Wohnungs(bau)genossenschaften und soziale Wohnraumversorgung: wie passt das zusammen?

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Wohnungs(bau)genossenschaften und soziale Wohnraumversorgung: wie passt das zusammen?
Wohnungs(bau)genossenschaften und
soziale Wohnraumversorgung:
wie passt das zusammen?
Fünftes Wohnungspolitisches Kolloquium der TU Dortmund, 24.10.2012
Christiane Droste
Agenda
 Ausgangsposition: Zweck der Genossenschaft / Genossenschaftsgesetz
 Aktuelle Herausforderungen einer sozialen Wohnraumversorgung
 Genossenschaftlicher Wohnraum: sozialer Wohnraum?
 Länder- und kommunale Erwartungen an Genossenschaften
 Aktuelle Herausforderungen in Berlin
 Wohnungspolitische Grundlagen einer sozialen Wohnraumversorgung
durch Genossenschaften
1/
Professionelle Anbieter , Bestandsdimension
vergleichbar kommunale Wohnungsunternehmen,
gebunden an Interessenvertretung Nutzer_innen
GdW 2012 / UrbanPlus
Genossenschaftsgesetz
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Förderung der Mitglieder durch gemeinschaftlichen
Geschäftsbetrieb (§ 1 Abs. 1 GenG)
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Identitätsprinzip: Kapitaleigner_innen = Nutzer_innen
Mitgliederinteresse an hohem Wohnstandard , d.h. genossenschaftliches Wohnen ist
kostengünstig, aber nicht preiswert
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Aktuelle Tendenz zu Teilbeständen mit geschlossenem Gemeinwesen in höheren
Preissegmenten (Beispiele Hamburg, Berlin)
Damals wie heute … : „Was wollen wir eigentlich?“
Unsere besondere Aufgabe ist nicht die Lösung der Wohnungsfrage in der Masse
und für die Masse. (…) Das liegt weder in unserer Macht noch im Rahmen unserer
eigentlichen Aufgaben. (…) Eine dauernde Besserung kann nur durch höhere
Ansprüche an den Wohnungsstandard erreicht werden. (…) Es ist unsere
vornehmste Aufgabe zu schaffen und zu zeigen, was möglich ist. (…) Wir bauen
nicht Häuser, sondern errichten Ansiedelungen, Heimstätten, die den Charakter
eines geschlossenen Gemeinwesens in sich tragen.“
(Zitat Barbara von Neumann-Cosel 2012: Dr. Karl Munding, Hausblätter des Berliner Spar- und Bauvereins, 20. April 1901)
Aktuelle Herausforderungen einer
sozialen Wohnraumversorgung I
 1. und 2. Förderweg bis 2000 in Berlin, fortlaufend / modifiziert in anderen
Bundesländern, allerorts „Altlasten“ + Belegungsbindungen
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sukzessiver Schwund der Bestände des Sozialen Wohnungsbaus
o jährliche Verluste: ca 100 – 120.000 Wohnungen
o jährlicher Neubau: ca. 11.000 Wohnungen
o Bestände ‚de jure‘ < > Bestände ‚de facto‘ : Bestandsdatenzugang
differenziert nach Eigentümertypologie sowie Steuerung kaum möglich.
>> Residualisierung der aktuellen Bestände Sozialen Wohnungsbaus
aktueller Bedarf 5,15 Millionen Haushalte < > bundesweit ca. 4 Millionen
fehlende Wohnungen
(Quelle: Pestel 08/2012, Datengrundlage? )
Aktuelle Veränderungen :
Paradigmenwechsel in den Zielgruppen (Polarisierung, Vereinzelung,
alternde Gesellschaft, zusätzliche ökonomisch prekäre Gruppen)
Paradigmenwechsel bezüglich der Inhalte und Zielsetzungen
Neue Formen des Sozialen Wohnungsbaus bzw. seiner Förderung?
Aktuelle Herausforderungen einer
sozialen Wohnraumversorgung II
Quelle: Pestel Studie 08 / 2012
Aktuelle Herausforderungen einer
sozialen Wohnraumversorgung III
Quelle: Pestel Studie 08 / 2012
Genossenschaftlicher Wohnraum :
sozialer Wohnraum?
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Genossenschaftliches Handeln ist geprägt durch die Vertretung der aktuellen
Mitgliederinteressen / Selbsthilfeorientierung im Bestand
Genossenschaftliches Wohnen ist charakterisiert durch typologische Vielfalt:
o Traditionsgenossenschaften / AWGen
o neue/junge/kleine Genossenschaften
o dezidiert themenorientierte /soziale Projekte
„Gelebte soziale Marktwirtschaft“ zielt auf dauerhaft bezahlbares Wohnen
Garantinnen sozialer Stabilität / Gemeinschaftsorientierung / Bindungskraft
Wohnqualität (baulich, Wohnumfeld, energet. Sanierung) hat ihren Preis
Genossenschaften stehen insgesamt noch weniger für …

