Barmade - Neuunternehmer.ch

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Barmade - Neuunternehmer.ch
Freitag, 28. Juni 2002 / Nr. 147
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WIRTSCHAFT 19
Neuunternehmer des Monats
Barmade macht Beizen zu Szenenbars
Markus Muther und Ruedi
Wüest machen Designs für
Gastrobetriebe. Die Gründer
der Zwei-Mann-Firma Barmade in Schötz sind Neuunternehmer des Monats Juni.
VON JÜRG SCHIESS
Nichts deutet mehr darauf hin, dass
das «El Mosquito» im bernischen Langenthal noch vor wenigen Monaten eine
trostlose Dorfbeiz war. Fern von jeglichen lateinamerikanischen Klischees
präsentiert sich das Lokal äusserst stilvoll. Metallene Dekorationselemente,
deren Design an die Bildnisse und
Skulpturen der Maya-Kultur erinnert,
warme Farben, schlichte Holzmöbel sowie eine dezente Beleuchtung sorgen für
eine intime, ruhige Stimmung. Das «El
Mosquito» ist das, was man gemeinhin
ein Szenenlokal nennt.
Mehr als Oberflächenpolitur
Diese wundersame Verwandlung ist
das Werk von Markus Muther und Ruedi
Wüest. Die beiden Jungunternehmer
nennen sich Gastrodesigner und haben
vor eineinhalb Jahren im luzernischen
Schötz ihre eigene Firma mit dem bezeichnenden Namen Barmade gegründet
– eine Aktiengesellschaft, deren Zweck
die Planung und Gestaltung von Bars,
Cafés, Restaurants oder Hotels ist. «Dabei
ist es unser Ziel, Lokale der etwas anderen Art zu konzipieren», sagt Muther. Was
mit dieser Aussage gemeint ist, erläutert
er wie folgt: Bei jedem Auftrag würden er
und sein Geschäftspartner versuchen,
mit mutigen Ideen frischen Wind in die
Gastroszene zu bringen. «Ein gutes Design ist viel mehr als blosse Oberflächenpolitur. Der Gast muss fühlen, dass er in
einem besonderen Lokal sitzt», bringt
Muther die Geschäftsphilosophie von
Barmade auf den Punkt. Und er betont:
«Ein Gastrobetrieb, den wir bearbeiten,
darf nicht zu einem Spassobjekt werden.
Mit Erlebnisgastronomie à la Villa Wahnsinn haben wir nichts am Hut.»
«Der Gast muss fühlen, dass er in einem besonderen Lokal sitzt»: Markus Muther und Ruedi Wüest im «El Mosquito».
gendwann kam dann aber der Zeitpunkt, an dem wir uns durch die Vorgaben der Arbeitgeber eingeengt fühlten,
und wir beschlossen, selbstständig zu
werden», sagt Muther.
Diesen Schritt haben sie bis heute
nicht bereut. Muther: «Wir haben zwar
weniger Freizeit, und der Verdienst hat
sich gegenüber früher nicht verbessert.
Aber dafür können wir unseren Ideen
freien Lauf lassen. Und was das Beste ist:
Wir haben unser Hobby vollständig zum
Beruf machen können.»
Mundpropaganda
Trotz dieser Euphorie sind beiden Barmade-Inhaber auf dem Boden der Realität geblieben. «Wir wollen auf gesunde
Auch an der Expo tätig
Art und Weise wachsen und nehmen nur
Nebst dem «El Mosquito» haben Mu- so viele Aufträge an, dass wir eine hohe
ther und Wüest schon für zahlreiche Qualität garantieren können», versichert
andere Bars und Restaurants die Innen- Wüest. Aus diesem Grund machen die
architektur gemacht.
beiden Gastrodesigner
«Zusammen mit der
auch kaum Werbung.
bekannten Architektin
«Bis anhin haben wir
Pia Maria Schmid entvor allem von der
warfen wir beispielsMundpropaganda geweise die VIP-Restaulebt.» Immerhin erzielrants sämtlicher Arteten sie auf diese Weise
plages der Expo», so
im vergangenen Jahr
Wüest. Und zurzeit ist
einen Umsatz von
das
Barmade-Team
rund 200 000 Franken.
daran, aus einem geDas sei zwar ein zuwöhnlichen Pub in
friedenstellender BeSpiez ein Tex-Mex- «Bei unseren Projekten
trag, aber noch nicht
Restaurant zu ma- versuchen wir jeweils,
genug, um langfristig
chen. «Bei unseren
überleben zu können.
