Document 6186992

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GOLD
FLUCH ODER SEGEN?
WARUM WIR EIN WELTWÄHRUNGSSYSTEM
MIT GOLDBINDUNG BRAUCHEN
von
Ivan Di Girolamo
Master-Thesis
Executive MBA in Wealth Managment
Hochschule Liechtenstein, Vaduz
©by Ivan Di Girolamo, Januar 2009
II
Vorwort
Die Funktionsfähigkeit des herrschenden internationalen Finanz- und
Währungssystems stellt heute eines der dominanten Themen dar - vor
allem im Hinblick auf die aktuelle Finanzkrise -, das heftig diskutiert wird,
und beschäftigt speziell die Wirtschaftswissenschaft. Bereits im Jahre 2007
führte der Autor dieser Arbeit mit seiner Diplomarbeit „Edelmetalle in
einem zeitgemässen Portfolio“ die Aktualität dieses Themas vor Augen,
indem er kritische Fragen zur Funktionsfähigkeit und Effizienz des
Weltfinanzherrschende
und
Währungssystems
System
gesund
und
aufwarf.
würde
Wäre
zur
nämlich
das
Zufriedenheit
aller
funktionieren, käme das gesteigerte Bedürfnis eines Anlegers nach mehr
Sicherheit und grösserer Werterhaltung seiner Kapitalanlage nicht auf und
er würde nicht nach Alternativen suchen, so die These.
Die Vertrauenskrise in die führende Leitwährung war damals schon eine
Tatsache, die heutzutage niemand mehr abstreiten kann. In einem Punkt
scheinen sich die Experten alle einig zu sein: Eine arbeitsteilige, moderne
und
globalisierte
Volkswirtschaft
braucht
ein
stabiles
Finanz-
und
Währungssystem, um zu funktionieren. Doch wie kann diese ersehnte
Stabilität
erreicht
werden?
Welche
grundlegenden
Voraussetzungen
müssen dafür geschaffen werden, und können wir in der Geschichte
nützliche Hinweise finden und Schlüsse daraus ziehen, die es uns
ermöglichen, die heutige Systemkrise zu verstehen und zu überwinden,
um
die
Grundlage
herzustellen?
Die
für
eine
prosperierende
Beantwortung
dieser
Weltwirtschaft
Fragen
ist
das
wieder
Ziel
der
vorliegenden Analyse.
Um diese Fragen zu beantworten, befasst sich diese Arbeit im ersten Teil
mit den verschiedenen Währungssystemen mit Goldbindung, ausgehend
vom Klassischen Goldstandard des 19. Jahrhunderts. Diese Phase der
Weltgeschichte,
in
der
Gold
eine
zentrale
Rolle
spielte,
war
III
gekennzeichnet
von
schnellem,
wirtschaftlichem
Wachstum,
freiem
Verkehr von Arbeitskräften und Kapital über die politischen Grenzen
hinweg und quasi freiem Handel – eine sehr florierende, einzigartige und
friedliche Zeit. Diese fand 1971 ihr Ende: Gold wurde aus den offiziellen
internationalen
wurde
das
Währungsangelegenheiten
Zeitalter
der
durch
verbannt,
die
und
gleichzeitig
Notenpressen
genährten
Inflationsschübe und Finanzkrisen unweigerlich eingeläutet.
Wie der zweite Teil dieser Arbeit aufzeigt, begann unter dem neuen
System ohne Goldbindung sogleich ein internationaler Wettbewerb der
Geldmengenausweitung, die dem realen Wachstum der Staaten immer
vorauseilte. Dem „politischen Geld“ wurde ab sofort keinen Riegel mehr
vorgeschoben.
Es
werden
im
Speziellen
die
Krisen
und
deren
Auswirkungen erläutert, die der heutigen Krisenkette vorausgegangen,
und die auf die ungezügelte Geldmengenausweitung und Verschuldung der
Staaten zurückzuführen sind. Diese zwei Hauptursachen führen dazu, dass
die heutige Krise eine Systemkrise von noch nie dagewesenem Ausmass
darstellt. Dem heutigen Währungssystem fehlt das zum Funktionieren
nötige Vertrauen. Dem Leser wird die grosse Besorgnis über die Effizienz
und Funktionsfähigkeit dieses Systems näher erläutert, das heute mehr
denn je Gefahr läuft, zu kollabieren.
Im dritten Teil führt der Autor seine These aus. Auch wenn niemand eine
zuverlässige Prognose über die Zukunft unseres Weltwährungssystems
geben kann, so scheint es doch sehr wichtig, darüber nachzudenken.
Dabei kommt der Autor zum Schluss, dass die Rückkehr zu einem
Währungssystem mit Goldbindung die Lösung ist, ob mit oder ohne
Kollaps des heutigen Systems. Da die Stabilität des heutigen Systems
nicht
mehr
gegeben
ist,
tritt
Gold
zunehmend
als
bedeutende
Fluchtwährung in Erscheinung. Im Falle eines Kollapses, wird auf die
Bewertungsfunktion des Goldes für nationale Währungen aus Gründen der
Vertrauensbildung nicht mehr verzichtet werden können. Gold wird dabei
IV
nicht dazu bestimmt werden müssen, eine Bewertungsgrundlage für
Währungen zu übernehmen, sondern wird sich automatisch selbst als
Wertbasis für Währungen inthronisieren, weil es sich bis heute als die
einzige missbrauchssichere und reale Wertgrundlage über Jahrhunderte
bewährt hat. Gold ist nicht nur ein realer Sachwert mit grosser
Werterhaltung,
sondern
auch
ein
monetärer
Wert.
Der
Autor
ist
überzeugt, dass nur ein Währungssystem, bei dem Geldwertstabilität
garantiert werden kann – also ein System mit Goldbindung – Aussicht hat,
akzeptiert zu werden und zu funktionieren.
Die Arbeit analysiert die verschiedenen Währungssysteme zwischen dem
Klassischen Goldstandard des 19. Jahrhunderts und dem aktuellen System
flexibler Wechselkurse. Diese Zeitspanne ist begründet, da erst ab dem
Klassischen Goldstandard ab 1880 von einem Weltwährungssystem von
internationaler Gültigkeit gesprochen werden kann.
Für diese Arbeit wurden sowohl Bücher und Fachartikel über die
Währungsgeschichte, wie auch solche über die Probleme des heutigen
Währungssystems und über die Gefahr einer Weltwirtschaftkrise (Crash)
benutzt. Es wurden zudem die offiziellen Websites der wichtigsten
politischen
und
wirtschaftlichen
Organisationen
und
Zentralbanken
verwendet. Viele dieser Quellen sind dem Autor durch seine berufliche
Tätigkeit
als
Vermögensverwalter
und
Promoter
von
Edelmetall-
Anlagefonds bekannt.
Diese Arbeit kann als geschichtliche Abhandlung und Wirtschaftsanalyse
gewertet werden.
V
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1.
Währungssysteme mit Goldbindung ....................................................... 1
1.1. Der Klassische Goldstandard des 19. Jahrhunderts ..........................................1
1.2. Vom Klassischen Goldstandard zum Golddevisenstandard der
Jahrhundertwende und dessen Zerfall im Ersten Weltkrieg .............................4
1.3. Vom Nachkriegschaos zum restaurierten Golddevisenstandard und zu
dessen Zerfall als Folge der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre ...............6
1.4. Das Bretton Woods System und das Ende der Golddeckung .........................12
2.
Das System flexibler Wechselkurse ohne Goldbindung (fiat money) .... 22
2.1. Die 1970er Jahre ..................................................................................................23
2.2. Die 1980er Jahre ..................................................................................................23
2.3. Die 1990er Jahre ..................................................................................................24
2.4. Das neue Jahrtausend..........................................................................................26
2.5. Die aktuelle Finanzkrise 2008 .............................................................................28
3.
2.5.1.
Ursprung der heutigen Finanzkrise ......................................... 32
2.5.2.
Auswirkungen auf die Realwirtschaft....................................... 39
2.5.3.
Die heutige Deflation und die kommende Inflation.................... 42
2.5.4.
Gold in der heutigen Finanzkrise ............................................ 43
Die Lösung: Rückkehr zu stabilen Wechselkursen durch die Bindung der
Währungen an Gold, zumindest der Leitwährung ................................. 46
Bibliographie
Anhänge
Eidesstattliche Erklärung
VI
1.
Währungssysteme mit Goldbindung
1.1. Der Klassische Goldstandard des 19. Jahrhunderts
Der
Klassische
Goldstandard
als
erstes
international
gültiges
Währungssystem entstand erst am Ende des 19. Jahrhunderts. Im
Zentrum dieser Entwicklung stand Grossbritannien. Durch seine frühe
industrielle Revolution und den Sieg über Napoleon im Jahre 18151 stieg
Grossbritannien zur unangefochtenen Finanz- und Handelsweltmacht auf.
Bereits ab Ende des 18. Jahrhunderts benutzte Grossbritannien eine fast
ausschliesslich auf Gold basierende Währung. Nur Zahlungen unter
25 Pfund konnten in Silberwährung getätigt werden. Dieser Goldstandard
wurde jedoch während der Napoleonischen Kriege ausgesetzt. Durch den
Krieg hatte die Stabilität der britischen Währung zudem grundlegend
gelitten und Grossbritannien verfiel in eine schwere wirtschaftliche
Depression. Zur Wiederbelebung und Stabilisierung der Wirtschaft und des
Handels führte die Regierung 1821 erneut die Golddeckung der Währung
ein.
Viele
andere
Staaten
hatten
zu
dieser
Zeit
immer
noch
einen
Bimetallismus, d.h. dass sowohl Goldmünzen als auch Silbermünzen
geprägt
wurden
und
zirkulierten,
so
zum
Beispiel
in
Frankreich.
Österreich-Ungarn, die skandinavischen Länder, die Deutschen Staaten
und Russland gehörten zu dem sogenannten Silberblock, also zu den
Staaten,
die
eine
reine
Silberwährung
hatten.
Aufgrund
der
Vormachtstellung Grossbritanniens in der Weltwirtschaft und der Stabilität
seiner Währung durch den Britischen Goldstandard wurde die Wahl des
Silberstandards
Vereinheitlichung
aber
immer
der
weniger
attraktiv.
Währungsbasis
Zudem
angesichts
wurde
der
eine
weiter
1
Die Napoleonischen Kriege, auch Koalitionskriege genannt, waren dauernde kriegerische
Auseinandersetzungen zwischen 1792 und 1815 zwischen Frankreich und seinen europäischen
Gegnern.
1
fortschreitenden Industriellen Revolution, des wirtschaftlichen Fortschritts
sowie
der
zunehmenden
Bedeutung
des
grenzüberschreitenden
Warenaustauschs notwendig. Dementsprechend wurden die britische
Geld-
und
Währungspolitik
und
der
Goldstandard
für
die
mit
Grossbritannien wirtschaftlich eng verbundenen Länder immer wichtiger.
Portugal, das enge Handelsverflechtungen mit Grossbritannien unterhielt,
schloss sich bereits 1854 dem Goldstandard an. 1871 ging Deutschland
zum Goldstandard über, gefolgt von Dänemark, Norwegen, Schweden,
Holland und Japan. Die USA schlossen sich dem Goldstandard 1879 an.
Somit kann ab 1880 von einem international gültigen Goldstandard
gesprochen werden, als die meisten Staaten das britische System
eingeführt hatten2.
Der vereinheitlichte Goldstandard brachte der Welt eine wirtschaftlich sehr
florierende Zeit. Von 1880 bis 1914 herrschte „a remarkable period in
world economic history: it was characterized by rapid economic growth,
the free flow of labor and capital across political borders, virtually free
trade and, in general, world peace“3. In den Worten von Rothbard Murray,
“we can look back upon the Classical Gold Standard, the Western world of
the nineteenth and early twentieth centuries, as the literal and metaphoric
Golden Age”4. Auch Fred Block stimmt diesen Aussagen zu und schreibt,
dass “the period from 1875 to 1914 was a kind of mythical Golden Age of
international monetary arrangements when all major nations lived within
the rule of international monetary behaviour and balance-of-payments
adjustments proceeded smoothly and virtually automatically (...) Those
2
Bordo Michael D. (1981), „The Classical Gold standard: Some Lessons for Today“, p. 7
Übersetzung des Autors: Von 1880 bis 1914 herrschte „eine bemerkenswerte Zeit in der
Weltwirtschaftsgeschichte: Sie war gekennzeichnet von schnellem wirtschaftlichem Wachstum,
freiem Verkehr von Arbeitskräften und Kapital über politische Grenzen hinweg, ja geradezu freier
Handel und, generell ausgedrückt, Weltfrieden.“, zitiert in Schatz Gratia (2005), „The Changing
Role of Gold in the International Monetary System in the last 125 Years, 1880-2005“, p. 15
4
Übersetzung des Autors: „Wir können den Klassischen Goldstandard, also die westliche Welt des
neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhunderts, als das eigentliche und metaphorische Goldene
Zeitalter bezeichnen.“, Rothbard Murray N. (1980), What has Government done to our Money,
p. 46
3
2
years were characterized by a high level of international monetary
stability, particularly in comparison to what would come later”5.
Der Goldstandard, in der Wirtschafttheorie, ist ein monetäres System, in
dem jeder Mitgliedstaat den Wert seiner Währung zum Gold festlegt6. So
entstehen feste Wechselkurse zwischen den verschiedenen nationalen
Währungen. Die nationalen Banknoten können zu jeder Zeit zum
festgelegten Preis in Gold umgewandelt werden, d.h. aus dem Besitz eines
Geldscheins ergibt sich ein direkter Anspruch auf eine bestimmte Menge
Gold. Um diese Golddeckungspflicht bzw. Verpflichtung zur Konvertibilität
zu garantieren, müssen die Mitgliedstaaten, d.h. deren Zentralbanken,
Goldreserven halten7. Der Austausch von Gold zwischen den Staaten ist
frei, da die Zahlungsbilanzen der Mitgliedstaaten dadurch ausgeglichen
werden: Bei einem Zahlungsbilanzdefizit fliesst Gold aus dem betreffenden
Mitgliedstaat, bei einem Überschuss fliesst ihm Gold zu. Der Goldstandard
gewährleistet
also
ein
symmetrisches
Beheben
von
Defiziten
und
Überschüssen. Somit schränkt die „Goldstandard-Regel“ die Geldpolitik
der Mitgliedstaaten
entscheidend
ein und
hat eine
disziplinierende
Wirkung, denn sie schiebt einer exzessiven und interventionistischen
Geldmengenpolitik einen automatischen Riegel vor.
Ein solches System wie der Klassische Goldstandard benötigt die Erfüllung
einiger grundsätzlicher Voraussetzungen, um effektiv funktionieren zu
können.
Erstens
besteht
unter
einem
Goldstandard
eine
starke
Abhängigkeit der Geldmenge und des Preisniveaus von Veränderungen am
Goldmarkt. So können bedeutende Goldentdeckungen den Goldpreis
entscheidend beeinflussen. Werden neue Goldvorkommnisse entdeckt
oder sinken
die
Kosten
der Goldminen, so steigt
die
verfügbare
5
Übersetzung des Autors: “Die Zeit von 1875 bis 1914 war eine Art mystisches Goldenes Zeitalter
der internationalen Währungsordnung, in der alle bedeutenden Nationen sich an die international
gültigen Währungsregeln hielten und der Ausgleich ihrer Zahlungsbilanzen reibungslos und nahezu
automatisch erfolgte (…) diese Jahre waren von hoher internationaler Währungsstabilität,
besonders im Vergleich zu den Folgejahren, gekennzeichnet.“, Block Fred (1977), The Origins of
International Economic Disorder, pp. 4-5
6
Innerhalb des Klassischen Goldstandards betrug der Preis einer Unze Gold in den USA 1914 zum
Beispiel 20 US-Dollar und in Großbritannien 5 Pfund.
77
Unter dem Klassischen Goldstandard hatte nur Grossbritannien eine 100%ige
Golddeckungspflicht.
3
Goldmenge weltweit an und es besteht die Gefahr einer Zunahme der
Geldmenge, was das allgemeine Preisniveau erhöht. Ist der nominale
Goldpreis jedoch
Reduktion
des
fix, bewirkt
realen
die Erhöhung des Preisniveaus eine
Goldpreises,
also
des
Wertes
von
Gold
in
Wareneinheiten. Dies wiederum führt zu einer Verminderung der Gewinne
der Goldminen und einer Einschränkung ihrer Förderkapazitäten. Zweitens
braucht ein solches System kontinuierlich neue Goldentdeckungen, da die
Volkswirtschaften
wachsen
und
ohne
neue
Goldzuflüsse
ihre
Zahlungsbilanzen nicht ausgleichen können; ohne neues Gold werden
andere Möglichkeiten der Geldbeschaffung notwendig. Schliesslich haben
in einem solchen System jene Mitgliedstaaten deutliche Vorteile, die
grosse Goldvorkommen aufweisen, da sie in der Lage sind, das System zu
beeinflussen, zu stören oder zu kontrollieren8.
