Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie

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Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie
Mythen und Fakten der perioperativen Infusionstherapie
M. JA C O B , D. CH A P P E L L
Problemstellung
Die perioperative Infusionstherapie ist eine der zentralen Aufgaben des Anästhesisten. Ihre
immense Bedeutung wird durch zahlreiche Übersichtsarbeiten belegt [29, 30, 71, 100,
109, 111], trotzdem konzentriert sich die internationale Diskussion derzeit auf qualitative
Spezialgebiete wie die „Kristalloid-Kolloid-Debatte“ [8, 16, 52], die Frage nach dem
idealen Kolloid [28, 89] oder die Zusammensetzung einer „physiologischen“
Kristalloidpräparation, die Elektrolytspiegel und Säure-Basen-Haushalt gleichermaßen
berücksichtigt [23, 87, 103, 110]. Nur wenige valide Daten hingegen scheinen die quantitative Seite der Infusionstherapie zu beleuchten. Die Situation ist verwirrend. So lobt
beispielsweise eine aktuelle Arbeit die außerordentliche Effektivität der Kristalloide zur
Wiederherstellung des intravasalen Volumens im Schock, beschreibt jedoch im gleichen
Absatz das hohe Volumen, das dafür benötigt wird, sowie die damit einhergehende
Leukozytenaktivierung und Erhöhung der Gefäßleckage. Trotzdem sehen die Autoren
eine deutliche Überlegenheit von Kristalloiden gegenüber Kolloiden [37].
Die auf den ersten Blick triviale Frage „Wie viel Kristalloid und wie viel Kolloid gebe ich
meinem Patienten?“ wird bislang im anästhesiologischen Alltag überwiegend empirisch
gelöst. So gehört der Flüssigkeitsbolus zu Beginn anästhesiologischer Maßnahmen
vielerorts zur perioperativen Standardtherapie [18, 62, 67, 74]. Er soll ein postuliertes
intravasales Volumendefizit des Nüchternen ausgleichen. Durch die Erzeugung einer
„moderaten Hypervolämie“ wird der Kreislauf des Patienten, so glaubt man, in die Lage
versetzt, die während Regional und/oder Allgemeinanästhesie auftretende Vasodilatation
zu kompensieren. In dieser Situation Katecholamine zu verabreichen wird als
„Messwertkosmetik“ bei klinisch manifester Hypovolämie vermieden [18, 62, 67]. Man ist
sich sicher: Katecholamine sind hier nicht kausal und gefährden den nutritiven Blutfluss
wichtiger Organe („Increase in sympathomimetic hormones leads to renal cortical
vasoconstriction, […] it causes ischemia.“) [97]. Gängige Lehrbücher unterstützen dieses
Vorgehen (Tabelle 1) [56, 60, 64, 95].
500 ml Ringerlösung
[95]
bei 70 kg Körpergewicht 110 ml/h Nüchternheit
[64]
2 ml Ringerlaktat/kg/h
[61]
Tabelle 1: Beispiele für Empfehlungen aus Lehrbüchern und Übersichtsarbeiten zum präoperativen Ausgleich eines
vermuteten Nüchternheitsdefizits.
Während des Eingriffs selbst erhalten die Patienten große Mengen an kristalloiden
Infusionslösungen. Dieses Vorgehen wird ebenfalls durch zahlreiche Lehrbücher und
Übersichtsarbeiten forciert, die zum Teil genau gestaffelte „Infusionsanleitungen“ liefern,
um die erwartete zusätzliche Flüssigkeitsevaporation bei kleinen, mittleren und großen
Eingriffen zu beherrschen [56, 60, 97].
1
leichtes operatives Trauma: 6 ml/kg/h
[56]
mittleres operatives Trauma: 8 ml/kg/h
schweres operatives Trauma: 10 ml/kg/h
schweres operatives Trauma: 10-15 ml/kg/h
[12, 97]
basal: 7 ml/kg/h; Eröffnung der Abdominalhöhle: 10ml/kg/h
[60]
Tabelle 2: Beispiele für Empfehlungen aus Lehrbüchern und Übersichten zur intraoperativen Flüssigkeits-
substitution.
Die „klinische Erfahrung“ zeigt jedoch, dass oftmals selbst große intravasal applizierte
Flüssigkeitsmengen kaum in der Lage sind, eine klinisch manifeste Hypovolämie zu
beheben. In solchen Fällen wird eine Verschiebung in den so genannten „Dritten Raum“
angenommen und es werden, in der Hoffnung diesen Verlust ausgleichen zu können, in
aller Regel Kristalloide infundiert [63, 91]. Ebenso glaubt man, durch großzügige
Volumenapplikation, evtl. in Verbindung mit weiteren Nierenprotektiva, die Inzidenz des
perioperativen akuten Nierenversagens zu senken zu können [31, 69].
Zusammenfassend wird perioperatives anästhesiologisches Handeln derzeit durch folgende Annahmen beeinflusst:
1. Präoperative Nüchternheit verursacht intravasale Hypovolämie.
2. Ein während Normovolämie intravasal applizierter Flüssigkeitsbolus ist eine geeignete Maßnahme zur Expansion des Blutvolumens.
3. Bei Eröffnung großer Körperhöhlen steigt der insensible Flüssigkeitsverlust stark an.
4. Flüssigkeitsverluste in den so genannten „Dritten Raum“ sind proteinfrei.
5. Die erste Maßnahme bei Blutdruckabfall ist Volumengabe.
6. Eine reduzierte Urinausscheidung ist ein verlässlicher Indikator eines drohenden
akuten Nierenversagens.
In den letzten Jahren sorgten jedoch mehrere Studien für Verunsicherung. Sie beschrieben
im Zusammenhang mit übermäßiger Volumenzufuhr während großer Abdominalchirurgie eine Steigerung der perioperativen Komplikationsraten. Diskutiert wurden z.B.
eine gesteigerte Inzidenz des Lungenödems, eine reduzierte Darmmotilität,
Anastomoseninsuffizienzen, Wundheilungsstörungen und Gerinnungsprobleme [10, 14, 17,
19, 34, 36, 46, 70, 76, 105].
