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Seefunk und Funkgeräte
Seefunk auf den deutschen Handelsschiffen 1918 – 1939
Autor: Dr. Harald Pinl
Nach einer mehrjährigen Pause wird die Ausrüstung der wachsenden deutschen Handelsflotte mit Seefunkgeräten nach
dem Ersten Weltkrieg zunehmend moderner. Mit einer neuen Gerätegeneration, die in den Folgejahren stetig weiter entwickelt wird, erreicht und behält die Funktechnik den Stand der Zeit.
Der Seefunk hatte bis zum Ende des Ersten Weltkriegs mehrere Funktionen übernommen: Als Not- und Rettungsruf, als
Kommunikationsmittel zwischen dem Reeder an Land und der Schiffsführung auf See und als täglicher Funkpressedienst.
Die Entwicklung des Bordfunks wurde als tonlose Telegraphie (A1), tönende Telegraphie (A 2) oder Telephonie (A 3) nicht
nur durch den technischen Fortschritt bestimmt. Auch internationale Abkommen, wie solche von Funk- und Schiffssicherheitskonferenzen, die nationale Betriebsorganisation und der Bau von Großanlagen an Land beeinflussten die Geräteauslegung an Bord.
Schreib-Empfangsanlage an Bord eines deutschen Handelsschiffes, 1906. Tonfunkstelle des Schnelldampfers VATERLAND,
1914. Fotos: DEBEG / Archiv DSM
Anfang des 20. Jahrhunderts verfügten bereits zahlreiche Handelsschiffe über Funkanlagen für Telegraphie im Langwellenbereich und nach der Marconi-Station auf Borkum wurde 1906 die Großfunkstelle Nauen (Potsdam) als erste deutsche
Seefunkstelle in Betrieb genommen. Für den Betrieb der Bordstationen deutscher Handelsschiffe war 1911 die
"Deutsche Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegraphie" (DEBEG) gegründet worden. Mit der Auslieferung der Handelsschiffe an die Siegermächte gingen auch die meisten Bordfunkstationen verloren und es blieben Ende 1918 nur noch 132
DEBEG-Stationen übrig. Doch stand der deutschen Schifffahrt mit der DEBEG weiterhin eine einheitliche Betriebsform für
verschiedene technische Systeme zur Verfügung. Allerdings ließ die DEBEG mit wenigen Ausnahmen, wie z.B. 1939 dem
Allwellenempfänger H2L/7 von Philips, nur Empfänger, Sender und Peiler der beiden konkurrierenden deutschen Firmen
Lorenz und Telefunken zu.
Bereits 1912 wurden an Bord deutscher Schiffe die ersten Funkanlagen mit Röhrensendern ausprobiert, doch erst ab 1920
werden deutsche Handelsschiffe allgemein mit Funkgeräten ausgerüstet. Damit wurden die Reedereien in die Lage versetzt, Schiff und Ladung auch noch nach dem Auslaufen zu dirigieren, Routen und Anlaufhäfen zu verändern und die Ankunftszeit genauer als bisher anzukündigen.
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An Bord installierter Schiffsröhrensender CP 1, Elektronenröhre (1913).
Fotos: DEBEG und Deutsches Museum, München / Archiv DSM
Mit der Verwendung von Elektronenröhren kam der Durchbruch, da mit ihnen Ströme gleichgerichtet, verstärkt und
Schwingungen erzeugt werden konnten. 1921 wurden noch Langwellen-Empfänger in Audion-Schalttechnik, d. h. mit
einer nichtverstärkenden Triode aus Vakuumröhre und Heizfaden und nachgeschalteten Verstärkerröhren gebaut (Telefunken E 266). Von hier spannte sich der Bogen bis zu den Allwellenempfängern von Telefunken und Lorenz Ende der
30er Jahre, dem "Ozean-Super", einem Überlagerungsempfänger (Superhet) mit bis zu acht Röhren. 1929 hatten die
Bordempfänger eine hohe Trennschärfe und Robustheit erreicht und konnten auch mit Batterien betrieben werden. Bei
den Sendern ging die Entwicklung vom 75 Watt starken Langwellensender mit einer einzigen Röhre (1921, Telefunken AR
93) über den für größere Schiffe wie CAP POLONIO, CAP ARCONA oder die NEW YORK neu entwickelten 1 kW- "CAP-POLONIOSender" (1927, Telefunken CP 1) bis zum zweistufigen 3 kW starken Sender des Fahrgastschiffes ORINOCO (1929, Telefunken S 290 S) oder den ebenfalls 3 kW starken Sender des Schnelldampfers BREMEN (1929, S 300).