1.2. Vom Klassischen Goldstandard zum
Golddevisenstandard der Jahrhundertwende und
dessen Zerfall im Ersten Weltkrieg
Der
angedeutete
Liquiditätsengpass
war
unter
dem
Klassischen
Goldstandard das grösste Problem der Mitgliedstaaten. Die unelastische
Goldproduktion konnte die gesteigerten Liquiditätsbedürfnisse nicht mehr
zufriedenstellen. Um die Jahrhundertwende wandelte sich so der reine
Goldstandard
zusehends
zu
einem
Golddevisenstandard
mit
dem
Britischen Pfund als Leitwährung. Während die meisten Zentralbanken
1880 noch mehr als 90 % Gold und weniger als 10 % Fremdwährungen zu
Reservezwecken hielten9, häuften sie nun immer mehr Britische Pfund10
an, um so ihre Liquiditätsbedürfnisse leichter stillen zu können. Kurz vor
Ausbruch
des
Währungsreserven
Ersten
zu
Weltkrieges
Goldreserven
in
war
den
das
meisten
Verhältnis
von
Mitgliedstaaten
8
Zum Beispiel Russland, siehe dafür Anhang 1: Gold Production through History.
Eichengreen Barry, Bordo Michael D. (1998), “The Rise and Fall of a Barbarous Relict: The Role of
Gold in the International Monetary System”, p. 6
10
Wie wir wissen hatte nur Grossbritannien eine 100%ige Golddeckungspflicht in diesem System
und das Britische Pfund fungierte als Leitwährung.
9
4
50:5011.
Internationale
Zahlungsbilanzanpassungen
wurden
in
zunehmendem Ausmass durch den Transfer von Britischen Pfunds
getätigt, was das System flexibler machte und “significantly reduced the
burden of gold flows in the adjustment mechanism”12.
Eine
zweite
Erklärung
Golddevisenstandards
wirtschaftliche
brachten,
sind
Fortschritt
nämlich
die
für
die
die
politischen
und
die
Entwicklung
Veränderungen,
Industrielle
Entstehung
eines
von
Revolution
De-factodie
der
mit
sich
Gewerkschaften
und
Arbeiterparteien sowie die sukzessive Ausweitung des Stimm- und
Wahlrechts. Die Regierungen der Mitgliedstaaten wurden schleichend aber
mit zunehmender Deutlichkeit zu einer sozialen Verpflichtung gezwungen,
die im Widerspruch zu der strengen Goldregel standen, so zum Beispiel
die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ohne Rücksicht auf wirtschaftliche
Begebenheiten.
Mit den sich langsam anbahnenden politischen Verfeindungen, die zum
Ausbruch des Ersten Weltkrieges führten, wurde auch die Goldregel immer
öfter
umgangen.
geschürt
und
Das
sie
Misstrauen
begannen,
unter
die
den
Mitgliedstaaten
internationalen
wurde
Geldflüsse
zu
kontrollieren, indem sie Zölle darauf erhoben oder sie wechselten vorzeitig
ihre Währungsreserven in Gold aus Angst, ein anderer Mitgliedstaat würde
seine Konvertibilitätsverpflichtung zu Gold nicht mehr einhalten. Zudem
zögerten sie ihre Schuldenrückzahlungen auf unbestimmte Zeit hinaus.
Diese
Massnahmen
vergifteten
das
reibungslose
Funktionieren
des
Golddevisenstandards zusehends.
Der Erste Weltkrieg durchbrach schliesslich endgültig das bis dahin bereits
kranke internationale System: Die Golddeckung wurde, mit Ausnahme von
11
Eichengreen Barry, Bordo Michael D. (1998), op. cit. p. 7
Übersetzung des Autors: Das Anhäufen von Britischen Pfund „reduzierte wesentlich die Last des
Goldaustausches im Anpassungsmechanismus (des Goldstandards).“, Bordo Michael D. (1981), op.
cit. p. 5
12
5
den USA13, de facto, wenn nicht sogar de jure aufgehoben. Der Grund ist
natürlich einleuchtend: Die verfeindeten Streitmächte mussten sich den
grösstmöglichen
Handlungsspielraum
einräumen,
um
den
Krieg
finanzieren zu können und dies auf dem Wege einer expansiven
Geldmengenausweitung14. Hätten die Staaten den Goldstandard nicht
aufgegeben, „the war would not have lasted more than a few months.
Instead, it lasted more than four years and ruined most of the major
economies in the world, and left millions dead in its wake“15. Der Erste
Weltkrieg hinterliess ein wirtschaftliches Chaos und Inflation.
1.3. Vom Nachkriegschaos zum restaurierten
Golddevisenstandard und zu dessen Zerfall als
Folge der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre
In
der
Zwischenkriegszeit
folgten
sich
drei
verschiedene
Währungssysteme. Ab Kriegsende bis 1925 waren die Wechselkurse frei16.
Dies führte unweigerlich zu extremen Schwankungen mit massiven
Fluchtbewegungen
und
heftigen
spekulativen
Tendenzen
gegen
schwächere Währungen, wobei die Hyperinflation in Deutschland hier
exemplarisch zu nennen ist. Der Friedensvertrag von Versailles, der den
Ersten Weltkrieg beendete, belastete die Verlierermacht Deutschland mit
enormen
Reparationszahlungen
an
die
Alliierten.
Anstatt
aber
beispielsweise die Steuern zu erhöhen, um diesen Verpflichtungen
nachzukommen, liefen die Gelddruckmaschinen der Reichsbank heiss und
die Geldmenge wurde unaufhaltsam vergrössert. Zwischen 1919 und 1923
stieg
die
Inflationsrate
mit
dramatischer
Geschwindigkeit
an,
im
Durchschnitt um 3.25 Millionen Prozent pro Monat. Die Geldentwertung
13
Die USA verhängte nur ein Goldexportembargo zwischen 1917 und 1919.
Zu Beginn eines jeden Krieges wurde die Bindung ans Gold immer gelockert oder gar aufgelöst,
um die freie Geldschöpfungskraft der Notenpresse für die Kriegsfinanzierung zu nutzen.
15
Übersetzung des Autors: Hätten die Staaten den Goldstandard nicht aufgegeben „so wäre der
Krieg bereits nach einigen Monaten beendet gewesen. Jedoch dauerte er mehr als vier Jahre und
ruinierte die meisten bedeutenden Volkswirtschaften in der Welt, und hinterliess Millionen von
Toten.“, Lips Ferdinand (2002), Gold Wars: The Battle against Sound Money, p. 20
16
=System freier Wechselkurse
14
6
fand kein Ende. Erst am 20. November 1923 konnte die Hyperinflation
durch eine Währungsreform eingedämmt werden. Reichsfinanzminister
Hans Luther machte angesichts der Hyperinflation bereits am 16.
November 1923 den Reichstag darauf aufmerksam, dass es nur eine
wirklich gute Lösung gegen das Problem gäbe: die Rückkehr zu einer
durch Goldreserven gedeckten Währung. Am 20. November 1923 wurde
dann auch die Rentenmark eingeführt, die erneut ans Gold gekoppelt war.
Grundlage hierfür war die gesetzliche „Verordnung über die Errichtung der
Deutschen Rentenbank“. Auch gegenüber dem Ausland verpflichtete sich
Deutschland zu einer Deckung ihrer neuen Währung durch Goldreserven.
Mit dieser Währungsreform standen die Notenpressen in Deutschland
vorerst wieder still.
Die Hyperinflation in Deutschland zeigt exemplarisch die negativen und
schwerwiegenden
Auswirkungen
einer
Geldmengenausweitung
ohne
Golddeckung, und als diese ist sie auch in die Geschichte eingegangen.
Während Deutschland gegen die Hyperinflation kämpfte, waren die
Währungen der meisten europäischen Staaten wie bereits erwähnt im
„free floating“. Nur die USA hatten ohne Unterbruch am Goldstandard zur
Vorkriegsparität
festgehalten17.
Kursschwankungen
und
massiven
Angesichts
und
spekulativen
der
extremen
Fluchtbewegung
gegen schwache Währungen wünschten sich die europäischen Staaten
immer mehr die Stabilität der Goldstandardära zurück. Nicht nur die
Befürworter der Restaurierung des Goldstandards erkannten allmählich,
„that the monetary chaos of the early twenties simply reinforced the view
that Europe badly needed the stern discipline of the gold standard and
fixed exchange rates“18.
17
= $20.67 pro Unze Gold.
Übersetzung des Autors: Nicht nur die Befürworter der Restaurierung des Goldstandards
erkannten allmählich, “dass das Währungschaos der frühen 1920er Jahre die Ansicht verstärkte,
dass Europa dringend die Rückkehr zur eisernen Disziplin des Goldstandards und zu festen
Wechselkursen benötigte.”, Block Fred (1977), op. cit. p. 15
18
7
Pläne für eine Restaurierung des Goldstandards wurden an der Konferenz
von
Genua in
Italien im
April
1922
diskutiert,
an
der
Vertreter
Grossbritanniens, Frankreichs, Italiens und Japans teilnahmen. Es wurde
einstimmig beschlossen, dass Gold erneut die Basis für internationale
Währungsangelegenheiten werden sollte. Aus Angst, dass die Goldvorräte
nicht ausreichend sein könnten, um das Funktionieren des Systems zu
gewährleisten, und dass das System mit den negativen Auswirkungen der
Knappheit des Goldes konfrontiert sein würde, wurde vereinbart, dass
kleinere Mitgliedstaaten nur Währungsreserven der beiden Leitwährungen,
Britische Pfunds und US-Dollars – die angeblich „as good as gold“ seien19halten sollen. Die Reserven Grossbritanniens und der USA, im Gegensatz
dazu,
sollten
gänzlich
aus
Gold
bestehen,
um
dem
neuen
Währungssystem die nötige Glaubwürdigkeit zu geben20. Um einem
erneuten Liquiditätsproblem aus Goldmangel entgegenzuwirken, wurde
ebenfalls die Möglichkeit diskutiert, die Menge der sich noch im Umlauf
befindlichen Goldmünzen zu beschränken21.
Die Konferenz von Genua entschied somit die Wiedereinführung eines
Goldstandards,
genauer
eines
Golddevisenstandards.
Grossbritannien
führte am 28. April 1925 diesen abgewandelten Goldstandard wieder ein,
während die USA – mit Ausnahme eines kurzzeitig eingeführten Embargos
auf Gold zwischen 1917 und 191922, gar nie vom Gold abgegangen war.
Zwischen 1925 und 1928 wurde der Golddevisenstandard, basierend auf
dem Britischen Pfund und dem US-Dollar und gemäss den Vereinbarungen
von
Genua
von
den
meisten
Ländern
eingeführt.
Die
meisten
Zentralbanken hielten kaum mehr Gold zu Reservezwecken, sondern
füllten sie mit den Leitwährungen.
19
Da das Britische Pfund sowie der US-Dollar während des Ersten Weltkrieges beträchtlich an
Kaufkraft verloren haben, wagt der Autor diese Aussage anzuzweifeln.
20
Bordo Michael D., MacDonald Ronald (2001), „The Interwar Gold-Exchange Standard: Credibility
and Monetary Independence“, p. 6
21
zu diesem Vorschlag siehe Cassel Gustav (1928), Post-war Monetary Stabilization
22
Bordo Michael D. (1981), op. cit. p. 7
8
Dieser Goldstandard wurde als Garant einer neuen Stabilität eingeführt,
aber war von Anfang an mit einem tiefgreifenden strukturellen Problem
belastet:
die
Rückkehr
Grossbritannien
kehrte
Grossbritanniens
zu
einer höchst
zur
Vorkriegsparität,
überbewerteten
denn
Goldparität
zurück23. Auf diese Weise war Grossbritannien in einem unablässigen
Wettbewerbsnachteil
gegenüber
seinen
Handelspartnern
und
wies
chronische Zahlungsbilanzdefizite auf, was zu einem permanenten und
unaufhaltsamen Goldabfluss führte. In Verbindung mit einer, wenn auch
nur unterschwelligen Goldverknappung, konnte Grossbritannien jederzeit
Gefahr
laufen,
seiner
Konvertibilitätsverpflichtung
nicht
mehr
nachzukommen, sowie die Liquiditätsbedürfnisse der Mitgliedstaaten in
ausreichendem Masse zufrieden zu stellen24.
Der Golddevisenstandard der Zwischenkriegszeit scheiterte schliesslich
aber aufgrund nur halbherzig befolgter Regeln und der sehr national
orientierten Wirtschaftspolitik der meisten Staaten.
Tatsächlich hatten sich die politischen und sozialen Voraussetzungen nach
dem Ersten Weltkrieg grundlegend geändert. Die Mitgliedstaaten des
Systems konnten kaum mehr die strengen Regeln des Goldstandards
ungehindert befolgen, sondern sie mussten, in der Festlegung ihrer
geldpolitischen Richtlinien, in zunehmendem Masse die Bedürfnisse und
23
Dieses erneut goldgedeckte Währungssystem und speziell die Rückkehr Grossbritanniens zur
Vorkriegsparität wurden sogleich von John Maynard Keynes in seiner 1925 veröffentlichten Studie
Economic Consequences of Mr. Churchill heftig kritisiert. Er argumentierte, dass die Rückkehr zur
Golddeckung zur Vorkriegsparität eine schmerzhafte und unerwünschte Deflation und
Massenarbeitslosigkeit in Grossbritannien nach sich ziehen würde. Er verteufelte das Gold als
„barbarous relict“, bezeichnete es also als ein barbarisches, grausames Relikt oder Überbleibsel der
Vorkriegszeit. Die Lösung, eine solche Situation - vor allem die drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden, sah er darin, dass die britische Regierung, anstatt die rigiden Vorschriften des
Goldstandards zu befolgen und um den nötigen Handlungsspielraum und die dazu unerlässliche
Unabhängigkeit zu erhalten, einer interventionistischen Geldpolitik nachgehe. Ein paar Jahre später
betonte er diese Notwenigkeit: „Ideas, knowledge, science, hospitality, travel – these are the
things which should of their nature be international. But let goods be homespun whenever it is
reasonalbly and conveniently possible, and, above all, let finance be primarily national“, also
“Ideen, Kenntnisse, Wissenschaft, Gastfreundlichkeit, Reisen – all diese Dinge sollten von ihrer
Natur her international sein. Aber lasst unsere Güter heimisch sein, sobald dies sinnvoll und
angebracht erscheint, und vor allem, lasst die Finanzen hauptsächlich eine nationale Angelegenheit
sein.“, Keynes John Maynard (1933) „National Self-Sufficiency“, p. 758.
24
Zudem zwang der Goldstandard die „Bank of England“ (= die britische Zentralbank)
unaufhörlich, unerwünschte geldpolitische Massnahmen zu treffen, nur um die Goldparität
aufrechtzuerhalten.
9
Forderungen der Gewerkschaften und Arbeiterparteien berücksichtigen25.
Speziell mit dem Ausbruch der Weltwirtschaftkrise26 und ihrer negativen
Auswirkungen stieg der Druck auf die Regierungen und Zentralbanken,
Entscheidungen an den nationalen Bedürfnissen auszurichten. Die Staaten
verfolgten
verstärkt
protektionistische
Ziele
und
ergriffen
handelspolitische27 oder währungspolitische28 Massnahmen. In diesem
Zusammenhang kann an dieser Stelle der im Juni 1930 vom US-Kongress
verabschiedete „Hawley Smoot Tariff Act“ genannt werden, mit dem die
höchsten Einfuhrzölle in der Geschichte der USA in Kraft traten. Die
anderen Staaten erhöhten daraufhin ebenfalls die Zölle, was dem
Welthandel schliesslich das Genick brach.
Aufgrund dieser nationalen Interventionen liegt es auf der Hand, dass der
zwischenkriegszeitliche Golddevisenstandard in gewissen Fachkreisen als
„managed gold standard“, also als ein gelenkter Goldstandard bezeichnet
wurde.
Vor allem die USA umgingen die Spielregeln des Goldautomatismus und
verfolgten für die Stabilität des Systems äusserst schädliche Ziele.
Amerika erlebte nach dem Ersten Weltkrieg einen Wirtschaftsboom. Die
FED29 versorgte die Wirtschaft grosszügig mit Papiergeld30, was die
Konsumbereitschaft
in
grossem
Masse
ankurbelte.
Die
Verlockung
leichtverdienten Geldes machte das Spekulieren an der Börse populär,
obwohl es vornehmlich kreditfinanziert war. Dies führte zu einer hohen
25
Nach dem Ersten Weltkrieg war das allgemeine Stimm- und Wahlrecht für Männer in den
meisten Staaten eingeführt worden, und Arbeiterparteien erfreuten sich einer stetig steigenden
Mitgliederzahl.
26
= „Great Depression“ oder „Die Grosse Depression“
27
Das sind Handelsbarrieren durch Zölle, die den Handel hemmen und den lokalen Markt schützen.
28
Die Staaten bedienten sich im grossen Stil der „kompetitiven Abwertung“, d.h. sie werteten die
eigene Währung ab, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. Über drastische Abwertungen der
eigenen Währung konnten die Exporte erhöht, und so ein Teil der Krise exportiert werden.
29
Federal Reserve System = Amerikanische Zentralbank
30
Rothbard verweist auf die Niedrigzinspolitik der FED in den 1920er Jahren als Verursacher der
amerikanischen Wirtschaftskrise. Diese habe die Geldmenge in den acht Jahren zwischen 1921 und
1929 um insgesamt 61,8% erhöht. Dies entspricht einem jährlichen Anstieg von rund 7,7%. Diese
Inflationierung der Geldmenge trug von Anfang an den Samen der Zerstörung in sich. Ein Crash
war unausweichlich. Siehe Rothbard Murray N. (1969), Economic Depressions: Their Cause and
Cure
10
Verschuldung sowohl von Privatpersonen als auch des Staates, was,
gekoppelt mit einer sehr hohen Inflationsrate, zur Überhitzung der
amerikanischen
Wirtschaft
führte.
Die
USA
stürzten
in
eine
tiefe
Rezession, deren offensichtlichste Symptome die heftigen Börsencrashs
des 25. und 29. Oktobers 1929 – der Black Friday und Black Tuesday –
waren. Die amerikanische Rezession wurde schnell zu einer weltweiten
tiefen Depression, die ihren Höhepunkt in den Jahren 1932/33 erreichte.
