne und hässliche“,
„große und kleine“, „helle und dunkle“ usw. Vor diesem Hintergrund hat sich, ganz nüchtern,
eine einheitliche Klassifizierung nach der Höhe und der Form einer Wolke durchgesetzt.
Eine Wolke wird dabei nach der Höhe ihres Auftretens klassifiziert. Als Bezug dient dabei ihre
Basis, also der unterste Rand der Wolke:
ü
Tiefe Wolken besitzen ihre Basis unterhalb von 2000 Metern. Diese Wolken bestehen
meist aus Wassertröpfchen.
ü
Mittelhohe Wolken besitzen ihre Basis in einer Höhe zwischen 2000 und 7000 Metern.
Sie bestehen meist aus unterkühlten Wassertröpfchen sowie aus Eiskristallen. Diese
Wolken werden mit der Vorsilbe „Alto-“ bezeichnet.
ü
Hohe Wolken besitzen ihre Basis oberhalb von 7000 Metern. Sie bestehen aus Eiskristallen. Diese Wolken werden mit der Vorsilbe „Cirro-“ bezeichnet (oder schlicht als
„Cirrus“).
ü
Wolken mit großer vertikaler Erstreckung, die sich über mehrere so genannte Stockwerke entwickeln können: Cumulonimbus, Nimbostratus.
i
Hinweis!
Häufig werden Wolken auch nach Stockwerken klassifiziert. Tiefe Wolken
findest Du daher im untersten Stockwerk, mittelhohe Wolken im mittleren
Stockwerk und hohe Wolken im oberen Stockwerk.
Zusätzlich werden die Wolken nach ihrer äußeren Form unterschieden:
ü
Cumuluswolken: Haufenwolken; sie deuten meist auf eine lokal begrenzte, relativ
kräftige Vertikalbewegung hin.
ü
Stratuswolken: Schichtwolken; sie deuten meist auf eine großräumige schwache
Vertikalbewegung hin.
ü
Cirruswolken: Haar-, Feder-, Faser- bzw. Schleierwolken; sie können ebenso durch
starke wie auch durch schwache Vertikalbewegungen hervorgerufen werden.
i
Hinweis!
Auch wenn der Formenreichtum der Wolken weitaus größer ist, lässt sich eine
Wolke immer in eine dieser Gruppen einteilen.
Alles in allem führt diese Einteilung zu zehn Hauptwolkentypen, so genannten Wolkengattungen. Auch wenn ihre Übergänge meist fließend sind und keine Wolke der anderen
gleicht, lässt sich jede Wolke einer der Wolkentypen zuordnen (Abb. 3.13):
ü
Stratus (St), Cumulus (Cu), Stratocumulus (Sc)
ü
Altostatus (As), Altocumulus (Ac)
ü
Cirrus (Ci), Cirrostratus (Cs), Cirrocumulus (Cc)
ü
Nimbostratus (Ns), Cumulonimbus (Cb)
113
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Kapitel 3 „Meteorologie“
Abb. 3.13: Wolkengattungen
i
Hinweis!
Die für Gleitschirmpiloten gefährlichste Wolkengattung ist die der Cumulonimbus (Cb). Eine solche Wolke ist (fast) immer eine Gewitterwolke; zumindest
aber geht sie mit starken Schauern einher, die Deinen Schirm förmlich durchtränken und dessen Flugverhalten somit dramatisch ändern können.
114
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Kapitel 3 „Meteorologie“
3.8
Wetterentwicklung
3.8.1
Wetterlagen
Das Studieren von Wetterkarten gehört mit zur Vorflugplanung. Anhand der Wetterkarten, die
täglich vom Deutschen Wetterdienst neu erstellt werden, kannst Du schnell herauslesen, wie
das Wetter in den nächsten Tagen wird.
Bei den Wetterkarten musst Du folgendes beachten:
ü
Gewöhnlich werden Boden- und Höhenwetterkarten entworfen.
ü
Je enger die Isobarenlinien beieinander liegen, desto größer ist das Druckgefälle und
desto stärker sind die zu erwartenden Winde.
ü
Ein Kaltfrontbereich ist blau gekennzeichnet, ein Warmfrontbereich rot. Ihre
Bewegungsrichtung wird mit Keilen bzw. Halbkreissymbolen angezeigt. Okklusionsfronten, Bereiche einer Durchmischung von Kalt- und Warmfronten, werden violett eingetragen.
i
Hinweis!
In den folgenden Abbildungen wird zur besseren Übersichtlichkeit auf das Einzeichnen der Fronten verzichtet.
In Mitteleuropa wird generell zwischen sechs verschiedenen Wetterlagen unterschieden, die für
Dich als Gleitschirmpiloten interessant sind:
ü
Hochdrucklage
ü
Föhnlage (Südföhn)
ü
Staulage (Nordföhn)
ü
Westwindlage
ü
Bisenlage
ü
Flachdrucklage
Hochdrucklage
Abb. 3.14: Beispiel einer Hochdrucklage
115
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Kapitel 3 „Meteorologie“
•
Lage:
•
Wetter: schön
•
Wind:
•
Gefahr: häufig Dunst, Bodennebel, evtl. Wärmegewitter
Mitteleuropa liegt im Zentrum eines Hochs
kaum Wind, aber hohe thermische Aktivität
Föhnlage (Südföhn)
Abb. 3.15: Beispiel einer Föhnlage (Südföhn)
•
Lage:
•
Wetter: auf Alpensüdseite regnerisch; auf Alpennordseite schön
•
Wind:
•
Gefahr: absolutes Startverbot auf Alpennordseite: starke Turbulenzen und abrupte
Windscherungen; auf Alpensüdseite: tiefe Wolkenbasis, schlechte Sicht.
Tief über Nordwest-Europa, Hoch über Südost-Europa, Höhenströmung in
S- bis SW-Richtung
südliche Richtungen, extrem turbulent auf Alpennordseite
Staulage (Nordföhn)
Abb. 3.16: Beispiel einer Staulage (Nordföhn)
•
Lage:
•
Wetter: auf Alpennordseite Staubewölkung; auf Alpensüdseite schön
•
Wind:
•
Gefahr: absolutes Startverbot auf Alpensüdseite: starke Turbulenzen; auf Alpennordseite: schlechte Sicht
Hoch über Nordwest-Europa, Tief über Südost-Europa, feuchte Luft aus dem
Nordseeraum fließt gegen die Alpen
nördliche Richtungen, auf Alpensüdseite starke Turbulenzen
116
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Kapitel 3 „Meteorologie“
Westwindlage
Abb. 3.17: Beispiel einer Westwindlage
•
Lage:
•
Wetter: wechselhaft
•
Wind:
•
Gefahr: starke Böen bei Kaltfrontdurchgang, tiefe Wolkenbasis im Frontenbereich,
schlechte Sicht, aber auf Rückseite gute Flugbedingungen
Polarfrontwelle zieht mit Tiefdruckgebieten über Mitteleuropa, lang anhaltend,
feuchte Atlantikluft fließt nach Mitteleuropa
westliche Richtungen, bei Frontendurchlauf böig
Bisenlage
Abb. 3.18: Beispiel einer Bisenlage
•
Lage:
•
Wetter: im Sommer: trocken, schön; im Winter: geschlossene Hochnebeldecke durch
Inversion
•
Wind:
•
Gefahr: Turbulenzen (besonders in der Westschweiz)! Hochnebel mit teilweise
schlechter Sicht
Tiefdruckzone über Mittelmeer, über Nordeuropa Hochdruckzone, Polarfronten
ziehen nördlich an Hochdruckzone vorbei, mit der Ostströmung wird
kontinentale Luft herangetragen
O- bis NO-Strömung, starker, bisweilen turbulenter Wind in Bodennähe
117
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Kapitel 3 „Meteorologie“
Flachdrucklage
Abb. 3.19: Beispiel einer Flachdrucklage
•
Lage:
•
Wetter: schön mit Quellwolkenbildung, ideale Thermikvoraussetzungen, Gewitter
neigung!
•
Wind:
•
Gefahr: jäh einsetzende Böen in Gewitternähe, Blitzschlag
3.8.2
geringe Druckgegensätze in Mitteleuropa, weite Isobarenabstände in der
Wetterkarte
fast kein Wind, böig in Nähe von Wärmegewittern
Globaler Zusammenhang
Die von der Sonne empfangene Wärme der Erdoberfläche ist zusammen mit dem Wasserdampf die Ursache aller Wettererscheinungen. Während des gesamten Jahres wird der
Äquatorbereich von der Sonne steiler angestrahlt als die Pole; der Äquator wird somit stärker
erwärmt.
Die warme Erdoberfläche an der Äquatorregion erwärmt die bodennahe Luftschicht. Sowohl
deren Luftdichte als auch deren Gewicht nehmen ab. Es entsteht in der Folge eine kleine Rinne
niedrigen Luftdrucks entlang des Äquators.
Schwerere, weil kältere Luft strömt dem Druckgefälle folgend von den Polen her kommend in
Richtung Äquator. Diese kalte Luft drückt seitlich gegen die Warmluft und lässt sie aufsteigen
(vgl. Thermik, Kapitel 3.7). Die nachgeströmte kalte Luft wird nun ihrerseits erwärmt und steigt
zeitlich versetzt ebenfalls auf.
Die aufgestiegene Warmluft wandert (rein theoretisch) in großer Höhe geradlinig zu den Polen
und sinkt dort ab. Als kühle Luft strömt sie wiederum in Richtung Äquator – der Kreislauf ist
geschlossen (Abb. 3.20).
Abb. 3.20: Wind- und Druckverhältnisse bei einer stillstehenden Erde (schematisch dargestellt)
118
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
In der Praxis jedoch beschreibt jede Luftströmung aufgrund der Corioliskraft eine Kurve (vgl.
Kapitel 3.3). Ferner strömt die Luft vom Äquator lediglich bis etwa zum 30. Breitengrad. An
diesem Breitengrad strömt die Luft zu einem großen Teil zurück zur Erdoberfläche und bildet
somit einen ausgedehnten Hochdruckgürtel, die so genannten Rossbreiten aus. Etwa am
60. Breitengrad bildet sich aufgrund einer weiteren Höhenströmung ein ausgedehnter Tiefdruckgürtel (Abb. 3.21).
Abb. 3.21: Wind- und Druckverhältnisse aufgrund der Erdrotation (schematisch dargestellt)
i
Hinweis!
Die Luftströmung vom Nordpol hin zum 60. Breitengrad ist je nach Jahreszeit
unterschiedlich stark, weshalb der oben erwähnte Tiefdruckgürtel im Winter
weiter im Süden zu finden ist. Dieser Tiefdruckgürtel ist für unser Wetter im
Winter maßgeblich verantwortlich.
119
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Kapitel 3 „Meteorologie“
3.9
Hochs und Tiefs
3.9.1
Bildung von Tiefdruckgebieten
Jedes Tiefdruckgebiet, das sich über Mitteleuropa hinweg bewegt, hat seinen Ursprung an der
so genannten (nördlichen) Polarfront. Diese Polarfront bezeichnet die Grenzfläche zwischen der
feuchten Warmluft vom Äquator und der der Kaltluft von den Polen. Die zwei Polarfronten verlaufen erdumspannend in den gemäßigten Breiten, also auch in Mitteleuropa.
i
Hinweis!
In diesem Kapitel wird die südliche der beiden Polarfronten nicht weiter erläutert. Auf der Südhalbkugel gelten die Regeln (bis auf die Umkehrung des
Rotationssinnes) analog.
Bei der Polarfront streichen die warmen und die kalten Luftmassen gegenläufig aneinander
vorbei (Abb. 3.22).
Abb. 3.22: Entstehung eines Tiefdrucksgebiets – Ausgangslage (von oben)
Warme Luft hat die Tendenz, auf kalte Luft aufzulaufen und diese zu überschichten. Im Gegenzug neigt die kalte Luft, die warme Luft zu unterlaufen. Dies hat zur Folge, dass es an der Polarfront zu Störungen und Ausbauchungen kommt (Abb. 3.23).
Abb. 3.23: Entstehung eines Tiefdrucksgebiets – Störungen an der Polarfront (von oben)
120
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Sobald sich Warm- und Kaltfront unterlaufen bzw. überschichten, formt sich ein Wirbel aus. Da
die Kaltfront, in Abb. 3.23 durch Pfeile gekennzeichnet, deutlich schneller läuft als die durch
Halbkreise gekennzeichnete Warmfront, engt die Kaltfront den Warmluftkeil immer mehr
ein (Abb. 3.24) – ein Zyklon entsteht.
Abb. 3.24: Entstehung eines Tiefdrucksgebiets – Bildung eines Zyklons (von oben)
Wie Du in Abb. 3.23 leicht erkennen kannst, gibt es zwei Fronten, die kurz hintereinander
folgen: die mit Pfeilen gekennzeichnete Kaltfront und die mit Halbkreisen gekennzeichnete
Warmfront. Beide Fronten schließen ein Zwischenhoch ein, d. h., das Wetter ist zwischen den
beiden zur Gewitterbildung neigenden Fronten warm und trocken.
i
Hinweis!
Zwischen Warm- und Kaltfront eines Zyklons kann es Stunden oder gar Tage
gutes Flugwetter geben. Achte aber unbedingt auf Turbulenzen und nahende
Gewitter.
Hat die Kaltfront die langsamere Warmfront eingeholt, so spricht der Meteorologe von einer
Okklusionsfront. Die Kaltfront hat die gesamte warme Luft über die vor ihr liegende kalte Luft
geschoben. Die Warmluft wird in der Folge vom Boden abgehoben und immer mehr in die Höhe
verfrachtet.
i
Hinweis!
3.9.2
Bei einer Okklusionsfront treten die Wettererscheinungen der Warm- und der
Kaltfronten gleichzeitig auf.
Warmfront
Eine Warmfront gleitet nur sehr flach auf. Da die warme Luft in der Höhe abgekühlt wird, bilden
sich reichlich Wolken, in großer Höhe sogar Eiswolken. Diese Eiswolken, die Cirruswolken (Ci),
sind die Vorboten einer Warmfront: Sie kündigen die Warmfront schon ein bis zwei Tage vor
ihrem Eintreffen an, da sich die Warmfront nur sehr langsam fortbewegt.
Den Cirruswolken folgen die Cirrostratuswolken (Cs). Diese bilden einen hochliegenden
Wolkenschleier. Auch die Cirrostratuswolken bestehen aus Eiskristallen, weshalb durch die
Lichtbrechung der so genannte Halo, ein Ring um Sonne oder Mond, entsteht.
Kommt die Warmfront näher, so sinkt die Wolkenbasis immer mehr. Die Cirrostratuswolken
gehen in Altostratuswolken (As), Schichtwolken in mittlerer Höhe, über. Diese Altostratuswolken
gehen immer mehr in die Nimbostratuswolken (Ns) über, die tagelange Regen mit sich bringen.
121
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Abb. 3.25: Warmfront (schematisch dargestellt)
i
Hinweis!
3.9.3
Vor einer herannahenden Warmfront kannst Du durchaus noch Flüge durchführen. Eingeschränkt wirst Du aber durch die sinkende Wolkenbasis und die
Niederschläge. Vor einer Warmfront herrscht generell keine thermische
Aktivität.
