Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre

Transcription

Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Guido Kickelbick
Institut für Materialchemie
Technische Universität Wien
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
1. Einleitung
Viele chemische Reaktionen müssen vor Umgebungseinflüssen geschützt
werden, da die Edukte, Zwischenprodukte oder Produkte empfindlich auf Luft
und/oder Feuchtigkeit reagieren. Deshalb haben experimentell arbeitende
Chemiker Methoden entwickelt, um Reaktionen von diesen Umwelteinflüssen
getrennt durchführen zu können. Im Wesentlichen verwendet man dafür so
genannte Inertgastechniken, die es ermöglichen unter einem unreaktiven
Schutzgas die chemische Reaktion durchzuführen. Als Inertgase bieten sich an:
• Stickstoff (Dichte: 1,25 kg/m3 bei 101 kPa und 0°C) oder
• Argon (Dichte: 1,78 kg/m3 bei 101 kPa und 0°C)
Stickstoff hat dabei den Vorteil, dass er kostengünstiger als Argon ist. Er
besitzt allerdings den Nachteil, dass er im Gegensatz zu Argon eine ähnliche
Dichte wie Luft (1,293 kg/m bei 101 kPa und 0°C) besitzt. Argon hingegen
hat eine höhere Dichte, was dazu führt, dass es sich immer am Boden von
Gefäßen ansammelt und damit mögliche Produkte luftdicht abschließt, selbst
wenn ein Kolben geöffnet wird. Durch seine höhere Dichte kann es sogar von
einem Behälter in einen anderen umgeschüttet werden. Im Praktikum wird aus
Kostengründen jedoch Stickstoff als Inertgas eingesetzt.
Um eine chemische Reaktionen im Laboratorium unter Inertgas durchzuführen
gibt es im Wesentlichen zwei Techniken, die zur Anwendung kommen:
• Schlenk-Technik
• Glovebox (oder Handschuhkastenbox)-Technik
Im Praktikum verwenden wir eine vereinfachte Schlenk-Technik, weil sie
apparativ weniger aufwendig ist. Eine Handschuhkastenbox erfordert hohe
Investitionen (>50.000 €) und für den Unterhalt dieser Systeme fallen ebenfalls
nicht unbeträchtliche laufende Kosten an. In den Forschungslaboratorien wird
die
Glovebox-Technik
hauptsächlich
bei
extrem
luft-
und
feuchtigkeitsempfindlichen Reaktionen bzw. bei Prozessen, die nicht in einer
gewöhnlichen Schlenk-Apparatur durchgeführt werden können, eingesetzt.
1
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
2. Gloveboxtechnik
Im Rahmen dieser Einführung soll der Vollständigkeit halber der Aufbau und die
Handhabung einer Glovebox kurz erläutert werden (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Aufbau einer Glovebox
Eine Glovebox ist ein abgeschlossener Raum, der in der einfachsten Ausführung
etwa 1 m3 groß und mit einem Inertgas (Stickstoff oder Argon) geflutet ist.
Meist besteht die Glovebox aus Edelstahl und ist von vorne durch eine
transparente
Plastikscheibe
einsehbar.
An
der
Vorderseite
sind
zwei
Handschuhe auf O-Ringen angebracht. Durch Einführen der Arme in die
Handschuhe bzw. in den Innenbereich können Gegenstände im Inneren der
Glovebox manipuliert werden. Das Ein- und Ausbringen von Chemikalien und
Geräten (z.B. Glasgeräten) erfolgt durch eine Schleuse an der Seite der Box.
Da die Glovebox unter einer Inertgasatmosphäre steht, müssen sämtliche
2
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Geräte oder Chemikalien, die in die Box überführt werden sollen, eine Schleuse
passieren.
Der
Raum
in
dieser
Schleuse
wird
mit
Hilfe
einer
Drehschieberpumpe evakuiert und mit Inertgas geflutet. Durch mehrmaliges
Wiederholen des Vorgangs wird die Einbringung von Feuchtigkeit bzw.
