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?Schlesien, ein vorzeiten zum Königreich Böhmen gehöriges Land (Herzogtum), zerfiel nach uralter Einteilung in Ober- und
Niederschlesien, von denen jenes gegen Ende des 18. Jahrh. 6 Fürstentümer (Teschen, Troppau, Jägerndorf, Oppeln, Ratibor,
Bielitz), die freien Standesherrschaften Pleß und Beuthen und einige Minderherrschaften, dieses 13 Fürstentümer (Breslau, Brieg,
Glogau, Jauer, Liegnitz, Münsterberg, Neiße, Öls, Sagan, Schweidnitz, Wohlau, Trachenberg und Karolath), die freien
Standesherrschaften Wartenberg, Militsch und Goschütz und mehrere Minderherrschaften umfaßte. Gegenwärtig zerfällt das Land in
Preußisch- und Österreichisch-Schlesien.
? I. Die preußische Provinz Schlesien. (Hierzu die Karte »Schlesien«.) Preußisch-S., Provinz des preuß. Staats, wird nördlich und
nordöstlich von den Provinzen Brandenburg und Posen, östlich von Polen und Galizien, südlich von Österreichisch-S., Mähren und
Böhmen, westlich von dem Königreich Sachsen und der preußischen Provinz Sachsen begrenzt, umfaßt das alte Oberschlesien (mit
Ausnahme der Fürstentümer Troppau, Jägerndorf, Teschen, Bielitz etc.), das
gesamte Niederschlesien nebst der Grafschaft Glatz (mit Ausschluß des Kreises Schwiebus), den durch Vertrag vom 18. Mai
1815 von Sachsen abgetretenen Teil der Markgrafschaft Oberlausitz, die 9. Juni 1815 abgetretenen böhmischen Enklaven und die
Stadt Rothenburg vom Kreis Krossen der Neumark und hat einen Flächeninhalt von 40,302,6 qkm (731,94 QM.).
[Bodenbeschaffenheit, Klima.] Die Provinz besteht zur größern Hälfte aus Tiefland, zur kleinern aus Berg- und Gebirgsland.
Durch dieselbe erstreckt sich, vom Ursprung der Malapane im O. bis zum Austritt der Schwarzen Elster im W., eine Thalsenkung, das
Schlesische Längenthal, das zuerst längs der Malapane sich zur Oder hinunterzieht, alsdann dieser bis zur Mündung der Katzbach
folgt und endlich weiter in westlicher Richtung über Bober, Queiß und Lausitzer Neiße sich bis zur Schwarzen Elster erstreckt.
Der Boden der Thalsenkung ist längs der Oder fruchtbar, an der Malapane und Elster sumpfig, zwischen Oder und Elster sandig
und teilweise auch sumpfig. Nördlich von diesem Längenthal zieht durch die Provinz ein Teil des Uralisch-Karpathischen
Landrückens, der Märkisch-Schlesische Landrücken (s. d.), welcher im Oberschlesischen Jura bis zu 360 m ansteigt. Im Süden jener
Thalsenkung tritt zunächst östlich von der Oder das Plateau von Tarnowitz mit dem Oberschlesischen Steinkohlengebirge, einem
Ausläufer der Karpathen, hervor; der höchste Punkt daselbst ist der Annaberg (430 m) unweit der Oder.
Auf der linken Seite der Oder steigt das Land langsam an bis zur Gebirgsmauer der Sudeten, welche die Grenzen der Provinz in
Oberschlesien nur mit dem Fuß der Bischofskuppe (886 m) erreicht, dagegen durch Mittelschlesien sich von Reichenstein bis Jauer
erstreckt. Vor dieser Gebirgsmauer erheben sich vereinzelt in der Ebene der Zobten (718 m), die Geiersberge (679 m), die Striegauer
Berge u. a. Die Gebirge der Provinz werden durch den Paß von Liebau am Bober in zwei Teile geschieden.
Östlich erstreckt sich zunächst das Glatzer Gebirgssystem (s. Glatz) mit seinen vielfachen Verzweigungen, in denen der Große
Schneeberg (1422 m) der höchste Gipfel ist, sodann das Sandsteingebirge der Heuscheuer, ferner das Niederschlesische
Steinkohlengebirge mit dem Hochwald und endlich das Katzbachgebirge, von dem der Gröditzberg (407 m) ein vorgeschobener
Posten gegen das Tiefland ist. Im W. jenes Passes erhebt sich auf der Grenze gegen Böhmen das Riesengebirge (s. d.) mit der
Schneekoppe (1603 m), dem höchsten Gipfel der Provinz und des deutschen Berglandes, und als Fortsetzung das Isergebirge.
Vereinzelte Vorposten des Berglandes gegen das Tiefland sind weiter westlich noch die Landskrone bei Görlitz (429 m) und das
Königshainer Gebirge. Innerhalb des Gebirges bilden das Landeshuter und das Hirschberger Thal, beide am Bober, und der Glatzer
Gebirgskessel innerhalb der Glatzer Gebirge ansehnliche Vertiefungen. S. gehört mit ganz geringen Ausnahmen zum Gebiet der
Oder; nur im SO. berührt die Weichsel die Grenze, und aus dem Westen fließen Iser, Spree und Schwarze Elster zur Elbe.
Die Oder, welche bei Ratibor schiffbar wird, durchströmt die Provinz in ihrer ganzen Länge von SO. nach NW.;
ihr fließen auf der rechten Seite zu: die Olsa, Klodnitz, Malapane, Weida und Bartsch;
auf der linken: die Oppa, Zinna, Hotzenplotz, Glatzer Neiße, Ohlau, Weistritz und Katzbach;
der Bober, der den Queiß aufnimmt, und die Lausitzer Neiße münden außerhalb der Provinz.