Befanden wir uns jahrzehntelang auf einem Irrweg?
Ziele dieses Refresher Courses
Dieser Refresher Course zur perioperativen Flüssigkeitstherapie möchte den klinisch
tätigen Anästhesisten bei einem wichtigen Teilaspekt seiner perioperativen Arbeit unterstützen, indem er Mythen entzaubert und Fakten liefert. Er konzentriert sich auf den
erwachsenen, internistisch gesunden Patienten (Status I-II nach der Risikoklassifikation der
American Society of Anesthesiologists). Er beschäftigt sich nicht mit der Blutkomponententherapie.
1.
2.
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4.
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Die Zielgröße der perioperativen Infusionstherapie wird definiert,
die Komponenten des perioperativen Flüssigkeitsverlustes werden dargestellt und
anhand wissenschaftlicher Daten quantitativ eingeordnet.
Aktuelle Informationen zur Physiologie der vaskulären Barriere sollen verdeutlichen,
warum die tatsächlichen Volumeneffekte unserer Infusionslösungen die Erwartungen
oft nicht erfüllen.
5. Es folgt ein abschließendes Beispiel für ein mögliches Infusionsregime beim erwachsenen, internistisch gesunden Routinepatienten.
Der Teilnehmer soll in die Lage versetzt werden, seine individuelle Praxis der perioperativen Flüssigkeits- und Volumentherapie anhand der aktuellen Datenlage kritisch zu
hinterfragen.
Perioperative Pathophysiologie der Flüssigkeitsräume
Der Körper des Erwachsenen besteht zu etwa 60% aus Wasser, 1/3 davon (entsprechend
etwa 15 l) befindet sich extrazellulär [30]. Diese Flüssigkeit verteilt sich in etwa zu 1/4 auf
den Intravasalraum und zu 3/4 auf das Interstitium. Chirurgischer Stress wird vom Körper
in der Regel mit einer Kombination aus entzündlicher und endokrinologischer Reaktion
beantwortet [22, 36, 104], die im Wesentlichen das Ziel hat, die Flüssigkeitsräume des
Körpers zu erhalten (z.B. durch die gesteigerte Sekretion von ADH [22, 104]). Eine
oftmals zu beobachtende Abnahme der Diurese scheint somit als physiologische Reaktion
während der unphysiologischen Rahmenbedingungen „Chirurgie“ oder „Trauma“ [97]
durchaus sinnvoll zu sein. Wird einem normovolämen Patienten ein Flüssigkeitsbolus
appliziert, kommt es zur Freisetzung von atrialem natriuretischem Peptid (ANP) [47, 57,
96, 108] und dadurch zu einer erhöhten Natrium- und Wasserexkretion über die Niere
[57, 66, 108]. Auch andere wichtige hormonelle Regelkreise sind von den direkten [4, 5,
41] und indirekten [66] Auswirkungen eines Flüssigkeitbolus betroffen.
Insgesamt scheint eine artifizielle Hypervolämie, beispielsweise als prä- oder intraoperativer Flüssigkeitsbolus, einer „Antagonisierung“ der physiologischen Reaktion des
Körpers auf chirurgischen Stress gleichzukommen.
Welche Bedeutung hat diese Erkenntnis?
Zielgrößen der Infusionstherapie
Wie bei jeder anderen medizinischen Therapie auch, ist es bei der perioperativen
Infusionstherapie hilfreich, sich zunächst klar zu machen, was eigentlich erreicht werden
soll. Es erscheint hierbei sinnvoll, zwischen „Flüssigkeitssubstitution“ und „Volumentherapie“ zu unterscheiden [109].
Flüssigkeitssubstitution
Die Flüssigkeitssubstitution erfasst den gesamten verfügbaren Extrazellulärraum [109].
Dieser besteht aus Intravasalraum (ca. 1/4) und Interstitium (ca. 3/4). Der gesamte
Extrazellulärraum ist, vereinfacht gesagt, für den Anästhesiologen perioperativ insofern
von Bedeutung, als der Intravasalraum ein Teil davon ist und mit dem Interstitium im
Gleichgewicht steht. In der Regel werden Kristalloide zur Flüssigkeitssubstitution eingesetzt. Sie werden von der Gefäßbarriere kaum zurückgehalten und verteilen sich daher
nach intravasaler Infusion schnell in beiden Kompartimenten. Einsatzgebiet dieser Präparate ist demnach der Ersatz permanent, auch unter Normalbedingungen, vom Körper
verlorener kolloidfreier Flüssigkeit, z.B. als Urin oder als Wasserdampf. Die perioperative
Substitution dieser Verluste imitiert die Resorption von Wasser und Elektrolyten aus dem
Gastrointestinaltrakt.
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Volumentherapie
Ziel der Volumentherapie ist die Aufrechterhaltung bzw. Wiederherstellung einer intravasalen Normovolämie, ohne gleichzeitiger Expansion des Interstitiums. Die Zielgröße der
perioperativen Volumentherapie ist demnach nur ein Teil des Extrazellulärraumes, nämlich
isoliert das Blutvolumen. Adäquate Volumenersatzstoffe sind Kolloide, sie verbleiben unter
„Normalbedingungen“ zum größten Teil intravasal und werden eingesetzt, wenn
Flüssigkeit und kolloidosmotische Kraft plötzlich aus dem Intravasalraum verloren
wurden, beispielsweise beim akuten Blutverlust. Die perioperative Substitution solcher
Verluste soll also eine pathophysiologisch relevante, unter „Normalbedingungen“ nicht
auftretende Imbalance korrigieren.
Perioperative Infusionstherapie als „Blindflug“
Primäres Ziel des Anästhesiologen ist es, eine intravasale Hypovolämie zu vermeiden
oder, wenn nötig, zu beheben. Leider können im klinischen Routinebetrieb die meisten
Flüssigkeits- und Volumenverluste nicht exakt bestimmt werden. Auch die Zielgrößen der
Therapie, das intravasale Blutvolumen und der Extrazellulärraum insgesamt, entziehen sich
derzeit noch der routinemäßigen Quantifizierung. Dieses Problem versucht der Kliniker
durch die Abschätzung der Verluste auszugleichen. Die daraus erstellte Bilanz ergibt das
geschätzte Flüssigkeits- und Volumendefizit, das er mit einer möglichst adäquaten
Substitutionstherapie beantworten muss.
