Möglichkeiten der modernen plastischen Brustchirurgie

Transcription

Möglichkeiten der modernen plastischen Brustchirurgie
DIAGNOSTIK + THERAPIE
OPERATIVE GYNÄKOLOGIE
Möglichkeiten der modernen
plastischen Brustchirurgie
Darius Dian
Die wachsende Nachfrage nach kosmetischen Operationen und
die zunehmende Zahl onkoplastischer Eingriffe haben das Interesse an der plastischen Brustchirurgie steigen lassen. Im Folgenden werden wichtige Verfahren mit ihren Einsatzgebieten,
Vor- und Nachteilen kurz skizziert. Auch die wirtschaftliche Seite und die damit verbundenen Probleme werden diskutiert.
Durch die Medien wird heutzutage
suggeriert, dass es für jeden Menschen in den Industriestaaten erstrebenswert und auch möglich sei,
einen perfekten Körper zu besitzen.
In den letzten fünf Jahren ist die Zahl
kosmetischer Operationen um 10–
20 % pro Jahr gestiegen, der Umsatz
von Implantaten erhöhte sich im gleichen Zeitraum um 75 %. Durch zunehmenden ökonomischen Druck wird
es für einen wirtschaftlich denkenden Arzt immer interessanter, kosmetische Operationen anzubieten.
Auch bei onkologischen Erkrankungen der Brust ist der Wunsch nach einem postoperativ intakten Körperbild
selbstverständlich geworden.
Onkoplastische Operationen
Die Brustchirurgie, sowohl onkologische als auch kosmetische, wird in
fast allen gynäkologischen Abteilungen durchgeführt. In vielen Kliniken
ist die onkologische Chirurgie allerdings auf die brusterhaltende Therapie (BET = weite Exzision evtl. mit
intraglandulärer Verschiebeplastik und
Axilladissektion) und die Ablatio
mammae evtl. mit Implantataufbau
beschränkt. Im Folgenden werden die
verschiedenen Operationsverfahren
und -möglichkeiten näher erläutert.
n Brusterhaltende Therapie (BET)
Die BET ist die Methode der Wahl bei
Tumoren, die bis zu 20 % der Brustdrüse einnehmen. Eventuell entstehende Defekte werden mittels in-
766
FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 9
traglandulärer Verschiebelappenplastik aufgefüllt. Die BET kann bei
einer frühen Diagnosestellung bei
60–70 % aller Patientinnen durchgeführt werden. Bei größeren Tumoren reicht die intraglanduläre Verschiebeplastik nicht aus, um einen
Defekt auszugleichen. Selbst bei primär noch gutem postoperativen Ergebnis sind die Langzeitresultate
dann kosmetisch in aller Regel nicht
zufriedenstellend. Nach Resorption
des Seroms und Hämatoms entstehen Hauteinziehungen und Brustwarzenverziehungen, da bei unzureichender Unterfütterung der verbliebene Hautmantel einfällt.
Tumoradaptierte Reduktionsplastik: Bei Tumorvolumina, die zwischen
20 und 30 % der Brust einnehmen,
hat sich die tumoradaptierte Reduktionsplastik etabliert. Hierbei wird
der Tumor mitsamt der bedeckenden
Haut entfernt. Jede bekannte Reduktionsplastiktechnik kann angewandt
werden, z.B. Rotationslappenplastik
oder klassischer T-Schnitt. Es können
auch Tumoren im oberen und zentralen Anteil der Brust – ggf. unter Mitnahme des Mamillenareolakomplexes
(MAK) – reseziert werden, die bei einer klassischen Reduktionsplastik
nicht entfernt werden. Die Stielung
des Mamillenareolakomplexes muss
an den Tumorsitz angepasst werden.
Lokale Schwenklappen: Eine weitere Möglichkeit zur Auffüllung eines
Defekts besteht darin, aus der Um-
gebung der Brust Haut-Fettgewebe in
den Defektbereich zu schwenken (z.B.
thorakoepigastrischer Lappen).
