Anrechnungsleitlinie

Transcription

Anrechnungsleitlinie
EUROPÄISCHE UNION
Europäischer Sozialfonds
Anrechnungsleitlinie
Leitlinie für die Qualitätssicherung
von Verfahren zur Anrechnung
beruflicher und außerhochschulisch
erworbener Kompetenzen
auf Hochschulstudiengänge
Die Initiative „Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge
(ANKOM)“ wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie
aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Das Bundesinstitut für
Berufsbildung (BIBB) ist Projektträger. Die wissenschaftliche Begleitung erfolgt
durch die Hochschul-Informations-System GmbH (HIS) und das Institut für Innovation und Technik (iit) der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH (VDI/VDE-IT)
in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Dem Team der
wissenschaftlichen Begleitung gehören zum Zeitpunkt der Drucklegung an:
Dr. Regina Buhr, Dr. Walburga Freitag, Dr. Ernst A. Hartmann, Claudia Loroff, Jörg
Maas, Kerstin Mucke, Ida Stamm-Riemer, Daniel Völk, Patricia Zan.
Herausgeber:
Wissenschaftliche Begleitung der BMBF-Initiative „Anrechnung
beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge (ANKOM)“
HIS Hochschul-Informations-System GmbH
Goseriede 9, 30159 Hannover
Institut für Innovation und Technik (iit)
der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH
Steinplatz 1, 10623 Berlin
Weitere Informationen:
http://ankom.his.de
Projektträger:
Wissenschaftliche Begleitung:
institut für
innovation und
technik
Stand: Januar 2010
Inhalt
3
Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Zweck der Anrechnungsleitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5
Grundlagen der Anrechnungsleitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6
Gegenstandsbereiche der Leitlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gegenstandsbereich „Lernergebnisbeschreibung“ . . . . . . . . . . . . . . .
Gegenstandsbereich „Äquivalenzprüfung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gegenstandsbereich „Formale Verankerung der
Anrechnungsregelung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
Gegenstandsbereich „Information und Beratung“ . . . . . . . . . . . . . . . .
Gegenstandsbereich „Evaluation“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
6
7
7
8
9
9
Anhang 1 | Beschlüsse, Vereinbarungen und Empfehlungen
Übersicht über die zur Entwicklung der Anrechnungsleitlinie
zugrundegelegten Beschlüsse, Vereinbarungen und
Empfehlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11
Anhang 2 | Glossar
Äquivalenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Äquivalenzprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .13
Formal erworbenes Lernergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Generische Taxonomien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Gleichwertigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .14
Gültigkeit (Validität) von Methoden der Äquivalenzprüfung . . . . . .15
Individuelle Anrechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Informell erworbenes Lernergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Kombinierte Anrechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Lernergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .16
Non-formal erworbenes Lernergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
Pauschale Anrechnungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17
Transparenz von Methoden der Äquivalenzprüfung . . . . . . . . . . . . . . .17
Verlässlichkeit (Reliabilität) von Methoden der
Äquivalenzprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .18
Zweckmäßigkeit von Methoden der Äquivalenzprüfung . . . . . . . . . .18
4
Anrechnungsleitlinie
Vorbemerkung | Zweck
5
Vorbemerkung
Leitlinien sind eine wichtige Unterstützung in Veränderungsprozessen. Sie zählen zu den Instrumenten, die sowohl innerhalb der in Veränderung befindlichen Organisationen als auch nach außen eine orientierungsvermittelnde Funktion erfüllen. Sie sollen dazu beitragen,
in offenen Situationen die richtigen und auf das konkrete Gebiet
bezogenen Entscheidungen zu treffen.
Die Hochschulreform im Rahmen des Bologna-Prozesses bringt u. a.