Um dieser Krise entgegenzuwirken, schlugen die USA eine sehr restriktive
Richtung
ein.
Der
Goldstandard
zwang
die
anderen
Staaten,
der
amerikanischen Geldpolitik zu folgen, wollten sie nicht eine Aufzehrung
ihrer
Devisen-
und
Goldreserven
in
Kauf
nehmen
müssen31.
Der
Golddevisenstandard konnte angesichts einer solchen Krise nicht aufrecht
erhalten
werden.
Im
September
1931
setzte
Grossbritannien
die
Goldkonvertibilität ihrer Währung ausser Kraft, zu sehr waren ihre
Goldreserven in Bedrängnis geraten32.
Auf der Londoner Konferenz (internationale Wirtschaftskonferenz zur
Überwindung der Weltwirtschaftskrise) vom 2. Juni bis 27. Juli 1933
forderte Frankreich Grossbritannien auf, seine Währung erneut an Gold zu
binden und drängte die USA dazu, auf alle Fälle an der Goldbindung
festzuhalten33, jedoch vergeblich. Da die amerikanischen Goldreserven im
Anschluss an die britische Abkoppelung vom Goldstandard ebenfalls
mächtig unter Druck geraten waren, zogen sich auch die USA vom
Goldstandard zurück und verabschiedeten am 30. Januar 1934 den „Gold
Reserve Act“. Damit zogen sie alle sich noch im Umlauf befindlichen
Goldmünzen zu USD 20.67 ein und werteten den Goldpreis schliesslich um
60% auf USD 35 die Unze Gold auf. Gleichzeitig wurde der US-Dollar
abgewertet, was ihn wieder wettbewerbsfähiger machte.
31
Eichengreen Barry, Bordo Michael D. (1998), op. cit. p. 9, „The restrictive monetary policies of
the US imparted powerful deflationary impulses to the rest of the world“.
32
Aus Angst, Grossbritannien würde ihrer Konvertibilitätsverpflichtung nicht mehr nachkommen,
wurden grosse Pfundbestände in Gold eingelöst.
33
Mundell Robert A. (1997), “The International Monetary System in the 21st Century: Could Gold
Make a Comeback?” p. 4
11
Nach und nach gaben viele Mitgliedstaaten den Goldstandard auf und
liessen ihre Währungen frei floaten.
Mit
der
Unterzeichnung
verpflichteten
sich
die
des
USA,
Tripartite-Vertrages
Grossbritannien
und
im
Jahre
Frankreich
1936
zur
gegenseitigen Unterstützung der Stabilisierung ihrer Währungen und im
Kampf
gegen
kompetitive
Währungsabwertungen.
Notwendige
Anpassungen sollten erneut in Gold abgewickelt werden, zum Preis von
USD 35 die Unze Gold. Später traten diesem Vertrag auch Belgien, die
Niederlande und die Schweiz bei. Da dieses System ihren Mitgliedstaaten
keinerlei Verbindlichkeit aufbürdete – so waren die USA zum Beispiel nicht
verpflichtet, ausländische Dollarreserven in Gold zu konvertieren – noch
eine gezielte Geldpolitik verfolgte, kann hier nicht von einem neu
eingeführten
Golddevisenstandard
mit
der
Kernwährung
US-Dollar
gesprochen werden, klar aber von einem auf Gold basierendem System.
Während des Zweiten Weltkrieges kam der Goldhandel zum Erliegen und
wurde Privatpersonen und Körperschaften sogar gänzlich untersagt34. Der
Goldpreis auf den Schwarzmärkten stieg aber ins Unermessliche.
1.4. Das Bretton Woods System und das Ende der
Golddeckung
Bereits während des Zweiten Weltkrieges wurde ausgehend von den USA
und Grossbritannien aufgrund der „Atlantik-Charta“35 über ein neues
Weltwährungssystem für die Nachkriegszeit verhandelt. In den USA wurde
Harry Dexter White, die rechte Hand von US-Finanzminister Henry
34
Ferdinand Lips (2002), op. cit. p. 31
Im August 1941 unterzeichneten der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt und der
britische Premierminister Winston S. Churchill die „Atlantik-Charta“, in der wesentliche Grundsätze
friedlicher internationaler Beziehungen verankert waren. Insgesamt wurden acht Punkte
festgehalten, darunter: Verzicht auf territoriale Expansion, gleichberechtigter Zugang zum
Welthandel und zu Rohstoffen, Verzicht auf Gewaltanwendung, Selbstbestimmungsrecht,
Liberalisierung des Handels, Freiheit der Meere. Diese "Atlantik-Charta", der sich die übrigen
Mächte auf der Seite der Alliierten durch die Erklärung über die Vereinten Nationen vom 1. Januar
1942 anschlossen, wurde zur Grundlage der Charta der Vereinten Nationen.
35
12
Morgenthau, und in Grossbritannien John Maynard Keynes, Berater des
britischen Finanzministeriums, damit beauftragt, über die Ausstattung und
Struktur des zu schaffenden Weltwährungssystems nachzudenken. Der
„White Plan“ zielte auf freien Welthandel36 und Währungsstabilität, d.h.
auf ein auf Gold basierendes und multilaterales Währungssystem mit
festen Wechselkursen. Der „Keynes Plan“ hingegen favorisierte ein
Weltwährungssystem,
das
ermöglichte.
Goldstandard
Einen
wirtschaftliches
Wachstum
mit
seiner
zu
jeder
verbindlichen
Zeit
und
verpflichtenden Struktur und Regeln lehnte er somit entschieden ab37.
Grossbritannien
sollte
sich
auf
jeden
Fall
die
uneingeschränkte
Handlungsfreiheit in seiner Währungs- und Geldpolitik bewahren, speziell
um die grossen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen das Land nach
dem Krieg zu kämpfen hätte, bewältigen zu können.
Nach intensiven Verhandlungen wurde ein Kompromiss beider Pläne ins
Auge gefasst38: Es sollte ein von freiem Welthandel und Multilateralismus
gekennzeichnetes
Wechselkursen
und
auf
Gold
(amerikanische
basierendes
Forderung)
System
eingeführt
mit
festen
werden,
das
gleichzeitig Souveränität in der Verfolgung währungs- und geldpolitischer
Ziele gewährleistet (britische Forderung)39.
36
Die USA war durch den Krieg zur wirtschaftlich stärksten und reichsten Staatsmacht
aufgestiegen und somit Hauptlieferant von Kapital und Gütern. Die USA hatte somit ein grosses
Interesse daran, neue Märkte zu erschliessen. Speziell das britische Präferenzsystem für die Länder
des Commonwealth war ihnen ein Dorn im Auge und sollte aufgebrochen werden.
37
Keynes betrachtete den Goldstandard als den Urheber der Weltwirtschaftskrise. Zudem war der
Grossteil der europäischen Goldreserven durch die Kriegsfinanzierung in die USA abgeflossen. Nach
Schätzungen hielt die USA am Kriegsende zwei Drittel des weltweiten Goldvorrats. Siehe dazu
Bordo Michael D. (1993), “The Gold Standard, Bretton Woods, and Other Monetary Regimes: A
Historical Appraisal”, p. 38.
38
Der Kompromiss wurde im „Joint Statement by Experts on the Establishment of an International
Monetary Fund“ am 22. April 1944 offiziell verankert.
39
Die Synthese von Zielen der liberalen, freien Marktwirtschaft und des Wohlfahrtstaats bezeichnet
John Ruggie als „embedded liberalism“ (eingebetteter Liberalismus): „Unlike the economic
nationalism of the thirties, the international economic order would be multilateral in character, but
unlike the liberalism of the gold standard and free trade, its multilateralism would be predicated
upon domestic interventionalism (…) The new system would embody a unique blend of laissez-faire
and interventionalism – of liberal multilateralism and the welfare state“. Ruggie John Gerard, zitiert
in Schatz Gratia (2005), op. cit. p. 33. Übersetzung des Autors: „Anders als der wirtschaftliche
Nationalismus der 1930er Jahre sollte das (neue) internationale Wirtschaftssystem von
Multilaterismus gekennzeichnet sein. Aber anders als der Liberalismus des Goldstandards und
Freihandel würde dieser Multilateralismus von innerstaatlichem Interventionalismus dirigiert
werden (…) Dieses neue System würde eine einzigartige (noch nie da gewesene) Mischung aus
laissez-faire und Interventionalismus – aus Multilateralismus und Sozialstaat verkörpern.“
13
Im Juli 1944 wurde in Bretton Woods, im amerikanischen New Hampshire,
die "Internationale Währungs- und Finanzkonferenz der Vereinten und
Assoziierten Nationen" einberufen, an der 44 Nationen teilnahmen. An
dieser Konferenz wurde das neue internationale, vom goldhinterlegten USDollar als Leitwährung bestimmte Währungssystem ins Leben gerufen.
Gleichzeitig wurde die Gründung zweier internationaler Institutionen
beschlossen: die „Internationale Bank für Wiederaufbau und Entwicklung“,
die heutige Weltbank40, und der Internationale Währungsfonds (IWF)41.
Die Grundlage dieses Systems – des sogenannten Bretton Woods Systems
- waren fixe Wechselkurse. Die Mitglieder fixierten ihren Wechselkurs an
den US-Dollar und mussten sich verpflichten, den Wechselkurs innerhalb
eines Korridors von einem Prozent zu halten. Die USA, deren Währung als
einzige direkt ans Gold gebunden war (Leitwährung), waren im Gegenzug
verpflichtet, Gold von ausländischen Zentralbanken zu einem Preis von
USD 35 pro Unze zu kaufen oder verkaufen. Dies hatte zur Folge, dass alle
Währungen nur noch indirekt ans Gold gebunden waren, so dass nicht nur
von
einem
Golddevisenstandard
sondern
von
einem
De-facto-
Golddollarstandard gesprochen werden kann.
Interessanterweise sprechen viele Experten nicht von einem „neuen“
System, sondern betrachten das Bretton Woods System als restaurierten
Golddollarstandard
auf
der
Grundlage
des
1936
unterzeichneten
Tripartite-Vertrag (Dollar-Gold-Parität von USD 35 die Unze Gold). Da die
USA sich nie vom Gold abgekoppelt hatten – auch nicht während des
Krieges – scheint diese Ansicht legitim. So Ronald McKinnon: „There never
40
Das Ziel dieser Institution ist die Bereitstellung von Kapital zur Vergabe von Krediten an
kriegszerstörte Staaten (Solidargemeinschaft). Von Beginn an wurden über die kriegsbeteiligten
Staaten hinaus die Entwicklungsländer als zusätzliche wichtige Kreditnehmer betrachtet.
41
Der Internationale Währungsfonds wurde gegründet, um bei drohenden Krisen rechtzeitig zu
reagieren und entsprechende wirtschaftspolitische Massnahmen zu deren Vermeidung zu treffen.
Kommt es dennoch zu einer akuten Krise, dann leiht der IWF dem betreffenden Land Geld. Die
Höhe der Summe wird bestimmt durch die Höhe der Einlagen, die jedes Land beim Internationalen
Währungsfonds hat: Ähnlich wie bei einer Genossenschaft zahlt ein Staat Geld in den Topf ein und
kann im Bedarfsfall ein Vielfaches davon als Hilfe bekommen. Die Höhe der Quoten wurde bei
Gründung des IWF errechnet, indem man die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Staaten
berechnete (Bruttoinlandprodukt, Währungsreserven, Bilanzen im Aussenhandel ...).
14
was
a
Bretton
Woods
system.
The
Bretton
Woods
Agreement
accommodated the rest of the world to an international monetary system
that already existed. After the Tripartite Agreement among the United
States, Britain and France in 1936, the essential structure of the golddollar-standard was already determined.”42; oder Robert Mundell: “The
Tripartite Monetary System lasted from 1936 to 1971”43.
Bis Ende 1945 hatten 29 Staaten das Abkommen ratifiziert und das
System wurde somit offiziell eingeführt. Angesichts der Kriegsfolgen in
den meisten europäischen Mitgliedstaaten hatte das Bretton Woods
System aber erhebliche Anlaufschwierigkeiten und konnte erst in den
späten 1950er Jahren richtig funktionieren.
Die ersten Jahre des Bretton Woods Systems werden als „Phase des
Dollarmangels“ bezeichnet, da der US-Dollar lange Zeit die einzige frei
konvertierbare Währung war und so der US-Dollar sehr an Einfluss
gewann. Bei Kriegsende bestand die grösste Aufgabe der europäischen
Staaten im Wiederaufbau. Dafür benötigten sie genügend US-Dollars für
notwendige
Importe
aus
den
USA.
Die
USA
befriedigten
diesen
Liquiditätsbedarf zum grössten Teil durch den Marshallplan44, und dennoch
dauerte
die
Dollarknappheit
hartnäckig
an.
Erst
durch
das
Zusammenwirken verschiedener Faktoren
durch die amerikanischen Kredite konnten die europäischen
Volkswirtschaften wiederbelebt werden
42
McKinnon Ronald (1993), „The Rules of the Game: International Money in Historical Perspective“,
p. 4. Übersetzung des Autors: “Es gab nie ein Bretton Woods System. Der Bretton Woods Vertrag
band den Rest der Welt vertraglich an ein internationales Währungssystem, das bereits existierte,
nämlich an den von den USA, Grossbritannien und Frankreich 1936 unterzeichneten TripartiteVertrag, der die grundlegende Struktur des Gold-Dollar-Standards bereits festgelegt hatte“.
43
Mundell Robert A. (1997), op. cit. p. 4. Übersetzung des Autors: „Das Tripartite Währungssystem
dauerte von 1936 bis 1971“.
44
Der Marshallplan, offiziell European Recovery Program (kurz: ERP) genannt, war das wichtigste
wirtschaftliche Wiederaufbauprogramm der USA, das nach dem Zweiten Weltkrieg dem zerstörten
Westeuropa zugute kam. Es bestand hauptsächlich aus Krediten und der Lieferung von Rohstoffen,
Lebensmitteln und Waren. Das 12,4-Milliarden-Dollar-Programm wurde am 16. April 1948
beschlossen und sollte vier Jahre dauern. Im gesamten Zeitraum (1948–1952) leisteten die USA
den bedürftigen Staaten der Organisation for European Economic Co-operation (OEEC) Hilfen im
Wert von insgesamt 13,1 Milliarden US-Dollar.
15
durch die notwendige und unvermeidbare Abwertungswelle konnten
die europäischen Währungen wirkungsvoll gegenüber dem US-Dollar
abgewertet werden45
durch die Gründung der Europäischen Zahlungsunion46 konnte
schliesslich die freie Konvertibilität erreicht werden
konnte die Dollarknappheit gelindert werden und das System endlich wie
vorgesehen funktionieren, nämlich ab Ende des Jahre 1958, als sämtliche
Währungen frei konvertibel waren.
Zwischen
1958
und
1973
wurden
die
fortwährenden
Zahlungs-
bilanzdefizite der USA und der damit verursachte „Dollarüberhang“ zum
dominanten Problem des Systems. Vor allem ab 1964 gingen die USA auf
Expansionskurs.
Der
Vietnamkrieg
und
ein
grosses
nationales
Sozialprogramm47 mussten finanziert werden, wodurch Inflation kurzum in
Kauf genommen wurde. Diese risikohafte Situation – das permanente
Zahlungsbilanzdefizit der USA - führte zu einer Vertrauenskrise: Das
internationale Vertrauen in die Konvertibilitätsfähigkeit der USA wurde tief
erschüttert, die USA immer lauter und häufiger kritisiert. Das System
zeigte erste Krisensymptome. Durch die Nichterfüllung der Pflichten der
Führungsmacht – die nationale Selbstdisziplin im Umgang mit Geld –
erodierte die internationale Hegemonie der USA langsam und die Stabilität
des Systems begann zu bröckeln.
Bereits 1961 – als noch die USA auf Expansionskurs ging - hatte Robert
Triffin, ein belgisch-US-amerikanischer Ökonom, die Möglichkeit einer
Vertrauenskrise in den US-Dollar vorausgeahnt48. Diese These wurde
unter dem „Triffin-Dilemma“ bekannt: Bedingt durch die begrenzten
45
Nach der Devaluation des britischen Pfunds im September 1949 und auf Drängen der USA
werteten 23 Staaten im Anschluss ihre Währungen im Herbst desselben Jahres ab.
46
Die Europäische Zahlungsunion (EZU) war ein Zusammenschluss mehrerer europäischer Länder,
um den multilateralen Handels- und Zahlungsverkehr in Westeuropa zu fördern. Ziel der 1950
geschaffenen Union war die freie Konvertibilität aller beteiligten Währungen. Erreicht wurde dieses
Ziel durch einen Kreditmechanismus und multilaterales Clearing. Nachdem 14 westeuropäische
Staaten 1958 die Konvertibilität ihrer Währungen erklärt hatten, löste die EZU sich auf.
47
Das „Great Society program“ war eine umfassende Sozialreform in Bereichen wie Bürgerrechte,
Armutsbekämpfung, Bildung, Gesundheitswesen und Umweltschutz.
