Neurologie an der UT Southwestern at Dallas

Transcription

Neurologie an der UT Southwestern at Dallas
Neurologie an der UT Southwestern at Dallas Im Folgenden möchte ich die Erfahrungen, die ich während meiner zweimonatigen Neurology Rotations an der UT Southwestern at Dallas sammelte, schildern. Im Rahmen des Austauschprogramms mit der UT Southwestern durfte ich zusammen mit einer Kommilitonin die erste Hälfte meines Neurologie‐Tertials in Dallas absolvieren. Erste Ansprechpartnerin auf amerikanischer Seite ist Joyce Mohler, Residency Coordinator, welche uns die auszufüllenden Formulare schickte und bei der Bewältigung aller formalen Schritte unersetzlich war. Es empfiehlt sich, genügend Zeit – ich würde sagen ca. zwei bis drei Monate ‐ für die Vorbereitung und Organisation des Aufenthaltes einzuplanen. Für das Beantragen des Visums meldet man sich, nachdem man von der UT Southwestern das notwendige Formular erhalten hat, zu einem Interview im amerikanischen Konsulat an, wonach in der Regel relativ bald darauf das Visum zugestellt wird. Außerdem muß man diverse Impfungen, teilweise sogar Antikörper‐Titer, nachweisen, um für das Elective zugelassen zu werden. Joyce Mohler, Residency Coordinator Am ersten Tag unserer Rotations wurden meine Kommilitonin und ich von Joyce herzlich empfangen, die sich sichtlich über den mitgebrachten Blumenstrauß freute, und, nachdem wir die restlichen organisatorischen Dinge im Registrar's Office geklärt und unsere ID‐Karten erhalten hatten, auf die Stationen verteilt, wobei wir die erste Woche im selben und danach in unterschiedlichen Teams arbeiteten. Da noch Spring Break war, fand die Einführungsveranstaltung für alle Studenten in der zweiten Woche statt, in welcher kurz Neuroanatomie, neurologische Untersuchungstechniken und Allgemeines zum Ablauf des Kurses besprochen wurden. Insgesamt verbrachte ich drei Wochen in General Neurology im Parkland Memorial, zwei Wochen in Pediatric Neurology Inpatient im Children’s Medical Center und die restliche Zeit in der Ambulanz, wo ich vornehmlich in der MS Clinic tätig war. Ich wurde genauso wie ein regulärer Student eingebunden und somit waren mir meist vier Patienten zugeordnet, die ich täglich untersuchte und deren klinischen Fortschritt ich in meinen Notes nach dem SOAP‐Schema dokumentieren sollte; dies geschah in enger Zusammenarbeit mit dem mich betreuenden Resident/Intern, sofern es ihm zeitlich erlaubt war. Es war erwünscht, alles bereits vor der morgendlichen Übergabe um 7 Uhr zu erledigen, so daß die Studenten meist vor sechs Uhr auf Station anfingen. Etwas später am Morgen traf sich das komplette Team, bestehend aus einem oder zwei Interns, zwei Residents und dem Senior Resident, sowie fünf bis sechs Studenten, mit dem Attending Physician zur Ward Round, welchem man von seinen bereits vertrauten Patienten berichtete und regelmäßig neue vorstellte, die man zuvor selbst aufgenommen hatte. Beim Präsentieren neuer Fälle wird eine bestimmte Systematik erwartet, was initial schwierig sein kann. Zwar hatte ich zuvor während meiner Electives in Internal Medicine in Kanada ausreichend Gelegenheit gehabt, diese einzuüben, war aber trotzdem oft etwas angespannt und nervös. Grundsätzlich sollte man als Student in der Lage sein, Assessment/Plan für den jeweiligen Patienten zu formulieren, was man allerdings vorher mit seinem Resident besprechen darf. Ferner wird von den Studenten eine aktive Teilnahme an den sich oftmals anknüpfenden Diskussionen erbeten und man wird ermutigt, bei Unklarheit jederzeit Fragen zu stellen. Oft brachten die Studenten oder Residents aktuelle Papers zu spezifischen Fragestellungen im