Das Abstimmungsproblem (ballot problem)

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Das Abstimmungsproblem (ballot problem)
Das Abstimmungsproblem (ballot problem)
Grundlagen: Binomialkoeffizienten
n
  Die Anzahl der Möglichkeiten aus n Objekten k auszuwählen. Die Reihenfolge wird
k 
nicht beachtet. k ≤ n
Es gilt:
n
n!
  =
 k  k!*(n − k )!
Aufgabenstellung:
Bei einer Wahl standen sich die Kandidaten A und B gegenüber und im Ergebnis dieser Wahl
fielen a Stimmen auf den Kandidaten A und b Stimmen auf den Kandidaten B, wobei a>b
gelten soll. Wir wollen die Wahrscheinlichkeit Pa,b dafür berechnen, dass während der
Auszählung der Stimmen der Kandidat A die ganze Zeit vor dem Kandidaten B lag.
1,5
1
x
0,5
0
-0,5
-1
-1,5
n
Variablen:
n: Länge des Weges, Anzahl der Stimmen, a +
b=n
x: Differenz der Stimmen, a - b = x
Den Verlauf der Auszählung von n Stimmen,
bei der zum Schluss A mit x Stimmen vor B
lag, identifizieren wir mit einem Weg von (0,0)
nach (n,x).
Nn,x: Anzahl aller möglichen Wege von (0,0)
nach (n,x)
a: Anzahl der Schritte nach oben
b: Anzahl der Schritte nach unten
n n
Satz 1: Nn,x =   =  
 a b 
Beweis: Die Gleichheit gilt, da es egal ist, ob wir aus einer n-elementigen Menge a Elemente
aussuchen oder b Elemente nicht aussuchen.
Nun wollen wir noch a und b in Abhängigkeit von n und x darstellen. Dazu formen wir die
Gleichung a + b = n nach b [nach a] um und setzen in die Gleichung a – b = x für b = n - a [a
= n - b] ein. Dann erhalten wir:
a - (n - a) = x
(n - b) – b = x
2a = n + x
n - x = 2b
n+x
n−x
a=
b=
2
2
 n

n
n+x
 


Satz 1 besagt also, dass Nn,x =  n + x  =  n − x  mit n ≥ 1 ;
∈ N.
2
 


 2   2 
68
Dass die Gleichwahrscheinlichkeit der Wege gilt, zeigen wir anschaulich an einem Beispiel:
1
2
2
3
a
1
b
b
1
a
a
1
a
1
3
1
2
1
3
b
a
1
1
3
1
3
Zurück zur Ausgangsfrage:
Wir wollen einen Weg S+, der oberhalb der n-Achse verläuft, finden. Die Anzahl der
positiven Wege S+ heißt N+n,x. Die Wahrscheinlichkeit von S+ ist
N+
Anzahl der günstigen Wege
P(S+) = n , x =
Anzahl aller möglichen Wege
N n,x
Spiegelungsprinzip:
Um N +n, x zu bestimmen, benutzen wir als Hilfsmittel das Spiegelungsprinzip:
Es seien m, n, r, s positive ganze Zahlen. Die Anzahl der Wege von A(m,r) nach B(n,s), die
die n-Achse in einem Punkt (q,0) schneiden oder berühren, ist gleich der Anzahl der Wege
von A’(m,-r) nach B(n,s).
Aus dem Diagramm wird offensichtlich, dass
die Anzahl der Wege von A nach (q,0) gleich
der Anzahl der Wege von A’ nach (q,0) ist. Die
Anzahl der Wege vom ersten Punkt (q1,0) nach
B sind für A und A’ dann gleich.
4
3
2
x
1
0
-1
-2
-3
n
Um N +n, x zu finden, müssen wir nun von der Gesamtheit aller Wege Nn,x alle die Wege
abziehen, die die n-Achse schneiden oder berühren. Das sind alle die Wege von A’ nach B.
Da alle positiven Wege von (0/0) nach (1/1) gehen müssen und (0/0) nicht an der n-Achse
gespiegelt werden kann, nehmen wir für A den Punkt (1/1). Wir verschieben das
Koordinatensystem; aus n wird n-1 und aus x wird x-1.
N +n, x = Nn-1,x-1 – Nn-1,x+1
69

 n −1
n −1

 