Kaltfront
Weit schneller, mit 30 bis 60 km/h, schiebt sich eine Kaltfront in einen Warmluftbereich. In der
Regel unterwandert eine Kaltfront die Warmluft keilförmig. Sie verläuft dabei wesentlich steiler
als eine Warmfront. Charakteristische Vorboten einer Kaltfront sind die Cumuluswolken (Cu).
Diese befinden sich aber meist unmittelbar vor der Front, so dass Du leicht von ihr überrascht
werden kannst.
Eine Kaltfront ist für Dich als Gleitschirmpiloten sehr gefährlich, weil sich die Quellwolken zu
hohen Gewitterwolken, den Cumulonimbuswolken (Cb), auftürmen. Diesen Gewitterwolken
eilen heftige Böenwalzen bis zu 20 Kilometern voraus!
Das Gewitter, das eine Kaltfront mit sich bringt, ist nur von kurzer Dauer, bringt aber schwere
Regenfälle und mitunter auch Hagel mit sich. Hinter der Kaltfront nehmen die Schauer ab und
die Quellwolken verflachen. Im diesem so genannten Rückseitenwetter kannst Du zwar wieder
fliegen, musst aber mit Böen und Schauern rechnen.
Abb. 3.26: Kaltfront (schematisch dargestellt)
122
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Lebensgefahr!
M
Achtung!
Nie vor einer Kaltfront fliegen! Vor einer nahenden Gewitterwolke unbedingt
schnellstmöglich landen und den Schirm verpacken!
Eine Kaltfront nähert sich schneller, als Du mit Deinem Schirm fliegen kannst.
Du kannst durch die starken Aufwinde in die Gewitterwolken gezogen werden.
Erfrierungen, Verbrennungen, Ersticken oder Blitzschlag sind dabei möglich!
123
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.10 Gewitter
3.10.1 Gewitterarten
Generell wird zwischen zwei Gewitterarten unterschieden:
ü
Kaltfrontgewitter
ü
Luftmassengewitter
Bei einem Kaltfrontgewitter dringt ein Kaltluftkopf in Warmluftmassen ein und kann somit höhere
Schichten labilisieren. Es entwickeln sich sehr heftige Gewitter mit ausgeprägten Böenwalzen.
Tritt ein Gewitter nachts oder morgens auf, so handelt es sich immer um ein Kaltfrontgewitter;
ein Kaltfrontgewitter kann rund um die Uhr auftreten.
Bei einem Luftmassengewitter verhindern die im Hoch absinkenden Luftmassen das Aufsteigen
der Warmluft. Die Warmluft kann dabei auf zwei unterschiedliche Arten aufsteigen. Zum einen
kann die Warmluft z. B. an einer Bergflanke gehoben werden und so in die Höhe verfrachtet
werden; zum anderen kann die Warmluft durch die vorherrschende Inversion bei abschwächendem Hoch durchbrechen, da sich die Inversion immer mehr in Richtung Boden absenkt. – Luftmassengewitter treten meist nachmittags oder abends auf.
3.10.2 Bedingungen für Gewitterbildung
Ein Kaltfrontgewitter lässt sich mit Hilfe einer Wetterkarte über Tage voraus erkennen.
Bedingung ist eine herannahende Kaltfront eines Tiefdruckgebiets.
Ein Luftmassengewitter entsteht in der Regel bei sich abschwächenden Hochdrucklagen und
kann sich bilden, wenn folgende Punkte erfüllt sind:
ü
In den untersten Luftschichten befindet sich feuchte Warmluft.
ü
Die Luftmassen sind bis in große Höhe labil geschichtet, d. h. die Windgegensätze sind
klein.
ü
Es befinden sich keine markanten Inversionen in den unteren Luftschichten.
Ein Luftmassengewitter kann aber auch entstehen, wenn an Bergflanken feuchte Warmluftmassen angehoben werden. In Verbindung mit starker Thermik muss also ebenfalls mit einem
solchen Gewitter gerechnet werden.
124
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.10.3 Vorboten
i
Hinweis!
Lande schon beim geringsten Anzeichen eines nahenden Gewitters sofort!
Eine Gewitterwolke kann sich schon nach wenigen Minuten voll ausgebildet
haben.
Als Gleitschirmpilot musst Du vor allem während des Fluges auf mögliche Vorboten eines
drohenden Gewitters achten. Dazu zählen u. a.:
ü
sich rasch aufbauende Cumuluswolken, die im Aufbaustadium eines Gewitters blumenkohlartige Türmchen ausbilden
ü
rasch sinkender Luftdruck
ü
Wetterleuchten
ü
stürmischer, böiger Wind
3.10.4 Phasen des Gewitters
Eine Gewitterwolke durchläuft immer drei Phasen, die so genannten Stadien (Abb. 3.27):
1.
Cumulusstadium
2.
Reifestadium
3.
Auflösestadium
Abb. 3.27: Phasen des Gewitters
Im Cumulusstadium bildet sich eine zunächst harmlos aussehende Cumuluswolke (Cu). Durch
den beständigen Aufwind innerhalb der Wolke wird immer mehr Feuchtigkeit nach oben
befördert; die vertikale Ausdehnung der Wolke nimmt beachtlich zu. In ihr prallen die kleinen
Wassertröpfchen zusammen und bilden immer größere Wassertropfen, die durch den Aufwind
in große Höhen transportiert werden. Dort gefrieren sie und fallen am Außenrand der Wolke
ggf. wieder ein Stück weit nach unten, um von den Aufwinden innerhalb der Wolke wieder nach
oben getragen zu werden. In der Folge werden die Hagelkörner immer größer. – Ist die vertikale
Ausdehnung so groß, dass die Wolke an eine Inversionsschicht oder an die Tropopause stößt,
125
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
so breitet sich die Feuchtigkeit horizontal aus – die typische Ambossform einer Gewitterwolke
entsteht. Der Amboss besteht ausschließlich aus Eispartikeln.
Sind die Wassertropfen so groß geworden, dass sie von den Aufwinden nicht mehr in der
Schwebe gehalten werden können; sie beginnen, nach unten zu fallen. Dabei erzeugen sie
einen sich mehr und mehr verstärkenden Abwindstrom. Erreichen die ersten Wassertropfen die
Erdoberfläche, so beginnt das Reifestadium einer Gewitterwolke. Die Abwinde werden am
Boden horizontal abgelenkt; es kommt zur gefährlichen Böenwalze.
Brechen die Aufwinde allmählich zusammen, so beginnt das Auflösestadium. Durch den
kontinuierlichen Niederschlag verringert sich der Wassergehalt der Wolke stetig. Die Abwinde
lassen nach; die Wolke fällt in sich zusammen.
3.10.5 Gefahren
Lebensgefahr!
M
Achtung!
Nie bei aufkommendem Gewitter fliegen! Nie in der Nähe von Gewitterwolken
fliegen!
Das Fliegen in der Nähe von Gewitterwolken ist lebensgefährlich! Lande bei
den ersten Anzeichen eines nahenden Gewitters sofort! Nutze dazu ggf. die
Abstiegsmethoden, die Du sicher beherrschst.
Von einer Gewitterwolke gehen große Gefahren aus! Die horizontalen Winde, die einer
Gewitterwolke vorauseilen, sind extrem turbulent. Oberhalb dieser Turbulenzen kommt es zu
großflächigem Steigen; eine sichere Landung ist bereits fast unmöglich, solltest Du über diesen
Turbulenzen fliegen!
Die extremen Aufwinde einer Gewitterwolke können Dich im Extremfall mit bis zu 85 m/s in die
Höhe ziehen. Selbst die normalen Aufwindgeschwindigkeiten von 20 bis 40 m/s saugen Dich
unweigerlich in die Gewitterwolke hinein; jegliche Abstiegshilfe versagt hierbei.
Innerhalb einer Gewitterwolke drohen:
ü
Erfrierungen durch Temperaturen unter dem Gefrierpunkt
ü
Verbrennungen
ü
Sauerstoffmangel bis hin zum Ersticken durch Erreichen von großer Höhe
ü
Blitzschlag (auch innerhalb der Wolke)
ü
Orientierungslosigkeit durch die Wolke selbst und durch Blendwirkung von Blitzen
ü
Verletzungen durch Hagelschlag
ü
Vereisung des Gleitschirms samt Piloten
i
Hinweis!
Ein Blitzschlag droht am Boden auch in Gebieten ohne Niederschlag! Bist Du
bei einem nahenden Gewitter gelandet, so packe unverzüglich Deinen Schirm
zusammen und suche ein sicheres Gelände auf.
126
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.11 Föhn
3.11.1 Entstehung
Eine spezielle, und für Dich als Gleitschirmpiloten sehr gefährliche Erscheinung in Mitteleuropa
ist der Föhn. Er entsteht, sobald sich eine so genannte Südföhnlage über Mitteleuropa ausgebildet hat (Abb. 3.28).
Abb. 3.28: Südföhnlage
Prinzipiell tritt Föhn auf, wenn eine kräftige, vertikal dicke Luftströmung auf ein breites,
möglichst rechtwinklig zur Strömung stehendes Hindernis luvseitig nach oben abgelenkt wird.
Dieses Kapitel widmet sich dem bekanntesten Föhn: dem Südföhn in den Alpen. Föhnerscheinungen treten aber auch in anderen Gegenden, z. B. dem Thüringer Wald oder den
Rocky Mountains auf.
Beim Südföhn strömt die feuchte Warmluft des im Süden liegenden Hochdruckgebiets zunächst
horizontal auf die Alpen zu. Trifft diese Warmluft auf die Alpen, so steigt sie auf und kühlt ab. Es
kommt zur Kondensation. Auf der Luvseite der Alpen entsteht Staubewölkung; es regnet. Um
die Alpen zu überwinden, muss die Luft aber noch weiter ansteigen. Die freiwerdende
Kondensationswärme dämpft die Temperaturabnahme. Am Kulminationspunkt, auf Kammhöhe,
bildet sich die so genannte Föhnmauer, während die Luft auf der Nordseite ins Tal hinab gleitet.
Da sich die Luft auf der Südseite ausgeregnet hat und sich nun auf dem Weg ins Tal wieder
erwärmt, enthält sie kaum Luftfeuchtigkeit.
Die ins Tal hinabgleitende Luft erwärmt sich schneller als sie sich in der Staubewölkung abgekühlt hat. So ist es auf der Alpensüdseite z. B. lediglich 10 °C warm, auf der Nordseite aber
20 °C!
i
Hinweis!
Im Bereich der Föhnmauer sind oft so genannte Wolkenwasserfälle zu
beobachten. Die Wolken werden dabei durch die absinkende Luft ein Stück
weit mit nach unten gezogen.
127
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Abb. 3.29: Modell des Südföhns (schematisch dargestellt)
i
Hinweis!
In den Alpen gibt es neben dem Südföhn auch den ähnlichen Nordföhn, der in
die entgegengesetzte Richtung bläst. Er ist aber weniger ausgeprägt als sein
Pendant.
3.11.2 Anzeichen
Anzeichen einer Föhnlage erkennst Du nicht nur anhand der Wetterkarte. Bei Föhn entstehen
meist die typischen Föhnfische: Wolken in Linsenform, auch Altocomulus lenticularis (Ac lent)
genannt. Obwohl sie am Himmel stillzustehen scheinen, werden sie von Luftteilchen mit einer
Geschwindigkeit von bis zu 150 km/h durchflogen. Aufgrund der kleinen Eispartikel innerhalb
eines Föhnfisches ergeben sich im Leebereich häufig intensive Farbspiele.
Neben den Föhnfischen ist die Staubewölkung auf der Südseite der Alpen ein weiteres
Anzeichen für Föhn. Da die Luft durch das Abregnen gereinigt wird, gibt es auf der Nordseite
eine klare Fernsicht.
Abb. 3.30: Modell des Südföhns (schematisch dargestellt)
Die Föhnfische treten dabei in so genannten Wellen, den Leewellen, auf. Sie werden in Bodennähe z. T. von Rotorwolken (Rollcumuli) begleitet. Vor jeder Leewelle nimmt die Horizontalgeschwindigkeit des Föhns ab, da er sich in einer Aufwärtsbewegung befindet. Man spricht
dabei von einer Föhnlücke.
128
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.11.3 Gefahren
Lebensgefahr!
M
Achtung!
Bei Südföhn niemals starten!
Unmittelbar in Bodennähe kommt es zu so genannten Föhnrotoren, die so
stark sind, dass sie selbst schon Kleinflugzeuge zu Boden gedrückt haben.
Aufgrund der hohen Windgeschwindigkeit in der Höhe geraten die Luftmassen leeseitig in
Schwingungen und bilden Wellen. In diesen Wellen können Föhnfische entstehen, während
sich in Bodennähe gefährliche Föhnrotoren ausbilden. Diese Föhnrotoren erzeugen massivste
Turbulenz! Sie ist absolut unberechenbar.
Aber auch ohne diese Föhnrotoren ist die Windgeschwindigkeit sehr hoch, was an Hindernissen
zu Turbulenzen führt. Das alleine sollte schon ein Grund sein, bei Föhnlage nicht zu starten.
i
Hinweis!
Föhnrotoren treten unabhängig von den Föhnfischen auf, da bei Föhnlage nicht
unbedingt Föhnfische entstehen müssen. Treten die Föhnfische nicht auf, so
ist es sehr schwer, eine Föhnlage richtig zu erkennen!
Vor einem Flug in den Alpen raten wir Dir daher dringendst, den Flugwetterbericht einzuholen.
129
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.12 Wetterbesonderheiten im Gebirge
3.12.1 Turbulenzen
Turbulenzen treten im Gebirge nicht nur unmittelbar hinter Gebirgsrücken oder Hindernissen
statt. Treffen zwei Winde unterschiedlicher Richtung aus zwei verschiedenen Tälern aufeinander, so kommt es meist zu einer horizontalen Turbulenz. Diese horizontale Turbulenz tritt
auch auf, wenn Wind an einem Berg entlang streift und an eine unmittelbare, vertikal verlaufende Kante trifft.
Gerade im Gebirge mit seinen unzähligen Kanten und Ecken können Turbulenzen sehr plötzlich
und unberechenbar auftreten und sich sogar überlagern.
3.12.2 Wettersturz
Ein Wettersturz ist ein plötzlicher markanter Wetterumschlag. Häufig wird ein Wettersturz durch
eine Kaltfront oder durch ein kräftiges Gewitter ausgelöst. Bei einem Wettersturz kommt es zu
einem raschen markanten Temperaturabfall, der mit Sturmböen und teilweise heftigen Regenschauern. Oberhalb von 2000 Metern kommt es in der Regel zu Schneetreiben. Mitunter kommt
es dabei zu Nebel mit sehr geringer Sichtweite.
Selbst im Hochsommer musst Du mit ein bis zwei Wetterstürzen pro Monat rechnen. Da die
Temperatur bei einem Wettersturz um bis zu 10 °C fallen kann, ist geeignete Flugbekleidung
überlebenswichtig – trage sie selbst dann, wenn sie Dir zu warm erscheint.