Die korrekte Erstellung der perioperativen Flüssigkeitsbilanz
Perioperative Verluste bestehen aus Perspiratio insensibilis (Wasserdampfverluste über
Haut, Atemwege und Wundflächen), Urinproduktion, Exsudation aus chirurgischen
Wunden, Blutverlusten und sogenannten Verlusten in den „Dritten Raum“. Sie geschehen
sowohl präoperativ (Perspiratio insensibilis und Urinproduktion) als auch intraoperativ
(zusätzlich Exsudation aus chirurgischen Wunden, Blutverluste und Verluste in den
„Dritten Raum“).
Komponente
quantifizierbar?
nein
Perspiratio insensibilis
ja
Urinproduktion
nein
Exsudation aus chirurgischen Wunden
Blutverlust
mit Einschränkungen
nein
Verlust in den „Dritten Raum“
Art
Flüssigkeitsverlust
Flüssigkeitsverlsut
Volumenverlust
Volumenverlust
???
Tabelle 3: Perioperativer Flüssigkeits- und Volumenverlust.
Problematischerweise können weder Perspiratio insensibilis noch der nur inkonstant auftretende Flüssigkeitsshift in den sogenannten „Dritten Raum“ oder die aus Wunden
exsudierte Menge an proteinreicher Flüssigkeit [51] im klinischen Alltag quantifiziert
werden, an die Stelle exakter Messungen treten zwangsläufig Schätzwerte und
„Erfahrung“. Oft wird hierzu auf die eingangs vorgestellten Lehrbuchformeln zurückgegriffen [56, 64], denen nur selten verlässliche Quellen zugrunde liegen.
Wir wollen im Folgenden die verbreiteten Annahmen zu diesen insensiblen Verlusten mit
den korrespondierenden wissenschaftlichen Fakten vergleichen.
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Die Perspiratio insensibilis
Der Mensch verliert permanent Wasser über die intakte Haut und die Atemwege. Bei
Verletzungen wird die Hautbarriere zerstört, dadurch erhöht sich zwangsläufig die evaporierte Flüssigkeitsmenge. Auch aus Schweiß entsteht letztlich Wasserdampf, der für
den Körper verloren ist.
Mythen zur Perspiratio insensibilis
Die Lehrbücher handeln die Perspiratio insensibilis nach wie vor als eine der Hauptdeterminanten des perioperativen Flüssigkeitsverlustes [56, 91]. Über ihr Ausmaß besteht
jedoch Uneinigkeit [56, 73, 91], entsprechend ist auch ihre Substitution in der klinischen
Praxis kaum standardisiert. Scheinbar ist die Gabe von Flüssigkeitsboli zu Narkosebeginn
gerechtfertigt, um das angenommene Flüssigkeitsdefizit auszugleichen und die als
„symptomatisch“ interpretierte Hypotonie während Anästhesieinduktion zu verhindern.
Fakten zur Perspiratio insensibilis
Die Perspiratio insensibilis korreliert mit Schweißproduktion, Luft- und Körpertemperatur
sowie Hydratationsgrad [7, 35, 53]. Eine Erhöhung der relativen Luftfeuchte vermindert
die Perspiratio insensibilis, keinen Einfluss üben Geschlecht, Alter und Körpergewicht aus
[24, 26].
Insgesamt wird die Perspiratio insensibilis des Erwachsenen in der perioperativen
Situation derzeit maßlos überschätzt.
Für den wachen Probanden in den gemäßigten bis nördlichen Breitengraden konnte die
Evaporation mit ca. 0,5 ml/kg/h (Milliliter pro Kilogramm Körpergewicht pro Stunde)
ermittelt werden [7, 68, 90, 101]. Während einer Nüchternzeit von 8 h entsteht daher im
Extrazellulärraum ein kalkuliertes Defizit von ca. 700 ml (maximal 300 ml durch die
Perspiratio und etwa 400 ml durch die Urinproduktion [56]). Bereits rein rechnerisch ist das
daraus resultierende intravasale Defizit von deutlich weniger als 200 ml also vernachlässigbar. Direkte Messungen der Ausgangsblutvolumina verschiedener Kollektive
konnten sogar zeigen, dass internistisch gesunde Routinepatienten nach mehr als 8 h
Nüchternzeit mit einem zumindest normalen, meist sogar leicht erhöhtem
Ausgangsblutvolumen im Operations saal eintreffen [45, 83, 84].
Während Allgemeinanästhesie konnte ein Flüssigkeitsgesamtverlust von 20 ml/m2 KOF/h
(Milliliter pro Quadratmeter Körperoberfläche pro Stunde) [88] als Perspiratio
insensibilis ermittelt werden. Diese gegenüber dem wachen Probanden leicht verringerte
Evaporation wurde sogar unter Verwendung eines Nicht-Rückatmungssystems beobachtet
[88].
Aber auch die maximale Eventeration führt nicht zu einer relevanten Steigerung, der
zusätzliche Verlust beträgt lediglich ca. 0,5 ml/kg/h [54] und er nimmt im Verlauf großer
Chirurgie schnell ab [54].
Bei Säuglingen hingegen ist bereits die basale Perspiratio insensibilis, wahrscheinlich
durch die relativ größere Körperoberfläche, mit 2-3 ml/kg/h im Vergleich zum Erwachsenen deutlich gesteigert [32]. Auch die spezielle Gruppe der Patienten mit Brandverleztungen weist mit 1-2 ml/kg/h, also insgesamt rund 2000-4000 ml/d eine deutlich
erhöhte Perspiratio insensibilis auf [90], vermutlich aufgrund einer zerstörten Hautbarriere.
