als - Klinikum Idar

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als - Klinikum Idar
Die Bandscheiben-/
Spinalstenosenoperation
Patienteninformation
der Klinik für Neurochirurgie
am Klinikum Idar-Oberstein
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Liebe Patientin, lieber Patient,
Sie sind zur Operation eines Bandscheibenvorfalls
oder einer Spinalkanalstenose der Lendenwirbelsäule in die Klinik für Neurochirurgie am Klinikum
Idar-Oberstein aufgenommen worden.
Um Ihnen grundsätzliche Informationen über die
Wirbelsäule – den Ort Ihrer Erkrankung – zu geben,
und Ihnen den geplanten Eingriff verständlicher zu
machen, haben wir diese Patienteninformation für
Sie zusammengestellt.
Sie dient gleichzeitig als Leitfaden für die postoperative Behandlung, den Heilungsprozess nach
der Operation und das richtige Verhalten nach der
Entlassung aus dem Krankenhaus.
Sprechen Sie uns bitte an, wenn Sie Fragen haben.
Unser Stationsteam steht Ihnen zur Beantwortung
gerne zur Verfügung.
Priv.-Doz. Dr. med. Jochen Tüttenberg
Chefarzt der Klinik für Neurochirurgie
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Die Aufgaben der Wirbelsäule
Stabilität
Die menschliche Wirbelsäule dient vor allem der Stabilisierung von Kopf, Oberkörper und dem aufrechten Gang.
Hauptverantwortlich hierfür sind die Wirbelkörper. Dies
sind kastenförmige Knochen, die aufgrund ihrer Bauweise
besonders widerstandsfähig und bruchfest gegen von
oben nach unten gerichtete Kräfte sind, z. B. bei Sprüngen, aber auch beim Treppensteigen oder Gehen.
Mechanischer Schutz
Wirbelkörper und Wirbelbögen bilden einen Kanal, in
dem sich das Rückenmark und die Nervenabgänge befin-
Stoßdämpfung und Beweglichkeit
den und von äußeren Einwirkungen geschützt werden.
Um Stoßkräfte sanft abzufedern, sind zwischen den
Wirbelkörpern „Stoßdämpfer“, die Bandscheiben,
Bandscheibe
eingefügt, die außerdem gemeinsam mit den
Wirbelgelenken Dreh-, Streck- und Beugebewegun-
Galertkern
gen des Rumpfes ermöglichen.
Faserring
Spinalnerv
Rückenmark
Nervensackschlauch
Wirbelkörper
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Der Bandscheibenvorfall
Die Bandscheibe besitzt eine flache Form. Man unterscheidet den äußeren Faserring und den im Inneren gelegenen Gallertkern (siehe Beschreibung Seite 4). Durch
diesen Aufbau nach dem Vorbild eines Wasserkissens
kommt es bei Belastung zu einer gleichmäßigen Druckverteilung auf die angrenzenden Wirbelkörper.
Tritt aus den verschiedensten Ursachen eine Lockerung
des Faserringes und des Gallertkernes auf, so kommt es
durch den hohen Druck und körperliche Belastung zu
einer Bandscheibenvorwölbung in Richtung des Wirbelkanals und der Nervenwurzel. Reißt der Faserring ein, so
kann Bandscheibengewebe in den Wirbelkanal austreten
Folgen des Druckes auf die Nervenwurzel sind:
(Bandscheibenvorfall). Dies führt zu einer Kompression
der vorbeiziehenden Nervenwurzeln.
•
Rückenschmerzen
•
Ausstrahlung der Schmerzen in die Beine
•
Sensibilitätsstörungen (Taubheit)
•
Lähmungen
•
Störungen des Wasserlassens, des Stuhlgangs
und der Sexualfunktion
In der überwiegenden Mehrzahl der Fälle ist die
5. und 4. Lendenbandscheibe, seltener die 3. und
2. betroffen. Die genaue Diagnose wird vom Arzt
durch die Anamneseerhebung, die klinische Untersuchung und durch bildgebende Verfahren gestellt.
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Die Spinalkanalstenose
Das Verhalten nach der Entlassung
Im Laufe eines Lebens kommt es zu Verschleißerscheinun-
Computertomographie
gen der Lendenwirbelsäule. Hierdurch entwickelt sich bei
Falls ein MRT nicht möglich sein sollte kann auch
einigen Patienten eine Verengung des Spinalkanals, teil-
mit einer Computertomographie (CT), einer Form
weise durch Bandmaterial, teilweise durch angelagerten
der Röntgenuntersuchung, die Diagnose eines Band-
Knochen. Dies führt zu belastungsabhängigen Schmerzen
scheibenvorfalls oder einer Spinalkanalstenose
in den Beinen und damit verbunden zu einer Verkürzung
gestellt werden. In einigen Fällen ist zur Beurtei-
der Gehstrecke. Es kommt zur sogenannten Schaufenster-
lung des Knochens zusätzlich zum MRT auch ein
krankeit oder Claudicatio spinalis. Typischerweise werden
CT erforderlich.
diese Schmerzen durch Vorneüberbeugen besser, in der
Regel ist auch das Radfahren uneingeschränkt möglich.