3.12.3 Kaltluftausflüsse
Im Gebirge gibt es Senken, in denen sich die Kaltluft sammelt, da sie bekanntlich schwerer ist
als Warmluft. Diese Kaltluftseen können mit der Zeit mehr und mehr anwachsen, vor allem
dann, wenn der Boden in der Senke auskühlt.
Erreichen die Kaltluftseen die Ränder der Senken, so schwappt die Kaltluft über und fließt am
Hang entlang nach unten. Dabei sucht sie sich den Weg des geringsten Widerstands, d. h.,
Düsenwirkung ist vorprogrammiert. Kaltluftausflüsse führen daher zu teilweise heftigen Böen
und können im Winter zu ansehnlichen Schneeverwehungen beitragen.
3.12.4 Frontmodifikationen
Ein Gebirge beeinflusst eine Wetterfront. Trifft z. B. eine Warmfront auf ein Gebirge, so kühlt sie
sich in der Regel ab, da die Temperaturen in der Höhe bedeutend niedriger sind. D. h., die
Dicke der Warmluft nimmt beim Überqueren des Gebirges ab. Misst Du also die Temperatur der
130
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
Warmfront vor und nach dem Überqueren des Gebirges, so kannst Du feststellen, dass die
Temperatur um einige Grad Celsius gefallen ist. – Ferner bremst ein Gebirge die Horizontalgeschwindigkeit einer Front ab. In der Folge dehnt sich die Front aus und/oder wird durch das
Gebirge abgelenkt.
3.12.5 Thermische Entwicklung
Bei der thermischen Entwicklung im Gebirge spielen Kaltluftseen und die Gebirgszirkulation,
aber auch die Düsenwirkung eine große Rolle. Thermik kann sich bei einem sonnigen Tag nur
entwickeln, wenn alle Faktoren günstig zusammenspielen. Zu starker Wind verhindert Thermik
ebenso wie großflächige Abschattungen.
Generell gilt: Südhänge begünstigen durch die direkte Sonneneinstrahlunge Thermik, Nordhänge tendieren nur wenig zu Thermik. Die Thermik wandert im Laufe des Tages, je nach
Sonnenstand von Osthängen über die Südhänge zu den Westhängen.
Die Thermik kannst Du also am besten nutzen, wenn Du diese Thermikwanderung während
des Fluges im Kopf behältst.
3.12.6 Talwind
Der Talwind ist eine bergaufwärts gerichtete Luftströmung (vgl. Kapitel 3.5.3). Talwinde können
aufgrund der örtlichen Gegebenheiten mitunter entgegen der Richtung der Grundströmung
wehen (vgl. Kapitel 3.4.4).
Willst Du in einem Dir unbekannten Gebiet fliegen, so hole vor dem Flug Informationen über die
lokalen Windsysteme z. B. bei einem einheimischen Club ein.
3.12.7 Gletscherwind
Unmittelbar über dem Gletschereis kommt es zu einer starken Abkühlung der Luft. Diese fließt
aufgrund ihrer höheren Dichte ins Tal ab – der so genannte Gletscherwind, ein kalter Fallwind,
weht. Der Gletscherwind hat aber lediglich eine geringe vertikale Mächtigkeit.
Gletscherwinde können durch Düsenwirkung sehr hohe Geschwindigkeiten erreichen. Unterstützend wirkt dabei manchmal eine in die gleiche Richtung orientierte Grundströmung.
131
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.13 Vorhersage und Beratung
3.13.1 Wettervorhersage
Die Wettervorhersage ist ein Teilgebiet der Meteorologie. Um eine Prognose für einen Wetterzustand in der Zukunft erstellen zu können, ist es notwendig, den aktuellen Zustand der Atmosphäre zu kennen. Ausgehend davon ist es den Meteorologen möglich, mittels nummerischer
Modelle die physikalischen Vorgänge in der Atmosphäre nachzubilden.
Die Wettervorhersage ist und bleibt ein heikles Thema. Da der aktuelle Zustand nur ungenau
erfasst werden kann und das Wetter ein chaotisches, also ein schwer zu berechnendes System
ist, kann das Wetter in der Zukunft nicht immer zutreffend vorhergesagt werden.
Die Daten über den aktuellen Zustand der Atmosphäre kommen von einem Netz aus Bodenmessstationen, die Windgeschwindigkeit, Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigkeit und
Niederschlagsmengen messen. In Gebieten, in denen nur wenige dieser Messstationen vorhanden sind, z. B. auf dem Meer, werden zusätzlich die Daten von Wettersatelliten herangezogen.
i
Hinweis!
Aufgrund der komplexen Zusammenhänge in der Atmosphäre trifft eine Vorhersage über einen Tag nur zu 80 - 85 % zu. Präzise Vorhersagen über einen
längeren Zeitraum sind kaum möglich und beruhen meist auf statistischen
Analysen.
3.13.2 Wetterberatung
Als Gleitschirmpilot musst Du, wie jeder andere Pilot auch, vor jedem Flug eine persönliche
Wetterberatung einholen. Dazu stehen Dir viele Mittel zur Verfügung. Das ist zum einen die
persönliche Wetterberatung bei einem größeren Flughafen in der Nähe, der Faxabruf bei einem
Dienstleister oder das so genannte Selfbriefing über das Internet.
Da die Wetterberatung bei einem Flughafen oder einem Dienstleister meist mit Kosten verbunden ist, ist das Selfbriefing bei Gleitschirmpiloten weit verbreitet. Bei einem Selfbriefing
beurteilst Du die Wetterkarten nach folgenden Punkten:
ü
zu erwartende Windstärke
ü
zu erwartende Wetterlage
ü
zu erwartende Niederschläge
ü
zu erwartende Sichtflugbedingungen
i
Hinweis!
Breche nur dann zu einem Gleitschirmflug auf, wenn alle Faktoren für einen
solchen Flug sprechen.
132
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 3 „Meteorologie“
3.14 Regionales Wetter
3.14.1 Besonderheiten
Das regionale Wetter kann sich unter Umständen vom dem vorhergesagten Wetter unterscheiden. So schafft z. B. der Bodensee durch seine schlichte Größe sein eigenes Klima, das
sich mit den amtlichen Vorhersagen für Vorarlberg meist nicht deckt; die Wettermuster rund um
den Bodensee lassen sich nicht verallgemeinern.
Willst Du in einer Dir noch unbekannten Region fliegen, so ist es ratsam, dass Du einen „alten
Hasen“, der schon lange in dieser Region fliegt, zum Wetter in der Flugregion befragst. In der
Regel geben die ortansässigen Gleitschirmvereine gerne Auskunft.
3.14.2 Regionale Wetterberatung
Zusätzlich zur Wetterberatung über Gesamtdeutschland stehen Dir verschiedene regionale
Wetterberatungen zur Verfügung. Dazu kannst Du im Internet z. B. Radarbilder von lokalen
Radarstationen bei Deiner Flugplanung nutzen, evtl. aufziehende Niederschläge rechtzeitig zu
erkennen.
Bei der regionalen Wetterberatung stehen Dir ortsansässige Gleitschirmvereine in der Regel
helfend gegenüber. Diese betreiben meist selbst eine kleine Wetterstation und messen damit
zumindest Temperatur, Luftfeuchte, Luftdruck, Windrichtung und Windstärke.
133
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4
Luftrecht
Dieses Kapitel umfasst das theoretische Wissen um:
ü
Rechtsvorschriften
ü
Zuständige Stellen
ü
Ausbildung/Pilot
ü
Fluggerät
ü
Flugbetrieb
ü
Fluggelände
ü
Luftraum
ü
Haftung und Versicherung
Damit Du beim Lesen zu Hause schnell entscheiden kannst, ob ein Kapitel für
Dich relevant ist, schaust Du einfach nach, welches Symbol sich direkt unterhalb der Kapitelüberschrift befindet:
i
Hinweis!
Befinden sich sowohl ein Buch ( ) als auch ein Gleitschirm ( ) darunter, so
bezieht sich das Kapitel auf den Aufbaukurs. Als Schüler im Höhenflugkurs
kannst Du ein solches Kapitel dazu nutzen, Dein Wissen um den Aufbaukurs
aufzufrischen.
Befindet sich nur ein Gleitschirm ( ) darunter, so bezieht sich das Kapitel
ausschließlich auf den Höhenflugkurs. Als Schüler im Aufbaukurs kannst Du
dieses Kapitel überspringen.
134
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.1
Rechtsvorschriften
4.1.1
Überblick
Wie im Straßenverkehr gibt es auch in der Luftfahrt einen gesetzlichen Rahmen, an den Du
Dich zur Sicherheit aller halten musst. Diesen gesetzlichen Rahmen steckt das Luftverkehrsgesetz (LuftVG) ab. Wichtige Einzelheiten für das Durchführen des LuftVG sind in den Rechtsverordnungen geregelt, die vom Bundesministerium erlassen werden.
Die Rechtsverordnungen umfassen dabei folgende Bereiche:
ü
Luftverkehrsordnung (LuftVO)
ü
Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO)
ü
Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV)
ü
Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO)
Zusätzlich zu diesen Rechtsverordnungen erlässt der DHV als Beauftragter des Bundesministeriums für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) folgende Verordnungen und
Kataloge:
ü
Ausbildungs- und Prüfungsordnung des DHV
ü
Flugbetriebsordnung des DHV
ü
Prüfkataloge des DHV
i
Hinweis!
4.1.2
Der DHV als Beauftragter unterliegt der Rechts- und Fachaufsicht des Luftfahrtbundesamts (LBA). Der DHV kümmert sich um (fast) alle Belange des
Drachen- und Gleitschirmfliegens.
Luftverkehrsordnung
Die Luftverkehrsordnung (LuftVO) gilt allgemein für alle Luftfahrzeugarten und gibt vor, wie der
Flugbetrieb abzuwickeln ist. So legt sie z. B. fest, nach welchen Regeln Luftfahrzeuge einander
auszuweichen haben.
i
Hinweis!
Die Flugbetriebsordnung (FBO) enthält zusätzliche Regeln für Hängegleiter
und Gleitsegel (Gleitschirme).
135
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.1.3
Luftverkehrszulassungsordnung
Die Luftverkehrszulassungsordnung (LuftVZO) ist das Zentralorgan, um das sich die Verwaltungsverfahren scharen. In ihr wird z. B. festgelegt, wer Luftfahrtscheine für Piloten austeilt
oder wer die Lufttüchtigkeit eines Flugfahrzeugs nachzuprüfen hat. Die ausbildungsmäßigen
und technischen Inhalte sind in speziellen Bestimmungen festgelegt.
4.1.4
Verordnung über Luftfahrtpersonal
Die Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV) beschreibt die Struktur für Ausbildung und
Prüfung der Piloten und Fluglehrer. Das Festlegen der Einzelheiten wird einem Beauftragten
übertragen.
4.1.5
Betriebsordnung für Luftfahrtgerät
Die Betriebsordnung für Luftfahrtgerät (LuftBO) befasst sich mit der Verantwortung des Luftfahrzeughalters für die Betriebssicherheit seines Fluggeräts. So kann ein Beauftragter z. B. das
Ausführen einer Lufttüchtigkeitsanweisung anordnen.
4.1.6
Ausbildungs- und Prüfungsordnung des DHV
Der DHV gilt als Beauftragter für Gleitsegel (Gleitschirme) und legt somit die Einzelheiten fest,
die die Verordnung über Luftfahrtpersonal (LuftPersV) für die Ausbildung und Prüfung
beschreibt.
4.1.7
Flugbetriebsordnung des DHV
Die Flugbetriebsordnung (FBO) des DHV, also die FBO für Hängegleiter und Gleitsegel (Gleitschirme) beschreibt, ergänzt durch die LuftVO, z. B. die Regelung der Startleitertätigkeit und
des Schleppbetriebs.
4.1.8
Prüfkataloge des DHV
Die Prüfkataloge des DHV enthalten die Fragen und Antwortalternativen, die bei der schriftlichen Theorieprüfung verwendet werden können. Diese Kataloge sind in der Regel nur Ausbildungsleitern zugänglich.
136
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.2
4.2.1
Zuständige Stellen
BMVBW
Das Bundesministerium für Verkehr-, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW) ist die oberste Zivilluftfahrtbehörde in Deutschland. Ihre ausführende Organe sind:
ü
Deutsche Flugsicherung GmbH (DFS) mit ihr unterstellten Flugverkehrskontrolle, Fluginformationsdienst (FIS) und Flugberatungsdienst (AIS)
ü
Luftfahrtbundesamt (LBA)
ü
Regierungspräsidien
Das BMVBW hat die Verwaltung der Luftsportgeräte, wie es Hängegleiter und Gleitsegel (Gleitschirme) sind, auf die Sportverbände als Beauftragte übergeben.
4.2.2
LBA
Das Luftfahrtbundesamt (LBA) ist dem BMVBW unmittelbar unterstellt. Als Gleitschirmpilot
kommst Du mit ihm höchstens bei Ordnungswidrigkeiten in Kontakt. Das LBA ist neben dem
Abwickeln von Ordnungswidrigkeiten u. a. für die Zulassung von Luftfahrtgeräten zuständig.
4.2.3
Beauftragter
Für den Bereich Hängegleiter und Gleitsegel (Gleitschirme) hat das BMVBW den Deutschen
Hängegleiterverband e. V. (DHV) mit Sitz in Gmund am Tegernsee beauftragt, sich um (fast)
alle Belange des Drachen- und Gleitschirmfliegens zu kümmern. Dazu zählen u. a.:
ü
Zulassung von Flugschulen
ü
Zulassung von Flugsportgeräten
ü
Zulassung von Fluggeländen
ü
Unfalluntersuchungen
Der genaue Umfang ist in den Rechtsverordnungen und in den Verwaltungsvorschriften festgelegt; der DHV als Beauftragter ist also an diese Bestimmungen gebunden. Der DHV unterliegt
als Beauftragter der Rechts- und Fachaufsicht des LBA.
137
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.2.4
Informationsschrift
In der so genannten Informationsschrift des DHV und den dortigen Nachrichten für Hängegleiter- und Gleitsegelführer NfGH werden wichtige Nachrichten, z. B. Musterprüfungen und
Lufttüchtigkeitsanweisungen, veröffentlicht.
138
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.3
Ausbildung/Pilot
4.3.1
Erlaubnispflicht
Wer ein Luftfahrzeug führt oder bedient, muss laut LuftVZO (§ 20) eine Erlaubnis besitzen.
Diese Erlaubnis wird laut LuftVG (§ 4) nur erteilt, wenn:
ü
der Bewerber das vorgeschriebene Mindestalter erreicht hat.
ü
der Bewerber seine Tauglichkeit nachgewiesen hat.
ü
keine Tatsachen vorliegen, die den Bewerber als unzuverlässig erscheinen lassen, ein
Luftfahrzeug zu führen oder zu bedienen.
ü
der Bewerber eine Prüfung nach der Verordnung über Luftpersonal bestanden hat.
4.3.2
Mindestalter
Laut LuftVZO (§ 23) beträgt das Mindestalter für den Beginn der Ausbildung 14 Jahre. Ferner
beträgt das Mindestalter, mit dem eine Erlaubnis zum Führen eines Luftsportgeräts erlangt
werden kann, 16 Jahre.
i
Hinweis!
