OLG Brandenburg - Brandenburgisches Oberlandesgericht

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OLG Brandenburg - Brandenburgisches Oberlandesgericht
5 U 36/07 Brandenburgisches Oberlandesgericht
1 O 112/06 Landgericht Potsdam
Anlage zum Protokoll vom 20.03.2008
Verkündet am 20.03.2008
…
als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Im Namen des Volkes
U r t e il
In dem Rechtsstreit
1. K… H…,
2. M… H…,
- Kläger und Berufungskläger Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
gegen
1. R… He.,
2. C… P…,
- Beklagte und Berufungsbeklagte Prozessbevollmächtigter:
ZP 650
Urteil OLG allgemein - MEGA
Rechtsanwalt …
-2-
weiterer Beteiligter:
P… He…,
- Streithelfer der Kläger Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte …
hat der 5. Zivilsenat des Brandenburgischen Oberlandesgerichts
durch
den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Gemeinhardt,
die Richterin am Oberlandesgericht Kiepe und
den Richter am Oberlandesgericht Dr. Huth
auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2008
für
Recht
erkannt:
Die Berufung der Kläger zu 1) und 2) gegen das Urteil des Landgerichts Potsdam vom
14. Februar 2007 - Az. 1 O 112/06 - wird hinsichtlich des Klageantrages zu 2. als unzulässig verworfen und im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger zu 1) und 2) zu je 1/2; dies gilt
nicht für die Kosten des Streithelfers, die dieser selbst zu tragen hat.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gegenstandswert für das Berufungsverfahren: bis zu 4.000,00 €.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten in zweiter Instanz noch um die Frage, ob die Beklagten verpflichtet sind,
eine Zufahrt mit Pkw in einer Breite von 3,00 m zum Wochenendgrundstück der Kläger über
-3ihr Grundstück, das Flurstück 128/1, zu dulden sowie darüber, ob sie auf Grund der eingetragenen Dienstbarkeit verpflichtet sind, das Verlegen von Versorgungsleitungen zur H…straße
über ihr Grundstück zu dulden. Die Kläger dieses Verfahrens sind die Erwerber des Flurstücks
481, das sie mit notariellem Kaufvertrag vom 8. November 1994 von dem Streithelfer erworben haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Feststellungen in
der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung des nunmehrigen Streithelfers der Kläger,
der dem Rechtsstreit der Kläger mittlerweile auf Seiten der Kläger beigetreten ist, teilweise
stattgegeben, soweit der Zugang zu dem Grundstück der Beklagten entlang des linken Randes
des Grundstückes der Kläger begehrt wurde und soweit die Verlegung von Versorgungsleitungen über das Grundstück der Beklagtenbegehrt wurde, und die Klage abgewiesen, soweit
auch die Zufahrt (mit Pkw) über einen 3,00 m breiten Weg begehrt wurde. Zur Begründung
hat das Landgericht ausgeführt, zur Auslegung für den ursprünglichen Umfang der Dienstbarkeit sei vorrangig auf den Wortlaut der Eintragung abzustellen. Ergänzend seien Umstände zu
berücksichtigen, die nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann erkennbar seien. Der Wortlaut der Eintragsbewilligung vom 7. Januar 1981, wonach der Zugang
zu dem Flurstück 128/2 über das Flurstück 128/1 der Beklagten erfolgen solle, spreche für
eine gesamte Belastung des Flurstücks 128/1 entlang des bis zur H…straße führenden Streifens. Eine Belastung dahingehend, dass der schmale Streife zur S…straße habe belastet werden sollen, läge fern, weil allein über eine solche Belastung ein Zugang zur S…straße nicht
möglich wäre, denn der dort verlaufende Weg führe noch über Drittgrundstücke. Mit der Einräumung des Zugangsrechts habe nach dem erkennbaren Willen der Mutter des Beklagten zu
1) und des Streithelfers der Nachteil, dass der Erwerber des hinteren Teilstückes von der
H…straße sonst abgeschnitten gewesen wäre, durch Einräumung der Dienstbarkeit ausgeglichen werden sollen. Dieses Ergebnis sei auch durch die Vernehmung des Zeugen He… bestätigt worden. Nach seiner Erinnerung sei es 1981 so festgelegt worden, dass der Zugang über
das vordere Grundstück zu dem hinteren zu gewährleisten sei, das heißt von der H…straße
aus zu dem hinteren Grundstück 128/2. Die Duldung der Zufahrt entlang des linken Randes
