Argumentstruktur und Bewegung
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Argumentstruktur und Bewegung
Syntax IV Teil IV: Argumentstruktur 22.12.05 Übersicht: Wiederholung und X'-Theorie Phrasenstrukturregeln Selektion: Subkategorisierung und Thetatheorie Verschiebung Adjunkte Kontrastive Aspekte Zusammenfassung 1 Lexikalische und funktionale Projektionen Syntax IV Lexikalische Projektionen: Phrasen mit lexikalischem Kopf: NP – Phrase mit einem Nomen als Kopf: Maria, alle drei Teller, grüne Männchen, dieses blaue Buch,… VP – Phrase, die aus einem Verb gebildet wurde: schläft, zeigte Hans das Buch, sehen einen Film, … AP – aus Adjektiv gebildete Phrase: langsam, auf die Leistung stolz, ihren Grundsätzen treu, … PP – Phrase mit präpositionalem Kopf: mit Maria, über einen Fluß, zwischen Berlin und Wien,… Funktionale Projektionen: Phrasen mit funktionalem Kopf: CP – Phrase mit C als Kopf – der Satz IP – Enthält Subjekt und Flexionsmerkmale. DP – Die maximale Projektion der Nominalgruppe. V Gibt es einen gemeinsamen Bauplan für Phrasen, oder müssen diese jeweils getrennt erstellt werden? 2 1 Struktur der PP Syntax IV (Die meisten) Präpositionen verlangen ein Objekt, das unter P' (sprich "P-bar") generiert wird: (1) a. Pawel stammt aus Warschau. b. *Pawel stammt aus. In einigen Kontexten erlauben PPs ein Subjekt in SpecPP: (2) a. Er will ihnSUBJ aus dem Haus. b..Er will ihnSUBJ aus dem Haus haben. (3) Sie wähnten unsSUBJ in Moskau. (4) Spezifikator der PP L (kurz: "SpecPP") PP 3 DPSUBJ P' 4 2 ihn P DP 7 Objekt (oder Komplement) g 2 der Präposition aus D NP [Dreiecke (4) markieren Abkürzungen für Teile von Bäumen] g g dem N g Haus Struktur der AP: Objekte und… 3 Syntax IV Adjektive fallen (so wie Verben) in zwei Klassen was ihre Objektseigenschaften angeht. Transitive Adjektive sind – teils obligatorisch - mit einem Objekt zu kombinieren. Das Objekt befindet sich unter A'. (1) a. Das Resultat war [der Mühe] wert. b. *Das Resultat war wert. ¸ Objekt obligatorisch (2) a. Hans ist [seinem Chef] hörig. b. *Hans ist hörig. ¸ Objekt obligatorisch a. Maria ist [ihr] dankbar. b. Maria ist dankbar. ¸ Objekt optional (3) Maria ist... AP 3 Intransitive A's werden mit A' keinem Objekt kombiniert: Komplement (= Objekt) 3 a. Der Hund ist gesund des Adjektivs L DP A b. *Der Hund ist die Ohren gesund. 4 g ihr dankbar (4) (5) 4 2 …Subjekte in der AP Syntax IV In einigen Kontexten erlauben APs ein Subjekt in SpecAP: (1) Die Geschworenen erkannten ihnSUBJ (des Mordes) schuldig. In diesen Konstruktionen ist – so wie in Sätzen - das Subjekt obligatorisch. (Die DP verhält sich wie ein richtiges Subjekt.) (2) a. *Die Geschworenen erkannten schuldig. b. *Die Geschworenen erkannten des Mordes schuldig. (3) Die Geschworenen erkannten ... AP 3 Spezifikator der PP L NP A' SUBJ 4 3 (kurz: "SpecAP") ihn DP A Komplement des Adjektivs 2 D g NP schuldig g 5 des Mordes Struktur der VP 5 Syntax IV Die Objekte (Komplemente) transitiver und ditransitiver Verben befinden sich direkt unter dem V'-Knoten. Ditransitive Verben besitzen zwei V'-Knoten (s.