Tumoradaptierte Reduktionsplastik
und lokale Schwenklappen sollten auf
gut abgrenzbare Tumoren beschränkt
bleiben. Falls sich der Tumor bereits
präoperativ nicht sicher abgrenzen
lässt und somit eine sekundäre Ablatio mammae notwendig werden könnte, sind diese relativ aufwändigen Methoden zu vermeiden. Die Operation
sollte dann zweizeitig durchgeführt
werden (erst weite Exzision und nachfolgend kosmetische Korrektur).
n Mastektomie
Eine Multizentrizität des Tumors, ausgedehnte Lymphangiosis und eine Tumorgröße von mehr als 30 % des
Brustvolumens sind die klassischen
Indikationen für eine Mastektomie
(Ablatio mammae). Hierbei wird häufig eine Brustrekonstruktion mit Implantaten angeboten.
Die Einlage des Implantates subkutan führt bei onkologisch korrekt
durchgeführter Mastektomie, d.h. Entfernung des gesamten Drüsenkörpers
unter Belassung einer dünnen HautFett-Schicht, fast ausnahmslos zur
Kapselfibrose oder Perforation der
Haut. Um ein zufriedenstellendes kosmetisches Ergebnis zu erzielen, muss
zunächst ein Hautexpander retropektoral eingelegt werden. Nach der Expansionsphase erfolgt dann die Einlage des endgültigen Implantates. Die
kontralaterale Brust muss meist gestrafft und reduziert werden, um
Asymmetrien zu korrigieren. Da die
natürliche Brust sich meist im Lauf
des Lebens im Gegensatz zur Implantatseite in ihrer Form verändert
(zunehmende Ptosis), sind nach ei-
Die postoperative Bestrahlung stellt
eine Kontraindikation für die Implantatrekonstruktion dar, da hierdurch gehäuft Kapselfibrosen entstehen. Eine Implantatrekonstruktion
sollte daher nur bei bilateraler Mastektomie, bei Patientinnen mit hohem
Risiko für Komplikationen nach Eigengewebsrekonstruktion und bei ausdrücklichem Wunsch der Patientin
nach Implantaten durchgeführt werden.
n Eigengewebsrekonstruktionen
Eine gute Alternative zur Implantatrekonstruktion stellt die Eigengewebsrekonstruktion dar. Dabei kann
die Brusthaut belassen werden (SSM
= skin sparing mastectomy = hautsparende Mastektomie). In einigen
Kliniken wird der ausgedünnte Mamillenareolakomplex ebenfalls belassen (subkutane Mastektomie). Die Rezidivraten nach SSM sind in kleinen
Studien im Vergleich zur modifizierten radikalen Mastektomie nicht erhöht. Zum Auffüllen des Hautmantels
nach Entfernung des Drüsenkörpers
kann Eigengewebe aus verschiedenen
Körperregionen genutzt werden. Bewährt hat sich der Einsatz des Latissimus-dorsi-Lappens (Lado-Lappen)
und des Unterbauchgewebes (TRAMLappen = Transversus-rectus-abdominis-Myokutan-Lappen).
Kleine Brustvolumina können mittels
Lado-Lappen rekonstruiert werden bei
sicherer Durchblutung (s. Abb. 1).
Falls das Volumen nicht ausreicht,
kann zusätzlich ein Implantat eingelegt werden oder die kontralaterale
Brust verkleinert werden (s. Abb. 2).
Die Operation dauert in der Regel vier
Stunden. Eine Voroperation im Bereich der Axilla erschwert die Anwendung dieser Technik, weswegen
die primäre Rekonstruktion der sekundären vorzuziehen ist.
Gewebe aus dem Unterbauch bietet
in der Regel mehr Volumen. Der Hautfettlappen kann gestielt (gestielter
Abb. 1: Rekonstruktion einer kleinen Brust mittels Latissimus-dorsi-Lappen.
DIAGNOSTIK + THERAPIE
nigen Jahren Korrekturoperationen
notwendig.
Abb. 2: Rekonstruktion einer großen Brust mittels Latissimus-dorsi-Lappen (obere Reihe)
und anschließende kontralateraler Brustverkleinerung (untere Reihe) bei bekannter Hypertonie und Adipositas.
