Magazin 1/11 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und

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Magazin 1/11 - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
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Bevölkerungsschutz
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Geoinformationen
Daten für einen modernen
Bevölkerungsschutz
www.bbk.bund.de
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Liebe Leserinnen und Leser,
Daten für einen modernen Bevölkerungsschutz – so
lautet der Untertitel zu unserem Themenschwerpunkt Geoinformationen. Eine notwendige Einschränkung. Nicht erst
die Aktivitäten des Datensammlers Google
mit der umstrittenen
Aktion Street View haben
die Menschen aufgeschreckt und sensibilisiert. Wer sammelt
welche Daten, wie und
wozu? Berechtigte Fragen. Geoinformationen,
gemäß der Internet-Enzyklopädie Wikipedia
„digitale Informationen,
denen auf der Erdoberfläche eine bestimmte räumliche Lage zugewiesen werden kann“, können durchaus personenbezogen sein oder berechtigte Interessen an der Geheimhaltung berühren.
Es ist also zu entscheiden, welche Daten ein moderner Bevölkerungsschutz überhaupt benötigt und
abzuwägen, ob und inwieweit dieses öffentliche
Interesse mit Persönlichkeitsrechten kollidiert.
Das führt schnell zu der Feststellung, dass nur in den
seltensten Fällen die für den Bevölkerungsschutz
erheblichen Geoinformationen einen Personenbezug haben. Vielmehr eignen sich die erhobenen
Daten, mehr noch die Ergebnisse ihrer Auswertung,
hervorragend zur Information der Bevölkerung und
der Kommunikation mit ihr. Unwetterwarnungen,
Verkehrslagen, Pegelstände usw. sind selbstverständliche Bestandteile von Nachrichtensendungen
und Zeitungsmeldungen, Karten und Schaubilder
zu speziellen Themen wie Gewässerverschmutzung,
Erdbebenwahrscheinlichkeit, Blitzhäufigkeit,
Durchschnittstemperaturen o.ä. hat jeder schon
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gesehen und kann sie auch deuten. Im Gegenzug
nutzen immer mehr Menschen technische Möglichkeiten wie Mobiltelefone oder Ortungsgeräte,
besonders aber das Internet, um selbst Informationen zu ermitteln und zu verbreiten; hier liegen
große Potenziale für eine aktive Rolle der Bevölkerung im Bevölkerungsschutz.
Die Bedeutung von Geoinformationen liegt auf der
Hand und die Möglichkeiten, sie zu erlangen, sind
in unserer hochtechnisierten und immer enger vernetzten Welt beträchtlich. Die daraus resultierende Datenflut wirft allerdings organisatorische und
strukturelle Probleme auf. Die EU hat darauf mit
der INSPIRE-Richtlinie (Infrastructure for Spatial Information in Europe) reagiert, die zu einer einheitlichen Geodateninfrastruktur innerhalb der Gemeinschaft führen soll; Deutschland hat diese Richtlinie 2009 mit dem Geodatenzugangsgesetz
(GeoZG) umgesetzt.
Mit dieser Ausgabe von Bevölkerungsschutz wollen
wir Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, einen Überblick darüber geben, welche Geoinformationen für
einen modernen Bevölkerungsschutz wichtig sind
und welche Erkenntnisse daraus gewonnen werden, wie diese Daten erhoben werden, wer sie sammelt, wer darauf zugreifen kann und wohin die
Entwicklung – möglicherweise – geht.
Ich wünsche Ihnen eine interessante und spannende Lektüre!
Ihr
Nikolaus Stein
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INHALT
GRUßWORT
Grußwort des Präsidenten des BBK
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GEOINFORMATIONEN
Geoinformationen im Bevölkerungsschutz
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Geodaten für die Risikoanalyse
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Eine Erdbebenrisikokarte für die Schweiz
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OpenStreetMap
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Web 2.0: Neue Perspektiven für den
Bevölkerungsschutz?
24
Weltraumtechnik für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe
28
Unbemannte Flugsysteme im
zivilen Krisenmanagement
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EHRENAMT
Die Helfende Hand 2010 geht an ...
„Geoinformationen (raum- und zeitbezogene Informationen über Objekte
und Sachverhalte) beeinflussen immer stärker politische und wirtschaftliche Entscheidungen.“ (Erster Geo-Fortschrittsbericht der Bundesregierung). Möglichkeiten, solche Informationen zu beschaffen und zu verwerten, gibt es viele – Probleme, Ergebnisse und Perspektiven S. 3 bis 34.
(Die Satellitenaufnahme oben zeigt die Trennung verschiedener Wasserinhaltsstoffe anhand ihrer Streu- und Absorptionseigenschaften; unten ist
die Aschewolke des isländischen Vulkans Eyjafjallajökull als orangefarbene
Struktur zwischen Schottland und Süd-Norwegen zu sehen.
© 2011 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR))
35
FORUM
Arbeiter-Samariter-Bund
Bundesanstalt Technisches Hilfswerk
Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft
Deutscher Feuerwehrverband
Deutsches Rotes Kreuz
Johanniter-Unfall-Hilfe
Malteser Hilfsdienst
Verband der Arbeitsgemeinschaften der Helfer
in den Regieeinheiten/-einrichtungen des
Katastrophenschutzes in der
Bundesrepublik Deutschland e.V.
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40
43
44
45
46
49
51
RUBRIKEN
Nachrichten
Impressum
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54
REGISTER 2010
Register 2010
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SERIE
Kulturgutschutz in Deutschland
57
Am 5. Dezember, dem internationalen Tag des Ehrenamtes, hat der Bundesminister des Innern, Thomas de Maizière, zum zweiten Mal den Förderpreis „Helfende Hand“ verliehen. Preis und Preisträger S. 35.
(Foto: BMI/Rickl)
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GRUßWORT
Sehr geehrte Leserinnen und Leser,
unsere Welt wird immer komplexer und mit ihr die
globalen sozialen, kulturellen und technischen Entwicklungen. Doch je komplexer unsere Welt wird,
umso größer ist ihre Verletzlichkeit und umso weiter reichen mögliche Schadensfolgen für Mensch
und Umwelt. Der Klimawandel kann zu Extremwettern führen, in deren Folge Überschwemmungen,
Starkregen, Stürme oder auch Dürren vorkommen.
Die zunehmende Abhängigkeit von Energie, hier
sei insbesondere der Strom genannt, führt zu weit
reichenden Folgen bei Engpässen und Ausfällen.
Auch die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hält unvermindert an; gegen Ende des vergangenen Jahres musste der Bundesinnenminister
eine Terrorwarnung für Deutschland aussprechen.
Ebenso müssen wir unser Augenmerk auf die deutliche Zunahme so genannter Cyber-Attacken, elektronischer Angriffe auf deutsche Regierungs- und
Behördennetze, richten.
Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor solchen
Gefahren und die Sorge um die Sicherheit sind Kernaufgaben unseres Staates. Es gilt, sich stets erneut zu
wappnen, den Eintritt von Schadensereignissen
durch vorbeugende Maßnahmen zu verhindern, ihre
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Häufigkeit abzubauen und ihre Auswirkungen zu
mindern. Dabei können wir auf gesunde und erfolgreiche Strukturen in unserem Hilfeleistungssystem
zurückgreifen. Die bereits vorhandenen Fähigkeiten
unseres Bevölkerungsschutzes gilt es weiterzuentwickeln.
„Wir gestalten unsere Zukunft nach den Erkenntnissen aus der Vergangenheit.“ Dieser Satz des englischen Philosophen Thomas Hobbes kann gleichwohl
unsere Strategie für das Jahr 2011 sein: Wir werden
das gemeinsam beschlossenen Ausstattungskonzept
des Bundes fortführen. Mit der Methode Risikoanalyse, die das BBK entwickelt hat, können wir in Zukunft bundesweit die Risiken aus Naturgefahren vergleichbar analysieren. Die Nationale Strategie zum
Schutz Kritischer Infrastrukturen ist beschlossen
und gibt uns die Möglichkeit, das Schutzniveau für
Kritische Infrastrukturen in Deutschland durch geeignete Maßnahmen im Hinblick auf vorhandene
und zu erwartende Gefahren anzupassen. Das Internet ist eine moderne Infrastruktur, und Störungen
müssen hier vermieden werden. Die Bundesregierung will in 2011 ein Nationales Cyber-Abwehrzentrum einrichten, das die Sicherheit und Integrität
des Internet beobachtet und versucht sicherzustellen. Das BBK soll daran zu einem entscheidenden
Teil mitwirken.
2011 ist Deutschland Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen. Den Herausforderungen
dieser Großveranstaltung können wir mit den Erfahrungen und Erkenntnissen aus der Männer-WM
2006 entgegensehen und uns auf internationalen
Spitzensport freuen.
Meine Damen und Herren, ich könnte diese Liste
noch fortsetzen. Doch mir geht es darum, Ihnen zu
versichern, dass wir die Herausforderungen im Blick
haben und engagiert und zielgerichtet an den Lösungen arbeiten. Das Jahr 2011 wird uns erneut vor
eine Fülle von Aufgaben stellen, die wir mit der gewohnten Sorgfalt wahrnehmen werden. In diesem
Sinne wünsche ich uns allen ein gutes und erfolgreiches Jahr!
Christoph Unger, Präsident des BBK
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GEOINFORMATIONEN
Geoinformationen im
Bevölkerungsschutz
Stagnation, Evolution, Revolution
MinDirig Norbert Seitz, BMI
„Geoinformationen (raum- und zeitbezogene Informationen über Objekte und Sachverhalte) beeinflussen immer stärker politische und wirtschaftliche Entscheidungen. Sie ermöglichen bei einheitlichem Raumbezug und mit Hilfe der modernen Datenverarbeitungstechnik, Informationen aus unterschiedlichen Themen
gemeinsam zu verarbeiten und zu integrieren. Für Standortentscheidungen in Wirtschaft und Gewerbe, für die
Verkehrssteuerung und Logistik, für Wetter- und Klima
(…), Katastrophen- und Umweltschutz sowie für weitere
Raumbezug – eine Erfindung des
Bevölkerungsschutzes?
„Berlin. Die Bundesregierung hat heute …“ –
der klassische Beginn einer Nachricht. Wie selbstverständlich beginnt die Informationsübermittlung
mit der Angabe des Ortes, an dem etwas geschehen
ist. Die räumliche Verortung der inhaltlichen Aussagen ist Auftakt und wesentlicher Bestandteil der
Informationsverarbeitung beim Empfänger. Auch
die berühmten „Fünf W’s“ des Notrufes starten mit
der Frage „wo ist etwas geschehen?“. Die entsprechenden Aussagen haben eine erhebliche Bedeutung für die Erfassung und vor allem Bewertung
der Situation. Die Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn, die Anwohner einer Fabrik, die Studierenden
einer Universität – sie alle sortieren solche Nachrichten aus, die aufgrund fehlenden räumlichen Bezuges zu ihrer Situation keine unmittelbare Relevanz besitzen. Es lebt sich entspannter, liegt der Stau
nicht auf dem eigenen Weg, brennt nicht die Fabrik
um die Ecke, fallen nicht die Vorlesungen der eigenen Hochschule aus. Ähnliches passiert in der Leitstelle einer Feuerwehr genauso wie in der Einsatzleitung der Polizei, im Verwaltungsstab eines Krei-
vielfältige behördliche Anwendungen in der Raum-, Landes- und Regionalplanung sind Geoinformationen eine
immer wichtiger werdende Entscheidungsgrundlage.
Der schnellen Verfügbarkeit von aktuellen und zweckbezogenen Geoinformationen kommt vor diesem Hintergrund eine hohe Bedeutung zu. Dies gilt insbesondere für die Zusammenarbeit der Sicherheitsbereiche.“
(Erster Geo-Fortschrittsbericht der Bundesregierung,
26.05.2005, Bundestagsdrucksache 15/5834, S. 1)
ses ebenso wie im Gemeinsamen Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern oder dem Krisenstab des Bundesministeriums des Innern. Informationen werden bereits beim Eingang auf Relevanz
für die jeweilige Tätig- und Zuständigkeit geprüft
und bewertet. Um den Überblick zu gewinnen und
zu behalten führen alle diese Stellen in irgendeiner
Form Lagekarten. Dabei ist der Inhalt, abstrahiert
man alle Detailinformationen, nahezu identisch: Es
gibt Aussagen zur Bedrohung oder Gefahr, zu bereits eingetretenen Ereignissen und Schäden, zu
Schutzgütern – beispielsweise Menschen und Tiere –
und zu den eigenen Kräften. Diese Informationen
basieren auf Meldungen unterschiedlicher „Sensoren“. Das sind beispielsweise die Berichte der Einsatzkräfte vor Ort, aber auch von Satelliten oder Messstellen am Boden, wie Flusspegel oder das Ortsdosismessnetz des Bundesamtes für Strahlenschutz.
Diese Fachdaten werden in einer Karte abgebildet,
die Geobasisdaten enthält: Gebäude, Verwaltungsgrenzen, Straßen usw. werden auf einem Koordinatengitter eindeutig verortet. Durch die Kombination der Information und die räumliche Relation von
Gefahren, Schutzgütern, Hilfeleistungspotenzialen
usw. wird es möglich, die aktuelle Lage einzuschät-
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GEOINFORMATIONEN
zen. Daraus kann dann abgeleitet werden, was getan werden muss und wie sich die Situation – im
günstigsten und ungünstigsten Fall – weiterentwickeln könnte.
stattfindet, bedeutet einen großen Schritt nach vorne.
Bürger melden und verbreiten heute wie selbstverständlich Informationen zum Vorkommen von
Tier- und Pflanzenarten, zu Staus, Schlaglöchern, Geschwindigkeitsmessungen, die Dimension von Ölverschmutzungen, Wetterbeobachtungen, AusdehEvolution
nung von Bränden und so weiter. Durch die Verbreitung mobiler Endgeräte und der Mobilfunktechnik
Dieses Vorgehen, die kartografische Darstel- erfolgt die Übermittlung sogar in Echtzeit. Inwielung, hat sich über Jahrhunderte bewährt. Informa- weit die Informationen korrekt sind, ist dabei nicht
tionen, die in einer Karte visualisiert werden (und
auf den ersten Blick festzustellen. Bei Meldungen
und Berichten, die über
Nachrichtenagenturen
und renommierte Redaktionen verbreitet
werden, gilt im Prinzip
das Gleiche. Dennoch
kann hier eine Validierung und Gegenprüfung vor Verbreitung
der Nachricht unterstellt werden. Schließlich würden sowohl die
öffentlich-rechtlichen
als auch die gewerblichen Nachrichtenmacher ihre Reputation
und Glaubwürdigkeit
und damit mittelfristig
ihre Existenzgrundlage
gefährden, verbreiteten
sie ungeprüfte Informationen. Es gibt bereits
Verknüpfung von Geodaten durch Raumbezug.
Anwendungen,
die au(© Bundesamt für Kartographie und Geodäsie 2011)
tomatisch bestimmte
damit zu Geoinformationen werden), transportieren Nachrichtenquellen nach festgelegten Schlagworihre Inhalte leichter als reine Tabellen und Texte.
ten durchsuchen und die Ergebnisse in einer Karte
Die technische Evolution hat dazu geführt, dass die und damit räumlich darstellen. Inwieweit es hier
vormals aufwändige (Kunst der) Lagekartenführung mittelfristig eine für den Bevölkerungsschutz nutzheute in vielen Bereichen durch den Einsatz von
bare (belastbare) Sensorik für bestimmte Ereignisse
Informationstechnik vereinfacht wurde. Sowohl die geben wird, ist derzeit noch nicht absehbar.
automatisierte Aktualisierung verschiedener Informationen als auch die nahezu intuitive Bedienbarkeit von Systemen oder die Verbreitung von aufbeFührungsinformationen
reiteten Daten werden dabei vereinzelt als Revolution empfunden. Auch die Übermittlung von InforDie Vielfalt der unterschiedlichen Bedürfnisse
mationen mit Standortangaben durch Laien, die
verschiedener Nutzer von Geoinformationen im Bedurch die Verbreitung von Navigationsgeräten und reich der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben hat zu einer breiten Palette von
-techniken heute in nahezu allen Lebensbereichen
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Führungsunterstützungsprogrammen geführt. Der
Wettbewerb der Ideen brachte sehr unterschiedliche Lösungen, die jede für sich immer die geeignete
für den Anwender ist. Der Kern ist in der Regel ein
geografisches Informationssystem (GIS), in dem die
jeweiligen Fachinformationen dargestellt werden.
In einer zunehmend vernetzten und interdependenten Welt kommt es nun darauf an, dass die unterschiedlichen Informationen auf Grundlage gemeinsamer Standards ausgetauscht werden können. Auf
diese Art wird Doppelarbeit vermieden und ressourcenschonend sichergestellt, dass Daten aktuell
gehalten werden können. Es ist nicht mehr zeitgemäß, wenn unterschiedliche Behörden die gleiche
Information auf unterschiedlichen Wegen erheben
müssten. Das gilt sowohl in der Vertikalen (bspw.
Bund-Länder-Kommunen) als auch in der Horizontalen (bspw. unterschiedliche Fachbehörden auf einer
Verwaltungsebene). Bereits im 1. Geofortschrittsbericht findet sich der Hinweis auf das Projekt „Schutzgebietsinformationen nach Umwelt- und Wasserrecht“. Die entsprechenden Informationen zu Naturschutz- und Wasserschutzgebieten etc. wurden von
mehreren Datennutzern an verschiedenen Stellen
selbst erhoben und dann in jeweils eigenen Datenmodellen verwaltet. Demgegenüber standen allein
auf Bundesebene mehr als zwanzig Einrichtungen,
die für die Erledigung ihrer Fachaufgaben diese
raumbezogenen Daten benötigten. Durch die Sammlung, Harmonisierung und Bereitstellung der auf
vorwiegend kommunaler Ebene erhobenen Daten
in einem von Ländern und Bund gemeinsam etablierten Kompetenzzentrum entstanden deutliche
Kostenvorteile für die Verwaltung.
Auch im Bevölkerungsschutz arbeiten daher
Bund und Länder eng zusammen, wenn es um den
Austausch von Geoinformationen geht. Konkret wird
an einer XÖV-Schnittstelle namens XKatastrophenhilfe gearbeitet. Damit soll die Grundlage für ein umfassendes elektronisches Informations- und Kommunikations-Netzwerk zwischen Bund, Ländern und
Kommunen für den Bevölkerungsschutz geschaffen
werden. Mithilfe des Standards sollen Informationen
zwischen den unterschiedlichen Krisenmanagementsystemen ebenenübergreifend ausgetauscht
werden können und damit die Bewältigung von
Großschadenslagen effizienter gestaltet werden.
Trotz aller Evolution im Bereich der Lagekartenführung: Die physische Lagekarte, auf der mit-
tels Folienstift die Informationen eingetragen werden, wird auf absehbare Zeit auf der operativ-taktischen Ebene weiter Bestand haben. Sie wird zudem
in den meisten Stäben als Redundanz beim Ausfall
der Informationstechnik oder Stromversorgung
vorgehalten.
Geodaten im Web 2.0
Bei nahezu allen Überlegungen des Menschen
findet sich ein Raumbezug – eine Georeferenz. Neben
den realen, physischen Orten hat sich zwischenzeitlich auch die virtuelle Welt etabliert. „Ich bin im
Netz“ ist eine gängige Redewendung geworden.
Soziale Kontakte werden in digitalen Räumen aufge-
Der Datenaustausch in einer immer enger vernetzten Welt
bietet Chancen, beinhaltet aber auch Risiken.
(Grafik: Gerd Altmann/pixelio)
baut, gepflegt und auch beendet. Eine neue Dimension, die auch Akteure des Bevölkerungsschutzes
fasziniert. Das WorldWideWeb bietet eine Menge
Chancen, birgt aber auch Risiken. In einer Zeit, in
der es immer mehr Menschen schwer fällt, sich dauerhaft ehrenamtlich zu engagieren, bieten ad-hoc
Hilfemöglichkeiten neue Wege des humanitären Engagements. Ein Beispiel im Kontext von Geodaten
ist die so genannte „volunteered geographic information (VGI)“. Dabei reicht die Spanne des freiwilligen Engagements vom Erfassen von Daten über die
Auswertung von Luft-/Satellitenbildern bis zur Programmierung von Anwendungen für die (humanitäre) Katastrophenhilfe. Genau wie im klassischen
Ehrenamt gibt es auch hier Menschen, die ihre Kraft
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GEOINFORMATIONEN
und Zeit kostenlos für einen guten Zweck einsetzen.
Neben regelmäßig und kontinuierlich arbeitenden
Ehrenamtlern gibt es solche, die sich (nur) anlassbezogen einbringen. Beide leisten gleichermaßen einen Beitrag für die Allgemeinheit, für eine bessere
Gesellschaft. Die Verantwortlichen im Bevölkerungsschutz sollten diese neuen Formen des Engagements
mit dem gleichen Wohlwollen unterstützen wie
die bereits lange bestehenden. Interessant ist, dass
nicht nur bei der Reaktion auf Ereignisse – in der
„Blaulichtphase“ – sondern auch im Bereich der Vorbereitung auf sowie der Vermeidung und Nachbereitung von Schadensereignissen durch das www
kreative Ideen sich rasch weltweit verbreiten.
Risikoprävention und -information
Die Bedeutung von geografischen Informationen für den Bevölkerungsschutz ist unbestritten.
Fasst man den Begriff eng, beschränkt ihn auf die Behörden der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr oder
gar ausschließlich auf die Hilfsorganisationen, die
Feuerwehren und das Technische Hilfswerk, würde
man der heutigen komplexen und interdependenten Realität nicht gerecht. Informationen zur räumlichen Verteilung von Gefahren, die zu Schäden führen können, finden sich in vielen Bereichen. Insbesondere Bauvorschriften sind sie seit langem integraler Bestandteil der Konzepte zur Vermeidung von
Gebäudeschäden. Die Deutsche Industrie Norm DIN
4149:2005-04 „Bauten in deutschen Erdbebengebieten – Lastannahmen, Bemessung und Ausführung
üblicher Hochbauten“ ist hier nur ein Beispiel. Die
komplexen Berechnungen der Wissenschaftler zur
Erdbebengefährdung in Deutschland werden in einer Karte aufbereitet. Sie ermöglicht es auch dem
Laien, mit einem einzigen Blick zu erfassen, in wieweit Aussagen der Norm für seinen Standort relevant sind. Die Karte findet sich im Internet auf der
Seite des Geoforschungszentrums Potsdam (www.gfzpotsdam.de). Um die räumliche Verteilung potenzieller Schäden durch Erdbeben zu berechnen, sind
weit mehr Geoinformationen notwendig als die
des Erdbebenrisikos, wie der Beitrag aus der Schweiz
in diesem Heft (S. 14) zeigt.
