Im Salzkammergut

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Im Salzkammergut
EQUIPMENT Besuch bei Komperdell
Im Salzkammergut,
Komperdell – so heissen die Golfclubs made in Austria. Berühmt geworden
ist die Firma von Erich und Thomas Roiser in Burgau am Mondsee
mit Stöcken für den alpinen und den nordischen Skisport.
Von Hannes Huggel
I
n der Schweiz kennt man den
Namen Komperdell in Verbindung
mit Skistars wie Carlo Janka,
Daniel Albrecht und Nadia Styger: Für
diese Cracks unter anderen produziert
die österreichische Hardwarefirma die
Skiststöcke. Gründer und Präsident des
Unternehmens im Salzkammergut ist
Erich Roiser (71). Er hatte seine Geschäftstätigkeit 1968 begonnen – mit
Neopren-Anzügen, aus Leidenschaft für
den Wassersport. 1983 kaufte er die Firma Komperdell und damit die Skistöcke
dazu und verlegte die Produktionsstätte
von Wien an den Mondsee.
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Innovationen bei Puttern
Wie aber kam Erich Roiser auf die Idee,
auch Golfschläger herzustellen? «Der
wunderschöne Golfclub Mondsee ist 1987
direkt vor unserer Haustüre gegründet
worden», sagt der Fabrikant. Klar, da lag
es im wahrsten Sinne des Wortes nahe, an
die Produktion von Golfclubs zu denken.
Roiser: «Ich selbst spiele seit 37 Jahren
Golf, anfänglich allerdings – berufsbedingt – nur sporadisch.» Inzwischen
gönnt sich der Handicap-11-Spieler, auch
das berufsbedingt, ab und zu eine Runde.
Die Gründung von Komperdell Golf sei
auf zwei Gründe zurückzuführen, sagt der
Chef: «Einerseits ist da meine persönliche
Leidenschaft für diesen Sport, andererseits können wir als Stockfabrik auch Synergien nutzen. Man denke nur an den
Bereich der Schäfte. Als Hersteller von
hochwertigen Carbonstöcken mit wirklich grossem Umsatz ist es uns möglich,
Schäfte zu entwickeln und herzustellen,
zu denen ein anderer Newcomer gar
keinen Zugang hätte.»
Roiser ist stolz auf die Entwicklung
seiner Clubs. «Wir verstehen uns als Innovationsschmiede vor allem im Bereich der
Puttertechnologie», hält er denn auch fest.
Zu den ersten grossen Erfindungen ge-
Besuch bei Komperdell EQUIPMENT
hörten anfangs der 1990er Jahre die SoftTouch-Inserts bei den Puttern (Shore-Härte 90, von R & A St Andrews genehmigt).
Zuvor gab es grundsätzlich nur harte
Schlagflächen.
Erfolg auch dank jungem Team
Zu den ganz wichtigen Neuerungen des
Hauses Komperdell zählt auch das patentierte Fishscale-Design. Die Schuppentechnologie hat der Schweizer Urs Meyer
entwickelt, der Erfinder des ersten Schuppenskis. Komperdell hat Meyer dieses Patent vor gut sieben Jahren abgekauft und
unter seinem Namen weltweit patentieren
lassen.
Zum Komperdellschen Entwicklerteam im Golfbereich gehören Persönlichkeiten wie der Puttguru Geoff Magnum
aus den USA, der Golfbuchautor Ken Holden und der Sportpsychologe Bernard
Payet, beide aus Grossbritannien, sowie
der renommierte deutsche Augenarzt
Klaus Lindner. Roiser sagt: «Bewährt hat
sich auch unsere Firmenpolitik, Mitarbeiter in den führenden Clubmaker-Schools
in England ausbilden zu lassen.»
Die Entwicklungsabteilung wird von
modernster Computertechnologie unterstützt und erarbeitet ständig neue Materialien und Designs. Einen Teil des Erfolges schreibt Roiser dem Team aus jungen,
ambitionierten Mitarbeitenden zu. Diese
haben auch die hauseigenen SchlägerTestvorrichtungen und den Putting-Roboter entworfen und konstruiert.
«Made in Austria» – das gilt für
Komperdell fast zu
100 Prozent. Carts,
Clubs und Accessoires werden in
Österreich designt und
entwickelt.
CLUBHAUS ODER
FABRIK Wer Komperdell zum ersten
Mal von aussen
sieht, denkt kaum
an die Produktion
von Golfschlägern.
EIGENENTWICKLUNG
Der Putt-Roboter mit
seinen High-SpeedKameras wurde hausintern entwickelt.