(1)). (1) (2) Die Geschworenen ließen... Sie wollten VP 2 Komplemente VP V' 3 des Verbs 3 V' DPSUBJ V' DPIO 4 3 6 3 ihn DP V0 V0 dem Gast DPDO 6 g 6 g einen Eid schwören ein Bild zeigen So wie andere Kategorien können auch Verben ein Subjekt innerhalb der Phrase (hier VP) zulassen. (2) a. Der Richter ließ [VP ihnSUBJ einen Eid schwören]. b. . Der Richter veranlaßte, daß erSUBJ einen Eid schwor. Im Gegensatz zum Satzsubjekt wird dieses VP-interne Subjekt mit Akkusativ markiert (vgl. mit PP/DP/AP-internen Subjekten). 6 3 Subjekte und Objekte der DP (1) a. MariasSUBJ Bericht über die Wahlen DP 3 dauerte 3 Stunden. NPSUBJ D' b. . MariaSUBJ berichtete 3 Stunden lang g 3 über die Wahlen. Maria D NP g 2 -s Ø N' 2 Komplemente N PP g 2 Bericht Ø P' 2 P DP g 2 Spezifikatoren über Ø D' 2 NB: Spezifikatoren und D NP g 2 Komplemente müssen – die Ø N' mit Ausnahme SpecIP – g nicht gefüllt sein! (Leere N Positionen werden durch g 'Ø' markiert.) Wahlen Syntax IV (2) Struktur der IP (1) 7 Syntax IV They are sleeping. Die Zwischenprojektion I' ("I bar") verbindet den Kopf der Phrase und die IP mit der maximalen Projektion. Das Subjekt befindet sich in der Spezifikatorposition der IP (kurz: "SpecIP") Der Kopf I sorgt für (i) Kongruenz und (ii) den Subjektskasus. (2) Spezifikator ('SpecIP') L IP wo NP3.Pers.Pl., NOM I' 7 Zwischeng 3 projektion I' N I3.Pers.Pl. VP I übermittelt Kongruenz g g g zwischen Subjekt und Verb They 3.Pl., NOM are V (hier: 3. Person Plural) g sleeping I überträgt Nominativkasus an Subjekt in SpecIP 8 4 Gemeinsamkeiten zwischen Phrasen Syntax IV Alle Phrasen besitzen: einen Kopf X (auch X0 notiert) sowie eine maximale Projektion XP einen Spezifikator SpecXP (direkt unter der maximaler Projektion) Zwischenprojektionen (X', sprich "X-bar") Komplementpositionen, die direkt unter dem X'-Knoten liegen. Je nach Stellung des Kopfes ist XP kopfinitial oder kopffinal. (2) Sie erkannten AP (1) Er wollte PP 3 3 A' DPSUBJ P' DPSUBJ 4 3 4 3 ihn DP A0 ihn P0 DP 6 g g 6 des Mordes schuldig aus dem Haus (4) Die Geschworenen ließen... (3) DP VP 3 3 D' DPSUBJ V' DPSUBJ 5 3 4 3 NP Brendel D0 ihn DP V0 g 6 6 g -s Interpretation der Sonate einen Eid schwören X'-Theorie 9 Syntax IV X'-Theorie: ein allgemeiner, kategorieunabhängiger Bauplan für syntaktische Phrasen. Der Kopf wird als X0 ("X-Null") notiert (z.B. N0 oder A0) Der Kopf projiziert den X'-Knoten. Der X'-Knoten enthält den Kopf sowie das Komplement (= Objekt des Kopfes). Die Maximale Projektion dominiert den Spezifikator sowie den X'Knoten. Der Spezifikator und das Komplement sind immer selbst Phrasen. (1) XP (X, Y, Z 0 {V, A, N, D, P,....}) ei SPEZIFIKATOR L YP X' ("X-bar") ei X0 ZP 7 KOMPLEMENT g [terminales Symbol] L Der Kopf kann links (PP, DP) oder rechts ([deutsche] VP, AP) sitzen. 10 5 Phrasenstrukturregeln Syntax IV Syntaktische Bäume werden mittels Phrasenstrukturregeln generiert. Die der X'-Struktur zugrundeliegenden Bildungsprinzipien werden – wie in der Morphologie – in Pfeilnotation notiert. (1) (2) (3) XP ! YP X' X' ! X0 ZP (Lies '!' als "verzweigt zu" od. "enthält") (6) Sie hielt AP ei DP A' ei 5 DP A0 ihn 6 g seinen treu Grundsätzen XP ei YP X' ei X0 ZP Anwendung: AP (4) (5) AP ! DP A' A' ! DP A0 Beispielsatz: (1) a. CP ! XP C' b. C' ! C0 YP (2) a. IP ! XP I' b. I' ! I0 YP (3) a. DP ! XP D' b. D' ! D0 YP 11 (Hans sah,) daß Maria den Bericht las. (6) CP 3 C' Ø 3 C0 g IP ei I' daß DP 3 2 D' VP I0 2 3 D0 NP V' g 2 Ø (5) a. VP ! XP V' 3 Ø Ø N' b. V' ! V0 YP DP V0 2 2 g 0 Ø N (wobei X,Y 0 {V, A, N, D, P, C,....