Der Klodnitzkanal ist der einzige schiffbare Kanal Schlesiens, und abgesehen von zahlreichen Teichen ist auch unter den
Landseen allein der Schlawasee von einiger Bedeutung. Das Klima ist am mildesten bei Grünberg, rauher in den Gebirgen und in
Oberschlesien. Die jährliche Durchschnittswärme beträgt zu Ratibor 8,0, Oppeln 8,76, Neiße 8,41, Landeck 6,75, Kirche Wang im
Riesengebirge 4,8, Eichberg bei Hirschberg 7,0, Görlitz und Breslau 8,0° C. Die jährliche Regenmenge beträgt in der Ebene 50-60,
im Gebirge bis 116 cm.
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[Bevölkerung. Bodenerzeugnisse.] Die Zahl der Einwohner betrug 1885: 4,112,219 Seelen (102 auf 1 qkm), worunter 1,897,002
Evangelische, 2,156,578 Katholiken, 70,487 andre Christen, 51,481 Juden etc. Die Katholiken überwiegen im Regierungsbezirk
Oppeln, mit Ausnahme des Kreises Kreuzburg, ferner in der Grafschaft Glatz und den Kreisen Münsterberg und Frankenstein des
Regierungsbezirks Breslau und im Kreis Landeshut des Regierungsbezirks Liegnitz. Die Bevölkerung wohnt in 148 Städten, 5404
Landgemeinden und 3847 Gutsbezirken und ist vorwiegend eine deutsche; zahlreich sind aber auch die Polen (825,000), die auf der
rechten Oderseite abwärts bis Namslau und Polnisch-Wartenberg und auf der linken von Ratibor bis Oberglogau vorherrschen.
Ferner gibt es Tschechen (55,000) zwischen Ratibor und Leobschütz, bei Kudowa in der Grafschaft Glatz und in mehreren
evangelischen Kolonien in den Kreisen Strehlen, Oppeln, Wartenberg und Groß-Strehlitz, endlich Wenden (32,000) in der Westspitze
der Provinz an der Spree und Schwarzen Elster.
Von der Bodenfläche der Provinz entfallen 55,8 Proz. auf Ackerland, Gärten und Weinberge, 8,5 Proz. auf Wiesen, 2,2 Proz. auf
Weiden und 28,9 Proz. auf Waldungen. Der Boden ist längs des Gebirges sehr fruchtbar, ganz besonders aber in der Landschaft
zwischen Liegnitz und Ratibor, woselbst 70-80 Proz. der Gesamtfläche dem Ackerland angehören. Am wenigsten fruchtbar sind die
eigentlichen Gebirgskreise, sodann der auf der rechten Oderseite gelegene Teil des Regierungsbezirks Oppeln, die Kreise an der
Bartsch im N. und, mit Ausnahme eines Teils des Kreises Görlitz, die westlichen Kreise der Provinz; in allen diesen Teilen sind die
Ackerländereien auch nur von geringem Umfang, die Waldungen hingegen bedeutend.
? Der Getreidebau deckt vollständig den Bedarf der Provinz; der Flachsbau, neuerdings wieder mehr gepflegt, gewinnt an
Bedeutung und ist besonders in den Berg- und Hügellandschaften von Wichtigkeit. Der Zuckerrübenbau findet auf großen
Landstrichen zwischen Breslau und Schweidnitz statt; die Kartoffel wird mehr in den weniger fruchtbaren Landesteilen gebaut. Andre
Produkte des Pflanzenreichs sind: Zichorien zwischen Breslau und Ohlau, Hopfen bei Münsterberg, Tabak, Ölgewächse, Wein bei
Grünberg, viel Obst in Mittelschlesien (der Obstbau wird unterstützt durch ein pomologisches Institut zu Proskau), allerlei
Gartengewächse etc. Die Gartenkunst, in Verbindung mit großer Treibhauszucht (Ananas) und großen Parkanlagen, wird durch den
Großgrundbesitz, dem über 51 Proz. der Fläche angehören, sehr gefördert. In keiner Provinz des preußischen Staats befindet sich
überhaupt ein so bedeutender Grundbesitz in Einer Hand wie in S.; Besitzungen von 25-44,000 Hektar haben der König von Sachsen
(Öls), der Herzog von Ujest (Schlawenzitz), der Reichsgraf von Schaffgotsch (Warmbrunn), die Graf Renardschen Erben
(Groß-Strehlitz), der Herzog von Ratibor (Rauden), der Graf Arnim (Muskau) und der Fürst von Pleß. Nach der Viehzählung von 1883
gab es 275,122 Pferde, 1,397,130 Stück Rindvieh, 1,309,495 Schafe, 518,612 Schweine und 175,283 Ziegen. Für
die Hebung der Pferdezucht bestehen Landgestüte zu Leubus und Kosel. Die Rindviehzucht blüht in der fruchtbaren Landschaft
zwischen Liegnitz und Ratibor; sie ist aber auch in den Gebirgskreisen bedeutend, weniger in den sandigen Gegenden auf der
rechten Oderseite und an der Schwarzen Elster. Für die Zucht von edlen Schafen bildet S. seit Anfang dieses Jahrhunderts mit
seinen großen Gütern den Ausgangspunkt für die andern preußischen Provinzen (Eckersdorf, Rogau, Kuchelna); deshalb sind auch
die meisten Schafe veredelte.