Intendierte Integration von ökonomisch schwachen Bevölkerungsgruppen
sowie Menschen anderer Herkunftsländer
Länder- und kommunale Erwartungen
an Genossenschaften
 Zuschreibung durch den Bund: „Dritter Weg“ (Experten-Kommission 2004)
 Erfahrungswert: starkes Engagement
für die „Soziale Stadt“

Interessenkonflikt mit
Mitgliederinteressen?
Beitrag zur Quartiersentwicklung,
Übernahme wohlfahrtstaatlicher Aufgaben, z.B. Nachbarschaftszentren
 Genossenschaften als Vorreiterinnen im Umgang mit dem
Demographischen Wandel
 Genossenschaften als „Gute Praxis“-Partnerinnen in der energetischen
Sanierung / bei energieeffizientem Bauen
Quelle Schrecker / Berolina , Berlin 2012
Beispiel für
Altersentwicklung im
Bestand und
Geschlechterdifferenz
Quelle BWV Berlin / gender+ 2011
Aktuelle Herausforderungen in Berlin
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Politisches Eingeständnis zu aktuellem / wachsenden Bedarf an
Sozialem Wohnungsbau
>> zu klären: Umgang mit Mieten , tatsächlicher Neubaubedarf
Bündnis für Mieten (ohne Genossenschaften)
Zivilgesellschaftliche Forderungen an eine konzeptgebundene
Liegenschaftspolitik ( v.a. Inititative „Stadt neu denken“)
Motivation von Genossenschaften für eine Beitrag zur Sozialen
Wohnraumversorgung:
Auslobung eines genossenschaftlichen Neubauwettbewerbs
>> mindestens 20 WE, davon mindestens 30% 1,5 und 2-ZimmerWohnungen, Förderprämie: IBB-Darlehen
Wettbewerbsziele
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Bezahlbare Mieten/Nutzungsentgelte (netto kalt / brutto warm)
Sicherung von sozial durchmischten Mieter-/Nutzerstrukturen
Zielgruppengerechter Neubau von innerstädt. kleineren Wohnungen
Möglichkeiten generationenübergreifenden Wohnens
Nachhaltiges und zeitgemäßes energetisches und ökologisches Bauen
Partizipation der Nutzerinnen und Nutzer
Einbindung des Vorhabens
in die Kieze und Nachbarschaften
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Innovative
Bau- und Nutzungskonzeptionen
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Architektonische / städtebauliche
Qualität
Fazit
Wohnungspolitische Grundlagen
einer sozialen Wohnraumversorgung durch
Genossenschaften I
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Überprüfen politischer Dialogkulturen und -strukturen
Neue Formen des Sozialen Wohnungsbaus bzw. seiner Förderung?
Konzeptorientierte Liegenschaftspolitik
o München Modell Genossenschaften
o Grundstücksvergabe Liegenschaftsfonds Berlin
Gründungsförderung
o Gute Praxis NRW, aber: Modelle Gründungsförderung für
Bewohnergenossenschaften?
Förderung gemeinschaftsorientierter Flächen
o Beispiel NRW
Kooperationsmodelle Wohnungsgenossenschaften + Banken
o Beispiel Marburg
Ausbau eigener Finanzierungsgrundlagen (Spareinrichtungen)
Fazit
Wohnungspolitische Grundlagen einer sozialen
Wohnraumversorgung durch Genossenschaften II
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genossenschaftsorientierte Subjekt-Förderung
o einerseits: läuft auch bei Genossenschaften Gefahr, den Mietpreis
in die Höhe zu treiben
o andererseits: zu prüfen / anzustreben wäre eine einheitliche
Vorgehensweise / Unterstützung der Jobcenter (bzw. anderweitig
Zuständiger) zur Frage des Genossenschaftsanteils (§ 22 SGB II,
Darlehen? Umgang mit Genossenschaftsantieilen als Vermögen?)
Umgang mit Grundsteuer bei Fusion kleiner Genossenschaften ?
Lernen von neuen Akteuren (kleinen Genossenschaften,
genossenschaftlich organisierten Baugruppen ) zu Modellen
alternsgerechten , generationenübergreifenden,
gemeinschaftsorientierten Wohnens
o Blick nach Skandinavien
(z.B. Loppukiri / Helsinki) , Färdknäppen / Stockholm)
„Die genossenschaftliche Form ist kein feststehendes Modell, keine
Konstante, sondern gelebte Form und muss immer wieder
angepasst und erneuert werden.“
Zitat Barbara Neumann-Cosel 2012: Klaus Novy, 1990
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Christiane Droste
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