Auch für Schnee- und Windlasten und andere
relevante Größen finden sich bereits zahlreiche Beispiele1. Der Hochwasserschutz in Europa hat im
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Oktober 2007 einen Schub bekommen, als die EU die
Directive 2007/60/EC of the European Parliament and
of the Council of 23 October 2007 on the assessment
and management of flood risks verabschiedete. Die
Richtlinie sieht sowohl Hochwassergefahrenkarten
als auch Hochwasserrisikokarten vor. Die Gefahrenkarten müssen Aussagen zu Ausdehnung, Wassertiefe und Fließgeschwindigkeit enthalten. Die Risikokarten müssen für die potenziell durch Hochwasser
betroffenen Gebiete Angaben zur a) Anzahl möglicherweise betroffener Bewohner, b) zur Art der gewerblichen Aktivitäten und c) zu Anlagen und Einrichtungen, von denen eine besondere Gefahr für
die Umwelt ausgeht (bspw. so genannte SEVESO-IIAnlagen), machen. Sofern die Mitgliedsstaaten weitere Informationen für wichtig erachten, können
diese ebenfalls aufgenommen werden. Die Hochwasseraktionspläne, die für viele Gewässer in Deutschland bereits erstellt wurden, enthalten die vereinbarte kartografische Aufbereitung mit Aussagen zu
den bedrohten Flächen und damit auch Menschen
und Sachwerten bei Hochwassern unterschiedlicher Jährlichkeit. Die Informationen werden veröffentlicht2 und dienen gleichermaßen der Information der Bevölkerung eines Gebietes über die dort
zu erwartenden Risiken als auch der Maßnahmenplanungen durch die Verwaltung. Insofern sind
hier bereits erste gute Umsetzungen der auf Ebene
der Vereinten Nationen im Hyogo Framework for
Action im Jahr 2005 verabredeten Maßnahmen für
die Reduzierung von Katastrophen erfolgt. Damals
wurde bereits konstatiert, dass Risikoinformationen
zweckmäßigerweise über entsprechende Karten
der Bevölkerung zugänglich gemacht werden sollten. Erst kürzlich hat die EU festgestellt, dass der von
Großbritannien, Schweden, Norwegen, Finnland,
Dänemark, den Niederlanden und Deutschland verfolgte Weg der Risikoanalyse mit Hilfe von GIS die
Messlatte für die europäischen Staaten darstellt. Dabei gilt zurzeit für alle EU-Mitgliedsstaaten, dass
umfassend all-Gefahren-Analysen bisher noch in der
Erprobungs-/Aufbauphase sind.
1
Die einschlägigen Bauvorschriften und Informationen der
Länder finden sich unter www.bauministerkonferenz.de
2
siehe für die Gefahrenkarten beispielsweise den Informationsdienst Überschwemmungsgefährdete Gebiete des Bayerischen Landesamt für Umwelt unter www.geodaten.bayern.de/
bayernviewer-flood/flood/
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Fernerkundung als Datenquelle
Die Erfassung von Geodaten (und deren Harmonisierung) verursacht im Vergleich zu anderen
Bereichen der Geodatenverarbeitung die höchsten
Kosten. Daher besteht immer ein großes Interesse,
Geodaten möglichst effizient bereitzustellen.
Als für den Ersten Geofortschrittsbericht im
Jahre 2004 alle Ressorts bezüglich der Nutzung von
Geodaten befragt wurden, zeigte sich „eine starke
Nachfrage nach Fernerkundungsdaten“. Darunter
sind solche Informationen zu verstehen, die ohne
unmittelbaren Kontakt zum Objekt erhoben werden.
In den meisten Fällen handelt es sich um Luft- oder
Satellitenbilder der Erdoberfläche, die mit unterschiedlichen Plattformen aufgezeichnet wurden
(u.a. bemannte oder unbemannte Luftfahrzeuge, Satelliten im Weltraum mit unterschiedlicher Flughöhe und Umlaufbahn). Größter Vorteil solcher Fernerkundungsdaten ist die Erfassung großer Flächen in
kurzer Zeit und das Bereitstellen von homogenen
Konstellation des europäischen Satelliten-Navigationssystems Galileo.
(Bild:ESA; © 2011 Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR))
Daten. Satelliten unterstützen seit langem die Erfassung von Zuständen und Veränderungen auf der
Erde. Im besagten Bericht findet sich als bedeutendes
Beispiel für die Informationserfassung aus Satelliten- und Luftbildern – hier in Form von Orthophotos – die Luftbildbefliegung der Elbe im Auftrag der
Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes im
Sommer 2002. Das EU-Projekt SAFER dient der Fortentwicklung der bestehenden Möglichkeiten in der
Satellitentechnik, unter anderem durch die Verbesserung der automatisierten Bildanalyse (s. Beitrag
S. 28 in diesem Heft) Deutschland beteiligt sich mit
dem BBK sowohl auf Seiten der Nutzer, als auch
mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf Seiten der Forschung und Dienstentwickler. Neben der Bedeutung für die Fernerkundung haben Satelliten auch für den Bereich der Navigation eine große Bedeutung. Konsequenterweise
ist daher ein Ziel der Raumfahrtstrategie vom November 2010 die Stärkung der deutschen Position
bei den beiden EU-Vorhaben GMES (Erdbeobachtung) und GALILEO (Navigation).
Neue Wege
Ein Vulkan in Island hat 2010 der ganzen Welt
gezeigt, welche drastischen Auswirkungen auf die
(Luft-)Verkehrsinfrastruktur bestehen und die
wechselseitigen Abhängigkeiten deutlich gemacht.
Humanitäre Organisationen haben in Haiti schnell
erkannt, dass sie ihre Hilfe im Zusammenwirken
mit Streitkräften schneller und effizienter einbringen können. Auch hier spielten Geoinformationen
eine wichtige Rolle. Luft- und Satellitenbilder aus zivilen und militärischen Quellen kombiniert ermöglichten eine erste Einschätzung des Schadensausmaßes. Nicht nur das. Sie wurden zu einer Grundlage für die weltweit durch Freiwillige arbeitsteilig
erstellten vielfältigen Geoinformationsprodukte,
wie Schadenskarten, Routenplaner, Befahrbarkeitskarten und so weiter.
Für den behördlichen Gebrauch ist allerdings
neben der Geschwindigkeit auch die Belastbarkeit
von Informationen zu berücksichtigen. Reicht für
die Planung eines Familienausfluges ein zehn Jahre
altes Satellitenbild aus, so gelten für die Unterlagen
zur Vorbereitung und Durchführung einer Großveranstaltung mit mehreren zehntausend Teilnehmern andere Qualitätsansprüche. Amtliche Karten,
wie sie beispielsweise das Bundesamt für Kartographie und Geodäsie herausgibt, sind hier die erste
Wahl. Für Deutschland steht eine Vielzahl hochwertiger behördlicher Geoinformationen zur Verfügung, die jedoch nicht alle technischen Möglichkeiten unterstützen (bspw. routing). Es gilt, den eingeschlagenen Weg zu einer gemeinsamen Geodateninfrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen
konsequent weiterzuverfolgen und die Zugänglichkeit der behördlichen Geoinformationen mit größtmöglicher Benutzerfreundlichkeit zu gewährleisten.
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GEOINFORMATIONEN
Fazit
Geoinformationen im Bevölkerungsschutz
sind keine revolutionäre Neuerung. Vielmehr gibt
es evolutionäre Prozesse zu beobachten. So eignen
sich die vormals (behördenintern genutzten) reinen
Fachinformationen zunehmend auch für die Information der Öffentlichkeit. Die Unwetterwarnung,
die früher exklusiv an öffentliche Stellen ging, um
etwa Kräfte in Bereitschaft zu nehmen, wird heute
selbstverständlich über die Medien allen Bürgern
zugänglich gemacht. Mitursächlich ist die technische Entwicklung, die in Schlagworten lauten könnte: Vom Papier auf die Medienwand und ins Internet.
Insbesondere die Möglichkeit zur Darstellung dynamischer Prozesse hat hier zur weiten Verbreitung
beigetragen. Gab es noch vor wenigen Jahren nur
ein statisches Bild des aktuellen Zustands, die Momentaufnahme, so lassen sich dank Informationstechnik und intelligenter Algorithmen heute auch
mögliche zukünftige Entwicklungen gut und verständlich darstellen. Dabei fließen immer mehr Informationen automatisch in die Modelle und Systeme
ein. Wo früher Funksprüche „von Hand“ ausgewertet werden mussten, melden heute Sensoren verzugslos Zustandsveränderungen. Gleichsam revolutionär muten andere Veränderungen an. Behörden
tauschen ebenen- und bereichsübergreifend ihre Informationen aus. Ein gemeinsames Lagebild, mindestens jedoch ein rollenbasiertes Lagebild auf einheitlicher Datengrundlage, ist vielerorts schon Realität. Die Einbindung von Satellitentechnik ist im Bereich Navigation etabliert, bei der Erdbeobachtung
absehbar. Die größte Umwälzung ist jedoch im Verhältnis von Bürgern und Behörden zu beobachten.
Einerseits stellen Behörden immer mehr Erkenntnisse in einer verständlichen und ansprechenden
Form – beispielsweise in Web Mapping Services –
zur Verfügung. Andererseits liefern Bürger georeferenzierte Informationen an die Behörden. Der Bürger fungiert als Sensor und verbessert damit die Datengrundlage der öffentlichen Verwaltung, die bei
Entscheidungen herangezogen werden kann.
Ausblick
Geodaten, als die Gesamtheit von raum- und
zeitbezogenen Informationen (in digitaler Form),
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sind integraler Bestandteil des täglichen Lebens. Oder
mit den Worten von Innenminister de Maizière am
20.9.10: „Wir benötigen Geodaten für die Lenkung
von Verkehrsströmen und das umweltschonende Beackern von Feldern, bei der Klimaauswertung, im
Katastrophenschutz, aber auch bei ganz alltäglichen
Dingen wie der Urlaubsplanung und Wohnungssuche“. Die behördliche Nutzung von Geoinformationen wird weiter zunehmen. Das bietet Chancen
für eine effizientere Verwaltung. Dabei gilt es durch
die intelligente Verknüpfung vorhandener Daten
die Neuerhebung auf das unerlässliche Maß zu reduzieren. Die EU-Richtlinie zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft
(INSPIRE – Infrastructure for Spatial Information in
Europe) ist hier die geeignete Grundlage. Sie wurde
in Deutschland 2009 mit dem Geodatenzugangsgesetz umgesetzt.
Intelligente Verfahren für den Austausch von
Daten unterschiedlicher Verwaltungsebenen und
Geschäftsbereiche sind konsequent fortzuentwickeln. Es sind jedoch nicht nur technische und inhaltliche Standards abzustimmen, sondern im vertrauensvollen Zusammenwirken auch die Möglichkeiten
tatsächlich zu erproben und Neues zu entwickeln.
Die Belange des Datenschutzes sind dabei genauso zu beachten wie die des Geheimschutzes. Auch
wenn bei den für den Bevölkerungsschutz in Frage
kommenden Informationen in der Regel kein unmittelbarer Personenbezug erforderlich sein wird,
so ist die Abwägung des öffentlichen Interesses gegenüber den Persönlichkeitsrechten bei jedem Datensatz durchzuführen. Was die Datensicherheit
angeht, so gilt es sicherzustellen, dass die Daten dauerhaft verfügbar sind, nicht unautorisiert verändert (kompromittiert) werden können und insgesamt nicht für unbefugte Dritte zugänglich sind.
Geodaten können helfen die Effizienz der Verwaltung zu steigern. Sie bieten zusammen mit den
verfügbaren technischen Möglichkeiten eine gute
Grundlage zum Austausch mit dem Bürger.
MinDirig Norbert Seitz ist seit dem 11. Januar 2011 im Bundesministerium des Innern
Leiter der Abteilung KM (Krisenmanagement und Bevölkerungsschutz)
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Geodaten für die Risikoanalyse
Susanne Lenz, BBK
Die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz dient dazu,
vorausschauend und strukturiert zu ermitteln, mit welchem Schadensausmaß bei Eintritt unterschiedlicher
Gefahren für unterschiedliche Schutzgüter (Menschen,
Umwelt, lebenswichtige Infrastrukturen u.a.) zu rechnen ist. Auf dieser Grundlage können zielgerichtet
wirksame Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung
und ihrer Lebensgrundlagen ergriffen werden. Hierzu
Karten zur Entscheidungsunterstützung
Ein Bild sagt mehr als tausend Worte... Ähnlich verhält es sich mit einer Karte, in der wichtige
Informationen und komplexe Sachverhalte übersichtlich und intuitiv verständlich dargestellt sind.
Auch das Risikomanagement kann durch Geodaten
und damit erzeugte Karten und Informationen
wirkungsvoll unterstützt werden, indem beispielsweise dargestellt wird, wo mit welchen Gefahren
zu rechnen ist, wo Bereiche mit besonderer Schadensanfälligkeit liegen und wo bei Eintritt unterschiedlicher Gefahren welches Schadensausmaß zu erwarten ist. Mit diesen Informationen kann den Verantwortlichen im Bevölkerungsschutz eine wichtige
Grundlage zur Entscheidungsunterstützung sowohl
im Risikomanagement als auch in der Notfallplanung und im Krisenmanagement bereitgestellt werden. Der Mehrwert solcher Karten wurde auch auf
europäischer Ebene erkannt (1) und in den Leitlinien zur Risikoanalyse und -kartierung für das Katastrophenamangemet niedergelegt, welche die Europäische Kommission unlängst im Zusammenwirken mit den Mitgliedsstaaten erarbeitet hat.
Auch die Bundesregierung betont in ihrem
Bericht an den Deutschen Bundestag zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz, dass Geodaten in Kombination mit der entsprechenden Analysekompetenz eine unverzichtbare Planungshilfe für einen
modernen Bevölkerungsschutz sind (2). Entsprechende Analysen – so der Bericht – machen es möglich, außergewöhnliche Gefahrenlagen und Schadenspotenziale frühzeitig zu identifizieren, Prognosen über das zu erwartende Schadensausmaß bei
zählen Schritte zur Gefahrenabwehr und zur Anpassung an sich verändernde Gefahren, zur Reduzierung
der Gefährdung und Verwundbarkeit unterschiedlicher Schutzgüter sowie zur Vorbereitung auf die
schnelle und nachhaltige Bewältigung möglicher
Schadensereignisse durch den flexiblen und effizienten Einsatz vorhandener Ressourcen und Fähigkeiten.
Geodaten haben hier eine Schlüsselfunktion.
Eintritt unterschiedlicher Gefahren zu erstellen,
Handlungserfordernisse zu identifizieren und Handlungsempfehlungen abzuleiten und somit alle Phasen des Risiko- und Krisenmanagementzyklus zu
unterstützen. Im BBK wird zu diesem Zweck ein Geografisches Informationssystem (GIS) eingesetzt – das
deNIS IIplus Risikotool. Mit ihm sollen bedarfsge-
Abb. 1: Einwohner pro Quadratkilometer auf Ebene der Gemeinden.
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GEOINFORMATIONEN
rechte Informationen und Karten für die gezielte
Unterstützung der Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz erzeugt werden.
Grundvoraussetzung hierfür ist allerdings
die Verfügbarkeit entsprechend aktueller und belastbarer Geodaten zu Gefahren, Schutzgütern,
Hilfeleistungspotenzialen und anderen relevanten
Informationen. Es ist davon auszugehen, dass ein
Großteil der benötigten Geodaten bereits bei unterschiedlichen amtlichen Stellen vorliegt. Die intelligente Verknüpfung der vorhandener Daten soll die
Risikoanalyse unterstützen. Hierfür hat das BBK das
Abb. 2: Erreichbarkeit von Krankenhäusern.
Netzwerk „Risikoanalyse in Bundesbehörden“ initiiert. Es dient der gezielten Einbindung von Expertenwissen und Daten aus unterschiedlichen Disziplinen in den Prozess der Risikoanalyse, um gemeinsam valide und abgestimmte Aussagen zu Risiken
in Deutschland zu treffen. In diesem Zusammenhang ist auch das Gesetz über den Zugang zu digitalen Geodaten (Geodatenzugangsgesetz – GeoZG)
von besonderer Bedeutung. Dieses Gesetz zur Umsetzung der europäischen INSPIRE-Richtlinie* ist eng
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mit den seit 2004 gemeinsam von Bund, Ländern
und Kommunen unternommenen Aktivitäten zum
Aufbau der Geodateninfrastruktur Deutschland
(GDI-DE) verbunden.
Geodaten zu Schutzgütern, Gefahren und
Hilfeleistungspotenzialen
Nachfolgend werden einige Beispiele für unterschiedliche amtliche Geodaten vorgestellt, die
durch bedarfsgerechte Kombination wertvolle Informationen zur Unterstützung der Risikoanalyse
im Bevölkerungsschutz liefern können.
Eine wesentliche Grundlage sind Informationen zur räumlichen Verteilung von Schutzgütern
und deren Schadensanfälligkeit. Das Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie (BKG) bietet hierzu vielfältige Basisdaten (3). Ein Beispiel sind die Verwaltungsgrenzen mit Einwohnerzahlen, aus denen Karten der Einwohnerdichte auf Ebene der Landkreise
und Gemeinden abgeleitet werden können (Abb. 1).
Ein weiteres Beispiel aus dem umfangreichen Datenangebot des BKG ist das Digitale Landschaftsmodell, das Geodaten aus den Bereichen Siedlung, Verkehr, Vegetation, Gewässer, Relief und Gebiete enthält. Hiermit können beispielsweise Karten von
Hauptverkehrswegen, Industrie- und Wohnbauflächen oder Schutzgebieten erstellt werden, die als
Hintergrundinformation in die Risikoanalyse einfließen. Im Bereich der Landnutzung können diese
Informationen z.B. durch Geodaten aus dem Datensatz „CORINE Land Cover 2000“ des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) ergänzt werden.
Ebenfalls von Bedeutung sind Geodaten des
Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung
(BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR). Hierzu zählen beispielsweise die jährlich erscheinenden „Indikatoren und Karten zur
Raum- und Stadtentwicklung“ (INKAR) mit vielfältigen soziodemografischen und arbeitsmarktrelevan-
* INSPIRE (Infrastructure for Spatial Information in Europe) ist
eine Richtlinie der europäischen Kommission zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft.
Ziel der Richtlinie ist es, qualitativ hochwertige Geodaten aus den
Behörden der Mitgliedstaaten unter einheitlichen Bedingungen
zur Unterstützung der Formulierung, Umsetzung und Bewertung europäischer und nationaler Politikfelder zugänglich zu
machen.
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ten Daten auf Ebene der Landkreise und Gemeinden.
Für den Bevölkerungsschutz sind hier u.a. Indikatoren zur Altersstruktur (z.B. Anteil der hochbetagten Einwohner und medizinische Versorgung wie
Krankenhausbetten je 10.000 Einwohner) von Interesse. Darüber hinaus hat das BBSR ein Erreichbarkeitsmodell entwickelt. Mit diesem Modell kann z.B.
die Erreichbarkeit von Krankenhäusern räumlich
dargestellt werden (Abb. 2). Hieraus kann auf den
medizinischen Versorgungsgrad der Bevölkerung
geschlossen werden. In Kombinationen mit ebenfalls vom BBSR erstellten Informationen zu künftigen
Entwicklungstrends lassen sich bereits heute Herausforderungen für die Sicherstellung der flächendeckenden Daseinsvorsorge und damit auch für den
Bevölkerungsschutz von morgen ableiten. Abb. 3
zeigt eine Karte des BBSR zum Trend der Bevölkerungsentwicklung in Deutschland bis 2020. Hier
lässt sich auf einen Blick erkennen, dass für die neuen
Bundesländer eine überwiegend rückläufige Bevölkerungsentwicklung, für die alten dagegen eine
überwiegend zunehmende bis ausgeglichene Entwicklung zu erwarten ist (4). Die in vielen Regionen
erwartete Bevölkerungsabnahme und Alterung in
dünn besiedelten ländlichen Räumen wird wahrscheinlich zu Problemen und Herausforderungen
bei der Gewährleistung einer angemessenen Versorgung mit und für die Erreichbarkeit von Einrichtungen der sozialen Infrastruktur wie Krankenhäusern oder Bildungsstätten führen.
Auch die von den Statistischen Ämtern des Bundes und der Länder herausgegebene Onlinedatenbank „Regionaldatenbank Deutschland“ beinhaltet
vielfältige statistische und sozio-demografische Geodaten. Hierzu zählen Ergebnisse der amtlichen Statistik, die teilweise bis auf die räumliche Ebene der
Kreise und kreisfreien Städte aufgeschlüsselt sind.
Von Interesse für die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz sind z.B. Daten zum Bevölkerungsstand, zu
ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen,
zur öffentlichen Wasserversorgung und zum
Wohngebäudebestand (5).
Eine weitere wichtige Grundlage für die Risikoanalyse ist die Erfassung, Analyse und Darstellung
von verschiedenen Gefahrenarten und ihrer räumlichen Verteilung. Hier gilt es, möglichst belastbare
Informationen und Karten darüber bereitzustellen,
wo und mit welcher Wahrscheinlichkeit mit dem
Auftreten welcher gefährlicher Ereignisse in welcher
Intensität zu rechnen ist. Hieraus können dann in
Kombination mit Informationen zu Schutzgütern
Gefährdungskarten abgeleitet werden. Mit Blick auf
meteorologische Gefahren sind insbesondere Geodaten des Deutschen Wetterdienstes (DWD) von Interesse (6). Hierzu zählen Mess- und Projektionsdaten
zu unterschiedlichen klimatischen Phänomenen wie
Abb. 3: Trend der Bevölkerungsentwicklung bis 2020.
Eistage, heiße Tage, Niederschlagsverteilungen usw.
Aus den statistisch gemittelten Werten der Vergangenheit lassen sich zwar keine unmittelbaren
Schlüsse auf künftig zu erwartende klimatische Entwicklungen ziehen, aber eine Übersicht, welche Ereignisse bereits wo eingetreten sind, kann einen
ersten Anhalt für die Planungen im Bevölkerungsschutz geben. In einem gemeinsamen Forschungsvorhaben von DWD und BBK wurden auf Anregung
des Netzwerks „Risikoanalyse in Bundesbehörden“
Geodaten zur flächendeckenden Sturmgefährdung
in Deutschland eigens für den Zweck der Risikoanalyse erstellt. Da die Windspitzen für extrem lange
Wiederkehrzeiten nicht direkt aus den Messdaten
entnommen werden können, wurden diese unter
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GEOINFORMATIONEN
Verwendung wissenschaftlicher Verfahren aus der
Extremwertanalyse ermittelt. Grundlage zur Berechnung der Wiederkehrwerte bildeten dabei die gemessenen Tageswindspitzen von 130 Stationen des
DWD aus dem Zeitraum 1971 bis 2008.
damit auch auf die Versorgung der Bevölkerung.
Ob in den als besonders gefährdet identifizierten Gebieten auch das Risiko großer Schäden besonders
hoch ist, hängt allerdings von zahlreichen weiteren
Faktoren ab, z.B. der Widerstandsfähigkeit und der
Schadensanfälligkeit der gefährdeten Schutzgüter.