Die Schweinezucht entspricht noch nicht dem Bedarf. Wildbret ist zahlreich vorhanden, namentlich besitzt S. noch einen
Reichtum an Hirschen, Rehen, Wildschweinen und Hasen; selten kommt im SO. noch der Wolf von den Karpathen herüber. Auch das
Geflügel ist stark vertreten. Die Fischerei ist nicht unbedeutend: es gibt Karpfen in den zahlreichen Teichen, Welse und Lachse in der
Oder, Forellen in den Gebirgsbächen. Die Bienenzucht ist erheblich, und das neuere Verfahren bei derselben ging durch den Pfarrer
Dzierzon gerade von S. aus.
Sehr beträchtlich ist die Ausbeute des Mineralreichs. S. enthält die größte Steinkohlenablagerung des europäischen Festlandes,
nämlich auf der rechten Oderseite in Oberschlesien, woselbst die Steinkohlenformation mit reichhaltigen Flözen, teilweise zu Tage
tretend, teilweise von Buntsandstein, Muschelkalk oder Diluvialschichten bedeckt, einen Raum von wenigstens 1375 qkm (25 QM.)
einnimmt. Das Hauptgebiet des zu Tage tretenden Teils liegt zwischen Zabrze und Myslowitz und entsendet nach SW. einen Flügel
über Nikolai hinaus bis Belk.
Kleinere Steinkohlenpartien finden sich noch bei Czernitz, Pschow und selbst auf der Westseite der Oder an der Landecke
unterhalb der Oppamündung. Eine zweite Ablagerung von Steinkohlen ist bei Waldenburg zwischen den ältern Schichten der
Kohlenformation von Freiburg und den Porphyren und Melaphyren des Niederschlesischen Steinkohlengebirges eingebettet; dieselbe
erstreckt sich, wie auch die erstere, noch über die Grenze der Provinz hinaus. Endlich gibt es Steinkohlen auch im Sandstein der
obern Kreide am Queiß.
Die Braunkohle ist in den Hügellandschaften stark verbreitet, wird aber nicht in großer Menge abgebaut. Wichtig ist dagegen die
Ausbeute an Eisen- und Zinkerzen, diese bei Beuthen in Oberschlesien in unmittelbarer Nachbarschaft des Steinkohlengebirges, jene
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in den verschiedensten Teilen des Regierungsbezirks Oppeln auf der rechten Seite der Oder, aber auch in den Gebirgen. Ferner
werden gewonnen: Bleierze in Oberschlesien, Kupfer-, Kobalterze, Schwefelkies, Arsenik, Alaun, einige Edelsteine von geringem
Wert (Chrysolith, Amethyst, Chalcedon, Achat, Chrysopras, Jaspis etc.), vortrefflicher Thon, Marmor, Serpentin, Schleif- und
Mühlsteine, Kalksteine (Gogolin in Oberschlesien), Gips, Walkererde, Feld- und Schwerspat, Magnesit, Torf etc. Die vorhandenen
Salzquellen haben nur eine schwache Sole; dagegen haben andre Mineralquellen besuchte Badeanstalten entstehen lassen, so zu
Warmbrunn, Salzbrunn, Reinerz, Landeck, Flinsberg, Kudowa, Charlottenbrunn, Langenau etc. 1886 wurden in der Provinz gefördert:
15,996,326 Ton. Steinkohlen im Wert von 68,336,188 Mk., 360,589 T. Braunkohlen im Wert von 1,289,398 Mk., 722,018 T. Eisenerze
im Wert von 2,307,850 Mk., 578,858 T. Zinkerze im Wert von 3,547,603 Mk., 29,316 T. Bleierze im Wert von 3,647,941 Mk. etc. Die
Hüttenproduktion ergab 1886: 374,493 Ton. Roheisen im Wert von 17,259,181 Mk., 82,659 T. Zink im Wert von 21,209,323 Mk.,
20,879 T. Blei im Wert von 4,914,495 Mk., 31,987 T. Schwefelsäure im Wert von 1,536,006 Mk. etc.
[Industrie und Handel.] Die Industrie bildet einen wichtigen Erwerbszweig der Bevölkerung, von der 35,2 Proz. darin ihre
Beschäftigung finden. In den Kreisen von Leobschütz bis Löwenberg, meist im und am Gebirge und anschließend an den großen
Bezirk der Flachsindustrie in Böhmen, ist die Leinwandfabrikation, in Verbindung mit Baumwollweberei, Färberei und Bleicherei, die
Hauptbeschäftigung der Bewohner; große Flachsspinnereien sind zu Liebau, Landeshut, Erdmannsdorf, Freiburg, Waldenburg und
entfernt vom Gebirge zu Neusalz a. O., Baumwollspinnereien zu Langenbielau etc., großartige Webereien namentlich in den Kreisen
Reichenbach, Waldenburg, Landeshut und Hirschberg.
Die Tuchfabrikation ist in Görlitz, Sagan, Grünberg und Goldberg von Bedeutung; auch werden Wollwaren mehrfach gefertigt.
Handschuhe liefert Haynau, Teppichknüpferei wird in Neustadt, im Hirschberger Thal (hier neuerdings auch Spitzenklöppelei), in
Sprottau und Schmiedeberg betrieben. Die Hüttenindustrie sowie die Verarbeitung der Metalle haben ihren Hauptsitz in den
Steinkohlengebieten. Die Zinkproduktion ist fast ausschließlich im Oberschlesischen Steinkohlengebirge mit zahlreichen Werken
vertreten, dagegen ist die Eisenindustrie viel weiter verbreitet.
Die großartigsten Eisenwerke liegen zwischen Gleiwitz, wo auf der Gleiwitzer Hütte 1796 der erste Kokshochofen in Preußen ins
Leben trat, Tarnowitz, wo auf dem Bleiwerk Friedrichsgrube 1788 die erste Dampfmaschine in Deutschland aufgestellt ward,
Beuthen, Königshütte und Myslowitz, ferner an der Malapane im Kreis Oppeln und bei Waldenburg, sodann auch in Niederschlesien
im Bereich der Waldungen des Schlesischen Längenthals zwischen Bunzlau und Sprottau.