In der Radiostation des Schnelldampfers BREMEN, 1929. Fotos: Hanns Tschira / Archiv DSM
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Ab 1921 fand auch die drahtlose Telephonie auf deutschen Fahrzeugen zunehmend Eingang. Die viel kürzer als die Telegraphie reichende Funktelephonie (A 3) wurde zur Hauptausrüstung kleinerer Frachtschiffe. 1923 wurde der Sprechverkehr international geregelt und die Frequenz 1650 kHz als Not- und Anruffrequenz gewählt, die bis Ende der 40er Jahre
ihre Gültigkeit hatte.
Sprechzelle des Passagier-Turbinenschiffes New York, 1927.
Foto: DEBEG / Archiv DSM
Bei den Notsendern ging die technische Entwicklung nicht so rasch voran. Nachdem man sich 1912 auf der dritten Funkkonferenz in London auf die 500 kHz Seenotfrequenz im Telegraphiebereich – und schon vorher auf das in Deutschland
kreierte Signal SOS als internationales Notrufzeichen – geeinigt hatte, zählten die damals entwickelten Löschfunkensender
zur Standardausrüstung der deutschen Handelsschiffe und es bestand kein Anlass zur Beschaffung neuer Geräte. Im Gegenteil: Die Notrufe dieser Sender fielen gegenüber röhrenbestückten Sendermodellen durch ihren deutlichen, impulsartigen Löschfunken stärker auf und erhöhten so die Wahrscheinlichkeit, vernommen zu werden. Erst ab 1930 setzte sich auf
deutschen Handelsschiffen ein neuer, 200 W starker Langwellen-Notsender für telegraphischen und tönenden Tastfunk
durch (Telefunken S 307 S). Jetzt waren auch "Autoalarmempfänger" zugelassen, die das Funkpersonal erheblich entlasteten. Ab 1936 folgte ein Notsendermodell (S 356 S), das auch aus einer 24 V-Batterie gespeist werden konnte.
Rettungsbootfunkstelle, 1927. Foto: DEBEG / Archiv DSM
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Für den Sprechverkehr in Flussmündungen wurde auf den Grenzwellenbereich übergegangen (1929, Lorenz SR 02 729)
und danach zunehmend auch der Kurzwellenbereich genutzt. 1932 erielt der Schnelldampfer BREMEN von Telefunken
eine Langstrecken-Telephoniestation mit einem 1 kW-Kurzwellensender, einem Großempfänger und einer ausfahrbaren
Kurbelantenne. Lorenz lieferte 1936 für Fahrgastschiffe einen dreistufigen 150 kW-Kurzwellensender (SK 12305), der
besonders für den Betrieb in den Tropen tauglich war.
1 kW-Kurzwellen-Telefonie-Anlage des Schnelldampfers Bremen, 1929
Foto: DEBEG / Archiv DSM
Seit 1925 standen an Bord Peilempfänger zur Verfügung, um im Langwellenbereich die Richtung zu Funkfeuern und
Peilsendern an Land, auf Leuchttürmen oder Feuerschiffen bestimmen zu können. Für die Funknavigation fanden neben
Peilempfangsanlagen mit freitragenden Peilrahmen auf kleineren Fahrzeugen auch einfache "Richtungssucher" Verwendung. Bei diesen Peilempfängern dienten die Seitenwände des Gehäuses als Peilrahmen und das Empfangsgerät wurde in
der Kajüte als Ganzes auf einer Gradskala gedreht.
Bei der funktechnischen Entwicklung lässt sich so die Zeit zwischen den Weltkriegen in etwa in folgende Phasen einteilen:
1918 – 1925
Nachkriegszeit: Quantitativer Einbruch, aber qualitative Fortentwicklung der
Röhrengeräte, sowohl in der Leistung als auch im Frequenzbereich.
1927 – 1932
Neue Gerätegeneration, den Grenz- und Kurzwellenbereich einschließend.
1933 – 1939
Stetige Weiterentwicklung aller Funkgeräte, auch für erhöhte Ansprüche.
Schrifttum
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Schiffahrt. In: Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft 23 (1922), S. 109 ff.
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Internet-Links:
www.seefunknetz.de
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