Erst die Kombination der Gefährdung mit den entsprechenden Informationen gibt ein Bild der räumlichen Verteilung des Risikos – d.h. des Schadensausmaßes, mit dem bei Eintritt eines entsprechenden Sturmereignisses zu rechnen ist.
Schließlich ist im Rahmen einer ganzheitlichen Analyse auch ein Überblick notwendig, welche
Fähigkeiten und Ressourcen zur Bewältigung von
Schadenslagen wo zur Verfügung stehen. Geodaten
zu Hilfeleistungspotenzialen des Bundes können
der Risikoanalyse aus dem Deutschen Notfallvorsorge-Informationssytem (deNIS IIplus) bereitgestellt
werden. Hierzu zählen beispielsweise Informationen
über spezielle Einsatzkräfte und Gerätschaften.
Ausblick
Abb. 4: Sturmgefährdung.
In Kombination mit weiteren Geodaten können hieraus Sturmgefährdungskarten erstellt und
Gebiete identifiziert werden, in denen mit besonders
starken Windspitzen zu rechnen ist (Abb. 4). Von
Interesse für den Bevölkerungsschutz sind hier z.B.
Gefährdungskarten für Hochspannungsleitungen
und Bahnstrecken, da Sturmereignisse gravierende
direkte Folgen (Schäden) und indirekte Auswirkungen (Stromausfall, Streckensperrungen) auf die Bahninfrastruktur und das Stromnetz haben können und
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Die Idee der Darstellung von Schutzgütern,
Gefahren und Hilfeleistungspotenzialen in Karten
ist nicht neu. Bereits 1975 wurde in der Richtlinie
für die Bestandsaufnahme der so genannten Kreisbeschreibung für Zwecke des Zivil- und Katastrophenschutzes mit Blick auf die Planungen von Maßnahmen für den Zivil- und Katastrophenschutz, aber
auch des Rettungswesens und Umweltschutzes,
festgestellt: „Das wichtigste Informationsmittel ist
die Karte.“ (7) Mit der Kreisbeschreibung sollte bereits damals von der geografischen Lage und Struktur des Kreises, über die Zusammensetzung und Verteilung der Bevölkerung bis hin zu Versorgungseinrichtungen und Kulturgütern alles, was mit der
Versorgung und dem Schutz der Bevölkerung unmittelbar und mittelbar zusammenhängt, erfasst
und möglichst auch in Karten dargestellt werden.
Die so gewonnenen Daten dienten zum einen der Bedrohungsbewertung, zum anderen der Abschätzung möglicher Schäden unter Berücksichtigung
von Anfälligkeiten, Bewältigungskapazitäten und
Schutzmaßnahmen und natürlich insgesamt als
Grundlage für die Notfallplanung. Der Einsatz von
GIS und Geodaten zur Erfassung und Analyse von
Schutzgütern, Gefahren und Risiken ist die zeitge-
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mäße Fortführung der damals begonnenen Arbeiten zur Entscheidungsunterstützung für Risikomanagement, Notfallplanung und Krisenmanagement
im Bevölkerungsschutz. Ein besonderer Mehrwert
besteht darin, dass ein GIS über die reine räumliche
Darstellung von Objekten und Sachverhalten auch
komplexe Analysen ermöglicht, durch die gänzlich
neue Informationen erzeugt werden können.
Es gilt nun, die benötigten Geodaten zu Schutzgütern, Gefahren, Hilfeleistungspotenzialen und
anderen relevanten Informationen zusammenzuführen, um damit Erkenntnisse zur Unterstützung der
Risikoanalyse zu erzeugen. Die Erstellung von belastbaren Risikokarten ist allerdings nicht trivial. Dies
hat auch die Europäische Kommission erkannt und
empfiehlt daher in Ihren Leitlinien, im ersten Schritt,
gesonderte Karten zur räumlichen Verteilung von
Gefahren, Schutzgütern und deren Schadensanfälligkeit zu erstellen. Auf dieser Grundlage können
dann in einem zweiten Schritt Risikokarten erarbeitet werden, auf denen die räumliche Verteilung des
Risikos als Kombination aus Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadensausmaß für ein bestimmtes Ereignis dargestellt ist. (1) Eine zentrale Herausforderung
besteht in diesem Zusammenhang darin, das richtige
Maß zwischen pragmatischem Vorgehen auf Grundlage der Erkenntnisse und wissenschaftlichem Anspruch mit Blick auf die Belastbarkeit der Erkenntnisse zu finden. Vielfach wird es notwendig sein, mit
Indikatoren zu arbeiten, um bestimmte Sachverhalte im GIS erfassen und darstellen zu können.
Grundsätzlich können alle Geodaten, die für
die Risikoanalyse im präventiven Bevölkerungsschutz verwendet werden, auch für das Krisenmanagement von Nutzen sein. Denn im Ereignisfall werden im Wesentlichen dieselben Informationen beLiteratur
(1) European Commission (2010): Risk Assessment and Mapping Guidelines for Disaster Management. Commission Staff Working Paper. In:
SEC(2010) 1626 final of 21.12.2010
(2) Bericht über die Methode zur Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz:
Unterrichtung durch die Bundesregierung. In: Verhandlungen des
Deutschen Bundestages: Drucksachen. - (2010), 17/4178 vom 9.12.2010
(3) www.geodatenzentrum.de
(4) Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (Hrsg., 2006): Perspektiven der Raumentwicklung in Deutschland
(5) www.regionalstatistik.de
(6) Klimaatlas des DWD: www.dwd.de/klimaatlas [Abruf: 12.01.2011].
(7) Bundesamt für Zivilschutz (Hrsg.): Kreisbeschreibung für Zwecke des
Zivil- und Katastrophenschutzes, Richtlinie für die Bestandsaufnahme, Bonn 1975
(8) Report of the World Conference on Disaster Reduction Kobe, Hyogo,
Japan, 18-22 January 2005.
nötigt wie für die Risikoanalyse. Auch die verwendeten Analyseverfahren im GIS sind die Gleichen, nur
dass die Annahmen der Risikoanalyse im Ereignisfall durch konkrete Messwerte ersetzt werden.
In diesem Beitrag konnten nur einige Beispiele
für Geodaten aufgezeigt werden, die für die Risikoanalyse im Bevölkerungsschutz von Interesse sind.
Es sollte jedoch deutlich geworden sein, dass Geodaten eine Schlüsselfunktion für alle Phasen des Risikound Krisenmanagements im Bevölkerungsschutz
haben. In diesem Zusammenhang sind nicht nur
amtliche Geodaten von Interesse. Für gewerbliche
Daten ist allerdings eine sorgfältige Kosten-NutzenAnalyse erforderlich, um den strengen Auflagen
des Haushaltsrechtes Rechnung zu tragen. Wichtig
ist in jedem Fall, dass die verwendeten Geodaten belastbar und ihre Herkunft nachvollziehbar sind. Es
sollte auch selbstverständlich sein, dass alle Karten,
die zur Information und Entscheidungsunterstützung erstellt werden, entsprechende Informationen
über Herkunft und Aktualität der verwendeten Daten enthalten, ebenso über zugrunde liegende Annahmen und damit verbundene mögliche Unsicherheiten – nach der Devise: „Keine Karte ohne Beipackzettel“.
Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen,
dass Karten zu Gefahren und Risiken auch als Grundlage für eine angemessen Risikokommunikation
mit der Bevölkerung dienen können, um auch hier
ein Risikobewusstsein zu schaffen. Dass Karten wie
kein anderes Medium hierfür geeignet sind, haben
auch die Vereinten Nationen erkannt. Folgerichtig
wurde 2005 im Rahmenaktionsplan der Konferenz
der Vereinten Nationen zur Reduzierung von Katastrophen (8) gefordert, die Bevölkerung grundsätzlich durch Risikokarten zu unterrichten. Auch die
aktuelle „Strategie für einen modernen Bevölkerungsschutz“ des Bundesministeriums des Innern
fordert die Vorbereitung der Bevölkerung auf die
neuen Herausforderungen durch eine offensive Risiko- und Krisenkommunikation. Zur Umsetzung
dieser Forderungen leistet das BBK mit den Partnern
aus dem Netzwerk „Risikoanalyse in Bundesbehörden“ seinen Beitrag.
Susanne Lenz ist Mitarbeiterin des Referates „Grundsatzangelegenheiten des Bevölkerungsschutzes, Risikomanagement, Notfallvorsorge“ im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
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GEOINFORMATIONEN
Eine Erdbebenrisikokarte
für die Schweiz
Florian Haslinger, Stefan Wiemer, Schweizerischer Erdbebendienst, ETH Zürich;
Dörte Aller, Francesca Bay, Gebäudeversicherung Kanton Zürich;
Erik Rüttener, Michael Ewald, PartnerRe, Zürich
Erdbeben sind, trotz ihrer relativen Seltenheit, die Naturkatastrophen mit dem größten Schadenspotenzial
in der Schweiz. Die seismische Gefährdung, die rein aus
seismologischen und geologischen Daten bestimmt
wird und beschreibt, mit welcher Wahrscheinlichkeit
wo wie starke Erschütterungen auftreten können, genügt allerdings nicht, um die zu erwartenden finanziellen und wirtschaftlichen Verluste aufgrund von Erdbeben beurteilen zu können. Dieses Erdbebenrisiko setzt
sich zusammen aus der seismischen Gefährdung, der
Beschaffenheit des Untergrunds und der Anzahl und
Von der Gefährdung zum Risiko
Beschaffenheit der betroffenen Gebäude. Aus diesen
Daten kann eine Karte des finanziellen Erdbebenrisikos
erstellt werden die zeigt, wo in der Schweiz mit den
größten finanziellen Schäden durch Erdbeben gerechnet werden muss.
Dieser Beitrag basiert auf der Broschüre „Das Risiko von
Erdbebenschäden in der Schweiz“, herausgegeben vom
Schweizerischen Erdbebendienst SED und erstellt in Zusammenarbeit mit PartnerRe und der Gebäudeversicherung Kanton Zürich (GVZ).
Technische Hochschule) Zürich ca. 800 Beben registriert, von denen etwa zehn stark genug sind, um
Die Schweiz ist ein Land mit moderater Erdvon der Bevölkerung verspürt zu werden. Allerdings
bebenaktivität. Pro Jahr werden vom Schweizeriist in der Schweiz alle 60-100 Jahre mit stärkeren Beschen Erdbebendienst an der ETH (Eidgenössische
ben zu rechnen, die potenziell größere Schäden verursachen können. Eine
Wiederholung des Baseler Erdbebens von 1356
mit einer Magnitude
Mw 6.6 bzw. einer maximalen Intensität von IXX auf der EMS-98 Skala
würde volkswirtschaftliche Schäden in Höhe
einiger zig Milliarden
Euro nach sich ziehen.
Die Erarbeitung
von so genannten Erdbeben-Gefährdungskarten (seismic hazard
maps), auf denen die
Wahrscheinlichkeit abgebildet wird, mit der
innerhalb eines gewisAbb. 1: Erdbeben in der Schweiz. Instrumentell aufgezeichnete Beben 1975-2002
und historisch belegte Schadensbeben seit dem 13. Jahrhundert.
sen Zeitraums mit Er-
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grund der dichten Besiedelung und der hohen
Wertekonzentration bei
gleichzeitig relativ großer Verletzbarkeit trotz
der moderaten Erdbebengefährdung ein vergleichsweise hohes Erdbebenrisiko.
Seismische
Gefährdung
Die seismische
Gefährdung beschreibt,
wo in der Schweiz wie
oft mit wie starken ErdAbb. 2: Erdbebengefährdung der Schweiz. Rot – hohe Gefährdung, Blau/Grün – moderate Gefährdung.
beben zu rechnen ist.
schütterungen einer bestimmten Stärke zu rechnen Grundlage für die Berechnung der Gefährdung ist
ist, ist mittlerweile wissenschaftlich gut abgesider Katalog seismischer Ereignisse der Vergangenchert und weit verbreitet. Die darauf aufbauende Ab- heit, aus dem statistische Parameter bestimmt werschätzung des mit diesen Erschütterungen verbunden, welche die Erwartung zukünftiger Erschüttedenen Risikos ist in der Regel nicht so leicht zugäng- rung beschreiben (probabilistic seismic hazard analich. In den letzten Jahren wurde von dem Rückver- lysis PSHA). In der gezeigten Karte (Abb. 2) ist die ersicherungs-Konzern PartnerRe in Zusammenarbeit wartete horizontale Bodenbeschleunigung bei eimit der Gebäudeversicherung Kanton Zürich und
ner Schwingfrequenz von 5Hz für eine Wiederkehrdem SED eine Karte erarbeitet, die das finanzielle
periode von 475 Jahren dargestellt.
Erdbebenrisiko für die
Schweiz darstellt.
Um das Risiko
durch Erdbeben (in diesem Fall die möglichen
finanziellen Schäden)
abschätzen zu können
werden neben den Daten zur seismischen Gefährdung noch Daten
zu lokalen Verstärkungsfaktoren der Erschütterung, Siedlungsdichte
(Werteverteilung), und
Verletzbarkeit der betrachteten Werte benötigt, die von unterschiedlichen Quellen
stammen können.
Abb.3: Karte der Verstärkungswirkung des lokalen Untergrundes. Besonders gefährdete Gebiete sind
Für die Schweiz
rot gekennzeichnet. Für grau markierte Gebiete (i.d.R. Felsboden in Bergregionen) ist die
Datenbasis ungenügend, dort wird keine Verstärkung angenommen.
resultiert daraus auf-
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GEOINFORMATIONEN
Die Schweiz weist im europäischen Vergleich
eine mittlere Erdbebengefährdung auf. Das heißt,
auch in der Schweiz können starke Erdbeben auftreten, sie sind jedoch selten. Allerdings ist die Erdbebengefährdung nicht überall gleich groß. Am
stärksten gefährdet ist das Wallis, gefolgt von Basel,
Graubünden und dem Alpennordrand. Regionen
ganz ohne Erdbebengefährdung gibt es in der
Schweiz nicht.
Beschaffenheit des Untergrundes
In der Gefährdungskarte werden Erschütterungswerte für einen harten felsigen Untergrund
betrachtet, wie man ihn z.B. direkt auf anstehendem
ist daher eine genaue Kenntnis des lokalen Untergrunds von großer Bedeutung. In diesem Projekt
wurde direkt die Verstärkungswirkung des Untergrundes kartiert, abgeleitet aus Intensitäts-Datenpunkten und verallgemeinert mit Hilfe der geologischen Karte der Schweiz.
Betroffene Werte
Um das finanzielle Erdbebenrisiko einer Region zu berechnen muss die Verteilung der gefährdeten Werte berücksichtigt werden. Der hier gewählte Ansatz stützt sich dafür auf die Besiedlungsdichte. Je mehr Menschen in einem Gebiet leben,
desto mehr Sachwerte und Gebäude sind vorhanden,
und mit dieser Wertkonzentration steigt auch
das Schadensrisiko. GISbasierte Informationen
zur Siedlungsdichte und
Bevölkerungsverteilung lassen sich relativ
einfach weiterverarbeiten und können dem
gewählten Rechenmodell entsprechend parametrisiert werden.
Verletzbarkeit der
Gebäude
Nicht jedes Gebäude
wird von ErschütAbb. 4: Verteilung der Siedlungen in der Schweiz.
(Karten: SED)
terungen gleichermaßen
geschädigt, entscheiGestein im Bergland findet. Die Wirkung von Erddend wird das Schadensrisiko auch durch die Baubebenwellen ist jedoch auf weichem Untergrund,
weise mitbestimmt. Ein nicht erdbebensicher gewie man ihn in sedimentgefüllten Tälern oder Ebe- bautes Haus kann bereits bei einem mittelstarken
Beben einstürzen, während ein besser konstruiernen findet, weitaus gefährlicher für Gebäude und
Infrastrukturen, da dort die Schwingungen extrem tes Gebäude einem viel stärkeren Erdbeben standhält. Stahlbetonbauten halten einem stärkeren Beverstärkt werden können. Insbesondere Flusstäler
und Seeufer werden wegen ihres weichen Untergrun- ben stand und haben deshalb eine niedrige Verletzdes bis zu 10-mal stärker erschüttert als ein felsiger
barkeit. Gebäude aus Mauerwerk, wie sie in der
Standort. Vergleichen lässt sich weicher Untergrund
Schweiz weit verbreitet sind, sind jedoch anfälliger.
mit einem Pudding: Ein leichter Stoß genügt, und
Konkrete Daten zur Verletzbarkeit einzelner
schon wackelt er für ein paar Sekunden. Für eine Ab- Gebäude sind in der Regel nicht vorhanden und könschätzung der Schadenswirkung eines Erdbebens
nen meist auch nicht mit vernünftigem Aufwand
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für ein ganzes Land erhoben werden. Üblicherweise
werden daher standardisierte Werte für die Verletzbarkeit von Gebäudeklassen, zusammen mit einer Verteilung der Gebäudeklassen in den besiedelten Gebieten, angenommen.
Erdbeben und Schadensrisiko
mehreren möglichen Resultaten, und sollte nur
qualitativ interpretiert werden. Speziell Daten zur
Verteilung betroffener Werte und deren Verletzbarkeit können sich mit der Zeit stark ändern und
die Annahmen zur Verteilung von Gebäudeklassen
in den Siedlungsräumen sind mit großen Unsicherheiten behaftet. Hier ist es wichtig, dass die verschiedenen Datengrundlagen, die in derartige Karten einfließen, gut dokumentiert sind und zusammen mit den Karten veröffentlicht werden.
Bei allen Vorbehalten sind Risikokarten dennoch ein wertvolles Planungsinstrument, zum einen für politische Entscheidungsträger (z.B. Kosten/
Nutzen von Investitionen in der Verstärkung der
Das gesamte Schadensrisiko aufgrund von Erdbeben berechnet sich aus der Verknüpfung der Gefährdung, des lokalen Untergrundes, der betroffenen Werte und deren Verletzbarkeit. Zuletzt entsteht so eine Karte der Verteilung des finanziellen
Erdbebenrisikos. In der
hier gezeigten Karte
(Abb. 5) wird die innerhalb von 500 Jahren einmal zu erwartende Schadenshöhe dargestellt. In
den rot gekennzeichneten Gebieten muss am
meisten Geld für die Bewältigung von Erdbebenschäden ausgegeben
werden, in den grünen
Gebieten sind die finanziellen Schäden am
kleinsten.
Ein interessantes,
aber kaum überraschendes Resultat dieser Kartierung ist, dass RegioAbb. 5: Die Verteilung des finanziellen Erdbebenrisikos in der Schweiz.
nen, deren seismische
Gefährdung nicht besonders hoch ist, durch die
Erdbebensicherheit oder Prävention), zum anderen
auch für Versicherungen bei der Beurteilung jeKonzentration von Werten doch ein hohes Erdbebenrisiko aufweisen können.
weiliger Portfolios.
In Zukunft wird speziell die verbesserte DaDie in diesem Projekt entwickelte Karte ist als
„proof of concept“ für die Schweiz zu verstehen. In
tenerhebung zur Werteverteilung und Verletzbareinem nächsten Schritt müssten die verwendeten
keit eine große Rolle spielen und gerade dabei
Eingangsdaten verfeinert werden sowie die verschie- können neue Wege der geografischen Datenverardenen Quellen von Unsicherheiten in die Modellie- beitung (interaktive Eingabe, crowd-sourcing, Darung einfließen.
tenvalidierung, Bildverarbeitung) einen entscheidenden Beitrag leisten.
Ausblick
Die hier vorgestellte Bewertung bzw. Kartierung des Erdbebenrisikos ist sicher nur eines von
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GEOINFORMATIONEN
O penS treetM ap
Nutzung des freien OSM-Projektes – nicht nur
im Katastrophenfall
Robert Soden (Humanitarian OpenStreetMap Team), Nick Doiron
und Matthias Meißer (beide OpenStreetMap)
Die Erhebung von Geodaten ist ein sehr aufwendiges
Unterfangen. Was liegt also näher, als diejenigen mit
dieser Aufgabe zu betrauen, die vor Ort sind und ihre
Nachbarschaft somit am besten kennen? Diesen Ansatz verfolgen Projekte der „Volunteered Geographic
Information“ (VGI), wie etwa OpenStreetMap, das
2004 von Steve Coast in Großbritannien gegründet
wurde. Er benötigte damals Geodaten, deren Nutzung
Wikipedia der Geo-Branche
Dass ein so komplexer Vorgang wie das Vermessen einer Straße von Laien durchgeführt werden
kann, mag zunächst verwundern. Dank moderner
Technik, wie GPS und Internetverbindungen, ist das
jedoch durchaus möglich, wenn auch in einer Qualität, die sicherlich nicht jeder professionellen Anforderung genügt. Denn moderne GPS Empfänger haben immer noch eine Ungenauigkeit von 5-10 Metern und es wird auch niemand daran gehindert,
Objekte lediglich nach bestem Wissen zu platzieren.
Für Karten etwa ist durch die hohen Maßstäbe eine
derartige Ungenauigkeit durchaus tolerierbar. Navigationsgeräte sind außerdem in der Lage, die Ungenauigkeiten zu berücksichtigen und somit die
richtige Straße zu erkennen. Das Projekt selbst begegnet diesem Problem, indem es alle bestehenden GPS-Aufzeichnungen zum Download freigibt.
Durch Mittelwertbildung einer geografischen Position, z.B. einer Straße, kann dann eine höhere Genauigkeiten erzielt werden. Wie bei den meisten Web
2.0 Projekten erfolgt eine permanente Kontrolle der
Inhalte durch die Gemeinschaft (Schwarm-Intelligenz), sodass das beliebige Einbringen von (Falsch-)
Informationen zuverlässig unterbunden wird.
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er nicht finanzieren konnte. Er begann alleine in einer
Stadt in England und seither ist das Projekt stetig gewachsen, so dass heute über 100.000 so genannte
Mapper rund um den Globus aktiv sind. Die Ergebnisse
ihrer Arbeit stehen unter einer freien Lizenz, die als Voraussetzung zur freien Datennutzung lediglich die Namensnennung und die freie Weitergabe der Daten erfordert.
Denn abgelegt werden sollen eigentlich nur relevante Informationen, die in der Realität auch existieren.
Während der Aufzeichnung der aktuellen
Position als GPS-Spur (engl. Track) werden natürlich
auch zusätzliche Objekte und Einrichtungen, wie
Briefkästen oder Feuerwehren, als separate Punkte
erfasst. Dabei können die Mitglieder auf Zettel und
Stift oder auch auf Digitalkamera oder Diktiergerät
zurückgreifen, um weitere Informationen zu sammeln. Später können diese Spuren am PC „abgepaust“ werden.