}) Ø D' g las 2 Maria D0 NP g 2 V Wie wird sichergestellt, daß 'XP' den Ø N' und 'YP' in den Regeln jeweils mit 2 Ø N0 der richtigen Phrase besetzt werden? g Bericht (4) a. NP ! XP N' b. N' ! N0 YP Syntax IV Ø 12 6 Komplementwahl Syntax IV Nicht alle Köpfe können mit allen Projektionen verbunden werden. D verlangt z.B. nach einem NP-Komplement: (1) a. Die [NP Aufführung] endete. b. *Der/die/das [VP aufführen] endete. (3) *DP (2) DP 2 2 º3D + NP ¸ *D + VP (4) ¸ *D + PP D' 2 VP /PP /AP/DP/IP/CP D0 g 6 die/der/das ........ D' 2 NP D0 g 6 die Aufführung *Die [PP in der Oper] fror es. (5) a. *Der [AP angebliche] log. b. Der [NP angebliche Täter] log. c. *Der [DP der angebliche Täter] log. ¸ *D + AP º3D + NP ¸ *D + DP (6) a. [CP Daß Hans Maria einlud] überraschte uns. b. *Der [IP Hans lud Maria ein] überraschte uns. c. *Der [CP daß Hans Maria einlud] überraschte uns. ¸ *D + IP ¸ *D + CP Selektion und Subkategorisierung 13 Syntax IV L Die Komplementwahl unterliegt Selektionsbeschränkungen Zwei Arten von Selektion: Semantische Selektion: regelt Bedeutungskompatibilität (1) #Der Stein las das Buch. (2) #Grüne Ideen schlafen wild. Kategoriale Selektion: L s. Abschnitt zu Thetarollen L Subkategorisierung Kategoriale Selektionsbeschränkungen werden im Subkategorisierungsrahmen des Lexikoneintrags festgehalten. Beispiel: Lexikoneintrag für verschlingen: (3) Phonetische Form: Kategorie: Subkategorisierung: Bedeutung: [vcr•lwngcn] V NP hastig essen Ein Ausdruck kann auch mehr als eine Subkategorisierung besitzen: (4) a. Der Hund aß1 den Kater. b. Das Kind aß2 nicht. ¸ essen1 subkategorisiert NP ¸ essen2 subkategorisiert Ø 14 7 Funktionale und lexikalische Selektion Syntax IV Funktionale Köpfe (D, I, C) subkategorisieren obligatorisch ein Komplement einer spezifischen Kategorie: • D selegiert immer eine NP • I selegiert immer eine VP • C selegiert immer eine IP ¸ D subkategorisiert NP ¸ I subkategorisiert VP ¸ C subkategorisiert IP º Funktionale Köpfe besitzen immer ein Komplement. º Die Kategorie des Komplement bleibt konstant. Der Subkategorisierungsrahmen lexikalischer Projektionen (AP, VP, PP, NP) ist vom spezifischen Lexikoneintrag abhängig. Verben die kein Komplement subkategorisieren (intransitive Vs): (1) ankommen, schnarchen, frieren, gerinnen, sterben,… Transitive Verben selegieren eine DP oder eine PP. Transitive Verben, die ein DP Komplement subkategorisieren: (2) gleichen, drücken, bauen, verschlingen, schlagen, treffen,… Kategoriale Selektion 15 Syntax IV Transitive Verben, die ein PP Komplement subkategorisieren: (1) (2) (3) a. Sie staunte [PP über die Antwort]. b. *Sie staunte [DP die Antwort]. a. Er kümmerte sich [PP um den Gast]. b. *Er kümmerte sich [DP den Gast]. a. Der Wagen fuhr [PP unter die Brücke] durch. b. *Der Wagen fuhr [PP die Brücke] durch. Verben, die zwei DP Komplemente subkategorisieren: (4) zeigen, geben, vorstellen, unterziehen, übertragen, nennen,… Verben die ein DP und ein PP Komplement subkategorisieren: (5) legen, stellen (auf, unter,…), unterweisen (in), aufklären (über),.. Adjektive können DPs oder PPs subkategorisieren: (6) a. Er ist sich dessen bewußt. b. *Er ist sich bewußt. (7) a. Sie ist mit ihm bekannt b. *Sie ist bekannt (in Bedeutung) Ps selegieren DPs od. PPs: umP [PPihn herum], upP [PP to now],… 16 8 Argumente und