Nach Fernost gibt die Firma nur einzelne
Bestandteile von Schläger und Zubehör
zur Fertigung. Der Unternehmer begründet: «Es wäre zu teuer, hier zu Lande einen
Driver oder Hölzer zu produzieren. Es gibt
meines Wissens auch weder einen europäischen noch einen amerikanischen
Hersteller, der das macht. Alle müssen
nach Fernost ausweichen.» Zusammengesetzt werden die Clubs hingegen ausschliesslich am Mondsee. Komperdell
produziert im Jahr rund 8000 Putter,
10 000 Driver und Hölzer sowie 1000 Eisensets.
Fotos: Camaro/Komperdell
da kammer gut …
>>
EQUIPMENT Besuch bei Komperdell
ZUM DOPPELTEN ROISER
ALTE FREUNDE Die letztes Jahr verstorbene
Skilegende Toni Sailer fuhr mit KomperdellSkistöcken und spielte mit KomperdellSchlägern Golf (hier mit Erich Roiser).
Wer sich in der Schweiz nach Golfschlägern von Komperdell umschaut,
wird nicht auf Anhieb fündig – obwohl die
Marke gemäss Firmenangaben von rund
70 Händlern vertrieben wird. Ein Klick
ins Web, auf www.komperdell-golf.com,
macht die Suche dann allerdings leicht.
«Unsere Stärke sind vor allem Schläger
nach Mass», sagt Erich Roiser. «Leider
nützen das die Schweizer Shops zu wenig,
da sie in erster Linie Produkte verkaufen
müssen, die sie bereits im Regal haben.»
Verständlich, dass Roiser da ein Umdenken bei Pros und Shops fordert. Seine
Argumentation: «Jeder Golfer, jede Golferin ist individuell – sei es punkto Grösse,
Schwungdynamik oder Alter. Mit unserem
Custom-Fitting hat jeder die Möglichkeit,
genau den richtigen Schläger für sich zu
finden.»
Für die Feinjustierung empfiehlt es sich,
einen Pro zuzuziehen. Unternehmer Roiser
sagt selbstbewusst: «Wir sind der einzige
europäische Hersteller, der innerhalb von
72 Stunden einen gefitteten Schläger anbietet, Versandzeit ausgenommen.»
Neu von sich reden macht Komperdell
mit Elektrofahrzeugen, exklusiv designten
Golf-Carts und seit diesem Jahr mit dem
«Green Monster». Die Lesenden des deutschen «GolfMagazin» haben diesen Solar
Cart zum innovativsten Golfprodukt der
Gegenwart bestimmt. Das Green Monster
ist so etwas wie ein elektrobetriebenes
Motorrad für den Golfplatz. Es wiegt
knapp 200 Kilo, fährt maximal 20 Stundenkilometer, hat extrem dicke Reifen und
ein viel geringeres Abrollgewicht als ein
Erich (71) und sein Sohn Thomas Roiser (39) sind die Köpfe des Unternehmens Komperdell. Erich Roiser gründete 1958 die Firma Camaro, die
Anzüge und Zubehör für den Wassersport produzierte. 1983, nach dem
Umzug nach St. Lorenz beim Mondsee,
übernahm er die Firma Komperdell,
um mit der Skistockproduktion den saisonalen Schwankungen entgegenzuwirken. 1992 kam die Sparte Golf dazu.
Seit 1999 ist Thomas Roiser Geschäftsführer der Firma, Erich Roiser
deren Präsident. 2002 haben die beiden Roisers das Werk um gut 3000
Quadratmeter erweitert und 2008 in
Burgau am Mondsee ein neues Logistikzentrum mit knapp 5000 Quadratmetern Nutzfläche bauen lassen.
herkömmlicher, mit zwei Personen besetzter E-Cart. Das Golfbike ist mit Pedalen zum Treten ausgestattet und eignet
sich für Golfende, die auffallen und ein
Easy-Rider-Feeling auf dem Fairway
erleben möchten.
Custom-Fitting ist bei Komperdell ein
grosses Thema. Wie aber funktioniert dies,
wenn ich als Schweizer Golfer nicht an den
Mondsee reisen kann oder will? «Kein Problem», sagt Erich Roiser. «Unsere Kunden
haben die Möglichkeit, mit Hilfe des kostenlosen Custom-Fitting-Rechners auf
unserer Homepage zu einem Schläger nach
Mass zu kommen.» Und so funktionierts:
Erstens muss die Schlägerlänge angegeben, zweitens der Schaft gewählt werden.
Drittens gehts um die Wahl des gewünschten Griffs und viertens um die Feinjustierung von Loft, Lie und Schwunggewicht.
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SAUBERE ARBEIT Auch in der Produktion taucht der Seniorchef heute noch regelmässig auf.
Fotos: Camaro/Komperdell
Der 72-Stunden-Service