=  n −1 + x −1 −  n −1 + x + 1

 

2
2

 

n −1
 n −1 

 

= n+ x −2−n+ x

 

2

  2 
=
=
=
=
=
(n − 1)!
(n − 1)!
n+ x
n+x
n+x
n+ x
− 1)!*(n −
(
)! (
)!*(n −
− 1)!
2
2
2
2
n+x
n+x
(n − 1)!*(
) − (n − 1)!*(n −
)
2
2
n+x
n+ x
(
)!*(n −
)!
2
2
(n − 1)!*x
n+ x
n+x
(
)!*(n −
)!
2
2
(n − 1)!*x
x n
* *
n+ x
n+x
n x
(
)!*(n −
)!
2
2
x
* Nn,x
n
-
n!
Nn,x =
(
n+x
n+ x
)!*(n −
)!
2
2
Wir bezeichnen mit Pa,b die Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kandidat A die ganze Zeit vor
dem Kandidaten B lag.
x
* N n, x
N n+, x
x
a−b
n
Pa,b =
=
=
=
n
a+b
N n,x
N n, x
Eigenschaften von Pa,b:
Wenn a ein Vielfaches k von b ist, dann hängt die Wahrscheinlichkeit nur noch von dem
k −1
Verhältnis
ab und nicht mehr von der Anzahl a und b der Stimmen, denn
k +1
kb − b b(k − 1) k − 1
=
=
a=k*b
=> Pa,b =
kb + b b(k + 1) k + 1
Peter und Paul -Problem
Aufgabenstellung:
Peter und Paul spielen. Peters Ziel ist es, ein Spiel vor Paul zu liegen, also ein Mal mehr zu
gewinnen als Paul.
p: Wahrscheinlichkeit, dass Peter gewinnt
q: Wahrscheinlichkeit, dass Paul gewinnt
Zusammenhang: p = 1 - q, da q + p immer 1 sein muss.
70
Wir betrachten den Fall, dass Paul doppelt so häufig gewinnt wie Peter, d.h. p =
1
und q =
3
2
.
3
fn: Wahrscheinlichkeit, dass Peter nach dem n-ten Spiel zum ersten Mal ein Spiel vor Paul
liegt.
h: Wahrscheinlichkeit, dass Peter überhaupt einmal ein Spiel vor Paul liegt
h = f1 + f2 + f3 + ...
1
1
, weil p =
w0 = 1
3
3
f2 = 0, weil Peter und Paul entweder je ein Spiel gewonnen haben oder Paul beide Spiele
gewonnen hat (Peter muss das erste Spiel verloren haben, ansonsten sind wir schon
fertig). Analog gilt: fn = 0 für alle geraden n.
f1 =
f3 =
2 1 1
* * , weil Peter das erste Spiel verloren und die nächsten beiden gewonnen haben
3 3 3
muss, um eins in Führung zu liegen.
w1 = 1
3
2
1  2
f5 = 2*   *   , weil Peter zunächst verlieren muss, das zweite und dritte Spiel jeweils
3  3
einmal gewinnen und verlieren muss und er die letzten beiden Spiele gewinnen muss. Der
Koeffizient 2 kommt durch die doppelte Anzahl der Möglichkeiten.
w2 = 2
Allgemein gilt für die Wahrscheinlichkeit, dass Peter nach 2k+1 Spielen zum ersten Mal vor
Paul liegt:
1
f2k+1 = wk *  
3
k +1
2
* 
3
k
wk ist die Anzahl der möglichen Wege, die zum Ziel führen. Der Exponent von
größer sein als der Exponent von
1
muss um 1
3
2
, da Peter ein Spiel mehr gewinnen als verlieren muss.
3
Daraus folgt für h:
h = w0 * p + w1 * p² * q + w2 * p³ * q² + …
Jetzt versuchen wir h auf eine andere Weise zu ermitteln. Peter soll nun zwei Spiele vor Paul
liegen.
1,5
1
x
0,5
p
h
0
-0,5
q
h
-1
-1,5
n
71
Aus dem Diagramm ist ersichtlich:
h = p + q*h²
h
p
0 = h² - +
q
q
1 ± 1 − 4qp
2q
Umformung des Terms unter der Wurzel: 1 - 4pq = 1 - 4q * (1 - q) = 1 - 4q + 4q² = (1 - 2q)²
1 + 1 − 2q
1 − 1 − 2q
h1 =
und
h2 =
2q
2q
1
1
p
und für h2 = 1.
Eine Fallunterscheidung nach q < und q > liefert für h1 =
2
2
q
p
Für p > q ist >1, was unmöglich ist, da eine Wahrscheinlichkeit nicht größer als 1 sein
q
kann. Also ist h = 1.
p
Für p = q folgt = 1, d.h. h = 1.
q
1
1
1
1
+ a)
Für p < q muss p < sein. Sei a = - p, dann ist p * q = p * (1 - p) = ( - a) * (1 2
2
2
2
1
1
1
1
= ( - a) * ( + a) =
- a² < .
2
2
4
4
Dann gilt:
1
p<
2
mit p-q-Formel: h1,2 =
p²q = p(pq) <
1 1 1
* = 
2 4 2
3
2
5
3
7
1 1
1
p³q² = p(pq)² < *   =  
2 4
2
1 1
1
p q³ = p(pq)³ < *   =  
2 4
2
Wir sehen, dass jeder Term der linken Reihe für h kleiner ist als der Term der rechten Reihe
für 1.
p
folgt.
Daraus folgt: h < 1, woraus wiederum h =
q
Die Wahrscheinlichkeit, dass Peter jemals zwei Spiele vor Paul liegt, beträgt h². Analog gilt
für die Wahrscheinlichkeit, dass Peter jemals mit k Spielen vor Paul liegt hk. Für hk gilt:
 1 wenn p ≥ q