Hinblick auf die Klinik mancher interessanter Patienten mit oder referierten über ein kurzes Thema. Einer der Attendings hatte regelmäßig wertvolle Übersichten zu wichtigen Krankheitsbildern vorbereitet, die man als aufschlußreiche Lektüre in kurzen Pausen nutzen konnte. Anschließend gingen wir mit dem Attending zu ausgewählten Neuzugängen und untersuchten sie gemeinsam. Mittags konnte man zu wissenschaftlichen Talks gehen und jeden Mittwoch fanden Seminare für die Studenten statt, wobei auch die Möglichkeit bestand, eine Hirnsektion in der Neuropathologie zu besuchen. Ein normaler Arbeitstag endete gewöhnlich zwischen vier und fünf Uhr nachmittags. Einmal wöchentlich sollte jeder Student einen Short Call machen, der bis 21 Uhr dauerte und wo die Residents gewöhnlich mehr Zeit hatten, ausführlich auf Fragen einzugehen und zusammen mit einem Studenten einen Patienten aufzunehmen. In den Kliniken gab es zwei unterschiedliche EDV‐Systeme, vCDR und EPIC, wobei man im Begriff war, ausschließlich auf EPIC umzustellen. EPIC ist ein leistungsstarkes Krankenhausinformationssystem mit zahllosen Funktionen und ermöglicht es, die Patienten papierlos zu verwalten. Als Visiting Student erhält man allerdings keinen Zugang zu EPIC, da dies ein ganztägiges Training voraussetzen würde, was insofern problematisch sein könnte, als die Notes ebenfalls in EPIC eingegeben werden müssen. Zu meiner Zeit durfte ich sie jedoch noch in die Patientenakten schreiben. Der Umgang im Team untereinander war durch hohe Professionalität gekennzeichnet, alle waren in der Regel sehr höflich und zuvorkommend. Das Pflegepersonal zeigte sich ausnahmslos freundlich und hilfsbereit. Auch mit den amerikanischen Studenten kam man schnell ins Gespräch und fühlte sich sehr willkommen. Qualität und Ausmaß der Lehre, welcher hier prinzipiell eine essentielle Bedeutung zukommt, waren natürlich, abhängig von der Motivation und Erfahrung der Residents und des Attending, mit denen man gerade zusammenarbeitete, gewissen Schwankungen unterworfen, blieben aber dennoch immer ausgezeichnet. Außerdem existiert ein ausgeprägtes und sehr effektives Evaluationssystem, das von allen Beteiligten durchaus ernst genommen wird; dabei können die Studenten umfassend jede besuchte Veranstaltung und Person, welche für die individuelle Ausbildung verantwortlich war, evaluieren. Jährlich wird zudem ein Teaching Award an einen von den Studenten nominierten Resident oder Attending verliehen. Ich gewann den Eindruck, daß die Residents, die übrigens in etwa alle vier bis acht Wochen rotieren, ein unglaublich hohes Arbeitspensum absolvieren und ein verblüffend fundiertes klinisches Wissen besitzen. Die Neurology Residency dauert vier Jahre (das erste Jahr wird in der Inneren abgeleistet), woran sich ein Fellowship in einer der Neurology Subspecialities anschließt. Während seiner Residency forscht man in der Regel nicht und kann sich folglich völlig auf die Klinik konzentrieren. Als Attending arbeitet man eigenverantwortlich und relativ unabhängig, da es im Grunde keinen Vorgesetzten mehr gibt, und kann sich, den persönlichen Neigungen entsprechend, mehr der Forschung oder Patientenbetreuung widmen. Texas verfügt über eine Art universaler Krankenversicherung, so daß für die meisten Einwohner eine solide medizinische Grundversorgung gesichert ist. Daneben gibt es private Kliniken für Privatversicherte und das VA‐System für die Kriegsveteranen, die sich kostenlos an einem der VA‐Krankenhäuser behandeln lassen können. Dr. R. Rosenberg (ehemaliger Vorsitzender der American Academy of Neurology), Gertraud Stocker, Daniel Utpadel‐Fischler (v.r.n.l) Ein eigenes Auto ist in