Rückführungen im Spannungsfeld von Recht, Bindung und

Transcription

Rückführungen im Spannungsfeld von Recht, Bindung und
Modellprojekt
Rückführung
Jahrestagung für Fachkräfte der Pflegekinderdienste April 2015
Sabrina Langenohl
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bis September 2014 feste Mitarbeiterin der GEBIT Münster
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Fach- und Organisationsberaterin
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Begleitung von Modellprojekten
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freiberufliche Fach- und Organisationsberaterin
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Inhaberin und Geschäftsführerin der Jugendhilfe für Familien – JuFa Unna
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ambulanter Träger
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Rückführungsbegleitung
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Fremdunterbringungsvermeidung
Das Projekt
Folie  3
Modellprojekt der GEBIT Münster
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9 auftraggebende Kommunen: Kreis Soest, Landkreis Peine; Region
Hannover, Stadt Bergheim, Stadt Celle, Stadt Jena, Stadt Lüneburg, Stadt
Porta-Westfalica, Stadt Soest
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Laufzeit: September 2012 bis Dezember 2013
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In jeder Kommune wurde in Zusammenarbeit von öffentlichem und freien
Trägern ein individuelles Rückführungskonzept entwickelt
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Parallel fanden zentrale Sitzungen statt, bei denen sich die Kommunen
untereinander austauschen konnten
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Abschluss durch Handlungsempfehlungen für die Erstellung eines
individuellen Rückführungskonzepts – nicht DAS Rückführungskonzept
Folie  4
Problemaufriss – Thesen
Folie  5
Warum ist Rückführung ein
solches Thema?
Warum finden aber so wenige
geplante Rückführungen statt
???
Folie  6
IST das SO?
Man soll immer so lange wie möglich versuchen,
mit ambulanten Hilfen zu arbeiten
Kinder brauchen Verlässlichkeit und Klarheit und
müssen eindeutig wissen, wo sie in Zukunft leben werden
Eltern, die Umgangskontakte unregelmäßig wahrnehmen
sind schlechte Eltern und zu unzuverlässig,
um ein Kind großzuziehen
Nach 2 Jahren in der Pflegefamilie hat das Kind Bindungen aufgebaut und es
ist keine Rückführung mehr möglich
???
Folie  7
Der Fokus der Kinder- und Jugendhilfe
liegt auf dem Wohl des Kindes!
Die Fachkräfte wollen das Beste für das Kind und arbeiten gemeinsam daran
Rückführung zu verhindern
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weil die Pflegefamilie dem Kind bessere Bedingungen bietet
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weil die erreichten Erfolge zu Hause wieder verloren gehen
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weil das Kind in stationären Hilfen geschützt und sicher ist
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weil das Kind in der Pflegefamilie erst ankommen muss, bevor mit der
eigentlichen Arbeit begonnen werden kann
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weil die Eltern nicht das tun, was man ihnen sagt
Folie  8
Eltern stören
Die Eltern sind die
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
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Unzuverlässigen
die nicht tun, was man Ihnen sagt
die das Kind geschlagen, vernachlässigt und verdorben haben
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die nicht verstehen, was sie falsch gemacht haben
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die das Kind zum „reparieren“ abgeben
die erreichte Erfolge wieder kaputt machen
die sich nicht an Umgangskontakte halten
die das Kind immer wieder neu enttäuschen
Folie  9
Rechtsprechung – Bundesverfassungsgericht
Nicht jedes Versagen der Eltern berechtigt den Staat dazu, auf der
Grundlage seines Wächteramtes die Eltern von der Pflege und Erziehung
ihres Kindes auszuschalten.
Es gehört nicht zur Ausübung des Wächteramtes, gegen den Willen der
Eltern für eine den Fähigkeiten des Kindes bestmögliche Förderung zu
sorgen.
Vielmehr zählen die Eltern und deren
sozioökonomischen Verhältnisse grundsätzlich
zum Schicksal und Lebensrisiko eines Kindes,
wobei auch in Kauf genommen wird,
dass Kinder durch den Entschluss der Eltern
wirkliche oder vermeintliche Nachteile erleiden.
Folie  10
Pflegefamilien sind die besseren Eltern
Kindern und Pflegefamilien sind unklare
Verhältnisse nicht zuzumuten
Eltern können nicht teilhaben am Leben in
der Pflegefamilie
Kinder können nur zu EINER Familie
Bindungen haben
Wenn die Eltern gute Eltern wären, würden
sie das einsehen und in eine Adoption
einwilligen oder wenigstens das Kind in Ruhe
lassen
Folie  11
Empfehlungen für die Erarbeitung
vor Ort
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Prozessvorgaben statt Inhalte
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Das Modellprojekt hat keine Vorgaben zu den „richtigen“ Konzepten und Inhalten ergeben,
sondern
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Empfehlungen für den Prozess der Erarbeitung
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Zu beteiligende Institutionen:
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Allgemeine Soziale Dienst (ASD), Pflegekinderdienst (PKD), Vormünder
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Pflegelternvertretungen
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Beratungseinrichtungen: Trennungs- und Scheidungsberatung, Erziehungsberatung,
Schuldnerberatung, Suchtberatung etc.
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stationäre Einrichtungen im Einzugsbereich
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ambulante Jugendhilfeträger im Einzugsbereich
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Familienbildungseinrichtungen, bzw. Träger die Anbieter von speziellen Elternkursen und –trainings
sind
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niedrigschwellige Angebote: Alleinerziehendentreffs, Elterncafés etc.
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Andere relevante (kommunale) Einrichtungen zu punktuellen Themen
Folie  13
Gliederung für ein Rückführungskonzept
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Anlass
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Grundhaltungen
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Mitarbeiterkompetenz und –haltungen
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Verfahrensablauf – Besonderheiten bei stationären Hilfen und Rückführung
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Informationsfluss – welche Informationen werden wann wie
weitergegeben?
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Sicherstellung der Eingangsqualität – Diagnostik und
Bedarfsermittlung
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Kriterien für und Ausgestaltung von Angeboten – Elternarbeit, Begleitung und
Stabilisierung der Rückführung
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Evaluation und Qualitätssicherung
Folie  14
Empfehlungen zu Inhalten
Folie  15
(misslingende) Rückführungsprozesse
zeigen, was sowieso falsch läuft
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