des Grundstückes der Beklagten könne dagegen nicht verlangt werden. Zwar könne ein Wegerecht auch ein Fahrrecht beinhalten. Auf Grund der Aussage des Zeugen He… stehe fest, dass
-4man in den 60iger und 70iger Jahren zu den Wochenendhäusern auf den hinteren Grundstücken noch mit dem Auto gelangt sei. Später seien dort aber Bäume gepflanzt worden. Aus der
Aussage ergebe sich weiter, dass man sich 1981 über die Möglichkeit, mit dem Auto auf das
hintere Grundstück zu gelangen, keine Gedanken gemacht habe. Die Behauptung der Kläger,
schon im Zeitpunkt der Eintragung des Wegerechts sei die vorhandene Zufahrt für Fahrzeuge
genutzt worden, sei damit nicht bewiesen. Auch die Handhabung in der Folgezeit gebe keine
Anhaltspunkte für eine solche umfassende Ausübung des Wegerechts. Der Anspruch auf Duldung der Verlegung der Leitungen sei dagegen wiederum begründet. Dieser Anspruch ergebe
sich aber nicht aus der eingetragenen Dienstbarkeit, denn danach sei lediglich ein Zugang zu
gewähren. Die Wegerechtsdienstbarkeit decke nicht eine Umfangserweiterung, die ihrer Art
nach über die zum Zeitpunkt der Bewilligung ausgeübte Wochenend- und Erholungsnutzung
hinausgehe. Der Duldungsanspruch ergebe sich aber als Notleitungsrecht aus § 44 des Brandenburgischen Nachbarrechtsgesetzes. Danach müsse der Eigentümer eines Grundstückes
dulden, dass durch sein Grundstück der Eigentümer des Nachbargrundstücks auf eigene Kosten Versorgungs- und Abwasserleitungen hindurchführe, wenn der Anschluss an das Versorgungs- und Entwässerungsnetz sonst nicht möglich sei. Die Anbindung an die in der
S…straße verlaufenden Leitungen würde zur Inanspruchnahme mehrerer Grundstücke führen.
Gegen das ihnen am 26. Februar 2006 zugestellte Urteil des Landgerichts Potsdam haben die
Kläger mit am 15. März 2007 bei dem Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit am 16. April 2007 eingegangenen Schriftsatz
begründet.
Die Kläger wenden sich gegen die angefochtene Entscheidung unter Vertiefung und Wiederholung ihres bisherigen Vorbringens. Sie begehren weiter den Zugang um die Zufahrt auf einer Breite von 3,00 m sowie die Duldung der Verlegung der Versorgungsleitungen, nunmehr
aber ausdrücklich auf der Grundlage des eingetragenen Wegerechts.
Die Kläger zu 1) und 2) beantragen,
unter teilweiser Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 14. Februar 2007 - Az.: 1 O 112/06 - die Beklagten zu 1) und 2) zu verurteilen,
-51. den Zugang und die Zufahrt zum Flurstück 481, Flur 3 in der Gemarkung
K… entlang des linken Randes des Grundstückes der
Kläger, Flurstück 128/1, nach Aufteilung und Vermessung teilweise fortgeführt
als Flurstück 481, auf einer Breite von 3,00 m bis zur öffentlichen Straße, der
H…straße 65 in K…, über das Grundstück der Beklagten, Flurstück 128/1 entsprechend der grün markierten Zuwegung auf der anliegenden Liegenschaftskarte (K 4) durch die Kläger zu dulden und
2. auf der Grundlage des im Grundbuch von K… Blatt 125, Flurstück 128/1.
Flur 3 eingetragenen Wegerechts die Verlegung und Unterhaltung der für die
Erschließung und Versorgung mit Stadt-, Abwasser und Energie erforderlichen
Leitungen bis zum Anschluss an die öffentliche Straße, H…straße 65 in K… in
einer vom Gericht zu bestimmenden Richtung zu dulden.
Die Beklagten zu 1) und 2) beantragen,
die Berufung der Kläger zurückzuweisen.
Die Beklagten verteidigen die angefochtene Entscheidung.
Der Streithelfer hat nach Beitritt zu dem Rechtsstreit auf Seiten der Kläger insbesondere geltend gemacht, zum Zeitpunkt der Eintragung der Dienstbarkeit im Jahre 1981 habe man in der
DDR nicht zwischen Wege- und Fahrrecht unterschieden. Der Begriff des Wegerechts habe
auch den Begriff des Zufahrtsrechts umfasst.
In einem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 12. März 2008 machen die Kläger ergänzend
geltend, die für die Zulässigkeit der Berufung erforderliche formelle Beschwer könne sich
nicht nur aus dem Tenor, sondern auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Das zuerkannte landesrechtliche Notleitungsrecht stelle rechtlich und wirtschaftlich ein Weniger dar,
als ein Leitungsrecht auf der Grundlage einer eingetragenen Grunddienstbarkeit.