vielfältige Entwicklungen und Veränderungen in den Studienstrukturen. Zur besseren Vergleichbarkeit im Europäischen Bildungs- und
Hochschulraum wird die Zweistufigkeit der neuen Hochschulabschlüsse Bachelor und Master eingeführt. Vollzogen wird ein Perspektivwechsel von den Lehrinhalten hin zu den Lernergebnissen der
Studierenden bei der Beschreibung von Studienmodulen. Dies
erleichtert die Anrechnung außerhalb des Studiums erworbener
Qualifikationen und Kompetenzen (Accreditation of Prior Learning,
APL), wie es in der Bologna-Erklärung und den Kommuniqués der
Nachfolgekonferenzen der europäischen Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister verankert ist. Ebenso bekennt sich
die European University Association in der Glasgow-Erklärung (EUA
2005) zu der Herausforderung, „frühere Lernerfahrungen“ anzuerkennen (Recognition of Prior Learning). Um die Hochschulen bei der
Anrechnung von vorangegangenen Lernergebnissen zu unterstützen, wurde im Rahmen der ANKOM-Initiative die vorliegende Leitlinie für qualitätsgesicherte Anrechnungsverfahren im Rahmen von
Hochschulstudiengängen – kurz: Anrechnungsleitlinie – entwickelt.
Ein Leitlinienentwurf wurde auf dem Workshop „Anrechnung –
Durchlässigkeit mit Qualität“ am 4. / 5. Juni 2008 in Berlin mit den
Akkreditierungsagenturen und dem Akkreditierungsrat sowie anderen Expertinnen und Experten diskutiert. Die Ergebnisse dieser Diskussion sind in die vorliegende Fassung eingeflossen.
Zweck der Anrechnungsleitlinie
Die Übereinkunft über definierte Qualitätsstandards für Anrechnung
von außerhochschulisch erworbenen Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge (nachfolgend unter dem Begriff „Qualitätsstandards“
gefasst) dient, unter Wahrung der Autonomie und Qualitätsverantwortung der Hochschule,
3 der Erzeugung von Transparenz für alle Beteiligten (beruflich qualifizierte Studiumsinteressierte, Anbieter der beruflichen Aus- und
Weiterbildung, Hochschulen, Ministerien, Akkreditierungsagenturen etc.),
3 der Förderung der Vertrauensbildung zwischen allen Beteiligten
und
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Anrechnungsleitlinie
3 der Nachvollziehbarkeit der Äquivalenz(feststellung) von beruflich
und hochschulisch erworbenen Kompetenzen.
Die Qualitätsstandards orientieren sich am System des hochschulinternen Qualitätsmanagements bzw. sind integraler Bestandteil
davon, so dass ihre Umsetzung dadurch sichergestellt werden kann.
Grundlagen der Anrechnungsleitlinie
Die Anrechnungsleitlinie wurde auf der Grundlage der Erfahrungen
entwickelt, die im Rahmen der BMBF-Initiative „Anrechnung beruflicher Kompetenzen auf Hochschulstudiengänge (ANKOM)“
(http://ankom.his.de) gemacht wurden. Darüber hinaus wurden
Erkenntnisse und Anregungen aus den Modellen und den Praxiserfahrungen anderer Länder aufgegriffen.
Die Anrechnungsleitlinie berücksichtigt die hinsichtlich Qualitätssicherung und Anrechnung getroffenen Aussagen aus Beschlüssen,
Vereinbarungen und Empfehlungen der Kultusministerkonferenz
(KMK), des Akkreditierungsrates, der Hochschulrektorenkonferenz
(HRK) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung
(BMBF), der European Association for Quality Assurance in Higher
Education (ENQA) sowie des Rates der Europäischen Union.
Die einschlägigen Landes- bzw. Hochschulregelungen (Anrechnung /
Anerkennung für extern erbrachte Leistungen, hochschulinternes
Qualitätsmanagement etc.) sind bei der Implementation von
Anrechnungsverfahren in den Hochschulen zu berücksichtigen.
Gegenstandsbereiche der Leitlinie
Die Qualitätsstandards beziehen sich auf die nachfolgenden fünf
Gegenstandsbereiche:
3
3
3
3
3
„Lernergebnisbeschreibung“,
„Äquivalenzprüfung“,
„Formale Verankerung der Anrechnungsregelung“,
„Information und Beratung“ und
„Evaluation“.
Sie sollen – soweit möglich – bei allen Anrechnungsarten (pauschal,
individuell, kombiniert) und Anrechnungsfällen angewandt werden.
Sie sind so allgemein gehalten, dass sie bei der Umsetzung an die
gegebenen Bedingungen der einzelnen Hochschule angepasst werden können. Sie stellen eine Mindestanforderung an qualitätsgesicherte Anrechnung dar und sind daher im Umfang und Detaillie-
Grundlagen | Gegenstandsbereiche
7
rungsgrad erweiterbar. Geschlechtsspezifische Aspekte sind bei
allen in der Leitlinie benannten Gegenstandsbereichen zu berücksichtigen.