Thetarollen I Syntax IV Argumente:Def Subjekt + Gesamtheit der Objekte eines Kopfes. Argumente werden nach ihrer thematischen Rolle ('Thetarolle' oder Θ-Rolle) kategorisiert, nach dem Bedeutungsbeitrag den sie leisten. Agens: aktiver Ausübende(r) einer Handlung: (1) Der SchmiedAgens hämmert das Schwert Thema Thema/Patiens: (mitunter abstraktes) Objekt, das von der Handlung betroffen wird. Das Patiens ist immer belebt: (2) (3) Wir lösten das ProblemThema Die Polizei schlug den MannPatiens Rezipient/Ziel: Empfänger in einer Handlung. Rezipient ist belebt: (4) a. SieAgens gab MariaRezipient ein BuchThema b. MariaRezipient erhielt ein BuchThema (5) MariaAgens gab dem WagenZiel einen TrittThema L NB! Unterschiedliche grammatische Funktionen können ein und die selbe Θ-Rolle ausdrücken. Die Rezipientenrolle in (4a) is z.B. das IO, jedoch das Subjekt in (4b). Thetarollen II 17 Syntax IV Instrument: Instrument, mit dem eine Handlung vollbracht wird: (1) Der AffeAgens öffnete die SchachtelThem mit dem StabInstrument Experiencer: Individuum, dem Emotion/Eindruck vermittelt wird: (2) a. Der FahrerExperiencer freute sich über die Nachricht. b. Die Nachricht freute den FahrerExperiencer (3) a. Die KritikerExperiencer interessierten sich für das Buch. b. Das Buch interessierte die KritikerExperiencer Nicht nur DPs können als Träger von Θ-Rollen fungieren: Objektssätze ((4)b) tragen Θ-Rollen, und Subjektssätze ((5)b) auch: (4) a. Er weiß [DP die Antwort]Thema b. Er weiß, [CP daß zwei mal zwei vier ist]Thema (5) a. [DP Sein Schweigen]Faktum? verwunderte niemanden. b. [CP Daß er schwieg]Faktum? verwunderte niemanden. PPs können Θ-Rollen tragen: (6) (7) Wir kümmerten uns [PP um die Organisation]Thema Der Landwirt schlug [PP auf den Esel]Thema ein. 18 9 Thetarollenzuweisung Syntax IV Prädikate weisen ihren Argumenten die Θ-Rollen zu: (1) [DP Hans] entwickelte [DP den Film] Agens-Rolle Thema-Rolle Jede Θ-Rolle tritt in einem Satz nur einmal auf. Wenn ein Verb ein Argument subkategorisiert, so muß dieses syntaktisch ausgedrückt werden º Argumente sind obligatorisch: (2) a. Die Leute unterzogen ihn einer Prüfung. b. *Die Leute unterzogen (ihn). ¸ 1 oder 2 Argumente fehlen! c. *Die Leute unterzogen einer Prüfung. (3) a. Maria nannte ihn dumm. b. *Maria nannte ihn. ¸ 1 Argument fehlt! Es dürfen aber auch nicht mehr Argumente aufscheinen, als der Kopf subkategorisiert: (4) (5) a. Maria geht einen Hügel hinauf. b. *Maria geht einen Hügel. ¸ 1 Argument zu viel! a. Hans hat einen tiefen Schlaf geschlafen. b. *Hans ist einen tiefen Schlaf eingeschlafen. Thetakriterum I 19 Syntax IV L Diese Abhängigkeiten werden durch das Thetakriterium erfaßt: Das Thetakriterium Teil A: Jede Arguments XP erhält genau eine Thetarolle. Teil B:Jede Thetarolle wird genau einer Arguments XP zugewiesen. Wohlgeformter Satz, keine Verletzung des Thetakriteriums: Agens Rolle (1) WirAgens drängten [Churchill]Rezipient [sich selbst]Thema als Kandidaten auf. Rezipienten Rolle Thema Rolle Verletzung von Teil A: ein Argument erhält mehr als eine Thetarolle ¸ Konsequenz: es gibt mehr Thetarollen als Argumente! Rezipienten Rolle *Wir drängten [Churchill]Rezipient + Thema als Kandidaten auf. º Churchill erhält Thema Rolle zwei Thetarollen Intendierte Bedeutung von (2): wie (1). (2) 20 10 Thetakriterum II Syntax