UTM, Reduktion, Satz von Rice

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UTM, Reduktion, Satz von Rice
Universelle Turing-Maschine Reduzierbarkeit Der Satz von Rice
Berechenbarkeitstheorie und Kreativität
Prof.Dr.Chr. Wagenknecht
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Universelle Turing-Maschine Reduzierbarkeit Der Satz von Rice
Nicht berechenbare Funktionen
Totalmacher
fp
totalmacher
ft
Abbildung: Wunschprozedur“ totalmacher
”
totalmacher nimmt eine Prozedur und liefert eine Prozedur
(higher order procedure, TM-??)
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Universelle Turing-Maschine (UTM)
Begriff
Eine Universelle Turing-Maschine, kurz: UTM, ist eine
Turing-Maschine.
Aufbau: Auf dem Eingabeband stehen zu Beginn der Arbeit eine
Repräsentation (Codierung) einer Turing-Maschine M und ein
Wort w , getrennt durch genau ein Blankzeichen.
$ $
$
$
M
w
Abbildung: Universelle Turingmaschine
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Universelle Turing-Maschine (UTM)
Arbeitsweise
Für die Repräsentation von M schreiben wir hMi. Es ist irgendeine
Codierung der kompletten Turing-Maschinen-Definition, z.B. eine
Folge aus Nullen und Einsen oder auch ein Text in Form einer
Prozedurdefinition (Scheme, Java, ...)
Eine UTM ist in der Lage, hMi zu interpretieren, d.h., sie verhält
sich so, wie M angesetzt auf w . Dazu ist sie so konstruierta , dass sie
die im jeweiligen Arbeitsschritt erforderliche Information aus hMi
abgreift und sich anschließend nach rechts zur Bearbeitung des
Eingabewortes w bewegt.
Aktuelle Anwendungen: selbstmodifizierender Code (KI; kriminell)
a
In der Literatur findet man alternative (gleichwertige) UTM-Modelle, z.B.
die 3-Band-Turing-Maschine.
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Universelle Turing-Maschine (UTM)
utm-Theorem
Eine einzige Turing-Maschine (UTM) ist also in der Lage,
sämtliche Turing-Maschinen zu simulieren und deren
Anwendung auf beliebige Wörter zu berechnen.
utm-Theorem: Es existiert eine UTM U, sodass für alle
Turing-Maschinen M und alle Wörter w ∈ Σ∗ gilt:
U(hMiw ) = M(w ).
Vorzügliches Modell für die von-Neumann-Architektur von
Computern, die Daten und Programme nebeneinander im
Speicher halten und eine interpretationsabhängige
Verarbeitung durchführen.
Die Existenz von UTM wird als ein weiteres Indiz für die
Richtigkeit der Churchschen These gewertet.
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Halteproblem mit UTM ausgedrückt
Gibt es eine Turingmaschine MH , die die Sprache
LH := {hMiw | M hält für die Eingabe w }
entscheidet?
Wie wir wissen, lautet die Antwort Nein“, d.h. LH ist nicht
”
entscheidbar. Aber es existiert eine UTM, die die Eingabe
hMiw akzeptiert, wenn M (nicht die UTM) angewandt auf w
in einem beliebigen Zustand stoppt. Anderenfalls arbeitet die
Maschine unbestimmt (stoppt nicht).
Dies unterstreicht, dass LH aufzählbar (semi-entscheidbar) ist.
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Universelle Turing-Maschine (UTM)
Kreativaufgabe (2 Wochen)
TM-Codierung: kfG und Compiler in AtoCC-TM-Repräsentation
(als Zielsprache)
Anleitung: s. Aufgabenblatt
Compiler im Compilerwiki und von ProgrammingWiki aus
verlinken
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Reduzierbarkeit
Ziele
Klassifikation (Entscheidbarkeit) eines Problems/ einer
Sprache
Lösung des betrachteten Problems ist eher nebensächlich
Voraussetzung: Probleme in Sprachen übertragen
Beispiel Halteproblem“:
”
LH := {hMiw | M hält für die Eingabe w }
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Reduzierbarkeit
Definition
Eine Sprache P ist reduzierbar auf eine Sprache P’, kurz: P≤ P’,
wenn es eine total berechenbare Funktion f : Σ∗ → Σ∗ gibt, wobei
für jedes w ∈ Σ∗ gilt: w ∈ P ⇔ f (w ) ∈ P’.