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Kollektiv
Perspiratio insensibilis
Quelle
Erwachsener wach
0,5 ml/kg/h
[7, 101]
Erwachsener in Narkose
< 0,5 ml/kg/h
[88]
über eventeriertem Darm
zusätzlich 0,5 ml/kg/h
[54]
Säugling
2-3 ml/kg/h
[32]
Brandverletzter
1-2 ml/kg/h
[55]
Tabelle 4: Perspiratio insensibilis.
Dies bedeutet:
- Erwachsene Routinepatienten haben zu OP-Beginn kein intravasales Defizit.
- Die Perspiratio insensibilis ist während Allgemeinanästhesie gegenüber dem
Wachzustand vermindert.
- Große Baucheingriffe sind nicht in der Lage, die Perspiratio insensibilis relevant
zu steigern.
Warum kommt es aber im klinischen Alltag trotzdem oftmals zu Situationen, in denen
sich der Patient intraoperativ hypovoläm präsentiert – und wie ist mit dieser Situation
umzugehen?
Die Flüssigkeitsverluste in den sogenannten „Dritten Raum“
Die Bezeichnung „Dritter Raum“ ist eine historischer Ausdruck für ein Kompartiment, dem
Flüssigkeitsverluste aus dem Kreislauf zugeschrieben wurden, die man sich nicht
erklären konnte.
Mythen zum „Dritten Raum“
Über den „Dritten Raum“ wird viel spekuliert. Er sei ein Flüssigkeitskompartiment, das
weder zum funktionellen Extrazellulärraum noch zum Intrazellulärraum gehört und man
ist sich nach wie vor nicht wirklich sicher, ob dieser Raum überhaupt existiert [73]. Falls
doch, so befindet er sich „transzellulär“ und entzieht sich jeglichen Regulationsmechanismen des Wasser- und Elektrolythaushaltes. Als Beispiele für derartige Flüssigkeitsansammlungen werden Ödeme, Sekrete des Magen-Darm-Traktes, Urin, der Liquorraum
und das Augenkammerwasser angeführt [78]. Aber auch durch Gewebetraumatisierung
kommt es nach einem neueren Lehrbuch zu Flüssigkeitsverschiebung in den „Third
Space“, ein interstitielles Ödem ist die Folge [91]. Dieses Ödem, so ist man sich sicher,
besteht nur aus Wasser und Elektrolyten. Als adäquate Therapie des damit einhergehen-den
intravasalen Volumenmangels wird daher isotone Kochsalzlösung angegeben [91].
Auch in einen anatomischen und einen nicht-anatomischen Anteil wurde der „Dritte
Raumes“ eingeteilt [13, 14]. Ersterer bezeichnet nach dieser Interpretation pathologische
Flüssigkeitsansammlungen in Interstitium, Pleuraraum oder Peritoneum im Kontext von
Trauma und großer Chirurgie und scheint sehr stark abhängig vom Infusionsregime [14].
Letzterer besteht in einer nur fraglich nachweisbaren Abnahme des funktionellen, also an
Austauschvorgängen teilnehmenden Anteils des Extrazellulärraumes [99] und soll im
Folgenden nicht näher betrachtet werden.
Insgesamt ist der „Dritte Raum“ in der Literatur nur vage definiert und damit schwer
fassbar. Offensichtlich verschwindet der Großteil der Flüssigkeit, die „perioperativ in den
Dritten Raum verloren wird“, ganz einfach im Interstitium. Wir werden den
6
Terminus „Dritter Raum“ daher an dieser Stelle verlassen und uns im Folgenden ausschließlich auf die Fakten konzentrieren.
Quantitative Fakten zum interstitiellen Raum
Durch direkte Blutvolumenmessungen konnte belegt werden, dass es während großer
Baucheingriffe oft zu einem zunächst unerklärlichen Verlust von fast 4 l Flüssigkeit aus
dem Kreislauf kommt (Abbildung 1) [84]. Wie wir zuvor gesehen haben, kommt die an
dieser Stelle oft strapazierte, aber quantitativ zu vernachlässigende Perspiratio insensibilis
als „Übeltäter“ nicht in Frage. Auch ein während großer Operationen regelhaft notierter
Gewichtszuwachs zwischen 3 und 6 kg [21, 58, 72] deutet an, dass diese „verschwundene“ Flüssigkeit noch im Körper sein muss. Offensichtlich hat hier ein Standardinfusionsregime zu einem interstitiellen Ödem von 4 l geführt [84]. Die Literatur enthält
darüber hinaus viele Hinweise, dass im Rahmen eines perioperativen Shiftes nach
extravasal nicht nur Flüssigkeit, sondern auch Protein in relevantem Umfang die vaskuläre
Barriere überquert [6, 80, 82, 107]. Aber auch unter „Normalbedingungen“ scheinen sich
die Proteinkonzentrationen in Kreislauf und Interstitium nicht nennenswert zu
unterscheiden [1, 11, 45, 83, 85, 86].
Abbildung 1: Volumenstatus während großen chirurgischen Eingriffen unter einem „Standardinfusionsregime“
(n = 13, Blutvolumina per Double-Tracer-Technik direkt gemessen, Einfuhr = infundierte Kristalloide und
Kolloide, Ausfuhr = Urinproduktion und Blutverlust). Es konnte ein perioperativer Verlust von annähernd 4 Litern
Flüssigkeit aus dem Kreislauf notiert werden [82].
Wie aber ist dies möglich, wo doch die vaskuläre Barriere, erklärt nach dem allgemein
anerkannten Prinzip von Starling, nur dann funktionieren kann, wenn ein ausgeprägter
kolloidosmotischer Konzentrationsgradient Flüssigkeit im Gefäßsystem zurückhält
(Abbildung 2) [50, 94]? Warum und wann kommt es zu diesem Shift in den interstitiellen
Raum und damit zum Zusammenbruch dieser Barriere?