IV Teil A des Thetakriteriums beantwortet auch die erste der drei allgemeine Grundfragen der Syntax: I. Was muß ein grammatischer Satz mindestens enthalten? º Teil A des Thetakriteriums stellt sicher, daß in jedem Satz mindestens so viele Argumente wie Thetarollen vorhanden sind. Verletzung von Teil B ("Jede Thetarolle wird genau einer ArgumentsXP zugewiesen"): ein Argument erhält mehr als eine Thetarolle. ¸ Konsequenz: es gibt mehr Argumente als Thetarollen (1) *HansAgens ist MariaAgens gelaufen. º Agensrolle wird an zwei DPs zugewiesen! Intendierte Bedeutung von (1): "Hans und Maria sind gelaufen." Teil B des Thetakriteriums beantwortet die zweite der drei allgemeine Grundfragen der Syntax: II. Was kann ein grammatischer Satz höchstens enthalten? º Teil B des Thetakriteriums stellt sicher, dass in jedem Satz höchstens so viele Argumente wie Thetarollen vorhanden sind. Thetakriterum III 21 Syntax IV V Warum referiert das Theta-Kriterium auf Argument XPs, und nicht einfach auf DPs/CPs/PPs oder gar nur auf XPs? º Nicht alle DPs/CPs/PPs oder gar XPs erhalten Thetarollen! Prädikate (im Hauptsatz) weisen Θ-Rollen zu, erhalten aber keine. (1) MariaAgens ist gelaufen. DPs, die als Modifikatoren fungieren, erhalten keine Θ-Rollen: (2) Sturm GrazAgens spielte [DP Freitags]. spielen weist nur eine Θ-Rolle an das Subjekt Sturm Graz zu. Das Adverbial Freitags erhält keine Θ-Rolle. Auch andere Modifikatoren (AP, PP,...) erhalten keine Θ-Rolle: (3) Sturm GrazAgens spielte wie üblich relativ eigenartig. Sogenannte Expletive Pronomen (auch pleonastische Elemente genannt) tragen keine Θ-Rolle. 22 11 Syntax IV es Das Pronomen es im Deutschen ist mehrfach ambig, es kann zumindest drei unterschiedliche Funktionen übernehmen. I. Personalpronomens 3. Pers. Sg. neutrum: (1) Es hinkte. (wobei es z.B. für ‘das Tier’ steht) II. 'Wetter-es' Kann – so wie ein echtes Argument - nicht weggelassen werden: (2) a. Da es regnete, blieben wir zu Hause. b. *Da regnete, blieben wir zu Hause. Im Unterschied zum regulären Pronomen (s. (3)) ist Wetter es nicht durch eine volle DP ersetzbar (s. (4)): (3) a. Es hinkte. b. Das Tier hinkte. (4) a. Da es regnete, blieben wir zu Hause. b. *Da die Wolke regnete, blieben wir zu Hause. c. *Da das Wetter regnete, blieben wir zu Hause. Expletiva I 23 Syntax IV III. Expletives es Expletivum:Def Element ohne Bedeutung aber mit grammatischer Funktion. Funktion IIIA. Expletivum als Einleitung des Satz Aussagesätze werden nicht mit finitem Verb eingeleitet: (1) a. Maria meinte, ein Soldat stünde an der Straße nach Moskau. b. *Maria meinte, stünde ein Soldat an der Straße nach Moskau. es kann die satzeinleitende Position übernehmen: (2) Maria meinte, es stünde ein Soldat an der Straße nach Moskau. Stehen weist eine einzige Θ-Rolle zu, und diese an das Subjekt. (3) [Der Soldat] stand (stundenlang herum). Agens-Rolle º es fungiert nicht als Subjekt! es kongruiert nicht mit dem finitem Verb. (4) a. Es3.Sg. standen3.Pl. zwei Soldaten3.Pl an der Straße nach Moskau. b. *Es3.Sg. stand3.Pl zwei Soldaten3.Pl an der Straße nach Moskau. º Expletives es ist kein Argument, und erhält daher keine Θ-Rolle! 