Mehr als nur Geometrien
Neben der geografischen Lage sind auch die
Eigenschaften der erfassten Objekte von Interesse,
da sie wesentlich für die weitere Auswertung der Daten sind. Dem Detaillierungsgrad sind dabei keine
Grenzen gesetzt, denn das Datenschema des Projektes ist offen gestaltet. Es basiert auf den drei Objekt-Typen node, way und relation, denen beliebige
Attribute zugeordnet werden können. Einzelne
Geoobjekte (points of interest), z.B. Restaurants und
Denkmäler, können dabei als einfache Punkte mo-
07 s18 osm:Layout 1
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delliert werden. Straßen, Wege und Hausumrisse
che Spezialkarten herausgebildet, etwa die Reitsind hingegen dem Objekttyp ways zugeordnet, der und Wanderkarte, die Radkarte oder eine Karte, die
seinerseits aus einer Abdas deutsche Stromnetz abbildet. Eine eigene Karte
folge von einzelnen noist zwar immer noch nicht mit einem einzigen Klick
des besteht. Wenn der
zu erstellen, aber mit Hilfe der Community und den
Benutzer nun darüber
um das Projekt herum gewachsenen freien Softhinaus ausdrücken
ware-Tools ist es mit geringem Zeitaufwand und
möchte, dass es sich um kostenlosen Werkzeugen machbar.
den Hausumriss eines
Restaurants handelt, ergänzt er die Attribute
Mehr als nur Karten
OSM-Logo.
building mit yes und amenity mit restaurant. Diese SchlüsWährend klassische Karten-Portale im Intersel/Wert-Paare (key, value → tag) ergeben sich aus
net lediglich die grafische Repräsentation der Daeinem Konsens mit anderen Teilnehmern und wer- ten liefern, ermöglicht OpenStreetMap eine weitden beispielsweise auf der Map-Features Liste geaus universellere Nutzung. So haben verschiedene
sammelt. Dass dabei kein Wildwuchs entsteht, ist
Gruppen damit begonnen, die Kartendaten zur
der Tatsache geschuldet, dass nicht jeder Vorschlag Wegplanung (routing) für bestehende Navigationsauch auf breite Unterstützung trifft und dann
weder Einzug in die Objekt-Vorlagen der Editoren findet, noch von
den Karten-Erstellern
(renderer) berücksichtigt wird. Denn Ziel und
indirekte Belohnung eines jeden Mappers ist,
dass seine Arbeit auf den
Karten der freien Weltkarte erscheint. Daher
kommt es zu einer Art
Kreislauf der Selbst-Regulierung, wobei nur
verbreitete Objekt-Typen
auch visualisiert werden und Objekte, die
auch auf Karten zu finden sind, von den Aktivisten bevorzugt erfasst
werden.
Der JOSM Editor stellt ein einfaches GIS Tool da, mit dem auch Luftbilder
abdigitalisiert werden können, hier Luftbilder der Stadt Radolfzell.
Mittlerweile hat
((c) Matthias Meißer, CC-BY-SA Lizenz)
sich ein beachtlicher
Objekt-Katalog herausgebildet, der permanent erweitert und konsolidiert geräte nutzbar zu machen oder eigene Navigations-Software zu erstellen. Hier erschließt der hohe
wird. Das beginnt bei der Europastraße und endet
Detaillierungsgrad neue Möglichkeiten, wie etwa
beim Streugut-Container oder der Parkbank. Da
Fahrrad-Routing, was bei kommerziellen Alternatidie verschiedenen Typen unmöglich auf einer einven bisher häufig vernachlässigt wurde. Aber auch
zigen Karte unterzubringen sind, haben sich etli-
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In Haiti ist seit dem Erdbeben Erstaunliches geleistet worden. Möglich machten das vor allem sehr gute Satellitenbilder von Digital Globe und Goeye.
((c) OpenStreetMap, CC-BY-SA Lizenz, Animation durch Geofabrik GmbH)
völlig neue Profile, wie etwa Wegfindung für Rollstuhl-Fahrer, sind nun möglich. Ein solch flexibler
Router wurde an der Universität Heidelberg entwickelt und steht der Allgemeinheit seit etwa zwei
Jahren zu Verfügung.
Die modulare Lösung wurde extra für die Unterstützung der Rettungsmaßnahmen nach dem
Erdbeben 2010 auf Haiti erweitert, gerade auch die
Erreichbarkeits-Analyse ist ein weiteres interessantes Feature des Portals. Das Team rund um Prof. Zipf
entwickelte zuvor einen Dienst, der OSM-Daten zusammen mit freien Höhendaten darstellt und auch
dort natürlich Wege berechnen kann. Die Erfahrungen seit 2008 belegen, dass OSM trotz des offenen
Konzeptes sehr wohl in der Lage ist, professionelle
Anwendungen zu bedienen; niedrige Fehlerraten
im einstelligen Prozentbereich belegen dies.
Die Daten können natürlich auch so aufbereitet werden, dass sie offline auf mobilen Endgeräten
nutzbar sind. Beispielhaft sei hier die Software NAVIT genannt, die für eine Vielzahl von Plattformen
verfügbar ist. Ihre Erweiterbarkeit und der offene
Code haben unter anderem dazu beigetragen, dass
die Software auch bei der Brandenburger Polizei
eingesetzt wird, hier allerdings mit amtlichen Daten.
Auch kommerzielle Angebote nutzen mittlerweile den Datenbestand, wie etwa die Firma
Skobbler, die eine Navigationslösung für PKWs anbietet und dabei auf Spezialfälle wie Abbiege-Beschränkungen reagiert und das Feedback der Nutzer
direkt an OSM zurückliefert. So profitiert auch das
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Projekt und der Datenbestand kann um bis dahin
nicht erkannte Fehler bereinigt werden.
Die größte Verbreitung haben OSM-Karten in
Verbindung mit Outdoor-Navigationsgeräten gefunden. Da viele Geräte OSM-Daten passgerecht umwandeln können, kommen auch deren Endanwender in den Genuss des hohen Detaillierungsgrades
des alternativen Kartenmaterials. So lässt sich problemlos das nächste Restaurant finden und der Weg
dorthin berechnen.
Auch andere Dienste wie Kataloge à la „Gelbe Seiten“ oder ähnliche Führer lassen sich realisieren, was etwa www.openstreetbrowser.org sehr
eindrucksvoll demonstriert. Hier werden die Informationen für Suchvorgänge und die Sortierung in
Kategorien aufgearbeitet und Details zu den Objekten, wie Öffnungszeiten oder Adressen, interaktiv präsentiert. Dass dies auch für Nischenthemen
sehr nützlich ist, zeigt die Karte www.wheelmap.org,
die die Zugänglichkeit für Rollstuhl-Fahrer anzeigt
und sogar einstellen lässt.
Natürlich sind gerade im akademischen
Umfeld noch wesentlich mehr Nutzungsmöglichkeiten vorstellbar. Die Szenerien des MS Flugsimulators werden durch OSM-Daten ebenso erweitert
wie autonome Roboter der „Robocup Rescue Simulation League“, die an den Daten die Bergung von
Verschütteten trainieren. Mittels der Anwendung
eWorld können außerdem Verkehrsanalysen bereits jetzt auf Grundlage von OSM-Daten durchgeführt werden.
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Mehr als nur GPS-Tracks
Schon länger nutzt das Projekt nicht nur erfasste GPS-Spuren, sondern auch Luftbilder, um größere Bereiche abzudecken. Da das Deuten von Luftbildern gerade bei geringer Auflösung (z.B. frei verfügbare Landsat-Bilder) sehr anspruchsvoll ist, nutzt
OSM für gewöhnlich höher auflösendes Material,
das bis zu 5 cm je Pixel abdeckt. Die Luftbilder können in die Editoren des Projektes per Web Map Service (WMS) als Hintergrund eingeblendet werden.
Wegweisend war hier der Vorstoß der Firmen Yahoo
und zuletzt Microsoft, die die Luftbilder des Portals
Bing Maps für OpenStreetMap zu Verfügung stellen.
Hier muss jedoch die geringere Auflösung und das
Alter der Aufnahmen berücksichtigt werden. Wesentlich mehr Details können aus dem gespendeten Material der Ämter Lauf, Witten oder Radolfzell durch das Projekt entnommen werden.
Allerdings haben externe Personen einfachere
Möglichkeiten, Informationen in OSM einzupflegen:
die Portale OpenStreetBugs und WalkingPapers. Hier
kann der ambitionierte Neuling Fehler und Ergänzungen entweder per Marker auf der Karte eintragen
oder den Kartenausschnitt ausdrucken, manuell
ergänzen und dann wieder hochladen.
Humanitarian OpenStreetMap Team
Die Nutzung von Luftbildern zeigt sehr deutlich, dass die Bearbeitung nicht zwingend vor Ort
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erfolgen muss. So dauerte es nicht lange, bis erste
Mapper die Möglichkeit erkannten, aktiv die humanitäre Hilfe in Krisengebieten zu unterstützen, woraus Ende des Jahres 2009 das Humanitarian OpenStreetMap Team (H.O.T.) entstand. Dessen Aufgaben
liegen in der Koordinierung der interessierten CrisisMapper untereinander und der Kommunikation
mit den zuständigen Behörden und Daten-Lieferanten. Einen ersten Versuch unternahm das H.O.T.
beim Mappen des Gaza Streifens, wobei sich bereits etliche Hürden bei der humanitären Arbeit
herauskristallisierten.
2010 zeigte sich die bemerkenswerte Leistungsfähigkeit der Community nach dem Erdbeben
in Haiti. Binnen kürzester Zeit wurden die Areale
um Port-Au Prince erfasst, eingestürzte Gebäude
und beschädigte Straßen markiert und damit explizit beim Routing berücksichtigt. Genauso dynamisch konnte die Gründung von Flüchtlingscamps
dank der hochauflösenden Bild-Spenden registriert werden. Die Vorteile des offenen Datenschemas waren hier offensichtlich, es konnte sowohl
das bestehende Schema aufgegriffen werden, als
auch eigene Objekte und Eigenschaften für die humanitären Aspekte neu aufgenommen werden.
Durch die bisherigen Erfahrungen sind auch
die Probleme bei der internationalen Zusammenarbeit mit verschiedenen humanitären Institutionen,
aber auch mit der eigenen Community, zutage getreten. Das Team konzentriert sich dabei nach wie
vor auf die Vernetzung von Mitarbeitern, Datenlieferanten und Helfern vor Ort sowie die Bündelung
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aller notwendigen Informationen bezüglich eines
Einsatzgebietes. Dieses Vorgehen bewährte sich bei
Katastrophen wie der Flut in Pakistan oder dem
Erdbeben in Chile, wo bereits ein wesentlich strukturierteres Vorgehen möglich war. Auch konnten
erste Teammitglieder z.B. nach Haiti reisen, um die
dortigen Kräfte zu schulen. Den humanitären Helfern vor Ort können die Daten teilweise stündlich
aktualisiert für verschiedene Plattformen angeboten werden, von der einfachen Wandkarte über Daten für Navigationsgeräte bis hin zum Datensatz
für die eigenen GIS-Tools. Ein Service, der der schieren Manpower des freien Projektes zu verdanken
daten vor. Hier kann OpenStreetMap aufgrund der
geringen technischen Anforderungen und des einfachen Konzeptes Abhilfe schaffen; Beispiel hierfür
ist das Projekt www.mapkiberia.org, das einen der
größten afrikanischen Slums nahe Nairobi erfasst.
Es gibt natürlich auch außerhalb des OSMProjektes Aktivitäten, um mit Hilfe des „GraswurzelAnsatzes“ (grassroot effort) Geoinformationen in
Krisengebieten zu sammeln oder Organisationen
mit Open-Source-Tools zu unterstützen. Am ähnlichsten ist sicherlich das Team um CrisisCommons.
Hier werden dank Spenden Techniken erarbeitet
und Daten zusammengetragen, die die Arbeit vor
Ort organisatorisch unterstützen sollen. Einen etwas anderen Ansatz nutzt das Projekt Ushahidi, das
Werkzeuge anbietet, um Meldungen über Unglücke durch Mitarbeiter zu sammeln und zu verorten.
Dabei werden auch Dienste wie SMS oder E-Mail
unterstützt. Aber auch die etablierteren Organisationen haben die Zeichen der Zeit erkannt; so versuchen die UN mit Global Pulse und die Weltbank
mit Random Hacks of Kindness, die humanitäre Arbeit mittels neuer Medien und verbesserter Werkzeuge zu unterstützen.
Nutzung durch Behörden
Schulung der Helfer vor Ort ist ein wichtiger Auftrag des H.O.T.
((c) Todd Huffman, Creative Commons Lizenz)
ist. Um dieses Potenzial besser zusammen mit den
Organisationen zu nutzen, ist geplant, das Team
noch weiter zu professionalisieren und eine eigene
Non-Profit-Organisation aufzustellen. So ist es vielleicht auch möglich, mit Hilfe von Spenden einige
der bisherigen Freiwilligen des H.O.T. als VollzeitKräfte anzustellen und besseres Bildmaterial zu akquirieren.
Das Team kümmert sich natürlich nicht nur
um Krisengebiete. Da sich kommerzielle Anbieter
von Geodaten bei der Datenerhebung auf Areale beschränken, deren Vermarktung wirtschaftlich erscheint, liegen für viele Gegenden bisher kaum Geo-
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OpenStreetMap wird bereits von einer Vielzahl von Behörden in Deutschland genutzt. Ein wesentlicher Durchbruch war dabei sicherlich die Einbindung der Karte im Schadstofffreisetzungs- und
-verbringungsregister des Umwelt-Bundesamtes
(PRTR – Pollutant Release and Transfer Register). Um
die hohe Last der Anfragen zu bewältigen, wurde
dafür ein eigener Kartenserver aufgesetzt, der mit
mehreren Rechnern im Verbund (Cluster) arbeitet.
Dank der freien Lizenz gelang dies ohne rechtliche
Probleme. Auch die Deutsche Flugsicherheit nutzt
mittlerweile OSM-Karten als Hintergrundkarte für
den hauseigenen Webclient und die Wasserwacht
georeferenziert die Artikel des eigenen Webauftrittes auf der Karte. Genauso nutzt das Landkreisportal Mittelsachsen-Atlas.de sowie das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Breitbandatlas das Projekt als Hintergrundkarte.
Ein Beispiel über die gelungene Zusammenarbeit von OSM mit Behörden ist das LVG (Landesamt für Vermessung und Geoinformation) Bayern,
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das im Dezember 2008 zahlreiche Luftbilder zur Verfügung gestellt hat. Innerhalb von 3 Monaten konnten 600 Freiwillige in ganz Bayern insbesondere
Straßen und Gewässer-Verläufe sowie Gebäudeumrisse aus dem Material extrahieren. Neben etlichen
Kommunen, die das Projekt mit Daten und Luftbildern unterstützen, hat auch die Bundesanstalt für
Straßenwesen Daten für den Traffic Message Channel
(TMC) freigegeben. Nun können den Objekten in
der OSM-Datenbank die TMC-Identifikationsnummern hinzugefügt werden, damit zukünftig
Warnmeldungen den jeweiligen Straßensegmenten zugeordnet werden können.
Wer sich für das Thema freie Geodaten interessiert und noch weitere Fragen dazu hat, dem
seien die lokalen Gruppen und Stammtische des Projektes empfohlen. In ungezwungener Atmosphäre
werden gemeinsame Aktionen geplant und Aufgaben verteilt. Denn die lokale Aktivität ist es ja gerade, die das Projekte vorantreibt. Wer dagegen
noch mehr Fakten wünscht und sich nicht in den
Webseiten des Projektes zurecht findet, dem sei
das Buch „OpenStreetMap – Die freie Weltkarte
nutzen und gestalten“ von Frederik Ramm und Jochen Topf empfohlen, das auch in englischer Sprache verfügbar ist.
OSM im Netz
• Übersicht von Anwendungsbeispielen:
http://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:OSM-Anwendungen
• Übersicht Qualitätssicherung:
http://wiki.openstreetmap.org/wiki/QA
• Übersicht über Export Formate:
http://wiki.openstreetmap.org/wiki/Export
• Seite für Einsteiger:
http://wiki.openstreetmap.org/wiki/DE:Beginners_Guide
• Humanitarian OSM Team:
http://wiki.openstreetmap.org/wiki/HOT
OSM vor Ort
Die Verfügbarkeit von Informationen in OSM
schwankt je nach Ort. Ein Vergleich mit anderen Datenquellen gestaltet sich teilweise schwierig, schon
weil die Definition einer Vollständigkeit der Daten
immer ein konkretes Szenario voraussetzt. So ist die
Datenlage z.B. bei Straßen oder Hausnummern
stark unterschiedlich. Die Abdeckung des Projektes
ist erfahrungsgemäß im ländlichen Raum geringer, da sich hier weniger Leute für OSM begeistern
lassen. Eine Auswertung des Fraunhofer-IAIS (Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme) ergab, dass die Abdeckung des Straßennetzes
in Städten, verglichen mit kommerziellen Alternativen, etwa 80-90% beträgt. Im ländlichen Raum
liegt sie allerdings nur bei 50-60%. Neben dem unterschiedlichen Umfang der reinen geografischen Daten gibt es auch Differenzen im Umfang der vergebenen Attribute. Im ländlichen Raum kann OSM
hier jedoch mit hoch aufgelösten Fahrrad- und Wanderwegen punkten. Diese Ergebnisse werden ebenfalls durch die Untersuchungen der Universität Osnabrück unterstrichen, die die Daten mit den amtlichen Katastern verglich.
Ausblick
Anhand dieses Artikels wurde deutlich, dass
das Projekt in den vergangenen Jahren bereits enorme Arbeit geleistet hat, aber auch, dass noch viel
zu tun ist. Eine Karte muss immer an die Realität angepasst werden, ein Unterfangen, das OSM vielleicht mit einer noch breiter werdenden Benutzerbasis einfacher fallen könnte als anderen DatenAnbietern. Das Projekt rückt immer weiter ins Blickfeld des professionellen GIS-Bereiches, was der
kommende Lizenzwechsel zur ODbL (Open Database
License) sicherlich noch verstärken wird. CrisisMapping im Bereich humanitärer Einsätze macht
deutlich, dass das Projekt hervorragende personelle
und technische Ressourcen bereitstellt, welche die
Arbeitsabläufe zukünftig bereichern könnten. Das
umfasst nicht nur den Katastrophenfall im Ausland, sondern gerne auch den Alltag der Helfer daheim, denn schließlich gibt es auch dort Fremde,
die sich orientieren müssen.
Robert Soden ist langjähriger GIS Entwickler und Mitglied des
Humanitarian OpenStreetMap Teams. Aufgrund seiner intensiven Arbeit für das Projekt war er bereits mehrmals auf Haiti, um
die Arbeiten der Regierung zu unterstützen.
Nick Doiron studiert an der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh. Er beteiligt sich freiwillig bei OSM sowie auf einigen CrisisCamps. Außerdem entwickelt er Anwendungen für Ushahidi
und One Laptop Per Child.
Matthias Meißer studiert Informatik an der Universität Rostock
und ist seit 3 Jahren im OpenStreetMap-Projekt aktiv, für das er
sich im Raum Mecklenburg-Vorpommern insbesondere um die
Öffentlichkeitsarbeit kümmert.
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Web 2.0: Neue Perspektiven
für den Bevölkerungsschutz?
Verena Blank-Gorki, BBK und Prof. Dr. Harald Karutz, Steinbeis-Hochschule, Berlin
Die Bedeutung des Internets hat in den vergangenen
zwanzig Jahren nicht nur im alltäglichen Leben, sondern
auch im Bevölkerungsschutz erheblich zugenommen.
„Klassische“ Funktionen des World Wide Web (WWW),
wie das Einrichten und Pflegen von Homepages, die
Nutzung von Suchmaschinen sowie das Versenden von
Emails, sind längst zum Standard geworden. Aktuell
wird diskutiert, inwiefern auch das so genannte „Web
Allgemeine Informationen zum „Web 2.0“
Der Begriff „Web 2.0“ wurde erstmals im Jahre
2003 verwendet. In Anlehnung an Versionsnummern von Softwareprodukten soll mit ihm verdeutlicht werden, dass es sich um eine erhebliche Weiterentwicklung der ersten Internetgeneration handelt. Im Vordergrund steht nunmehr die Verbreitung „sozialer“ Medien. Dadurch ist das WWW zu
einer hoch dynamischen, interaktiven Plattform
geworden, an deren Weiterentwicklung sich jedermann zu jeder Zeit selbst beteiligen kann.
Statistische Angaben zur Nutzung des „Mitmachinternet“ (Pannen 2010) sind beeindruckend.
Von den 49 Millionen Menschen in Deutschland, die
überhaupt „online“ sind, greift beispielsweise mehr
als die Hälfte auch auf soziale Medien zurück. 60 %
der User besuchen regelmäßig Videoportale, etwa
40 % sind in sozialen Netzwerken aktiv (ARD/ZDFOnlinestudie 2010). Allein das soziale Netzwerk „Facebook“ hat in Deutschland derzeit fast 14 Millionen
Mitglieder (www.facebookmarketing.de).
Aktuell sind die meisten „User“ des Web 2.0
unter 40 Jahre alt (ARD/ZDF-Onlinestudie 2010). Bedingt durch die demografische Entwicklung wird
sich dies in den kommenden Jahren sicherlich noch
ändern. Gleichwohl scheint zumindest die Intensität des Engagements im Web 2.0 eng mit dem Freizeit- bzw. Zeitbudget verbunden zu sein. Heranwachsende im Alter zwischen 14 und 19 Jahren sind
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
2.0“ für die Bewältigung von Katastrophen und Krisensituationen relevant sein kann. Sowohl nach dem Erdbeben in Haiti als auch nach dem Loveparade-Unglück
im vergangenen Jahr wurden beispielsweise Blogs, soziale Netzwerke und Videoplattformen bereits intensiv
genutzt. Die einzelnen Chancen und Risiken, die mit
diesen Medien im Bevölkerungsschutz verbunden sind,
werden im folgenden Beitrag dargestellt.
in sozialen Medien jedenfalls besonders aktiv
(Schrape 2010).
Warum sich das Web 2.0 bei Teilen der Bevölkerung einer derart großen Beliebtheit erfreut, lässt
sich nicht pauschal feststellen. Soziale Medien befriedigen offenbar nicht nur das Bedürfnis nach Kontakt und Zugehörigkeit, sondern auch eine regelrechte Kommunikationslust. Als weitere Motive
Soziale Netzwerke erfreuen sich immer größerer Beliebtheit.
(Grafiken: Gerd Altmann/pixelio)
kommen die Gewinnung bzw. der Austausch von
Informationen, Unterhaltungsinteressen sowie die
Gelegenheit zur Selbstdarstellung und -inszenierung hinzu (Kaplan/Haenlein 2010). Darüber hinaus
sind viele junge Menschen – die so genannten „digital natives“ – schlichtweg mit dem Web 2.0 aufgewachsen. Für sie ist der Besuch einer „Community“
nicht nur eine bloße Gewohnheit, sondern auch
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ein Halt gebendes, alltägliches oder zumindest regelmäßiges Ritual.
Web 2.0 im Bevölkerungsschutz
Wird nun über die Relevanz sozialer Medien
im Bevölkerungsschutz diskutiert, ist zunächst eine
Differenzierung angebracht: So muss zwischen Inhalten, die Einzel- bzw. Privatpersonen verbreiten
(user-generated content), und redaktionell aufbereiteten Informationen (redactional content) unterschieden werden. Darüber hinaus können die diversen Funktionen des Web 2.0 sowohl bei der Begrenzung bzw. Bewältigung von Katastrophen und Krisensituationen als auch bei deren Vermeidung sowie im Hinblick auf Vorsorgemaßnahmen genutzt
werden.
