La France, le maillon faible en Occident? Die politischen

Transcription

La France, le maillon faible en Occident? Die politischen
Erik Haase
“La France, le maillon faible
en Occident "?
Die politischen Beziehungen zwischen der
DDR und Frankreich in den 1970ern
Diplomica Verlag
Erik Haase
"La France, le maillon faible en Occident?" Die politischen Beziehungen zwischen der
DDR und Frankreich in den 1970er Jahren
ISBN: 978-3-8428-1490-5
Herstellung: Diplomica® Verlag GmbH, Hamburg, 2012
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte,
insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von
Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der
Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen,
bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung
dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen
der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik
Deutschland in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich
vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des
Urheberrechtes.
Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in
diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme,
dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei
zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.
Die Informationen in diesem Werk wurden mit Sorgfalt erarbeitet. Dennoch können
Fehler nicht vollständig ausgeschlossen werden und der Verlag, die Autoren oder
Übersetzer übernehmen keine juristische Verantwortung oder irgendeine Haftung für evtl.
verbliebene fehlerhafte Angaben und deren Folgen.
© Diplomica Verlag GmbH
http://www.diplomica-verlag.de, Hamburg 2012
Vorwort
Die deutsch-französischen Beziehungen gelten im Europa der Nachkriegszeit nach
allgemeiner Auffassung nicht zu Unrecht als eine Erfolgsgeschichte. Dementsprechend haben
sich
auch
in
der
Fachliteratur
mittlerweile
schier
unüberschaubar
gewordene
Veröffentlichungen zum Couple franco-allemand angesammelt, denen eines gemeinsam ist:
Sie konzentrieren sich auf die bilateralen Beziehungen zwischen der Bundesregierung und
dem Elysée-Palast.
Selbst wenn die Aufarbeitung der Außenpolitik der DDR in den letzten Jahren mehr Interesse
erfuhr, u.a. dank Prof. Ulrich Pfeil, beschränkt sich die Literatur zu den Beziehungen
zwischen der DDR und Frankreich auf vergleichsweise wenige Titel, die zudem, wenn sie auf
die Zeit vor dem Fall der Mauer zurückgehen, beiderseits der Elbe politisch gefärbt waren.
Das macht diese Titel keineswegs unbrauchbar, doch müssen die Rückschlüsse der Autoren
auch vor dem Hintergrund des Kalten Krieges eingeordnet werden, ohne die starken
Argumente, klaren Fakten und korrekten Statistiken außer Acht zu lassen. Die „positive“
Seite an der Zensur in der DDR und an der damit nur beschränkten Aussagekraft der DDRFachliteratur ist die Tatsache, dass sie den offiziellen Duktus der Partei im jeweiligen
zeithistorischen Kontext wiedergibt.
Auch heute noch bleibt die Auseinandersetzung mit dem sozialistischen Deutschland ein
begriffliches und politisches Minenfeld, denn mit vielen Begrifflichkeiten verbinden sich
noch immer Ungenauigkeiten, Konnotationen und Wertungen. Die Abkürzung BRD für
Bundesrepublik Deutschland bspw. war ab den 1970er Jahren auf bundesdeutscher Seite
verfemt. Als „Agitationsformel“ oder gar kommunistische Erfindung sollte sie angesichts des
offiziellen Kürzels DDR vermieden werden, um über die analoge Abkürzung Bonn nicht mit
Ost-Berlin auf eine Stufe zu stellen. In der vorliegenden Arbeit verwendet der Autor das
Kürzel BRD, da es sich zum Einen in der modernen Fachliteratur wieder eingebürgert hat und
die politische Aufladung zum Anderen nicht mehr gegeben ist.
Die Begriffsproblematik betrifft aber auch die DDR bzw. die Schwierigkeit, ein Adjektiv zu
diesem Staat zu finden. Während Jugendliche aus Frankreich sprachlich schöner französische
Jugendliche sind (die Problematik der Migrationshintergründe soll hier einmal ausgeblendet
werden), sind Kinder aus der DDR… DDR-Kinder? Nein, das ist semantisch und stilistisch
unmöglich. Ostdeutsche Kinder? Auch diese Bezeichnung hat vor dem Hintergrund der
(groß)deutschen Geschichte ihre Schwächen, doch in der vorliegenden Arbeit soll das Attribut
„ostdeutsch“ für „aus der DDR kommend“ stehen, weil sich das Thema zeitlich klar
1
eingeordnet und ohne Diskussion über frühere deutsche Gebiete bzw. über die heutigen
Neuen Bundesländer auskommt.