24 12 Expletiva II Syntax IV Funktion IIIB. Expletives es in der Subjektsposition (mit Kongruenz) Expletives es als Subjekt von geben in der Bedeutung 'existieren': (1) a. Maria meinte, daß es einen Fehler im System gibt. b. *Maria meinte, daß einen Fehler im System gibt. Subjektskriterium: SpecIP muß (mit DP oder CP) gefüllt sein. ± (1)b verletzt Subjektskriterium. Weitere Evidenz für Subjektssatus des Expletivums: Verb kongruiert mit dem grammatischen Subjekt (es), und nicht mit dem logischen Subjekt (zwei Fehler): (2) a. Maria meinte, daß es3.Sg. zwei Fehler3.Pl. im System gibt3.Sg. b. *Maria meinte, daß es3.Sg. zwei Fehler3.Pl. im System geben3.Pl. ± Die Θ-Rolle wird von geben an das logisches Subjekt zwei Fehler zugewiesen. º Das expletive Subjekt es trägt daher keine Θ-Rolle! º Das expletive Subjekt es erfüllt das Subjektskriterium. Expletiva III 25 Syntax IV Funktion IIIC. Es als Platzhalter. Es dient als semantisch leerer Platzhalter einer CP, welche die Θ-Rolle trägt (s. (1b)). (1) a. [CP Daß zwei und zwei fünf ist] stimmt nicht. b. Er weiß, daß es nicht stimmt, [CP daß zwei und zwei fünf ist]. c. *Er weiß, daß nicht stimmt, [CP daß zwei und zwei fünf ist]. Expletives da in Subjektsposition (ohne Kongruenz – vgl. es) Expletives da als Subjekt von sein in der Bedeutung 'existieren': (2) a. Maria meinte, daß da ein Problem wäre. b. *Maria meinte, daß ein Problem wäre. Das Verb kongruiert mit dem logischen Subjekt zwei Probleme und nicht mit dem grammatischen Subjekt da: (3) a. Maria meinte, daß da3.Sg. zwei Probleme3.Pl. wären3.Pl. b. *Maria meinte, daß da3.Sg. zwei Probleme3.Pl. wäre3.Sg. Arbeitsteilung der beiden Subjekte: º Die Θ-Rolle wird von sein an das logisches Subjekt zugewiesen º Das expletive Subjekt da erfüllt das Subjektskriterium. 26 13 Syntax IV scheinen I L Neben DPs, die keine Θ-Rollen tragen (Expletiva) gibt es auch Verben, die keine Θ-Rollen zuweisen: der Fall scheinen. Die Subjektsposition von scheinen muß besetzt sein: (1) a. (Maria meinte,) daß es scheint, daß sie gewinnen wird. b. *(Maria meinte,) daß scheint, daß sie gewinnen wird. Subjektsposition von scheinen darf nicht mit CP belegt werden: (2) *[Daß Maria gewinnen wird] scheint. (3) [Daß Maria gewinnen wird] ist sicher. (4) º Da expletives es keine Θ-Rolle tragen kann, folgt für (1a), daß scheinen seinem Subjekt keine Θ-Rolle zuweist! IP 3 *Ø I' *CP 3 Ues I0 VP 6 scheint (5) zeigt weiters, daß das Subjekt nicht unbedingt mit einem Expletivum besetzt sein muß: (5) (Maria meinte,) daß [sie.zu gewinnen] scheint. scheinen weist dem Subjekt keine Θ-Rolle zu! VWas füllt die Subjektsposition SpecIP in (5)? 27 Syntax IV scheinen II Mögliche Antwort: Der Satz(teil) [sie zu gewinnen] belegt SpecIP (1) (2) (Maria meinte,) daß sie. zu gewinnen scheint. Maria meinte, daß ... IP ei XP I' 6 2 VP sie 3. Sg. I0 zu gewinnen 6 scheint 3. Sg. Problem 1: Kongruenz (4) daß… IP 3 DP I' 5 2 VP sie I0 3 V' Agens-Rolle XP 6 zu gewinnen 4 scheint Subjekt-Verb Kongruenz ist auf DPs in SpecIP beschränkt. scheinen kongruiert mit jener DP, welche die Agensthetarolle von gewinnen trägt (sie in (2), bzw. wir in (3)): (3) a. (Maria meinte,) daß wir1.Pl. zu gewinnen scheinen1.Pl. b. *(Maria meinte,) daß wir1.Pl. zu gewinnen scheint3.Sg. º DP okkupiert zwar die Subjektsposition von scheinen, aber erhält die Θ-Rolle von gewinnen. 