Gegenstandsbereich „Lernergebnisbeschreibung“
Um die Gleichwertigkeit (Äquivalenz) der außerhochschulisch und
der an der Hochschule erworbenen Kompetenzen überprüfen zu
können, müssen sowohl die Qualifikationsziele (bzw. Dokumente)
der abschlussbezogenen Bildungsgänge (Aus- bzw. Fortbildungsordnung, Studiengangskonzept mit Modulbeschreibungen) als auch die
informell / non-formal erworbenen Kompetenzen lernergebnisorientiert formuliert vorliegen. Bei Letzteren müssen Erfahrungen und
Kompetenzen, sofern sie nicht in einer dokumentierten Form vorliegen, in Lernergebnisbeschreibungen überführt und als solche dokumentiert werden.
Vorzugsweise bedient sich die Lernergebnisbeschreibung eines bildungsbereichsübergreifend anerkannten Referenzsystems, wie z. B.
den Deskriptoren und der Niveau-Systematik des Europäischen bzw.
Deutschen Qualifikationsrahmens oder generischen Taxonomien.
Damit wird gewährleistet, dass mittels einer gemeinsamen Terminologie Lernergebnisse aus unterschiedlichen Bildungskontexten im
Umfang und Niveau vergleichbar beschrieben werden.
Gegenstandsbereich „Äquivalenzprüfung“
Bei der Äquvialenzprüfung von Lernergebnissen aus unterschiedlichen Bildungskontexten werden Gleichwertigkeiten untersucht. Die
Methode zur Überprüfung der Gleichwertigkeit muss zweckmäßig,
verlässlich, gültig und transparent sein.
Zweckmäßig bedeutet, dass mit der angewandten Methode zur
Äquivalenzfeststellung auch die gewünschte Aussage getroffen werden kann, dass die vor dem Studium erworbenen Lernergebnisse mit
Teilen der akademischen Lernergebnisse gleichwertig (oder – auch
möglich – nicht gleichwertig) sind.
Verlässliche Methoden der Äquivalenzbeurteilung führen zu Äquivalenzaussagen, deren Inhalt bzw. Ergebnis möglichst wenig von veränderten äußeren Randbedingungen der Beurteilung beeinflusst
wird. Zu diesen Randbedingungen gehören etwa die beurteilende
Person oder der Zeitpunkt der Beurteilung (bei inhaltlich unverändertem Beurteilungsobjekt).
Die Gültigkeit der Äquivalenzprüfung sagt etwas über die Belastbarkeit (Validität) der erzielten Aussage (Ergebnis) aus.
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Anrechnungsleitlinie
Ein transparentes Äquivalenzprüfungsverfahren dokumentiert für
alle Beteiligten die Schritte und Zwischenergebnisse im Anrechnungsprozess und legt sie – soweit in Übereinstimmung mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen – offen. Dadurch wird es möglich,
das Zustandekommen des Ergebnisses nachzuvollziehen.
Das (positive) Ergebnis der Äquivalenzprüfung weist Art (welche Studienleistung) und Umfang (in Kreditpunkten) sowie Weise (individuell /
pauschal / kombiniert) der Anrechnung aus und wird entsprechend
der datenschutzrechtlichen Bestimmungen veröffentlicht. Mögliche
Einwände gegen das Ergebnis – beispielsweise in Form eines Widerspruchsrechts – sind gemäß der Hochschulpraxis zu behandeln.
Gegenstandsbereich „Formale Verankerung der
Anrechnungsregelung“
Das Anrechnungsverfahren hat einen formalen Status. Es ist gemäß
den an der Hochschule üblichen Beschlüssen ordnungsgemäß und
rechtlich abgesichert, verankert und öffentlich zugänglich. Es legt
die Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten – beispielsweise im
Streitfall – sowie die einzelnen Schritte und Ergebnisse im Anrechnungsprozess fest.
Für den Fall einer substanziellen Veränderung der dem erzielten
Äquivalenzergebnis zugrunde liegenden Lernergebnisse des berufsbildenden oder hochschulischen Bereichs ist eine gegenseitige
Anzeigepflicht erforderlich und daher zu vereinbaren, um ggf. Auswirkungen für das Äquivalenzergebnis und damit für die Anrechnungsentscheidung überprüfen zu können. Dies ist Bestandteil des
Anrechnungsverfahrens bzw. der Anrechungsregelung.