Qualität der Hilfeplanung
Intensität der Hilfesteuerung
Zusammenarbeit zwischen freiem und
öffentlichen Träger
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Verfahrensablauf
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Eingangsqualität sicherstellen
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Planung der Rückführung
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keine festen Zeiträume
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Verfahrensablauf mit enger Taktung und stärker Betonung von Helferkonferenzen
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Regelmäßige und enge Hilfesteuerung mit
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am Einzelfall orientierten klaren Zielabsprachen
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klaren Regelungen zu Umgangskontakten
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Aufträgen an die Familie – wer hat bis wann was zu erreichen
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Definition von Unterstützungsleistungen für jeden Angehörigen des Familiensystems
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Absprachen zwischen den Helfersystemen, wer wann für was zuständig ist
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Die Prognose ist ständig zu aktualisieren und zu überprüfen
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Definierten Indikatoren, an denen zu erkennen ist, wann Rückführung möglich ist, bzw.
wann sie ausgeschlossen ist.
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Diese Indikatoren orientieren sich an den Bedürfnissen des Kindes und den Aufgaben im Rahmen
der Elternverantwortung und nicht an der Art der Lebensgestaltung der Eltern
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Angebotsstruktur
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wohnortnahe, erreichbare Unterbringung
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personelle Ausstattung ausreichend für umfassende Elternarbeit
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räumliche Ausstattung, dass Eltern einbezogen werden können
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Akquise und Schulung von „Rückführungspflegefamilien“
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finanzielle Grundabsicherung für Plätze
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ambulante (zusätzliche) Angebote:
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familientherapeutische Angebote,
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Elterntrainings und Elternschule, -kurse
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Gruppenangebote
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Beratungsangebote
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Nachbereitung und weitere Begleitung beachten
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Rückführung gibt es nicht zum Nulltarif!
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Umgang mit Abbrüchen
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Angebote für Eltern, deren Kinder dauerhaft fremduntergebracht sind
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Haltungen
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Eltern bleiben Eltern
Jedes Kind wird zurückgeführt
Sowohl Als Auch
statt
Entweder Oder
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Mitarbeiterkompetenz und -haltungen
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ambulant vor stationär – stationär als letzte Lösung?
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Haltung gegenüber der Herkunftsfamilie – Was ist eine gute, eine
‚funktionierende‘ Familie?
Ein Rückführungskonzept kann nur
greifen und erfolgreich umgesetzt werden,
wenn die beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowohl beim
öffentlichen Träger
und bei den leistungserbringenden freien Trägern
eine positive Haltung zur Rückführung verinnerlicht haben
und diese „leben“.
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Fazit und Ausblick
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Fazit und Ausblick 1
Diagnostik
1.
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Entwicklung geeigneter Kriterienraster
Ausrichtung der Konzepte im PKD auf Rückführung
2.
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andere Familien
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andere Qualifizierung
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andere Begleitung
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Konzepte der Zusammenarbeit zwischen Pflegeeltern, PKD und ambulanten Trägern
3.
Der gesetzliche Auftrag des §37 SGB VIII, ist für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
bei öffentlichen und freien Trägern der Jugendhilfe verstärkt in den Fokus zu bringen.
4.
Haltung zu Eltern, Elternverantwortung, Elternrecht und Kindeswohl immer wieder zu
hinterfragen und zu überprüfen.
5.
Weg von „ambulant vor stationär“
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Fazit und Ausblick 2
Unterschiedliche Wertmaßstäbe sind Bestandteil der gemeinsamen Arbeit.
6.
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Verständigung über Bewertungskriterien
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Wissen um unterschiedliche Blickwinkel und deren Reflexion ermöglicht eine
multiprofessionelles Handeln und die Wahrnehmung der Bedarfe und Interessen aller
Familienmitglieder
Überprüfung der bisherigen Angebotsstruktur:
7.
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Insbesondere Ausgestaltung und Zielrichtung der Elternarbeit
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familiensystemische Arbeit
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Kooperation ambulanter und stationärer Träger

spezielle Angebote zur Arbeit mit Herkunftseltern
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Handlungsempfehlungen inkl. umfassendem
Anhang
http://wiki.gebit-ms.de/
Folie  25