k
h =   p k
   wenn p < q
 q 
4
Wir wollen nun die Anzahl der Wege wk bestimmen. Diese verlaufen von A(1/-1) nach
B(2n/0) ohne die n-Achse zu schneiden. Um diese Wege zu zählen, müssen wir das
Spiegelungsprinzip anwenden und die n-Achse um eins nach oben verschieben. Alle Wege,
die diese neue Achse vor B berühren oder schneiden, bedeuten, dass Peter sein Ziel bereits
erreicht hat.
72
4
3
2
1
x 0
-1
-2
-3
-4
A’
B
A
n
Aus der Grafik ist ersichtlich, dass p – q = 1 und p + q = 2n – 1
sowie p´- q´= -3 und p´+ q´= 2n-1
Daraus folgt: p = n
p´= n-2
Um die Anzahl aller Wege von A nach B zu finden, die die neue n-Achse weder berühren
noch schneiden, müssen wir von der Gesamtanzahl aller Wege von A nach B diejenigen
Wege abziehen, die die neue n-Achse berühren oder schneiden. Das sind nach dem
Spiegelungsprinzip alle die, die von A´(1/3) nach B verlaufen.
Demnach ist N- = wk = Nges – NA´
N- = wk
 n   n´ 
=   -  
 p   p´
 2n − 1  2n − 1
 - 

= 
 n − 2 
n
(2n − 1)!
(2n − 1)!
=
n!(2n − 1 − n)! (n − 2)!(2n − 1 − n + 2)!
(2n − 1)!
(2n − 1)!
(2n − 1)!(n + 1 − n + 1)
=
=
n!(n − 1)! (n − 2)!(n + 1)!
(n + 1)!(n − 1)!
2(2n − 1)!
1
2n(2n − 1)!
=
*
=
(n + 1)!(n − 1)! n + 1
n!n!
1
2n!
1  2n 
*
=
* 
=
n + 1 n!n! n + 1  n 
Für Wahrscheinlichkeit h ergibt sich dann:
∞
 2n 
1
*   * pn+1 * qn
h =∑
n =0 n + 1  n 
73