Für alle Beteiligten transparent wird – falls zutreffend – die Anrechnungsmöglichkeit / -regelung (und – falls zutreffend – die Anrechnungsentscheidung) im Studiengangskonzept und in der Bachelor-Prüfungsordnung (bzw. im Akkreditierungsantrag) verankert. Denn laut KMKBeschluss von 2002 zu „Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium“ sollen die „qualitativ-inhaltlichen Kriterien für den Ersatz von
Studienleistungen im Rahmen der Akkreditierung überprüft werden.“
Eine entsprechende Ausweisung der Anrechung von Modulen im
„Diploma Supplement“ ist vorzunehmen.
Die optionale Erweiterung des Modulbeschreibungsformulars um
den Aspekt „Anrechnung“ bietet die Möglichkeit, die konkrete bzw.
potenzielle Anrechnung in der Beschreibung des betreffenden
Moduls anzugeben.
Gegenstandsbereiche
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Gegenstandsbereich „Information und Beratung“
Zur Information und Beratung der am Anrechnungsprozess beteiligten unterschiedlichen Zielgruppen, wie Verantwortliche der Studiengänge und der Hochschulverwaltung, Studiumsinteressierte, Studierende sowie Bildungseinrichtungen und Unternehmen, stehen
sowohl Print- und elektronische Medien zur Verfügung wie auch die
Möglichkeit der persönlichen Auskunft durch eine Anlaufstelle für
Anrechnung.
Gegenstandsbereich „Evaluation“
Die Ersteinführung des Anrechnungsverfahrens wird durch eine prozessbegleitende (Selbst-)Evaluation unterstützt. Die weitere Entwicklung der Anrechnungspraxis und eine damit verbundene Überprüfung des Verfahrens zur Äquivalenzfeststellung erfolgen weiterhin über eine in regelmäßigen Abständen durchgeführte Evaluation.
Die Ergebnisse dieser Evaluationen sind öffentlich zugänglich.
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Anrechnungsleitlinie
Anhang 1
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Anhang 1 | Beschlüsse, Vereinbarungen und Empfehlungen
Übersicht über die zur Entwicklung der Anrechnungsleitlinie
zugrundegelegten Beschlüsse, Vereinbarungen und Empfehlungen
(1) CEDEFOP (2009): Europäische Leitlinien für die Validierung nicht
formalen und informellen Lernens, Luxemburg
(2) „Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen
Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (II)“
(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18.9.2008)
(3) „Kriterien zur Akkreditierung von Studiengängen” (Beschluss des
Akkreditierungsrates vom 17.07.2006, geändert am 08.10.2007
und 29.02.2008; Drs. AR 15/2008)
(4) „Empfehlungen der AG Weiterbildung – Handreichung Agenturen” (Beschluss des Akkreditierungsrates vom 14.10.2007)
(5) „Empfehlungen der AG ECTS – Handreichung Agenturen“
(Beschluss des Akkreditierungsrates vom 12.10.2007)
(6) „Ländergemeinsame Strukturvorgaben gemäß §9 Abs. 2 HRG für
die Akkreditierung von Bachelor- und Masterstudiengängen”
(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 10.10.2003 i.d.F.