4.3.3
Die zuständige Stelle kann im Einzelfall einen früheren Ausbildungsbeginn zulassen.
Ausbildungsinhalte
Die theoretische Ausbildung umfasst laut LuftPersV (§ 42) folgende Sachgebiete:
ü
Luftrecht
ü
Navigation
ü
Meteorologie
ü
Aerodynamik
ü
Allgemeine Luftfahrzeugkenntnisse, Technik und pyrotechnische Einweisung
ü
Verhalten in besonderen Fällen
ü
Menschliche Leistungsfähigkeit
139
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Die Flugausbildung umfasst laut Ausbildungsprüfungsordnung (APO) des DHV und der
LuftPersV in der Grundausbildung folgendes:
ü
Unter Anleitung und Aufsicht eines Fluglehrers Vorbereitungs-, Start-, Steuer- und
Landeübungen nach Ermessen des Fluglehrers bis zur sicheren Beherrschung des
Gleitsegels am Boden
ü
Start- und Abflugübungen in der jeweiligen Startart (Windenschlepp oder Hangstart)
ü
Mindestens 20 Alleinflüge mit mehr als 40 m Höhenunterschied zwischen Start- und
Landeplatz mit Start- und Landeverfahren
ü
Flugübungen gemäß dem Lehrplan im Übungsgelände
Die Flugausbildung umfasst laut Ausbildungsprüfungsordnung (APO) des DHV und der
LuftPersV in der Höhenflugausbildung zusätzlich:
ü
Mindestens 10 Höhenflüge als Alleinflüge mit Start- und Landeverfahren und Flugübungen gemäß dem Lehrplan unter Aufsicht und Anleitung eines Fluglehrers
ü
Nur für die Startart Windenschlepp: zusätzliche praktische Ausbildung
4.3.4
Flugauftrag
Laut APO kann der Ausbildungsleiter dem Bewerber die Alleinübungsreife bestätigen, wenn der
Bewerber folgende Kriterien erfüllt hat:
ü
Grundausbildung erfolgreich abgeschlossen?
ü
10 Höhenflüge als Alleinflüge durchgeführt?
ü
Auszüge aus der theoretischen Ausbildung des A-Scheins erlernt?
Der Bewerber darf für die Dauer von 36 Monaten in Übungsgeländen mit schriftlichem Flugauftrag des dort zuständigen Ausbildungsleiters Übungsflüge ohne Fluglehrer durchführen. Der
Flugauftrag darf nur erteilt werden, wenn der Bewerber im jeweiligen Übungsgebiet mindestens
5 Alleinflüge unter Aufsicht und Anleitung eines Fluglehrers durchgeführt hat und sich der Fluglehrer laut LuftPersV (§ 117) von den Fähigkeiten des Bewerbers überzeugt hat.
4.3.5
Flugbuch
Laut LuftPersV (§ 120) müssen alle Übungen und Flüge (auch nach abgeschlossener Ausbildung) in einem Flugbuch eingetragen werden. Dazu ist stets folgendes einzutragen:
ü
Datum
ü
Gelände
ü
benutztes Fluggerät
ü
Bestätigungsunterschrift des Fluglehrers
ü
je nach Ausbildungsabschnitt zusätzlich Höhenunterschied, Flugdauer, Namen der
Fluglehrer und Art der Übung
140
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.3.6
Unterrichtsbuch
Die Übungen und Ausbildungsflüge sind von einem Fluglehrer, die vollständig und erfolgreich
abgeschlossene theoretische und praktische Ausbildung vom Ausbildungsleiter jeweils im Ausbildungsnachweis des Flugschülers durch Unterschrift zu bescheinigen. Das Ausbildungsnachweisheft ist Unterrichtsbuch und Flugbuch in einem.
4.3.7
Lernausweis
Ein Lernausweis ist ein schriftlicher, geländebezogener Flugauftrag der Flugschule. Das Erteilen eines solchen Lernausweises liegt im Ermessen des Fluglehrers. Ein solcher Lernausweis gilt 36 Monate und berechtigt zu Flügen ohne Fluglehreraufsicht (mit maximal 100 Metern
Höhendifferenz) in dem Grundausbildungsgelände, in welchem die Grundausbildung erfolgt ist.
i
Hinweis!
4.3.8
Ein Lernausweis kann vom Ausbildungsleiter der Flugschule mit Auflagen versehen werden.
Schulungsbestätigung
Nach der erfolgreich abgeschlossenen Grundausbildung und nach mindestens 10 Höhenflügen
als Alleinflügen kann der Ausbildungsleiter die Schulungsbestätigung (Alleinübungsreife)
erteilen. Diese Bestätigung, auch D-Schein genannt, gilt 36 Monate und berechtigt mit erteiltem
Flugauftrag zu Übungsflügen ohne Fluglehreraufsicht im jeweiligen Übungsgelände.
4.3.9
Luftfahrerschein
i
Hinweis!
Um einen Luftfahrerschein zu erhalten, wird ein Nachweis über einen ErsteHilfe-Kurs benötigt. In der Regel genügt das Vorlegen eines Führerscheins.
Es wird zwischen zwei Luftfahrerscheinen unterschieden: dem A-Schein und dem B-Schein.
A-Schein
Der A-Schein, auch beschränkter Luftfahrerschein genannt, wird erteilt, wenn der Bewerber
folgende Kriterien erfüllt:
ü
Theoretische Prüfung erfolgreich durchlaufen?
ü
Mindestens 40 Flüge mit gültiger Schulungsbestätigung durchgeführt?
141
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
ü
30 Höhenflüge als Alleinflüge mit einer Höhendifferenz von mehr als 300 Metern, davon
bei Hangstart mindestens 10 Flüge mit einer Höhendifferenz von mehr als 500 Metern
auf zwei verschiedenen Fluggeländen durchgeführt?
ü
Von allen Flügen mindestens 25 Höhenflüge am Start- und am Landeplatz von Fluglehrern beaufsichtigt?
ü
Die übrigen Höhenflüge mit schriftlichem Flugauftrag absolviert?
Der A-Schein berechtigt zum freien Fliegen in unkontrolliertem Luftraum, d. h. bis ca. 750 Meter
über Grund. Zu einem Überlandflug berechtigt ein A-Schein hingegen nicht, vielmehr muss auf
dem Startgelände bzw. dem dazugehörigen Landeplatz gelandet werden.
B-Schein
Der A-Schein, auch unbeschränkter Luftfahrerschein genannt, wird erteilt, wenn der Bewerber
folgende Kriterien erfüllt:
ü
Erweiterte theoretische Prüfung erfolgreich durchlaufen?
ü
Mindestens 10 Flüge mit einem Höhenunterschied von mehr als 500 Metern durchgeführt?
ü
Mindestens 10 Flüge mit mehr als 30 Minuten Flugdauer auf zwei verschiedenen Fluggeländen durchgeführt?
ü
Flugübungen unter Anleitung und Aufsicht eines Fluglehrers durchgeführt?
ü
Ein Überlandflug mit schriftlichem Flugauftrag nach Vorgabe des Beauftragten über eine
Strecke von mindestens 10 Kilometern durchgeführt?
Der B-Schein berechtigt zum Fliegen in allen zugelassenen Fluggebieten und zum Überlandflug.
4.3.10 Prüfung
Nach jedem Kurs muss eine Prüfung abgelegt werden. Die Prüfungen zum Lernausweis und
zur Schulungsbestätigung werden vom Ausbildungsleiter abgenommen. Die Prüfungen zu den
Luftfahrerscheinen werden hingegen sowohl vom Ausbildungsleiter als auch (teilweise) von
einem unabhängigen DHV-Prüfer abgenommen.
Die Prüfungen umfassen neben einem theoretischen Teil auch einen praktischen Teil
(LuftPersV §§ 43, 128 und APO):
Die theoretische Prüfung erfolgt schriftlich nach dem Multiple-Choice-Verfahren anhand der
Fragenkatalogen des DHV. In Grenzfällen kann auch eine mündliche Prüfung angesetzt
werden. Prüfungsablauf und Bewertungskriterien sind festgesetzt.
Die praktische Prüfung ist eine Flugprüfung, deren Ablauf, Aufgaben und Bewertungen festgelegt sind. In Grenzfällen kann der Prüfungsleiter einen Nachflug einräumen. Eine nicht
bestandene Prüfung kann frühstens am Folgetag wiederholt werden; der Prüfer kann bei Nichtbestehen Übungsauflagen erteilen.
i
Hinweis!
Die Prüfungen zum Lernausweis und zur Schulungsbestätigung laufen innerhalb der Flugschule ab; die Prüfungen zum A- und B-Schein nimmt ein unabhängiger DHV-Prüfer ab.
142
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.3.11 Umfang der Erlaubnisse
Je höher der Ausbildungsstand des Piloten ist, desto mehr Beschränkungen fallen weg. Die
LuftPersV (§ 44) regelt den Umfang der Lizenz (B-Schein).
Lernausweis
Der Lernausweis berechtigt zu Flügen ohne Fluglehreraufsicht (mit maximal 100 Metern Höhendifferenz) in dem Grundausbildungsgelände, in welchem die Grundausbildung erfolgt ist. Er ist
auf die Startart (Windenschlepp, Hangstart) beschränkt, in der der Pilot ausgebildet worden ist.
Schulungsbestätigung
Die Schulungsbestätigung, auch D-Schein genannt, berechtigt mit erteiltem Flugauftrag zu
Übungsflügen ohne Fluglehreraufsicht im jeweiligen Übungsgelände. Sie ist auf die Startart
(Windenschlepp, Hangstart) beschränkt, in der der Pilot ausgebildet worden ist.
A-Schein
Der A-Schein berechtigt zum freien Fliegen in unkontrolliertem Luftraum, d. h. bis ca. 750 Meter
über Grund. Zu einem Überlandflug berechtigt ein A-Schein hingegen nicht, vielmehr muss auf
dem Startgelände bzw. dem dazugehörigen Landeplatz gelandet werden.
B-Schein
Der B-Schein berechtigt zum Fliegen in allen zugelassenen Fluggebieten und zum Überlandflug.
4.3.12 Gültigkeitsdauer
Lernausweis und Schulungsbestätigung haben eine Gültigkeitsdauer von 36 Monaten.
A- und B-Schein gelten laut LuftPersV (§ 45) unbefristet, jedoch muss der Inhaber alle
36 Monate einen Überprüfungsflug durchführen (siehe Kapitel 4.3.13).
4.3.13 Überprüfungsflug
Jeder Inhaber des Flugfahrerscheins (A-/B-Schein) muss laut APO alle 36 Monate einen Überprüfungsflug als verantwortlicher Luftfahrzeugführer durchführen, diesen in das Flugbuch eintragen und diesen durch einen Fluglehrer, einen Prüfer oder einen Beauftragten der Flugaufsicht beglaubigen lassen. Piloten, die die Nachprüfung nicht rechtzeitig durchführen, müssen an
einer Nachschulung in einer Flugschule teilnehmen.
143
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.3.14 Startarten
Für Gleitsegel stehen grundsätzlich zwei unterschiedliche Startmöglichkeiten zur Auswahl: der
Hangstart und der Windenschleppstart. Der Anfänger hat die Wahl, in welcher Startart er seine
Ausbildung und Prüfung durchführen will. Diese Startart wird laut LuftPersV (§ 45) in den Luftfahrerschein eingetragen.
Will ein Pilot die zweite Startart eingetragen haben, so muss er laut APO beim Windenschleppstart mindestens 20 Starts und 10 Startleitungen bzw. beim Hangstart mindestens 20 Starts,
davon 10 mit mehr als 500 Metern Höhenunterschied unter Aufsicht und Anleitung eines Fluglehrers durchführen.
4.3.15 Passagierberechtigung
Die Erlaubnis für Luftfahrer kann durch so genannte besondere Berechtigungen erweitert
werden. Diese Berechtigungen fallen allerdings weg, sobald die Erlaubnis erlöscht. Eine dieser
Berechtigungen ist die Passagierberechtigung.
Der Bewerber muss, um die Passagierberechtigung zu erlangen, folgende Kriterien erfüllen:
ü
Mindestens 12 Monate praktische Tätigkeit als verantwortlicher Gleitschirmpilot durchgeführt?
ü
Mindestens 100 Höhenflüge als verantwortlicher Gleitschirmpilot durchgeführt?
ü
5 doppelsitzige Übungsflüge mit einem Fluglehrer durchgeführt?
ü
Theoretische und praktische Ausbildung mit mindestens 10 Höhenflügen unter Aufsicht
und Anleitung eines Fluglehrers mit Passagierlehrberechtigung durchlaufen?
ü
Mindestens 30 Flüge als verantwortlicher Pilot mit schriftlichem Flugauftrag und
Bestätigung eines Fluglehrers mit Passagierberechtigung im Übungsgelände mit
Passagieren, die eine gültige Erlaubnis für Gleitschirmführer besitzen, durchgeführt?
i
Hinweis!
Für das Eintragen zusätzlicher Startarten zur Passagierberechtigung muss der
Bewerber 10 Starts unter Anleitung und Aufsicht eines Fluglehrers, der die
Passagierlehrberechtigung für die jeweilige Startart besitzt, durchführen.
4.3.16 Lehrberechtigung
Die Erlaubnis für Luftfahrer kann durch so genannte besondere Berechtigungen erweitert
werden. Diese Berechtigungen fallen allerdings weg, sobald die Erlaubnis erlöscht. Eine dieser
Berechtigungen ist die Lehrberechtigung.
Der Bewerber muss, um die Lehrberechtigung zu erlangen, folgende Kriterien erfüllen:
ü
Bewerber ist in Besitz eines gültigen B-Scheins?
ü
Bewerber führt den Gleitschirmflug als praktische Tätigkeit durch?
144
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
ü
Auswahlprüfung durch einen DHV-Prüfer bestanden?
ü
Ausbildungslehrgang erfolgreich durchlaufen?
ü
An den Ausbildungslehrgang anschließende Ausbildungstätigkeit erfolgreich anerkannt?
i
Hinweis!
Der Bewerber muss über eine umfangreiche Erfahrung haben, um eine Lehrtätigkeit auszuführen.
4.3.17 Registrierte Ausbildungsstätten
In Deutschland ist ein Ausbildungsunternehmen für Luftfahrer registrierungspflichtig. Jede Neuerteilung sowie der Widerruf von Ausbildungserlaubnissen ist gemäß LuftVZO in der
Informationsschrift des beauftragten DHV zu veröffentlichen.
Die Ausbildungserlaubnis für Gleitschirme kann widerrufen werden, wenn der Inhaber der Erlaubnis der zuständigen Stelle mitteilt, dass die Ausbildung eingestellt wird bzw. wenn die zuständige Stelle feststellt, dass die Ausbildung nicht sicher oder nicht in Übereinstimmung mit
den gesetzlichen Vorschriften erfolgt.
i
Hinweis!
Die Liste sämtlicher registrierter Ausbildungsstätten wird auf den Internetseiten
des DHV, http://www.dhv.de ständig aktualisiert.