Wichtige Eisengießereien und Maschinenfabriken gibt es zu Breslau, Ratibor, Görlitz, Lauban etc. Andre Industriezweige
Schlesiens sind: die Fabrikation von Rübenzucker zwischen Breslau und Schweidnitz (1887: 56 Fabriken), von Stärke, Papier, Leder,
Dachpappe, Seilerwaren (Oppeln), Seife, Lichten, Schuhwaren, Tabak und Zigarren (Breslau, Ohlau), Chemikalien, Pulver, Dynamit,
Zündhölzern, Uhren (Freiburg, Silberberg), Turmuhren (Glogau), Hüten (Liegnitz), Strohgeflechten, Glaceehandschuhen (Breslau),
Billards (Breslau), Schrot-, Blei- und Zinnwaren (Breslau), Nägeln, Wagen, Eisenbahnwagen, Kalk (Gogolin und Oppeln), Zement
(Oppeln), Glas (im Kreis Oppeln, bei Waldenburg, am Queiß und an der Lausitzer Neiße), von feinen Glaswaren (Josephinenhütte im
Riesengebirge), von Schamottesteinen, Töpferwaren (Bunzlau), Porzellan- und Steingutwaren (in den Kreisen Waldenburg und
Schweidnitz), von Schaumwein (Grünberg), von eingemachten Früchten (Grünberg und Hirschberg).
? Nennenswert sind noch: die Bierbrauereien, die Brennereien und Likörfabriken, große Mahlmühlen, Gerbereien etc. Der Handel
Schlesiens leidet durch die russischen Grenzverhältnisse, hat sich jedoch in der neuesten Zeit infolge des bedeutend erweiterten
Eisenbahnnetzes sehr gehoben. Die Eisenbahnen sind fast nur Staatsbahnen. Die wichtigsten Linien sind: Sommerfeld-Breslau,
Görlitz-Kohlfurt-Liegnitz, Kohlfurt-Sorgau, Liegnitz-Neiße-Oppeln, Breslau-Halbstadt, Breslau-Mittelwalde, Breslau-Stettin,
Breslau-Posen, Breslau-Tarnowitz, Breslau-Brieg-Kosel, Kosel-Kamenz, Kosel-Oderberg, Kosel-Oswiecim etc. Besonders stark
entwickelt ist das Eisenbahnnetz im oberschlesischen Industrierevier, wo zahlreiche
Nebenbahnen sich an die Hauptlinien anschließen. Dagegen ist die Oder, mit Ausnahme ganz kurzer Strecken andrer Flüsse,
der einzige schiffbare Fluß der Provinz, dessen Schiffbarkeit im Hochsommer durch geringen Wasserstand noch oft fraglich ist, in
neuerer Zeit aber durch umfangreiche Strombauten verbessert wird. Auch der Klodnitzkanal ist als Wasserstraße nicht sehr
bedeutend. Haupthandelsplätze sind: Breslau, Görlitz, Hirschberg, Grünberg, Liegnitz, Schweidnitz, Waldenburg, Ratibor, Beuthen,
Königshütte, Kattowitz und Gleiwitz.
[Bildung, Verwaltung etc.] Für die geistige Bildung bestehen: eine Universität zu Breslau, eine Kadettenanstalt zu Wahlstatt, 2
Kriegsschulen (Glogau und Neiße), 36 Gymnasien, 9 Realgymnasien, 2 Oberrealschulen, 2 Progymnasien, 3 Realprogymnasien, 4
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höhere Bürgerschulen, ein pomologisches Institut, 2 Landwirtschaftsschulen, eine Handelsschule, ein Pädagogium, 18
Schullehrerseminare (8 evangelische und 10 katholische), 3 Taubstummenanstalten, eine Blindenanstalt etc. Zur Unterstützung der
schlesischen Gutsbesitzer besteht eine Kreditanstalt.
Ein großer Teil der Fürstentümer, Standes- und Minderherrschaften in S. ist im Besitz von mittelbaren Fürsten, Standes- und
Minderherren. Eingeteilt wird die Provinz in drei Regierungsbezirke: Breslau mit 24, Oppeln mit 19 und Liegnitz mit 21 Kreisen;
unter den 64 Kreisen sind 3 Stadtkreise (Breslau, Liegnitz, Görlitz).
Militärisch bilden die Regierungsbezirke Breslau und Oppeln den Bezirk des 6. Armeekorps, der Regierungsbezirk Liegnitz
gehört zu dem des 5. Armeekorps. Für das Gerichtswesen bildet die Provinz den Bezirk des Oberlandesgerichts in Breslau mit den
14 Landgerichten zu Beuthen, Breslau, Brieg, Glatz, Gleiwitz, Glogau, Görlitz, Hirschberg, Liegnitz, Neiße, Öls, Oppeln, Ratibor und
Schweidnitz. In den deutschen Reichstag entsendet S. 35, in das preußische Abgeordnetenhaus 65 Vertreter.
Das Konsistorium und ein Generalsuperintendent zu Breslau stehen an der Spitze der protestantischen Bevölkerung, während
die Katholiken in Kirchensachen dem Fürstbischof von Breslau untergeordnet sind. Hiervon ausgenommen sind jedoch die Kreise
Neurode, Glatz und Habelschwerdt, welche zum Erzstift Prag, und der Kreis Leobschütz nebst einem Teil des Kreises Ratibor, der
zum Erzstift Olmütz gehört. Hauptstadt der Provinz ist Breslau, woselbst auch der Provinziallandtag, seit 1875 an Stelle der
ehemaligen Provinzialstände, seinen Sitz hat.