TRAM, s. Abb. 3 auf S. 768), als freies Transplantat mit Muskelanteilen
(freier TRAM) oder ohne Muskel
(DIEP-Lappen) in den Defekt eingebracht werden. Der Vorteil des gestielten TRAMs ist die kürzere OPDauer (drei Stunden) im Vergleich
zum freien TRAM (sieben Stunden)
oder Diep-Lappen (acht Stunden).
Vorteile des freien TRAM-Lappens gegenüber dem gestielten sind der geringere Hebedefekt (geringere Beschädigung des M. rectus abdominis)
und die bessere Durchblutung. Bei
Verschluss der Gefäßanastomose ist
allerdings mit einer Nekrose der neu
aufgebauten Mamma und somit mit
einem Totalverlust des Lappens zu
rechnen. Bei gestielten Lappen beobachtet man meistens nur Teilnekrosen.
Eine Reihe von Risikofaktoren erhöht
die Gefahr der gefürchteten Teil- oder
Totalnekrosen nach Eigengewebsrekonstruktion aus dem Unterbauch.
FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 9
767
DIAGNOSTIK + THERAPIE
Dieses sind:
n Nikotinkonsum,
n Diabetes mellitus,
n Hypertonie,
n Voroperationen im Abdomen,
n Adipositas,
n Zustand nach Radiatio und
n andere Erkrankungen mit der
Gefahr einer gestörten Durchblutung.
Das Vorhandensein von einem oder
zwei Risikofaktoren für Eigengewebsrekonstruktion stellt jedoch keine zwingende Kontraindikation dar. Bei einer
jungen Patientin mit einer Blinddarmnarbe, die täglich zehn Zigaretten raucht, kann man einen TRAM-Lappen durchführen. Eine ältere Frau mit
80 kg und 160 cm Körpergröße wäre
eher nicht geeignet.
Liegt eine ungünstige Risikokonstellation vor, ist der Lado-Lappen die sichere Alternative. Bei vorhandenen
Risikofaktoren kann die Durchführung
eines gestielten Tram-Lappens durch
weitere Operationsverfahren in mehrzeitigen Schritten erwogen werden
(Delay-TRAM, Turbo-TRAM).
Auch andere Lappen sind zur Rekonstruktion möglich (Rubens-Lappen,
Gluteus-Lappen).
Bei der sekundären Eigengewebsrekonstruktion nach Mastektomie werden
ebenfalls die o.g. Techniken angewandt.
Da hierbei jedoch die Brusthaut entfernt ist, gestaltet sich die Formanpassung aufwändiger (s. Abb. 4).
Der Warzenhof wird mittels Tätowierung und die Brustwarze durch Raffung von Haut (Skate-Lappen) oder
Halbierung der kontalateralen Seite
wiederhergestellt.
Ein Algorithmus für das Vorgehen bei
onkoplastischen Operationen an unserer Klinik ist Abbildung 5 zu entnehmen.
Wenn das OP-Spektrum einer Klinik
eingeschränkt ist (BET oder Ablatio
mit/ohne Implantataufbau), ist bei
768
FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 8
Abb. 3: Rekonstruktion einer großen rechten Brust im Rahmen einer hautsparenden
Mastektomie mittels TRAM-Lappen.
Abb. 4: Sekundäre Eigengewebsrekonstruktion mittels beidseitigem TRAM-Lappen.
etwa 30–40 % der Patientinnen mit
Mammakarzinom mit einem unbefriedigenden kosmetischen Ergebnis zu
rechnen. Dieser Tatbestand hat unter
anderem dazu geführt, dass in den
Leitlinien zur Gründung eines Brustzentrums die Anwesenheit eines plastischen Brustchirurgen gefordert wird.