Dallas unerläßlich, weil alles so auseinander gelegen und ein öffentliches Busnetz nur rudimentär vorhanden ist. Der UT Southwestern Campus, wo sich auch das Hauptklinikum befindet, liegt zudem in keiner sehr sicheren Gegend, so daß man vermeiden sollte, abends an der Bushaltestelle warten zu müssen. Meine Kommilitonin und ich hatten das Glück, relativ günstig das Auto einer chinesischen Biochemiestudentin mieten zu können, welche gerne bereit wäre, ebenso den nächsten Studenten, die am Austausch teilnehmen, weiterzuhelfen (Kontaktdetails gerne per Email). Zur Wohnungssuche würde ich raten, auf craigslist.com zu schauen. Eventuell bestünde auch die Möglichkeit, bei jener Studentin zur Untermiete zu wohnen. Dallas ist eine interessante, lebhafte Stadt mit einem breiten Kulturangebot (der Nasher Sculpture Garden ist sehr zu empfehlen, sowie das Sixth Floor Museum zur Ermordung J.F. Kennedys und im imposanten AA‐Center locken den Basketballfan die Mavs um Dirk Nowitzki), die man allerdings zwingend mit einem Auto erkunden muß, da, wie erwähnt, die Distanzen einfach ansonsten kaum zu bewältigen wären. In der Nähe befindet sich die kleine Stadt Fort Worth, wo man sich Rodeos und die historischen stockyards ansehen kann. Austin, die Hauptstadt von Texas, ist sicherlich einen Wochenendausflug wert; tagsüber locken das beeindruckende Capitol und abends zahllose Pubs und Bars mit Live‐Musik. In San Antonio, etwa eine Stunde südlich von Austin gelegen, kann man Alamo und den pittoresken, doch leider sehr von Touristen überlaufenen River Walk besichtigen. Rund um Austin und Dallas laden diverse Outlet‐„Städte“ zum exzessiven Shopping ein, wobei es in Dallas selbst auch sehr elegante Kaufhäuser mit allen erdenklichen Edelboutiquen gibt. Gertraud Stocker, Dr. Olaf Stüve, Daniel Utpadel‐Fischler (v.r.n.l.) Abschließend möchte ich anfügen, ich bin überaus froh und glücklich, all diese Erfahrungen gemacht haben zu dürfen, und habe fachlich enorm von dem exzellenten Neurology Elective der UT Southwestern profitiert. Es war großartig, jederzeit Probleme oder neue Ideen diskutieren zu können und immer ernst genommen zu werden, ohne daß Hierarchien irgendeine Rolle gespielt hätten. Die UT Southwestern ist momentan die Uni mit den meisten aktiven Nobelpreisträgern und die Abteilung für Neurologie zählt mit zu den besten in den USA. Hier hatte ich die einmalige Gelegenheit, viele faszinierende Persönlichkeiten kennenzulernen, darunter weltweit anerkannte Experten in der Erforschung und Behandlung der Multiplen Sklerose, die stets für alle Fragen offen waren und sich rührend um meine Kommilitonin und mich kümmerten. Insbesondere möchte ich Herrn Dr. Olaf Stüve hervorheben, welcher zusammen mit Herrn Prof. Gänsbacher das Austauschprogramm initiierte und uns die ganze Zeit über wirklich wundervoll betreute. Hilfreiche Ressourcen zum Neurologiestudium: Online natürlich www.uptodate.com, sehr empfehlenswert auch das Journal Seminars in Neurology (auch für Pediatric Neurology erhältlich). Diverse Bücher, bei denen sich eine Investition lohnt: ‐ Neuroanatomy through Clinical Cases by Hal Blumenfeld (auf seiner Homepage www.neuroexam.com gibt es interessante Videos zu Untersuchungstechniken) ‐
‐
‐
‐
Harrisson’s Neurology in Clinical Medicine Neurology: A Queen Square Textbook by C. Clarke et al. Parkinson’s Disease and Other Movement Disorders by K. Bhatia et al. Primer of EEG by A. James Rowan Die offizielle Seite der UT Southwestern für Visting Medical Students findet man unter http://www.utsouthwestern.edu/utsw/cda/dept20676/files/397167.html Bei weiteren Fragen bin ich jederzeit unter [email protected] erreichbar.