vom 15.06.2007)
(7) „Standards und Leitlinien für Qualitätssicherung im Europäischen
Hochschulraum (ESG)” (European Association for Quality Assurance
in Higher Education, ENQA, 2006)
(8) „Vergabe von ECTS-Punkten in Intensivstudiengängen“ (Beschluss
des Akkreditierungsrates vom 22.06.2006)
(9) „ECTS-Fähigkeit von Praxisanteilen im Studium“ (Beschluss des
Akkreditierungsrates vom 19.09.2005)
(10) „Mindestanforderungen an Schlüsselkompetenzen“ (Beschluss
des Akkreditierungsrates vom 20.06.2005)
(11) „Profilierung von Bachelorstudiengängen“ (Beschluss des Akkreditierungsrates vom 20.06.2005)
(12) „Qualifikationsrahmen für deutsche Hochschulabschlüsse” (Im
Zusammenwirken von Hochschulrektorenkonferenz, Kultusministerkonferenz und Bundesministerium für Bildung und Forschung erarbeitet und von der Kultusministerkonferenz am
21.04.2005 beschlossen)
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Anrechnungsleitlinie
(13) „Rahmenvorgaben für die Einführung von Leistungspunktsystemen und die Modularisierung von Studiengängen” (Beschluss
der Kultusministerkonferenz vom 15.09.2000 i.d.F. vom
22.10.2004)
(14) „Gemeinsame europäische Grundsätze für die Ermittlung und
Validierung von nicht formalen und informellen Lernprozessen”
(Rat der Europäischen Union, 2004)
(15) Gemeinsame Empfehlung des BMBF, der KMK und der HRK an die
Hochschulen zur Vergabe von Leistungspunkten in der beruflichen Fortbildung und Anrechnung auf ein Hochschulstudium
vom 26.09.2003
(16) „Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen
Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium (I)“
(Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 28.06.2002)
Anhang 2
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Anhang 2 | Glossar
Äquivalenz
(siehe Gleichwertigkeit, Seite 14 f)
Äquivalenzprüfung
Durch eine Äquivalenzprüfung wird die Gleichwertigkeit (Äquivalenz) zweier (oder mehrerer) Gruppen von Lernergebnissen festgestellt (vgl. Eintrag „Gleichwertigkeit“).
Eine erste Unterscheidung hinsichtlich der jeweils für die Äquivalenzbeurteilung verwendeten Methoden und Instrumente orientiert sich
daran, ob die Urteile im Rahmen einer individuellen oder pauschalen
Beurteilung erfolgen (vgl. Einträge „individuelle bzw. pauschale
Anrechnungsverfahren“).
Hinsichtlich der pauschalen Äquivalenzbeurteilung können die praktisch verwendeten Methoden grob in drei Klassen eingeteilt werden.
Allen Methoden ist gemein, dass sie sich auf Expertenurteile stützen:
3 Schwach strukturierte Methoden: Die Experten geben mehr oder
weniger unmittelbar und ohne bzw. mit nur geringer methodischer Unterstützung Inhalts- oder Niveauäquivalenzurteile ab.
3 Mäßig strukturierte Methoden: Die Expertenurteile werden durch
methodische Hilfsmittel wie etwa Checklisten, Leitfäden oder Fragebögen methodisch unterstützt und strukturiert.
3 Stark strukturierte Methoden: Die Expertenurteile werden durch
methodische Hilfsmittel, die als Messverfahren – mit bekannten
Güteindikatoren hinsichtlich Reliabilität und Validität (vgl. Einträge „Gültigkeit“ und „Verlässlichkeit“) – interpretiert werden können, methodisch unterstützt und strukturiert.
Im individuellen Verfahren hat sich das Portfolio als „Standard-Instrument“ etabliert. Im Portfolio werden in jedem Fall Dokumente
zusammengestellt, die einschlägige Erfahrungen als Lernergebnisse
der an Anrechnung interessierten Person belegen sollen. Dabei kann
es sich um betriebliche Dokumente, Arbeitsproben, Arbeitszeugnisse oder Ähnliches handeln. In dieser Hinsicht dient das Portfolio der
Dokumentation informell erworbener Lernergebnisse. Es herrschen
unterschiedliche Auffassungen, inwieweit auch Dokumente zum
Nachweis formal erworbener Lernergebnisse – wie etwa (Weiter-)Bildungszeugnisse – Bestandteil des Portfolios sind.
14
Anrechnungsleitlinie
Weiterhin ist zu unterscheiden zwischen inhalts- und niveaubezogener Äquivalenzprüfung (vgl. Eintrag „Gleichwertigkeit“). Es finden
sich Methoden der Äquivalenzprüfung, die sowohl Inhalts- sowie
Niveaubeurteilung umfassen als auch spezialisierte Methoden für
jeden der beiden Aspekte allein.
Formal erworbenes Lernergebnis
Formal erworbene Lernergebnisse entstehen in formalisierten Lernsettings (z. B. Schule, Weiterbildungseinrichtung) und sind durch
breit akzeptierte Zertifikate (z. B. Abschluss- und Prüfungszeugnisse)
belegt.