Ein weiterer heikler Punkt betrifft die Natur der DDR selbst. Im Rahmen dieser
Magisterarbeit kann und soll keine Diskussion darum geführt werden, ob die 40 Jahre
bestehende Deutsche Demokratische Republik totalitären oder autoritären Charakter trug. Die
Tatsache, dass sie eine Diktatur mit oligarchischen Entscheidungsstrukturen war, soll
hingegen die in der Arbeit verwendeten Synonyme SED-Führung = Staats- und Parteiführung
= Regierung der DDR rechtfertigen.
Ein letztes Wort soll dem gewählten Zeitraum der Beziehungen zwischen der DDR und
Frankreich gelten. Aus wissenschaftlicher Sich ist jene Periode der 1970er bzgl. der DDR
sicherlich eine der spannendsten, weil sie mit dem Wechsel an der Parteispitze 1971, mit der
internationalen Anerkennung der DDR 1973, mit der Konferenz über Sicherheit und
Zusammenarbeit in Europa 1973–75 und mit den neuen diplomatischen Verpflichtungen und
Zielen eine Zeitspanne der Umbrüche und Neuorientierungen darstellt. Nicht zuletzt sind die
1970er besonders ergiebig, weil aufgrund der 30jährigen Sperrfrist für die Akteneinsicht in
die Politischen Archive nur bis 1979 eine gesicherte Grundlage gewährleistet ist. Die
vorliegende Arbeit wurde v.a. mit Material aus den Archives diplomatiques (La Courneuve)
der Französischen Republik bereichert.
2
Gliederung
Vorwort ..................................................................................................................................... 1
Gliederung................................................................................................................................. 3
Einleitung .................................................................................................................................. 7
1. Das Interesse der DDR an Frankreich oder
Frankreichpolitik = Deutschlandpolitik........................................................................... 10
2. Frankreichs Interesse an der DDR ............................................................................... 12
3. Bestimmungsfaktoren und Handlungsspielraum der DDR in der Außenpolitik..... 14
a. Formen der Außenpolitik der DDR.............................................................................. 14
b. Faktoren der Außenpolitik Ost-Berlins ........................................................................ 15
4. Welche Art der Beziehungen?....................................................................................... 18
I. Partei- und Gewerkschaftsbeziehungen – Ein tragendes Element in den ostdeutschfranzösischen Beziehungen.................................................................................................... 19
1. Deutschlandpolitische Funktion.................................................................................... 20
2. Kommunistische Solidarität auf dem Weg zur Anerkennung ................................... 21
3. Konjunkturen im Verhältnis zu den französischen Kommunisten ........................... 23
4. Eurokommunismus ........................................................................................................ 24
5. Burgfrieden zwischen den kommunistischen Parteien ............................................... 25
6. Ende des „eurokommunistische Zwischenspiels“ ....................................................... 26
7. Fazit ................................................................................................................................. 27
II. (Halb) Offizielle Beziehungen .......................................................................................... 29
1. Vor 1973: Halb-offizielle Beziehungen......................................................................... 29
2. Vor der Anerkennung keine Regierungsbeziehungen – Kontakte zu
Parlamentariern ................................................................................................................. 30
3. Quasi-gouvernementale Beziehungen in Vorbereitung der Anerkennung............... 34
a. Diplomatie hinter Bonns Rücken ................................................................................. 36
b. Treue zu Bonn .............................................................................................................. 38
4. Die Aufnahme diplomatischer Beziehungen................................................................ 39
3
5. Desillusion nach der Anerkennung – oder „Formalisierung“ statt
„Normalisierung“ ............................................................................................................... 40
6. Die KSZE – Höhepunkt der Entspannung der 1970er Jahre .................................... 43
a. Französisch-sowjetische Interessenskonvergenz in Bezug auf Deutschland ............... 43
b. Erwartungshaltungen, Prioritäten und Konzepte der Blöcke ....................................... 45
c. Vor- und Nachteile für die DDR .................................................................................. 47
d. Vor- und Nachteile für Frankreich ............................................................................... 49
e. Bedeutung für die ostdeutsch-französischen Beziehungen .......................................... 50
7. Offizielle Beziehungen in der zweiten Hälfte der 1970er............................................ 50
a. Neue Incertitudes allemandes ...................................................................................... 52
b. Internationales Prestige: Der erste Außenminister einer Westmacht in Ost-Berlin..... 53
8. Die zentralen Abkommen zur Formalisierung der Beziehungen .............................. 54
a. Das Kulturabkommen................................................................................................... 55