Perioperative Pathophysiologie der vaskulären Barriere
Schon seit langer Zeit ist bekannt, dass die endotheliale Oberfläche mit einer Glykokalyx
ausgekleidet ist [59]. Ihre tatsächliche Ausdehnung in vivo jedoch blieb der Eletronenmikroskopie lange Zeit verborgen, jede herkömmliche Fixierungstechnik zerstört sie
7
Abbildung 2: Die Formel nach Starling erklärt die Gefäßbarriere über einen kolloidosmotischen Gradienten
zwischen dem intravasalen und dem interstitiellen Raum:
F = L ( (P – P ) – ó(π – π ))
p
G
I
G
I
F = Filtrationsrate; L = hydraulische Leitfähigkeit der Gefäßwand; P – P = hydrostatische Druckdifferenz
zwischen dem Gefäßlumen [G] und dem Interstitium [I]; π – π = onkotische Druckdifferenz zwischen dem
Gefäßlumen und dem Interstitium; ó = Reflexionskoeffizient der Barriere für Kolloide.
p
G
G
I
I
augenblicklich [59]. Entsprechend war auch ihre (patho-) physiologische Bedeutung lange
Zeit unbekannt. Eine moderne Fixierungstechnik auf Lanthanbasis [11, 43, 44, 86, 102] war
schließlich in der Lage, eine Glykokalyx mit relevanter Dicke abzubilden (Abbildung 3).
Mittlerweile wurden dieser unscheinbaren Struktur mehrere entscheiden-de Funktionen
zugeordnet: aus der Abnahme des Glykokalyxdurchmessers resultiert eine erhebliche
Zunahme der Leukozytenadhäsion, der Thrombozytenaggregation sowie eine erhöhte
Permeabilität des Endothels für Makromoleküle [40, 86]. Eine der wichtigsten Funktionen
für den Anästhesisten ist ihre Rolle als vaskuläre Barriere durch die Bindung von
Plasmaproteinen baut sich ein Endothelial Surface Layer auf, die kreislaufphysiologische
Wirkform der endothelialen Glykokalyx, [43, 44, 86]. Die Gesamtmenge dieses
nichtzirkulierenden Plasmaanteils beträgt beim Erwachsenen zwischen 500 und 1000 ml
[45, 77]. Der entscheidende Gradient, der Flüssigkeit in den Gefäßen zurückhält und den
Starling zwischen Intravasalraum und Interstitium vermutete, bildet sich offensichtlich
zwischen der mit Kolloid beladenen Glykokalyx und dem schmalen, noch intravasal
gelegenen Spalt direkt unterhalb der Glykokalyx aus (Abbildung 4) [2, 43]. Der kolloidosmotische Druck des Interstitiums ist also, entgegen der gängigen Ansicht, nebensächlich und er scheint sich nach experimentellen Befunden auch tatsächlich nicht nennenswert von dem des Plasmas zu unterscheiden [38, 39, 44, 86]. Ein Verlust der endothelialen Glykokalyx muss nach diesem Modell zum Zusammenbruch der vaskulären
Barrierefunktion führen (Abbildung 5). Erst unter diesen pathophysiologischen
Bedingungen kommt das klassische Starling-Prinzip zum Tragen, allerdings unter den
katastrophalen Bedingungen eines nicht existenten kolloidosmotischen Konzentrationsgradienten: Es kommt zum massiven Ausstrom von Flüssigkeit und Kolloid. Vieles
8
Abbildung 3:
Die endotheliale Glykokalyx in der
elektronenmikroskopischen Aufnahme,
fixiert mit einer speziellen Technik auf
Lanthanbasis [43, 44, 86, 102].
Abbildung 4: Die „revidierte“ Formel nach Starling erklärt, warum nahezu gleiche kolloidosmotische Drucke in
Gefäßlumen und Interstitium kein Widerspruch zu einer funktionierenden vaskulären Schranke sein müssen: Der
Gradient bildet sich lediglich über der endothelialen Glykokalyx aus.
F = L p ((P G – P I ) – (π E S L
–
π S ))
F = Filtrationsrate pro Fläche; L = hydraulische Leitfähigkeit der Gefäßwand; P – P = hydrostatische
= onkotischer Druck innerhalb
Druckdifferenz zwischen dem Gefäßlumen [G] und dem Interstitium [I]; π
des Endothelial Surface Layer (ESL); π = onkotischer Druck unterhalb („sub“) des Endothelial Surface Layer.
p
G
I
E S L
S
spricht d a f ü r , d a s s es sich beim p e r i o p e r a t i v g e l e g e n t l i c h zu b e o b a c h t e n d e n F l ü s s i g k e i t s und
K o l l o i d s h i f t in den interstitiellen Raum um genau d i e s e s p a t h o p h y s i o l o g i s c h e Problem handeln
k ö n n t e : Eine Z e r s t ö r u n g der e n d o t h e l i a l e n G l y k o k a l y x .
9
Abbildung 5: Bei zerstörter endothelialer Glykokalyx kommt es aufgrund nahezu gleicher Kolloidkonzen-
tratiojn zwischen intravasal und interstitiell zu massivem Ausstrom von Flüssigkeit und Kolloid, eine Situation,
die z.B. iatrogen, durch intravasale Flüssigkeitsbelastung eines primär normovolämen Kreislaufsystems,
erzeugt werden kann.
Warum aber kommt es perioperativ dazu? Und hat der Anästhesist darauf Einfluss?
Verschiedene pathophysiologische Noxen, die z.B. unter den Bedingungen der Intensivmedizin auftreten können, sind in der Lage, den Endothelial Surface Layer zu degradieren,
[11, 33, 44, 86]. Besonders interessant für die perioperative Situation jedoch ist die noch
relativ neue experimentelle Erkenntnis, dass auch ANP, das unter Hypervolämie aus den
Vorhöfen freigesetzt wird [47, 57, 96] als pathogenetischer Faktor in der Lage ist, die
endotheliale Glykokalyx zu zerstören [11]. Der zugrundeliegende Mechanismus wird
derzeit untersucht.
Kann man diese Vermutung, eine intravasale Hypervolämie würde die vaskuläre Barriere
zerstören, auch am Patienten nachvollziehen? Gibt es also ein klinisch-praktisches
Korrelat zu diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen? Werfen wir hierzu einen Blick auf
die zentrale pharmakodynamische Eigenschaft unserer Infusionslösungen: ihren
Volumeneffekt.