Myelographie
Heutzutage wird eine Myelographie nur noch selten
Bildgebende Diagnoseverfahren
benötigt. Es handelt sich hierbei um eine Kontrastmitteluntersuchung, bei der eine Nadel in den Wir-
Kernspintomographie
belkanal eingeführt wird. Es wird Nervenwasser zur
Das bildgebende Verfahren der Wahl zur Diagnostik der
laborchemischen Untersuchung entnommen, um
meisten Krankheiten der Wirbelsäule ist heutzutage die
andere Erkrankungen auszuschließen. Dann wird
Kernspintomographie (NMR, MRT). Dies ist eine Unter-
das Kontrastmittel eingegeben.
suchung ohne Röntgenbelastung, die auf einem extrem
starken Magnetfeld basiert. Dabei können die einzelnen
Strukturen im Wirbelkanal, d.h. Duralsack, Nerven, ein
Bandscheibenvorfall und eine Verengung des Spinalkanals direkt sichtbar gemacht werden. Knochen lassen
s
sich etwas schlechter beurteilen.
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Behandlungsoptionen
Die meisten Bandscheibenvorfälle (ca. 80%) können
Bei Auftreten von schweren Lähmungen und/oder
konservativ behandelt werden. Die Mittel der Wahl sind
Blasen-, Enddarm- und Sexualfunktionsstörungen
hierbei Schonung, Schmerzmittel, Krankengymnastik und
muss sofort operiert werden, da ansonsten die
Physikalische Therapie (Fango, Massage, Elektrobäder,
Gefahr besteht, diese Funktionen für immer zu
usw.). Bei Persistenz der Schmerzsymptomatik bzw. der
verlieren, beispielsweise die Kontrolle über die
Ausfallerscheinungen (Beinlähmung, Taubheit) trotz aus-
Blase.
reichender Behandlung sollte man über eine Operation
nachdenken.
Dagegen müssen die meisten Spinalkanalstenosen
über kurz oder lang einer operativen Therapie
zugeführt werden. Große Studien konnten zeigen,
dass die operative Entlastung der Spinalkanalstenose einer konservativen (d.h. nicht operativen)
Therapie deutlich überlegen ist.
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Die Operation
Ziel der Operation ist, die Schmerzen zu beseitigen und
die Rückbildung einer evtl. vorher bestehenden Lähmung
oder Sensibilitätsstörung zu erreichen. Seit Einführung
der mikrochirurgischen Methode ist die Operation gewebsschonender, sicherer und erfolgreicher geworden. Es wird
ein 3 bis 4 cm langer Hautschnitt angelegt, die Rückenfaszie längs eingeschnitten und die Rückenmuskulatur
stumpf abgelöst. Mit Spezialinstrumenten wird nun ein
röhrenförmiger Zugang zur Wirbelsäule geschaffen und
dann unter Zuhilfenahme des Operationsmikroskops der
Wirbelkanal eröffnet.
Bei der Bandscheibenoperation …
lässt sich unter starker Vergrößerung der Bandscheibenvorfall übersichtlich darstellen und entfernen. Wann immer es geht wird versucht, nur den vorgefallenen Anteil
(Dauer Bandscheiben-OP ca. 60 bis 90 Minuten,
der Bandscheibe zu entfernen. Nur wenn dies nicht mög-
Spinalkanalstenosen-OP ca. 90 bis 120 Minuten, je
lich ist, wird das restliche degenerierte Bandscheibenge-
nach Anzahl der zu entlastenden Höhen). In 90 bis
webe aus dem Zwischenwirbelspalt entfernt.
95 % der Fälle verläuft die Operation komplikationslos. In wenigen Fällen kann es aber zu Kompli-
Bei der Spinalkanalstenosenoperation …
kationen wie Infektion (2%), Nachblutung (1-2%),
wird ebenfalls unter starker Vergrößerung meist mit Hilfe
Zunahme der Ausfallerscheinungen (meistens nur
von Fräsen das überschüssige Knochen- und Bandgewebe
vorübergehend, 3-5 %) oder Verletzung der Nerven-
entfernt. Dadurch werden die gequetschten Nervenwur-
haut (2 %) kommen. In extrem seltenen Fällen kann
zeln entlastet und können sich jetzt erholen. Nach sorg-
es zu einer Verletzung der Bauchorgane kommen,
fältiger Blutstillung wird mit einem schichtweisen Wund-
die sich vor der Bandscheibe befinden (z. B. Bauch-
verschluss schließlich der Eingriff beendet.
gefäße).