145
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.4
Fluggerät
4.4.1
Musterprüfung
Die Musterprüfung schützt den Piloten vor Konstruktionsfehlern. Jedes Gleitsegel unterliegt laut
LuftVZO (§ 1) einer solchen Musterprüfung, d. h. der Hersteller bzw. der Importeur (LuftGerPV
§10a) eines Gleitschirmmusters muss das Muster laut LuftGerPV (§ 2) durch eine vom Luftfahrtbundesamt (LBA) anerkannte Stelle, den DHV, prüfen lassen, um die ordentliche Prüfung
und die Sicherheit des Musters zu gewährleisten. Diese so genannte Musterprüfung erfolgt
nach den Lufttüchtigkeitsforderungen für Hängegleiter und Gleitsegel und ist für alle Hersteller
und Prüfstellen verbindlich. Nur bei einem positiven Prüfergebnis wird die Musterprüfung anerkannt.
In der Musterprüfung wird laut LuftGerPV (§ 10) u. a. folgendes geprüft:
ü
Entspricht das Muster den Bauvorschriften für Luftfahrtgeräte?
ü
Weist das Muster Merkmale oder Eigenschaften auf, die einen sicheren Betrieb beeinträchtigen?
ü
Sind Musterunterlagen und Betriebsanweisungen, die für die Wartung, Überholung,
Reparatur und Betrieb des Musters erforderlich sind, vollständig und enthalten die notwendigen Angaben, um das Muster und dessen Nachbauten sicher betreiben zu
können?
4.4.2
Klassifizierung
Die Klassifizierung wird durch festgelegte Flugtests im Rahmen der Musterprüfung ermittelt. Bei
diesen Tests werden ausschließlich Aussagen zu den Flugeigenschaften, nicht aber zu den
Flugleistungen getroffen. Die Gesamtklassifizierung ergibt sich aus der höchsten (und somit anspruchsvollsten) Beurteilung, die ein Gerät in einer einzelnen Beurteilungskategorie (Flugfigur)
erhält.
i
Hinweis!
4.4.3
Die einzelnen Klassen findest Du in Kapitel 1.6.2.
Prüfstellen
Eine Prüfstelle muss vom Luftfahrtbundesamt (LBA) anerkannt sein, damit sie Muster-, Stückund Nachprüfungen abnehmen darf. Dazu zählen laut LuftGerPV (§ 2) Entwicklungs-,
Herstellungs- oder Instandhaltungsbetriebe.
146
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.4.4
Betriebsgrenzen
Ein Luftfahrzeug darf laut LuftBO (§ 24) nur in Übereinstimmung mit den im zugehörigen Flughandbuch und in anderen Betriebsanweisungen angegebenen Leistungsdaten und festgelegten
Betriebsgrenzen betrieben werden.
4.4.5
Stückprüfung
Die Stückprüfung schützt den Piloten vor Herstellungsmängeln. Sie soll gewährleisten, dass der
Pilot ein mustergerechtes Gerät erhält (LuftGerPV §§ 10, 10a). Geräte, deren Muster der DHV
geprüft hat, erhalten nach der Stückprüfung die DHV-Gütesiegelplakette (siehe Kapitel 1.6.1).
4.4.6
Nachprüfung
Alterung und Verschleiß können die Flugeigenschaften und die Festigkeit eines Gleitschirms
entscheidend verschlechtern. Aus diesem Grund sind regelmäßige Nachprüfungen Pflicht
(LuftGerPV § 15) . Bei einer Nachprüfung wird laut LuftGerPV (§ 14) die Lufttüchtigkeit eines
Gleitsegels nach den vom Hersteller vorgegebenen Anweisungen durch den Halter des Segels
oder in dessen Auftrag geprüft.
Der Halter, also der Besitzer des Segels, ist für das rechtzeitige und vollständige Durchführen
der nötigen Prüfungen verantwortlich. Mängel am Gerät oder den Prüfungsanweisungen hat der
Pilot dem Hersteller unverzüglich zu melden (LuftGerPV § 14).
Eine Nachprüfung kann laut LuftGerPV (§ 17) jederzeit durch den DHV angeordnet werden,
wenn beim Betrieb eines zugelassenen Luftfahrtgeräts Mängel festgestellt werden, die seine
Lufttüchtigkeit beeinträchtigen oder beeinträchtigen können oder begründete Zweifel an der
Lufttüchtigkeit des Geräts bestehen.
4.4.7
Lufttüchtigkeit
Grundsätzlich ist der Halter eines Gleitsegels für den betriebssicheren Zustand des Segels verantwortlich. Entscheidend dafür sind:
ü
die Instandhaltung mit Wartung, Überholung und großer Reparatur (LuftBO §§ 6, 7 ,8)
ü
das Befolgen der Betriebsanweisungen des Herstellers (LuftBO § 9)
ü
das Befolgen der Anweisungen des Herstellers zum Beheben von Mängels (LuftBO § 9)
ü
das Befolgen der Lufttüchtigkeitsanweisungen (LuftBO § 9)
147
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Wartung, Überholung und große Reparatur
Bei der Wartung sind eine Kontrolle sowie die Arbeiten, die nötig sind, um die Lufttüchtigkeit
aufrecht zu erhalten und zu überprüfen, regelmäßig durchzuführen. Dazu zählt auch das
Beheben kleinerer Mängel, die mit einfachen Mitteln zu beheben sind (LuftBO § 6).
Die Überholung muss dann durchgeführt werden, wenn ein Gleitsegel die zulässige Betriebszeit
von zwei Jahren erreicht hat oder bei seinem Betrieb Mängel festgestellt wurden, die im
Rahmen der Wartung nicht behoben werden können. Dabei wird das Gerät ganz oder nur teilweise überholt (LuftBO § 7).
Bei einer großen Reperatur werden Beschädigungen repariert, die im Rahmen der Wartung
nicht einwandfrei behoben werden können (LuftBO § 8).
4.4.8
Instandhaltung
Der Halter eines Gleitsegels kann, wenn es nicht für die gewerbsmäßige Beförderung verwendet wird, einfache Kontrollen und Arbeiten im Rahmen der Wartung selbst durchführen,
wenn er die nötigen Kenntnisse und Fähigkeiten besitzt. Erfordert das ordnungsgemäße Durchführen bestimmter Instandhaltungsmaßnahmen besondere Kenntnisse und Fähigkeiten, so
dürfen diese Arbeiten nur von Fachkräften durchgeführt werden, die nachweislich den Anforderungen genügen (LuftBO § 9).
Bei der Instandhaltung sind die vom Hersteller erstellten Betriebsanweisungen und technischen
Mitteilungen zu berücksichtigen. Mängel an Mustern, die die Lufttüchtigkeit beeinträchtigen oder
beeinträchtigen können, sind dem DHV und dem Hersteller unverzüglich anzuzeigen (LuftBO
§ 9).
4.4.9
Lufttüchtigkeitsanweisung (LTA)
Laut LuftBO (§ 14) ordnet die zuständige Stelle durch eine Lufttüchtigkeitsanweisung (LTA), die
in den Nachrichten für Luftfahrer oder in der Informationsschrift des DHV bekannt gemacht wird,
die durchzuführenden Maßnahmen an, wenn sich im Betrieb des Luftsportgeräts Mängel des
Musters herausstellen, welche die Lufttüchtigkeit beeinträchtigen.
Ein durch die LTA betroffenes Luftfahrtgerät darf nach dem in der LTA angegebenen Termin
außer für Zwecke der Nachprüfung nur in Betrieb genommen werden, wenn die angeordneten
Maßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt worden sind. Ferner darf ein luftuntüchtiges oder
von der zuständigen Stelle für luftuntüchtig erklärtes Gerät für eine Nachprüfung in Betrieb
genommen werden (LuftBO § 25).
4.4.10 Motorgetriebene Gleitschirme
Motorgetriebene Gleitschirme, auch Motorschirme genannt, gehören zu der Klasse der Ultraleicht-Luftfahrzeugen (UL) und unterliegen deshalb den Verordnungen, die der Deutsche Ultraleichtflugverband e. V. (DULV) herausgibt.
148
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Um einen Motorschirm fliegen zu dürfen, bedarf es einer zusätzlichen UL-Ausbildung und
-Prüfung. Ferner herrscht für Motorschirme Flugplatzzwang, d. h., Piloten mit Motorschirmen
dürfen nur auf zugelassenen Flugplätzen starten und landen.
Motorschirme unterliegen ebenso einer Muster- und einer Stückprüfung, zusätzlich muss die
Lärmemission gemessen werden.
i
Hinweis!
UL-Flüge sind in der Schweiz nicht erlaubt.
4.4.11 Straf- und Bußgeldvorschriften
Ordnungswidrig im Sinne der GerPO (§ 46) und LuftBO (§ 57) handelt, wer vorsätzlich oder
fahrlässig:
ü
die Musterprüfung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig durchführen oder
nicht oder nicht rechtzeitig bescheinigen lässt.
ü
die Stückprüfung nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig durchführt.
ü
eine Betriebsanweisung oder eine zur Mängelbehebung erforderliche Anweisung nicht,
nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stellt.
ü
die Lufttüchtigkeit des Luftfahrtgeräts nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht
rechtzeitig nachprüft oder nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig
nachprüfen lässt.
ü
als Halter von Luftfahrgerät oder Betriebsleiter das Luftfahrgerät nicht in einem solchen
Zustand erhält oder nicht so betreibt, dass kein anderer gefährdet, geschädigt oder
mehr als nach dem Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.
ü
als Halter von Luftfahrgerät oder Betriebsleiter ein Luftfahrtgerät betreibt, dessen Lufttüchtigkeit nicht oder nicht vollständig nachgewiesen ist.
ü
als Halter von Luftfahrgerät, Betriebsleiter oder Luftfahrzeugführer ein Luftfahrtgerät
ohne zugelassenes Rettungsgerät betreibt oder keinen geeigneten Kopfschutz trägt.
ü
als Halter von Luftfahrgerät, Betriebsleiter oder Luftfahrzeugführer ein Luftfahrzeug nicht
in Übereinstimmung mit dem im zugehörigen Flugbuch oder in anderen Betriebsanweisungen angegebenen Leistungsdaten oder festgelegten Betriebsgrenzen betreibt.
ü
als Halter von Luftfahrgerät, Betriebsleiter oder Luftfahrzeugführer ein luftuntüchtiges
oder für luftuntüchtig erklärtes Luftfahrgerät in Betrieb nimmt.
ü
als Luftfahrzeugführer trotz Ausfalls von Ausrüstungsteilen einen Flug durchführt.
ü
als Luftfahrzeugführer dem Halter Mängel des Luftfahrzeugs nicht unverzüglich anzeigt.
ü
anzeigepflichtige Mängel der zuständigen Stelle nicht unverzüglich anzeigt.
i
Hinweis!
Obige Aufzählung gibt lediglich einen Überblick. Genaue Angaben stehen in
der GerPO (§ 46) und der LuftBO (§ 57).
149
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5
Flugbetrieb
4.5.1
Grundregeln
Der Flugbetrieb richtet sich weitgehendst nach den Vorschriften der Luftverkehrs-Ordnung
(LuftVO), die für alle Luftfahrzeuge gleichermaßen gilt. Ergänzende Regeln für Gleitsegel und
Hängegleiter sind in der Flugbetriebsordnung für Hängegleiter und Gleitsegel (FBO) festgelegt.
Jeder Teilnehmer am Luftverkehr hat sich so zu verhalten, dass Sicherheit und Ordnung im
Luftverkehr gewährleistet sind und kein anderer gefährdet, geschädigt oder mehr als nach den
Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird (LuftVO § 1).
Wer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder infolge geistiger oder körperlicher Mängel in der Wahrnehmung der Aufgaben als Führer eines
Luftfahrzeuges behindert ist, darf kein Luftfahrzeug führen (LuftVO § 1).
i
Hinweis!
Die Promillegrenze liegt im Luftverkehr niedriger als im Straßenverkehr. Bereits
ab 0,5 bis 0,7 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK) liegt eine Strafttat vor;
ab 0,2 bis 0,4 Promille liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. – Auch Medikamente
können zu großen Teilen Alkohol enthalten.
Ohne vorherigen Alkoholgenuss fliegt es sich besser und vor allem sicherer!
4.5.2
Verantwortung
Der Luftfahrzeugführer hat laut LuftBO (§ 2) das Entscheidungsrecht über das Führen des Luftfahrzeugs. Er hat die während des Fluges, bei Start und Landung aus Gründen der Sicherheit
notwendigen Maßnahmen zu treffen und muss sämtliche Verordnungen und Vorschriften einhalten..
4.5.3
Sicherheitsausrüstung
Eine Sicherheitsausrüstung umfasst u. a.:
ü
einen Rückenprotektor (siehe Kapitel 1.3.6)
ü
ein Rettungsgerät (siehe Kapitel 1.4)
ü
einen Kopfschutz (siehe Kapitel 1.5.2)
ü
eine Notausrüstung (siehe Kapitel 2.12.2)
150
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5.4
Kopfschutz
Pilot und Passagier müssen laut LuftBO (§ 3) einen geeigneten Kopfschutz tragen, sofern der
beauftragte DHV keine Ausnahme erlässt. Geeignete Helme zum Schutz des Kopfes tragen
das CE-Zeichen (siehe Kapitel 1.5.2).
4.5.5
Rettungsgerät
Luftsportgeräte wie Gleitschirme dürfen laut LuftBO (§ 3) nur mit einem zugelassenen Rettungsgerät betrieben werden (siehe Kapitel 1.4). Lediglich bei Flügen, die mit einem ständigen Abstand über Grund von weniger als 50 Metern durchgeführt werden, muss laut FBO des DHV
kein Rettungsgerät mitgeführt werden.
4.5.6
Rettungsschnur
Jeder Pilot muss laut FBO des DHV eine Rettungsschnur mit sich führen, die mindestens
30 Meter lang ist und eine Mindestzugfestigkeit von 50 Kilogramm besitzt (siehe Kapitel 2.12.2).
4.5.7
Rückenschutz
Bei Gleitschirmflügen muss laut FBO des DHV generell ein Rückenschutz verwendet werden.
Ein Rückenschutz muss aber nicht zwingend getragen werden, wenn mit einer Landung im
Wasser, z. B. während eines Sicherheitstrainings über einem See, gerechnet werden muss
oder der Gleitschirm nur mit einem Gurtzeug betrieben werden darf, an dem kein Rückenschutz
montiert werden kann.
4.5.8
Flugausrüstung
Laut FBO des DHV müssen Flug-, Rettungs-, und Schleppgerät sowie das Gurtzeug für die
jeweilige Startart und Anzahl der Insassen vorschriftsmäßig geprüft und instandgehalten sowie
aufeinander und auf die Insassen abgestimmt sein. Die Flugausrüstung darf ferner nur innerhalb ihrer festgelegten Gewichts- und sonstigen Betriebsgrenzen betrieben werden.
151
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5.9
Wetterinformation und Wind
Laut FBO des DHV muss jeder Pilot die für seinen Flug erforderlichen Wetterinformationen einzuholen. Die Wetterverhältnisse müssen dabei erwarten lassen, dass der Pilot den vorgesehenen Landeplatz sicher erreicht.