Volumeneffekte von Infusionslösungen
Zu diesen Volumeneffekten kursieren unzählige Daten. Einzig verlässlich jedoch scheinen
die zu sein, die aus der direkten Messung des Blutvolumens vor und nach der Applikation
resultieren.
Mythen zu den Volumeneffekten
Für die „isoonkotischen Lösungen“ [9, 65] wird ein initialer Volumeneffekt von ca.
100% angenommen. Daher glaubt man, mit diesen Präparaten, appliziert im Volumen-
10
verhältnis 1:1, im Rahmen akuter Blutverluste das intravasale Blutvolumen konstant halten
zu können [56, 60, 95]. Durch einen Volumenbolus wird das Blutvolumen entsprechend
vergrößert. Diese präoperativ durchgeführte, sogenannte, „hypervoläme Hämodilution“,
reduziert minimalinvasiv den Einsatz von Fremdblut [106]. Höherprozentige
Kolloidpräparationen rekrutieren interstitielle Flüssigkeit, ihr Volumeneffekt liegt daher
deutlich über 100% [56, 60, 95]. Kristalloide hingegen verteilen sich auf den gesamten
Extrazellulärraum. Sie können ebenso wie Kolloide als Volumenersatzstoffe herangezogen
werden, müssen dann allerdings vierfach dosiert werden [37, 63].
Fakten zu den Volumeneffekten
Durch direkte Blutvolumenmessung konnte mehreren klinisch gebräuchlichen Kolloiden
(6% HES 200/0,5, 6% HES 130/0,4 und 5 % Humanalbumin) als Substitutionstherapie
bei akutem Blutverlust tatsächlich ein Volumeneffekt von 90-100% beim Menschen
zugeordnet werden [45, 83]. Dieselben Präparate jedoch weisen als zusätzliche Flüssigkeitsbelastung eines zuvor normovolämen Kreislaufs einen Volumeneffekt von lediglich
ca. 40% auf [83-85]. Innerhalb von Minuten setzt in dieser Situation ein messbarer
Flüssigkeits- und Proteinshift nach extravasal ein, parallel nimmt das Gesamtvolumen
des Endothelial surface layers signifikant ab [45, 83]. Offensichtlich alteriert ein
Flüssigkeitsbolus tatsächlich die vaskuläre Barriere und könnte iatrogene Ursache einer
ganzen Reihe perioperativ auftretender Probleme sein [11, 74]. Zum Volumeneffekt der
Kristalloide existieren unseres Wissens keine validen Daten aus der direkten
Blutvolumenmessung.
Dies bedeutet:
- Hauptdeterminante einer physiologisch wirksamen vaskulären Barriere ist die
endotheliale Glykokalyx.
- Ihre Zerstörung könnte nach aktueller Datenlage das pathophysiologische
Korrelat des Shifts in den interstitiellen Raum sein.
- Hypervolämie kann diese Zerstörung verursachen.
- Kommt es zum Shift in den interstitiellen Raum, so wird neben Flüssigkeit auch
Protein verschoben.
- Den „Volumeneffekt“ gibt es nicht. Er ist abhängig vom vorbestehenden
Volumenstatus des jeweiligen Patienten und damit kontextsensitiv.
Daraus folgt für die klinische Praxis:
− Hypervolämie sollte perioperativ vermieden werden.
− Ein intravenöser Flüssigkeitsbolus vor Narkoseinduktion scheint bei Erwachsenen
nicht indiziert zu sein.
− Narkose ist kein Grund für eine Erhöhung der Infusionsrate.
− Die Eröffnung großer Körperhöhlen allein ist noch kein Grund für eine relevante
Erhöhung der Infusionsrate.
− Die Substitution von „ unerklärlich“ verlorener Flüssigkeit durch die Infusion von
Kolloiden erscheint sinnvoll.
Ist dies derzeit klinisch umsetzbar? Sind Flüssigkeitsboli nicht erfahrungsgemäß ideal,
um hypotensive Episonden „minimalinvasiv“ zu kupieren und die Nierenfunktion aufrechtzuerhalten? Oder täuscht uns hier unsere „Erfahrung“?
Flüssigkeitsboli in der klinischen Anwendung
Rückenmarksnahe Regionalverfahren sind geeignet, den peripheren Gefäßwiderstand zu
reduzieren und somit den Blutdruck zu senken. Man kann sie daher gewissermaßen als
11
Modellsituation der sog. „relativen Hypovolämie“ betrachten [25]. Oftmals „antizipiert“
oder „therapiert“ der Anästhesist dieses Phänomen mit einem intravenösen Flüssigkeitsbolus. Dieses Vorgehen hielt kontrollierten Studien jedoch nicht stand: Weder die
Inzidenz noch die Ausprägung eines Blutdruckabfalls bei zuvor normovolämen Patienten
werden durch diese Maßnahme signifikant beeinflusst [42, 48, 49, 92].
Auch schwangere Patientinnen profitieren nach aktueller Datenlage nicht von einer
Flüssigkeitsbeladung im Kontext der geburtshilflichen neuraxialen Blockade. Es wurde
gezeigt, dass hohe Flüssigkeitsgaben weder die Inzidenz von Hypotonien nach Anlage von
rückenmarksnahen Regionalanästhesien senken konnten, noch einen Vorteil im neonatalen
Outcome zeigten [42, 49, 92]. Alternativ applizierte Vasopressoren hatten keinen negativen
Einfluss auf die Uterusperfusion, konnten jedoch die Inzidenz von Hypotonien signifikant
senken [15].
Flüssigkeitsbelastung und Outcome
Mehrere Arbeitsgruppen konnten in der jüngeren Vergangenheit Daten vorlegen, die an
verschiedenen Kollektiven ein restriktives Infusionsregime im Vorteil gegenüber der
liberalen Flüssigkeitszufuhr sehen. Besonders eindrucksvoll waren die Unterschiede bei
großen abdominalchirurgischen Eingriffen. So konnte die Inzidenz von Lungenödemen,
Anastomoseninsuffizienzen, Wundheilungsstörungen und Gerinnungsproblemen durch
Flüssigkeitsrestriktion gesenkt werden, auch war die Darmmotilität postoperativ signifikant
gesteigert [10, 14, 17, 19, 34, 36, 46, 70, 76, 105]. Viele dieser Komplikationen entgehen
dem perioperativ tätigen Anästhesisten, da sie sich erst nach der Betreuungszeit in
Operationssaal und Aufwachraum einstellen.