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Was passiert nach der Operation?
Das
Verhalten nach der Entlassung
Nach der Operation Ihres Bandscheibenvorfalls oder der
Während dieser Zeit soll das Tragen von schweren
Spinalkanalstenose ist die Festigkeit (= Stabilität) der
Gegenständen (> 5 kg) ebenfalls vermieden werden.
Wirbelsäule gewährleistet. Daher ist es wichtig, Sie mög-
Aktivitäten, die zu Rücken- bzw. Beinschmerzen
lichst rasch wieder „auf die Beine“ zu bringen, aber auch
führen, sollen reduziert werden.
gleichzeitig das Wundgebiet zu schonen. Prinzipiell dürfen Sie noch am Operationstag, falls Ihr behandelnder
Wunde:
Arzt nichts Gegenteiliges sagt, kurz aufstehen und in
Die Wunde schmerzt nur in den ersten Tagen. Die
Begleitung zur Toilette gehen. Am nächsten Tag beginnt
Wundfäden werden am 10. bis 12. Tag nach der
dann das krankengymnastische Übungsprogramm mit
Operation entfernt. Das Duschen ist (bei unkom-
Anleitung zum wirbelsäulengerechten Bewegen. Die
plizierter Wundheilung) ab dem 5. Tag mit wasser-
Übungen sollten Sie auch nach Entlassung aus unserer
dichtem Wundpflaster erlaubt. Bei vielen Patienten
Klinik zu Hause langfristig weiterführen.
treten zwischen dem 3. und 6. postoperativen Tag
noch einmal ischias-ähnliche Schmerzen auf, ähn-
Die meist rasche Schmerzfreiheit nach der Mikrooperati-
lich wie vor der Operation. Sie klingen dann aber
on birgt für die Patienten aber auch eine Gefahr. Manche
wieder rasch ab. Sie sollten deshalb nicht beunru-
werden leichtsinnig und belasten die Wirbelsäule zu früh.
higt sein.
Dies kann ein sehr intensives lokales Schmerzbild auslösen, das erst nach längerer Ruhigstellung – d. h. konse-
Lähmungen:
quenter Bettruhe – wieder abklingt. Wir bitten deshalb
Eine vor der Operation bestehende Lähmung oder
unsere Patienten, den folgenden Anleitungen Folge zu
auch Gefühlsstörung verschwindet nicht sofort
leisten und damit selbst zu einer raschen Genesung bei-
nach der Operation. Die Rückbildung dieser Störun-
zutragen.
gen kann oft Wochen bis Monate dauern und hängt
vom Ausmaß der Nervenschädigung ab.
Sie dürfen ab dem 1. postoperativen Tag sitzen. Längeres
Sitzen kann aber zu unspezifischen Schmerzbeschwerden
führen. Sitzen in tiefen Sofas und längeres Sitzen im
Auto sollen in den ersten 6 Wochen vermieden werden.
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Das Verhalten nach der Entlassung
Das
Verhalten nach der Entlassung
Nach der Entlassung (beim unkomplizierten Verlauf zwi-
Am Günstigsten sind Schwimmen, Gymnastik,
schen 3. und 7. postoperativen Tag) muss die Behandlung
Waldlauf und Wandern. Bestimmte Sportarten wie
(Krankengymnastik, evtl. Medikamente) durch den ein-
Reiten, Wurfsport, Judo, Fußball oder Karate soll-
weisenden Arzt bzw. den Hausarzt fortgeführt werden.
ten in den ersten 4 bis 6 Monaten im Regelfall un-
Die individuelle Behandlung wird auf Sie abgestimmt.
terlassen werden. Entscheidend in Ihrem speziellen
Die krankengymnastischen Übungen, die Sie im Kranken-
Fall ist wiederum die vernünftige Selbsteinschät-
haus erlernt haben, sollten 2-mal täglich 5 bis 10 Minuten
zung des eigenen körperlichen Leistungsvermögens
durchgeführt werden. Von Tag zu Tag können Sie jetzt
und die Vermeidung von unvernünftigen Überlas-
kleine Spaziergänge durchführen und steigern.
tungen.
Das Ergebnis der Bandscheibenoperation wird ganz
Arbeitsfähigkeit:
wesentlich vom vernünftigen Verhalten des Patienten be-
Sie sind voraussichtlich für etwa 4 bis 6 Wochen
stimmt. Für 4 bis 6 Wochen sollten Sie jede starke körper-
nach der Entlassung dienst- oder arbeitsunfähig.
liche Belastung oder Biegungsbeanspruchung der Wirbel-
Dies gilt auch für Hausfrauen. Dies wird von Ihrem
säule vermeiden.