28 14 Bewegung Syntax IV Problem 2: Subjektskriterium Was belegt SpecIP des eingebetteten Satzes? Wie kann sich das Subjekt (sie) in zwei Positionen gleichzeitig befinden? Wie kann gewinnen seine Θ-Rolle auf derart weite Distanz zuweisen? Bisher wurden alle Θ-Rollen an nahestehende DPs verteilt. º Lösung: Das Subjekt erhält seine Θ-Rolle im unteren SpecIP, und bewegt sich in den oberen SpecIP, um dort das Subjektskriterium zu erfüllen. (2) ... daß IP 2 (1) Maria meinte, daß IP 3 DP I' Bewegung DP I' 2 4 4 2 VP I0 sie 2 VP sie I0 2 IP V' IP V' 2 5 2 5 I' scheint DP ??? I' scheint 2 4 2 0 Agens-Rolle VP sie I VP I0 6 Agens-Rolle 6 zu gewinnen zu gewinnen Zusammenfassung 29 Syntax IV V Wo werden Grammatische Funktionen ausgedrückt? Subjekte okkupieren Spezifikatoren (SpecXP). Objekte (generell: Komplemente) befinden sich direkt unter X'-Knoten. Modifikatoren werden als Adjunkte zu XP generiert (s.unten). º Konsequenz: Grammatische Funktionen sind strukturell, d.h. ohne Referenz auf die Funktion, definierbar. Die GF einer Phrase kann direkt von deren Position im Baum abgelesen werden! V Welche Positionen sind obligatorisch, welche optional? SpecIP muß immer gefüllt sein (Subjektskriterium). Das Thetakriterium reguliert, ob ein Komplement besetzt werden muß. Modifikatoren sind optional. V Mit welcher syntaktischen Position werden Modifikatoren assoziiert? ± Eine letzte Ergänzung zur X'-Theorie 30 15 Adjunkte Syntax IV Modifikatoren sind keine Argumente ± nicht an X' oder in SpecXP (1) Er kündigte (gestern) (freiwillig) (im Beisein von Maria). [Klammern markieren Optionalität – die Phrase kann weggelassen werden] º Modifikatoren werden an die maximale Projektion XP adjungiert – sie besetzen Adjunktspositionen und werden daher auch als Adjunkte bezeichnet. º Der Prozeß der Verdoppelung der XP und der Schaffung einer neuen Position wird als Adjunktion bezeichtet. XP 3 XP L Adjunkt 3 Spezifikator X' 3 (Kopf) X0 Komplement (2) 31 Adjunkte an VP und NP Syntax IV (2) DP 3 Adverbiale Modifikatoren D' 3 werden an VP adjungiert (s.(1)): D0 NP g rp Adnominale Modifikatoren die AP 7 Adjunkt NP (attributive Adjektive, PPs,…) g 2 A' N' werden an NP adjungiert ((2) & (3)): g g A0 N0 (1) Wir vermuten, daß… g g gute/frühere/ukrainische,...Präsidentin IP (3) DP 3 3 DP I' D' 4 3 3 Maria I VP D0 NP 3 g 3 Adjunkt L AP VP die NP PP 7 Adjunkt g 3 2 2 A' V' N' P' g 3 g 2 DP V0 A0 N0 P0 DP g 6 g g g 6 Präsidentin aus der Ukraine gerne/heute die Geige spielt mit dem Zopf 32 16 Adjunkte und Ellipse Syntax IV Evidenz daß Adjunkte über XP liegen: Ellipse (Wh. vom 15.12.) Das Pronomen es kann eine VP ersetzen: (1) Hans kündigte seinen Vertrag um 12, und Karl tat es um 4 Uhr. (es = [VP kündigte seinen Vertrag]) Die VP kann – wie in (1) – unter Zurücklassung des Adverbs pronominalisiert werden. º Das Adverb befindet sich nicht innerhalb der VP, sondern wird höher, als ein Adjunkt zur VP, generiert: (2) VP qp VP ...und Karl tat es PP L PP belegt 3 2 VP-Adjunktsposition V NP P DP g 2 g 5 kündigte D N um 4 Uhr g g seinen Vertrag Kontrastive Aspekte I: Partizipien 33 Syntax IV Einige prominente sprachspezifische Eigenschaften, die alle mit Wortstellung – der vernachlässigten L dritten Grundfrage der Syntax – zu tun haben. Französiches Partizipialkongruenz Wenn das finite Auxiliar être ist: Partizipien kongruieren mit dem Subjekt. (1) a. Le magazin est ouvert. b. La fenêtre est ouverte. Wenn das finite Auxiliar avoir ist: Partizipien kongruieren nicht. (2) a. J'ai mis la bouteille sur la table. b. *J'ai mise la bouteille sur la table. Wenn das finite Auxiliar avoir ist, und das Objekt des Partizips in einem Relatisatz vorangestellt wird, dann kongruiert das Partizip wieder – und zwar mit dem relativierten Objekt (la bouteille): (3) a. *J'ai mise la bouteille sur la table. b. [la bouteille] que j'ai mise sur la table. 