Ein Start darf nicht erfolgen, wenn die Windspitzengeschwindigkeit am Startplatz 2/3 der höchsterfliegbaren Geschwindigkeit des Fluggeräts übersteigt. Ebenso darf bei stark turbulenten
Windverhältnissen nicht geflogen werden.
Start und Landungen erfolgen dabei in der Regel gegen den Wind.
4.5.10 Sichtflugregeln
Sichtflüge sind nur nach den Sichtflugregeln (VFR, Anlage 5) gestattet. Dabei dürfen die vorgeschriebenen Mindestwerte für Flugsicht und Abstand von Wolken nicht unterschritten werden.
Die Mindestwerte unterscheiden sich von Luftraum zu Luftraum; je nach Luftraum darf nur mit
dauernder Erdsicht geflogen werden.
i
Hinweis!
Die Flugsicht ist die Sicht in Flugrichtung.
Bei dauernder Erdsicht muss der Erde vom Luftfahrzeug aus sichtbar sein,
d. h., der Pilot darf nicht über einer geschlossenen Wolkendecke fliegen.
Luftraum
Mindestwetterbedingungen für den VFR
E
Flugsicht: 8 km
Abstand von Wolken in waagrechter Richtung: 1,5 km
Abstand von Wolken in senkrechter Richtung: 300 m (1000 ft)
F
wenn aktiviert:
Flugsicht: 5 km
Abstand von Wolken in waagrechter Richtung: 1,5 km
Abstand von Wolken in senkrechter Richtung: 300 m (1000 ft)
wenn inaktiviert:
gleiche Mindestwetterbedingungen wie für Luftraum G
G
Dauernde Erdsicht(!)
Flugsicht: 1,5 km
Wolken dürfen nicht berührt werden
i
Hinweis!
Näheres zum Luftraum und dessen Einteilung findest Du in Kapitel 4.7.
152
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5.11 (Sicherheits-)Mindesthöhe
Die Sicherheitsmindesthöhe darf laut LuftVO (§ 6) nur bei Start und Landung unterschritten
werden. Die Sicherheitsmindesthöhe ist diejenige Höhe, bei der weder eine unnötige Lärmbelastung noch bei einer Notlandung eine unnötige Gefährung von Personen oder Sachen zu
befürchten ist; je nach Situation kann die Mindesthöhe anders definiert sein. So beträgt die
Mindesthöhe über Städten, anderen dichtbesiedelten Gebieten und Menschenansammlungen
300 Meter über dem höchsten Hindernis im Umkreis von 600 Metern; in allen anderen Fällen
beträgt die Mindesthöhe 150 Meter über Grund oder Wasser.
Gleitsegel dürfen die Mindesthöhe unterschreiten, wenn die Art des Betriebes dies notwendig
macht und eine Gefahr für Personen und Sachen nicht zu befürchten ist.
Brücken und ähnliche Bauten wie Freileitungen, Antennen oder Seilbahnkabel dürfen nicht
unterflogen werden.
4.5.12 Abstände
Laut LuftVO (§ 12) muss ein Pilot ausreichenden Abstand zu Luftfahrzeugen und anderen Fahrzeugen einhalten, um Zusammenstöße zu vermeiden. Zusätzlich muss ein Pilot laut FBO des
DHV folgende höhen- und entfernungsmäßige Sicherheitsabstände einhalten, soweit nicht ein
größerer Abstand vorgeschrieben oder ein geringerer Abstand durch die Geländezulassung
erlaubt ist:
ü
100 Meter zu Autobahnen
ü
50 Meter zu anderen Straßen mit Fahrbahnverkehr oder Eisenbahnlinien
ü
50 Meter zu im Betrieb befindlichen Skipisten, Liften und Bergbahnen (Seilbahnen)
4.5.13 Vorflugregeln
Die Vorflugregeln, auch Ausweichregeln genannt, werden in der LuftVO (§ 13) geregelt.
Luftfahrzeuge, die sich im Gegenflug einander näher, müssen nach rechts ausweichen, wenn
die Gefahr eines Zusammenstoßes besteht (Abb. 4.1).
Abb. 4.1: Vorflugregel bei Gegenflug
153
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Kreuzen sich die Flugrichtungen zweier Luftfahrzeuge auf nahezu gleicher Höhe, so hat das
Luftfahrzeug, das von links kommt, auszuweichen (Abb. 4.2). Immer auszuweichen haben
jedoch:
ü
motorgetriebene Luftfahrzeuge, die schwerer als Luft sind, den Luftschiffen, Segelflugzeugen, Hängegleitern, Gleitsegeln und Ballonen
ü
Luftschiffe den Segelflugzeugen, Hängegleitern, Gleitsegeln und Ballonen
ü
Segelflugzeuge, Hängegleiter und Gleitsegel den Ballonen
ü
motorgetriebene Luftfahrzeuge den Luftfahrzeugen, die andere Luftfahrzeuge oder
Gegenstände erkennbar schleppen.
i
Hinweis!
Motorsegler, deren Motor nicht in Betrieb ist, gelten bei den Vorflugregeln als
Segelflugzeuge.
Abb. 4.2: Vorflugregel bei sich kreuzenden Flugrichtungen
Überholt ein Luftfahrzeug ein anderes, so hat das überholende Luftfahrzeug – auch wenn es
steigt oder sinkt – den Flugweg des anderen zu meiden und seinen Kurs nach rechts zu
ändern. Ein Luftfahrzeug überholt, wenn es sich dem anderen von rückwärts in einer Flugrichtung nähert, die einen Winkel von weniger als 70 Grad zur Flugrichtung des anderen
bildet (Abb. 4.3).
Abb. 4.3: Vorflugregel beim Überholen
154
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Luftfahrzeugen, die sich im Endteil des Landeanfluges befinden, und landenden Luftfahrzeugen
ist in jedem Fall auszuweichen. Von mehreren Luftfahrzeugen, die schwerer als Luft sind und
die einen Flugplatz gleichzeitig zur Landung anfliegen, hat das höher fliegende dem tiefer
fliegenden Luftfahrzeug auszuweichen. Motorgetriebende Luftfahrzeuge, die schwerer als Luft
sind, haben jedoch in jedem Fall auszuweichen. Ein tiefer fliegendes Luftfahrzeug darf ein
anderes Luftfahrzeug, das sich im Landeanflug befindet, nicht unterschneiden oder überholen.
Ein Luftfahrzeug darf erst starten, wenn keine Gefahr eines Zusammenstoßes besteht.
Ein Luftfahrzeug hat einem anderen Luftfahrzeug, das erkennbar in seiner Manövrierfähigkeit
behindert ist, auszuweichen.
i
Hinweis!
i
Hinweis!
Ein Luftfahrzeug, das nach obigen Regeln nicht auszuweichen hat oder seinen
Kurs zu ändern hat, muss seinen Kurs und seine Geschwindigkeit so lange beibehalten, bis die Gefahr des Zusammenstoßes gebannt ist.
Die genannten Vorschriften entbinden die beteiligten Luftfahrzeugführer nicht
von ihrer Verpflichtung, so zu handeln, dass ein Zusammenstoß vermieden
wird.
Ein Luftfahrzeug darf nur so unter- bzw. überflogen werden, dass das andere
Fahrzeug nicht gefährdet oder behindert wird. Gleiches gilt beim Ausweichen.
Die FBO des DHV erweitert die Vorschriften der FlugVO um folgende Punkte:
ü
Die Drehrichtung mehrer übereinander kreisender Fluggeräte wird von dem zuerst
kreisenden festgelegt.
ü
Das langsamer steigende Fluggerät hat dem schneller steigenden auszuweichen.
ü
Bei einer Begegnung an einem Hindernis muss das Fluggerät, auf dessen linker Seite
sich das Hindernis befindet, nach rechts ausweichen (Abb. 4.4).
ü
Unmittelbar vor dem Einleiten einer Kurve muss sich der Pilot davon überzeugen, dass
der Luftraum im geplanten Flugweg frei ist und keine Kollisionsgefahr besteht.
Abb. 4.4: Vorflugregel bei Gegenflug an einem Hindernis
155
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5.14 Landeeinteilung
Laut FBO des DHV besteht eine Landeeinteilung, sofern nicht andere Regelungen getroffen
sind oder Sicherheitsgründe entgegenstehen, immer aus Gegen-, Quer- und Endanflug, die
jeweils durch Linkskurven miteinander verbunden sind und zur Landemarkierung führen.
Nach der Landung ist die Landefläche so schnell wie möglich freizumachen.
4.5.15 Abwerfen von Gegenständen
Das Abwerfen oder Ablassen von Gegenständen oder sonstigen Stoffen aus oder von Luftfahrzeugen ist laut LuftVO (§ 7) verboten. Diese Regel gilt nicht für Ballast in Form von Wasser
oder feinem Sand, für Treibstoffe, Schleppseile, Schleppbanner und ähnliche Gegenstände,
wenn sie an Stellen abgeworfen oder abgelassen werden, an denen keine Gefahr für Personen
oder Sachen bestehen.
4.5.16 Kunstflug
Der Kunstflug ist laut LuftVO (§ 8) verboten. Kunstflug mit einem Gleitsegel sind laut FBO des
DHV „Flugzustände mit einer Neigung von mehr als 90 Grad um die Quer- oder die Längsachse
oder eine negative Flügelanströmung stattfindet".
i
Hinweis!
Gleitschirme werden nur unter normalen Fluglagen getestet. Beim Kunstflug
jedoch treten derart hohe Belastungen auf, dass ein Gerät versagen kann.
4.5.17 Wolkenflug
Laut LuftVO (§ 14) sind Wolkenflüge, d. h., Flüge durch Wolken hindurch, mit Luftsportgeräten
verboten.
4.5.18 Flüge bei Nacht
Laut LuftVO (§ 33) sind Flüge nach Sichtflugregeln bei Nacht mit Luftsportgeräten verboten. Als
Nacht gilt hierbei der Zeitraum einer halben Stunde nach Sonnenuntergang und einer halben
Stunde vor Sonnenaufgang.
156
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5.19 Betriebsstörungen und Unfälle
Laut LuftVO (§ 20) hat ein Luftfahrzeugführer Beobachtungen über Gefahren für den Luftverkehr unverzüglich der für ihn zuständigen Flugverkehrskontrollstelle zu melden. Die
Meldungen sollen alle Einzelheiten enthalten, die für die Gewährleistung der Sicherheit des
Luftverkehrs wesentlich sind.
Laut FBO des DHV müssen bei Notfällen und Unfällen mit möglichem Hubschraubereinsatz der
Luftraum und das Unfallgebiet weiträumig freigehalten werden.
Unfälle und Störungen hat der Halter eines Luftsportgeräts nach LuftVO (§ 5) unverzüglich dem
vom Bundesminister für Verkehr Beauftragten, dem DHV, schriftlich anzuzeigen. Der Inhalt
einer Unfallmeldung ist in Kapitel 4.5.21 aufgezeigt.
4.5.20 Notsignale
Laut LuftVO (§ 21, Anlage2 zu § 21) dürfen Notsignale nur für die darin beschriebenen Zwecke
verwendet werden; andere Signale, die hiermit verwechselt werden können, dürfen nicht verwendet werden.
Der Führer eines Luftfahrzeuges darf in einer Notlage jedes verfügbare Mittel einsetzen, um
sich bemerkbar zu machen, seinen Standort bekannt zu geben und Hilfe herbeizurufen.
Die folgenden Signale, entweder zusammen oder einzeln gegeben, bedeuten, dass schwere
oder unmittelbare Gefahr droht und dass sofortige Hilfe angefordert wird:
ü
ein durch Tastfunk oder auf andere Art gegebenes Signal, dass aus das Gruppe SOS
(··· - - - ···) besteht
ü
ein durch Sprechfunk gegebenes Signal, das aus dem gesprochenen Wort „Mayday“
besteht
ü
einzeln und in kurzen Abständen abgefeuerte rotleuchtende Raketen oder Leuchtkugeln
ü
ein Leuchtfallschirm mit rotem Licht
4.5.21 Unfallmeldung
Eine Unfallmeldung sollen laut LuftVO (§ 5) folgendes enthalten:
ü
Name und derzeitiger Aufenthaltsort des Meldenden
ü
Ort und Zeit des Unfalls oder der schweren Störung
ü
Art, Muster und Kenn- und Rufzeichen des Luftfahrzeugs
ü
Name des Halters des Luftfahrzeugs
ü
Zweck des Flugs, Start- und Zielflugplatz
ü
Name des verantwortlichen Luftfahrzeugführers
ü
Anzahl der Besatzungsmitglieder und Fluggäste
157
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
ü
Umfang des Personen- und Sachschadens
ü
Darstellung des Ablaufs des Unfalls oder der schweren Störung
Der Halter des Luftfahrzeugs ist auf Verlangen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchungen
verpflichtet, einen ausführlichen Bericht auf einem zugesandten Formblatt binnen 14 Tagen vorzulegen.
4.5.22 Aufsicht
Auf Flugplätzen, die ausschließlich dem Betrieb von Hängegleitern und Gleitsegeln dienen,
führt der DHV als Beauftragter die Aufsicht. Der DHV ernennt Beauftragte für Luftaufsicht, die
vor Ort die Luftaufsicht durchführen.
Die Aufgabe der Aufsichtspersonen ist laut LuftVO (§ 29) die Abwehr von Gefahren für die
Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt.
Startleiter und Beauftragte für Luftaufsicht können sich laut der FBO des DHV die mitzuführenden Ausweise, Prüfplaketten und sonstige Nachweise auf Verlangen vorzeigen lassen.
4.5.23 Startleiter
Auf den meisten Fluggeländen besteht keine Startleiterregelung; dort kann in gegenseitiger Absprache gestartet werden. Gerade bei anspruchsvollen Geländen, im Ausbildungsbetrieb oder
bei gleichzeitiger Nutzung von Fluggeländen durch Hängegleiter und Gleitsegel ist ein Startleiter unbedingt notwendig.
Laut FBO des DHV kann eine Startleitung in der Geländezulassung allgemein vorgeschrieben
oder für den Einzelfall vom Beauftragten für Flugaufsicht angeordnet werden. Der Startleiter
wird vom Geländehalter oder vom Beauftragten für Flugaufsicht bestellt und kann sich durch
andere Personen vorübergehend oder teilweise vertreten lassen. Startleiter und dessen Vertreter müssen einen Luftfahrerschein für Hängegleiter oder Gleitsegel besitzen; bei Windenschlepp mit Eintragung fder Startart Windenschlepp.
Der Startleiter sorgt auf dem gesamten Fluggelände einschließlich verschiedener Start- und
Landestellen für einen sicheren und ordnungsgemäßen Betriebsablauf. Wenn vor oder beim
Start mit anderen Personen Sprech- oder Zeichenverbindung zu bestehen hat, so hält der Startleiter diese Verbindung für den Piloten aufrecht.
Wenn eine Startleitung vorgeschrieben oder angeordnet ist, darf nur gestartet werden, solange
der Startleiter das Starten freigibt. Der Pilot muss sich vor dem Start bei ihm melden. Die Startfreigabe entbindet den Piloten nicht von seiner persönlichen Sorgfaltspflicht; er startet somit auf
eigene Gefahr und in eigener Verantwortung. – Erlässt der Startleiter ein Startverbot, so darf
auch in seiner Abwesenheit niemand starten, solange der Grund für das Startverbot fortbesteht.