Der folgende, nur sehr kurze Überblick geht
ausschließlich auf die Bedeutung von benutzergenerierten Inhalten für die Bewältigung von Katastrophen und Krisensituationen ein.
kussiert, bietet das Web 2.0 eben auch Informationen aus Orten, die nicht unbedingt im Mittelpunkt
des Medieninteresses stehen (Palmer 2008). Diesen
dezentralen Ansatz nutzt beispielsweise die Internet-Plattform „Ushahidi“, die Informationen von
Menschen aus unmittelbarer Nähe eines Geschehens via SMS oder Email erhält, auf Landkarten zusammenfasst und daraufhin veröffentlicht.
Bei diesen Nachrichten aus Katastrophengebieten handelt es sich stets um ungefilterte Informationen aus „erster Hand“, d. h. sie stammen von
Menschen, die unmittelbar betroffen sind. Häufig
erscheinen solche Meldungen sogar vertrauenswürdiger und „ehrlicher“ als Lagemeldungen von Be-
Funktionen im Web 2.0
Webseite mit tagebuchähnlichen Einträgen;
Weblog/ chronologisch abwärts sortierte Liste von BeiBlog
trägen; mindestens eine Person (sog. WebLogger/Blogger) stellt Aspekte des eigenen
Lebens, Meinungen und Gedanken dar
Mikroblog
Chancen des Web 2.0
Eine enorme Chance des Web 2.0 besteht
zweifellos in der Geschwindigkeit, mit der Informationen verbreitet werden können. Insbesondere in
Katastrophen bzw. großflächigen Schadenslagen,
von denen mehrere Staaten betroffen sind, wird
dieser Vorteil deutlich. Lange bevor „offizielle“ Lagemeldungen den Weg durch sämtliche beteiligten
Instanzen durchlaufen haben und schließlich veröffentlicht werden, sind Angaben zu Zerstörungen,
Opferzahlen, bestehenden Gefährdungen usw. in
sozialen Netzwerken und Blogs bereits verfügbar.
Zudem kann über die verschiedenen sozialen
Medien nicht nur ein rascher verfügbares, sondern
auch ein wesentlich umfassenderes Lagebild erstellt werden als dies Einsatzkräften oder auch einzelnen Journalisten möglich ist. Bevor Erkundungsteams beispielsweise in abgelegene, unter Umständen kaum noch erreichbare Ortschaften vorgedrungen sind, können dort (über)lebende User schon
selbst Fotos, Videos und Angaben zu ihrem individuellen Hilfebedarf verbreiten. Und während die Berichterstattung in den klassischen Medien häufig
auf einzelne Zentren eines Katastrophengebietes fo-
Soziale
Netzwerke
Form des Weblog/Blog, bei der die Benutzer
kurze, SMS-ähnliche Textnachrichten veröffentlichen; eine Person verfasst subjektive Inhalte, die in Echtzeit durch die Leser aufgenommen und anschließend weiterverbreitet werden können; prominentestes Beispiel: Twitter
Online-Netzwerke oder Netzgemeinschaften,
in denen Benutzer ein eigenes Profil erstellen
und darüber Kontakte mit anderen Benutzern pflegen; typische Funktionen: Empfang
und Versand von Nachrichten und Benachrichtigungen über diverse Ereignisse, Blogfunktion, Einstellen von eigenen Inhalten (Bilder, Videos, usw.); prominenteste Beispiele:
Face-book, studiVZ/meinVZ, Wer-kennt-wen
Podcasts
Audiobeiträge beispielsweise aus Radiosendungen, die unabhängig von Sendezeiten
abrufbar sind; teilweise auch Fernsehbeiträge (sog. video podcasts)
Videoportale
Webseiten, die Videos zur sofortigen Ansicht
im Internet (sog. Streaming) und/oder zum
Herunterladen bereitstellen; prominentestes Beispiel: You-Tube
Webseiten zum Austausch von digitalen Bil-
Fotodern; Benutzer können ihre Bilder zur (komplattfor- merziellen) Weiternutzung sowie zur öffentlichen Kommentierung einstellen; promimen
nenteste Beispiele: Picasa, flickr
computerbasierte Umgebungen mit dreidi-
Virtuelle mensionalen Avataren; prominentestes BeiWelten spiel: Second Life
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hörden und Hilfsorganisationen bzw. Nachrichten
aus Redaktionen, denen womöglich eigene Interessen unterstellt werden: So könnten offizielle Stellen
etwa darauf bedacht sein, bestimmte Zerstörungen
nicht zu zeigen und stattdessen in den Vordergrund
zu rücken, dass das eigene Krisenmanagement besonders gut funktioniert. Journalisten sind womöglich nur an den Informationen interessiert, die traditionell „medienwirksam“ sind usw. Aus diesem
Grund verlassen sich Menschen eventuell eher auf
die Meinung von „Freunden“ aus ihrer Community
als auf die Aussagen von Behörden- oder Medienvertretern (Pannen 2010).
Auch bei der Suche nach Vermissten sind soziale Netzwerke hilfreich. Einerseits können Überlebende so genannte „Ok-Meldungen“ posten, andererseits können Vermissende Suchanfragen stellen und um Mithilfe bei ihrer Suche bitten. Betroffene im Katastrophengebiet können sich ihrerseits
mit Hilfsanfragen bzw. der Bitte um Unterstützung
an andere User wenden. Aufrufe zu Spenden stoßen in sozialen Netzwerken beispielsweise auf eine
stets enorme Resonanz. Nicht zuletzt sind aber
auch Anteil nehmende, tröstende und ermutigende Postings für die unmittelbar von einer Katastrophe betroffenen Menschen bereits eine Form der
Unterstützung.
Mit dem Web 2.0 verbundene Risiken
Auf der anderen Seite sind mit dem Web 2.0
im Hinblick auf die Bewältigung von Katastrophen
und Krisensituationen einige problematische Aspekte und konkrete Risiken verbunden. So schürt die
enorme Geschwindigkeit dieses Mediums eine Erwartungshaltung und kann zuständige Behörden
und Hilfsorganisationen unter erheblichen Zeitdruck setzen: Wenn Informationen besonders rasch
verbreitet werden, entsteht natürlich auch der
Wunsch, dass ebenso schnell auf die jeweiligen Meldungen reagiert wird (Dennenmoser 2010). Geschieht dies dann nicht, sind Enttäuschung, Frustration und Vertrauensverlust für die zuständigen Instanzen vorprogrammiert.
Dass Informationen unkontrollierbar und von
jedermann weitergegeben werden können, beinhaltet ebenfalls einen unter Umständen kritischen
Punkt. Ob die Meldung, die jemand aus einem Ka-
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tastrophengebiet abgibt, tatsächlich zutrifft oder
nicht, ist zunächst nicht ohne Weiteres verifizierbar.
Sicher ist nicht einmal, ob die Nachricht überhaupt
von dem Ort aus abgegeben worden ist, der vorgegeben wird. Theoretisch denkbar ist, dass von Einzelpersonen – aus welchen Motiven auch immer – bewusst falsche Informationen lanciert werden. Unter
Umständen hat dies zur Folge, dass Einsatzkräfte
beispielsweise fehlgeleitet werden, eigentlich unnötige Aufträge erhalten oder bei der Bewältigung
des Ereignisses insgesamt falsche Prioritäten gesetzt werden.
Haben sich Falschmeldungen im Web 2.0 erst
einmal verbreitet, sind sie zudem kaum oder nur
noch mit erheblichem Aufwand zu korrigieren. Wer
eine Nachricht zuerst veröffentlicht hat, gewinnt,
unabhängig vom Wahrheitsgehalt und der Vollständigkeit seiner Meldung, in der Regel die Informations- und Deutungshoheit. Daraus resultiert zwangsläufig aber auch, dass Behörden und Nachrichtenredaktionen zumindest Teile ihrer gewohnten institutionalisierten Autorität verlieren (Pannen 2010).
Hinzu kommt, dass die Auswertung der im
Web 2.0 veröffentlichten Informationen massiv personelle Ressourcen bindet. Die unzähligen „Postings“ zu lesen und zu priorisieren kostet Arbeitskraft und -zeit, die bei den Behörden und Hilfsorganisationen, die in die Bewältigung von Katastrophen und Krisensituationen eingebunden sind,
häufig nicht vorhanden ist.
Ein Risiko und eine Chance zugleich bestehen
in der starken Personalisierung von Informationen.
Eine Nachricht kommt eben nicht aus einer anonymen Behörde oder Redaktion, sondern von einer
bestimmten Person. Eine Katastrophe bekommt auf
diese Weise ein eigenes „Gesicht“, ein ansonsten
Literatur
ARD/ZDF-Onlinestudie (2010): Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie
2010. http://www.ard-zdf-onlinestudie.de (Stand: 29.12.2010).
Dennenmoser C. (2010): Der Wert sozialer Netzwerke in Katastrophen.
In: Im Einsatz 17, 216-219.
Facebookmarketing (2010): Userzahlen Facebook,
www.facebookmarketing.de (Stand: 29.12.2010).
Kaplan, A. M./Haenlein, M. (2010): Users of the world unite! The challenges
and opportunities of Social Media. In: Business Horizons, 53, 59-68.
Palmer J. (2008): Emergency 2.0 is coming to a website near you. In: New
Scientist, Jg. 198, Heft 2654, 24-25.
Pannen, U. (2010): Social Media: Eine Architektur politischer Kommunikation. In: Forschungsjournal NSB, Jg. 23, 3/2010, 56-63.
Schrape, J. (2010): Web 2.0 und Massenmedien: Visionen versus Empirie.
In: Forschungsjournal NSB, Jg. 23, 3/2010, 72-83.
Wikipedia (2010): Stichworte „Blog“, „Mikroblog“, „soziale Netzwerke“,
„Web 2.0“. www.wikipedia.de (Stand: 29.12.2010)
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eher abstrakt erscheinendes Ereignis wird mit Einzelschicksalen verknüpft. Ein herausragendes Beispiel dafür ist der Blog einer jungen Frau, die nach
der Loveparade sehr persönlich über ihre Erfahrungen berichtet hat (http://juliasloveparade.blog.de/).
Einerseits kann eine solche Personalisierung
bzw. auch die damit verbundene Emotionalisierung
zweifellos hilfreich sein, um beispielsweise zur Hilfeleistung zu motivieren. Auch auf die Bereitschaft,
für betroffene Menschen zu spenden oder Hilfsgüter zu sammeln usw., dürfte sich dies positiv auswirken. Andererseits könnte die Betroffenheit eigentlich unbeteiligter Menschen deutlich verstärkt werden, weil die Filterung und Aufbereitung von Informationen durch Behörden und Redaktionen, die
in gewisser Weise natürlich auch schützen, im
Web 2.0 eben nicht vorhanden sind. Vor diesem Hintergrund ist zumindest nicht auszuschließen, dass
bestimmte emotionale Reaktionen beispielsweise
in sozialen Netzwerken übertragbar sind und eine
noch stärkere „kollektive Betroffenheit“ verursacht
wird, als dies in Folge der üblichen Medienberichterstattung nach Katastrophen ohnehin schon beobachtet werden kann.
Dadurch, dass eine solche Betroffenheit im sozialen Netzwerk kommuniziert wird, ist sie dann
allerdings auch umso rascher erkennbar. Einträge
und Kommentare im Web 2.0 wären demnach als
eine Art Befindlichkeits- bzw. Stimmungsbarometer
zu betrachten, aus dem sich wiederum Rückschlüsse für notwendige Steuerungsprozesse, insbesondere für die Art und den Inhalt der weiteren Krisenkommunikation ableiten lassen könnten.
Zusammenfassung und Ausblick
Die verschiedenen Funktionen im Web 2.0
werden inzwischen von vielen, vor allem jungen
Menschen in ihrem Alltag intensiv genutzt. Insofern liegt es nahe, auch bei der Bewältigung von
Katastrophen und Krisensituationen – insbesondere zur Gewinnung und Vermittlung von Informationen – auf Blogs, soziale Netzwerke usw. zurückzugreifen.
Zu beachten ist, dass über das Web 2.0 derzeit bei Weitem nicht die Gesamtbevölkerung erreicht wird. Deshalb sind Blogs und soziale Netzwerke heute zweifellos eine wertvolle Ergänzung,
keinesfalls jedoch ein Ersatz für bisher genutzte
Kommunikationswege und -verfahren. Allerdings
ist anzunehmen, dass die Bedeutung des Web 2.0
zukünftig weiter wachsen wird.
Behörden und Organisationen sollten sich
schon heute darauf einstellen. Mindestens zwei Aspekte sind dabei von besonderer Bedeutung: Um
bei der Bewältigung von Katastrophen und Krisensituationen auf soziale Medien zurückgreifen zu
können, muss bereits im Vorfeld ausreichend Personal geschult und trainiert werden. Sich erst in einer
bereits eingetretenen Katastrophen- bzw. Krisensituation, d.h. unter großem Zeit- und Handlungsdruck mit den Regeln, Gepflogenheiten und Umgangsformen des Web 2.0 vertraut zu machen,
kann schlichtweg nicht funktionieren. Außerdem
sind geeignete Strategien zu entwickeln, um Informationen aus dem Web 2.0 möglichst rasch und zuverlässig verifizieren zu können. An technischen
(d.h. Software-)Lösungen wird derzeit bereits gearbeitet: So können inhaltlich ähnliche oder sogar
identische „Postings“ schon heute automatisch identifiziert und in Clustern zusammengefasst werden.
Stammen beispielsweise mehrere gleichlautende
Nachrichten aus unterschiedlichen, voneinander
unabhängigen Quellen, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine verlässliche und zutreffende Meldung handelt.
Die Entwicklung solcher Analysesysteme ist
derzeit zwar längst noch nicht abgeschlossen; auch
gibt es zum heutigen Zeitpunkt keinen Anlass, in
den Möglichkeiten des Web 2.0 quasi eine Revolutionierung oder gar eine vollkommene Neuausrichtung der Katastropenbewältigung zu sehen. Dennoch bleibt selbst bei einer sehr nüchternen Betrachtungsweise festzuhalten, dass mit dem Web
2.0 wertvolle Chancen verbunden sind, die durchaus genutzt werden sollten.
Verena Blank-Gorki ist Mitarbeiterin des Referates „Psychosoziale
Notfallversorgung (PSNV)“ im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Dr. Harald Karutz ist Professor an der Steinbeis-Hochschule Berlin. Am Transferinstitut „Public Health and Healthcare“ in Essen
leitet er den Bachelorstudiengang „Interdisziplinäres Notfallund Krisenmanagement“.
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GEOINFORMATIONEN
Weltraumtechnik für
Bevölkerungsschutz und
Katastrophenhilfe
Michael Judex, BBK; Marzia Santini, DPC; Giorgio Sartori, WFP; Olivier Senegas, UNOSAT
Satelliten umkreisen die Erde in vielen Hundert Kilometern Entfernung und liefern jeden Tag unzählige scharfe und detailreiche Abbildungen aller Regionen der
Erde. Wo liegen hier die Potenziale für den Bevölkerungsschutz und die Katastrophenhilfe? Welche Mög-
Einführung
Großflächige und lang anhaltende Katastrophen zeichnen sich durch eine unübersichtliche Lage
und eine Vielzahl an (häufig widersprüchlichen)
Informationen aus. Dies war z.B. der Fall beim Erdbeben in Haiti, der Flutkatastrophe in Polen, der
Ölverschmutzung im Golf von Mexiko und der Flut
in Pakistan. Eine schnelle und korrekte Lageeinschätzung ist jedoch von essentieller Bedeutung: Wie
groß ist das Schadensgebiet? Wo befindet sich potenziell betroffene Bevölkerung? Welche Infrastrukturen sind betroffen? Wie ist die Zugänglichkeit in
das Schadensgebiet? Solche Fragen können durch
Hilfskräfte vor Ort beantwortet werden – sofern der
Zugang zum Schadensgebiet unmittelbar möglich
ist. Um jedoch aus den (vielen) punktuellen Lageinformationen eine konsistente Lagekarte zu erstellen,
bedarf es vieler Meldungen. Diese werden meist
über die verschiedenen Meldewege der einzelnen
Organisationen/Einsatzkräfte gesammelt, geprüft
und zusammengefasst. Besonders schwierig wird
eine solche Informationsbeschaffung, wenn sich
das Schadensgebiet in entlegenen Regionen oder
in wenig entwickelten Ländern befindet.
Erdbeobachtungs-Satelliten können hier wertvolle Dienste leisten. Mittlerweile existieren über
100 verschiede Satellitensysteme, die permanent,
Tag und Nacht, die Erdoberfläche mit unterschied-
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lichkeiten bestehen schon heute, diese Technik gewinnbringend einzusetzen? Der folgende Beitrag gibt
hierzu eine kurze Übersicht mit praktischen Anwendungsbeispielen.
lichen Sensoren abbilden. Neben Satelliten, die
quasi digitale Fotos der Erde in höchster Auflösung
liefern, gibt es auch solche, die die Temperatur
oder den Wasserdampfgehalt der Atmosphäre aufzeichnen. Radarsatelliten tasten die Erdoberfläche
mit einem aktiven Signal ab und können sogar
(fast) ungehindert durch die Wolkendecke oder Vulkanrauch schauen. Großflächige Katastrophen haben meist auch großflächige Veränderungen der
Erdoberfläche zur Folge, die durch sog. Veränderungsdetektionsverfahren mit Hilfe von Satellitenbildern erkannt werden können. Dafür wird ein
Bild vor dem Ereignis mit einem Bild nach dem Ereignis verglichen und die Veränderungen berechnet.
Somit können z.B. Überflutungsflächen oder Waldbrandflächen erkannt und die Ausdehnung berechnet werden. Ebenso können Schäden der Bebauung oder der Infrastruktur erkannt werden.
Neben der Satellitenbildanalyse, die ein erhebliches Know-how erfordert, ist die schnelle Datenbeschaffung ein herausragendes Problem. Zum einen müssen Satelliten „umprogrammiert“ werden,
um ein Bild der Schadensstelle aufzunehmen, zum
anderen muss die Entscheidung getroffen werden,
welcher Satellit die nächsten Aufnahmen liefern
kann und für die geforderten Analysen geeignet
ist. Dies erfordert ein hohes Maß an Koordination
mit vielen beteiligten Partnern. Um die notwendigen Abstimmungen zu vereinfachen und die Liefer-
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Abb. 1: Satellitenbildkarte mit Auswertungen zu Evakuierungsrouten, Sammelplätzen und möglichen
Hubschrauberlandeplätzen um das Moses-Mabhida-Stadion in Durban, Südafrika.
zeit der Satellitenbilddaten zu verkürzen, wurde
im Jahr 2000 die International Charter ‚Space and
Major Disasters‘ von der europäischen, der französischen und der kanadischen Raumfahrtagentur
(ESA, CNES, bzw. CSA) ins Leben gerufen. Bis heute
haben elf Institutionen weltweit die Charter unterzeichnet und stellen ihre Satellitenressourcen zur Verfügung. Die Charter kann von autorisierten Nutzern bei großen bestehenden Schadenslagen aktiviert werden. Diese erhalten dann in kurzer Zeit
aktuelle Satellitendaten der betroffenen Region. Die
Auswertung der Daten ist nicht Bestandteil der
Charter und muss von einem externen Dienstleister
übernommen werden. Der Mechanismus der Charter stellt damit ein einheitliches System zur Datenaquise mit einem rund um die Uhr besetzten Kontaktpunkt (point of contact) zur Verfügung.
EU Initiative: Emergency Response Service
Fast parallel zur Initiative der Raumfahrtagenturen wurde auf europäischer Ebene der Bedarf
formuliert, Fernerkundungstechnik noch umfassender nutzbar zu machen. Durch eine gemeinsame
Initiative der Europäischen Raumfahrtagentur (ESA)
und der Europäischen Kommission (EK) wurde
1998 die Initiative Global Monitoring for Environment and Security – GMES ins Leben gerufen. Ziel
Ausschnittsvergrößerung
der Initiative ist der Aufbau eines Netzwerkes, mit
dem sowohl weltraumbasierte Satellitendaten als
auch luft- und bodengestützte Messungen im Umwelt- und Sicherheitsbereich erhoben und den
Nutzern zur Verfügung gestellt werden sollen. Die
Ergebnisse dienen der Entscheidungsunterstützung europäischer Institutionen und der Mitgliedsstaaten, indem Informationen genauer und schneller den Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt werden. Mittlerweile wurden fünf Kernbereiche identifiziert, für die so genannte „Dienste“ entwickelt
werden: Landoberfläche, Ozeane, Atmosphäre, Katastrophenhilfe und (polizeiliche) Sicherheit. Für den
Kernbereich Katastrophenhilfe wird derzeit durch
das EU-Projekt Services and Applications for Emergency Response (SAFER) eine prä-operationelle Version eines solchen Dienstes entwickelt. Ab dem
Jahr 2012 wird dieser GMES Emergency Response Service durch die europäische Kommission den Mitgliedsstaaten zur Verfügung gestellt. Das Projekt ist
durch Mittel des 7. Forschungsrahmenprogramms
gefördert und besteht aus einem Konsortium von
56 Partnern. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe beteiligt sich aktiv an
diesem Vorhaben. Zusammen mit dem französischen und italienischen Zivilschutz, dem UN World
Food Program und UNOSAT bildet es die Nutzergruppe, die, stellvertretend für die vielen potenziellen Nutzer aus dem Bereich Bevölkerungsschutz
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GEOINFORMATIONEN
Abb. 2: Vom Hochwasser betroffene Flächen entlang der Schwarzen Elster, Sachsen-Anhalt,
abgeleitet aus Satellitendaten.
und humanitäre Hilfe, Anforderungen und Bedarfe
formuliert und die Nutzbarkeit der Ergebnisse
überprüft.
Im Unterschied zur Charter ,Space and Major
Disasters‘ stellt der Emergency Response Service
(ERS) keine Rohdaten zur Verfügung, sondern ausgewertete Produkte, die von den Nutzern direkt
eingesetzt werden können. Das sind in den meisten
Fällen Karten (siehe Abb. 1 und 2). Es können aber
auch einzelne Analyselayer sein, die direkt in ein geografisches Informationssystem (GIS) eingelesen
werden können.
Innerhalb des SAFER-Projektes wurde ein Produkt-Portfolio entwickelt, das alle Leistungen beschreibt, die der Service momentan anbietet. Es umfasst verschiedene Produktkategorien wie z.B. Referenzkarten oder Schadensanalysen. Für alle Phasen des Krisenmanagement-Zyklus werden Produkte angeboten, wobei hier eine kontinuierliche
Produkt
Lieferzeit
Geographische Referenzkarte
Notfall: 24 Stunden*, sonst: 45 Tage
Spezialkarte Vorbereitung
45 Tage
Notfallkarte: Betroffene Fläche
8 Stunden*
Notfallkarte: Schadensanalyse
8 Stunden*
Spezialkarte Nachbereitung
45 Tage
Flüchtlingscamp-Kartierung
45 Tage
Tab. 1: Übersicht der Produkte des GMES Emergency Response Service.