48
Triffin Robert (1961), Gold and the Dollar Crisis: The Future of Convertibility
16
Goldbestände ist eine für den weltweiten Handel benötigte Liquidität nur
durch die Freisetzung zusätzlicher US-Dollars möglich. Dadurch aber
entstanden den USA Defizite in der Zahlungsbilanz. Gemäss den Regeln
des Bretton Woods Systems muss ein Staat, um seine Geldmenge
auszuweiten, höhere (Gold)Reserven zur Deckung anlegen. Die USA
hatten zu dieser Zeit jedoch keine Möglichkeit, mehr Gold zur Deckung
dieser nachgefragten Dollars zu schaffen. So konnte eine immer grössere
Dollarmenge nicht mehr durch Gold gedeckt werden. Dies führte – so
Triffin - unweigerlich zu einem tiefen Vertrauensverlust gegenüber dem
US-Dollar. In einer solchen Situation liefen die USA Gefahr, dass die
gehaltenen Goldmengen nicht mehr ausreichten, wenn nur ein einziges
Mitglied des Systems seine Dollarreserven gegen Gold zurücktauschen
wollte.
Eine mögliche Lösung dieses Problems wäre die Erhöhung des offiziellen
Goldpreises gewesen. Jedoch wurde von dieser Möglichkeit abgesehen, da
dies politisch sehr unerwünschte Auswirkungen gehabt hätte, nämlich die
Bereicherung der Gold produzierenden Staaten, inklusive Russland, dem
Feind schlechthin der USA und der Mitgliedstaaten des Bretton Woods
Systems während des Kalten Krieges49.
Je mehr der US-Dollar an Kaufkraft verlor, desto höher stieg der
Marktpreis des Goldes50. Das amerikanische Defizit wurde kurzum in Gold
umgetauscht, das in die Zentralbanken des europäischen Kontinents
wanderte. Um dieser (vor allem für die USA) kritischen Situation
entgegenzuwirken,
wurde
Präsidenten
Kennedy,
bestehend
aus
den
der
1961,
„Gold
auf
Drängen
Pool“
Zentralbanken
des
gegründet,
der
USA,
amerikanischen
ein
Konsortium
Grossbritanniens,
Westdeutschlands, Frankreichs51, der Schweiz, Italiens, Belgiens und den
49
Milton Gilbert (1980), Quest for World Monetary Order: The Gold-Dollar-System and its
Aftermath, p. 117 und p. 218; und Eichengreen Barry, Bordo Michael D. (1998), op. cit. p. 23
50
weit über $35 die Unze Gold
51
Kurz nach der Gründung des Gold Pools trat Frankreich aus diesem Konsortium wieder aus.
Frankreich, unter Präsident Charles de Gaulle, prangerte die amerikanische Defizitfinanzierung
heftig an und konvertierte in den 1960er Jahren fortlaufend seine Dollarreserven in Gold. In einer
17
Niederlanden, um den Goldpreis durch Goldverkäufe auf dem freien Markt
auf dem offiziellen Niveau von USD 35 pro Unze Gold zu halten52. Der
amerikanischen Expansionspolitik wurde jedoch kein Riegel vorgeschoben,
im Gegenteil: Mit der Ausweitung des Vietnamkrieges53 wurde sie sogar
noch ausgeweitet.
So kam es zur sogenannten „Goldkrise“ von 1967/68. In den Jahren 1966
und 1967 hatte Russland seine Goldlieferungen eingefroren, was den
Goldpreis stark ansteigen liess. Zudem verstärkte die „Tet Offensive“54 im
Januar
1968
die
Angst
einer
Zunahme
der
amerikanischen
Defizitfinanzierung. Beide Umstände zusammen wurden zur tickenden
Zeitbombe. Die Unsicherheit über die Konvertibilitätsfähigkeit der USA
nahm ein solches Ausmass an, dass sich die Krise zuspitzte: Es kam zum
Angriff auf den US-Dollar. Gewaltige Goldbestände wurden auf dem
Londoner Goldmarkt gekauft und riesige Dollarbestände liquidiert55. Die
„Goldkrise“ erreichte schliesslich seinen Höhepunkt im März 1968. Am 8.
März musste der „Gold Pool“ 100 Tonnen Gold verkaufen, um den
Goldpreis zu stützen, doch die spekulative Spirale schien ausser Kontrolle.
Auch in den darauffolgenden Tagen veräusserte der „Gold Pool“ grosse
Mengen an Gold, ohne dass der Goldpreis in den Griff zu bekommen war
oder bedeutend beeinflusst werden konnte. Am 13. März betrugen die
Verluste des „Gold Pools“ USD 200 Millionen, am darauffolgenden Tag
sogar USD 400 Millionen56. Am gleichen Abend wurde der Londoner
Goldmarkt für zwei Wochen geschlossen.
Pressekonferenz am 4. Februar 1965 verlangte De Gaulle offiziell die Rückkehr zu einem reinen
Goldstandard und forderte die Mitgliedstaaten auf, dem Beispiel Frankreichs zu folgen und ihre
Dollarreserven unverzüglich in Gold umzutauschen.
52
Die Zentralbanken dieser Abmachung stellten eine bestimmte Menge Gold zur Verfügung, um es,
im Falle eines Anstiegs des Goldpreises, auf dem Markt zu verkaufen, um so den Goldpreis zu
drücken.
53
Ab 1970 weiteten die USA ihre militärischen Aktionen auf die Nachbarstaaten Kambodscha und
Laos aus.
54
Die „Tet-Offensive“ bezeichnet eine Reihe militärischer, offensiver Operationen der
nordvietnamesischen Armee und des Vietcong (der Nationalen Front für die Befreiung
Südvietnams) mit der Unterstützung der USA ab dem 30. Januar 1968 in Rahmen des
Vietnamkrieges.
55
vor allem Länder wie Frankreich, aber auch grosse, private Spekulanten.
56
Für eine detaillierte Darstellung der „Goldkrise“ von 1967/68 siehe Schatz Gratia (2005), op. cit.
pp. 46-49
18
Die „Goldkrise“ hatte zwei direkte Folgen. Erstens wurde der Goldpreis
gesplittet und ein zweigliedriges System57 eingeführt. Es gab nun
sozusagen zwei Goldpreise: Der eine Preis konnte sich frei dem Markt
anpassen, der andere – für die Zentralbanken - blieb fix auf USD 35 die
Unze
Gold.
Zweitens
wurden
vom
Internationalen
Währungsfonds
Sonderziehungsrechte58 eingeführt, eine künstliche Währungseinheit (eine
Art
„Papiergold“),
um
den
Liquiditätsbedarf
der
expandierenden
Weltwirtschaft zu decken59.
Viele Experten sind sich heute einig, dass mit der Einführung des „two-tier
market“
das
Gold
demonetisiert
und
mit
der
Ausgabe
von
Sonderziehungsrechten die Rolle des Goldes im System bedeutend
geschwächt wurde. Es kam zu einer grundlegenden Verlagerung des
Systems: Aus dem Golddollarstandard wurde ein Quasi-Dollarstandard60.
Im März 1968 schien die Welt jedoch zu jubeln und „all pro-paper
economists, such Keynesians, were now confident that gold would
disappear from the international monetary system“61. Und tatsächlich
sollte die letzte noch vorhandene Goldbindung wenig später endgültig
aufgehoben werden.
Anfangs der 1970er Jahre verschärfte sich nämlich die Inflation des USDollars trotz aufkeimender Rezession62. Aus Angst einer möglichen
offiziellen Abwertung des US-Dollars kam es erneut zu beträchtlichen
Dollarverkäufen auf den Devisenmärkten. Um dem gewaltigen Goldabfluss
aus den USA entgegenzuwirken, suspendierte der amerikanische Präsident
Richard Nixon in seiner Rede an die Nation am 15. August 197163 die
57
=„two-tier market“
sogenannte „special drawing rights“
59
Die Einführung der Sonderziehungsrechte wurde am Wochenende vom 30./31. März 1968, also
direkt im Anschluss an die „Goldkrise“, von der „Group of Ten“ – Belgien, Kanada, Frankreich,
Grossbritannien, Niederlande, Schweden, Deutschland, Italien, Japan und USA – beschlossen.
60
Viele Experten sprechen davon, dass das Gold ab März 1968 seine historische Rolle im
internationalen Währungssystem verlor, so zum Beispiel Bordo Michael D. (1993), op. cit. p. 74.
61
Rothbard Murray N. (1980), op. cit. p. 52. Übersetzung des Autors: “„Alle Papiergeld-Ökonomen,
so die Keynesianer, waren nun zuversichtlich, dass Gold endgültig aus dem internationalen
Währungssystems verschwinden würde.”.
62
Dieses neue Phänomen wird im Anschluss als „Stagflation“ in die Geschichte eingehen.
63
Anhang 2: Die Rede von Richard Nixon (15. August 1971)
58
19
Goldkonvertibilität des US-Dollars und kündigte gleichzeitig die Abwertung
des US-Dollars an64. Mit der Abkoppelung vom Gold zeichnete sich bereits
das Zeitalter des reinen Papiergeldes („fiat money“), das keinen festen
Bezug mehr zum Gold hatte, am Horizont ab.
Mit der Unterzeichnung des „Smithsonian Agreement“ im Dezember 1971
wurde der US-Dollar schliesslich um 8 % abgewertet65 und der Goldpreis
auf USD 38 die Unze Gold festgelegt. Im Anschluss kam es jedoch erneut
zu heftigen Angriffen auf den US-Dollar, weil die Märkte überzeugt waren,
dass die Dollarabwertung ungenügend war; das Misstrauen in die USA war
immer noch sehr gross.
So kam es im Februar 1973 zu so grossen Spekulationen gegen den USDollar, dass der Devisenmarkt kurzzeitig geschlossen werden musste. Am
12. Februar wurde der US-Dollar erneut um 10 % abgewertet66. Doch
auch diese Massnahme konnte das Vertrauen nicht wieder herstellen und
so wurde bei der Wiedereröffnung der Märkte weiter heftig gegen den USDollar spekuliert. Gleichzeitig stieg der Goldpreis auf dem Markt auf USD
75 die Unze Gold67.
Im März 1973 kollabierte das System fester Wechselkurse, als die
europäischen Zentralbanken Millionen von US-Dollars kaufen mussten, nur
um ihre eigenen Währungen zu stützen. Der Devisenmarkt wurde erneut
geschlossen. Ab dem 19. März 1973, bei Wiedereröffnung der Märkte,
waren die meisten Währungen im freien Floating und das Bretton Woods
System endgültig zerrüttet.
64
Gleichzeitig verhängte die USA eine 10%-Steuer auf alle Importe (um sich die
Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten), bis die Mitgliedstaaten – gemäss dem Bretton WoodsAbkommen – der Devaluation zugestimmt hatten.
65
Gleichzeitig wurden der Yen, der Schweizer Franken, die Deutsche Mark und die Währungen der
Beneluxstaaten aufgewertet.
66
von $38 auf $42,22 die Unze Gold
67
Zur Goldpreisentwicklung während der Angriffe auf den US-Dollar siehe Lips Ferdinand (2002),
op. cit. p. 79
20
Das Bretton Woods System war schliesslich daran gescheitert, dass es
zwei widersprüchliche Ziele gleichzeitig erreichen wollte. Zum einen sollte
der Welthandel auf das Fundament eines festen Kursgefüges gestellt
werden.
Zugleich
wollte
man
sich
aber
einen
gewissen
makroökonomischen Freiraum lassen, der darin bestand, dass jeder
Mitgliedstaat
inflationär
seine
auch
eigene
immer
–
Währungsohne
und
Wirtschaftspolitik
Einschränkungen
und
–
wie
Vorschriften
verfolgen konnte.
Unter dem neuen System flexibler Wechselkurse begann sogleich ein
internationaler Wettbewerb der Geldmengenausweitung, die dem realen
Wachstum der Staaten immer vorauseilte. Dem „politischen Geld“ wurde
ab sofort keinen Riegel mehr vorgeschoben. Das Zeitalter der durch die
Notenpressen
genährten
Inflationsschübe
und
Finanzkrisen
wurde
unweigerlich eingeläutet: „The movement to flexible exchange rates in
1973 removed the constraint on monetary expansion. The price level of
what had become the mainstream of the world economy was now in the
hands of the Federal Reserve System, the greatest engine of inflation ever
created”68.
68
Mundell Robert A. (1997), op. cit. p. 5. Übersetzung des Autors: “Die Entwicklung zu flexiblen
Wechselkursen 1973 beseitigte die Einschränkungen zu monetärer Expansion, was die
ökonomische Hauptströmung dieser Zeit war. Das Preisniveau der Weltwirtschaft war nun in den
Händen der Federal Reserve, der grössten Inflationsmaschine, die je erschaffen wurde.“
21
2.
Das System flexibler Wechselkurse ohne
Goldbindung (fiat money)
Das System flexibler Wechselkurse sollte nur von transitorischer Dauer
sein, denn viele Staaten, vor allem in Europa, wollten zurück zu festen
Wechselkursen und Stabilität69. Aber mit dem Ausbruch der „Ölkrise“70
war die Rückkehr zu fixen Paritäten undenkbar, und als sich der Ölpreis im
März 1974 vervierfachte, stürzte die Welt in eine Rezession. Angesichts
dieser Rezession waren die Staaten froh, freie Hand in der Formulierung
ihrer Währungs- und Wirtschaftspolitik zu haben, um so die negativen
Folgen der Krise sehr eigennützig zu bekämpfen. Das System flexibler
Wechselkurse
hatte
sich
„bewährt“,
und
so
wurden
die
Vertragsbestimmungen des Internationalen Währungsfonds im November
1975 abgeändert und flexible Wechselkurse formell integriert71.
Interessanterweise wies Robert Mundell, Ökonom und Nobelpreisträger für
Wirtschaftswissenschaften72
darauf
hin,
dass
von
einem
Weltwährungssystem im strikten Sinn des Wortes ab 1973 nicht mehr
gesprochen werden konnte: Jedes Land hatte sein eigenes System, die
Währungen waren völlig frei. Ein ganz neues Phänomen, einzigartig in der
Währungsgeschichte73.
69
Pläne dafür wurden bereits ab dem Herbst 1972 unter der Obhut des IWF geschmiedet, jedoch
nie umgesetzt.
70
Als
Ölkrise
bezeichnet
man
Phasen
starker
Ölpreisanstiege,
die
gravierende
gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben. Im engeren Sinne werden nur die starken Erhöhungen
des Rohölpreises 1973 und 1979/80 als Ölkrise bezeichnet, da beide in den Industrieländern
deutliche Rezession auslösten.
71
Diese Vertragsänderung trat 1978 offiziell in Kraft (nach Ratifizierung).
72
1999 verliehen
73
Mundell Robert (1997), op. cit. p. 3: „An international monetary system in the strict sense of the
world does not presently exist. Every country has its own system. Most people do not understand
how unusual the system is. For thousands of years countries have anchored their currencies to one
of the precious metals or to another currency. But in the quarter century since the international
monetary system broke down, countries have been on their own, a phenomenon that has no
historical precedent in the cooperative game known as the international monetary system”.
22
2.1. Die 1970er Jahre
Mittel zum Zweck in der Rezessionsbekämpfung war für die meisten
Staaten die Notenpresse. So wurde die Inflation zum grossen Problem der
1970er
Jahre74.
Die
Inflationsrate
der
USA
stieg
während
dieses
Jahrzehnts jährlich um 13 – 14 %75. Die Angst vor einer Entgleisung des
Währungssystems war latent zu spüren und das Misstrauen gross. So
schnallte der Goldpreis am 21. Januar 1980 in die Rekordhöhe von USD
85076. Dieser kurze, aber beeindruckende Ausbruch des Goldpreises zeigte
„that, despite of the official demonetization of gold, people had taken
refuge in gold at the very moment that confidence in the fiat dollar was
lost. This, again, teaches us the sole and simple lesson that gold is
money, and nothing else”77.
2.2. Die 1980er Jahre
Die 1980er Jahre sind das Jahrzehnt der „Schuldenkrise“. Die Ursachen
dafür liegen auf der Hand:
die Ölpreiserhöhungen der beiden Ölkrisen (1973/74 und 1978/79)
die weltweite Rezession gekoppelt mit dem zunehmenden
Protektionismus der Staaten
die exzessive Geldmengenausweitung
oftmals fehlendes Risikobewusstsein der Geschäftsbanken bei der
Kreditvergabe
der Anstieg des internationalen Zinsniveaus
die Aufnahme von Krediten für die Tilgung der Schulden
74
Mundell Robert A. (1997), op. cit. p. 8 „Throughout the 1970s, the United States and Europe
have experienced the most inflationary peacetime monetary policies in their respective histories“.
75
Schatz Gratia (2005), op. cit. p. 55
76
Der Goldpreis beruhigte sich kurz danach wieder auf zirka $475, um in den folgenden Jahren
grob geschätzt zwischen $300 und $500 zu verharren.
77
Übersetzung des Autors: Dieser kurze aber beeindruckende Ausbruch des Goldpreises zeigte,
„dass trotz der offiziellen Ausserkurssetzung des Goldes die Menschen sich in Gold geflüchtet
haben, und zwar im Moment, als das Vertrauen in das Papiergeld Dollar erschüttert war. Das lernt
uns einmal mehr die simple Lektion, dass Gold Geld ist und nichts anderes“, Schatz Gratia (2005),
op. cit. p. 55
23
Vor allem die Überschuldung der ärmeren Länder war enorm. Durch die
hohen Ölpreise erfuhren vor allem die lateinamerikanischen Staaten einen
extremen Liquiditätsengpass, vor allem weil die hohen Ölpreise mit einer
Dollarverknappung einhergingen. Die FED hob ab 1979 den Leitzins
(Federal-fund-rate) auf „lähmende Höhen“78 an, zirka das Dreifache, um
die Inflation zu bekämpfen79. Die erdölexportierenden Länder hingegen
wurden mit Finanzmitteln überschwemmt und investierten diese bei
internationalen Banken, welche diese wiederum in Form von Krediten
weitergaben, insbesondere an die lateinamerikanischen Staaten, die
unbedingt Geld brauchten80. Der offizielle Beginn der „Schuldenkrise“ wird
mit dem 13. August 1982 datiert, als die mexikanische Regierung ihre
Zahlungsunfähigkeit erklärte. Im Anschluss folgten Länder wie Brasilien,
Argentinien, Venezuela und Peru. Die Häufung zahlungsunfähiger Staaten
wurde schliesslich zur Bedrohung der Industrieländer: Die Spirale des
„Zinseszins-Teufelskreises“81
liess
die
vorerst
„lateinamerikanische
Schuldenkrise“ zu einer internationalen Angelegenheit werden.