Daselbst befinden sich die Provinzialsteuerdirektion, eine Generalkommission, das Provinzialschulkollegium, ein Oberbergamt
(zugleich für Ost- und Westpreußen und Posen). Die Staatsbahnen stehen unter der Eisenbahndirektion zu Breslau und teilweise zu
Berlin; Oberpostdirektionen sind in Breslau, Liegnitz und Oppeln. Die Landesfarben der Provinz sind Weiß und Gelb. Das Wappen
Schlesiens ist im goldenen Feld ein schwarzer, mit der Herzogskrone bedeckter Adler, der auf seiner Brust einen silbernen Halbmond
hat, dessen Enden bald geeichelt sind, bald wie kleine Kreuze aussehen.
Vgl. Adamy, S. nach seinen physikalischen, topographischen und statistischen Verhältnissen (6. Aufl., Bresl. 1885);
»Gemeinde-Lexikon der Provinz S.« (hrsg. vom königlichen Statistischen Büreau, das. 1887);
Schroller, S., eine Schilderung etc. (Glog. 1885-88, 3 Bde);
Römer, Geologie von Oberschlesien (Berl. 1870);
Schlockow, Der oberschlesische Industriebezirk (das. 1876);
Kosmann, Oberschlesien, sein Land und seine Industrie (Bresl. 1888);
Festenberg-Packisch, Der metallische Bergbau Niederschlesiens (Wien 1881);
Derselbe, Entwickelung des niederschlesischen Steinkohlenbergbaus (Bresl. 1886);
Deutsch, Schlesiens Heilquellen und Kurorte (Berl. 1873);
Traube, Die Minerale Schlesiens (Bresl. 1888);
Weinhold, Verbreitung und Herkunft der Deutschen in S. (Stuttg. 1887);
»Verzeichnis der Kunstdenkmäler der Provinz. S.« (Bresl. 1887 ff.).
II. Das österreichische Herzogtum Schlesien. Österreichisch-S. (s. Karte »Böhmen, Mähren und Österreich.-S.«),
derjenige Teil Schlesiens, welcher im Breslauer Frieden von 1742 Österreich verblieben ist, grenzt im N. und W. an Preußisch-S.,
im Süden an Mähren und Ungarn und im O. an Galizien und besteht aus zwei durch den nördlichsten Teil der mährischen
Bezirkshauptmannschaft Mistek getrennten Territorien, welche früher den Troppauer und Teschener Kreis Mährens ausmachten, seit
1849 aber ein eignes Kronland (Herzogtum S.) bilden. Dasselbe umfaßt ein Areal von 5147 qkm (93,49 QM.), wird im SO. durch die
Karpathen (Bieskiden mit Lissahora 1320 m), im NW. durch das Reichensteiner Gebirge und Gesenke (Löwenkuppe 1035 m, Altvater
1487 m) von den Nachbarländern geschieden und im W. von der Oder und deren Zuflüssen Oppa mit der Mohra, Ostrawitza und
Olsa, im O. von der Weichsel und ihren kleinen Zuflüssen bewässert.
Der offenen Lage gegen NO. entspricht ein etwas rauhes Klima (mittlere Temperatur +8° C.). Der Niederschlag hält sich im
jährlichen Durchschnitt von 52 cm (Troppau) bis 73 cm (Teschen). Von den Mineralquellen ist der Säuerling zu Karlsbrunn der
bedeutendste. Ein bekannter Kurort ist auch die Wasserheilanstalt zu Gräfenberg. Die Bevölkerung betrug 1880: 565,475 Seelen
(Ende 1887 auf 590,478 berechnet);
sie nimmt in rascher Progression zu (1857-69 jährlich um 1,22 Proz., 1869-80 um 0,79 Proz.) und ist, mit 110 Einw. auf 1 qkm,
sehr dicht angehäuft (S. ist nächst Niederösterreich das am dichtesten bevölkerte Land Österreichs).
Die Einwohner sind ungefähr zu gleichen Teilen Deutsche (49 Proz.) und Slawen (Polen 28 Proz. im östlichen, Tschechen 23
Proz. im westlichen Teil) und bekennen sich, bis auf 79,028 Protestanten (lutherischer Konfession, meist im östlichen Teil) und 8580
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Juden, zur katholischen Kirche, die hier (abgesehen von dem zur Erzdiözese von Olmütz gehörigen Troppauer Archipresbyteriat)
unter Leitung eines vom Fürstbischof von Breslau ernannten und vom Kaiser von Österreich bestätigten Generalvikars zu Teschen
steht.
? Der Ackerbau steht auf guter Entwickelungsstufe, der Boden wird sehr sorgfältig bebaut (namentlich von dem deutschen
Schlesier, weniger von dem Polen), bietet aber infolge des rauhen Klimas geringern Ertrag. Hauptfrüchte sind: Hafer (1 Mill. hl),
sodann Roggen und Gerste, ferner Kartoffeln (2,3 Mill. hl), welche in vielen Gegenden das vorwiegende Nahrungsmittel bilden und
als Rohstoff für die Industrie dienen, Zuckerrüben (630,000 metr. Ztr.), Klee, womit 15 Proz. der Anbaufläche bestellt werden (1 Mill.
metr. Ztr. Ertrag), Hülsenfrüchte, Kraut, Raps, Flachs, Heu (1,7 Mill. metr. Ztr.) und etwas Obst. Die Viehzucht steht auf
befriedigender Stufe; Pferde (1880: 25,378 Stück) und Rindvieh (191,390 Stück) gehören der preußisch-schlesischen, bez.
norddeutschen Rasse an; doch ist unter dem Rindvieh auch der böhmisch-mährische Landschlag vertreten. An Käse und Butter
werden jährlich über 52,000 metr. Ztr. erzeugt. Der Bergbau liefert vor allem
ausgezeichnete Steinkohlen (1887: im Ostrau-Karwiner Becken 26,5 Mill. metr. Ztr. Produktion), außerdem Braunkohlen,
Eisenerz (45,700 metr. Ztr.) und Schwefelkies; der Hüttenbetrieb ergab 1887: 426,000 metr. Ztr. Frisch- und 17,847 Ztr. Gußroheisen.