Die bedeutet:
- Flüssigkeitsboli sind offensichtlich nicht effektiv in der Prävention oder Therapie
hypotensiver Episoden, wenn diese während Normovolämie aufgrund einer
Vasodilatation entstehen (sog. „relative Hypovolämie“).
- Liberale Flüssigkeitstherapie ist nicht harmlos, sondern offensichtlich ein relevanter perioperativer Risikofaktor.
Ein häufig ins Feld geführtes Argument für die eher liberale Versorgung der Patienten
mit Flüssigkeit ist die Sorge um die perioperative Nierenfunktion. Aber ist diese Sorge
beim gesunden Erwachsenen wirklich gerechtfertigt?
Perioperative Nierenfunktion
Die perioperative Nierenfunktion und deren versuchte Protektion ist geradezu ein
Musterbeispiel medizinischer Empirie.
Mythen zur perioperativen Nierenfunktion
Die „Logik empfiehlt“ [97] eine perioperative Urinproduktion von mehr als 0,5 ml/kg/h
aufrecht zu erhalten und Vasokonstriktoren zu vermeiden. Auch soll die renale Vasodilatation mittels Dopamin erhöht [31, 69, 97], der renale tubuläre Fluss mittels Schleifendiuretika angehoben [31, 69, 97] und auf ausreichende Volumenzufuhr geachtet werden
[31, 69, 97]. Daten werden für keine dieser Behauptungen geliefert, trotzdem folgten
ihnen Generationen von Anästhesisten.
Fakten zur perioperativen Nierenfunktion
Allgemeinanästhesie reduziert die glomeruläre Filtrationsrate und die Natriumausschei-
12
dung [20]. Wie wir bereits eingangs erwähnt haben, dient diese Reaktion des Körpers der
Bewahrung der Flüssigkeitsräume in einer für ihn bedrohlichen Situation. Allerdings
senken Allgemeinanästhesie und rückenmarksnahe Regionalverfahren auch den arteriellen
Mitteldruck und beeinflussen dadurch die renale Hämodynamik [97]. Eine gewisse
Skepsis ist daher durchaus angebracht. Die Befürchtung allerdings, moderate anästhesieassoziierte hypotensive Episoden könnten mit der Inzidenz des postoperativen akuten
Nierenversagens im kausalen Zusammenhang stehen, bestätigte sich nicht [98]. Auch ist
eine perioperativ reduzierte Urinproduktion weder Trigger noch verlässlicher Vorbote
eines akuten Nierenversagens [3, 75, 81, 97]. Präoperative Flüssigkeitsgaben senkten die
Inzidenz des akuten Nierenversagens nicht [79].
Derzeit gibt es keinen wissenschaftlich fundierten Grund für den Versuch, bei einer
gesunden Niere den Durchsatz durch Flüssigkeitsgabe zu erhöhen. Die Indikation für
Diuretika in der perioperativen Situation ist beim gesunden Erwachsenen einzig die
Hypervolämie. Eine anästhesie- und chirurgieassoziierte moderate Reduktion der Urinausscheidung ist beim Nierengesunden als normale Reaktion des Körpers zu akzeptieren.
Dies gilt jedoch nur für den Routinepatienten im normovolämen Steady-State, also nicht für
Situationen mit großem Volumenumsatz oder nicht beherrschter Hypovolämie
(Polytrauma, Sepsis, Operationen mit hohen Blutverlusten etc.). Hier steht aus vielen
Gründen uneingeschränkt die schnelle, im Zweifel auch überkorrigierende Restitution der
Flüssigkeitsräume im Vordergrund.
Dies bedeutet:
- Weder bedarfsadaptierte Flüssigkeitstherapie noch moderate Hypotonie gefährdet
nach derzeitiger Datenlage die gesunde Niere im perioperativen Steady-State.
- Die Urinausscheidung kann derzeit unter stabilen Kreislaufverhältnissen weder als
prognostischer Faktor noch als Trigger des perioperativen akuten Nierenversagens gewertet werden.
Daraus folgt für die klinische Praxis:
− Weder prä- noch intraoperativ scheinen „prophylaktische“ Flüssigkeits- oder
Volumenboli beim klinisch normovolämen Erwachsenen gerechtfertigt zu sein.
− Es gibt beim gesunden Erwachsenen derzeit keinen Grund für eine primär liberale
Flüssigkeits- und Volumenzufuhr. Sie muss nach Möglichkeit bedarfsadaptiert erfolgen.
Moderne Flüssigkeitstherapie für den erwachsenen, internistisch
gesunden Routinepatienten
Wie wir gesehen haben, wirkt sich das perioperative Infusionsregime signifikant auf das
Patientenoutcome aus. Bedarfsgerechte Substitution verlorener Flüssigkeiten und Proteine scheint einer eher liberalen Infusionstherapie, zumindest während großer Abdominalchirurgie, überlegen, die korrekte Bilanzierung bedarf allerdings der genauen Kenntnis
der Datenlage: Auch eine mehrstündige Nüchternzeit erzeugt in aller Regel keine
intravasale Hypovolämie. Die intraoperative Perspiratio insensibilis ist quantitativ zu
vernachlässigen. Der sogenannte perioperative „Shift in den Dritten Raum“ ist eigentlich
ein Shift in das Interstitium und tritt inkonstant auf, möglicherweise getriggert durch eine
unreflektierte, d.h. über den Bedarf hinausgehende Flüssigkeitstherapie. Verloren wird
i.d.R. Flüssigkeit und Protein. Anästhesieassoziierte Hypotonie ist in der Regel das
klinische Korrelat einer Vasodilatation. Hypervoläm applizierte Flüssigkeitsboli haben
nur einen geringen Volumeneffekt, gefährden die vaskuläre Barriere und belasten zu
einem großen Teil das Interstitium. Die Niere kommt als „Opfer“ einer bedarfsadaptier-
13
ten Flüssigkeitstherapie derzeit nicht in Frage. Die Nierenfunktion ist perioperativ eingeschränkt, und diesem Phänomen muss das Infusionsregime unter stabilen Kreislaufverhältnissen zum Schutz des Gesamtorganismus Rechnung tragen. Die Inzidenz des
perioperativen akuten Nierenversagens korreliert nicht mit der Ausprägung dieser in der
Regel nur vorübergehenden Funktionseinschränkung, solange die Kreislaufverhältnisse
stabil sind.