Sauerstoff in den Innenraum der Glovebox auf ein Minimum reduziert. Der
Gehalt an Wasser und Sauerstoff in der Box wird jederzeit durch Sensoren
überprüft. Während des Einbringens von Gegenständen durch die Schleuse
können dennoch geringe Mengen an Luft und Feuchtigkeit in die Box gelangen.
Daher ist in einer Glovebox eine Gasreinigung integriert, die die gesamte
Atmosphäre in der Box durch Umwälzen reinigt. Das Gasreinigungssystem
enthält in der Regel zwei Reinigungsstufen. Ein so genannter BTS-Katalysator
nutzt Kupfer(I)-Verbindungen, die mit O2
unter Bildung von Kupfer(II)oxid
reagieren und somit den Restsauerstoff aus der Atmosphäre beseitigen.
Zusätzlich erfolgt die Entfernung von Wasser durch ein Molekularsieb mit einer
Porengröße von ca. 400 pm, das kleine Moleküle mit hoher Affinität bindet.
Der Gehalt an Sauerstoff und Wasser in einer gut gewarteten Glovebox beträgt
jeweils unter 1 ppm.
Das Umwälzsystem muss regelmäßig regeneriert werden. Die Regeneration
des Katalysators erfolgt durch Spülen und Heizen mit H2 (aus Formiergas:
Mischung
aus
Molekularsiebs
Stickstoff
geschieht
und
durch
Wasserstoff).
Erhitzen.
Das
Die
in
Regeneration
beiden
des
Reaktionen
entstehende Wasser wird anschließend aus dem System entfernt.
3. Schlenk-Technik
Im Praktikum arbeiten wir unter Verwendung einer vereinfachten SchlenkTechnik. Diese geht zurück auf den deutschen Chemiker Wilhelm Schlenk
(1879-1943), der unter anderem das Schlenk-Gleichgewicht von GrignardVerbindungen entdeckt hat.
Die Technik basiert auf der Verwendung von Glaskolben, die neben dem
herkömmlichen Schliff einen weiteren Anschluss mit Hahn und Olive besitzen.
An diesem Anschluss kann über einen Schlauch der Kolben durch Anlegen
3
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
eines Vakuums entlüftet oder mit Inertgas befüllt werden. Der Kolben kann
auch jederzeit geöffnet und mit Substanzen beschickt werden, solange
gleichzeitig aus dem Schlauch durch Anlegen eines Inertgasüberdrucks ein
Inertgasstrom über den Schlauch, durch den Kolben bzw. den Glaskern nach
außen strömt (Gegenstromtechnik).
Abbildung 2: Schlenkkolben. Links: herkömmlicher Rundkolben mit Hahn;
rechts: Kolben der hauptsächlich beim Arbeiten unter Argonatmosphäre
verwendet wird. Durch die längliche Form wird sichergestellt, dass die
Substanz am Boden immer mit Argon bedeckt ist (aufgrund der höheren Dichte
als Luft).
In der Regel erfolgt die Entgasung (Evakuierung) und das Befüllen mit Inertgas
über eine so genannte Vakuumlinie (Abbildung 3), die auch - wegen ihrer
vergleichbaren Form - als Schlenk-Rechen bezeichnet wird. Diese Glasapparatur
vereinfacht das Arbeiten mit der Schlenk-Technik erheblich.
Der Schlenk-Rechen ist eine Glasapparatur, die aus zwei einzelnen Rohren
besteht, von denen das eine mit der Inertgasversorgung, das andere mit der
Vakuumpumpe verbunden ist. Beide Rohre sind über Doppelhähne miteinander
verbrückt. Jeder der Doppelhähne besitzt eine Olive zum Anschluss eines
4
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Schlauchs.
Der
Doppelhahn
ermöglicht
den
Schlauch
und
damit
die
angeschlossene Apparatur, mit einer einfachen Drehung um 180° entweder
mit Inertgas zu versorgen oder zu evakuieren ohne den Schlauch von der Olive
nehmen zu müssen. Damit wird gewährleistet, dass kein Sauerstoff bzw. keine
Feuchtigkeit in die Apparatur eindringt.