2.3. Die 1990er Jahre
In den 1990er Jahren, infolge der Liberalisierung der Finanzsektoren
asiatischer Staaten, entstand auch in Ostasien ein Kreditboom, der Ende
des Jahrzehnts zu der sogenannten „Asienkrise“82 führte.
Der Weg aus den Schulden - d.h. das Durchbrechen dieses „ZinseszinsTeufelskreises“ – führte über die sogenannte HIPC-Initiative von 199983
78
Gemäss den Worten von Hodgson Brown Ellen (2008), Der Dollar-Crash: Was Bänker Ihnen nicht
erzählen, p. 259
79
Die Inflationsrate in den USA konnte so innerhalb von zwei Jahren von 13,5% auf
beeindruckende 3,2% gedrückt werden. Allerdings bedeutete diese drastische Leitzinserhöhung der
Ruin vieler schwer in den US-Dollar verschuldeten Länder, insbesondere die Staaten
Lateinamerikas.
80
Dieser Geldkreislauf ist als „Petrodollar-Recycling“ in die Geschichte eingegangen.
81
auch „Schneeballeffekt“ genannt = geforderte Rückzahlung von fälligen Schulden inklusive
Zinsen durch die Gewährung zusätzlicher Kredite.
82
Mit „Asienkrise“ wird die Finanz-, Währungs- und Wirtschaftskrise Ostasiens der Jahre 1997/98
bezeichnet, die in Thailand begann und dann schnell auf mehrere asiatische Staaten übergriff
(Indonesien, Südkorea, Malaysia, die Philippinen, Singapur). Die gleichzeitige Wirtschaftskrise in
Japan hatte ihre eigenen Ursachen, wurde aber durch die Asienkrise verstärkt.
24
für die Vergabe von Krediten zu sehr günstigen Bedingungen durch den
IWF an hoch verschuldete Länder. Diese Kredite sollten vornehmlich durch
Goldverkäufe durch die Zentralbanken der Mitgliedstaaten des IWF
finanziert werden84, was auch in grossem Stil umgesetzt wurde.
Wie
aber
verhielten
sich
überhaupt
die
Goldreserven
seit
dem
Zusammenbruch des Bretton Woods Systems? Tatsächlich, und die
Untersuchung dieser Frage ist hoch interessant, blieben die Goldreserven
vieler Staaten ab 1973 bis in die 1990er Jahre beinahe unverändert. In
den 1990er Jahren – gerechnet auf das ganze Jahrzehnt - veräusserten
die Zentralbanken jedoch insgesamt ca. 9 % ihrer Goldbestände, so zum
Beispiel
die
Zentralbanken
von
Belgien,
der
Niederlande,
Kanada,
Österreich, Australien und Argentinien85. Andere Staaten hielten an ihren
Goldreserven fest oder stockten diese sogar auf, so zum Beispiel
Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Grossbritannien86. Was
waren die Gründe für so umfangreiche Goldverkäufe (bzw. die Hortung
von Gold)? Ab 1999 war sicherlich einer der Gründe für grosse
Goldverkäufe die Finanzierung der HIPC-Initiative, aber was war der
Grund in der Zeit davor, d.h. ab 1989?
Es gibt verschiedene Gründe, die gleichzeitig die Verkäufe und die Hortung
von Gold ab 1989 erklären. Schon früh in der Geschichte wurde Gold
häufig als „Kriegskasse“ angehäuft, so auch während des Kalten Krieges.
Zumindest hatten die Staaten kein Interesse daran, ihre Goldbestände in
Zeiten politisch angespannter Verhältnisse zu veräussern. Mit dem Ende
des
Ost-West-Konflikts
entschieden
sich
nun
aber
einige,
ihre
„Kriegskassen“ zu leeren. Andere wiederum teilten diese Euphorie einer
83
Ziel dieser Initiative war der Schuldenerlass der hoch verschuldeten Entwicklungsländer –
Heavily Indebted Poor Countries, kurz HIPC.
84
siehe Anhang 3: Bericht des World Gold Council von 1999: “Heavily Indebted Poor Countries and
Gold”
85
Zwischen 1989 und 1998 verkaufte die belgische Zentralbank zirka 1/3 der Goldreserven, die
niederländische Zentralbank zirka ¼ ihrer Reserven, die kanadische Zentralbank sogar 90% der
Bestände, die österreichische Zentralbank etwa 50% und die australische Zentralbank beinahe
70% der Goldreserven. Siehe Schatz Gratia (2005), pp. 55-56
86
Frankreich, Deutschland, Italien und Spanien vergrösserten ihre Goldbestände um zirka 25%
zwischen 1990 und 1998, Grossbritannien um etwa 20%. Siehe Schatz Gratia, ebd.
25
definitiven Friedenszeit nicht (oder nur teilweise), und horteten ihre
„eiserne Reserve“.
Die zweite Erklärung ist wirtschaftlicher Natur: Betrachtet man Gold als
„Inflationsschutz“, so sind Goldbestände wichtig in Zeiten grosser Inflation
– so die 1970er Jahre – und weniger von Bedeutung in Zeiten geringer
Inflation – so die 1990er Jahre. Das Horten von Gold kann aber auf alle
Fälle und in allen Situationen beruhigend wirken und zu den unerlässlichen
Instrumenten der Währungspolitik zählen.
Die nächste Erklärung ist die psychologische Bindung der Menschen an
das Gold. Gold war der sichere Hafen während den zwei Weltkriegen und
auch in der Zeit der Hyperinflation und der Weltwirtschaftskrise. So
assoziierten die Menschen noch lange nach Bretton Woods Gold mit
Stabilität
und
Sicherheit.
Die
neue
Generation
der
politischen
Entscheidungsträger jedoch, die weder die Kriege noch Finanzkrisen
miterlebt haben, konnte sich nun, so scheint es zumindest, leichter vom
Gold trennen.
2.4. Das neue Jahrtausend
Auf Drängen der Pro-Gold-Staaten unterzeichneten am 26. September
1999
die
meisten
europäischen
Staaten87
(und
die
Europäische
Zentralbank) ein „gentleman’s agreement“88, um ihre Goldverkäufe zu
beschränken.
Goldverkäufe
sollten
nur
noch
aufgrund
gemeinsam
vereinbarter Bedingungen erfolgen. Die Mitgliedstaaten hielten zu dieser
Zeit fast 50 % aller offiziellen Weltgoldreserven und hatten ein grosses
Interesse daran, den Goldpreis zu stabilisierten oder gar in die Höhe zu
treiben. Diese Absprache zwischen den wichtigen Zentralbanken hat
87
Österreich, Belgien, Finnland, Italien, Luxemburg, die Niederlande, Frankreich, Deutschland,
Irland, Portugal, Spanien, Schweden, die Schweiz und Grossbritannien
88
Das „Washington Central Banks Agreement on Gold“
26
schliesslich dazu beigetragen, dass der Goldpreis seit Anfang des neuen
Jahrtausends stetig steigt, wie die nachstehende Graphik deutlich zeigt:
Abb. 1: Gold and the trade-weighted $, 1993-200889
Aus dieser Grafik des Goldpreises in US-Dollar pro Feinunze können noch
weitere
wichtige
Schlüsse
gezogen
werden.
Durch
die
stetige
Wertsteigerung des Goldpreises gegenüber dem US-Dollar seit 2001/2002
kann
eine
zunehmende
Vertrauenskrise
in
das
internationale
Währungssystem sowie in die dieses System tragende Leitwährung bildlich
abgelesen werden. Man könnte von der „Phase der Entgleisung“ sprechen,
und zwar im doppelten Sinne: Auf der einen Seite mutiert Gold zu einer
reellen Flucht- und Ersatzwährung, während auf der anderen Seite der
US-Dollar sich zunehmend und unaufhaltbar abwertet. Der Euro dürfte
dann kaum in der Lage sein, die Funktion einer stabilen Leitwährung zu
übernehmen90.
89
Quelle: Global Insight; www.invest.gold.org/sites/en/why_gold/gold_and_the_dollar/#
(abgerufen 10.01.2009)
90
Der staatliche Schuldenstand im Euroraum beträgt insgesamt 65,2 % im Verhältnis zum
nominalen
BIP
2008;
Quelle:
Bundesfinanzministerium
Deutschland
www.bundesfinanzministerium.de (abgerufen am 10.01.2009).
27
Diese positive Goldpreisentwicklung hat sich überdies ergeben, obwohl
zahlreiche Zentralbanken, vor allem die amerikanische FED – die durch
den Washingtoner-Vertrag nicht gebunden ist - bestrebt waren (und
immer noch bestrebt sind), durch massive Goldverkäufe den Goldpreis so
niedrig wie möglich zu halten und dadurch eine noch massivere Krise des
internationalen auf den US-Dollar abgestützten Währungssystems zu
vermeiden. Insbesondere die USA setzen ihre Finanzmacht mit allen
gebotenen Machtmitteln ein, um ihre währungsmässige Vormachtstellung
zu bewahren.
Da
der
Preis
des
Goldes
dennoch
stetig
ansteigt,
muss
davon
ausgegangen werden, dass das System überaus brüchig geworden ist und
die erhebliche Gefahr mehr denn je besteht, dass es in der heutigen Form
zusammenbrechen wird. Auch wenn keine 100%ig verlässliche Prognose
über die zukünftige Entwicklung des Weltwährungssystems gegeben
werden kann, sprechen die Anzeichen – vor allem die aktuelle Finanzkrise
- dennoch für sich. Henry Ford, der Begründer der Ford Motor Company,
drückte diese Unsicherheit einmal sehr treffend aus: „It is well enough
that people of the nation do not understand our banking and monetary
system, for if they did, I believe there would be a revolution before
tomorrow morning“91.
2.5. Die aktuelle Finanzkrise 2008
Angesichts der kaum noch kontrollierbaren Finanzungleichgewichte, der
sehr
hohen
Staatsverschuldung
und
der
enormen
Abwertung
der
Leitwährung US-Dollar ist das globale Finanz- und Währungssystem
immer mehr in Schieflage geraten. Die nachfolgende Grafik zeigt die
ungedeckte Geldmengenausweitung der USA zwischen 2003 und 2008.
91
Übersetzung des Autors: „Es ist schon genug, wenn die Menschen unserer Nation unser Bankenund Währungssystem nicht verstehen, denn wäre dies der Fall, so glaube ich, dass eine Revolution
noch vor morgen früh ausbrechen würde.“ Henry Ford zitiert auf www.jsmineset.com (abgerufen
am 10.01.2009)
28
Abb. 2: Annual U.S. Money Supply Growth – SGS M-3 Continuation92
Die
USA
weisen
per
20.
November
2008
eine
gesamthafte
Staatsverschuldung von 10'666'399'336’331.24 US-Dollar auf, was auf
305'127'755
US-Dollar
Einwohner
ausmacht.
eine
Seit
Pro-Kopf-Verschuldung
dem
28.
September
von
2007
34'957.16
wuchs
die
Staatsverschuldung täglich um 3,96 Milliarden US-Dollar an93.
Wie die nachstehende Grafik zeigt, wächst die jährliche Ausweitung der
Geldmenge der USA mit einer Rate von etwa 14 %, während das reale
Wirtschaftswachstum im 2007 bei nur 2,2 % lag94. Für das Jahr 2008 wird
mit einem Wachstum von unter 2,0 % gerechnet. Eigentlich sollten diese
Verhältnisse durch höhere Steuern und/oder höhere Zinsraten normalisiert
werden. Im Sinne eines Leistungsdopings wurden in den USA aber die
Zinssätze entgegen einer natürlichen Problemlösung sogar gesenkt, um
kurzfristige Wachstumsimpulse zu geben.
92
Quelle: www.shadowstats.com; Im folgenden Diagramm werden die Angaben von M1, M2 und
M3 abgebildet, damit man das gesamte US-Geldangebot ablesen kann. Am 23.03.2006 gab die
FED bekannt, dass sie in Zukunft keine Zahlen mehr zu der Geldmenge M3 veröffentlichen will. Die
offizielle Begründung lautete, dass diese Zahlen keinen Aussagewert mehr haben. Grafik auf
www.DollarDaze.org (abgerufen 10.01.2009)
93
Auf www.brillig.com/debt_clock/ kann die amerikanische Staatsverschuldung jederzeit abgerufen
werden, (abgerufen 20.11.2008).
94
http://de.wikipedia.org/wiki/Vereinigte_Staaten#Wirtschaft (abgerufen 10.01.2009)
29
Abb. 3: M3, long term95
Die
restlichen
Staaten
dieses
Währungssystems
werden
zu
einer
gleichwertigen Handlungsweise gezwungen, wenn sie nicht selbst in arge
Bedrängnis kommen wollen. Früher oder später müssen aus dieser
Verhaltensweise eine tiefe Vertrauenskrise gegenüber Papierwährungen
und eine Flucht in Sachwerte, vor allem Edelmetalle, resultieren.
Zur Zeit dieser Niederschrift befindet sich die gesamte Weltwirtschaft in
alarmierendem Zustand. An den globalen Börsenplätzen herrscht Angst
und Unsicherheit. Dabei verzeichneten die Leitindizes der wichtigsten
Börsenplätze im Oktober innerhalb nur einer Woche einen Wertverlust von
bis zu 25 %.
95
Quelle: nowandfutures.com, www.nowandfutures.com (abgerufen 10.01.2009)
30
Abb. 4: Die Leitindizes der wichtigsten Börsenplätze96
Auch der Ölpreis sowie die Rohstoff- und Edelmetallpreise, die sich seit
mehreren Jahren in einem Bullenmarkt befinden, mussten drastische
Kurseinbrüche verschmerzen. Die turbulente Berg- und Talfahrt an den
Aktien- und Rohstoffmärkten scheint derzeit kein Ende zu finden und die
von
den
Anlegern
herbeigesehnte
nachhaltige
Stabilisierung
der
Finanzmärkte wird durch heftige Kursbewegungen immer wieder in eine
ungewisse Zukunft verschoben. In der Zwischenzeit decken die Anleger
ihr Bedürfnis nach Sicherheit mit Bargeldanlagen nach dem Motto „cash is
king“ und Staatsanleihen.
Die
rückgängigen
zahlreicher
Vermögenspreise
Unternehmen
der
und
die
Finanzbranche
Zahlungsunfähigkeit
zeigen
die
grossen
Verwerfungen im Finanzsystem auf. Der amerikanische FED-Chef Ben
Bernake spricht sogar von einer Finanzkrise von „historischem Ausmass“97
96
Quelle: www.godmodetrader.com; erstellt am 10.01.2009.
Bereits anfangs Oktober fand Ben Bernanke, der Chef der US-Notenbank FED, klare Worte: „Die
Krise hat ein historisches Ausmass“; und deutet gleichzeitig die Zinssenkungen an. Quelle:
97
31
und es werden Vergleiche zum grossen Crash und der darauffolgenden
„Grossen Depression“ der 30er Jahre gezogen.
2.5.1.
Ursprung der heutigen Finanzkrise
Getrieben durch die Befürchtung, eine ähnliche Situation wie die FernostKrise Ende der 90er Jahre mit ihren platzenden Kredit-, Immobilien- und
Aktienblasen könnte sich auch in den USA abspielen, suchten die USFinanzinstitute nach einem Weg, um ihre Kreditrisiken abzubauen. Dabei
entstanden die „Credit Default Swaps“98, die Ende der 90er Jahre als Basis
einer folgenschweren Finanzinnovation namens „Bistro“ (Broad Index
Secured Trust Offering) dienen sollten. Die Innovation von „Bistro“ war
darin zu finden, dass zwei bislang getrennte Verfahren – die credit-swaps
und die Verbriefung – zusammengeführt wurden. Eine grosse Anzahl von
credit-swaps wird dabei gebündelt und als Kreditbesicherung für diese
neuartige Anleihe verwendet. Dabei übernimmt eine Zweckgesellschaft
das Ausfallrisiko (Kreditversicherung) und das Bistro-Wertpapier wird
direkt an Investoren weiterverkauft. Durch diese Kreditderivate konnten
nun Kreditrisiken aus der Bankbilanz entfernt werden, was die Bank
wiederum in die Lage versetzte, das Kreditgeschäft weiter auszuweiten.
Die
Grundvoraussetzungen
für
die
nächste
Blasenbildung
an
den
Anlagemärkten waren geschaffen.
Nach dem Platzen der Technologie-Blase im Jahr 2000 wurden die
Leitzinsen deutlich gesenkt, um die USA mit einer expansiven Geldpolitik
aus der Rezession zu führen. Es entstand ein Run auf Kredite, der durch
die Auflockerung der Kreditbedingungen durch die Kreditinstitute weiter
angetrieben wurde. Dabei spielte die Bonität der Hypotheken-Schuldner
eine zweitrangige Rolle, denn durch die sogenannten „Subprime-Kredite“99
wallstreet online; www.wallstreet-online.de/nachrichten/nachricht/2568561.html (abgerufen 15.