Die Zahl der Berg- u. Hüttenarbeiter belief sich auf 17,238, der Gesamtwert der Bergbau- und Hüttenproduktion auf 9,2 Mill. Gulden.
Von hoher Bedeutung ist die schlesische Industrie, welche sich sowohl durch ihren Umfang als auch durch ihre Vielseitigkeit
auszeichnet und als Hauptkategorien die Metall- und Maschinenindustrie, dann die Textilindustrie umfaßt.
Erstere beschäftigt 12 Eisenraffinier- und Walzwerke (insbesondere zu Trzinietz, Karlshütte und Buchbergsthal), 2 Kupferhütten,
12 Maschinenfabriken, eine Kratzenfabrik. Die Hauptzweige der Textilindustrie sind: Streichgarnspinnerei, Tuch- und
Modestofffabrikation (zu Bielitz, Jägerndorf etc.: 92,000 Spindeln, 1900 Hand- und 1400 mechanische Webstühle),
Kammgarnspinnerei (Bielitz), Flachsgarnspinnerei (35,000 Spindeln), Leinenzwirnerzeugung (Engelsberg und Würbenthal), Leinenund Halbleinenwarenerzeugung (Freiwaldau, Freudenthal, Bennisch u. a.: 4800 Hand-, 335 mechanische Stühle), Leinenbleicherei
(Olbersdorf, Freiwaldau, Freudenthal etc.), Baumwollwarenfabrikation (Friedeck und Umgebung, Freudenthal: 3800 Hand-, 580
Maschinenstühle), Fabrikation von Bändern, Färberei, Druckerei, Appretur, Fabrikation von Strumpfwaren, Posamentierarbeiten,
Knöpfen etc. Andre hervorragende Industriezweige sind: Fabrikation von chemischen Produkten (4 Fabriken, darunter die zu
Hruschau und Petrowitz), Rübenzucker (9 Fabriken), Zuckerraffinerie (Troppau), Mühlenbetrieb, Bierbrauerei (44 Brauereien),
Branntweinbrennerei (98 Unternehmungen), Spiritusraffinerie, Rosoglio-, Likör- und Rumerzeugung.
Diesen Hauptindustrien schließen sich an: die Erzeugung von Thonwaren, Glas, Schiefer, Granit- und Marmorwaren, Pottasche,
Seife, Öl, Zündwaren, Farben, Koks, Kaffeesurrogaten, die Gerberei, die Fabrikation von Papier, Gummiwaren, die Erzeugung von
Brettern, Papierholzstoff, Möbeln aus gebogenem Holz (Teschen) und Drechslerwaren, Orgeln (Jägerndorf), endlich die
Buchdruckerei und Lithographie. Der Gesamtwert der industriellen Produktion beläuft sich in günstigen Jahren auf mehr als 80 Mill.
Guld. Mit den Landesprodukten und Fabrikaten wird auf Eisenbahn- und Wasserstraßen lebhafter Exporthandel getrieben. Die
Nordbahn durchschneidet mit der Linie Wien-Oderberg-Krakau das Land; hieran schließen sich im westlichen Teil die Linien
Schönbrunn-Troppau-Jägerndorf-Ziegenhals und Ziegenhals-Hannsdorf, im östlichen Teil die Linien Ostrau-Friedland,
Oderberg-Jablunkau, Dzieditz-Bielitz und Friedland-Bielitz an.
Bildungsanstalten sind: 4 Obergymnasien, 2 Untergymnasien, 4 Oberrealschulen, 3 Lehrerbildungsanstalten, eine
Lehrerinnenbildungsanstalt, eine Gremialhandelsschule, eine Staatsgewerbeschule, 5 gewerbliche Fachschulen, 2 landwirtschaftliche
Lehranstalten, ein evangelisches Alumneum, 5 Bürgerschulen und 468 Volksschulen. Der schlesische Landtag ist zusammengesetzt
aus dem Fürstbischof von Breslau, 9 Abgeordneten des Großgrundbesitzes, 2 der Handelskammer, 10 der Städte und Industrieorte
und 9 Abgeordneten der Landgemeinden.
Für die Rechtspflege bestehen 24 Bezirksgerichte unter dem Landesgericht zu Troppau und dem Kreisgericht zu Teschen; das
Oberlandesgericht zu Brünn ist Oberinstanz. Hauptstadt ist Troppau. Das Wappen s. auf Tafel »Österreichisch-Ungarische
Länderwappen«. Vgl. Peter, Das Herzogtum S. (Teschen 1884);
Sláma u. a., Österreichisch-S. (Prag 1887);
»Spezial-Ortsrepertorium von S.« (hrsg. von der statistischen Zentralkommission, Wien 1885).
