vgl. a-t 5 - Arznei

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vgl. a-t 5 - Arznei
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arznei-telegramm 5/92
Bei Schlaf-Apnoe-Syndrom erscheinen nach dem
bisherigen Kenntnisstand Stoffe, die zentral sedierend
wirken, problematisch, da sie das Risiko von SchlafApnoen erhöhen können. Moxonidin ist ein Antihypertensivum mit zentraler Wirkung vom Typ des Clonidin (CATAPRESAN u.a.). Diese Substanzen wirken zentral sedierend und erscheinen deshalb als Mittel der Wahl für die
Behandlung von Patienten mit Schlaf-Apnoen ungeeignet.
Dabei ist ein fraglicher Effekt auf den putativen ImidazolRezeptor unerheblich, da die klinische Relevanz solcher
von der Werbung in den Vordergrund gestellten Laboratoriumsbefunde hypothetisch ist. Betablocker scheinen
ebenfalls für Patienten mit Schlaf-Apnoen ungeeignet zu
sein, da einmal die Dämpfung der Herzfrequenz und zum
anderen die bei einigen Substanzen nachweisbare sedierende Wirkung Probleme aufwerfen können. Demnach
stehen für die Behandlung einer Hypertonie bei Patienten
mit Schlaf-Apnoen folgende Substanzgruppen zur Verfügung: Diuretika, Kalziumantagonisten, ACE-Hemmer sowie als Reservetherapeutika periphere Alpha-RezeptorAntagonisten (z.B. Prazosin [MINIPRESS u.a.]) und/oder
Vasodilatatoren (z.B. Dihydralazin [NEPRESOL]) –Red.
OMEPRAZOL (ANTRA)
GEGEN MAGENBLUTEN?
Bei Magenbluten und Ulzera oder Erosionen wird in letzter Zeit häufig
Omeprazol (ANTRA) eingesetzt. Meines Erachtens wurde dieses Medikament
für die Magenblutung nicht untersucht oder zugelassen.
Priv. Doz. Dr. U. FINKE (Chirurgische Klinik)
St. Joseph-Hospital Bochum
W-4630 Bochum 1
Der Säureblocker Omeprazol (ANTRA) ist bei uns
zugelassen zur Behandlung des Ulcus duodeni, Ulcus
ventriculi, der Reflux-Ösophagitis und des ZOLLINGERELLISON-Syndroms. Einen therapeutisch relevanten Fortschritt gegenüber H2-Antagonisten wie Ranitidin (SOSTRIL, ZANTIC) bietet Omeprazol u.E. nur für die Behandlung des ZOLLINGER-ELLISON-Syndroms und höherer Grade der Reflux-Ösophagitis (vgl. a-t 4 [1991], 35).
Unkomplizierte Ulzera duodeni und ventriculi heilen im
Vergleich zu einer H2-Blocker-Therapie unter Omeprazol
zwar geringfügig schneller ab (vgl. S. 43), für eine geringere Rate an Komplikationen und Rezidiven fehlen dagegen Belege. Mit gewisser Einschränkung kann Omeprazol
bei unter H2-Blockern resistenten Ulzera versucht werden
und bei Geschwüren, die unter einer Therapie mit
nichtsteroidalen Antirheumatika auftreten. Für die Verwendung von Omeprazol bei erosiven Schleimhautveränderungen liegen keine verläßlichen Daten vor.
Ein Vorteil von Omeprazol gegenüber H2-Blockern
zur Behandlung oberer intestinaler Blutungen im Rahmen
einer Ulkuskrankheit ist bisher nicht bewiesen. In einer
großen, noch nicht komplett veröffentlichten Studie aus
England fand sich kein signifikanter Unterschied zwischen
dem H2-Blocker Ranitidin und Omeprazol bezüglich klinisch wichtiger Daten wie Transfusionsbedarf, Operationsbedürftigkeit und Letalität. Aber auch für H2-Blocker ist
bisher nicht bewiesen, daß sie die Blutstillung bei einer Ulkusblutung beschleunigen oder Rezidive verhindern
(–Red.).
SARKOIDOSE
NACH MISTELTHERAPIE (HELIXOR)?
Eine ca. 45jährige Patientin erkrankt 1991 an einem fortgeschrittenen
Uterussarkom mit Lymphknotenmetastasen und ist nach anschließender
Radiatio erscheinungsfrei. Sie erleidet eine reaktive Depression. Im August
1991 erhält sie eine Mistelbehandlung mit HELIXOR, die lokal gut vertragen
wird. Nach 14 Tagen treten multiple Erythema nodosa auf, woraufhin die
Misteltherapie abgesetzt wird. Weiter subjektive Temperaturen, hiläre Lym-
phome, eine Sarkoidose wurde hautbioptisch gesichert (NETZWERK-Fall
5227).