Konkreter Vorschlag für die anästhesiologische Betreuung des
erwachsenen, internistisch gesunden (ASA Status I - II) Patienten
während großer Abdominalchirurgie
Hypervolämie durch die Infusion von Kristalloiden als auch durch unreflektierte
Kolloidgabe sollte als möglicher Trigger des Flüssigkeits- und Proteinshiftes nach interstitiell vermieden werden. Dies ist die Grundintention einer modernen, bedarfsgerechten
Flüssigkeits- und Volumentherapie.
Folgender Therapievorschlag soll das Gesagte illustrieren, entbindet den perioperativ
tätigen Arzt jedoch nicht von der Pflicht, die in dieser Arbeit vorgestellten Daten für sich
selbst kritisch abzuwägen, bevor er die nun folgende Interpretation der Datenlage auf die
Therapie seiner Patienten überträgt.
1. Erhaltungstherapie
Der erwachsene, internistisch gesunde Routinepatient sollte keinen Flüssigkeitsbolus vor
oder während Narkoseinduktion erhalten. Die perioperative kristalloide Infusionsrate zur
Deckung der laufenden Verluste über Perspiratio insensibilis und Urinausscheidung sollte
0,5 (bei geschlossener Bauchdecke) bis maximal 1 ml/kg/h (bei maximal eventeriertem
Darm) plus die gemessene Urinmenge betragen. Diuretika werden zunächst eingesetzt,
um eine positive Flüssigkeitsbilanz zu korrigieren, nicht zur prophylaktischen
Nephroprotektion.
2. Therapie der Hypotonie
2.1 aufgrund einer Vasodilatation
Eine Hypotonie im Rahmen der Narkoseinduktion sollte durch niedrige Dosen eines
Vasopressors behandelt werden. Erst wenn dies nicht ausreicht, lautet die klinische
„Hypovolämie“.
2.2 aufgrund einer Hypovolämie
Die Therapie einer ausnahmsweise diagnostizierten präoperativen Hypovolämie sollte
durch titrierende Kolloidgaben erfolgen. Gemessene Blutverluste sollten zeitnah im Verhältnis 1:1 mit einem Kolloid ersetzt werden, für das ein Volumeneffekt von rund 100 %
beschrieben ist. Auch hierbei gilt es, Hypervolämie nach Möglichkeit zu vermeiden.
Eine intraoperativ auftretende symptomatische Hypovolämie trotz intakter Bilanz legt die
Diagnose „Verschiebung in den interstitiellen Raum“ nahe. Die Therapie dieser
Komplikation muss den oben vorgestellten Erfordernissen der Hypotonie aufgrund einer
Hypovolämie entsprechen und ebenfalls durch titrierende Kolloidgaben erfolgen. Die
Erhaltungstherapie bleibt davon unberührt und ist weiterhin anhand der o.g. Kriterien
bedarfsgerecht festgelegt.
14
Fazit für die Praxis
Moderne Flüssigkeitstherapien, für die ein verbessertes Patientenoutcome gezeigt
werden konnte, sind nicht restriktiv, sondern bedarfsadaptiert. Die insensiblen
Flüssigkeitsverluste wurden in der Vergangenheit stark überschätzt, ebenso wie die
Möglichkeiten des Organismus, auf inadäquate Flüssigkeitsbeladungen angemessen
zu reagieren. Die Niere limitiert den Einsatz einer rationalen Infusionspraxis nicht,
vielmehr entzieht die aktuelle Datenlage der gefühlten Sicherheit bei liberaler
Volumenzufuhr zunehmend die Grundlage. Die Ursache könnte eine im Kontext der
Hypervolämie auftretende nachhaltige Störung der vaskulären Barriere sein.
Zusammenfassung
Perioperative Infusionstherapie orientiert sich derzeit vielerorts an Lehrbüchern, deren
Angaben oft nicht auf wissenschaftlichen Daten basieren und ein liberales Flüssigkeitsregime im Vorteil sehen. In den letzten Jahren jedoch mehrten sich die Hinweise, dass die
Niere mit der Aufgabe, überschüssiges Volumen zeitnah auszuscheiden, überfordert sein
dürfte und dass Hypervolämie womöglich ähnlich fatal wirken kann wie Hypovolämie.
Flüssigkeitssubstitution sollte daher bedarfsgerecht erfolgen, Ziel ist die Aufrechterhaltung intravasaler Normovolämie. Das Blutvolumen als Zielgröße kann jedoch
derzeit im Routinebetrieb nicht gemessen werden, die Erstellung einer korrekten perioperativen Flüssigkeitsbilanz ist also zwingend zur adäquaten Abschätzung und
Substitution der Verluste. Hierzu sind folgende Fakten von Bedeutung: Patienten sind
präoperativ nicht hypovoläm, ein Flüssigkeitsbolus scheint daher in der Regel nicht indiziert. Darüber hinaus werden die insensiblen Flüssigkeitsverluste stark überschätzt.
Bedarfsgerechte Therapie bedeutet für den internistisch gesunden Erwachsenen im normovolämen Steady-State maximal 1 ml/kg/h während abdomineller Eingriffe zum Ersatz
der Perspiratio insensibiblis, dazu noch eine Substitution der produzierten Urinmenge.
Blutverluste sind durch Kolloide zu ersetzen, ebenso wie die sogenannten „Verluste in
den Dritten Raum“. Letztere sind eigentlich Verluste in das Interstitium und erscheinen bei
streng bedarfsgerechter Flüssigkeits- und Volumentherapie durch Erhaltung der
vaskulären Barriere vermeidbar.
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