Die politische Einteilung des Landes ist folgende:
Bezirke Areal in QKilom. Areal in QMeiÂ-len Bevölkerung 1880
Städte:
Troppau 11 0.20 20562
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Bielitz 5 0.09 13060
Friedek 10 0.18 5912
BezirksÂ-hauptmannÂ-schafÂ-ten:
Bielitz 758 13.77 67333
Freistadt 357 6.49 68276
Freiwaldau 737 13.38 69251
Freudenthal 592 10.75 51094
Jägerndorf 532 9.67 62108
Teschen 1152 20.92 113910
Troppau 993 8.04 93969
Geschichte Schlesiens. Nachdem die alten Bewohner Schlesiens, Lygier, Quaden u. a., in der Völkerwanderung nach
Südwesten gewandert, erhielt S., dessen Name wohl von dem Flüßchen Sleza, der heutigen Lohe, einem Nebenfluß der Oder,
abzuleiten ist, eine gemischte Bevölkerung, indem sich neben den im Gebirge zurückgebliebenen Germanen im 6. Jahrh. auch
slawische Stämme niederließen. Um 900 kam der auf dem rechten Ufer der Oder gelegene Teil von S. an Polen, das Land zwischen
Oder und Bober 973 an Böhmen, aber 999 gleichfalls an Polen, während das Gebiet westlich des Bober zur deutschen Lausitz und
zu der Mark Meißen gehörte.
Von Posen her, wo Herzog Mieczyslaw I. 968 ein Bistum gründete, breitete sich das Christentum allmählich in S. aus; doch fällt
die Errichtung des Bistums Breslau erst in das Jahr 1051. Ein Feldzug Kaiser Heinrichs V. 1109, der Boleslaw III. von Polen zwingen
sollte, mit seinem Bruder zu teilen, scheiterte an den festen Burgen Schlesiens, unter denen schon Beuthen und Glogau genannt
werden. Als im 12. Jahrh. ein neuer Erbfolgestreit im piastischen Fürstenhaus ausbrach, gelang es Friedrich Barbarossa, 1163 für die
Söhne des entthronten Wladislaw einen großen Teil Schlesiens als Entschädigung zu erwerben.
Sie sind die Stifter der schlesischen Piastendynastie, und zwar wurde von Boleslaw I. (s. Boleslaw 8) das Herzogtum Breslau
(Niederschlesien), von Mieczyslaw Ratibor (Oberschlesien) und von Konrad Glogau begründet. Als Konrad 1178 ohne Leibeserben
starb, fiel sein Land an die Linie Breslau. Es fanden später in beiden Herzogtümern viele Teilungen statt. Dadurch wurde aber die
friedliche Germanisierung des ganzen Landes durch zahlreiche deutsche Einwanderer, Mönche, Bürger und Bauern, nicht gestört.
Unter den Herzögen Niederschlesiens sind hervorzuheben: Heinrich I., der Bärtige (gest. 1238), Gemahl der heil. Hedwig, der nach
siegreichem Krieg 1233 die vormundschaftliche Regierung in Polen und die Herrschaft Krakau erlangte und deutsche Ansiedelungen
eifrig förderte, und sein Sohn Heinrich II., der Fromme (s. Heinrich 48), der in der Mongolenschlacht bei Liegnitz 1241 fiel.
? Durch Teilung Niederschlesiens (1241) entstanden die drei Herzogtümer Breslau, Liegnitz und Glogau; durch Teilung
Oberschlesiens die Herzogtümer Teschen, Oppeln, Ratibor, das um 1340 mit dem böhmischen Lehen Troppau vereinigt wurde,
während sich von
diesem 1366 das Herzogtum Jägerndorf abtrennte. Bald ward jede nur irgend bedeutendere Stadt der Sitz eines Fürsten. Zu
Anfang des 14. Jahrh. bestanden in S. 18 regierende Fürstenhäuser, nämlich: in Niederschlesien Brieg, Breslau, Liegnitz,
Schweidnitz, Jauer, Münsterberg, Glogau, Steinau, Sagan, Öls;
in Oberschlesien Kosel, Teschen, Beuthen, Falkenberg, Oppeln, Strehlitz, Ratibor und Troppau;
daneben noch ein bischöfliches Fürstentum, Neiße.
König Johann von Böhmen wurde 1327 von sämtlichen Herzögen Oberschlesiens und von Breslau, 1329 von den meisten
Herzögen Niederschlesiens als Oberherr anerkannt und wußte den König Kasimir d. Gr. von Polen 1335 zum Verzicht auf die
Oberhoheit über S. zu bestimmen. Aus der Schutzherrschaft entwickelte sich bald die Lehnshoheit Böhmens. Kaiser Karl IV. erwarb
durch seine Gemahlin Anna das Erbfolgerecht in den beiden Fürstentümern Jauer und Schweidnitz, welche die böhmische
Lehnshoheit noch nicht anerkannt hatten, und brachte so ganz S. unter die Krone Böhmen und zum Deutschen Reich.
Doch ward S. als ein Ganzes angesehen, dessen allgemeine Angelegenheiten auf den sogen. Fürstentagen besorgt wurden.
Den Herzögen von Liegnitz, Teschen, Oppeln und Ratibor erteilte Wladislaw 1498 und 1511 das Recht, in Ermangelung männlicher
Nachkommen ihre Länder testamentarisch auf andre zu übertragen. Deshalb hielt sich Herzog Friedrich II. von Liegnitz, Brieg und
Wohlau (s. Friedrich 26) für berechtigt, mit Joachim II. von Brandenburg 1537 eine Erbverbrüderung zu schließen.
Aber König Ferdinand I., an den 1526 Böhmen übergegangen war, erklärte 1546 diese Abmachung für nichtig. Der Verbreitung
der Reformation setzten die schlesischen Herzöge kein Hindernis entgegen, wohl aber die deutschen Kaiser aus dem Haus
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Habsburg, welche die an sie heimgefallenen Gebietsteile durch einen Oberlandeshauptmann regieren ließen. Besonders suchte
Ferdinand II. die Schlesier zum alten Glauben zurückzuführen, und das widerstrebende, überwiegend protestantische Land hatte
während des Dreißigjährigen Kriegs unsägliche Leiden zu erdulden.