Die Funktion f wird Reduktion von P auf P’ genannt.
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Reduzierbarkeit
Grafische Darstellung
f ist eine total berechenbare Funktion. Es gibt also eine zugehörige
Turing-Maschine, die diese Berechnung ausführt. Es ist nicht
gefordert, dass f injektiv oder surjektiv ist.
f
P´
P
f
Σ*
Abbildung: Reduktion einer Sprache P auf P’
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Satz
Wenn P0 entscheidbar ist und P ist reduzierbar auf P0 , so ist auch
P entscheidbar.
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Reduzierbarkeit
Beweis
Nach Voraussetzung existieren die Turing-Maschinen M1 und M2 .
Sie werden zu M3 gekoppelt. M3 entscheidet P.
w
M2 : P ≤ P 0
w0
M3 = M1 ◦ M2
M1 : w 0 ∈ P 0 ?
wahr , wenn w 0 ∈ P 0 , d.h. wenn w ∈ P
falsch, wenn w 0 6∈ P 0 , d.h. wenn w 6∈ P
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Reduzierbarkeit
Beispiel
Betrachte Sprache P = {uu | u = ai b i c i und i ≥ 0}.
Zum Nachweis der Entscheidbarkeit von P reduzieren wir P mittels
M2 auf P0 = {u | u = ai b i c i und i ≥ 0}?
(Die Symbole wurden so gewählt, dass sie denen in der Abbildung
entsprechen.)
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Reduzierbarkeit
Beispiel
Lt. Voraussetzung steht eine Turing-Maschine M1 zur Verfügung,
die die Sprache P’ entscheidet.
Die Reduktionsmaschine M2 arbeitet folgendermaßen:
1
Das Eingabewort w wird kopiert, d.h. aus $w $ wird $w $w $.
2
Unter Verbrauch dieser Kopie von w wird geprüft, ob w die
Form uu besitzt (als Übungsaufgabe).
3
Falls w 6= uu, dann wird das Band gelöscht und anschließend
mit a (6∈ P’) initialisiert.
4
Falls w = uu, dann wird nur das Wort u auf dem Band
hinterlassen.
Durch Kopplung der beiden Maschinen erhält man eine
Turing-Maschine M1 ◦ M2 , die die Sprache P entscheidet und
damit das zugehörige Entscheidungsproblem löst.
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Reduzierbarkeit
Beispiel - eine Anregung zur Lösung der ÜA
Unter Verbrauch dieser Kopie von w wird geprüft, ob w die Form
ai b i c i besitzt. Die gesuchte Lösung soll u hinterlassen!
a:a,R
x:x,R
x:x,R
Start
q0
a:x,R
q1
b:b,R
x:x,R
b:x,R
q2
c:c,R
x:x,R
c:x,R
q3
a:a,R
x:x,R
a:x,R
q4
c:c,R
x:x,R
b:b,R
x:x,R
b:x,R
q5
c:x,R
q6
$:$,L
$:$,N
$:$,R
q7
q9
a:a,L
b:b,L
c:c,L
x:x,L
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Reduzierbarkeit
Satz
Wenn P unentscheidbar ist und P ist reduzierbar auf P0 , so ist
auch P0 unentscheidbar.
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Reduzierbarkeit
Beweis als Übungsaufgabe
Beweisen Sie diesen Satz, indem Sie mittels Aussagenlogik die
Äquivalenz dieser Aussage zum vorhergehenden Satz zeigen. Es
handelt sich um die Kontraposition: A ∧ B → C ⇔ ¬C ∧ B → ¬A.
Verwenden Sie im Beweis die folgenden Aussagen:
A: P0 ist entscheidbar. B: P ist reduzierbar auf P0 . C: P ist
entscheidbar.