n Auswirkungen
wirtschaftlicher Zwänge
Natürlich stellt sich in Zeiten ökonomischer Zwänge auch die Frage nach
der Wirtschaftlichkeit aufwändiger Operationsverfahren. Nach DRG (in der momentanen Fassung der LMU München)
wird die Operation des Mammakarzinoms mittels modifiziert radikaler
Mastektomie (MRM) mit etwa 3.500 €
vergütet. Falls in gleicher Sitzung eine plastische Rekonstruktion erfolgt,
ist der Erlös rund 7.500 €, wobei aufwändige rekonstruktive Verfahren wie
eine Lappenplastik keine Berücksichtigung finden werden. Wenn also ei-
ne Klinik in der ersten Sitzung eine
MRM (Dauer 30 min) durchführt und
in einer zweiten Sitzung die Rekonstruktion mittels Implantaten (Dauer
60 min), beläuft sich der Erlös auf
11.000 € (3.500 + 7.500). Die Klinik,
die die Ablatio und Eigengewebsrekonstruktion (OP-Dauer 5 h) in einer
Sitzung durchführt, erwirtschaftet
7.500 €. Somit stellt sich die Frage,
ob zeitaufwändige OP-Verfahren (nicht
nur beim Mammakarzinom) bald nur
noch bei Selbstzahlern durchgeführt
werden können. Dennoch muss auch
in Zeiten steigender Haftpflichtansprüche im Interesse der Patientinnen
und zur Erhaltung des Körperbildes bei
Brustkrebs ein erfahrener plastischer
Brustchirurg vorgehalten werden.
n Präoperative
Patientinnenberatung
Grundsätzlich kann bei jeder Frau, die
eine Mastektomie benötigt, eine Rekonstruktion durchgeführt werden. Da-
Die Eigengewebsrekonstruktion ist vom
kosmetischen Ergebnis der Implantatrekonstruktion überlegen. Mit Implantaten gelingt es nur selten, eine
Symmetrie zu erreichen, da die Rekonstruktion einer ptotischen Brust
nicht gelingt. Daher wird üblicherweise
die kontralaterale Brust mittels einer
Straffungs-/Reduktionsplastik angeglichen. Allerdings verstärkt sich die
Ptose der Brust im Lauf der Jahre, wogegen die Implantatrekonstruktion sich
nicht verändert. Daher ist nach einigen Jahren eine erneute Formanpassung notwendig. Die Eigengewebsrekonstruktion wiederum macht den Alterungsprozess mit. Der Vorteil einer
Implantatrekonstruktion ist jedoch der
fehlende Hebedefekt. Die Indikation
zur Implantatrekonstruktion sehen wir
bei Patientinnen, die dieses wünschen,
bei Notwendigkeit einer beidseitiger
Ablatio und in den seltenen Fällen, in
denen eine Eigengewebsrekonstruktion nicht sinnvoll ist. Dies ist bei zu
hohem Risiko für einen Lappenverlust
der Fall (siehe oben). Grundsätzlich
gilt: Je mehr Risiken, desto höher das
Risiko für einen Lappenverlust.
Die subkutane Mastektomie mit präpektoraler Implatateinlage führen wir
nicht durch. Bei onkologisch korrekter Durchführung der Mastekomie ist
der verbleibende Hautfettmantel zu
dünn, um eine Kapselfibrose oder eine Prothesenperforation zu verhindern.
n Postoperative Betreuung
Die Patientinnen werden etwa zehn
Tage nach der Eigengewebsrekonstruktion aus der Klinik entlassen. Eine Durchblutungsstörung macht sich
in der Regel nach fünf Tagen, somit
während des stationären Aufenthaltes, in Form von Haut- und/oder Fettnekrosen bemerkbar. In ausgedehnten
Fällen sollte dies Anlass zur operativen Intervention geben.
In der poststationären Phase ist eine
Durchblutungsstörung kaum zu erwarten. Kleinere Verhärtungen (Fettnekrosen) oder Hautnekrosen sollten
keinen Anlass zur Sorge geben und
über mindestens sechs Monate beob-
achtet werden. Meist heilen sie spontan ab. Die durch Fettnekrose entstandenen Verhärtungsareale schrumpfen, und die Hautnekrosen werden
durch Narben ersetzt. Falls nach dieser Zeit dennoch kosmetische Korrekturen notwendig wären, können sie
dann durchgeführt werden.