Ein Sonderfall ist die formal geregelte Zertifizierung informell erworbener Kompetenzen, wie sie beispielsweise im IT-Weiterbildungssystem Anwendung findet. Hier werden nach bestimmten Prozeduren
bzw. Methoden Kompetenzen, die in realen Geschäftsprozessen
erworben wurden, reflektiert, dokumentiert, geprüft und im Sinne
eines breit akzeptierten Weiterbildungsabschlusses zertifiziert. Die so
zertifizierten Lernergebnisse können für alle praktischen Fragen der
Anrechnung wie formal erworbene Lernergebnisse behandelt werden.
Generische Taxonomien
Unter generischen Taxonomien werden Klassifizierungssysteme für
Lernergebnisse verstanden, die auf wissenschaftlich fundierte
Beschreibungen kognitiver und handlungsbezogener Leistungen
Bezug nehmen. Diese Systeme sind in dem Sinne generell, dass sie
nicht an spezifische Domänen (z. B. Wissensgebiete, Berufsgruppen,
Tätigkeitsgebiete) oder institutionelle Kontexte (z. B. berufliche Bildung, akademische Bildung) gebunden sind.
Beispiele für solche generischen Taxonomien sind die kognitiven
Taxonomien nach Bloom (1956)1 oder Anderson / Krathwohl (2001)2,
die etwa die elementaren kognitiven Prozesse (Er)Kennen, Verstehen, Anwenden, Analysieren, Bewerten und Synthetisieren (Erzeugen) unterscheiden.
Gleichwertigkeit
Zunächst ist zu unterscheiden zwischen inhaltlicher und niveaubezogener Gleichwertigkeit. Die inhaltliche Gleichwertigkeit bezieht sich
auf die – mehr oder weniger stark ausgeprägte – inhaltliche Über1
2
B. S. Bloom (1956). Taxonomy of Educational Objectives, Handbook I: The Cognitive
Domain. New York: David McKay.
L. W. Anderson & D. R. Krathwohl (eds.) (2001). A Taxonomy for Learning, Teaching, and
Assessing: A Revision of Bloom’s Taxonomy of Educational Objectives. New York: Longman.
Anhang 2
15
deckung zweier (oder mehrerer) Gruppen von Lernergebnissen. Die
niveaubezogene Gleichwertigkeit bezieht sich auf das Niveau der
Lernergebnisse, etwa im Sinne der im Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) definierten Stufen (oder anders definierter Rangstufen
oder lokaler Niveauvergleiche zwischen jeweils bestimmten Gruppen von Lernergebnissen).
Die Gleichwertigkeit (Äquivalenz) von Lernergebnissen ist weiterhin
abzugrenzen von der Gleichartigkeit (Identität). Eine Gleichartigkeit
von Lernergebnissen ist in der Praxis nicht zu erwarten; dies gilt im
Übrigen auch für Anrechnungen von Lernergebnissen innerhalb der
Sektoren des Bildungssystems (z. B. zwischen Hochschulen).
Für eine Gleichwertigkeit in inhaltlicher und niveaubezogener Hinsicht müssen – weil es sich eben nicht um Gleichartigkeiten handelt –
bestimmte zulässige Bandbreiten definiert werden. Hinsichtlich der
inhaltlichen Überdeckung können beispielsweise inhaltliche Deckungsgrade von 75 % (oder andere Prozentwerte) als hinreichende
Bedingung für Gleichwertigkeit definiert werden.
In ähnlicher Weise müssen für die niveaubezogene Gleichwertigkeit
Bandbreiten oder „Kompensationsmechanismen“ beschrieben sein.
Bei mehrdimensionalen Niveaubeschreibungen verhält es sich ohnehin i. d. R. so, dass höhere Ausprägungen auf der einen Dimension
(z. B. Praxisrelevanz) in gewissem Maße geringere Ausprägungen auf
anderen Dimensionen (z. B. Breite des Theoriewissens) kompensieren können.
Gültigkeit (Validität) von Methoden der Äquivalenzprüfung
Gültige Methoden der Äquivalenzbeurteilung führen zu Äquivalenzaussagen, die begründbar und / oder nachweisbar die Gleichwertigkeit von Lernergebnissen im Hinblick auf sachlich angemessene
Beschreibungssysteme postulieren können. Sachlich angemessene
Beschreibungssysteme sind insbesondere die in der Leitlinie zum
Gegenstandsbereich „Lernergebnisbeschreibung“ genannten Konzepte (Qualifikationsrahmenwerke auf europäischer, nationaler oder
sektoraler Ebene, generische Taxonomien).