11.2008)
98
Kreditversicherungen
99
Subprime: Kredite an Schuldner mit erhöhtem Risiko: schlechte Zahlungsmoral, geringes
Einkommen
32
wurde der Traum eines Eigenheims für viele Amerikaner mit geringem
Einkommen und ungenügendem Eigenkapital zur Wirklichkeit.
Da die Aktienmärkte in dieser Zeit wenig attraktiv waren, floss diese neue
Liquidität
vermehrt
in
den
US-Immobilienmarkt
und
löste
einen
bemerkenswerten Immobilienboom aus. Die kontinuierlich steigenden
Häuserpreise im US-Immobilienmarkt wurden von den Banken als
steigende
Kreditsicherheit
eingestuft
und
zur
Gewährung
neuer
Zusatzkredite benutzt, die von den Kreditnehmern zu Konsumzwecken
eingesetzt wurden.
Die extreme Ausweitung der Kreditvergaben im US-Subprimemarkt führte
dazu, dass die US-Banken grosse Ausfallrisiken in den Büchern hatten und
damit begannen, diese Risiken abzubauen, indem sie die riskanten
Subprimekredite mit vielen ähnlichen Hypothekenkredite bündelten und
den
Zahlungsstrom
umwandelten.
übertragbare
Diese
und
Verbriefung
Rückzahlungen)
(strukturierte
(collateralized
debt
Ratings
versehen
und
an
Finanzintermediäre100
verkauft.
Somit
attraktivem
faktisch
CDOs
(Zinsen
internationalisiert.
Auch
in
Produkte)
obligations)
europäische
wurde
eine
ein
Kreditportfolios
Anleihe
in
wurden
und
reines
leicht
mit
asiatische
USA-Risiko
bestehend
aus
Autokrediten oder Konsumentenschulden auf Kreditkarten wurden durch
Verbriefung handelbar gemacht, was den Geschäftsbanken ermöglichte,
das Kreditrad weiterzudrehen.
100
Banken, Versicherungen, Fonds, Zweckgesellschaften
33
Die folgende Grafik zeigt das weltweite Emissionsvolumen von CDOs bis
zum 1. Quartal 2008.
Abb. 5: CDO Emissionsvolumen weltweit101
Solange die Subprime-Kreditnehmer ihre Hypotheken vertragsgemäss
bedienen konnten, war dieses Subprime-Risiko noch einigermassen
vertretbar. Als jedoch die Kreditzinsen stiegen und das Einkommen der
Kreditnehmer
sich
verschlechterte,
gerieten
die
Kreditnehmer
in
Zahlungsverzug.
Der Trend steigender Immobilienpreise kam in den USA zum Erliegen und
die steigenden Immobilienverkäufe liessen die Häuserpreise einbrechen102.
101
102
Quelle: www.sifma.org (abgerufen am 10.01.2009)
Immobilienmarkt USA
34
Abb. 6: Home Price Indices103
Das
Bonitätsrating
heruntergestuft.
Die
der
Subprime-Kredite
anschliessenden
wurde
in
der
Zwangsversteigerungen
Folge
der
betroffenen Immobilien brachten den Banken und Investoren hohe
Verluste, die sie nun als unbesicherte Kreditforderungen in den Bilanzen
führen. Durch die Verbriefung und den ständigen Weiterverkauf der
Kredite wurde es für die beteiligten Finanzinstitutionen immer schwieriger
bis gar unmöglich festzustellen, wie hoch diese Risikopositionen in den
Bilanzen tatsächlich waren und vor allem gab es keine Gewissheit, welche
Finanzinstitutionen davon betroffen waren. Die Gefahr, dass der Konkurs
eines grossen Marktteilnehmers einen Dominoeffekt auslöste, wodurch
zahlreiche
weitere
Finanzinstitutionen
und
sogar
das
gesamte
Finanzsystem in den Abgrund gerissen würde, war nun omnipräsent.
103
Quelle: Standard & Poors/Case-Shiller;
http://www2.standardandpoors.com/spf/pdf/index/CSHomePrice_Release_093042.pdf (abgerufen
am 10.01.2009)
35
Im April 2007 musste tatsächlich das erste prominente Opfer dieser
Subprime-Krise, der US-Hypothekenfinanzierer New Century Financial,
Insolvenz
ankündigen.
Das
war
der
Beginn
einer
weltweiten
Insolvenzwelle und, um das Implodieren des gesamten Finanzsystems zu
verhindern, mussten nun die Staaten als Retter der angeschlagenen
Finanzinstitutionen schnell handeln. Der Wettlauf gegen den Dominoeffekt
hatte begonnen.
Die
in
Schieflage
geratenen
Finanzinstitutionen
wurden
durch
Staatskredite vor dem Konkurs gerettet, was faktisch bedeutet, dass die
Insolventen Finanzintermediäre verstaatlicht wurden. Inzwischen ist die
Liste
der
weltweit
verstaatlichten/insolventen
Finanzinstitutionen
beachtlich lang geworden.
Abb. 6: Was die Finanzkrise die Banken bisher kostete104
104
Quelle: Wirtschaftswoche vom 06.10.2008; www.wiwo.de (abgerufen am 10.01.2009)
36
Anfangs September 2008 wurden die beiden grössten US-Baufinanzierer
Fannie Mae und Freddie Mac unter staatliche Obhut gestellt und als am
15. September die US-Investmentbank Lehmann Brothers Gläubigerschutz
beantragen musste und Merrill Lynch verkauft wurde, machte sich grosse
Panik unter den Anlegern breit, was zu weltweiten Kurseinbrüchen an den
Börsen führte.
Die
Risikobereitschaft
privater
und institutioneller
Investoren
hatte
dramatisch abgenommen und grosse Summen wurden vom Kapitalmarkt
abgezogen.
Diese
abnehmende
Risikobereitschaft
brachte
die
Refinanzierung der CDOs zum Stillstand, denn die Käufer dieser Papiere
finanzierten diese über Fristentransformation, d.h. die langfristigen CDOKredite wurden mit kurzfristigen Krediten finanziert. Die Vertrauenskrise
im Interbankengeschäft war nun angekommen. Die Banken waren nicht
mehr bereit, die hohe Liquiditätslinie kurzfristiger Kredite untereinander
weiterzuführen, was dazu führte, dass die Geldmarktzinsen sprunghaft
anstiegen.
Um eine Kreditklemme am Geldmarkt und einen totalen Kollaps der
Finanzmärkte zu verhindern, wurden weitere staatliche Massnahmen
nötig. Die US-Regierung zum Beispiel bewilligte Anfang Oktober 2008 ein
von der FED vorgeschlagenes 700-Milliarden-USD-Paket, das für den
Aufkauf der problematischen Kreditpapiere, die in den Bilanzen der
Geschäftsbanken lauerten, durch den Staat dienen sollte. Auch für das
europäische Bankensystem wurden Schutzmassnahmen in Form von
Staatsgarantien
Aufkäufe
von
für
Spareinlagen,
Risikopositionen
der
Staatsbeteiligungen
Banken
und
an
Banken,
Änderungen
des
Bilanzierungsrechts zur Minderung der Belastungen nach Vorbild der USA
durchgeführt.
37
Im gleichen Monat wurden in einer konzentrierten Aktion von sieben der
führenden Notenbanken, darunter FED, EZB105, Bank of England und
SNB106, weltweit die Leitzinsen gesenkt. Diese Massnahme soll verhindern,
dass die USA und der Euroraum in eine wirtschaftliche Rezession
abdriften. Die folgende Grafik zeigt den Verlauf der Leitzinsen in den USA
und in der Euro-Zone seit Bestehen der EZB.
Abb. 7: Leitzinsentwicklung Eurozone / USA107
Am 15. November 2008 trafen sich in Washington die Regierungs- und
Staatschefs der G20 zum Weltfinanzgipfel mit dem Ziel, den Grundstein
für eine neue Welt-Finanzarchitektur zu legen. Dabei wurden fünf
Grundprinzipien vereinbart, die zur Stabilisierung der Weltfinanzkrise
führen sollen:
die Transparenz und Verantwortung verbessern108
Regulierungen verschärften109
105
Europäische Zentralbank
Schweizerische Nationalbank
107
Quelle: EZB/FED; www.leitzinsen.info (abgerufen am 10.01.2009)
108
Komplexe Finanzprodukte sollen besser zu durchschauen sein, Firmen ihre finanzielle Lage
umfassend und korrekt offenlegen. Anreize, die zu übermäßiger Risikofreude führen, sollen
abgeändert werden. Quelle: dpa, t-online.de
109
Ratingagenturen sollen sich strenger Aufsicht unterwerfen. Kein Finanzmarkt, Produkt oder
Teilnehmer soll "den jeweiligen Umständen entsprechend" künftig ohne Kontrolle oder Regulierung
sein. Quelle: dpa, t-online.de
106
38
die Integrität der Finanzmärkte fördern110
die internationale Zusammenarbeit vorantreiben111
und die internationalen Finanzinstitutionen reformieren112.
Mit einem Sechs-Punkte-Plan soll die Weltwirtschaft zudem angekurbelt
werden:
Währungspolitik113
Ankurbelung der Konjunktur114
Finanzhilfen115
Entwicklungshilfe116
Internationale Finanzinstitutionen117
und die Stabilisierung des Finanzsystems118.
2.5.2.
Auswirkungen auf die Realwirtschaft
Über die langfristigen Auswirkungen der aktuellen Finanzkrise auf die
Realwirtschaft können noch keine definitiven Schlüsse gezogen werden.
Die Tatsache jedoch, dass auch die drei grössten Protagonisten der
US-Autoindustrie
(General
Motors,
Ford
und
Chrysler)
in
110
Marktmanipulation, Betrug und Interessenkonflikte sollen verhindert werden. Das Finanzsystem
darf Terrorismus, Drogenhandel und andere kriminelle Aktivitäten nicht unterstützen. Quelle: dpa,
t-online.de
111
Nationale Gesetze und Regularien sollen stärker in Übereinstimmung gebracht werden. Die
Regulierungsbehörden sollen ihre Arbeit in allen Bereichen der Finanzmärkten besser als bisher
abstimmen und auch ihre Kooperation ausbauen. Quelle: dpa, t-online.de
112
Die Führung und Mitgliedsstruktur von globalen Finanzinstitutionen wie dem Internationalen
Währungsfond (IWF) sollen modernisiert werden, damit Schwellen- und Entwicklungsländer
größeres Mitspracherecht erhalten. In Kooperation sollen die Organisationen künftig besser
Verwundbarkeiten des Finanzsystems offenlegen, Probleme vorhersehen und im Fall von Krisen
schnell reagieren. Quelle: dpa, t-online.de
113
Stützungsmaßnahmen der Zentralbanken werden befürwortet, sofern sie den nationalen
Umständen angemessen erscheinen. Quelle: dpa, t-online.de
114
Angemessene finanzpolitische Schritte zur raschen Stimulierung der Binnennachfrage werden
empfohlen. Dabei soll jedoch darauf geachtet werden, dass sich die Staatshaushalte nicht völlig
überschulden. Quelle: dpa, t-online.de
115
Schwellen- und Entwicklungsländer sollen beim Zugang zu Krediten unterstützt werden. Der
Internationale Währungsfonds (IWF) wird für zuständig erklärt und aufgefordert, sich flexibel zu
zeigen. Quelle: dpa, t-online.de
116
Die Weltbank und andere Entwicklungsbanken werden aufgefordert, ihre Möglichkeiten voll
auszuschöpfen Quelle: dpa, t-online.de
117
IWF und Weltbank sollen ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, damit sie bei der
Bewältigung der Krise die ihnen zugewiesene Rolle spielen können. Quelle: dpa, t-online.de
118
Bisherige "energische Anstrengungen" sollen fortgesetzt und wenn nötig um weitere
Maßnahmen ergänzt werden. Quelle: dpa, t-online.de
39
Liquiditätsschwierigkeiten geraten sind und nun bei der US-Regierung um
Hilfe bitten, zeigt auf, dass sich die Realwirtschaft dieser negativen
Entwicklung nicht zu entziehen vermag.
Die momentane Kreditverknappung führt zur Verlangsamung von Konsum
und Investitionsausgaben der Wirtschaftsteilnehmer.
Abb. 7: Umfrageergebnisse zu den Kreditvergabestandards für Unternehmen
im Euro-Raum und den Vereinigten Staaten119
Vor dem Hintergrund düsterer Konjunkturaussichten hat die SNB das ZinsZielband120 innerhalb von drei Monaten in vier Schritten121 auf eine
119
Quelle: EZB/FED; http://www.sachverstaendigenratwirtschaft.de/download/gutachten/ga08_ii.pdf (abgerufen am 10.01.2009)
120
Dreimonats-Libor
121
11.12.08: 0.0 - 1.0 %; 20.11.08: 0.5 - 1.5 %; 06.11.08: 1.5 - 2.5 %; 08.10.08: 2.0 - 3.0 %
40
Bandbreite von 0 – 1 % gesenkt. Damit nützt die SNB den geldpolitischen
Spielraum aus, den sie zur Stimulierung der Wirtschaft zur Verfügung hat.
Abb. 8: Leitzinsentwicklung Schweiz122
Angesichts
der
bereits
tiefen
Zinssätze
Wirtschaftsregionen123
und
der
sich
Konjunkturaussichten
hat
sich
der
in
weiterhin
Spielraum
den
wichtigsten
verschlechternden
für
zukünftige
Zinssenkungen dramatisch verringert.
Um die Wirtschaft vor einer Rezession und einer befürchteten Depression
zu bewahren, wurden - flankierend zur lockeren Geldpolitik - weltweit
nationale und internationale Konjunkturpakete in grossem Umfang bereits
angekündigt. Auch China meldete im November 2008, dass sie ein
Investitionsvolumen von 460 Milliarden Euro zur Stützung ihrer Wirtschaft
beschlossen habe.
122
Quelle: SNB; www.leitzinsen.info (abgerufen am 10.01.2009)
FED Federal Funds Rate 0-0,25% (seit 16.12.2008); EZB Einlagesatz 2,75% (seit 12.11.2008);
SNB Dreimonats-Libor 0-1,0%(seit 11.12.2008)
123
41
2.5.3.
Befand
Die heutige Deflation und die kommende Inflation
sich
bis
Finanzanalysten
vor
und
kurzem
das
Thema
Marktkommentatoren,
Inflation
wird
im
heute
Fokus
heftig
der
über
Deflation debattiert, die es um jeden Preis zu verhindern gilt. Denn die
Deflation würde die Wirtschaft abwürgen und gilt – spätestens nach den
Erfahrungen der 30er Jahre - als das grössere Übel als die Inflation.
Als eines der Hauptargumente für den Rückgang der Inflation gelten die
gesunkenen Rohstoffpreise, vor allem der Ölpreis, der nach einem
Höhenflug auf über USD 140 pro Barrel innert kurzer Zeit auf USD 50 pro
Barrel gesunken ist.
Abb. 9: Die Ölpreisentwicklung Januar 2004 bis Januar 2009124
Die
Deflationsgefahr
wird
durch
die
gesunkenen
Aktienpreise,
die
momentane Kreditklemme sowie das Horten von Bargeld begründet. Die
massive globale Geldmengenausweitung zur Bekämpfung der Deflation
wird jedoch vermutlich seine Wirkung zeigen und eine starke Kurserholung
124
Quelle: www.godmodetrader.com; erstellt am 10.01.2009.
42
an allen Finanzmärkten bewirken. Ein deflatorisches Szenario würde somit
innert weniger Monate durch eine starke Inflation abgelöst werden, die
durch diese massiven Geldspritzen der Zentralbanken verursacht wird.
Sollte
dieses
Szenario
eintreffen,
würden
die
Anleger
nach
sachwertbezogenen Anlagen suchen, die ihre Bargeldbestände vor der
Kaufkraftentwertung schützen. Eine ausufernde Inflation würde zudem mit
starken Leitzinsanhebungen durch die Zentralbanken bekämpft, was die
Staatsanleihen wiederum unattraktiv machen würde.
2.5.4.
Gold in der heutigen Finanzkrise
Gold konnte sich in der aktuellen Phase der Finanzkrise noch nicht als
überragender „sicherer Hafen“ profilieren. Von seinem neuen Höchststand
im März 2008 mit über USD 1‘000 pro Unze fiel der Goldpreis innert
wenigen Wochen auf unter USD 750 pro Unze, konnte sich jedoch gut
halten und erholte sich wieder auf über USD 800 pro Unze.
Abb. 10: Die Goldpreisentwicklung von Januar 2004 bis Januar 2009125
125
Quelle: www.godmodetrader.com; erstellt am 10.01.2009.
43
Der Edelmetallmarkt weist zurzeit eine deutliche Verzerrung zwischen dem
auf Kontrakte basierten Goldpreis der Comex und dem physischen Preis
der Handelsmärkte auf. Für physisches Gold wird derzeit ein Aufschlag
zum Comex-Preis von bis zu 10 % verlangt. Die physische Nachfrage nach
Gold befindet sich dabei auf Rekordhöhe, während das Angebot nicht
mithalten kann126. Die chinesische Zentralbank meldete im dritten Quartal
2008, dass sie die Risiken ihrer enormen Devisenreserven diversifizieren
wolle und deshalb ihre Goldreserven von derzeit 600 Tonnen in den
nächsten Jahren auf ein Total von 4000 Tonnen aufstocken werde127. Die
Vermutung liegt nahe, dass auch die Zentralbanken im Nahen-, Mittleren-,
und Fernen Osten derzeit ihre Goldreserven massiv aufstocken.