II.
-6A) Zulässigkeit der Berufung
1.
Soweit die Kläger weiter beantragen, die Beklagten zur Duldung der Verlegung der Versorgungsleitung zu verurteilen, ist die Berufung bereits unzulässig, weil es an der erforderlichen
Beschwer im Sinne von § 511 ZPO fehlt.
Die Kläger haben erstinstanzlich im Wege der objektiven Klagehäufung in zwei getrennten
Anträgen zum einen die Gewährung eines Zugangs- und Zufahrtsrechts geltend gemacht (Klageantrag zu 1.) und zum anderen die Duldung der Verlegung von Versorgungsleitungen (Klageantrag zu 2). Diesem zweiten Klageantrag hat das Landgericht in vollem Umfang stattgegeben, allerdings nicht mit der Begründung, dass sich dieser Anspruch aus der eingetragenen
Dienstbarkeit ergibt, sondern mit der Hilfsbegründung der Kläger selbst, ein solcher Anspruch
ergebe sich aus dem Nachbarrechtsgesetz des Landes Brandenburg. Damit fehlt es insoweit an
einer Beschwer der Kläger. Allein der Umstand, dass die Begründung des Anspruches durch
das Landgericht nicht der Hauptbegründung der Kläger folgt, begründet keine materielle Beschwer (vgl. Zöller/Gummer/Hessler, vor § 511 ZPO Rn. 10 m. w. N.).
Einen eingeschränkten Antrag, dass sich die Duldungspflicht aus der eingetragenen Dienstbarkeit ergeben müsse, haben die Kläger in erster Instanz nicht gestellt. Erstmals in der zweiten Instanz wird nunmehr beantragt, die Beklagten zur Duldung der Verlegung von Leitungen
auf der Grundlage des eingetragenen Wegerechts zu verurteilen. Die Beschwer muss aber im
Zeitpunkt der Rechtsmitteleinlegung vorliegen, sie kann nicht durch Formulierung eines neuen Antrages erst mit der Berufung geschaffen werden; die Beschwer kann sich allein aus dem
Streitgegenstand der ersten Instanz ergeben (Zöller/Gummer/Hessler, a. a. O., Rn. 10 a m. w.
N.).
Dieser Ansicht steht die von den Klägern in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz zitierte
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20. Juli 1999 (NJW 1999, 3564) nicht entgegen.
Der Bundesgerichtshof hat in dieser Entscheidung für den Fall einer Teilklage entschieden,
dass es sich zwar grundsätzlich nach dem Urteilstenor richte, ob eine Beschwer vorliege, sich
unter Umständen eine Beschwer aber auch daraus ergeben könne, dass das Gericht nach der
gegebenen Begründung einen Teil der insgesamt geltend gemachten Forderung habe abweisen
-7wollen. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall indes nicht vor. Die Kläger haben
in I. Instanz allein die Duldung der Verlegung von Versorgungs- und Energieleitungen begehrt, nicht die Duldung solcher Leitungen auf der Grundlage der eingetragenen Dienstbarkeit
und hilfsweise die Duldung nach dem Nachbarrechtsgesetz des Landes Brandenburg. Sie haben lediglich diesen einen Antrag auf Duldung der Verlegung von Leitungen vorsorglich auf
zwei rechtliche Begründungen gestützt. Diesem Antrag hat aber, ohne Aberkennung einer
geltend gemachten Teilposition in den Entscheidungsgründen, das Landgericht in vollem Umfang stattgegeben. Allein aus der rechtlichen Begründung des in I. Instanz allein geltend gemachten Antrages auf Duldung der Verlegung von Leitungen kann eine Beschwer nicht hergeleitet werden. Diese Beschwer kann auch nicht dadurch begründet werden, dass insoweit in
II. Instanz nunmehr ein anderer Antrag gestellt wird. Darüber hinaus fehlen Ausführungen der
Kläger zur Höhe der Beschwer, die sich nach ihrem Vorbringen daraus ergeben soll, dass die
Beklagten lediglich auf der Grundlage eines Notleitungsrechts zur Duldung der Verlegung
und Unterhaltung von Leitungen verpflichtet sein sollen.
Die Berufung der Kläger zu 1) und 2) ist demgemäß unzulässig, soweit nunmehr erstmals
geltend gemacht wird, die Pflicht zur Duldung der Verlegung von Leitungen ergebe sich aus
der eingetragenen Dienstbarkeit.