Die Gültigkeit der Äquivalenzaussagen lässt sich beispielsweise
durch die Inhalte der Äquivalenzbeurteilungsmethode im Hinblick
auf das Beschreibungssystem begründen (z. B. Verwendung von EQRDeskriptoren). Empirisch nachweisen lässt sie sich etwa durch Validierungsstudien hinsichtlich der jeweils konkret verwendeten
Methoden. Für bestimmte Methoden (z. B. Module Level Indicator,
MLI) liegen solche Validierungsstudien bereits vor.
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Anrechnungsleitlinie
Individuelle Anrechnungsverfahren
In individuellen Anrechnungsverfahren werden für jeden „Anrechnungskandidaten“ bzw. jede „Anrechnungskandidatin“ spezifisch
Lernergebnisse erhoben, dokumentiert und hinsichtlich ihrer Anrechenbarkeit bewertet.
Individuelle Anrechnungsverfahren können sich auf formal, non-formal und informell erworbene Lernergebnisse beziehen.
Eine typische Methode für individuelle Verfahren ist das Portfolio:
eine Sammlung unterschiedlicher formeller und informeller Dokumente, die das Vorliegen bestimmter Lernergebnisse dokumentieren sollen.
Informell erworbenes Lernergebnis
Informell erworbene Lernergebnisse entstehen in nicht-formalisierten Lernsettings (z. B. Arbeitsleben, soziales Umfeld) und sind nicht
durch Zertifikate (z. B. Abschluss- und Prüfungszeugnisse) belegt.
Eventuell liegen dennoch Dokumente vor, die den Erwerb des Lernergebnisses – ggf. indirekt oder aspekthaft – dokumentieren (z. B.
betriebliche Dokumente, Arbeitsproben).
Kombinierte Anrechnungsverfahren
Kombinierte Anrechnungsverfahren schließen individuelle wie pauschale Möglichkeiten der Lernergebnisanrechnung ein. Durch kombinierte Verfahren können die vorliegenden Anrechnungspotenziale
umfangreicher erschlossen werden als in rein pauschalen Verfahren.
Gegenüber rein individualisierten Verfahren sind kombinierte Verfahren durch ihre pauschalisierten Anteile in der Durchführung effizienter.
Lernergebnis
Lernergebnisse sind Aussagen darüber, was Lernende wissen, verstehen und in der Lage sind zu tun, nachdem sie Lernprozesse – formal,
non-formal oder informell – abgeschlossen haben. Lernergebnisse
können beschrieben werden im Sinne von:
3 Wissen (Kenntnisse und Fertigkeiten),
3 Qualifikationen (Eignung im Hinblick auf definierte Anforderungssituationen),
3 Kompetenzen („Selbstorganisationsdispositionen“ im Hinblick auf
unscharf definierte und / oder dynamisch veränderliche Anforderungssituationen).
Anhang 2
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Lernergebnisse werden zweckmäßigerweise mit Hilfe aktiver Verben
beschrieben: „Beherrscht Methode xy“, „Bewertet unterschiedliche
theoretische Erklärungsansätze“, „Synthetisiert aus vorhandenem
Wissen neue Lösungsansätze“.
Non-formal erworbenes Lernergebnis
Non-formal erworbene Lernergebnisse entstehen in formalisierten
Lernsettings (z. B. berufliche oder hochschulische Weiterbildungseinrichtung, Einrichtung der Erwachsenenbildung), sind aber nicht
durch breit akzeptierte Zertifikate (z. B. Abschluss- und Prüfungszeugnisse) belegt. Eventuell liegen dennoch Dokumente vor, die den
Erwerb des Lernergebnisses – ggf. indirekt oder aspekthaft – dokumentieren (z. B. Lern- und Arbeitsmaterialien, Inhaltsangaben).
Pauschale Anrechnungsverfahren
In pauschalen Anrechnungsverfahren werden – unabhängig von konkreten Bewerbern und Bewerberinnen bzw. „Anrechnungskandidaten“ und „Anrechnungskandidatinnen“ – Lernergebnisse bzw. Cluster
von Lernergebnissen (z. B. Teilprüfungen) erhoben, dokumentiert
und hinsichtlich ihrer Anrechenbarkeit auf bestimmte Bildungsgänge
bewertet.