etwas zu kreieren, das
Projekten versuchen
Wüest: «Die Gewinnwir jeweils, etwas zu neu ist, das die Leute
schwelle haben wir
kreieren, das neu ist, aber dennoch kennen.»
noch nicht überschritR U E D I W Ü E S T,
das die Leute aber
ten. Wenn es jedoch
BARMADE
dennoch kennen», erim gleichen Tempo
klärt Wüest. Das Geweitergeht wie bis anheimnis des Erfolges
hin, müsste es Ende
bestehe darin, diese Gratwanderung zu Jahr so weit sein.»
schaffen. «Die Voraussetzung dafür ist
Eine Treuhandgesellschaft achtet daeine intensive Auseinandersetzung mit rauf, dass die Firma bis dann nicht in
den Charakeristika eines Raumes, den Liquiditätsengpässe gerät. «Für die
Ideen des Auftraggebers und den Be- Buchhaltung und die Finanzplanung
dürfnissen des Zielpublikums.»
haben wir Spezialisten beauftragt», sagt
Wüest. «Sie kümmern sich darum, dass
die Zahlen stimmen und wir genügend
Der Einengung entflohen
Wie die zwei Jungunternehmer auf die Reserven haben.» Ausserdem haben die
Idee gekommen sind, selbstständige beiden Unternehmer die AnfangsinvesGastrodesigner zu werden, ist schnell titionen so tief wie möglich gehalten.
erzählt. «Uns verbindet eine gemeinsa- «Auf teure Büromöbel oder sonstigen
me Leidenschaft: Wir lieben es, neue Schnickschnack haben wir bewusst verRäume zu gestalten», sagt Muther. Diese zichtet.»
Passion widerspiegelt sich auch in seiDas Startkapital von 100 000 Franken
nem und Wüests Lebenslauf: Beide lies- für die Gründung der Aktiengesellschaft
sen sich zum Schreiner, Innenausbau- haben Wüest und Muther übrigens aus
zeichner und Wohnberater für Projekte eigenen Mitteln eingebracht. «Eine
ausbilden und arbeiteten danach wäh- Fremdfinanzierung kam nicht in Frage.
rend mehrerer Jahre als Innenarchitek- Wir wollten nicht in eine erneute Abten. In dieser Zeit sammelten sie auch hängigkeit geraten», sagt Wüest. Überzahlreiche Erfahrungen in der Gestal- dies sei es auch fraglich, ob sie übertung von Gastronomiebetrieben. «Ir- haupt Kredit erhalten hätten. «Die Gast-
roszene ist für die Banken zurzeit ein
rotes Tuch.»
Entwicklung verschlafen
Diese Einschätzung teilen die Barmade-Macher nicht unbedingt. Wenigstens in ihrem Tätigkeitsbereich sehen sie
ein riesiges Potenzial – vor allem bei den
Dorfbeizen. «Sie haben die Entwicklung
in den vergangenen Jahren etwas verschlafen», ist Markus Muther überzeugt.
«In jedem Dorf gibt es fünf bis zehn
WEITERE BEWERBER
Restaurants oder Bars, und praktisch alle
machen dasselbe. Hier sehen wir einen
grossen Nachholbedarf.» Das heisst aber
nicht, dass sich Barmade ausschliesslich
auf dieses Segment konzentriert. Muther:
«Grundsätzlich können alle, die etwas
bewegen wollen, zu unseren Kunden
zählen.» Einzige Einschränkung seien
sprachliche Barrieren. «Die Planung des
Gastrodesigns ist mit einer engen Zusammenarbeit mit den Auftraggebern verbunden. Deshalb nehmen wir nur Aufträ-
NACHGEFRAGT
Familienmanagement GmbH
Franziska Bischof-Jäggi,
Pädagogische Psychologin, Paar- und
Familientherapeutin
● Branche: Unternehmensberatung
und -schulung
● Marktleistung: Förderung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf in
Unternehmen und Organisationen/
themenspezifische Weiterbildung von
Personalverantwortlichen und Mitarbeitern mit Familie (Workshops, Coachings, Beratungen)
● Innovation: Zertifizierung von Firmen mit familienbewusster Personalpolitik
● Langfristige Zielsetzung: Förderung
familienbewusster Personalpolitik
● <www.familienmanagement.ch>
bei Rita Misteli,
Vertreterin des
Beirats
● Gründerin:
qualityconsult AG
Felix Graber, Betriebsökonom; Andreas Gasser, Treuhandexperte und Bankfachmann; Andrea Huber,
Betriebsökonomin
● Branche: Unternehmensberatung
● Marktleistung: Beratung für Finanzdienstleistungen/Aufbau
von
Qualitätsmanagementsystemen (ISO
9001, TQM, EFQM)/ganzheitliche
Strategie- und Organisationsberatung
● Innovation: Aufbau von ganzheitlichen Managementsystemen für Finanzdienstleister/Qualitätsberatung
auf allen Unternehmensebenen/
Benchmarks zur Messung der Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit
● Langfristige Zielsetzung: Bevorzugter Ansprechpartner für Qualitäts-, Organisations- und Strategiethemen von
kleineren und mittelgrossen Finanzdienstleistern aus der ganzen Schweiz
● <www.qualityconsult.ch>
js
● Gründer:
ge an, bei denen die Verständigung zu
100 Prozent gewährleistet ist.»
Mit wenig viel erreichen
Wie viel muss ein Gastronom bereit
sein zu zahlen, wenn er seinem Lokal ein
neues Design verpassen will? «Mit einem
relativ kleinen Budget kann man schon
viel erreichen», antwortet Muther. «Die
Planung des ‹El Mosquito› kostete beispielsweise nur rund 15 000 Franken.»
Homepage: www.barmade.ch
NEUUNTERNEHMER
Partner zum Erfolg
Beraterbranche
Weitere Start-ups, die der Beirat für
erwähnenswert hält, sind die Familienmanagement GmbH in Steinhausen
und die qualityconsult AG in Luzern.
BILD CARMELA ODONI
Die Aktion «Neuunternehmer des Monats» läuft unter dem Patronat der
«Neuen Luzerner Zeitung» mit ihren
Regionalausgaben und von HewlettPackard (HP). Damit sich eine Firma
bewerben kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
«Neue Massstäbe»
Warum der Entscheid für Barmade?
Rita Misteli: Die Barmade setzt
neue Massstäbe in der Gastronomie
und beachtet den ganzheitlichen
Aspekt. Sie setzt ein integriertes Konzept um: Architektur, Corporate
Identity, Human Resources und das
Umfeld bilden eine Einheit.
Was ist daran innovativ?
Misteli: Gerade diese ganzheitliche
Sicht und die Sensibilität auf Details
ist einzigartig und innovativ. Barmade hat hier eine immense Marktlücke entdeckt, die neue Impulse
unter anderen auch in Tourismusregionen auslösen kann.
Welche Chance hat die junge Firma?
Misteli: Die Firma ist (noch) klein
und sicher flexibel genug, um massgeschneiderte und unkonventionelle
Projekte zu realisieren. Wenn sie die
entdeckte Marktlücke genügend
ausschöpft – wohl über die Schweizer Grenze hinweg –, kann sie einen
wichtigen Beitrag zur dringend notwendigen Attraktivierung der Gastroszene leisten. Das Potenzial betrachte ich als sehr gross.
Wo sehen Sie beim Unternehmenskonzept Verbesserungspotenzial?
Misteli: Referenzprojekte bekannt
machen, gezieltes Marketing betreiben und die Expansion sorgfältig
planen.
js
Firmensitz in der Zentralschweiz
Gründung innert der letzten 3 Jahre
Eintrag im Handelsregister
Innovatives Marktangebot
Potenzieller Kundenkreis in der
Zentralschweiz
Bedingungen, Bewerbungsunterlagen
und präsentierte Firmen sind unter
<www.neuunternehmer.ch> zu finden. Die Geschäftsidee wird unter
anderem auf Innovationsgrad, Ausgereiftheit und Chancen beurteilt. Detaillierte Businesspläne werden nicht verlangt. Die Beurteilung erfolgt durch
einen Beirat, dem folgende Vertreter
angehören:
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Jörg Lienert (Jörg Lienert AG, Luzern), Rita Misteli (IFU,
Präsidentin FDP-Fraktion Grosser Stadtrat), Werner
Bündler (Direktor Gewerbeverband Kanton Luzern), Alex
Bruckert (Direktor Zentralschweizer Handelskammer),
Hanspeter Schneeberger (Luzerner Gewerbetreuhand),
Markus Hinnen (Marketingleiter Hewlett-Packard), Carl
Mugglin (CEO CKW), Mark Bachmann (4B Bachmann,
Hochdorf), Ruedi Suter (Concepcion Technologies AG,
Kägiswil), Christof Born (Zuger Gründerzentrum), Hanspeter Weibel (Weibel Consult, Bottmingen), Stefan Ragaz
red
(«Neue Luzerner Zeitung»).