Die typischen poststationären Komplikationen nach Eigengewebsrekonstruktionen sind Serome und im Fall
von gestielten TRAM-Rekonstruktionen die Hernie im Unterbauch. Serome können in üblicher Weise durch
Punktionen behandelt werden. Sie verschwinden in der Regel nach spätestens drei Monaten. Eine sekundäre
Drainageneinlage ist in der Regel nicht
notwendig. Hernien sind selten, aber
sie bedürfen einer operativen Sanierung. Eine typische, aber äußerst seltene Komplikation speziell bei LadoRekonstruktionen sind Muskelkontraktionen im Brustbereich trotz durchtrenntem Latissimus-dorsi-Nerven.
Auch in diesen Fällen ist eine operative Revision mit erneuter Durchtrennung des Nerven notwendig.
DIAGNOSTIK + THERAPIE
bei sind die kosmetischen Ergebnisse
einer Rekonstruktion im Rahmen der
hautsparenden Mastektomie (primäre
Rekonstruktion) deutlich besser als die
einer späteren Rekonstruktion. Da im
Rahmen der SSM der Hautmantel belassen wird, entsteht eine beinahe symmetrische Brustform. Bei einer sekundären Rekonstruktion muss die Brustform modelliert werden, was sich in der
Regel deutlich schwieriger gestaltet.
Aufgrund des Hebedefekts befürchten
viele Patientinnen, nach einer LadoOperation die Adduktion des Armes und
nach der TRAM-Operation die Beugung
Welches Verfahren – wann?
relative
Tumorgröße
< 20 %
relative Tumorgröße
20–30 %
und Tumor abgrenzbar
relative Tumorgröße
> 30 %
oder multizentrisch oder „Lymphangiosis“
kleine Brust
weite Exzision
Rotationslappen
tumoradaptierte
Reduktionsplastik
Lado
große Brust
ohne wesentliche
Risikofaktoren
mit Risikofaktoren
– Diabetes mellitus
– Adipositas
– Hypertonie
– Rauchern
TRAM
– Lado+Implantat/
Reduktionsplastik
– Delay-TRAM
– Free-/Turbo-TRAM
Abb. 5: Algorithmus für dass Vorgehen bei onkoplastischen Operationen an der Universitätsklinik München – Maistraße.
FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 9
769
DIAGNOSTIK + THERAPIE
der Hüfte nicht mehr durchführen zu
können. Bei einer Nachuntersuchung
unserer Patientinnen konnten wir keinen Fall einer stärkeren Bewegungseinschränkung feststellen. Alle Patientinnen konnten auch postoperativ
ihren üblichen Alltag problemlos bewältigen. Lediglich eine leichte Bewegungseinschränkung wurde von rund
15 % der Patientinnen angegeben.
Die Patientinnen können somit poststationär allen Tätigkeiten nachgehen, die sie nicht als belastend empfinden. Ein BH sollten die ersten Wochen nicht getragen werden, um die
blutversorgenden Gefäße nicht zu
komprimieren.
Nach einem halben Jahr sind keine
weiteren Veränderungen der rekonstruierten Brust mehr zu erwarten.
Falls eine Mamillen-Areola-Rekonstruktion, eine Formkorrektur oder eine Angleichungsoperation notwendig
werden sollte, kann das nach dieser
Zeit durchgeführt werden.
Im Rahmen der Nachsorge sollte auch
die rekonstruierte Brust der Mammographie unterzogen werden.
Kosmetische Operationen
Die kosmetische Mammachirurgie befasst sich mit der Korrektur von Fehlbildungen der Brust.
n Augmentation
Bei Mikromastie, aber auch bei dem
in letzter Zeit immer häufiger wer-
Abb. 7: Transaxilläre Brustaugmentation.
denden Wunsch nach einer Brustvergrößerung wird die Augmentation
mittels Implantaten durchgeführt. Die
Implantatfüllung besteht meist aus
Silikon oder Kochsalz, wobei sich in
Deutschland die anatomisch geformten Kohesivgel-Implantate durchgesetzt haben.
Der operative Zugang erfolgt submammär, periareolär oder transaxillär.
Der submammäre Zugangsweg ist unkompliziert, hinterlässt jedoch sichtbare Narben in der Submammärfalte.