Pauschale Anrechnungsverfahren beziehen sich normalerweise auf
formal erworbene – in Abschlüssen und Zertifikaten dokumentierte –
Lernergebnisse. Eine Anwendung auf non-formal erworbene Lernergebnisse ist denkbar, wenn die entsprechenden nicht-zertifizierten
Lernprogramme relativ verbreitet und gut dokumentiert sind. Eine
pauschale Anrechnung informell erworbener Kompetenzen ist in der
Regel nicht lernergebnisorientiert möglich und kann nur in Ausnahmefällen erfolgen (z. B. Anrechnung von Berufspraxis auf ein Praktikum innerhalb eines Studiengangs).
Im Falle standardisierter Geschäftsprozesse kann u. U. auch eine lernergebnisorientierte Anrechnung informell erworbener Kompetenzen erfolgen.
Transparenz von Methoden der Äquivalenzprüfung
Transparente Methoden der Äquivalenzprüfung sind in ihrer Struktur,
ihrem Inhalt und ihrer Funktionsweise nachvollziehbar auch für Personen, die sich noch nicht fachlich intensiv mit dem Gegenstandsbereich „Äquivalenzprüfung“ befasst haben. Zu diesen Personen gehören insbesondere:
3 Individuelle Nachfrager nach Anrechnung („Anrechnungskandidat“
bzw. „Anrechnungskandidatin“),
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Anrechnungsleitlinie
3 Institutionelle Nachfrager nach Anrechnung (z. B. Arbeitgeber von
„Anrechnungskandidaten“ und „Anrechnungskandidatinnen“),
3 Mitglieder von an Hochschulen mit Anrechnungsfragen befassten
Organisationseinheiten (z. B. Prüfungsämter),
3 Akteure der beruflichen Aus- und Weiterbildung (z. B. Kammern,
Prüferinnen und Prüfer, an der Entwicklung von Prüfungsordnungen beteiligte Personen und Instanzen).
Transparenz in diesem Sinne ist gegeben, wenn Struktur, Inhalte und
Funktionsweise der Methode so gestaltet sind, dass die o. g. Personengruppen diese Gegenstände ohne weitere Erläuterungen nachvollziehen können.
Wenn eine in diesem Sinne einfache Gestaltung nicht möglich oder
angestrebt ist – etwa, um andere Kriterien besser erfüllen zu können
– müssen Struktur, Inhalte und Funktionsweise der Methode durch
begleitende, allen Interessierten frei zugängliche Dokumente so
erläutert werden, dass die Methode mit Hilfe dieser Dokumente für
die Zielpersonen nachvollziehbar wird.
Verlässlichkeit (Reliabilität) von Methoden der
Äquivalenzprüfung
Verlässliche Methoden der Äquivalenzprüfung führen zu Äquivalenzaussagen, deren Inhalt bzw. Ergebnis möglichst wenig von veränderten äußeren Randbedingungen der Beurteilung beeinflusst wird. Zu
diesen Randbedingungen gehören etwa die Person des Beurteilers
oder der Zeitpunkt der Beurteilung (bei inhaltlich unverändertem
Beurteilungsobjekt).
Die Verlässlichkeit der Methode kann begründet werden durch
Instruktionen, Arbeitsunterlagen, Beurteilungshilfen etc., die erkennbar darauf abzielen, methodisch klar strukturierte Entscheidungen
im Hinblick auf inhaltlich klar definierte Kriterien zu unterstützen.
Empirisch nachweisen lässt sich die Verlässlichkeit etwa durch Reliabilitätsstudien hinsichtlich der jeweils konkret verwendeten Methoden. Für bestimmte Methoden (z. B. Module Level Indicator, MLI) liegen solche Reliabilitätsstudien bereits vor.
Zweckmäßigkeit von Methoden der Äquivalenzprüfung
Methoden der Äquivalenzprüfung von Lernergebnissen sind zweckmäßig bzw. gegenstandsangemessen, wenn sie dazu geeignet sind,
auf einzelne Lernergebnisse oder Cluster von Lernergebnissen angewendet zu werden, um die Gleichwertigkeit zwischen Lernergebnissen in inhaltlicher und niveaubezogener Hinsicht beurteilen zu können, ohne dass eine Identität der Lernergebnisse in dieser Hinsicht
erforderlich ist.
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