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Reduzierbarkeit
Unentscheidbarkeitsbeweise: Strategie
Um die Unentscheidbarkeit einer Sprache P0 zu zeigen, reicht
es aus, die Sprache eines bekannten unentscheidbaren
Problems P via M2 auf P0 zu reduzieren.
Anschaulich bedeutet dies, dass das zu beweisende Problem in
das bekannte eingebettet“ wird.
”
Anders gesagt: Die Reduktionsmaschine zusammen mit dem
zu beweisenden Problem bilden das bekannte
(unentscheidbare) Problem.
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Unentscheidbarkeitsbeweis
LBP
z.z.: Das Problem des leeren Bandes, kurz: LBP, ist
unentscheidbar.
Beweis: Reduktion des Halteproblems auf das LBP.
Das LBP fragt nach der Existenz einer UTM M1 , die
LLBP := {hM 0 i | M 0 hält auf dem (anfangs) leeren Band}
entscheidet. Am Resultat von M 0 (ε) besteht keinerlei
Interesse.
Wir nehmen nun ana , dass M1 existiert.
a
Eigentlich brauchen wir keinen indirekten Beweis zu erbringen, wenn wir
den obigen Satz verwenden. Dann reicht die Konstruktion der Reduktion M2 .
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Unentscheidbarkeitsbeweis
LBP
hMiw
M2 : P ≤ P 0
hM 0 i
M1 : hM 0 i ∈ P 0 ?
P 0 . . . LBP
M3 = M1 ◦ M2
P . . . Halteproblem
wahr , wenn M 0 (ε) stoppt, d.h. wenn M(w ) stoppt
falsch, wenn M 0 (ε) nicht stoppt, d.h. wenn M(w ) nicht stoppt
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Unentscheidbarkeitsbeweis
Beispiel
Die für den Beweis erforderliche Reduktionsmaschine M2
konstruieren wir folgendermaßen:
M2 ist eine UTM, die – angewandt auf hMiw – die Codierung
hM 0 i einer UTM M 0 auf das leere Band schreibt.
M 0 schreibt auf das anfangs leere Band als erstes das Wort w
und verhält sich danach genauso wie M angesetzt auf w . Mit
anderen Worten: Wenn M auf w stoppt, dann stoppt auch M 0
auf dem leeren Band, und wenn M auf w nicht stoppt, dann
stoppt auch M 0 auf dem leeren Band nicht.
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Unentscheidbarkeitsbeweis
Beispiel
0:0,L
1:1,L
Start
q0
$:x1,R
q1
$:x2,R
q2
$:x3,R
q3
$:xk,L
qk
$:$,R
q’0
Es ist einfach, hM 0 i aus hMiw zu gewinnen: Nach geeigneten
Umbenennungen von Zuständen von M werden Übergänge wie in
der Abb. ergänzt. Dabei nehmen wir o.B.d.A. an, dass
Σ = {0, 1}∗ , sodass hMi ∈ {0, 1}∗ und w = x1 x2 ...xk ∈ {0, 1}∗ .
Genau dies erledigt M2 .
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Unentscheidbarkeitsbeweis
Beispiel
Beweisfigur fasst den Beweis zusammen.
Die mit M2 berechnete totale Funktion wurde gerade so
gewählt, dass wir zum Beweis der Unentscheidbarkeit des LBP
die Reduzierbarkeit des Halteproblems auf das LBP gezeigt
haben.
Unter Anwendung des o.g. Satzes ist der Beweis mit Konstruktion von
M2 erbracht. Man könnte dies so zusammenfassen:
Da es keine Turing-Maschine M3 zur Entscheidung des Halteproblems
gibt, M2 aber sehr wohl existiert, kann es M1 nicht geben. Damit ist
bewiesen, dass das LBP unentscheidbar ist.
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Unentscheidbarkeitsbeweis
Übungsaufgabe
Zeigen Sie die Unentscheidbarkeit von LΣ∗ := {hMi | L(M) = Σ∗ }
durch Reduktion des Halteproblems.
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Lösung
Z.z.: Unentscheidbarkeit der Menge LΣ∗ = {hMi | L(M) = Σ∗ }.
Methode: Reduktion des Halteproblems LH = {hMiw | L(M) = M(w )}
auf LΣ∗
Beweis: Die Reduktionsmaschine M2 erzeugt aus hMiw das Wort hM 0 i.