Abbildung 3: Funktionsweise eines Schlenk-Rechens
Da Schlenkkolben sehr teuer sind und aus Erfahrung sehr leicht zu Bruch
gehen, verwenden wir im Praktikum vereinfachte Systeme. Sie bestehen aus
einem herkömmlichen Rundkolben und einem so genannten Inertgasaufsatz
(Abbildung 4). Dieser besteht einfach aus zwei Schliffen und einem Hahn mit
Olive. Der Inertgasaufsatz wird einfach auf den Rundkolben aufgesetzt und
ermöglicht dadurch die gleichen Operationen, die mit einem herkömmlichen
Schlenkkolben möglich sind.
5
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Abbildung 4: Behelfsmäßiges Schlenkgefäß unter Verwendung des
Inertgasaufsatzes
4. Stickstoffversorgung
Die Stickstoffversorgung im Praktikum erfolgt zentral über eine Batterie von
Gasflaschen. Die Bedienung der Armaturen an den Gasflaschen obliegt nur den
Saalassistenten. Bei Problemen mit der Stickstoffversorgung am Platz setzen
Sie sich bitte mit den Assistenten in Verbindung.
In jedem Abzug ist mindestens ein Stickstoffanschluss vorhanden, der von der
Vorderseite des Abzuges bedient werden kann. Dieser muss mit der
Vakuumlinie verbunden werden. Die Regulierung des Stickstoffstroms erfolgt
über zwei Drehregler. Mit dem kleineren Regler können Sie die Stickstoffzufuhr
an und abschalten. Diesen Regler bitte NIE bis zum vollen Anschlag drehen‼!
Durch zu starke Krafteinwirkung kann das enthaltene Nadelventil beschädigt
werden. Der größere Regler dient der Feinjustage des Stickstoffstroms.
Zwischen der Vakuumlinie und dem Stickstoffanschluss sind eine Flussanzeige
und ein Überdruckventil installiert um zu verhindern, dass zu viel Druck auf die
Vakuumlinie und damit auf ihre Apparatur gelangt. Sollten alle Hähne an der
Vakuumlinie geschlossen und die Stickstoffzufuhr geöffnet sein, entweicht
6
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
dauernd ungenutzt Stickstoff. Schließen Sie daher die Stickstoffzufuhr wenn Sie
keinen Stickstoff mehr benötigen.
5. Pumpenstand
Die Vakuumlinie wird im Praktikum durch einen fahrbaren Pumpenstand mit
einer Drehschieberpumpe verbunden. Drehschieberpumpen haben im Vergleich
zu den sonst im Praktikum verwendeten Membranpumpen den Vorteil einer
langen Lebensdauer, geringerer Wartungskosten - bei pfleglicher Behandlung –
und eines besseren Vakuums (bis ca. 10-3 mbar). Der Rotor in einer
Drehschieberpumpe badet in einem Ölsee, daher werden die Pumpen auch
häufig als Ölpumpen bezeichnet. Das Öl könnte durch korrosive Stoffe oder
Lösungsmittel beim Ansaugen verunreinigt werden, was zu einem schnelleren
Verschleiß der Pumpe führt. Daher werden alle flüchtigen Stoffe im Gasstrom
unter Verwendung von Kühlfallen ausgefroren. Als Kühlmittel für die Kühlfallen
dient flüssiger Stickstoff.
Die Pumpen im Praktikum stehen auf Rollwägen, dem so genannten
Pumpenstand, und können daher zur entsprechenden Vakuumlinie gefahren
werden. Bitte machen Sie sich mit der Gebrauchsanweisung für die jeweilige
Pumpe vor dem Anschalten vertraut.
Im Prinzip kann folgende Reihenfolge bei der Inbetriebnahme eines Pumpenstandes an einer Vakuumlinie eingehalten werden (Abbildung 5):
1. Alle Hähne an Vakuumlinie und Pumpenstand schließen
2. Pumpenstand durch Vakuumschlauch mit Vakuumlinie verbinden
3. Netzstecker der Pumpe anschließen, Pumpe auf Gasballast einstellen und
anschalten. Die Pumpe sollte mindestens 5 Minuten auf Gasballast
warmlaufen (Abbildung 6).
4. Schliffe an Kühlfallen fetten und diese mit Schliffklemme an Glasapparatur
befestigen
5. Dewars halb mit flüssigem Stickstoff füllen, vorsichtig auf Kühlfallen schieben
und anschließend mit Halteplatte sichern. Die Kühlfalle sollte dabei nicht bis
7
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
6.