b. Das Konsularabkommen .............................................................................................. 57
III. Beziehungen zu den „gesellschaftlichen Kräften“........................................................ 59
1. Die Freundschaftsgesellschaften ................................................................................... 59
a. Funktionen und Ziele.................................................................................................... 59
b. Aufbau/ Struktur/ Organisation.................................................................................... 60
c. Konkrete Arbeit der Freundschaftsgesellschaften........................................................ 62
d. 1973 Wechsel und Kontinuität oder „Von der Anerkennung zum Kennenlernen“ ..... 63
2. Jugendbeziehungen ........................................................................................................ 64
a. Arbeit gegen das DFJW................................................................................................ 64
b. Studentenaustausch ...................................................................................................... 67
3. Städtepartnerschaften.................................................................................................... 67
a. Umfang der Partnerschaften und das Problem deren Anerkennung ............................ 69
b. Aktivitäten.................................................................................................................... 70
c. Probleme....................................................................................................................... 71
d. Zusatz ........................................................................................................................... 71
IV. Kulturbeziehungen als Öffentlichkeitsarbeit ................................................................ 73
1. Stellenwert kultureller Beziehungen im Kalten Krieg................................................ 74
2. Selbstverständnis, Ziele und Funktionen der auswärtiger Kulturpolitik der DDR 74
3. Propaganda als Mittel der Theorievermittlung in der auswärtigen Politik ............. 75
4
4. Gegen die Bonner These der einheitlichen Nationalkultur ........................................ 76
5. Frankreichs Interessen in der auswärtigen Kulturpolitik mit der DDR .................. 79
6. Künstler der DDR in Frankreich.................................................................................. 80
7. DDR-Literatur in Frankreich ....................................................................................... 81
8. Französische Literatur in der DDR.............................................................................. 84
9. Frankreichbild in der DDR ........................................................................................... 85
a. Frankreich in der ostdeutschen Presse.......................................................................... 85
b. Frankreichbild in Schulbüchern der DDR.................................................................... 88
10. DDR-Bild in Frankreich .............................................................................................. 91
a. Darstellung der DDR in französischen Schulbüchern.................................................. 91
b. DDR-Bild in französischen Medien............................................................................. 92
c. Wissenschaftliche Beschäftigung mit dem zweiten deutschen Staat ........................... 93
V. Wirtschaftsbeziehungen.................................................................................................... 97
1. Innenpolitische Bedeutung für die SED ....................................................................... 97
2. Allgemeines Potential des Außenhandels für die DDR-Außenpolitik ....................... 98
3. Wirtschaftsbeziehungen bis 1973.................................................................................. 99
a. Die Kammer für Außenhandel mit Botschaftsfunktion.............................................. 100
b. Ein großer Schritt Richtung Anerkennung................................................................. 101
4. Reiz und Fluch des Handels mit dem Westen............................................................ 103
5. Suche nach Diversifizierung der Handelspartner ..................................................... 104
6. Interessen Frankreichs am Handel mit dem Osten in der 1970ern......................... 106
7. Entwicklung des Handels mit Frankreich nach der diplomatischen
Anerkennung .................................................................................................................... 107
a. Das Zehnjahresabkommen von 1973 ......................................................................... 107
b. Sprünge statt Kontinuität in den Handelsbeziehungen .............................................. 108
c. Großaufträge als Gegenleistung zu politischem Prestige – Welche
Handlungsmöglichkeiten hatte die hochverschuldete DDR?......................................... 109
8. Fazit ............................................................................................................................... 111
Schluss ................................................................................................................................... 113
1. Ausblick auf die 1980er Jahre..................................................................................... 113
a. Neue Ausrichtung der französischen Ostpolitik (Regierungswechsel
Mitterrand 1981) ............................................................................................................ 113
5