Hausarzt mit Ihnen in Abhängigkeit vom Heilungsverlauf entschieden. Sollten dann noch Restbe-
Schlafen:
schwerden vorliegen, so kann dies eine längere
Keine spezielle Einschränkungen beim Schlafen. Sie
Schonung bedingen. Es ist verständlich, dass die
dürfen in der jeweiligen Position und auf der jeweiligen
Arbeitsfähigkeit stark von der körperlichen Belas-
Matratze schlafen, auf der Sie sich wohlfühlen.
tung im Berufsleben abhängig ist. Körperliche
Schwerarbeit sollte erst nach ca. 3 Monaten be-
Sport:
gonnen werden. Nur in wenigen Ausnahmefällen
Sie sollten während der ersten 4 - 6 Wochen sportliche
ist eine berufliche Umschulung notwendig.
Aktivitäten (außer Gehen) vermeiden. Etwa 85 bis 90 %
der operierten Patienten werden beschwerdefrei und voll
Sex:
leistungsfähig. Im Anschluss daran können Sie wieder
Keine speziellen Einschränkungen (Vermeidung
arbeiten und die allermeisten Sportarten betreiben.
von schwerem körperlichem Stress)
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Weitere wichtige Hinweise
Das sollten Sie 3 Monate lang vermeiden:
Dabei üben verbliebene Teile der Bandscheibe oder
Abruptes Bücken, Heben aus vornübergebeugter Stellung,
auch des Faserringes erneut einen Druck auf die
schnelle Drehbewegungen, Gartenarbeit, längeres Sitzen,
Nervenwurzeln aus. Obwohl diese Gefahr gering
längeres Autofahren, schwere Einkäufe, zu lange Spazier-
einzuschätzen ist, muss doch das Rezidiv als ge-
gänge. In dieser Schonphase ist auf vernünftige Ernäh-
wisses Risiko nach einer Bandscheibenoperation
rung zu achten, eine Gewichtszunahme belastet Ihren
angesehen und einkalkuliert werden. Die Häufig-
Rücken.
keit liegt bei 5 bis 10 % aller operierten Patienten.
Außerdem ist es auch möglich, dass benachbarte
Restbeschwerden:
Bandscheiben erkranken und eine Operation erfor-
Hat eine Lähmung oder eine Gefühlsstörung vor der Ope-
derlich machen. Dann spricht man allerdings nicht
ration zu lange vorgelegen, so besteht die Möglichkeit,
von einem Rezidiv, es handelt sich vielmehr um
dass sie sich nicht mehr zurückbildet. Insgesamt muss
eine Neuerkrankung.
damit gerechnet werden, dass trotz verbesserter Operationstechnik etwa 10 % der Patienten nicht beschwerdefrei
Das alles sind allgemeine Empfehlungen, die im Ein-
werden. Es bleiben gelegentlich mehr oder weniger aus-
zelfall modifiziert werden können, da jeder Behand-
geprägte dumpfe Rückenschmerzen. Diese können in aller
lungsfall unterschiedlich ist und somit jeder Patient
Regel aber gut behandelt werden. Bei Fortbestehen von
individueller Betreuung bedarf. Wir bitten Sie, sich
einschießenden oder brennenden Schmerzen in den Bei-
8 Wochen nach Entlassung aus unserer Klinik noch-
nen sollte unbedingt eine ambulante Nachuntersuchung
mals in unserer Ambulanz vorzustellen. Sollten Sie
in unserer Sprechstunde (telefonische Voranmeldung
zusätzliche Fragen haben, wenden Sie sich jederzeit
erbeten) zur weiteren Klärung stattfinden, ob sich evtl.
an uns.
weitere Bandscheibenanteile abgestoßen haben.
Mit den besten Wünschen für Ihre bevorstehende
Rezidivoperationen:
Operation
Während des stationären Aufenthaltes oder auch später
kann ein erneuter Bandscheibenvorfall – ein Rezidiv –
Ihr Team
für neue starke Schmerzzustände verantwortlich sein.
der Klinik für Neurochirurgie Idar-Oberstein
Kontakt
Klinikum Idar-Oberstein GmbH
Akademisches Lehrkrankenhaus der
Johannes Gutenberg-Universität Mainz
Klinik für Neurochirurgie
Dr.-Ottmar-Kohler-Str. 2
D-55743 Idar-Oberstein
www.shg-kliniken.de
Chefarzt Priv.-Doz. Dr. med. Jochen Tüttenberg
Telefon: + 49 (0) 67 81/66-14 60
Telefax: + 49 (0) 67 81/66-14 67
E-Mail: [email protected]