7.
8.
9.
ganz an den Boden des Dewars anstoßen, sondern es sollten noch 1-2 cm
Spiel sein.
Dewars bis ca. 2 cm unter Rand vorsichtig mit flüssigem Stickstoff füllen.
Dichten Sie die Dewars nach oben hin mit Aluminiumfolie ab, damit nicht so
viel Stickstoff verdampft.
Gasballast an Pumpe schließen
Hahn 1 vorsichtig öffnen. Beobachten Sie ob Luft ins System gesaugt wird.
Dies hören Sie daran, dass die Pumpe konstant laut klingt (ähnlich wie beim
Gasballast). Sollte dies der Fall sein nochmal Kühlfallen abnehmen und die
Schliffe besser fetten.
Hahn 3 zur Vakuumlinie öffnen.
Während des Betriebs des Pumpenstands muss laufend überprüft werden, ob
noch genügend flüssiger Stickstoff in den Dewars vorhanden ist und bei Bedarf
muss dieser nachgefüllt werden.
Beim Abschalten der Pumpe gehen Sie in umgekehrter Reihenfolge vor. Vor
dem Abnehmen der Kühlfallen schalten Sie allerdings zunächst die Pumpe aus.
Dann belüften Sie die Apparatur über Hahn 2.
Sicherheitswarnung:
Bitte bedenken Sie, dass flüssiger Stickstoff eine Temperatur von -196 °C
besitzt. Damit besteht die Gefahr, dass bei längerer Berührung mit der Haut
Erfrierungen hervorgerufen werden. Das Gas wirkt in hoher Konzentration ohne
bemerkbare Vorzeichen erstickend. Da der Siedepunkt von flüssigem Stickstoff
unter dem von flüssigem Sauerstoff (-183 °C) liegt, kann es zu einer
Verflüssigung von Sauerstoff aus er Luft speziell in den Kühlfallen kommen,
wenn die Apparatur nicht gut abgedichtet (gefettet) wurde bzw. ein Hahn
länger offen stand und Luft in die Apparatur eingezogen wurde. Die
Sauerstoffabscheidung ist an der bläulichen Farbe der kondensierten Flüssigkeit
in der Kühlfalle zu erkennen. Flüssiger Sauerstoff kann mit ebenfalls
einkondensierten Lösungsmitteln ein hochexplosives Gemisch bilden. Sollte sich
flüssiger Sauerstoff abgeschieden haben, sind sofort folgende Maßnahmen zu
treffen:
8
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
1.
2.
3.
4.
5.
Assistent informieren
Hähne 1 und 3 am Pumpenstand schließen
Pumpe ausschalten
Hahn 2 öffnen
Dewars entfernen und warten bis der gesamte Sauerstoff wieder verdampft
ist. Es ist dabei unbedingt darauf zu achten, dass Hahn 2 geöffnet ist!
6. Nachdem der Sauerstoff vollständig verdampft ist, kann Hahn 2 wieder
geschlossen und die Pumpe wie oben beschrieben wieder in Betrieb
genommen werden.
Alle Flüssigkeiten, die in den Kühlfallen abgeschieden wurden, müssen in den
Behälter für halogenierten Lösungsmittelabfall entsorgt werden.
Abbildung 5: Kühlfallen am Pumpenstand
9
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Abbildung 6: Gasballast Drehregler an einer Drehschieberpumpe
6. Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Um eine Apparatur unter Inertgasatmosphäre zu setzen gibt es zwei
Möglichkeiten: a) entweder die Apparatur wird einige Zeit mit einem leichten
Inertgasstrom gespült, oder b) die Atmosphäre im Innern der Apparatur wird
durch wiederholtes Evakuieren und Fluten mit Inertgas, ausgetauscht. Für die
meisten Fälle im Praktikum reicht das Spülen mit Inertgas völlig aus. Dies ist
auch die einzige Methode, um Apparaturen mit einem mechanischen Rührer
unter Inertgas zu setzen, da die Führung des Rührers nicht gasdicht ist und
damit beim Evakuieren Luft in die Apparatur gesaugt würde. Wenn nicht
anders in der Versuchsanleitung beschrieben, verwenden Sie also das Spülen
der Apparatur als Methode der Wahl.