2.
Soweit die Kläger zu 1) und 2) weiter die Gewährung des Zugangs und der Zufahrt in einer
Breite von 3,00 m begehren, ist die Berufung dagegen zulässig; sie wurde insoweit insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet (§§ 517, 519, 520 ZPO).
B) Begründetheit der Berufung
Die Berufung bleibt in der Sache, soweit weiter der Zugang und die Zufahrt zu dem Grundstück der Kläger über das Grundstück der Beklagten von der H…straße aus in einer Breite von
3,00 m begehrt wird, in der Sache ohne Erfolg.
1.
Die Grunddienstbarkeit ist zu Lasten des Flurstücks 128/1 und zu Gunsten des Flurstücks
128/2 im Grundbuch als „Wegerecht„ eingetragen. Das herrschende Grundstück 128/2 ist
-8mittlerweile in drei Flurstücke aufgeteilt worden (Flurstück 480, 481 und 482), wovon die
Kläger dieses Verfahrens das Flurstück 481 in den Jahren 1994/1996 erworben haben.
Trotz dieser Aufteilung ist auch das Flurstück 481 herrschendes Grundstück hinsichtlich der
eingetragenen Dienstbarkeit. Dies ergibt sich aus § 1025 BGB, wonach bei Teilung des
Grundstückes die Grunddienstbarkeit für die einzelnen Teile fortbesteht. Da die neuen
Flurstücke in gleicher Weise weiter genutzt werden, wie zuvor das Ausgangsflurstück 128/2,
nämlich mit vier Wochenendhäusern, ergeben sich insoweit keine Einschränkungen.
2.
a) Hinsichtlich der Auslegung des Inhaltes der Dienstbarkeit hat das Landgericht den zutreffenden Ausgangspunkt gewählt.
Im Hinblick auf die Zweckbestimmung des Grundbuchs, jedem Gutgläubigen sowie allen
späteren Verpflichteten und Rechtsnachfolgern über Inhalt und Umfang der eingetragenen
Rechte eindeutig Aufschluss zu geben (§§ 891, 892 BGB), ist bei der Auslegung von Grundbucheintragungen auf deren Wortlaut und Sinn abzustellen, der sich aus dem Grundbuch und
der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung für einen unbefangenen Betrachter als
nächstliebende Bedeutung der Eintragung ergibt. Umstände die außerhalb der Urkunde liegen,
dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang des dinglichen Rechts nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne
weiteres erkennbar sind. Die Entstehungsgeschichte des dinglichen Vertrages über die Bestellung einer Dienstbarkeit und etwaiger Schriftwechsel der Parteien müssen danach unberücksichtigt bleiben, außer sie sind der Eintragungsbewilligung als Anlage beigefügt (m. w. N.
Münchener Kommentar/Falckenberg, § 1018 BGB Rn. 16 m. w. N.; BGH NJW 1985, 385;
MDR 2003, 985; NJW 2002, 1797, 1798).
b) Legt man die Eintragung „Wegerecht„ aus, so führt dies dazu, dass jedenfalls nicht festgestellt werden kann, dass ein solches Wegerecht auch ein Fahrrecht in einer bestimmten Breite
beinhaltet. Hierfür gibt der Wortlaut „Wegerecht„ unmittelbar nichts her. Die Argumentation
des Streithelfers im Schriftsatz vom 18. Februar 2008 vermag insoweit nicht zu überzeugen.
Diese Argumentation lässt zunächst außer Acht, dass § 322 ZGB der seinerzeit die Eintragung
solcher Rechte regelte, ausdrücklich zwischen einem Wege- und einem Überfahrrecht differenziert. Entsprechendes gilt auch für den Vorschlag der Beurkundung solcher Rechte in dem
-9Handbuch für Notare der DDR. Auch dort wird ausdrücklich zwischen einem Zugangsrecht
und einem Zufahrtsrecht unterschieden. Damit ergibt sich aus den gesetzlichen Bestimmungen
des ZGB, aber auch aus dem vom Streithelfer zitierten Handbuch für Notare, dass in der DDR
sehr wohl zwischen Geh- und Fahrrechten unterschieden wurde. Vor diesem Hintergrund
spricht die Formulierung in der Vereinbarung aus dem Jahre 1981, wonach ein Zugangsrecht
gewährt werden soll, sogar eher dafür, dass ein Zufahrtsrecht gerade nicht gewollt war. Aber
auch selbst dann, wenn der Begriff „Wegerecht„ in der DDR ein Oberbegriff gewesen sein
sollte, der begrifflich Geh- und Fahrrechte beinhalten kann, so besagt dies noch nichts über
den Umfang eines Rechts im konkreten Fall. Dies kann allein ein Gehrecht, ein Fahrrecht oder
beides sein; welchen Umfang das Recht hat, ist auch dann durch Auslegung zu ermitteln.