34 17 Kontrastive Aspekte II: Pro-drop Syntax IV Italienische Subjekte Das Subjekt muß im Italienischen nicht phonetisch realisiert werden ('pronoun drop' oder pro-drop): (1) a. E arrivato Gianni. b. E arrivato. (Bedeutung: "Hans ist angekommen.") Das Subjekt kann vor oder hinter dem Verb stehen (prä- und postverbale Subjekte): (2) a. E arrivato Gianni. b. Gianni è arrivato. Präverbale Subjekt dürfen jedoch nur verwendet werden, wenn über das Subjekt bereits geredet (oder gefragt) wurde: (3) a. Che chosa è passato? b. E arrivato Gianni. c. *Gianni è arrivato. (4) a. Chi è arrivato? b. *Gianni è arrivato. ('Was ist passiert?') ('Was ist passiert?') 35 Kontrastive Aspekte III: V2 Syntax IV Warum steht V0 an 2. Stelle im Hauptsatz, aber an letzter im Nebensatz? (1) a. Maria kennt den Piloten. b. *Maria den Piloten kennt. (2) a. Hans sagt, daß Maria den Piloten kennt. b. *Hans sagt, daß Maria kennt den Piloten. º Das Verb wird am Satzende generiert, wo es im Nebensatz auch bleibt. º Das Verb bewegt sich nach C0,sofern dieser Kopf leer ist (± Hauptsatz) º Wenn das Verb sich bewegt, muß auch SpecCP besetzt werden. (3) CP 3 C' 3 C0 IP g 3 daß DP VP 5 3 (= (2b)) Maria DP V0 6 g den Piloten kennt (4) CP 3 DP C' 4 3 Maria kennt IP 3 DP VP 4 3 Maria DP V0 6 g kennt den Piloten V2-Bewegung 36 18 Kontrastive Aspekte IV: Subject-Aux inversion Syntax IV Im Englischen geht das Subjekt finiten Auxiliaren voran: (1) a. (We knew that) John did not arrive late. b. *(We knew that) did John not arrive late. Unter besonderen Umständen (Fragen, negative Adverbiale) kann das Subjekt dem finiten Auxiliar folgen. (2) (3) When did John arrive? Under no circumstances will John arrive late. (5) CP 1. Bewegung von 3 did nach C (4) IP AP C' 3 2. Bewegung von 4 3 when (L vgl. V2) I' John When did IP 2 3 (= (1b)) I0 VP I' John g 2 3 did not VP I0 VP 2 g 3 VP AP did AP VP g 5 4 5 arrive late when (= (2)) arrive Was sollte man wissen? 37 Syntax IV Grundlagen Kompetenz/Performanz, Universalgrammatik, Parameter Regeln deskriptiv & präskriptiv Adäquatheit, deskriptive & explanative Definition v. Sprache, Generative Grammatik, Logisches Problem des Spracherwerbs Phrasen/Phrasenstruktur Grammatische Funktionen (Subj, Prädikat,…) erkennen Syntaktische Kategorien erkennen Konstituententests anwenden Phrasenstruktur: was ist XP, X, X', Projektion, Endozentrizität,… Phrasenstrukturregeln anwenden Bäume für transitive Sätze, einfache PPs, DPs und APs zeichnen, inklusive Adjunktionsstrukturen Subjekt im Satz (Kongruenz, obligatorisch, Nom. in Satz) Subjekte in anderen Kategorien 38 19 Was sollte man wissen? Syntax IV Argumentstruktur Selektion: semantisch und kategorial (Subkategorisierung) Thetarollen erkennen und zuordnen (Agens, Thema,…) Thetakriterium und dessen Anwendung Eigenschaften von Expletiven Elementen (es, da) Bewegung bei scheinen [Adjunktionsstrukturen] 39 20