Die TM M 0 erwartet ein Eingabewort y , das sie aber vollständig ignoriert:
M 0 löscht y und schreibt w auf das Band und stellt den Kopf auf das
erste Zeichen von w . Anschließend verhält sich M 0 genau so, wie M
angesetzt auf w .
Sei M1 die TM, die die Sprache LΣ∗ entscheidet (und deren Existenz wir
zunächst annehmen). M1 gibt für das Eingabewort hM 0 i genau dann wahr
aus, wenn M 0 (y ) stoppt, d.h. wenn M(w ) stoppt, anderenfalls falsch.
Damit entscheidet die Verkettung M1 ◦ M2 gerade die Menge LH . Da das
Halteproblem jedoch nicht lösbar ist, ist auch LΣ∗ unentscheidbar. Prof.Dr.Chr. Wagenknecht — Problemreduktion, UTM, Satz von Rice
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Entscheidungsprobleme
Einheitliche Struktur
LH
LHε
LLBP
Lf
= {hMiw | M(w ) stoppt nach endlicher Zeit}
= {hMi | M(ε) stoppt nach endlicher Zeit}
= {hMi | M hält auf dem (anfangs) leeren Band}
= {hMi | M(w ) = f (w )}
höchst praxisrelevant
Lε = {hMi | ε ∈ L(M)}
L∅ = {hMi | L(M) = ∅}
Lreg
= {hMi | L(M) ist regulär}
LΣ∗
= {hMi | L(M) = Σ∗ }
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Entscheidungsprobleme
Verallgemeinerung
Dabei geht es stets um die gleiche Frage:
Gibt es eine UTM U, die von einer beliebigen Turing-Maschine M
feststellt, ob die von M definierte Sprache L(M) eine gegebene
Eigenschaft besitzt oder nicht?
LE = {hMi | L(M) besitzt Eigenschaft E }
ist zu entscheiden.
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Satz
Die Sprache LE = {hMi | L(M) besitzt Eigenschaft E } ist nicht
entscheidbar, wenn E eine nichttrivialea Eigenschaft von L(M) ist.
a
Eine triviale Eigenschaft einer Menge ist eine solche, die entweder von
keiner Menge oder von allen Mengen erfüllt wird.
LE besitzt also mindestens ein Element. Es werden aber auch nicht alle
TM-Codierungen zu LE gehören.
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Satz von Rice
Beispiel
LE −Beispiel = {hMi |
L(M) enthält mind. ein Wort ungerader Länge aus Σ∗ }.
Konkrete Sprachen, die diese Eigenschaft besitzen, sind z.B.:
L1 = L(M1 ) = {a, b, aaa, aba, baa, aab, bbb, ...}
L2 = L(M2 ) = {0, 1, 000, ...}
L3 = L(M3 ) = {a, b, aaa, aba, baa, aab, bbb, ...} = L1 = L(M1 )
mit M3 6= M1
L4 = L(M4 ) = {a, b}
Also gilt LE −Beispiel = {hM1 i, hM2 i, hM3 i, hM4 i, . . .}.
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Satz von Rice
Beispiel
M4 = ({q0 , q1 , q2 }, {a, b}, {a, b, $}, δ, q0 , $, {q2 }) ist eine
Turing-Maschine, die die Sprache L4 = L(M4 ) akzeptiert. Die Abb.
zeigt den Graph der Überführungsfunktion δ von M4 .
a:a,R
Start
q0
q1
$:$,L
q2
b:b,R
Abbildung: Turing-Maschine M4 akzeptiert L4
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Satz von Rice
Satz
Die Sprache LE = {hMi | L(M) besitzt Eigenschaft E } ist nicht
entscheidbar, wenn E eine nichttriviale Eigenschaft von L(M) ist.
Beweis
Es ist zu zeigen, dass LE eine unentscheidbare Sprache ist, d.h. es
existiert keine Turing-Maschine M1 , die LE entscheidet.
Der Beweis reduziert das Halteproblem und folgt der Beweisfigur
für das LBP.