158
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.5.24 Straf- und Bußgeldvorschriften
Ordnungswidrig im Sinne des LuftVG (§§ 58, 59), der LuftVO (§ 43) und der LuftBO (§ 57)
handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig:
ü
den im Rahmen der Luftaufsicht (LuftVG § 29) erlassenen Verfügungen zuwiderhandelt.
ü
als Führer eines Luftfahrzeugs oder als sonst für die Sicherheit Verantwortlicher durch
grob pflichtwidriges Verhalten gegen eine im Rahmen der Luftaufsicht erlassene Verfügung (LuftVG § 29) verstößt und dadurch Leib oder Leben eines anderen oder fremde
Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft. – Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis
zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
ü
sich als Teilnehmer am Luftverkehr so verhält, dass ein anderer gefährdet, geschädigt
oder mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird.
ü
ein Luftfahrzeug führt oder als anderes Besatzungsmitglied tätig wird, obwohl er infolge
des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder infolge
körperlicher oder geistiger Mängel in der Wahrnehmung seiner Aufgaben behindert ist,
wenn die Tat nicht in den §§ 315a und 316 des Strafgesetzbuches mit Strafe bedroht
ist.
ü
einer Vorschrift des § 3 der LuftVO über die Pflichten des Luftfahrzeugführers zuwiderhandelt.
ü
entgegen dem § 3a der LuftVO die Flugvorbereitung nicht oder nicht ordnungsgemäß
durchführt.
ü
als Halter, Führer oder anderes Besatzungsmitglied Störungen bei dem Betrieb eines
Luftfahrzeuges nicht, nicht rechtzeitig oder nicht ordnungsgemäß anzeigt.
ü
entgegen § 6 der LuftVO die Sicherheitshöhe unterschreitet oder Brücken oder ähnliche
Bauten, Freileitungen oder Antennen unterfliegt.
ü
entgegen § 7 der LuftVO Gegenstände oder sonstige Stoffe abwirft oder ablässt
ü
Kunstflüge ausführt.
ü
entgegen § 9 Schlepp- oder Reklameflüge durchführt.
ü
einer Vorschrift zur Vermeidung von Zusammenstößen zuwiderhandelt.
ü
eine Ausweichregel nicht befolgt.
ü
ohne Erlaubnis startet oder landet.
ü
eine Beobachtung über eine Gefahr für den Luftverkehr nicht, nicht unverzüglich oder
nicht ordnungsgemäß meldet.
ü
einer Vorschrift über Signale und Zeichen zuwiderhandelt.
ü
als Halter von Luftfahrtgerät oder Betriebsleiter das Luftfahrgerät nicht in einem solchen
Zustand erhält oder nicht so betreibt, dass kein anderer gefährdet, geschädigt oder
mehr als nach den Umständen unvermeidbar behindert oder belästigt wird, oder ein
Luftfahrtgerät betreibt, bei dem die Lufttüchtigkeit nicht oder nicht vollständig nachgewiesen ist.
ü
als Halter von Luftfahrtgerät oder Betriebsleiter das Luftfahrtgerät betreibt, ohne die in
der Lufttüchtigkeitsanweisung angeordneten Maßnahmen ordnungsgemäß durchgeführt
zu haben.
159
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
ü
als Halter von Luftfahrtgerät, Betriebsleiter oder Luftfahrzeugführer ein Luftsportgerät
ohne zugelassenes Rettungsgerät betreibt oder keinen geeigneten Kopfschutz trägt.
ü
als Halter von Luftfahrtgerät, Betriebsleiter oder Luftfahrzeugführer ein Luftsportgerät
nicht in Übereinstimmung mit dem im zugehörigen Flughandbuch oder in anderen
Betriebsanweisungen angegebenen Leistungsdaten oder festgelegten Betriebsgrenzen
betreibt.
ü
als Halter von Luftfahrtgerät, Betriebsleiter oder Luftfahrzeugführer ein Luftsportgerät
ein luftuntüchtiges oder für luftuntüchtig erklärtes Luftfahrtgerät in Betrieb nimmt.
160
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.6
4.6.1
Fluggelände
Genehmigung
Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen laut LuftVG (§ 6) nur mit
Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Die Genehmigung kann mit Auflagen
verbunden oder befristet werden.
Für Starts und Landungen außerhalb von Flugplätzen ist eine vereinfachte Erlaubnis nach § 25
des LuftVG erforderlich. Fast alle Gleitschirm- und Hängegleitergelände fallen unter den § 25;
nur wenige Gelände besitzen eine Genehmigung nach § 6.
4.6.2
Außenstart- und -landeerlaubnis
Nach LuftVG (§ 25) dürfen Luftfahrzeuge außerhalb der für sie genehmigten Flugplätzen nur
starten und landen, wenn der Grundstückseigentümer und sonst Berechtigte zugestimmt und
die Luftfahrtbehörde eine Erlaubnis erteilt hat. Für Starts und Landungen nicht motorbetriebenen Luftfahrtgeräten tritt an die Stelle der Erlaubnis der Luftfahrtbehörde die Erlaubnis
des Beauftragten, also des DHVs. Dieser hat die Zustimmung der Luftfahrtbehörde einzuholen,
wenn das Außenlandegelände weniger als 5 Kilometer von einem Flugplatz entfernt ist. Die
Erlaubnis kann allgemein oder im Einzelfall erteilt werden, mit Auflagen verbunden oder
befristet werden. Ferner hat der Beauftragte die Naturschutzbehörden zu beteiligen.
Dies gilt nicht, wenn der Ort der Landung infolge der Eigenschaften des Luftfahrtgeräts nicht
vorausbestimmbar ist oder die Landung aus Gründen der Sicherheit oder zu Hilfeleistung bei
einer Gefahr für Leib und Leben einer Person erforderlich ist. Das gleiche gilt für Wiederstart
nach einer solchen Landung mit Ausnahme des Wiederstarts nach einer Notlandung. – In
diesem Fall ist die Besatzung des Luftfahrzeugs verpflichtet, dem Berechtigten über Namen und
Wohnsitz des Halters, des Luftfahrzeugführers sowie des Versicheres Auskunft zu geben. Nach
Erteilung der Auskunft darf der Berechtigte den Abflug oder die Abbeförderung des Luftfahrzeugs nicht verhindern.
Der Berechtigte kann Einsatz des ihm durch den Start oder die Landung entstandenen
Schadens nach den sinngemäß anzuwendenen §§ 33 bis 43 des LuftVG beanspruchen.
4.6.3
Zuständige Stellen für die Erlaubnis
Außenlandungen von Hängegleitern und Gleitsegeln, die sich auf einem Überlandflug befinden,
bedürfen laut LuftVO (§ 16) keiner Erlaubnis. Starts und Landungen von Hängegleitern und
Gleitsegeln außerhalb genehmigter Flugplätze bedürfen der Erlaubnis des DHV. Die Erlaubnis
schließt Schleppstarts von Hängegleitern und Gleitsegel ein und kann mit Auflagen verbunden
werden. – Der DHV kann von dem Antragsteller den Nachweis der Zustimmung des Grundstückeigentümers oder der sonstigen Berechtigten verlagen. Der DHV hat die Naturschutzbehörden zu beteiligen.
161
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.7
Luftraum
4.7.1
ICAO-Luftraumklassifizierung
i
Hinweis!
ICAO steht für „International Civil Aviation Organisation“, zu deutsch Internationale Zivilluftfahrt Organisation.
Der gesamte Luftraum ist nach der international einheitlichen ICAO-Luftraumklassifizierung
unterteilt. Die ICAO schreibt ferner vor, dass alle Mitgliedsstaaten ihre Lufträume nach diesen
einheitlichen Regeln organisieren. Insgesamt gibt es sieben mögliche Luftraumklassen mit den
Kennbuchstaben A bis G, die mit dem ICAO-Code von Alpha bis Golf bezeichnet werden.
Die Lufträume A bis E sind kontrolliert, die Lufträume F und G unkontrolliert. Nachfolgende
Tabelle umreißt die relevanten Merkmale der einzelnen Klassen, die für Hängegleiter und Gleitschirme relevant sind:
A (Alpha)
Luftraum A ist in Deutschland nicht vorgesehen.
B (Bravo)
Luftraum B ist in Deutschland nicht vorgesehen.
C (Charly)
Luftraum C ist primär für den Instrumentenflug (IFR) vorgesehen. Sichtflüge
(VFR) sind in Ausnahmefällen mit einer besonderen Freigabe durch die Flugsicherung möglich.
Der Luftraum C beginnt in Flugfläche 100 (~ 3000 m NN) und reicht unbegrenzt
nach oben. Nur im Alpenraum beginnt der Luftraum C auf Flugfläche FL 130
(~ 3800 m NN).
Gleitschirme und Hängegleiter dürfen nicht in diesen Luftraum einfliegen!
D (Delta)
Luftraum D umfasst alle Kontrollzonen (CTR) und die Umgebung von Flughäfen. Instrumenten- und Sichtflüge sind zugelassen, benötigen aber eine Flugverkehrskontrollfreigabe.
Gleitschirme und Hängegleiter dürfen nicht in diesen Luftraum einfliegen!
E (Echo)
Luftraum E sind die Kontrollbezirke (CTA).
Der Luftraum E reicht von 1000 / 1700 / 2500 ft GND bis hinauf zu Luftraum C.
Gleitschirme und Hängegleiter dürfen nur begrenzt in diesen Luftraum einfliegen!
F (Foxtrott)
Luftraum F ist HX-Luftraum und zeitweise aktiv. Während der Aktivierung gelten
höhere Sichtmindestwerte. Es gelten Sonderregelungen.
Gleitschirme und Hängegleiter dürfen in diesem Luftraum fliegen.
G (Golf)
Luftraum G ist unkontrollierter Luftraum und somit dem Sichtflug (VFR) vorbehalten.
Der Luftraum G beginnt bei GND und reicht bis zum Luftraum E.
Gleitschirme und Hängegleiter dürfen in diesem Luftraum fliegen.
162
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Abb. 4.5: Luftraumklassifizierung nach ICAO (nur unterer Luftraum)
Zusätzlich zu den aufgeführten Lufträumen gibt es u. a.:
ü
Fluggeschränkungsgebiete (ED-R)
ü
Gefahrengebiete (ED-D)
ü
Kontrollbezirke (CTA)
ü
Kontrollzonen (CTR)
ü
Nahverkehrsbereiche (TMA)
ü
Gebiete mit Transponderpflicht (TMZ)
ü
Segelflugbeschränkungsgebiete
ü
Luftsperrbezirk (ED-P)
4.7.2
Luftraumgliederung
Der gesamte Luftraum unterteilt sich in den unteren und den oberen Luftraum. Der untere Luftraum erstreckt sich von der Erdoberfläche (GND) bis hin zur Flugfläche 245 (FL 245), d. h.
24500 ft NN. Oberhalb von FL 245 beginnt der obere Luftraum.
Aufgrund seiner Höhe ist der obere Luftraum für Gleitschirme und Hängegleiter unbedeutend,
weshalb die folgende Gliederung auf den unteren Luftraum beschränkt ist (Abb. 4.5).
Wesentlich ist hierbei, dass zwischen kontrolliertem und unkontrolliertem Luftraum unterschieden wird. Unkontrollierten Luftraum gibt es lediglich unterhalb von 2500 ft GND oder tiefer;
d. h., oberhalb von 2500 ft GND ist ausschließlich kontrollierter Luftraum. – In kontrolliertem und
unkontrolliertem Luftraum darf nur nach Sicht geflogen werden, wenn die Sichtflugregeln (VFR)
eingehalten werden (siehe Kapitel 4.5.10). In den kontrollierten Flugräumen hingegen sind die
Sichtmindestwerte höher, da in ihnen sowohl Sichtflug- (VFR) als auch Instrumtenflug (IFR)
mischen.
163
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Kontrolliert wird der Luftraum durch:
ü
Kontrollbezirke (CTA)
ü
Kontrollzonen (CTR)
ü
Nahverkehrsbereiche (TMA)
In Deutschland gibt es zurzeit fünf Kontrollbezirke (CTA): Berlin, Bremen, Düsseldorf,
Frankfurt/Main und München. Zweck dieser Bezirke ist die flüssige Bewegungslenkung des
IFR-Streckenflugverkehrs.
Zum Schutz des Start- und Landeverkehrs ist bei belebten Flugplätzen eine Kontrollzone (CTR)
eingerichtet, die bei eng benachbarten Flugplätzen ineinander übergehen können. Diese
Kontrollzonen gelten ohne zeitliche Einschränkung; bei vielen militärisch genutzen Flugplätzen
kann die Kontrollzone am Wochenenden und Feiertagen aufgehoben sein. Solche zeitlich
aktivierten Kontrollzonen werden mit „HX“ gekennzeichnet. In sie darf nur eingeflogen werden,
wenn sie nicht aktiviert sind; die Information darüber erfolgt per Funk.
Der Nahverkehrsbereich (TMA) dient dazu, den IFR-Verkehr vom Streckenflug auf den Landeanflug und vom Abflug auf den Streckenflug überzuleiten. Nahverkehrsbereiche haben unterschiedliche horizontale Ausdehnungen und können nach ihrer Obergrenze gestaffelt sein:
TMA-A reicht bis 1000 ft GND, TMA-B reicht bis 1700 ft GND. Ihre Untergrenzen folgen dabei
dem topographischen Verlauf der Erdoberfläche.
4.7.3
Flugbeschränkungs- und Sperrgebiete
In Europa gibt es mehrere Arten von Flugbeschränkungs- und Sperrgebieten:
ü
Flugbeschränkungsgebiete (ED-R)
ü
Gefahrengebiete (ED-D)
ü
Gebiete mit Transponderpflicht (TMZ)
ü
Segelflugbeschränkungsgebiete
ü
Luftsperrgebiet (ED-P)
Für Flugbeschränkungsgebiete (ED-R) gilt für die Dauer ihrer Wirksamkeit ein generelles
Durchflugverbot. In Einzelfällen kann die zuständige Flugsicherungsstelle ein Durchfluggenehmigung erteilen. Flugbeschränkungsgebiete sind vor allem in den Gebieten anzutreffen,
in denen der Luftverkehr vor militärischen Aktivitäten zu schützen ist. Ihre Abmessungen richten
sich nach den örtlichen Gegebenheiten.
Gefahrengebiete (ED-D) haben ebenfalls unterschiedlichste Abmessungen. Sie finden sich in
der Regel über Küstenschießplätzen. Ihre Wirksamkeit ist an Wochenenden und Feiertagen
meist aufgehoben. In Gefahrengebiete kann auf eigenes Risiko(!) eingeflogen werden.
Gebiete mit Transponderpflicht (TMZ) finden sich zurzeit in den Gebieten um Friedrichshafen
und Paderborn. In einem solchen Gebiet müssen alle Luftfahrzeuge einen Transponder mit
automatischer Höhenübermittlung ausgerüstet sein. Ausnahmen hiervon können von der
zuständigen Flugsicherungsstelle erteilt werden. – Solche Transponder sind sehr teuer und
daher in Hängegleiter- und Gleitschirmkreisen wenig verbreitet.