(* Zeitangabe bezieht sich auf die Zeit nachdem die Satellitendaten empfangen wurden. Dies kann bis zu 3 Tagen dauern)
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
Ausschnittsvergrößerung
Weiterentwicklung stattfindet (Tab. 1). Die Produkte
stehen in unterschiedlichen Detaillierungsgraden
zwischen Maßstab 1:5.000 und 1:500.000 zur Verfügung. Eine englischsprachige, bebilderte Übersicht
der verfügbaren Produkte findet sich auf der Website des Projektes unter www.emergencyresponse.eu/
gmes/docs_wsw/RUB_119/ssp_ers_products_portfolio
_vi_bd.pdf.
Der Service kann nur von autorisierten Organisationen genutzt werden. Um die Nutzung möglichst übersichtlich zu gestalten, wurde für jeden
Mitgliedsstaat in Europa ein Kontaktpunkt definiert,
der alle nationalen Anfragen bündelt und an den
Service steuert. In Deutschland ist das Gemeinsame
Melde- und Lagezentrum von Bund und Ländern
(GMLZ) im BBK dieser Kontaktpunkt. Anfragen bezüglich Produktanforderungen oder Produktcharakteristika können an das GMLZ gerichtet werden.
Weitere Informationen finden sich online unter
http://www.emergencyresponse.eu/gmes/en/ref/How
-to-activate-the-Service_119.html.
Beispiel: Spezialkarte Vorbereitung
Im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft im
Juni 2010 in Südafrika nutzte das BBK die Möglichkeit des Emergency Response Service und ließ Karten
der Stadien erstellen, in denen die deutsche Natio-
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nalmannschaft in den Vorrunden spielte. Die detaillierten Karten sollten die aktuelle Situation im
nächsten Umfeld der Stadien darstellen, sowie mögliche Zu- und Abfahrtswege, Evakuierungsrouten
und Hubschrauberlandeplätze für den Fall eines
schädigenden Ereignisses (Abb. 1). Die Karten wurden in der deutschen Botschaft genutzt und auch
an die internationale Koordinierungsstelle der Polizei weitergeleitet.
Die Karten erwiesen sich als sehr nützlich,
da keine vergleichbaren Informationen verfügbar
waren. Dem Wunsch nach ähnlichen Karten für
die anderen Stadien konnte nicht mit Produkten des
ERS entsprochen werden, da dafür die Vorbereitungszeit zu knapp war. Über das EU Satellite Centre konnten jedoch ähnliche Informationen beschafft werden.
zur Verfügung gestellt werden können und für alle
Mitgliedsstaaten erreichbar und nutzbar sind. Zusätzlich zu den beispielhaft vorgestellten Produkten
werden so genannte „Thematische Dienste“ entwickelt, die spezielle Informationen wie z.B. Erdrutschanalysen, Vermögenswertkartierungen oder
Flüchtlingskamp-Kartierungen für Krisen außer-
Beispiel: Notfallkarte betroffene Fläche
Ende September 2010 verursachten lang anhaltende Niederschläge im Osten Deutschlands
großflächige Überschwemmungen. Am 5. Oktober
wurde auf Anfrage des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft Sachsen-Anhalt
der ERS aktiviert. Angefordert war eine Notfallkarte
der überfluteten Flächen entlang der Schwarzen Elster. Nach knapp 30 Stunden wurden die ersten Karten nach Sachsen-Anhalt geliefert (Abb. 2). Die Karten wurden dort zur Lageübersicht und zur Information der Krisenstäbe verwendet. Die als überflutet gekennzeichneten Flächen wurden zudem als
digitale Datensätze in den eigenen geografischen
Informationssystemen weiter verarbeitet. Durch
die aktuelle und genaue Informationsbereitstellung
unterstützten solche Geoinformationen sowohl die
Krisenstäbe als auch die Einsatzkräfte vor Ort bei
der Entscheidungsfindung.
Alle verfügbaren Dienste und Produkte sind in einer Reihe von Broschüren
beschrieben; diese können unter
http://www.emergencyresponse.eu/gmes/en/ref/
How-to-activate-the-Service_119.html
abgerufen werden.
halb Europas zur Verfügung stellen. Obwohl es sich
bei den beschriebenen Möglichkeiten noch um Ergebnisse eines Forschungsprojekts handelt, stehen
die Dienstleistungen zum großen Teil schon quasioperationell zur Verfügung. Welche von diesen vielen Produkten schließlich von der Europäischen
Kommission in den Regelbetrieb des GMES Emergency Response Service aufgenommen und dann
dauerhaft zur Verfügung stehen werden, wird sich
dieses Jahr entscheiden.
Ausblick
Die weltraumbasierte Fernerkundung stellt
mittlerweile erprobte und verlässliche Methoden
bereit, die für den Bevölkerungs- und Katastrophenschutz hilfreich sind. Durch das EU-Projekt SAFER
werden Verfahren entwickelt, wie solche Informationsprodukte auf europäischer Ebene verlässlich
Michael Judex, Bundesamt für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe, Bonn
Marzia Santini, Dipartimento della Protezione Civile, Rom, Italien
Giorgio Sartori, United Nations World Food Program, Rom, Italien
Olivier Senegas, UNITAR Operational Satellite Applications
Programme (UNOSAT), Genf, Schweiz
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GEOINFORMATIONEN
Unbemannte Flugsysteme im
zivilen Krisenmanagement
Echte Perspektive oder technische Spielerei ?
Yara Sattler und Tatjana Regh
Kleine Flugroboter überwachen die Menschenströme
auf dem Oktoberfest und liefern Daten für ein Frühwarnsystem zur Vermeidung von Massenpaniken. Ein
großflächiger Waldbrand – ein unbemanntes Luftschiff
sucht autonom nach Zufahrtswegen und neuen Brandherden. Ein Chemieunfall – ein Schwarm von Drohnen
misst die Schadstoffe in der Luft und berechnet die Ausbreitungsrichtung und –geschwindigkeit.
Im Kontext von Geoinformationen sind die durch
Fernerkundung erhobenen Daten von großer Bedeutung. Satellitenbilder liefern aktuelle Informationen
über die Erdoberfläche und dienen als Entscheidungsunterstützung im Katastrophenfall oder dessen Prävention. Doch liegen zwischen Anforderung
und Bereitstellung des Satellitenbildes und somit
auch der verfügbaren und wichtigen Geoinformationen derzeit mindestens 24 Stunden, teilweise sogar bis zu 72 Stunden. Unbemannte Luftfahrzeuge
sind möglicherweise in der Lage, diese Fähigkeitslücke in der Fernerkundung zu schließen und gelten
daher vielen Praktikern und Forschern als zukunftsträchtige Technologie für das Krisenmanagement.
Erste Systeme wurden bereits vor Jahrzehnten
zu militärischen Zwecken eingesetzt. Die verdeckte
Informationsgewinnung über feindlichem Gebiet
galt als oberstes Ziel. Auch heute noch, wahrscheinlich sogar mehr als je zuvor, werden Drohnen vielfältig im Kampf eingesetzt. So liest man fast täglich
über den Einsatz von unbemannten Luftfahrzeugen
im Kampf gegen den Terror, in dem es weit über die
reine Informationsgewinnung hinausgeht. Doch
die rasanten Entwicklungen in den letzten Jahren
erlauben heute ein weitaus vielfältigeres Einsatzspektrum.
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
Glaubt man den Angaben vieler Hersteller, könnten
diese Situationen, die ein wenig nach Science Fiction
klingen, in naher Zukunft Realität werden und zu einer
erheblichen Verbesserung im Krisenmanagement und
zum Bevölkerungsschutz beitragen.
Aber ist dies wirklich der Fall? Welche Möglichkeiten,
Grenzen und Perspektiven bieten unbemannte Flugsysteme wirklich?
Das UA–System — mehr als ein Flugmodell
Das System setzt sich aus einer Bodenkontrollstation, der Kommunikationsinfrastruktur und den
mehrfach verwendbaren Trägerplattformen, das
heißt den eigentlichen Fluggeräten, zusammen. Da
das Fluggerät selbst nur eine einzelne Komponente
eines komplexen Systems ist, wurde im Jahre 2007
der bisher offiziell für Drohnen benutzte Begriff UAV
(Unmanned Aerial Vehicle – unbemanntes Luftfahrzeug) durch die Bezeichnung UAS (Unmanned Aircraft System – unbemanntes Flugsystem) ersetzt
und von der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation festgelegt.
Das Angebot an Systemen ist vielfältig. In der
Größenordnung reichen die Fluggeräte von wenigen
Zentimetern, so genannten Nano-Systemen, über
Mikrodrohnen bis hin zu Geräten mit einer Spannweite von 35 m. Weiter wird zwischen Starrflüglern,
Drehflüglern und Luftschiffen unterschieden.
Mindestens ebenso reich ist das Angebot an
Sensoren, den so genannten „Augen“ der Systeme,
mit denen die Fluggeräte für unterschiedliche Einsatzbereiche ausgestattet werden. Für die zivile
Nutzung ist der Einsatz von qualitativ hochwertigen
Video- oder Digitalkameras, aber auch Restlicht-
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und Infrarotkameras sinnvoll. Ihre Auflösungen erlauben bereits eine höchstgenaue Aufklärung am
Boden. Größere UAS lassen sich ferner mit einem Radar ausstatten. Interessant für den Bevölkerungsschutz sind zudem auch Messsysteme, die bei CBRNLagen Verwendung finden. Sensoren einschließlich
ihrer Energieversorgung oder sonstige Lasten, die
das Fluggerät geladen hat, werden als Nutzlast bezeichnet und lassen sich i.d.R. austauschen.
Obwohl die Nutzlasten nur einen geringen
Anteil am Gesamtgewicht ausmachen dürfen, sind
sie der wichtigste Bestandteil am UAS. Sie liefern die
für das Krisenmanagement relevanten Geoinformationen, die bspw. einen schnellen und effizienten
Einsatz der Kräfte am Boden ermöglichen. Teilweise
ist es bereits möglich, die gerade erfassten Daten
direkt über das System georeferenzieren zu lassen
und ihnen somit eine raumbezogene Referenzinformation zuzuordnen. Die Daten können Grundlagen für die Erstellung neuer Karten liefern und
mit anderen Karten und Informationen verglichen
und entsprechend ausgewertet werden.
zentration von Schadstoffen in der Luft zu messen
und die Ergebnisse direkt an die Einsatzkräfte weiterzuleiten, die daraus Maßnahmen zum Schutz der
Bevölkerung ableiten können. Durch das Fliegen im
Schwarm, bei dem die Systeme untereinander kooperieren, sollen Gebiete ganzheitlich erfasst werden.
Entsprechende Forschung läuft in verschiedenen,
zum Teil durch den Bund geförderten, Projekten.
Durch die zwar geringe, aber dennoch bestehende Absturzgefahr der UAV wird ein Einsatz über
großen Menschenansammlungen z.B. bei Demonstrationen oder Großveranstaltungen, aber auch
über dicht besiedeltem Gebiet, derzeit als kritisch be-
Lageerfassung, Brandherderkennung,
Vermisstensuche, Aufklärung – Einsatzoptionen
von UA-Systemen
Die Vielzahl unterschiedlicher Systeme und
ihrer Nutzlasten führt zu einer Vielzahl (potenzieller) Einsatzgebiete. Abhängig von Größe, Einsatzradius, Flughöhe, Ausdauer sowie Sensorik erfolgen
ihre Einsätze lokal, regional oder auch global.
Die Optionen für das Krisenmanagement liegen vorrangig in der schnellen Beschaffung von
Überblicksinformationen, die Auskunft über die jeweilige Lage geben. So schützt das Auffinden von
geeigneten Flucht- und Rettungswegen nicht nur
die Einsatzkräfte am Boden vor möglichen Gefahren,
sondern sorgt auch für einen Zeitgewinn bis zum
Eintreffen der Hilfeleistung.
Die Suche nach Vermissten oder Verschütteten bei Hauseinstürzen, aber auch nach großflächigen Zertrümmerungen, z.B. nach Erdbeben, kann
ebenfalls durch den Einsatz von vor allem Mikround Minidrohnen und ihren entsprechenden Video-,
Infrarot- oder Akustiksensoren unterstützt werden.
In Fällen von Schadstoffkontaminationen sind
entsprechende Messsysteme in der Lage, die Kon-
Drehflügler im Einsatz.
(Foto: BBK)
urteilt. Gerade hier besteht aber großer Bedarf für
den Bevölkerungsschutz. Für einen effizienten Einsatz der Systeme werden entsprechende Lösungen
vor allem von den Endnutzern, vorwiegend taktisch-operativen Einsatzgruppen, gefordert.
Bei der Überwachung von Infrastrukturen
oder großer Industrieanlagen steht der Einsatz von
UAS geringeren Einschränkungen gegenüber.
Bei der Facheinheit für Ortungstechnik und
Rettungshunde der Feuerwehr Marlishausen in Thüringen wird seit 2009 eine Mikrodrohne operativ
eingesetzt. Sie unterstützt bisherige Ortungstechnik
bei der Vermissten- oder Verschüttetensuche.
Aktuell werden dort ungefähr einmal im Monat Einsätze geflogen. Abgesehen von der erwähn-
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GEOINFORMATIONEN
ten Verschüttetensuche kann die Drohne zum einen
zur Schadensbegutachtung aus der Luft und zum
anderen zur Unterstützung des Landeskriminalamtes Thüringen bei der Tatortaufnahme eingesetzt
werden. Ausgestattet mit einer Digitalkamera und
optional mit einer Wärmebildkamera ist es möglich, per Fernsteuerung Bilder eines Ereignisortes
und der Umgebung aus der Vogelperspektive zu
erhalten. Bisherige Erfahrungen werden als positiv
bewertet.
Seit 2008 erproben einige Landespolizeien
und die Bundespolizei kleine Fluggeräte. Die Aufklärung von Gebieten, die Beweissicherung, aber auch
die Verkehrsüberwachung gehören zu den Einsatzbereichen. Gegenüber bemannten Luftfahrzeugen
eröffnen UAS dem Polizeidienst neue Möglichkeiten und ergänzen die bestehenden Fähigkeiten. Gefahren können aus der Vogelperspektive schnell
erkannt und Lagebilder erstellt werden.
Bei der Hochwasserbekämpfung konnte der
Freistaat Sachsen im Rahmen der zivil-militärischen Zusammenarbeit ebenfalls auf die luftgestützte unbemannte Aufklärung zurückgreifen.
Der Einsatz der taktischen luftgestützten unbemannten Nahaufklärungsausstattung, LUNA, unterstützte eine schnelle und effiziente Lageerfassung.
Auch international werden Drohnen verstärkt
zivil genutzt. Das weltweit größten UAS, der Global
Hawk der US Air Force, kam im Januar 2010 im Rahmen der Katastrophenhilfe für Haiti zum Einsatz
und lieferte aus einer Höhe von 19 km Luftbilder der
zum großen Teil zerstörten Hauptstadt Port-auPrince. Durch die gute Auflösung der aufgenommenen Foto- und Videobilder war es möglich, freie
Start- und Landeflächen für Helikopter zu finden.
Auch außerhalb des „klassischen“ Bevölkerungsschutzes finden UAS bereits vielfältig Anwendung. In Afrika werden israelische Drohnen zur Inspektion von Pipelines und in Holland Drehflüglermodelle zum Aufspüren illegaler Cannabispflanzungen eingesetzt. Weitere Einsatzoptionen liegen
in der Landvermessung, der Landwirtschaft („precision farming“) oder dem Umweltmonitoring. Diese Liste ließe sich über mehrere Seiten erweitern.
Deutlich wird: Das Einsatzspektrum unbemannter
Flugsysteme ist enorm.
Derzeit wird der Einsatz von UAS im zivilen
Krisenmanagement und im Bevölkerungsschutz
jedoch noch stark durch rechtliche Einschränkungen
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
begrenzt. So dürfen gemäß Luftverkehrsgesetz nur
Systeme unter 25 kg und mit Erlaubnis des deutschen Luftfahrtbundesamtes eingesetzt werden. Der
Einsatz größerer Systeme ist derzeit nur durch die
Bundeswehr möglich. Eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Anpassung an technische Entwicklungen und Fortschritte müsste
hier vollzogen werden.
Katastrophen werden nicht an Häufigkeit
verlieren – die Möglichkeiten zur Prävention
und Bewältigung fordern daher ständig neue
Entwicklungen
Es ist nicht die Frage, ob es ausreichend Einsatzoptionen für unbemannte Flugssysteme im Bevölkerungsschutz gibt. Denn es ist nicht davon auszugehen, dass Katastrophen und Gefahrenlagen in
den nächsten Jahren seltener werden. Vielmehr
lassen Entwicklungen des Klimas, Urbanisierungsprozesse oder Terrorgefahren darauf schließen,
dass die Zahl der von diesen Ereignissen betroffenen
Menschen in Zukunft noch weiter ansteigen wird.
Die Anforderungen an die Einsatzkräfte wachsen
stetig und erfordern eine permanente Auseinandersetzung mit neuen technischen Entwicklungen.
Um den Einsatz von UA–Systemen langfristig
in den Bevölkerungsschutz zu integrieren, ist eine
Abstimmung zwischen polizeilichem und nichtpolizeilichem Vorgehen sinnvoll. Klare Formulierungen
der Nutzerforderungen helfen einer zielgerichteten technischen Entwicklung.
Schon gegenwärtig lässt sich festhalten, dass
unbemannte Flugsysteme das Potenzial haben, Fähigkeitslücken in der schnellen, luftgestützten Aufklärung zu schließen. Ungeklärt ist derzeit, wann
und in welchem Umfang die Systeme fester Bestandteil des Bevölkerungsschutzes werden.
Yara Sattler (Geographisches Institut der Universität Freiburg)
und Tatjana Regh (Geographisches Institut der Universität Bonn)
haben 2010 für das BBK, Referat Grundlagen Krisenmanagement, die Studie „Unbemannte Flugsysteme im Bevölkerungsschutz – Möglichkeiten, Grenzen, Perspektiven“ gefertigt.
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EHRENAMT
Die Helfende Hand 2010
geht an…
Bundesinnenminister verleiht Förderpreis
Julia Wiechers, BBK
„Man kann in der Zeitung oft von Ihren Taten lesen,
aber man sieht Ihre Gesichter nicht. Schön, Sie heute
hier einmal kennenzulernen!“. Mit diesen Worten
begrüßt Moderatorin Anne Gesthuysen die Nominierten für die Helfende Hand 2010. Im Paul-LöbeHaus in Berlin wird der Preis des Bundesministeri-
gentlich für das Ehrenamt?“ fragt Bundesinnenminister de Maizière während der Preisverleihung
ins Publikum. Denn was man nicht bekommt, scheint
auf der Hand zu liegen: Man bekommt kein Geld.
Man hat weniger Freizeit und man setzt sich manchmal auch Gefahren aus. Etwas zum „Anfassen“ bekommen die „Helfenden Hände“ nicht.
Den ehrenamtlichen Helferinnen und
Helfern einmal zu danken, sie kennenzulernen
und ihr Engagement öffentlich besser sichtbar
zu machen, ist das Ziel
der Verleihung der Helfenden Hand. Das Bundesministerium des Innern (BMI) und das BBK
haben den Preis ins Leben gerufen, um das
Ehrenamt im Bevölkerungsschutz zu fördern
und zukunftsfest zu machen. Der Preis zeichnet
in drei Kategorien herVerdienter Beifall und Anerkennung für ehrenamtliche Leistungen; Bundesinnenminister
ausragende Ideen und
Thomas de Maizière (3. v. li.) verlieh in Berlin den Förderpreis Helfende Hand 2010.
Konzepte aus, die das
(Foto: BMI/Rickl)
Interesse der Menschen
für ein ehrenamtliches Engagement im Bevölkeums des Innern zur Förderung des Ehrenamtes im
rungsschutz wecken. Es werden auch Arbeitgeber
Bevölkerungsschutz verliehen.
Der Tag der Preisverleihung ist der 5. Dezem- ausgezeichnet, die die freiwillige Tätigkeit ihrer
ber, der internationale Tag des Ehrenamtes. Stolze
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tatkräftig unter1,8 Millionen Menschen engagieren sich in Deutsch- stützen.
181 Bewerbungen um die Helfende Hand 2010
land freiwillig für den Bevölkerungsschutz. Was
treibt diese Menschen an? „Was bekommt man ei- sind eingegangen. Eine Jury aus Fachleuten der
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EHRENAMT
Hilfsorganisationen, des Technischen Hilfswerkes
(THW), des Deutschen Feuerwehrverbandes und
aus Behörden hatte die Qual der Wahl. Unter den
vielen engagierten Bewerbern musste sie jeweils
fünf Projekte pro Kategorie auswählen und nominieren. Bevor Minister de Maizière die Preisträger
bekannt gibt und auf die Bühne bittet, werden die
nominierten Projekte in künstlerischen Kurzfilmen
vorgestellt. Handschattenspiele zeigen, was die
einzelnen Projekte ausmacht. Es herrscht fast
ein bisschen Oscar Atmosphäre, wäre da
nicht der
Blick auf
die Spree. Beinahe ebenso gespannt wie die
Hollywoodstars warten die Nominierten auf den
Moment, in dem der Minister die Gewinner verliest.
Aufregende Situationen erleben sie in ihren Einsätzen oft, doch einen Preis bekommt man schließlich
selten dafür. Dann ist es soweit.
Die Erstplatzierten der Helfenden Hand 2010
In der Kategorie „Innovative Konzepte“ gewinnt das Projekt „Feuerwehrradio 112“ den ersten
Preis. Ein sichtlich überraschter Projektvertreter
nimmt stolz die Helfende Hand 2010 entgegen und
erzählt von dem erfolgreichen Konzept. Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer aus Rendsburg informieren und unterhalten mit ihrem Internetradio
täglich über 20.000 Hörerinnen und Hörer und berichten über die Themen Feuerwehr und Bevölkerungsschutz.
Den ersten Preis in der Kategorie „Jugendund Nachwuchsarbeit“ gewinnt das Projekt „Hilfe
zur Selbsthilfe“ der Claus-Stauffenberg-Schule in
Rodgau. In einer einjährigen Zusatzausbildung werden Schülerinnen und Schüler an ein ehrenamtliches Engagement herangeführt. Dafür opfern Lehrer und Schüler viele Stunden Freizeit, aber sie bekommen auch etwas zurück. Sie erwerben wichtige
Kenntnisse im Rahmen des Ausbildungslehrgangs
„Sanitätshelfer“ und eines Grundlehrgangs der
Freiwilligen Feuerwehr.