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Satz von Rice
Beweisfigur für das LBP
hMiw
M2 : P ≤ P
0
hM 0 i
M1 : hM 0 i ∈ P 0 ?
P 0 . . . LBP
M3 = M1 ◦ M2
P . . . Halteproblem
wahr , wenn M 0 (ε) stoppt, d.h. wenn M(w ) stoppt
falsch, wenn M 0 (ε) nicht stoppt, d.h. wenn M(w ) nicht stoppt
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Beweis
Annahme: LE ist entscheidbar, d. h. M1 existiert. (indirekter
Beweis)
Da E eine nichttriviale Eigenschaft ist, gilt LE 6= ∅, d. h. es
existiert mindestens eine Sprache L = L(ML ) mit hML i ∈ LE , wie
etwa L4 im Beispiel. Außerdem gehen wir o.B.d.A. davon aus, dass
hM∅ i 6∈ LE a mit L(M∅ ) = ∅, was im Beispiel ebenfalls zutrifft.
a
Nimmt man dagegen an, dass L(M) = ∅ die Eigenschaft E erfüllt, so zeigt
man, dass die Komplementmenge LE nicht entscheidbar ist. Daraus folgt
aufgrund der Abgeschlossenheit entscheidbarer Sprachen unter der
Komplementbildung, dass auch LE nicht entscheidbar ist.
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Satz von Rice
Beweis
M 0 (y ) arbeitet wie ein Pförtner (gatekeeper):
1
M 0 schreibt w rechts neben y auf das Band: $y$w$.
2
M 0 setzt M an auf w .
3
Wenn M(w ) stoppt, startet ML (y ), ansonsten stoppt M 0
nicht.
Die Pförtnerrolle von M und w besteht darin, ML (y ) nur dann
stattfinden zu lassen, wenn M(w ) stoppt. Es gilt:
L(ML ), wenn M(w ) stoppt
0
L(M ) =
∅,
wenn M(w ) nicht stoppt
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Beweis
hM 0 i wird unter Verwendung von hML i mittels M2 aus hMiw
erzeugt, s. auch M4 im Beispiel, und existiert somit wirklich.
Wie ebenfalls in der Beweisfigur gezeigt, akzeptiert M1 das
Eingabewort hM 0 i, wenn hM 0 i ∈ LE , d. h. lt. Definition von
LE , wenn L(M 0 ) die Eigenschaft E besitzt. Dies ist der Fall,
wenn M(w ) stoppt, denn dann gilt L(M 0 ) = L(ML ).
Außerdem gilt hML i ∈ LE .
Wenn M(w ) nicht stoppt, gilt L(M 0 ) = ∅ und mit hM∅ i 6∈ LE
folgt, dass M1 das Eingabewort hM 0 i in diesem Fall
zurückweist.
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Satz von Rice
Beweisfigur für LE
hMiw
M2 : P ≤ P
0
hM 0 i
M1 : hM 0 i ∈ P 0 ?
P 0 = LE
M3 = M1 ◦ M2
P = LH (Halteproblem)
wahr , wenn L(M 0 ) = L(ML ), d.h. wenn M(w ) stoppt
falsch, wenn L(M 0 ) = L(M0 ) = ∅, d.h. wenn M(w ) nicht stoppt
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Satz von Rice
Beweis
Argumentation auf der Basis des Satzes auf Folie 16:
Da LH ≤ LE ist LE unentscheidbar.
Argumentation auf der Basis der Beweisfigur:
Indirekter Beweis – Widerspruch Halteproblem
entscheidbar/unentscheidbar
Ergbnis: LE ist unentscheidbar.
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Satz von Rice
Interpretation als Berufsgarantie“
”
Der Satz von Rice kann aus der Sicht der Praxis wie folgt
interpretiert werden: Es ist absolut unmöglich, eine Maschine zu
bauen, die aus der Menge aller Prozeduren (irgendeiner
Programmiersprache) genau die ausfiltert, die eine vorgegebene
Aufgabe, etwa die Berechnung einer konstanten Funktion, lösen.
Würde dies möglich sein, so wäre der Berufsstand des
Informatikers wohl in Gefahr.
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