Damit
wird
wieder
einmal
deutlich,
dass
nur
Gold
dank
seines
intrinsischen Wertes das Bedürfnis nach Sicherheit bzw. Vermögensschutz
zu stillen vermag. Papiergeld hat keinen natürlichen inneren Wert und
verliert im äussersten Fall die Akzeptanz der Wirtschaftsteilnehmer. Gold
hingegen wird als Zahlungsmittel immer und auf der ganzen Welt
akzeptiert.
Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise muss heute als weltweite
Systemkrise
definiert
werden.
Das
auf
dem
US-Dollar
basierende
Weltwährungssystem ist stark ins Wanken geraten und steuert trotz (oder
gerade
aufgrund)
massiver
Staatsinterventionen
einem
vermutlich
irreparablen Kollaps entgegen.
Wäre nicht die dominierende Weltmacht USA während Jahrzehnten mit
einer stringenten Verteidigung ihrer Finanzprivilegien hinter dem auf dem
126
Zahlreiche Schmelzen, so z.B. Argor-Heraeus, Lugano, melden eine noch nie dagewesene
Nachfrage nach Goldmünzen und Barren, die im 3. Quartal 2008 um das Sechsfache auf 21 Tonnen
angestiegen ist. Hauptkunden sind vor allem Geschäfts- und Zentralbanken. Die jährliche
Verarbeitung liegt jetzt bei ca. 350-400 t Gold.
Quelle: www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=9277 (abgerufen am 20.12.2008)
127
Chinas Devisenreserven betragen gemäss der Nachrichtenagentur Reuters per Ende September
ca. 1,9 Billionen US-Dollar.
Quelle:
www.fxstreet.com/news/forex-news/article.aspx?StoryId=82afe43d-8d3c-494d-894d113c196ed750 (abgerufen am 20.12.2008)
44
US-Dollar basierenden Währungssystem gestanden, so wäre die heutige
Finanzkrise möglicherweise schon vor 20 bis 30 Jahren eskaliert. Die 2008
virulent gewordene Krisenkette ist somit eine immer wieder trickreich
hinausgeschobene Krise. Schon in den 1980er Jahren wurde klar, dass das
Währungssystem
schwere
Ungleichgewichte
aufweist.
Eine
andere
Währungsgrundlage war jedoch zu dieser Zeit nicht vorstellbar. Als
Begründung
für
diese
Einschätzung
wurde
immer
wieder
auf
die
dominierende militärische und wirtschaftliche Macht der USA verwiesen.
Die Krisensituation ist nun aber gerade deshalb als gravierend zu
betrachten,
weil
die
global
gültigen Währungsgrundlagen in
ihrem
Fundament erschüttert werden.
Die letzte Stufe der Krisenkette, mit der voraussichtlich im Verlaufe des
Jahres 2009 gerechnet werden muss, ist ihre Ausweitung zu einer
weltweiten
Währungskrise.
Aus
theoretischer
Sicht
müsste
diese
Währungskrise eine schwere Wirtschaftsdepression zur Folge haben und
es könnte erst dann wieder eine positive Entwicklung eintreten, wenn
wieder vertrauenswürdige Währungsgrundlagen zur Verfügung stehen.
Das bedeutet, dass das korrumpierte globale Dollar-Währungssystem
durch
ein
neues
System
abgelöst
werden
müsste,
bei
dem
die
Schwachpunkte des heutigen Systems beseitigt werden. Die ungezügelte
staatliche
Kreditausweitung
und
die
hemmungslose
Geldmengen-
vermehrung müssen systemimmanent verunmöglicht werden.
45
3.
Die Lösung: Rückkehr zu stabilen
Wechselkursen durch die Bindung der
Währungen an Gold, zumindest der
Leitwährung
Was passiert, wenn das aktuelle System flexibler Wechselkurse und die
Weltwirtschaft als Ganzes wirklich kollabieren? Was ist, wenn das
Unvorstellbare Realität wird? Wie finden wir dann verhältnismässig
„schadlos“ aus der Krise heraus?
An dieser Stelle ist die These von Nassim Nicholas Taleb128, einem
libanesischen
Wirtschafts-
und
Gesellschaftsanalytiker
von
grossem
Interesse. Er zeigt, dass der Ausbruch vieler gesellschaftlicher und
wirtschaftlicher
Ereignisse
von
grosser
Bedeutung
in
unserer
Vergangenheit nicht vorausgesehen worden sind, und dabei die jeweils
führenden theoretischen Überlegungen und Konzepte nicht gegriffen
haben. Diese These verdient es also – vor allem im Hinblick auf das
mögliche Eintreten des Unvorstellbaren, sprich dem Zusammenbruch des
Weltwirtschafts- und währungssystems - kurz gewürdigt zu werden:
In jedem wirtschaftlichen Ablauf ereignen sich plötzlich Ereignisse, die
man als „Ausreisser“ bezeichnen könnte. Diese Ausreisser zeichnen sich
dadurch aus, dass sie vor ihrem Eintritt auch von Experten in keiner Weise
erwartet wurden. Diese Tendenz ist begründet, weil der Mensch die
gefährliche Angewohnheit hat, die Zukunft aufgrund des Verlaufes der
Vergangenheit zu erklären, anstatt die Frage zu stellen, ob die Zukunft
durch neue, induktive Faktoren bestimmt werden könnte. Ein treffendes
Beispiel dafür sind eine grosse Anzahl institutioneller Investoren, deren
wichtigste analytische Aufgabe in der Frage besteht, ob der Wertzuwachs
einer Anlage in den vergangen fünf Jahren gute Ergebnisse erwirtschaftet
128
Taleb Nassim Nicholas (2008), Der Schwarze Schwan: Die Macht höchst unwahrscheinlicher
Ereignisse.
46
hat. Die Frage, ob diese Information für die Zukunft relevant ist, wird
dabei ignoriert.
Tritt
ein
unerwartetes
Ereignis
ein,
so
macht
man
verblüfft
die
Feststellung, dass im Nachhinein jedermann eine glasklare Erklärung für
seine Ursachen zur Hand hat. Die Vorhersagbarkeit im Rückblick ist ein
typischer Aspekt von unerwarteten Vorfällen.
Man
kann
beispielsweise
aufgrund
der
volkswirtschaftlichen
Kreislauftheorie voraussagen, dass die extrem hohe Vermehrung der
Geldmenge zu einer sehr hohen Inflation führen wird. Dieses längerfristige
Problem wird jedoch verdrängt, um vorerst den Kollaps der Wirtschaft und
des bestehenden Währungssystems hinauszuschieben. Vor allem setzen
hochrangige
Wirtschaftsführer
alles
daran,
die
gegenwärtige
Erscheinungsform der Finanzkrise schönzureden. Eine Krise kann somit als
psychosozialer Lernprozess definiert werden, denn wirtschaftliche und
gesellschaftliche
Veränderungen
und deren
Interpretation
benötigen
offensichtlich einen gewissen Reifungsprozess, in dessen Verlauf sich
erneut sehr unwahrscheinliche Ereignisse abspielen können, die wiederum
unerwartete Verläufe nehmen können. So haben beispielsweise die
Wertverluste bei Rohstoffen und in den Aktienmärkten trotz übermässiger
Ausweitung der Geldmengen zuerst zu einer scharfen Deflation geführt,
und
die
inflatorischen
Tendenzen
werden
erst
mit
einem
Verzögerungseffekt wirksam. Wir stellen also fest, dass die Realität sehr
komplex ist und eine ebenso hohe Begründungskomplexität aufweist. Das
setzt der Prognose wirtschaftlicher Sachverhalte immer wieder Grenzen
bzw. führt zu Fehlprognosen.
Somit entspricht der Ablauf der Krisenkette 2008 weitgehend der These
von Taleb. Es handelt sich um eine Systemkrise von einer extremen
Grössenordnung und ist gespickt von unerwarteten Ereignissen. Vor allem
aber
bringt
sie
unsere
gesellschaftlichen
und
wirtschaftlichen
47
Ordnungssysteme ins Wanken und nimmt immer mehr den Charakter
einer Zeitenwende an.
Die Abwertung des US-Dollars verglichen mit anderen Währungen hat
aktuell zu einem noch nie dagewesenen Vertrauensbruch geführt und
tatsächlich grosse Zweifel darüber geweckt, ob der US-Dollar das
Weltwährungssystem weiterhin zu tragen vermag. Gleichzeitig hat der
Goldpreis international kräftig zugelegt. Zwischen August 2007 und März
2008 kletterte Gold von rund USD 650 pro Unze auf über USD 1030 pro
Unze
–
und
durchbrach
damit
den
zwei
Jahre
zuvor
erreichten
Rekordstand von USD 850. Im Frühling und Frühsommer dieses Jahres
testete Gold erneut die USD 850-Marke und trat anschliessend in eine
längere Phase mit Notierungen über USD 900 pro Unze. Dies lässt die
Diskussion über eine Rückkehr zu einer Art „Goldwährung“ (Goldparität)
wieder höchst brisant werden. Auch wenn – wie eben erwähnt – niemand
die Zukunft voraussagen kann, so scheint es doch sehr wichtig zu sein,
darüber nachzudenken und mögliche Verlaufsformen unter die Lupe zu
nehmen.
Viele Politiker und Ökonomen sind heute der Auffassung, dass eine
Rückkehr zum Goldstandard den nationalen Volkswirtschaften förderlich
wäre – mit oder ohne Kollaps des Weltwährungssystems. Sie plädieren für
eine
erneute
Bindung
der
Währungen
an
Gold,
zumindest
der
Leitwährung. Denn Gold gilt als „der Massstab“ für Stabilität. Ein auf Gold
basierendes Währungssystem ist auf natürliche Weise gesund, d.h. das
Geldmengenwachstum erfolgt nicht willkürlich, sondern symmetrisch, und
kann von unverantwortlichen Regierungen nicht inflationiert werden. Denn
die Goldmenge ist begrenzt. Zudem hat ein Goldsystem den Vorteil
stabiler Wechselkurse, die eine hohe Preisstabilität garantieren. Das ganze
System ist berechenbar und solide, also ein sound monetary system.
48
Alan Greenspan, der frühere Vorsitzende der amerikanischen Notenbank,
gilt seit langem als Verfechter von Gold. "Gold und wirtschaftliche Freiheit
sind unzertrennlich", schrieb er bereits 1966. "Ohne Goldstandard gibt es
keine Möglichkeit, Ersparnisse vor der Entwertung durch Inflation zu
schützen. Gold fungiert als Beschützer der Eigentumsrechte"129.
Auch
Ludwig
von
Mises130,
der
wichtigste
Vertreter
der
liberalen
„Österreichischen Schule der Ökonomie“, sowie etliche seiner Nachfolger Friedrich August von Hayek131, Murray N. Rothbard132, Roland Baader133
und Nathan Lewis134, um nur einige zu nennen - sehen die einzige Lösung
zum Problem in der Rückkehr zur Goldbindung und darin, staatliche
Intervention aus den internationalen Währungsangelegenheiten für immer
zu verbannen. Roland Baader warnt ganz ausdrücklich, dass „der ohnehin
nur noch als staatsverkrüppelter Torso dahinvegetierende Kapitalismus
letztlich ganz zugrunde gehen muss, wenn – zu allen üblichen Bürden hin
–
in
seinen
Adern
auch
noch unablässig das
verstaatlichte,
also
sozialistische fiat money und die heisse Luft des falschen Kreditgeldes
fliesst. Der geschundene Kapitalismus leidet dann an Blutvergiftung und
Embolie. Das heisst: Mit diesen politisch injizierten Krankheiten ist der
Zusammenbruch seines Kreislaufs programmiert und sein finaler Exitus
nur eine Frage der Zeit“135.
Ein anderer „Goldbug“136, Ferdinand Lips, verweist ebenfalls darauf, „dass
die Welt über Nacht zu Prosperität und Vollbeschäftigung zurückfinden
würde, wenn wir den klassischen Goldstandard wiedereinführen würden.
Denn es kann keinen Wohlstand geben mit Papiergeld ohne Deckung, das
129
Greenspan Alan (1966), “Gold and Economic Freedom”, zitiert in der deutschen Fassung auf
www.goldseiten.de/content/kolumnen/artikel.php?storyid=96 (abgerufen am 10.01.2009)
130
Von Mises Ludwig (1960), “Stones into Bread, the Keynesian Miracle”
131
Von Hayek Friedrich August (1976), Der Weg zur Knechtschaft
132
Rothbard Murray N. (1980), op. cit.; Rothbard Murray N. (1992), The Case for a Genuine Gold
Dollar
133
Baader Roland (2004), Geld, Gold und Gottspieler. Am Vorabend der nächsten
Weltwirtschaftskrise; Baader Roland (2005), Das Kapital am Pranger. Ein Kompass durch den
politischen Begriffsnebel
134
Lewis Nathan (2007) , Gold: The Once and Future Money / Gold: Die Währung der Zukunft
135
Baader Roland (2004), op. cit. p. 72ff
136
Goldkäfer, Befürworter einer Goldbindung der Währungen
49
aus heisser Luft geschöpft wird. Es kann keinen Wohlstand geben mit
Confetti Geld“137.
Glaubt man dem EU-Kommissionspräsident Barroso138, der am 18.
Oktober 2008
zusammen mit
dem französischen
Staatspräsidenten
Nicolas Sarkozy139 und dem US-Präsidenten Georges W. Bush die
Einberufung eines Weltfinanzgipfels für den 15. November vereinbarte140
und gleichzeitig mit ihnen über ein neues Weltwährungssystem beriet, so
ist sich vor allem Sarkozy sicher, dass wir ein neues Währungs- und
Finanzsystem benötigen – ähnlich dem Bretton Woods System – das
erneut ans Gold gebunden ist141.
Die
Goldskeptiker
stimmen
der
Notwendigkeit
der
Stabilität
des
Weltwährungssystems zwar zu, doch wenden sie ein, der Goldpreis sei
nicht stabil genug (da der Goldpreis extremen Marktschwankungen
ausgesetzt ist), um die erforderliche Funktion einer Ankerwährung
auszuüben. Sie weisen darauf hin, dass die begrenzten Vorräte an Gold –
auf denen sein Wert ja gründet – die neuerliche Anbindung einer Währung
an Gold praktisch verunmöglichen: Die Weltwirtschaft sei zu bedeutend
und umfassend, um durch ein so begrenztes Gut bestimmt zu werden.
Das Liquiditätsbedürfnis der Weltwirtschaft könne kaum durch Gold
befriedigt werden.
Wie
heftig
die
Diskussionen
über
die
Neuordnung
des
heutigen
Weltfinanzsystems auch sind, und wie umstritten die Frage nach einer
Goldbindung auch sein mag, so ist nicht von der Hand zu weisen, dass die
Währungspolitik erst dann die Bereinigung der heutigen Krise effizient
137
Persönliches Gespräch mit Ferdinand Lips.
Seit November 2004 ist José Manuel Durão Barroso (Portugal) Präsident der Europäischen
Kommission.
139
Seit Juli 2008 hat Frankreich den Vorsitz des Europarates.
140
Bereits anfangs Oktober hatte die USA ein umfangreiches Rettungspaket in Milliardenhöhe zur
Stützung des Finanzsystems verabschiedet, und am 15. Oktober 2008 konnten sich auch die
Staats- und Regierungschefs der EU auf einen Rettungsplan einigen.
141
Zitiert im Bericht „USA und EU kündigen Reihe von Gipfeln zur Finanzkrise an“, erschienen auf
www.swissinfo.org (abgerufen am 19. 10.2008)
138
50
angehen kann, wenn diese wirklich ein akutes Stadium erreicht hat. Und
auch wenn die heutige Krise eine Systemkrise ist, scheint die Zeit noch
nicht
reif
für
die
Schaffung
einer neuen
Währungsgrundlage.
Die
Volkswirtschaften haben zunächst andere Prioritäten und loderndere
Brennherde zu löschen, und sind nicht gefeit vor neuen Fehlprognosen
und Fehleinschätzungen. Erst wenn das Vertrauen in unsere nationalen
Papierwährungen vollends erschüttert sein wird und ein hoher Grad von
wirtschaftlicher Ausweglosigkeit besteht, wächst die Bereitschaft, im
Währungsbereich einen neuen Weg zu beschreiten.
In dieser letzten Krisenphase wird notgedrungen Gold als bedeutende
Fluchtwährung
in
Erscheinung
treten.
Bei
einer
Neuordnung
des
Währungssystems kann vermutlich auf eine Bewertungsfunktion des
Goldes für nationale Währungen aus Gründen der Vertrauensbildung
ebenfalls nicht verzichtet werden. Gold wird dabei nicht dazu bestimmt
werden
müssen,
eine
Bewertungsgrundlage
für
Währungen
zu
übernehmen, sondern wird sich automatisch selbst als Wertbasis für
Währungen inthronisieren,
weil
es sich
bis heute
als
die
einzige
missbrauchssichere und reale Wertgrundlage über Jahrhunderte bewährt
hat,
wie
im
ersten
Teil
dieser
Arbeit
gezeigt
wurde.
Nur
ein
Währungssystem, bei dem Geldwertstabilität garantiert werden kann, hat
Aussicht, akzeptiert zu werden und zu funktionieren.