In der Kategorie „Vorbildliches Arbeitgeberverhalten“ geht die goldene Trophäe der Helfenden Hand an die WICOM Germany GmbH. Mit der
Initiative „Wirtschaft und Ehrenamt“ zeigt WICOM auf, dass ehrenamtlich Tätige Schlüsselqualifikationen besitzen, von denen auch ihre Arbeitgeber
profitieren. Denn wer sich ehrenamtlich im Bevölkerungsschutz engagiert, der verfügt auch über technisches Wissen und soziale Kompetenz.
Zum Schluss gibt es dann noch etwas, das
eine Oscar Verleihung nicht bieten kann: Ein ge-
Der Förderpreis Helfende Hand
Jährlich verleiht der Bundesinnenminister den Förderpreis Helfende Hand und zeichnet damit herausragende Ideen und Konzepte aus, die das Interesse der Menschen für ein ehrenamtliches
Engagement im Bevölkerungsschutz wecken. Der Preis wird an
Mitglieder von Organisationen verliehen, die sich ehrenamtlich
im Bevölkerungsschutz engagieren. Zu den Organisationen gehören der Arbeiter-Samariter-Bund, die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft, das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter-Unfall-Hilfe, der Malteser Hilfsdienst sowie das Technische Hilfswerk
und die Freiwilligen Feuerwehren. Zudem kürt der Preis einen Arbeitgeber, der den ehrenamtlichen Einsatz seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorbildlich unterstützt.
Gesucht werden jedes Jahr besondere Ideen und Konzepte, die
den Nachwuchs im Ehrenamt fördern. Der Preis ist mit insgesamt
15.000 Euro dotiert und zeichnet Projekte in drei Kategorien aus:
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1. Nachwuchs- und Jugendarbeit zur Förderung und zum Erhalt
des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz
2. Neue, innovative Konzepte zur Steigerung der Attraktivität des
Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz
3. Vorbildliches Arbeitgeberverhalten zur Unterstützung der Ausübung des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz
Eine Jury aus Fachleuten nominiert fünf Projekte in jeder Kategorie und entscheidet über die Preisträger der Helfenden Hand. Alle
Nominierten werden zu der Preisverleihung eingeladen. Die eingereichten Projekte werden nach dem gezeigten Engagement,
ihrem Vorbildcharakter und ihrer Bedeutung für die Zukunft bewertet. Die Bewerbung ist möglich unter www.helfende-handfoerderpreis.de.
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meinsames Foto mit allen Preisträgern und dem
Bundesinnenminister.
Die Preisträger 2010
Nachwuchs- und Jugendarbeit zur Förderung und zum Erhalt des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz
Bevölkerungsschutz zum Anfassen
Rund um die Preisverleihung können Gäste
und Preisträger Bevölkerungsschutz zum Anfassen
erleben. Im Foyer des Paul-Löbe-Hauses zeigen das
BBK und die einzelnen Hilfsorganisationen aus
dem Bevölkerungsschutz in einer Ausstellung, wie
sich die Arbeit der Ehrenamtlichen in der Praxis
gestaltet. Das BBK präsentiert sich als Motor der Innovation und stellt die Bereiche Simulation und
Virtuelle Akademie vor. Letztere kommt den ehrenamtlich Tätigen entgegen, die durch diese Art des
Lernens Fortbildungen zu jeder Zeit auch von zu
Hause absolvieren können. Die Deutsche LebensRettungs-Gesellschaft (DLRG) ist mit einem Raftingboot vor Ort und zeigt die Technik der Strömungsrettung. An einem selbst gebauten Deichmodell
demonstriert das THW Sandsackverbaumethoden.
Die Johanniter Unfallhilfe (JUH) stellt die Höhenrettung vor. Anhand einer Fahrradtrage zeigt der
Arbeiter-Samariter Bund (ASB) einen mittlerweile
historischen Rettungsweg. Nicht weit davon ist der
Malteser Hilfsdienst (MHD) mit einem Motorrad
vor Ort. Auch das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und
der Deutsche Feuerwehrverband (DFV) sind mit
von der Partie. Beim Feuerwehrverband packt de
Maizière selbst mit an und setzt gemeinsam mit
Kindern die Bauteile der „Brücke der Integration“
zusammen. Der Minister verrät, dass er als kleiner
Junge selbst Feuerwehrmann werden wollte – um
bei Rot mit Blaulicht über die Ampel fahren zu dürfen. Das dürfte er als Bundesminister heute auch,
doch die Faszination für die Hilfsorganisationen ist
geblieben.
1. „Hilfe zur Selbsthilfe – Brandschutz und Erste Hilfe“ der Clausvon-Stauffenberg-Schule Rodgau
2. „Retten kann jeder ... bei uns lernen!“ der Kreisjugendfeuerwehr Aichach-Friedberg
3. Die Einführung der Bambinifeuerwehr in der Gemeinde Fürth
4. „Menschen helfen Menschen“ des Kreisfeuerwehrverbandes
Fritzlar-Homberg im Schwalm-Eder-Kreis
5. Der „LiveSavingCup“ und der „YoungStarCup“ der DLRG-Jugend Schleswig-Holstein
Neue, innovative Konzepte zur Steigerung der Attraktivität
des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz
1. Das Feuerwehrradio 112
2. Der Jugend-ABC-Zug der Feuerwehr Karlsruhe
3. Die Motorradstaffel Dortmund
4. „Soziale Netze – Facebook für Hilfsorganisationen“ des Malteser Hilfsdienstes Krefeld
5. Die Feuersanis der Realschule plus in Queidersbach
Vorbildliches Arbeitgeberverhalten zur Unterstützung der
Ausübung des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz
1. „Wirtschaft und Ehrenamt“ der WICOM Germany GmbH
2. Die Werkfeuerwehr von Boehringer Ingelheim
3. Der Aufbau eines Ausbildungsgeländes für Rettungshunde
durch die Total Deutschland GmbH
4. Die Mobile Logistiklösung der Schlosserei Seubert GmbH
5. „Köpfe gesucht“ des Dietrich-Bonhoeffer-Klinikums Neubrandenburg
vom Ehrenamt hat: Das gemeinsame Engagement
schweißt zusammen. Man gewinnt nicht nur einen
Preis, sondern knüpft auch Freundschaften und erlebt zusammen schöne Momente. Minister de Maizière bringt es auf den Punkt: „Das Ehrenamt ist
ein Amt, das man für die Ehre macht. Es ist nichts,
das man zählen kann, aber es ist alles, was zählt.
Man bekommt Freude. Man bekommt Freunde. Man
bekommt Zuwendung.“ Ja, und manchmal, da bekommt man für seinen freiwilligen Einsatz eben
auch etwas „zum Anfassen“: die Trophäe Helfende
Hand – vom Bundesinnenminister persönlich.
Das Ehrenamt: Alles was zählt
Nach der offiziellen Preisverleihung beginnt
der Austausch über die verschiedenen Projekte
und über neue Ideen und Konzepte. Als die meisten
Gäste schon gegangen sind, die Stühle schon weggeräumt und die Ausstellung abgebaut, feiern einige der Preisträger noch immer gemeinsam ihre
Auszeichnung. Auch da ist zu erkennen, was man
Julia Wiechers ist Volontärin im Referat „Information der Bevölkerung, Presse und Öffentlichkeitsarbeit“ im Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
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Die Katastrophe als Chance
wahrnehmen
Florian Meyer (42) ist ASB-Länderdirektor in Haiti.
Er leitet dort die Wiederaufbaumaßnahmen nach
dem schweren Erdbeben vom 12. Januar 2010.
Weite Teile des Landes liegen seitdem in Trümmern. Über die Fortschritte beim Wiederaufbau
und wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Haitianern dabei ist, berichtet er hier.
Mit Florian Meyer sprach Marion Michels
Rückkehr und Wiederaufbau
Nach dem schweren Erdbeben vom 12. Januar 2010
leistete der ASB Nothilfe. Seit Juni 2010 engagiert er
sich für den Wiederaufbau von Übergangshäusern
und Waisenheimen. Das Hauptquartier des ASB befindet sich in der Küstenstadt Petit Goâve, etwa 60
km westlich der Hauptstadt Port-au-Prince. Weite
Teile der Stadt sind zerstört, Strom- und Trinkwasserversorgung funktionieren nur eingeschränkt.
Die ASB-Hilfe
Der ASB errichtet in Petit Goâve 300 Übergangshäuser für knapp 1.500 Menschen. Sie sind erdbeben- und sturmsicher konstruiert und können
von den Bewohnern mit geringem Aufwand zu permanenten Häusern ausgebaut werden. Außerdem
unterstützt der ASB zwei Waisenheime, die durch
das Erdbeben stark zerstört wurden. Die Waisenheime erhalten Betten und Matratzen für die Kinder
und werden mit Lebensmitteln versorgt. Damit der
Schulunterricht auch im Freien abgehalten werden
kann, hat der ASB einen offenen, überdachten Schulraum errichtet. Dort werden knapp 200 Kinder, darunter auch Schüler aus der Nachbarschaft, unterrichtet und erhalten eine warme Mahlzeit.
Das Bündnis „Aktion Deutschland Hilft“ (ADH)
Gemeinsam mit sechs Partnerorganisationen
von ADH bündelt der ASB in Petit Goâve seine Kräfte,
um einen nachhaltigen und effizienten Wiederaufbau zu gewährleisten. Die Hilfsorganisationen engagieren sich verschiedenen Sektoren, z. B. Unterkünfte, Trinkwasserversorgung, medizinisch-therapeutische Betreuung.
Der ASB plant, seine Präsenz in Haiti auszubauen und sich langfristig am Wiederaufbau zu beteiligen.
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Wie beurteilen Sie die Lage des Landes knapp
ein Jahr nach dem Beben?
Als ich im Mai 2010 in Haiti ankam, war der
erste Eindruck erschütternd. Wenn ich heute
durch Petit-Goâve gehe, fällt mir auf, dass viele
Florian Meyer bei der Schlüsselübergabe für ein neues Übergangshaus.
(Foto: ASB Haiti)
Zelte von den Straßen verschwunden sind. Aber
das Aufräumen ist natürlich noch nicht abgeschlossen. Zahlreiche Menschen leben noch in
Zeltlagern und sind auf Trinkwasser-Lieferungen
angewiesen.
Wie sieht die ASB-Hilfe dort aus?
Der ASB baut in Petit-Goâve Übergangshäuser. Wir haben gerade die ersten acht an die künftigen Bewohner übergeben. Angesichts der grassierenden Cholera-Epidemie ist der ASB zusätzlich in
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der besonders stark betroffenen Region Central
aktiv geworden. Gemeinsam mit der ADH-Partnerorganisation Arche nova wird in Mirebalais und
Umgebung sauberes Trinkwasser für rund 4.000
Menschen bereitgestellt. Außerdem finden Hygieneschulungen für 12.000 Frauen, Kinder und ältere
Menschen statt. Denn die Aufklärung über die
Krankheit ist besonders wichtig: Nur mit sauberem
Wasser und einer großflächigen Hygieneaufklärung lässt sich die Seuche stoppen.
Wie sieht derzeit die Sicherheitslage für die
Helfer aus? Fühlen Sie sich sicher im Land?
Grundsätzlich fühlen wir uns sicher. Insbesondere hier in Petit-Goâve kommt es nur gelegentlich zu Diebstählen oder Einbrüchen. In anderen Städten gab es aber aggressive Demonstrationen gegen Nichtregierungsorganisationen (NGO).
Der ASB versucht dem vorzubeugen, indem wir intensiv den Kontakt zur Bevölkerung suchen und
über unsere Arbeit aufklären. Dadurch haben wir
in Petit-Goâve eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erreichen können.
Die internationale Hilfe für den Wiederaufbau
lief nur schleppend an. Womit hing dies Ihrer
Ansicht nach zusammen?
Ich denke, dass in Anbetracht des Ausmaßes
der Katastrophe viel geleistet worden ist. In den
Monaten nach dem Beben wurden fast 100.000
Zelte und rund 700.000 Plastikplanen verteilt, um
den Betroffenen zumindest ein provisorisches
Dach über dem Kopf zu geben. Es wurden Haushaltssets, Hygieneartikel, Lebensmittel und Trinkwasser verteilt. Niemand verhungert, und es ist gelungen, das Überleben der Haitianer zu sichern.
In den betroffenen Regionen hier in Haiti
hat das Erdbeben nicht nur Häuser zerstört, sondern auch die Infrastruktur nachhaltig geschädigt.
Strassen, Brücken, Strom, Wasser. Port-au-Prince,
die Hauptstadt des Landes wurde schwer beschädigt. Nicht nur grosse Teile der Infrastruktur sind
zerstört, sondern auch der öffentlichen Verwaltung. Ministerien und Behörden sind eingestürzt
und haben Unterlagen, Computer usw. begraben.
Etwa 16.000 Mitarbeiter der Verwaltung sind ums
Leben gekommen. Und das alles in einem Land,
das schon vor der Katastrophe zu den ärmsten der
Welt gehörte und in dem Korruption und Misswirtschaft keine Fremdwörter sind.
Warum ist es wichtig, die Haitianer in die Hilfsmaßnahmen einzubeziehen?
Die internationalen Helfer sind in Haiti nur
Besucher für eine begrenzte Zeit. Wir möchten den
Menschen bei der Bewältigung ihrer Probleme helfen. Diese Hilfe kann nur sinnvoll gelingen, wenn
sie aktiv beim Wiederaufbau mitwirken. Und er
wird nur dann nachhaltig sein, wenn die lokalen
Strukturen einbezogen werden, so dass die Bewohner gefestigt und gestärkt daraus hervorgehen
und auch in Zukunft eine aktive Rolle bei der Gestaltung ihres Landes spielen können.
Wie lange wird der ASB im Land bleiben?
Der ASB wird sich längerfristig in Haiti engagieren. Uns ist es wichtig, neben der akuten Katastrophenhilfe und dem Wiederaufbau auch einen
Beitrag zur weiteren Entwicklung des Landes zu
leisten. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf den
Schutz vor Naturkatastrophen. Denn Haiti ist nicht
nur durch Erdbeben bedroht, sondern liegt auch in
einer Zone, die regelmäßig von tropischen Stürmen heimgesucht wird.
Wie beurteilen Sie die Zukunft von Haiti?
Ich denke für Haiti ist es wichtig, die Katastrophe vom 12. Januar auch als Chance wahrzunehmen. Durch die hohe Spendenbereitschaft in
aller Welt sind nicht nur finanzielle Mittel für
einen Wiederaufbau verfügbar, sondern auch Experten im Land, deren Know-how in vielen Bereichen genutzt werden kann. Wenn dies der haitianischen Regierung und Bevölkerung gelingt, kann
es eigentlich nur besser werden. Dafür muss der
Rest der Welt die Entwicklung Haitis weiterhin begleiten, denn Haiti ist ein Land mit vielen Problemen, aber auch eines mit stolzen und aktiven Menschen und einer atemberaubend schönen Natur.
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Schnee, Wasser, Schnee
und wieder Wasser
ganze Landstriche unter Wasser gesetzt. Im Rahmen
des EU-Gemeinschaftsverfahrens wurden die High
Capacity Pumping Modules (HCP) des THW gleich
zweimal angefordert, um die polnische Feuerwehr
mit Hochleistungspumpen im Kampf gegen die
Fluten zu unterstützen. Mehr als 1,6 Milliarden Liter
Wasser pumpten die THW-Kräfte allein im Juni ab.
Über den gesamten Zeitraum leisteten rund 300
THW-Kräfte im Nachbarstaat technische Hilfe.
Hochwasseralarm im Osten der Republik
Nur wenige Celsius-Grade liegen zwischen Tonnen
von Schnee und tausenden Litern Wasser. Das Ergebnis sind: Überlastete Dächer, vereiste und überschwemmte Straßen, gestrandete Reisende, vollgelaufene Keller und aufgeweichte Deiche. In den
vergangenen zwölf Monaten waren THW-Kräfte unermüdlich im Einsatz, um die Folgen von Schneechaos und Hochwasser zu beseitigen.
Schweres Gerät kann auf Dächern nicht eingesetzt werden.
Hier sind Schaufel, Schubkarre und Körpereinsatz gefragt.
Rund 3.000 THW-Kräfte beseitigten zu Beginn des Jahres 2010 die Folgen von „Daisy“, „Jennifer“, „Keziban“ und „Miriam“. Sie räumten überlastete Dächer frei, schleppten liegengebliebene Fahrzeuge an und überprüften die Stabilität von Gebäuden. Als der Schnee schließlich ging, kam das Wasser – im Sommer beinahe monatlich. Den Anfang
machte Polen: Dort hatten heftige Regenfälle im
Mai die Weichsel über die Ufer treten lassen und
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Im August traf es den Osten Deutschlands: Regenfälle von bis zu 160 Litern pro Quadratmeter
führten im Dreiländereck Polen/Tschechien/Deutschland zu massiven Überflutungen. „Sofort sind die
Erinnerungen an den August 2002 bei mir hochgekommen, bis hin zum Geruch in der Nase, den ich
jetzt hier wieder spüre“, erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière während seines Besuches
vor Ort. Die THWlerinnen und THWler schützten
Chemie- und Klärwerke vor den Wassermassen,
verbauten Sandsäcke und Hochwasserschutzwände,
sicherten die Elektroversorgung und richteten Bereitstellungsräume ein. Außerdem leuchtete das
THW im gesamten betroffenen Gebiet die Einsatzstellen aus.
Nach Oder, Elbe und Neiße hielt im Oktober
die Schwarze Elster das THW fest im Griff. Überschwemmte Straßen, vollgelaufene Keller, aufgeweichte Deiche – der Osten Deutschlands versank
innerhalb weniger Wochen zum zweiten Mal in den
Fluten. Besonders betroffen waren Südbrandenburg und Sachsen-Anhalt. Rund 40 Ortsverbände
aus sieben Landesverbänden waren wochenlang
im Einsatz, unterstützt wurden sie dabei von zwei
Hochleistungspumpen und Einsatzkräften der Polnischen Staatlichen Feuerwehr (PSP).
Ende und Anfang – Eiszeit in Deutschland
Das Jahr 2010 endete wie es begann: mit viel
Schnee, eisigen Temperaturen und spiegelglatten
Straßen. Väterchen Frost forderte seit Ende November tausende THW-Kräfte heraus. Sie räumten
Schneebruch von Bahngleisen, versorgten gestrandete Autofahrer mit Decken und heißen Getränken, sicherten die Stromversorgung oder schleppten liegengebliebene Fahrzeuge frei. Außerdem
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leisteten sie Hilfe für die Helfer – durch vorausfahrende Einsatzfahrzeuge sicherten sie das Durchkommen der Streudienste.
Mehr als 1.200 THW-Kräfte waren ununterbrochen
im Einsatz, um die Feuerwehr im Kampf gegen die
Wassermassen zu unterstützen. Die Einsatzkräfte
befüllten, transportierten und verbauten unermüdlich Sandsäcke, errichteten Hochwasserschutzwände, übernahmen Evakuierungen aus Überflutungsgebieten, leuchteten Einsatzstellen aus und sicherten Deiche. Außerdem verhinderten sie in Niedersachsen, dass ein Hang auf ein Haus rutschte; der gefrorene Acker konnte keinen Regen mehr aufnehmen. THW-Kräfte sammelten das Wasser und pumpten es anschließend ab.
Nachbarschaftshilfe der etwas anderen Art
leistete das THW an der niederländischen Grenze,
denn dort hatte das Winterhochwasser auch die
Niederlande erreicht. In der Region Limburg-Noord
stand der Ort Roermond unter Wasser. Mit Booten
transportierte und versorgte das THW die vom Hochwasser betroffene Bevölkerung. Zuverlässig und
kompetent Hilfe leisten – in Deutschland und über
seine Grenzen hinaus.
Das Jahr 2010 endete wie es begann: mit viel Schnee,
eisigen Temperaturen und spiegelglatten Straßen.
Aus Schneemassen werden Wassermassen
Hintergrundinformationen HCP-Module
Plusgrade und Regen ließen am Dreikönigstag des neuen Jahres Tonnen von Schnee und zentimeterdicke Eisdecken schmelzen. Bäche, Flüsse
und Seen in ganz Deutschland traten über die Ufer.
Bei den „High Capacity Pumping Modules“ (HCP)
handelt es sich um Einheiten, welche jeweils
über eine Havariepumpe mit einer Leistung von
15.000 Litern pro Minute und zwei weitere Großpumpen mit einer Kapazität von 5.000 Litern
pro Minute verfügen. Die Geräte können in unzugänglichen Gebieten eingesetzt werden und
sind dafür ausgelegt, Wasser über eine Entfernung von bis zu einem Kilometer zu pumpen.
Erstmals wurden die vom THW für den EU-Mechanismus aufgestellten High Capacity Pumping Modules (HCP) zur Bekämpfung von Hochwasser während der EU-Übung FloodEX im September 2009 in den Niederlanden eingesetzt.
Die Schwarze Elster hält das THW im Oktober fest im Griff:
Rund 40 Ortsverbände aus dem gesamten Bundesgebeit
waren wochenlang im Einsatz.
(Fotos: THW)
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DLRG-Rettungsboote
bis zu 30 PS starken Außenbordmotoren, sind sie
bequem durch die zweiköpfige Besatzung direkt
vom Strand aus in den Einsatz zu bringen. Trailer
oder gar ein Zugfahrzeug sind hierzu nicht erforderlich.
Die Ausstattung umfasst lediglich zwei Paddel, um das Boot notfalls per Muskelkraft zurück ans
Ufer bringen zu können, sowie einen Gurtretter –
ein Hilfsmittel für den schwimmerischen Rettungseinsatz.
Der Umgang mit IRB erfordert einige Übung,
da es neben den Fertigkeiten des Bootsführers insbesondere auf das Zusammenwirken der Besatzung
ankommt, um das Boot stets sicher an sein Ziel
IRB: Kompakte Talente für die
Brandungsrettung
Das Thermometer zeigt 11° Celsius. Der Nordwind wühlt die See immer weiter auf. In direkter
Strandnähe brechen sich zwei Meter hohe Wellen.
Ein Surfer droht von den Wassermassen auf eine
Steinbuhne gedrückt zu werden, sein Brett hat er
längst aufgegeben. Für den Wassersportler besteht akute Lebensgefahr – Einsatz für die Lebensretter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG)!
Mit einem Inflatable Rescue Boat (IRB) durchquert die zweiköpfige Besatzung die Brandungszone, nimmt den kraftlos gegen Wind und Wellen ankämpfenden Mann an Bord und bringt ihn auf direktem Weg an den Strand zurück – der gesamte Einsatz dauert nicht länger als 90 Sekunden.
Inflatable Rescue Boats sind kleine, wendige
Schlauchboote mit Feststoffrumpf aus GFK oder
Aluminium, die insbesondere im strandnahen Bereich und in der Brandungszone zum Einsatz kommen. In den Küstengewässern vor Australien und
Südafrika schon seit vielen Jahren im Einsatz findet
dieser Bootstyp nun auch immer häufiger Verwendung an den norddeutschen Küsten, um auch bei
höherem Seegang Personenrettungen erfolgreich
durchführen zu können.
Geringes Gewicht, günstiger Preis
Das Zusammenwirken der Besatzung ist von entscheidender Bedeutung.