10
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Arbeiten unter Schutzgas erfordert, dass die Glasgeräte zunächst im
Trockenofen alle getrocknet werden. Dann wird die Apparatur leer, d.h. ohne
Chemikalien, aufgebaut. Dabei ist zu beachten, dass die Schliffe beim
Zusammenbau gut gefettet werden. Alle Schliffverbindungen werden mit
Schliffklammern gesichert. Anschließend werden die Schläuche angeschlossen.
Die Wasser- und Gasanschlüsse von Schläuchen müssen alle mit Ligaturdraht
gesichert werden. Verwenden Sie für alle Schläuche, durch die Inertgas geleitet
wird, nur absolut trockene Schläuche.
Methode 1: Spülen der Apparatur mit Stickstoff
Zum Spülen einer Apparatur mit Inertgas benötigt diese eine Inertgaszuführung
sowie eine Öffnung, durch die das Gas entweichen kann (Abbildung 7). Ein- und
Auslass können durch einfache Gasaufsätze (evtl. mit Hahn) hergestellt
werden. Der Inertgaseinlass wird mittels eines Schlauches mit der Vakuumlinie
verbunden. Der Auslass wird ebenfalls durch einen Schlauch mit einem mit
Mineral- oder Siliconöl gefüllten Blasenzähler verbunden. Besser sind sogar
zwei Blasenzähler, dabei sollte der Erste nach der Apparatur leer sein.
Dadurch wird verhindert, dass bei einem Unterdruck Siliconöl in die Apparatur
gelangt. Die Apparatur muss immer gespült werden bevor die Chemikalien
hineingegeben werden. Der Blasenzähler am Inertgasauslass besitzt zwei
Funktionen: zum einen ermöglicht er den Gasstrom durch die Apparatur zu
beobachten,
zum
anderen
dient
er bei
abgeschaltetem
Gasstrom
als
Druckausgleich falls die Apparatur beispielsweise erhitzt wird.
Bitte
beachten
Sie
beim
Spülen
der
Apparatur,
dass
ein
geringer
Stickstoffstrom völlig ausreicht um das Gefäß unter Inertgas zu setzen. Im
Regelfall sollten im Blasenzähler nicht mehr als eine bis zwei Blasen pro
Sekunde erscheinen. Spülen Sie die Apparatur in dieser Weise für ca. 5
Minuten bevor die Chemikalien eingefüllt werden. Diese Zeit reicht aus um die
gesamte Atmosphäre in der Apparatur mit Inertgas zu füllen.
11
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Das Einfüllen der Chemikalien nach dem Spülen erfolgt im Stickstoffgegenstrom. Dazu wird ein Schliff an der Apparatur geöffnet während weiter
Stickstoff durch die Apparatur fließt. Durch die Öffnung können nun ohne
Verlust der Inertgasatmosphäre in der Apparatur Chemikalien eingefüllt
werden.
Bitte
beachten
Sie
dabei,
dass
das
gegenströmende
Gas
beispielsweise Pulver, die über einen Pulvertrichter eingefüllt werden, relativ
leicht verwirbeln kann.
Abbildung 7: Spülen der Apparatur mit Stickstoff
Während der Reaktion sollte kein Gasstrom durch die Apparatur fließen, außer
es ist in der Reaktionsvorschrift anders angegeben. Der Grund dafür ist, dass
ein Inertgasstrom beispielsweise beim Erhitzen einer Reaktionsmischung unter
Rückfluss, das Lösungsmittel aus der Apparatur verschleppen kann.
Wenn
keine
Schlenklinie
vorhanden
ist,
können
weniger
empfindliche
Reaktionen auch mittels eines Luftballons unter Inertgas gehalten werden.
Dabei wird ein Luftballon mit Inertgas gefüllt und an der Apparatur angebracht
(Abbildung 8). Der Luftballon dient dazu, die Apparatur unter Inertgas zu halten
und als Druckausgleich bei Reaktionen die eine Volumenausdehnung mit sich
bringen, beispielsweise beim Erhitzen der Apparatur. Mit der Luftballon-Technik
kann man auch unter Inertgas destillieren (Abbildung 9).