Damals verlor ein Hohenzoller, Johann Georg, sein Fürstentum Jägerndorf (s. d.), weil er Friedrich V. von der Pfalz angehangen.
Die Jesuiten wurden 1648 förmlich aufgenommen, die evangelischen Kirchen, mit Ausnahme einiger kleiner Friedenskirchen zu
Jauer, Schweidnitz und Glogau, dagegen geschlossen und ihr Vermögen eingezogen. Die Fürstentümer Münsterberg, Sagan, Oppeln
und Ratibor wurden teils verkauft, teils verpfändet. Unter dem Kaiser Leopold I. wurde jenes harte Verfahren auch auf die
Herzogtümer Liegnitz, Wohlau und Brieg ausgedehnt, die nach dem 1675 erfolgten Ableben des letzten piastischen Herzogs, Georg
Wilhelm, an den Kaiser fielen.
Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg, dem diese Herzogtümer nach jenem Erbvertrag eigentlich gebührten, erhielt nur
den Kreis Schwiebus, den Kurfürst Friedrich III. einer als Kurprinz eingegangenen Verpflichtung gemäß 1694 für 250,000 Gulden
wieder an den Kaiser zurückgab. Durch die Altranstädter Konvention von 1707 und den kaiserlichen Rezeß von 1709 erhielten die
Protestanten in S. neben der Teilnahme an öffentlichen Ämtern 128 Kirchen zurück und die Erlaubnis zur Erbauung von sechs neuen
Kirchen (Gnadenkirchen) in Freistadt, Hirschberg, Landeshut, Militsch, Sagan und Teschen.
Um so ungünstiger gestaltete sich die Lage der Protestanten unter Karl VI. Dennoch erkannten die schlesischen Stände 1720 die
Pragmatische Sanktion und damit Maria Theresia als ihre künftige Landesherrin an. Doch machte Friedrich II. von Preußen, als Maria
Theresia 1740 ihrem Vater folgte, Ansprüche auf die schlesischen Fürstentümer Liegnitz, Brieg, Wohlau und Jägerndorf und bot
Maria Theresia ein Bündnis gegen alle ihre Feinde an, wenn sie einen Teil Schlesiens abtrete.
Die ablehnende Haltung Österreichs veranlaßte Friedrich 16. Dez. 1740 zu einem Einfall in S., welcher den erstem Schlesischen
Krieg (s. d.) herbeiführte. Durch den Frieden zu Breslau 11. Juli 1742 ging ganz S., mit Ausnahme der Fürstentümer Teschen,
Troppau, Jägerndorf und des kleinen Gebiets jenseit der Oppa, an Preußen über. Friedrich II. nahm durchgreifende Veränderungen
in Verfassung, Verwaltung u. Rechtspflege des Landes vor; er stellte einen eignen Minister für S. an die Spitze der Verwaltung,
errichtete zwei Kriegs- und Domänenkammern zu Breslau und Glogau, stellte Landräte an, teilte das Land in 48 Kreise etc. Allen
Religionsparteien ward völlige Religionsfreiheit gewährt. Neue und tiefe Wunden wurden S. durch den zweiten Schlesischen sowie
durch den Siebenjährigen Krieg geschlagen, doch wußte Friedrich auch diese zu heilen. S. hat fortan seine Anhänglichkeit an
Preußen oft bethätigt, so 1813 und noch 1866.
Vgl. Sommersberg, Scriptores rerum silesicarum (Leipz. 1729-32, 3 Bde.; dazu »Berichtigungen und Ergänzungen«, Bresl.
1790, 3 Bde.);
Stenzel, Scriptores rerum silesicarum (das. 1835-51, 5 Bde.);
»Codex diplomaticus Silesiae« (Berl. 1859 bis 1888, Bd. 1-13);
Stenzel und Tzschoppe, Urkundensammlung zur Geschichte des Ursprungs der Städte etc. in S. (Hamb. 1832);
Stenzel, Geschichte Schlesiens (Berl. 1853, Bd. 1);
Grünhagen, Geschichte Schlesiens (Gotha 1884-86, 2 Bde.);
Derselbe, Wegweiser durch die schlesischen Geschichtsquellen bis 1550 (Bresl. 1876);
Derselbe, Regesten zur schlesischen Geschichte (2. Aufl., das. 1880-84);
Grotefend, Stammtafel der schlesischen Fürsten bis 1740 (das. 1876);
»Acta publica«. Verhandlungen und Korrespondenzen der schlesischen Fürsten und Stände (hrsg. von Krebs, das. 1865-85, Bd.
1-6);
»Lehns- und Besitzurkunden Schlesiens und seiner Fürstentümer im Mittelalter« (hrsg. von Grünhagen und Markgraf, Leipz.
1881-83, Bd. 1 u. 2);
Ziegler, Die Gegenreformation in S. (Halle 1888);
Zimmermann, Vorgeschichtliche Karte von S. (Bresl. 1879);
»Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertum Schlesiens« (seit 1855);
»Schlesiens Vorzeit in Bild und Schrift«, Zeitschrift des Vereins für das Museum schlesischer Altertümer (seit 1864);
die seit 1862 aufs neue herausgegebenen »Schleschen Provinzialblätter« ^[richtig: »Schlesischen Provinzialblätter«] (gegründet
1785);
die »Jahresberichte« sowie die »Abhandlungen der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Kultur«.
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Quelle: Meyers Konversations-Lexikon, 1888; Autorenkollektiv, Verlag des Bibliographischen Instituts, Leipzig und Wien, Vierte
Auflage, 1885-1892;14. Band, Seite 513 im Internet seit 2005; Text geprüft am 9.1.2007; publiziert von Peter Hug; Abruf am
16.1.2017 mit URL:
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