In Segelflugbeschränkungsgebieten ist der Betrieb von Segelflugzeugen, Gleitschirmen und
Hängegleitern untersagt, soweit nicht von der zuständigen Flugsicherungsstelle Ausnahmen
zugelassen sind. Diese Ausnahmen sehen in der Regel vor, dass Freigaben bei der Flugverkehrskontrollstelle einzuholen sind. Führer von Segelflugzeugen, Gleitschirmen und Hänge-
164
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
gleitern müssen auf vereinbarten Flugfunkfrequenzen während des Fluges durch ein Segelflugbeschränkungsgebiet ständig in Hörbereitschaft bleiben.
4.7.4
Militärisches Tiefflugsystem
Flüge mit militärischen Strahlflugzeugen erfolgen überwiegend nach Sicht und an Werktagen.
Sie sind nicht an feste Strecken und Höhen gebunden, wobei der gesamte Luftraum unterhalb
von 1500 ft GND genutzt wird. Dabei wird zwischen zwei Tieffluggebieten unterschieden, dem
1000-ft- und dem 250-ft-Tieffluggebieten.
Die Höhenangabe zeigt dabei die minimale Flughöhe der Militärmaschinen an, d. h. in einem
250-ft-Tieffluggebiet muss mit Militärmaschinen in einer Höhe zwischen 250 und 1500 ft
gerechnet werden. 250-ft-Tieffluggebiete sind in den Karten mit roten Punkten umrandet.
i
Hinweis!
4.7.5
Wenn mit Tiefflügen zu rechnen ist, sollten Flüge soweit möglich und zulässig,
oberhalb von 1500 ft durchgeführt werden. Bei Start und Landung sollte der
Bereich zwischen 250 und 1500 ft Höhe so schnell wie möglich durchflogen
werden.
ICAO-Karte
Die ICAO-Luftfahrtkarte wird jährlich von der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) im Maßstab 1:500.000 herausgegeben. Sie stellt einen Teilbereich des unteren Luftraums, von GND
bis FL 100, dar. In ihr werden sämtliche Luftraumklassen mitsamt deren Unterklassen eingetragen. Da die Gliederung des Luftraums ständigen Änderungen unterliegt, ist es für einen
Piloten Pflicht, sich immer nur anhand der neuesten Karten zu orientieren.
4.7.6
Luftgebietsverletzungen
Wer laut LuftVG (§ 62) als Führer eines Luftfahrzeugs den Anordnungen über Luftsperrgebiete
und Gebiete mit Flugbeschränkung zuwiderhandelt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften mit schwerer Strafe
bedroht ist. Wer die Tat fahrlässig begeht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder
mit Geldstrafe bis zu einhundertachtzig Tagessätzen bestraft.
Ordnungswidrig verhält sich ein Pilot laut LuftVO (§ 43), wenn er vorsätzlich oder fahrlässig
einen untersagten Flug in kontrolliertem Luftraum ausführt.
165
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.8
4.8.1
Haftung und Versicherung
Verschuldungs- und Gefährdungshaftung
Wer fahrlässig oder vorsätzlich einen Schaden verursacht, muss laut BGB (§ 823) dem
Geschädigten den Schaden zu ersetzen. Ersatzpflichtig ist hierbei immer der Schuldige, im Luftsport also immer der Pilot. Diese so genannte Verschuldungshaftung entfällt jedoch, wenn ein
Verschulden fehlt. Dies kann z. B. passieren, wenn der Pilot während des Fluges ohnmächtig
wird und dadurch einen Drittschaden verursacht.
In diesem Fall tritt die Gefährdungshaftung an Stelle der Verrschuldungshaftung. Sie sorgt
dafür, dass der Geschädigte einen zweiten Ersatzanspruch hat, wenn der Schaden nicht fahrlässig oder vorsätzlich entstanden ist. Die Gefährdungshaftung wurde besonders für den Kraftfahrzeug- und Luftverkehr geschaffen, weil von Kraft- und Luftfahrzeugen eine besondere
Gefahr ausgeht, der die bloße Verschuldungshaftung nicht gerecht wird.
Wird beim Betrieb eines Luftfahrzeugs durch Unfall jemand getötet, sein Körper oder seine
Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist laut LuftVG (§ 33) der Halter des Luftfahrzeugs dazu verpflichtet, den Schaden zu ersetzen. Wer Personen zu Luftfahrern ausbildet,
haftet diesen Personen gegenüber nur nach den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften.
Benutzt jemand das Luftfahrzeug ohne Wissen und Willen des Halters, so ist er an der Stelle
des Halters zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Wenn die Benutzung des Luftfahrzeugs
durch das Verschulden des Halters ermöglicht worden ist, so ist das Halter zum Ersatz des
Schadens weiterhin verpflichtet. Ebenso bleibt der Halter zum Ersatz des Schadens verpflichtet,
wenn der Benutzer vom Halter für den Betrieb des Luftfahrzeugs angestellt oder dem Benutzer
das Luftfahrzeug für den Betrieb überlassen worden ist.
4.8.2
Versicherungspflicht
Laut LuftVG (§ 43) ist jeder Halter eines Luftfahrzeugs dazu verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung abzuschließen.
Die zuständige Stelle kann sich dabei laut LuftVZO (§ 103) jederzeit den Versicherungsschein
vorlegen lassen und den Nachweis über die Zahlung des letzten Beitrags verlangen. Zusätzlich
muss als Versicherungsnachweis eine Bescheinigung mitgeführt werden, aus der Umfang und
Dauer des Versicherungsschutzes ersichtlich sind. – Wer diese Bescheinigung nicht mit sich
führt, handelt laut LuftVZO (§ 108) ordnungswidrig.
166
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
4.8.3
Flugsportrisiko und Versicherungen
i
Hinweis!
Auf unserem Internetauftritt (http://www.sky-team.de) haben wir im Bereich
„Service“ verschiedene Versicherungen auf ihre „Gleitschirmtauglichkeit“ hin
überprüft. Die Liste der empfohlenen Versicherungen halten wir für Dich stets
aktuell.
Unkalkulierbare Risiken
Wichtig ist vor allem die Absicherung von unkalkulierbaren Risiken. Dazu gehören z. B.
Haftungsrisiken, das Risiko eines Unfalls oder einer Berufsunfähigkeit. Niemand kann voraussagen, wie hoch solche Schäden wirklich werden.
Die Haftplichtversicherung ist ein Muss für jeden Gleitschirmpiloten! Zum einen darfst Du ohne
Haftpflichtversicherung nicht fliegen, zum anderen musst Du laut BGB (§ 823) für den Schaden,
den Du anderen zufügst in unbegrenzter Höhe aufkommen. Dazu zählen u. a. Schmerzensgeld,
Arztkosten und Rentenzahlungen. – Haftpflichtversicherungen, die das Flugsportrisiko mit einschließen, sind in der Regel sehr teuer. Eine günstige, gleichwertige Alternative ist eine
„normale“ Haftpflichtversicherung und einer zusätzlichen Flugsport-Versicherung, wie sie z. B.
der DHV anbietet.
Eine Unfallversicherung deckt die Kosten ab, die entstehen, wenn Du z. B. nach einem Unfall
auf einen Rollstuhl angewiesen bist. Die folgenden Kosten für den Umbau Deiner Wohnung,
Deines Autos etc. werden normalerweise von keiner anderen Versicherung erstattet. Schon
allein deshalb lohnt es sich, zusätzlich eine Unfallversicherung abzuschließen.
i
Hinweis!
Die gesetzliche Unfallversicherung gilt nur während der Arbeit bzw. auf dem
täglichen Weg zur Arbeit. Sie gilt nicht bei freizeitlichen Aktivitäten wie dem
Gleitschirmfliegen!
Die Berufsunfähigkeitversicherung ist eine absolut notwendige Versicherung im Flugsport. Wer
durch Krankheit oder durch einen Unfall seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, hat dadurch in
der Regel Einkommensverluste zu erwarten. – Die gesetzliche Rentenversicherung leistet oft
nur einen Bruchteil des bisherigen Einkommens; während der ersten fünf Jahre des Berufslebens besteht sogar überhaupt kein Anspruch auf Berufs- oder Erwerbsminderungsrente.
Selbstständige haben meist überhaupt keinen Anspruch auf Zahlungen der gesetzlichen
Rentenversicherung.
Kalkulierbare Risiken
Wenn Du oft außerhalb von Deutschland unterwegs ist, ist eine private Auslandskrankenversicherung sehr empfehlenswert. Auch im EU-Ausland reicht der normale Versicherungsschutz kaum aus, da bei einem etwaigen Rücktransport Kosten von mehreren Zehntausend
Euro keine Seltenheit sind.
An dieser Stelle springt auch die Deutsche Rettungsflugwacht (DRF) ein: Ab einem MindestFörderbeitrag von 9 Euro im Jahr über den DHV kann man den fliegenden Rettungsdienst
unterstützen und somit auch Leben retten. Wer als Fördermitglied die DRF unterstützt, kann im
Notfall auch ihren Dienst in Anspruch nehmen: Die DRF übernimmt für Dich bei Bedarf die
Notfallrettung, internationale Intensivtransporte, Betreuung im Ausland uvm.
Eine normale Lebensversicherung macht wenig Sinn, wenn man seine Familie nach einem
tödlichen Unfall gut versorgt haben will. In diesem Fall empfehlen wir Dir eine Risikolebensversicherung; diese macht vor allem dann Sinn, wenn Du z. B. ein Haus gebaut hast.
167
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 4 „Luftrecht“
Eine Rechtsschutzversicherung deckt die Kosten eines möglichen Gerichtsverfahrens ab. Geldstrafen, die bei einem Gerichtsverfahren ausgesprochen werden, deckt eine solche Versicherung aber nicht ab; Auch deckt eine solche Versicherung längst nicht für alle Streitigkeiten
die Kosten. Ferner gibt es für jeden Lebensbereich unterschiedliche Rechtsschutzversicherungen: Mietrechtsschutz für Mieter, Berufrechtsschutz für Selbstständige usw. Es ist
daher nicht einfach, eine Versicherung zu finden, die Flugunfälle mit abdeckt.
Eine Diebstahl- und Kaskoversicherung für Deinen Gleitschirm wird nur von sehr wenigen Versicherungen abgeboten. In der Regel sind Luftsportgeräte und deren Bauteile, nicht aber das
Zubehör wie Instrumente und Bekleidung versicherungsfähig. Im Schadenfall errechnet sich der
Auszahlungsbetrag aus dem gültigen Zeitwert abzüglich einem Selbstbehalt von 1/3.
Aufgrund der neuen Rentensituation empfiehlt sich eine private Altersvorsorge, die z. B. aus
einer Lebensversicherung oder aus einem Aktienfond bestehen kann. Wirst Du durch einen
Flugunfall arbeitsunfähig, so kannst Du durch diese Altersvorsorge die Dir gesetzlich
zustehende, aber sehr gering ausfallende „Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit“ um
einiges aufstocken. In Verbindung mit den Zahlungen aus der Unfallversicherung hast Du so ein
ausreichendes Polster.
Krankenversicherungen zahlen in der Regel nur die Genesungskosten nach einem Unfall.
Bleibst Du aber dennoch an einen Rollstuhl gebunden und besteht keine Aussicht auf weitere
Genesung, so stellt die Krankenversicherung ihre Zahlungen ein. Ferner kommt eine Krankenversicherung nur für die nötigsten Kosten auf; am Beispiel eines Rollstuhls bezahlt eine
Krankenversicherung in der Regel nur das Basismodell, für ein besseres Modell musst Du den
Differenzbetrag selbst tragen.
168
Sky-Team – Paragliding
Kapitel 5 „Buchtipps, Videos und Internet-Links“
5
Buchtipps, Videos und Internet-Links
Buchtipps
Dieses Skript ist keinesfalls vollständig. Daher empfehlen wir Dir zumindest eines der beiden
folgenden Bücher, die auf die Ausbildung im Aufbau- und Höhenflugkurs abgestimmt sind, zu
erwerben:
•
Janssen, Slezak, Tänzler: „Gleitschirmfliegen“: Nymphenburger (2003)
•
Jursa, Schmalzl: „Paragleiten“: Jursa-Consulting, 83646 Bad Tölz
Videos:
Buch hin, Buch her – es ist meist schwer, sich Geschriebenes bildlich vorzustellen. Daher hat
der DHV verschiedene Videos herausgebracht, die Du über unsere Flugschule bestellen
kannst. Eines dieser Videos ist besonders für den Aufbau- und Höhenflugkurs geeignet:
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„Starten, Steuern, Landen“: DHV
Internet-Links
Im Internet existieren zahllose Seiten, die sich mit dem Gleitschirmfliegen beschäftigen. Aus
diesem Grund stellen für Dich wichtige Seiten vor:
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http://www.sky-team.de
Der Internetauftritt unserer Gleitschirmschule mit vielen Informationen rund um unsere
Flugschule.
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http://www.dhv.de
Der Internetauftritt des DHV, der einen umfassenden Überblick über das Gleitschirmfliegen vermittelt. Hier findest Du stets Aktuelles rund um Technik, Sicherheit und vieles
mehr.
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http://www.gleitschirm-faq.de/Sicherheit/ErsteHilfe/
Diese Internetseite befasst sich sehr ausführlich mit den Erste-Hilfe-Leistungen bei
einem Flugunfall.
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http:/www.wetterzentrale.de
Der Internetauftritt der Wetterzentrale. Speziell für den Bereich Karlsruhe findest Du hier
Wettervorhersagen und Wetterkarten, nach denen Du Deine Flüge planen kannst.
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http://www.wolkenatlas.de
Der Internetauftritt von Bernhard Mühr. Hier findest Du einen umfassenen Wolkenatlas;
über 2000 Wolkenaufnahmen sind hier übersichtlich geordnet dargestellt.
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http://www.luftrecht-online.de
Auf dieser Seite findest Du sämtliche Regelwerke zum Thema Flugrecht.
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http://www.flug-wetter.at/anmeldung/
Auf dieser Seite findest Du Flugwetterberichte für ganz Österreich.
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http:/profi.wetteronline.de/
Auf dieser Seite findest Du alle wichtigen Wetterkarten, die Du zu Deiner Flugplanung
benötigst.
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Sky-Team – Paragliding
Kapitel 5 „Buchtipps, Videos und Internet-Links“
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http://wetterstationen.meteomedia.de
Auf dieser Seite findest Du sämtliche Wetterstationen in Mitteleuropa, den Großteil
davon in Deutschland.
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http://www.schwerelos.de
Das Flugportal rund um den Flugsport mit Gleitschirmen und Hängegleitern. Hier findest
Du ebenso wie bei den Seiten des DHV viele Informationen rund um unseren Sport.
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Sky-Team – Paragliding
Kapitel 6 „Impressum“
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Impressum
Sky-Team
Sky-Team – Paragliding
Michael Wagner
Schwarzwaldstr. 30
76593 Gernsbach
Tel.:
Fax:
0 72 24 / 99 33 - 65
0 72 24 / 99 33 - 26
[email protected]
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