Berücksichtigt man weiter die für Jedermann im Jahre 1981 erkennbaren Umstände, so führt
auch dies dazu, dass ein Zufahrtsrecht von der H…straße her nicht gewährt werden sollte.
Dafür spricht eindeutig die Aussage des jetzigen Streithelfers der Kläger, die auch von den
Klägern selbst nicht in Frage gestellt wird. Danach konnte man lediglich in der Zeit zwischen
1960 und 1970 mit dem Auto von der H…straße aus auf das Flurstück 128/2 fahren. In der
Folgezeit sind dort Bäume gepflanzt worden, die schon 1972 standen. Diese Bäume waren
schon im Jahre 1981 vorhanden, allerdings waren sie, so der Zeuge, noch nicht so hoch wie
heute. Der Zeuge hat weiter angegeben, nach vorne zur H…straße hin habe es einen Weg gegeben, den man habe begehen können. Darüber, ob man auch mit dem Auto zu dem Flurstück
128/2 gelangen solle, habe man sich 1981 keine Gedanken gemacht.
Damit ist insgesamt die Auslegung des Landgerichts, das eingetragene Wegerecht habe ursprünglich ein Zufahrtsrecht nicht umfasst, nicht zu beanstanden. Die gegenwärtigen Eintragungen in den Katasterunterlagen sind insoweit ohne Belang.
3.
Eine Erweiterung des Wegerechts dahin, dass nunmehr auch ein Zufahrtsrecht zu gewähren
ist, kann ebenfalls nicht festgestellt werden.
a) Richtig ist allerdings, dass der Umfang einer Dienstbarkeit nicht für alle Zeiten festliegt,
sondern sich nach den jeweiligen Bedürfnissen des herrschenden Grundstückes ändern kann,
insbesondere mit einer Bedarfssteigerung wachsen kann. Voraussetzung ist allerdings, dass
- 10 sich die Bedarfssteigerung in den Grenzen einer der Art nach gleich bleibenden Benutzung
des Grundstückes hält und nicht auf eine zur Zeit der Dienstbarkeitsbestellung nicht voraussehbare oder willkürliche Benutzungsänderung zurückzuführen ist (m. w. N. Münchchener
Kommentar/Falckenberg, a. a. O., Rn. 51).
b) Es bestehen bereits keine Anhaltspunkte für eine Steigerung des Bedarfes innerhalb der
Nutzung des Grundstückes als Wochenend- und Erholungsgrundstück. Die Kläger selbst nutzen das von ihnen erworbene Flurstück 481 jedenfalls seit 1994 als Wochenend- und Erholungsgrundstück. Das sich in dieser Zeit in den Grenzen dieser Nutzung eine Bedarfssteigerung ergeben hätte, die eine Zufahrt mit dem Pkw erforderlich macht, ist weder ersichtlich
noch dargetan.
Die Möglichkeiten einer künftigen Wohnbebauung haben in diesem Zusammenhang außer
Betracht zu bleiben. Es ist nicht dargetan, dass es sich insoweit überhaupt um Bauland handelt, das Grundstück also mit einem Wohnhaus bebaut werden dürfte. Allein der Umstand,
dass das Ausgangsflurstück 128/2 im Grundbuch - unzutreffend - als Hoffläche bezeichnet
war, reicht hierfür nicht aus. Im Übrigen wäre dies eine Nutzungsänderung, die, so der Zeuge
He…, bei der Bestellung der Dienstbarkeit nicht bedacht wurde, in dieser Form also nicht
vorhersehbar wäre, und deswegen in diesem Zusammenhang nicht berücksichtigt werden
könnte. Die Kläger haben auch kein Bauland erworben, sondern ein mit einem Wochenendhaus bebautes Grundstück. Dass ein solches nur genutzt werden kann, wenn es mit dem Pkw
erreichbar ist, ist nicht ersichtlich. Aus den Vorschriften der Brandenburgischen Bauordnung
über das Erfordernis von Feuerwehrzufahrten lässt sich ein Anspruch der Kläger gegen die
Beklagten nicht herleiten.
Die Berufung bleibt danach insoweit in der Sache ohne Erfolg.
C)
- 11 Gründe, die eine Zulassung der Revision rechtfertigen könnten (§ 543 Abs. 2 ZPO), sind nicht
ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Gemeinhardt
Kiepe
Dr. Huth