Ist ein Einzelfall bekannt, in dem nach Mistelgabe eine Sarkoidose
aufgetreten ist und hierbei eine Wechselbeziehung vermutet wurde?
Dr. med. P. ZÜRNER
W-3437 Bad Sooden-Allendorf
Die Befunde bei der Patientin deuten auf ein LÖFGREN-Syndrom. Mistelextrakte sind hochimmunogene
Substanzen, die bei fast jedem Patienten eine Antikörperbildung auslösen. Häufig kommt es dabei nach 14 Tagen
zu einem grippeähnlichen Syndrom im Sinne einer
„Serumkrankheit”. Das bei der Patientin beschriebene
LÖFGREN-Syndrom gehört pathophysiologisch zu den
Immunerkrankungen, die durch Arzneimittel ausgelöst
werden können. Bekannt ist dieses nach zytostatischen
Behandlungen, insbesondere mit Methotrexat (METHOTREXAT LEDERLE u.a.). Das Syndrom wurde aber auch
nach anderen Pharmaka beschrieben. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs und der bekannten immunpathophysiologischen Ursache ist ein Zusammenhang mit der
Verwendung der immunogenen Mistelextrakte plausibel.
Deshalb sollte die Behandlung wegen des möglichen Risikos abgebrochen werden; zumal ein therapeutischer Nutzen des Präparates bei der Grunderkrankung der Patientin
nicht hinreichend belegt ist. In die Überlegungen ist einzubeziehen, daß LÖFGREN-Syndrome auch in Verbindung
mit malignen Erkrankungen auftreten können, vor allem in
Verbindung mit Lymphomen. Liegt beispielsweise ein
Lymphosarkom vor, läßt sich ein Zusammenhang mit der
Grunderkrankung nicht ausschließen. Zur weiteren Abklärung wäre ein Lymphozyten-Transformationstest erforderlich, der beispielsweise in der Klinik für Innere Medizin der
Universität Tübingen durchgeführt wird (–Red.)
SPASMOLYTIKUM MEBEVERIN (DUSPATAL)
GEGEN „COLON IRRITABILE”?
Wie beurteilen Sie den Einsatz von DUSPATAL bei „Colon irritabile”
bzw. bei autonomer diabetischer Neuropathie im Bereich des Colon? Ist es
möglich, daß nach längerer Gabe von DUSPATAL nicht nur die spasmolytische
Wirkung nachläßt, sondern die Gabe von DUSPATAL sogar das Beschwerdebild verschärft? Der Anlaß zu dieser Frage ist die Beobachtung einer Therapieresistenz von DUSPATAL bzw. auch des chemisch verwandten BUSCOPAN,
selbst als i.v.-Injektion, und die erhebliche Zunahme des Beschwerdebildes
nach zwei Jahren Behandlung mit 3 x 2 Dragees/Tag.
Dr. med. R. FREY
W-5810 Witten
Mebeverin (DUSPATAL) ist ein papaverinartig direkt
wirkendes Relaxans der glatten Muskulatur. Der genaue
Wirkmechanismus ist nicht erforscht, eine kalziumantagonistische Wirkung an der glatten Muskulatur wird diskutiert. Das Mittel besitzt keine im Experiment faßbare
schnelle Toleranzentwicklung, jedoch ist diese bei dem
beschriebenen langfristigen Gebrauch nicht auszuschließen. Klinisch sind solche Toleranzentwicklungen schwer
faßbar, da es sich beim Colon irritabile um eine Erkrankung handelt, die stark durch psychogene Faktoren überlagert ist und deshalb initial gut auf jede Maßnahme einschließlich Plazebo anspricht. Solchen Behandlungsversuchen folgt klinisch dann meist ein ausgeprägter Wirkungsverlust, der auch als Toleranzentwicklung angesehen werden kann. Bei einer Bewertung von Spasmolytika
zur Behandlung des Colon irritabile schnitt Mebeverin hinsichtlich der Beschwerdebesserung, insbesondere der abdominalen Schmerzen, im Vergleich zu anderen Wirkstoffen am besten ab. Ein Therapieversuch über 6 Wochen wird für vertretbar erachtet. Beobachtungen über
eine Akzentuierung des Beschwerdebildes unter der langfristigen Gabe von Mebeverin über 2 Jahre sind uns nicht
bekannt. Es erscheint ratsam, eine Behandlungspause
einzulegen und zu überprüfen, ob nach 6 bis 12 Wochen
die Behandlung erneut anspricht (–Red.).