Bei transareolärem Zugang können
gleichzeitig Formkorrekturen der Brust
durchgeführt werden, z.B. bei tubulärer Brust (s. Abb. 6). Bei transaxillärem Vorgehen kann eine formschöne
Brust mit Implantaten bis 260 ml Volumen ohne sichtbare Narbenbildung
geformt werden (s. Abb. 7). Das Implantat kann prä- oder subpektoral
eingelegt werden. Wichtig ist, dass
zwischen Haut und Implantat Drü-
senkörper oder eine Muskelschicht vorhanden ist, um Kapselfibrosen oder
später durch die Haut tastbare Implantatkanten zu vermeiden.
n Reduktionsplastik
Bei der Reduktionsplastik ist eine Vielzahl von Schnittführungen möglich
wie z.B. der reine periareoläre oder
der umgekehrte T-Schnitt (s. Abb. 8).
Je mehr Gewebe entfernt wird und je
unelastischer die Haut ist, umso größer sind die notwendigen Hautschnitte. Wichtig ist es, überschüssige Haut zu deepithelialisieren, um sie
als „inneren BH“ zu nutzen und einer Ptosis vorzubeugen.
n Asymmetrie
Bei der Korrektur der Asymmetrie sollte immer an die schönere Brust angeglichen werden. Falls eine Augmentation notwendig ist, sollte zunächst ein Expander eingesetzt werden (s. Abb. 9).
n Tubuläre Brust
Bei der Korrektur der tubulären Brust
sollte die überschüssige Haut als Herniennetz verwendet werden. Der
Schnitt erfolgt in der Regel von periareolär, um die kaudal meist vorhandene fehlende Hautdehnung mit
radiären Schnitten zu beheben
(s. Abb. 10).
Das Dilemma
Abb. 6: Brustaugmentation über transareolärem Zugang mit gleichzeitiger Formkorrektur
einer tubulären Brust.
770
FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 9
Der Arzt wird zunehmend als reiner
Dienstleister gesehen, von dem Me-
DIAGNOSTIK + THERAPIE
Abb. 8: Reduktionsplastik über einen umgekehrten T-Schnitt.
rationszeit, für eine Rekonstruktion
mit Implantaten jedoch nur 45 Minuten. Die längere und aufwändigere Operation bringt aber nicht mehr
Erlöse und ist somit unwirtschaftlich. Und für diese unwirtschaftliche
freie Lappentransplantation ein notwendiges Operationsmikroskop für
200.000 € bewilligt zu bekommen,
wo heute für jede Anschaffung ein
Businessplan verlangt wird, gestaltet sich sehr schwierig. Und selbst
wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen vorhanden sind, gibt es
wenige Ärzte, die in diesem Bereich
ausgedehnte Erfahrungen aufweisen
können. Dies liegt u.a. an der Überlastung der auszubildenden Ärzte
durch fachfremde und administrative Aufgaben. Die gesundheitspolitische Lösung dieses Dilemmas wird
abzuwarten sein. Bis dahin muss aber
die angebotene Leistung dem aktuellen Stand der Medizin entsprechen.
Denn der Gutachter wird sich im
Streitfall immer korrekterweise auf
das medizinische Ergebnis beziehen
und sich mit den wirtschaftlichen
Aspekten und Zwängen des Krankenhausträgers und der behandelnden Ärzte nicht beschäftigen.
Abb. 9: Korrektur der Asymmetrie mit einem Implantat.
dizin auf höchstem Niveau verlangt
wird und dessen Arbeit von Medien
und Juristen kontrolliert wird. Der
Wunsch nach höchstmöglicher operativer Qualität steht jedoch im kras-
sen Gegensatz zur wirtschaftlichen
Situation des Gesundheitswesens und
zur Ausbildungssituation der Ärzte.
Für eine freie Lappentransplantation benötigt man acht Stunden Ope-
Autor
Dr. Darius Dian
Klinikum der LMU München
Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Maistraße 11
D-80337 München
E-Mail d.dian@
med.uni-muenchen.de
Abb. 10: Korrektur der tubulären Brust.
772
FRAUENARZT n 46 (2005) n Nr. 9