12
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Abbildung 8: Reaktionsapparatur, die mittels eines mit Inertgas gefüllten
Luftballons unter einer Schutzgasatmosphäre gehalten wird.
Abbildung 9: Destillation mittels Luftballon-Technik.
13
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Methode 2: Schlenk-Technik
Die Schlenk-Technik, also das abwechselnde Arbeiten mit Vakuum und Inertgas,
eignet sich für Apparaturen, die gasdicht verschlossen werden können. Die
Luft- und Wasserspuren in einem Glasgefäß werden durch abwechselndes
Evakuieren und einströmen lassen des Inertgases entfernt; dabei kann die
Anlage zusätzlich noch, z.B. mit einem Föhn, erhitzt werden. Anschließend lässt
man
das
Inertgas
einströmen.
Nun
können
auch
die
Reagenzien
im
Inertgasgegenstrom eingefüllt werden, und das Experiment beginnt.
Während des gesamten Versuchsablaufs muss darauf geachtet werden, dass
keine Luft in die Apparatur gelangt, wenn ein Stopfen geöffnet wird. Um dabei
das Eindringen von Luft zu verhindern, lässt man ständig einen leichten
Inertgasstrom durch die geöffnete Apparatur strömen.
6. Spezielle präparative Techniken unter Inertgas
Filtration mittels Umkehrfritte
Eine Filtration unter Inertgas wird durch die Verwendung einer Umkehrfritte
ermöglicht (Abbildung 10). Es handelt sich dabei um eine Fritte in einem Rohr,
das auf beiden Enden einen Schliff zum Anschluss eines Kolbens besitzt.
Zusätzlich ist auf jeder Seiten auch ein Inertgasanschluss über eine Olive mit
Hahn möglich. Im Normalfall sind die beiden Schliffe am Ende Kerne, die man
z.B.
mit
Rundkolben
verbinden
kann.
Dadurch
wird
ermöglicht
einen
Rundkolben auf beiden Enden der Fritte aufzusetzen. Will man damit
beispielsweise einen luft- und/oder feuchtigkeitsempfindlichen Niederschlag
abfiltrieren
setzt
man
die
unter
Inertgas
gehaltene
Umkehrfritte
im
Inertgasgegenstrom auf den Kolben auf. Auf der gegenüberliegenden Seite
platziert
man
einen
leeren
Kolben.
Die
beiden
Kolben
werden
mit
Schliffklammern fest mit der Fritte verbunden. Durch vorsichtiges Drehen der
Fritte kann dann die Flüssigkeit mit dem Niederschlag auf den Frittenboden
14
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
transferiert werden. Dabei ist zu beachten, dass die Gasanschlüsse der
Umkehrfritte nicht mit Flüssigkeit bedeckt werden. Wurde so gearbeitet, kann
nun durch Anlegen eines geringen Vakuums am unteren Gaseinlass die
Reaktionsmischung
filtriert
werden.
Zusätzlich
kann
auch
ein
geringer
Inertgasüberdruck auf der anderen Seite angelegt werden. Somit kann die
Filtration unter Inertgas erfolgen. Der Niederschlag lässt sich auch unter
Inertgas waschen, indem der ursprüngliche Reaktionskolben bei geöffnetem
Inertgas abgenommen wird und im Gegenstrom die Waschflüssigkeit auf den
Niederschlag auf dem Frittenboden geträufelt wird. Durch Anbringen zweier
leerer Kolben an beiden Enden der Fritte und Anlegen eines Vakuums kann
schließlich der Niederschlag auf dem Frittenboden getrocknet werden. Die
Überführung des getrockneten Niederschlags in einen Schlenkkolben erfolgt
durch einfaches Umdrehen der Fritte.
Abbildung 10: links: Umkehrfritte; rechts: Filtration unter Inertgasatmosphäre
15
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Bedienung der Drehschieberpumpe im Bild
16
Einführung in das Arbeiten unter Inertgasatmosphäre
Bedienung der Umkehrfritte im Bild
17