51
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1:
Gold and the trade-weighted $, 1993-2008............................................. 27
Abb. 2:
Annual U.S. Money Supply Growth – SGS M-3 Continuation ...................... 29
Abb. 3:
M3, long term ..................................................................................... 30
Abb. 4:
Die Leitindizes der wichtigsten Börsenplätze............................................ 31
Abb. 5:
CDO Emissionsvolumen weltweit............................................................ 34
Abb. 6:
Home Price Indices .............................................................................. 35
Abb. 6:
Was die Finanzkrise die Banken bisher kostete ........................................ 36
Abb. 7:
Leitzinsentwicklung Eurozone / USA ....................................................... 38
Abb. 7:
Umfrageergebnisse zu den Kreditvergabestandards für
Unternehmen im Euro-Raum und den Vereinigten Staaten ....................... 40
Abb. 8:
Leitzinsentwicklung Schweiz.................................................................. 41
Abb. 9:
Die Ölpreisentwicklung Januar 2004 bis Januar 2009................................ 42
Abb. 10:
Die Goldpreisentwicklung von Januar 2004 bis Januar 2009 ...................... 43
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www.financialsense.com
www.onlygold.com
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www.snb.ch
www.ecb.int
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www.bankofengland.co.uk
http://goldprice.org/gold-price-history.htlm
http://goldinfo.net/goldhistory.htlm
Interviews und persönliche Gespräche
Verschiedene persönliche Gespräche mit Ferdinand Lips noch vor dessen
Tod 2006.
Anhänge
Anhang 1:
Gold Production through History
Anhang 2:
Die Rede von Richard Nixon (15.08.1971)
Anhang 3:
Bericht des World Gold Council von 1999: „Heavily
Indebted Poor Countries (HIPCs) and Gold“
Anhang 1: Gold Production through History
In the last 6,000 years a little over 125,000 tonnes of gold has been
mined. But this history is clearly divided into two eras: before and after
the California gold rush of 1848. Some calculations suggest that up until
then scarcely 10,000 tonnes of gold had been excavated since the
beginning of time. Thus more than 90% of the world's gold has been
produced since 1848.
Early gold mining by ancient civilizations like the Egyptians is thought to
have produced no more than 1 tonne annually. Perhaps 5 -10 were
produced during the time of the Roman Empire, (mainly from Spain,
Portugal and Africa), but in the Dark and Middle Ages (500 - 1400 AD)
production, from the mountains of central Europe, probably fell back to
less than 1 tonne. Throughout all this time gold was also being mined and
worked in South America, where the goldsmith's art reached very high
standards.
From the middle of the 15th century the Gold Coast of West Africa (now
known as Ghana) became an important source of gold, providing perhaps
5-8 tonnes per year. In the early 16th century the Spanish conquests of
Mexico and Peru opened up a further source of gold. By the close of the
17th century, 10-12 tonnes a year were provided by the Gold Coast and
South America together. Gold was first discovered in Brazil in the mid 16th century but the significant output did not emerge until the early 18th
century, considerable supplies began to come from Russia as well, and
annual world production was up to 25 tonnes. By 1847, the year before
the Californian gold rush, Russian output accounted for 30-35 tonnes of
the world total of about 75 tonnes. The gold rushes, and later the South
African discoveries, radically altered the picture but Russian production
continued to rise, reaching around 60 tonnes in 1914.
The crucial turning point in the history of the gold mining industry came
with the gold discovery at Sutter's Mill on the American River in January
1848, which ushered in a new age of gold. Gold mining now took on a
quite different dimension. Output from California soared, reaching 77
tonnes in 1851 (the year gold was also discovered in Australia) and
peaked in 1853 at 93 tonnes. The Australian discovery triggered a gold
rush, which reached a climax in 1856 with 95 tonnes. World production at
this time climbed to 280 tonnes in 1852 and hence to almost 300 tonnes
as Australia flourished.
Production was lifted on to an even higher plane in 1886 with the
discovery of the huge gold reefs in the Witwatersrand Basin of South
Africa. Gold had first been found in eastern Transvaal in 1873, but with
the outset it was obvious that the Witwatersrand deposits were of a
completely different order. South Africa ousted the United States as the
world's premier producer in 1898, a position it has held almost
continuously ever since. From 1884, the first year of recorded output,
South Africa has been the source of close to 40% of all the gold ever
produced. The most productive year was 1970 when over 1,000 tonnes
were mined, representing more than three-quarters of Western world
output.
While the South African gold mining industry was taking off, two further
gold rushes occurred. In 1893 gold was found at Kalgoorlie in Western
Australia, since when over 1,300 tonnes have been extracted form
Kalgoorlies's "Golden Mile" alone. Australian output peaked in 1903 at 119
tonnes, a level not reached again until 1988. And in 1896, alluvial
deposits were found in the Yukon territories of Canada, initiating the
Klondike gold rush, which yielded 75 tonnes over the next three years. By
the turn of the century, world production was averaging 400 tonnes
annually.
Through much of the twentieth century the gold mining industry was in
decline in many countries. There was a brief revival after the rise in the
price of gold in the late 1930's; in 1940 United States production was 155
tonnes and the following year, Canadian output reached 172 tonnes, a
record, which stood until 1991. However, it was not until the dramatic
price rise of 1980 that the industry experienced another transformation.
Old mines were revived and exploration activity exploded.
Western world production almost doubled during the 1980s, rising from
962 tonnes in 1980 to around 1,744 tonnes ten years later. A new era of
gold rushes occurred, with prospectors swarming to alluvial deposits in
various countries including Brazil, Venezuela and the Philippines. Serra
Pelada in Brazil proved to be one of the richest placer deposits ever found,
yielding 13 tonnes in 1983 alone.
Canadian output trebled in the years following the gold price rise, from
51.6 tonnes in 1980 to peak at 175.3 tonnes in 1991. The industry there
is more traditional with underground operations rather than open pits. The
most significant new discovery was the Hemlo field in northern Ontario
whose three mines produce nearly 35 tonnes annually.
The potential for the development of future mines is promising,
particularly low-grade epithermal deposits on the Pacific "rim of fire", in
the greenstone belt of South America, in the sub-Saharan Africa
(especially Ghana) and in such CIS republics as Kazakhstan and
Uzbekistan. Although the industry faced major challenges in the early
1990s, with a lower gold price and tighter environmental controls,
improved prices after 1993 provided new incentives. The period of rapid
growth is over, but with less South African output, worldwide production is
expected to remain fairly stable.
Quelle: World Gold Council
Anhang 2: Die Rede von Richard Nixon
In
einer Rede
an
die
Nation
am 15. August
1971
kündigt
der
amerikanische Präsident Richard Nixon seine neue Wirtschaftspolitik an
und erläutert seine zur Erhöhung des Wohlstands in den Vereinigten
Staaten geplanten Massnahmen. Die Goldkonvertibilitätspflicht der USA
wurde aufgehoben.
Für diese Arbeit relevante Stellen wurden hervorgehoben.
Speech by Richard Nixon (15 August 1971)
Good evening.
I have addressed the Nation a number of times over the past 2 years on
the problems of ending a war. Because of the progress we have made
toward achieving that goal, this Sunday evening is an appropriate time for
us to turn our attention to the challenges of peace.
America today has the best opportunity in this century to achieve two of
its greatest ideals: to bring about a full generation of peace, and to create
a new prosperity without war.
This not only requires bold leadership ready to take bold action – it calls
forth the greatness in a great people.
Prosperity without war requires action on three fronts: We must create
more and better jobs; we must stop the rise in the cost of living; we
must protect the dollar from the attacks of international money
speculators.
We are going to take that action – not timidly, not half-heartedly, and not
in piecemeal fashion. We are going to move forward to the new prosperity
without war as befits a great people – all together, and along a broad
front.
The time has come for a new economic policy for the United
States. Its targets are unemployment, inflation, and international
speculation. And this is how we are going to attack those targets.
First, on the subject of jobs. We all know why we have an unemployment
problem. Two million workers have been released from the Armed Forces
and defense plants because of our success in winding down the war in
Vietnam. Putting those people back to work is one of the challenges of
peace, and we have begun to make progress. Our unemployment rate
today is below the average of the 4 peacetime years of the 1960’s.
But we can and we must do better than that.
The time has come for American industry, which has produced more jobs
at higher real wages than any other industrial system in history, to
embark on a bold program of new investment in production for peace.
To give that system a powerful new stimulus, I shall ask the Congress,
when it reconvenes after its summer recess, to consider as its first priority
the enactment of the Job Development Act of 1971.
I will propose to provide the strongest short-term incentive in our history
to invest in new machinery and equipment that will create new jobs for
Americans: a 10 percent Job Development Credit for 1 year, effective as
of today, with a 5 percent credit after August 15, 1972. This tax credit for
investment in new equipment will not only generate new jobs; it will raise
productivity; it will make our goods more competitive in the years ahead.
Second, I will propose to repeal the 7 percent excise tax on automobiles,
effective today. This will mean a reduction in price of about $200 per car.
I shall insist that the American auto industry pass this tax reduction on to
the nearly 8 million customers who are buying automobiles this year.
Lower prices will mean that more people will be able to afford new cars,
and every additional 100,000 cars sold means 25,000 new jobs.
Third, I propose to speed up the personal income tax exemptions
scheduled for January 1, 1973, to January 1, 1972 – so that taxpayers can
deduct an extra $50 for each exemption 1 year earlier than planned. This
increase in consumer spending power will provide a strong boost to the
economy in general and to employment in particular.
The tax reductions I am recommending, together with this broad upturn of
the economy which has taken place in the first half of this year, will move
us strongly forward toward a goal this Nation has not reached since 1956,
15 years ago: prosperity with full employment in peacetime.
Looking to the future, I have directed the Secretary of the Treasury to
recommend to the Congress in January new tax proposals for stimulating
research and development of new industries and new techniques to help
provide the 20 million new jobs that America needs for the young people
who will be coming into the job market in the next decade.
To offset the loss of revenue from these tax cuts which directly stimulate
new jobs, I have ordered today a $4.7 billion cut in Federal spending.
Tax cuts to stimulate employment must be matched by spending cuts to
restrain inflation. To check the rise in the cost of Government, I have
ordered a postponement of pay raises and a 5 percent cut in Government
personnel.
I have ordered a 10 percent cut in foreign economic aid.
In addition, since the Congress has already delayed action on two of the
great initiatives of this Administration, I will ask Congress to amend my
proposals to postpone the implementation of revenue sharing for
3 months and welfare reform for 1 year.
In this way, I am reordering our budget priorities so as to concentrate
more on achieving our goal of full employment.
The second indispensable element of the new prosperity is to stop the rise
in the cost of living.
One of the cruelest legacies of the artificial prosperity produced by war is
inflation. Inflation robs every American, every one of you. The 20 million
who are retired and living on fixed incomes – they are particularly hard
hit. Homemakers find it harder than ever to balance the family budget.
And 80 million American wage earners have been on a treadmill. For
example, in the 4 war years between 1965 and 1969, your wage increases
were completely eaten up by price increases. Your paychecks were higher,
but you were no better off.
We have made progress against the rise in the cost of living. From the
high point of 6 percent a year in 1969, the rise in consumer prices has
been cut to 4 percent in the first half of 1971. But just as is the case in
our fight against unemployment, we can and must do better than that.
The time has come for decisive action – action that will break the vicious
circle of spiraling prices and costs.
I am today ordering a freeze on all prices and wages throughout the
United States for a period of 90 days. In addition, I call upon corporations
to extend the wage-price freeze to all dividends.
I have today appointed a Cost of Living Council within the Government. I
have directed this Council to work with leaders of labor and business to
set up the proper mechanism for achieving continued price and wage
stability after the 90-day freeze is over.
Let me emphasize two characteristics of this action: First, it is temporary.
To put the strong, vigorous American economy into a permanent
straitjacket would lock in unfairness; it would stifle the expansion of our
free enterprise system. And second, while the wage-price freeze will be
backed by Government sanctions, if necessary, it will not be accompanied
by the establishment of a huge price control bureaucracy. I am relying on
the voluntary cooperation of all Americans – each one of you: workers,
employers, consumers – to make this freeze work.
Working together, we will break the back of inflation, and we will do it
without the mandatory wage and price controls that crush economic and
personal freedom.
The third indispensable element in building the new prosperity is closely
related to creating new jobs and halting inflation. We must protect the
position of the American dollar as a pillar of monetary stability
around the world.
In the past 7 years, there has been an average of one international
monetary crisis every year. Now who gains from these crises? Not
the workingman; not the investor; not the real producers of
wealth. The gainers are the international money speculators.
Because they thrive on crises, they help to create them.
In recent weeks, the speculators have been waging an all-out war
on the American dollar. The strength of a nation’s currency is
based on the strength of that nation’s economy – and the
American
economy
is
by
far
the
strongest
in
the
world.
Accordingly, I have directed the Secretary of the Treasury to take
the action necessary to defend the dollar against the speculators.
I have directed Secretary Connally to suspend temporarily the
convertibility of the American dollar except in amounts and
conditions determined to be in the interest of monetary stability
and in the best interests of the United States.
Now, what is this action – which is very technical – what does it mean for
you?
Let me lay to rest the bugaboo of what is called devaluation.
If you want to buy a foreign car or take a trip abroad, market conditions
may cause your dollar to buy slightly less. But if you are among the
overwhelming majority of Americans who buy American-made products in
America, your dollar will be worth just as much tomorrow as it is today.
The effect of this action, in other words, will be to stabilize the dollar.
Now, this action will not win us any friends among the international
money traders. But our primary concern is with the American workers,
and with fair competition around the world.
To our friends abroad, including the many responsible members of
the
international
banking
community
who
are
dedicated
to
stability and the flow of trade, I give this assurance: The United
States has always been, and will continue to be, a forward-looking
and trustworthy trading partner. In full cooperation with the
International Monetary Fund and those who trade with us, we will
press for the necessary reforms to set up an urgently needed new
international monetary system. Stability and equal treatment is in
everybody’s best interest. I am determined that the American dollar must
never again be a hostage in the hands of international speculators.
I am taking one further step to protect the dollar, to improve our balance
of payments, and to increase jobs for Americans. As a temporary
measure, I am today imposing an additional tax of 10 percent on goods
imported into the United States. This is a better solution for international
trade than direct controls on the amount of imports.
This import tax is a temporary action. It isn’t directed against any other
country. It is an action to make certain that American products will not be
at a disadvantage because of unfair exchange rates. When the unfair
treatment is ended, the import tax will end as well.
As a result of these actions, the product of American labor will be more
competitive, and the unfair edge that some of our foreign competition has
will be removed. This is a major reason why our trade balance has eroded
over the past 15 years.
At the end of World War II the economies of the major industrial nations
of Europe and Asia were shattered. To help them get on their feet and to
protect their freedom, the United States has provided over the past
25 years $143 billion in foreign aid. That was the right thing for us to do.
Today, largely with our help, they have regained their vitality. They have
become our strong competitors, and we welcome their success. But now
that other nations are economically strong, the time has come for them to
bear their fair share of the burden of defending freedom around the world.
The time has come for exchange rates to be set straight and for the major
nations to compete as equals. There is no longer any need for the United
States to compete with one hand tied beyond her back.
The range of actions I have taken and proposed tonight – on the job front,
on the inflation front, on the monetary front – is the most comprehensive
new economic policy to be undertaken in this Nation in four decades.
We are fortunate to live in a nation with an economic system capable of
producing for its people the highest standard of living in the world; a
system
flexible
enough
to
change
its
ways
dramatically
when
circumstances call for change; and, most important, a system resourceful
enough to produce prosperity with freedom and opportunity unmatched in
the history of nations.
The purposes of the Government actions I have announced tonight are to
lay the basis for renewed confidence, to make it possible for us to
compete fairly with the rest of the world, to open the door to new
prosperity.
But government, with all of its powers, does not hold the key to the
success of a people. That key, my fellow Americans, is in your hands.
A nation, like a person, has to have a certain inner drive in order to
succeed. In economic affairs, that inner drive is called the competitive
spirit.
Every action I have taken tonight is designed to nurture and stimulate
that competitive spirit, to help us snap out of the self-doubt, the selfdisparagement that saps our energy and erodes our confidence in
ourselves.
Whether this Nation stays number one in the world’s economy or resigns
itself to second, third, or fourth place; whether we as a people have faith
in ourselves, or lose that faith; whether we hold fast to the strength that
makes peace and freedom possible in this world, or lose our grip – all that
depends on you, on your competitive spirit, your sense of personal
destiny, your pride in your country and in yourself.
We can be certain of this: As the threat of war recedes, the challenge of
peaceful competition in the world will greatly increase.
We welcome competition, because America is at her greatest when she is
called on to compete.
As there always have been in our history, there will be voices urging us to
shrink from that challenge of competition, to build a protective wall
around ourselves, to crawl into a shell as the rest of the world moves
ahead.
Two hundred years ago a man wrote in his diary these words: “Many
thinking people believe America has seen its best days.” That was written
in 1775, just before the American Revolution – the dawn of the most
exciting era in the history of man. And today we hear the echoes of those
voices, preaching a gospel of gloom and defeat, saying the same thing:
“We have seen our best days.”
I say, let Americans reply: “Our best days lie ahead.”
As we move into a generation of peace, as we blaze the trail toward the
new prosperity, I say to every American: Let us raise our spirits. Let us
raise our sights. Let all of us contribute all we can to this great and good
country that has contributed so much to the progress of mankind.
Let us invest in our Nation’s future, and let us revitalize that faith in
ourselves that built a great nation in the past and that will shape the
world of the future.
Thank you and good evening.
Quelle: Office of the Federal Register. Richard Nixon, containing the public
messages, speeches and statements of the president - 1971. Washington:
US Government Printing Office, 1972, p. 886-890.
Anhang 3: Bericht des World Gold Council
Bezugsquelle :
Perfect Management Services AG
Landstrasse 340, FL 9495 Triesen
[email protected]
Tel: +423 390 01 75 / Fax: +423 390 01 76
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