(Foto: DLRG)
und den Patienten nach dem Prinzip „Load & Go“
schnellstmöglich ans Ufer zu bringen, wo dann alle
weiteren Rettungsmaßnahmen getroffen werden
können. Hierzu bietet die DLRG spezielle Lehrgänge
an, in denen in den vergangenen Jahren bereits
über 200 Bootsführer geschult wurden.
Aufgrund ihrer kompakten Abmessungen,
des geringen Gewichts und nicht zuletzt wegen
der günstigen Preise werden IRB mittlerweile auch
im Binnenland als SEG-Boote eingesetzt.
Alexander Paffrath,
DLRG Präsidialbeauftragter Boot
Mit ihren Abmessungen von 3,50 m Länge,
1,70 m Breite und nur 150 kg Gewicht, inklusive der
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DFV-Erfolg greifbar: Neue KatSFahrzeuge übergeben
zeitgemäßer Technik auf Unwetterkatastrophen
und Terrorgefahren vorbereitet sein. Das ist auch
eine Frage der Motivation. Noch sind gerade im
Katastrophenschutz die meisten Fahrzeuge älter
als viele Feuerwehrmänner und -frauen!“
Insgesamt sieht das Konzept des Bundes in
den kommenden Jahren 1.400 neue Löschfahrzeuge
„LF KatS“ und Gerätewagen für die Wasserversorgung vor. Die Fahrzeuge werden nach Überzeugung
des DFV dringend benötigt, um veraltete Löschfahrzeuge und Schlauchwagen zu ersetzen.
„Der Bund hat die ersten 25 Löschfahrzeuge einer
neuen Generation an die Freie und Hansestadt Hamburg übergeben. Damit wird endlich die notwendige Modernisierung der Fahrzeuge in Angriff genommen, die das Bundesministerium des Innern
den Ländern für den Katastrophenschutz ergänzend
zur Verfügung stellt“, betonte der Präsident des
Deutschen Feuerwehrverbandes (DFV), Hans-Peter
Kröger.
Schlüsselübergabe der 25 LF KatS des Katastrophenschutzes in Hamburg
mit (v. li.) DFV-Präsident Hans-Peter Kröger, dem neu gewählten Landesbereichsführer André Wronski, Hamburgs Innensenator Heino Vahldieck,
dem Parlamentarischen Staatssekretär Dr. Ole Schröder,
Feuerwehrangehörigen, BBK-Präsident Christoph Unger,
Hamburgs Feuerwehrchef Klaus Maurer und dem
ehemaligen Landesbereichsführer Hermann Jonas.
(Fotos: DFV/S. Jacobs)
Aufgereihte Fahrzeuge vor dem Hamburger Traditionsrestaurant
„Old Commercial Room“ am Fuße des Michel.
„Vier Jahre lang hat der Deutsche Feuerwehrverband mit seinen Mitgliedsorganisationen durch
Überzeugungsarbeit bei Bund und Ländern beharrlich auf diesen Augenblick hingearbeitet“, erläuterte Kröger. „Wir müssen mehr denn je mit
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„Bund und Länder haben noch unter Minister
Dr. Schäuble vereinbart, im Verhältnis zwei zu eins
gemeinsam in den Katastrophenschutz zu investieren. Grundlage für die Modernisierung ist das im
vergangenen Jahr novellierte Zivil- und Katastrophenschutzgesetz. Wir danken dafür, dass der
Bund bis jetzt Wort gehalten hat. Diese Absprachen
müssen aber auch in den kommenden Jahren Bestand haben. Wir fordern deshalb dringend Verlässlichkeit bei der Umsetzung des Beschaffungsprogramms.“ sagte Feuerwehr-Präsident Kröger.
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Aufklärung per SMS
Das Rote Kreuz bereitet Haitianer auf
Katastrophen besser vor
„Kontinye bay tibebe yo tete kòmsadwa, menmsi
yo gen dyare.“Das ist Kreolisch und heißt: „Geben
Sie Ihrem Baby die Brust, auch wenn es Durchfall
hat.“ Das war Nachricht Nummer Zwei. Wenige
Stunden bevor Zehntausende Haitianer im Oktober
diese Zeilen auf ihrem Handy fanden, war dort bereits zu lesen gewesen: „Bringen Sie jeden, der sich
übergibt, Magenschmerzen oder Durchfall hat, in
ein Gesundheitszentrum. Verlieren Sie keine Zeit.“
Beides sind Nachrichten, in denen das Rote Kreuz
Menschen informiert, wie sie sich angesichts der
Cholera richtig verhalten.
Mobiltelefone sind in Haiti weit verbreitet –
wo Festnetzleitungen Mangelware sind, geht es
ohne Handys kaum. Dies ermöglicht einen bisher
einzigartigen Weg für das Rote Kreuz: Katastrophen-Vorsorge per SMS. In einer anderen Aktion
warnten die Kurznachrichten vor den nahenden
Wirbelstürmen: „Schließen Sie Fenster und Türen,
wenn Sie in einem Haus leben. Zurren Sie Seile
fest, wenn Sie in einem Zelt leben. Die Wirbelstürme
nahen.“ Das Prinzip ist immer das gleiche: Vorsorge bedeutet, Menschen vor Katastrophen zu warnen und sie vorzubereiten. Als die Cholera ausbrach, half das DRK dem Haitianischen Roten Kreuz
außerdem, binnen weniger Tage ein Behandlungszentrum für Cholerapatienten in der kleinen Küstenstadt Arcahaie einzurichten. Wöchentlich werden
hier Hunderte Patienten behandelt.
Begonnen hat das Engagement des DRK
lange vor dem Beben: Seit Jahren unterstützt es das
Haitianische Rote Kreuz bei der Ausbildung von
Freiwilligen, zum Beispiel in Erster Hilfe, Rettungsmaßnahmen und Gesundheitsvorsorge. Nach dem
Katastrophenvorsorge per SMS.
(Foto: DRK)
Beben leisteten sie, ebenso wie bei dem Ausbruch
der Cholera, unschätzbare Hilfe.
„Eine Schule in den Bergen“
Es kommt nicht allzu häufig vor, dass eine Schule
den Namen eines – lebenden – 37-Jährigen trägt. In
einem kleinen Bergdorf in der Nähe der Stadt Leogane ist es so. So beliebt ist der junge Abt dort, dass
kein Mensch die Dorfschule bei ihrem richtigen
Namen „St. Charles Bourroumé“ nennt. Für die Obstbauern und ihre Kinder heißt sie einfach „Frère
Olizard“. Und wie ließe sich schöner würdigen, dass
einer mit gerade 29 Jahren beschloss, einen Ort der
Bildung und damit der Zukunft für die Drei- bis 17Jährigen zu schaffen? Bruder Olizard – Gründer der
Dorfschule in der Nähe der Stadt Leogane. Das Erdbeben machte aus dem Hauptgebäude der Schule
ein Trümmerfeld. Notdürftig unterrichteten die Lehrer unter Mangobäumen.
Wenn dort gerade kein Unterricht stattfand,
trommelte Bruder Olizard Kinder wie Eltern zusammen, das eingestürzte Gebäude wieder aufzubauen. Tapfer packten alle an – obwohl sie eigentlich alle Hände voll damit zu tun hatten, in den Plantagen das Nötigste für ihr Leben zu erwirtschaften.
Immer wieder geriet der Wiederaufbau ins Stocken.
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Bis das Deutsche Rote Kreuz kam. Zusammen
mit den Helfern konnten die zerstörten Klassenräume wieder aufgebaut werden. Heute besteht
die Schule aus zwei Gebäuden mit je sechs Unterrichtsräumen. Außerdem wurde verputzt und ge-
Fortschritte und Rückschläge in
Haiti
Johanniter ziehen gemischte Bilanz nach
einem Jahr Hilfseinsatz
Bruder Olizard vor der Schule, die alle nach ihm benennen.
(Foto: DRK)
strichen; Tische und Bänke wurden gebaut. Seit
Oktober lernen 400 Schülerinnen und Schüler stolz
und glücklich in ihren neuen Räumen.
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Am 12. Januar 2010 bebte in Haiti die Erde.
Mehr als 250.000 Menschen starben, Hunderttausende wurden verletzt, rund 1,3 Millionen Menschen wurden obdachlos. Die Johanniter leisteten
mit mehreren Teams medizinische Soforthilfe und
sind seither mit langfristigen Hilfsprojekten in Haiti
aktiv. Die Bilanz der Johanniter-Unfall-Hilfe nach
fast einem Jahr Einsatz in einem der ärmsten Länder
der Welt fällt durchwachsen aus. „In Haiti gab es
vor dem Beben nichts, nach dem Beben gibt es noch
weniger“, sagt Birgit Spiewok, bei den Johannitern
zuständig für die Haiti-Projekte. Zum Kampf gegen
die Folgen des Erdbebens komme jetzt auch noch
der Kampf gegen die Resignation der Bevölkerung.
„Zahlreiche Menschen leben noch immer in
Zelten oder notdürftigen Behausungen. Die Aufräumarbeiten gehen nur langsam voran. Zudem
sind die Landrechte für viele Grundstücke nicht
geklärt, was den Wiederaufbau erschwert. Auch Korruption und die kritische Sicherheitslage machen
den Helfern zu schaffen. Wir brauchen einen langen
Atem“, erklärt Spiewok die Situation.
Geduld und Beharrlichkeit zeigen aber auch
erste Erfolge: Seit Februar 2010 konnten die Johanniter in ihrer mobilen Orthopädiewerkstatt in Léogâne hunderte Menschen behandeln, die nach
dem Erdbeben eine Behinderung durch schwere
Knochenbrüche erlitten haben oder denen Gliedmaßen amputiert werden mussten. 16 Haitianer werden von den Johannitern zu Fachkräften ausgebildet, um eine langfristige Behandlung sicherzustellen. „Wir helfen unseren Patienten im wahrsten
Sinne des Wortes wieder auf die Beine“, beschreibt
Thomas Iwalla, Orthopädietechniker der Johanniter in Léogâne, seine Arbeit. „Mitzuerleben, wie je-
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mand mit Hilfe einer Prothese wieder laufen kann,
ist ein wunderbares Gefühl“, so Iwalla. Die Hilfesuchenden werden zugleich physiotherapeutisch und
psychosozial betreut. „Viele sind traumatisiert. Vor
allem für Menschen mit Amputationen ist das Beben
stets präsent. Sie müssen ein neues Köpergefühl
entwickeln, lernen mit Prothesen, Gehhilfen oder
Rollstühlen umzugehen. Dabei helfen wir ihnen
mit zahlreichen Therapieangeboten“, erklärt der
Johanniter-Fachmann. Auch der Einsatz mobiler
Kliniken der Johanniter hat sich trotz aller Schwierigkeiten bewährt. Seit Februar 2010 fahren täglich
drei medizinische Teams in die verschiedenen Distrikte von Léogâne und behandeln die Patienten
unter freiem Himmel. Auf diese Weise konnten seither jeden Tag zwischen 200 und 300 Patienten versorgt werden. Schwerpunkte waren die Bekämpfung
der Cholera durch Hygieneaufklärung und die Unterstützung staatlicher Gesundheitsmaßnahmen
mit Medikamenten und medizinischem Personal.
Für 2011 stehen Wiederaufbau und Unterstützung stationärer Gesundheitsstationen sowie der
Aufbau eines Ambulanzwesens in Léogâne und Grand
Goâve auf dem Plan. Zahlreiche Menschen unter-
Haiti knapp neun Millionen Euro, davon 7,4 Millionen Euro Spenden und knapp 1,6 Millionen Euro
Zuschüsse vom Bundesministerium für wirtschaft-
Endlich wieder mobil - mit einer Prothese von den Johannitern können
Menschen mit Behinderungen wieder ihren Alltag allein meistern.
(Fotos: Johanniter/Paul Hahn)
liche Zusammenarbeit und Entwicklung, vom Humanitären Büro der Europäischen Union und vom
Auswärtigen Amt.
Birgit Spiewok: „Diese Mittel ermöglichen es
uns, perspektivisch zu denken. Wir brauchen langfristig geplante, nachhaltige Projekte, um in Haiti
voranzukommen. Ein ganz konkretes Ziel unserer
Fünf-Jahres-Strategie ist es zum Beispiel, die derzeit
noch mobile Gesundheitsversorgung in feste
Strukturen zu überführen. Unsere Ambulanzfahrzeuge können dann im Rettungsdienst eingesetzt
werden. So leisten wir einen langfristigen Beitrag
zum Aufbau einer flächendeckenden Gesundheitsversorgung in Haiti.“
Weitere Informationen zum Haiti-Einsatz
unter www.johanniter-auslandshilfe.de
Mit ihren Therapienangeboten helfen die Johanniter Menschen mit
Amputationen, ein neues Körpergefühl zu entwickeln und mit
hren Prothesen, Gehhilfen und Rollstühlen umzugehen.
Patrick Schultheis / Regina Villavicencio
stützten die Hilfsorganisationen und Hilfsbündnisse
wie „Aktion Deutschland Hilft“ mit einer Spende.
Allein die Johanniter bekamen für ihre Arbeit in
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Diskussion im
Deutschen Bundestag
assistenten und ehrenamtlichen Katastrophenschutzhelfer Dorin Kleber (Wunstorf/Hannover) und
Thomas Pech (Königswusterhausen bei Berlin) ein.
Sie berichteten von ihren Einsätzen in diesem Jahr
Johanniter machen sich stark für integriertes
während der Love Parade beziehungsweise nach
Notfallvorsorgesystem
dem Busunglück auf der A10 bei Berlin-Schönefeld.
Dirk Dommisch, ehrenamtlicher RegionalbereitWie sicher sind Großveranstaltungen in
schaftsleiter in Berlin, informierte über die GrundDeutschland? Reichen die Mittel von Hilfsorganisa- sätze der Johanniter bei der Planung von Großvertionen bei Katastrophen und Großschadenslagen
anstaltungen.
aus? Diese Fragen diskutierten Vertreter der JohanDas deutsche Hilfeleistungssystem ist geprägt
niter-Unfall-Hilfe am 1. Dezember im Bundestag
durch die Verzahnung von haupt- und ehrenamtlimit mehr als 30 Parlamentariern und weiteren Gästen. chen Kräften. Nur durch diese Kombination können
Zu diesen zählten der Präsident des Bundesselbst große Unfälle oder Katastrophen effizient
amtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenbewältigt werden. Rohleder und Mähnert erläuterhilfe, Christoph Unger, sowie der Chef der Berliner
ten, dass eine auf rein wirtschaftliche Kriterien geFeuerwehr, Landesbranddirektor Wilfried Gräfling.
stützte Rettungsdienst-Vergabe diese gewachsenen,
Eingeladen hatte der Präsident der Johanniter-Ungut funktionierenden Katastrophenschutz-Strukfall-Hilfe, Hans-Peter von Kirchbach. Gemeinsam
turen gefährde. Rohleder: „Wird aus diesem System
ein Baustein entfernt,
verliert das Gesamtsystem seine Stabilität – zu
Lasten der Bürgerinnen
und Bürger.“ Mit Sorge
beobachten Bundesund Landesvorstände,
wie durch die derzeitige Ausschreibungspraxis im Rettungsdienst
ehrenamtliches Engagement geschwächt
wird. Mähnert: „Wir
werden im Wettbewerb
bestehen, unsere ehrenamtlichen Helfer aber
verlieren.“
Die Parlamentarier
nahmen
die Sorgen
Wolfram Rohleder, Mitglied des Bundesvorstandes der Johanniter-Unfall-Hilfe, erläutert
der Johanniter ernst.
den Abgeordneten die Vorteile der gewachsenen Katastrophenschutz-Strukturen.
(Foto: Steffen Kugler)
Die CDU-Abgeordnete
Beatrix Philipp und der
mit ihm vertraten die Belange der Johanniter unter SPD-Abgeordnete Gerold Reichenbach erklärten,
anderem Wolfram Rohleder und Dr. Arnold von
man sei sich des Problems und der Auswirkungen
Rümker, Mitglieder des Johanniter-Bundesvorstan- auf den Katastrophenschutz bewusst. Matthias
des, Thomas Mähnert, Mitglied des Landesvorstan- Miersch von der SPD ermutigte die Hilfsorganisatiodes der Johanniter in Niedersachsen-Bremen, und
nen, „Druck in den Landesparlamenten zu machen“.
Friedrich W. Riechmann, Bundesbeauftragter der
Johanniter für Auslands- und Katastrophenhilfe.
Regina Villavicencio
Erfahrungen aus der Praxis brachten die Rettungs-
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Nur Gewinner beim
Malteser Bundeswettbewerb
Spannung, Wettkampf, Notfalltraining: Der Malteser Bundeswettbewerb hatte es wieder in sich. Als
17. seiner Art seit 1977 führte er rund tausend Malteser und Gäste am 25. September letzten Jahres nach
Trier. In den Wettbewerben der Helfer, der Malteser
Jugend und – erstmals – auch der Schulsanitäter
waren wieder einmal überraschend realistische Notfall-Szenarien zu bewältigen. Doch auch Spaß und
Spontanität kamen nicht zu kurz.
Wettkampfstimmung
Ob Jugend, Schulsanitäter oder Erwachsene –
alle „stehen unter Strom“, sind konzentriert, angespannt. Wer nach Trier gefahren ist, will auch gut
abschneiden. „Klar sind wir gut“, sagt Patricia Hellweg, 16 Jahre, aus Neuenheerse und beschwört damit
den Teamgeist. Sie ist Schulsanitäterin. Kurz danach muss sie ran. Die Aufgabe: Der Hausmeister der
Schule liegt auf dem Boden. Er muss reanimiert werden. Patricia und ein Junge aus der Gruppe müssen
helfen. Schluss mit lustig – sitzen die Griffe?
Nicht anders an Station 7 bei den Erwachsenen. „Gasexplosion“ lautet das Szenario. Die Aufgabe: Versorgung aller 60 Verletzten. Die Verletzten
laufen umher, sind geschockt, rufen um Hilfe oder
sind ganz still. Einfangen, zusammenhalten, zur
Sichtung führen. Zehn Minuten dauert das.
Die Gruppe aus Euskirchen ist mit sich zufrieden, kennt aber die Beurteilung durch die Schiedsrichter noch nicht. „Doch, war gut“, lautet die einhellige Meinung. Schließlich kommt Schiedsrichter
und sagt: „Habt ihr gut gemacht“. Bei der nächsten
Gruppe sieht es etwas anders aus, der Schiedsrichter ist nicht so zufrieden. „Man sieht, wer viele solcher Situationen geübt hat und wer noch nicht“,
Malteser Engagement macht stark: Der Bundeswettbewerb war der
Abschluss der „Woche für das Bürgerschaftliche Engagement“ 2010.
meint er. Er urteilt – mild, aber deutlich. Es herrscht
eben Wettkampfstimmung.
Jugendwettbewerb: Mit dem
Ei auf Löffel im Rollstuhl
„Teamfähigkeit, Sicherheit, Motivation - das
zählt hier“, sagt Stationsleiterin Ruth beim Rollstuhlparcours der Malteser Jugend. Einer aus der
Erstmals dabei: Die Schulsanitäter.
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FORUM
Gruppe sitzt mit einem Ei auf dem Löffel im Rolli,
ein anderer muss ihn schieben. Pfuschen ist natürlich nicht erlaubt, sondern gibt Punktabzug. Als
die Gruppen aus den Diözesen Bamberg und Paderborn parallel an den Start gehen, entsteht aber
doch ein Hauch von Wettrennen. Bamberg motiviert seine Leute super, macht La Ola, läuft parallel
zur Absperrung mit. Die Paderborner sind allerdings
sorgfältiger beim Überfahren des Hindernisses am
berg und nicht zuletzt die Gewinner des Wettbewerbs der Schulsantätsdienst-Gruppen aus der Berliner Theresienschule. Und die rund tausend Mitwirkenden, Gäste und Schlachtenbummler, die trotz
nassen Wetters die Arena Trier und Umgebung mit
Frohsinn und Heiterkeit füllten. Zudem konnte
sich das Ehrenamt in Deutschland über öffentlichkeitswirksame Unterstützung freuen, war doch der
Sanitätswettkampf zugleich Abschluss der bundesweiten „Woche für das Bürgerschaftliche Engagement“. Und nicht zuletzt haben auch die vielen Malteser gewonnen, die zu Hause die Wettkämpfe
hautnah und die Siegerehrung beim Festabend sogar als Livestream im Internet verfolgen konnten.
Mehr als 90 Verletztendarsteller, darunter wie immer die Lotus-Gruppe
aus den Niederlanden, sorgten für Realismus pur.
(Fotos: Wolf Lux)
Boden. Immer rückwärts, immer mit den großen
Rädern zuerst. Bei beiden sind die Eier ganz geblieben – aber ein echter Rollstuhlfahrer wäre bei den
Bambergern nicht so sicher aufgehoben gewesen,
meint Ruth. Paderborn jubelt, Bamberg muss an
anderer Stelle Punkte sammeln.
Aber jetzt zu den Gewinnern. Da waren natürlich die Sieger des Helferwettbewerbs aus Aachen, die ersten im Jugend-Wettbewerb aus Bam-
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
Der Bundeswettbewerb in Zahlen
• Helfer: 93 Verletztendarsteller, 50 Schiedsrichter, 46 Lotsen und ein 90-köpfiges Kochteam
• Material: 9,8 Liter Kunstblut, 2,3 Kilometer Verbandmaterial, 440 Kompressen, 660 Verbandpäckchen und 150 Pakete Einmalhandschuhe
• Verpflegung: 8.275 Brötchen (6.575 Brötchen,
500 Scheiben Brot, 1.200 Stück Laugengebäck),
2.400 Stück Obst (1.600 Äpfel, 400 Birnen, 400
Bananen), 510 Kilo Gemüse, 120 Kilo Kartoffelund Nudelsalat, 260 Kilo Fleisch und 900
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Quo vadis Bevölkerungsschutz –
Dienstpflicht, Freiwilligendienst
oder Ehrenamt?
Für den Bevölkerungsschutz hat die Veränderung
der Wehrpflicht einschneidende Konsequenzen.
Die vom Bundeskabinett beschlossene Aussetzung
der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 wird in den Medien ausgiebig in ihren Folgen für den Zivildienst
behandelt. Auswirkungen auf den Bevölkerungsschutz und die gesamte Sicherheitsarchitektur werden bisher nur am Rande im parlamentarischen
Umfeld diskutiert, wie auch der FDP-Zivildienst-Experte im Deutschen Bundestag, Florian Bernschneider, in einem Gespräch mit der ARKAT bestätigte. Immerhin haben die Innenminister und -senatoren der Länder in ihrer Ständigen Konferenz am
18./19. 11. 2010 in Hamburg auf die Auswirkungen
der Strukturreform der Bundeswehr auf den Bevölkerungsschutz in Deutschland hingewiesen und
den Bund gebeten, bei der Stärkung der Freiwilligendienste den Zivil- und Katastrophenschutz und dessen künftige Gewährleistung in besonderer Weise
zu berücksichtigen. Auch die Bundeskanzlerin
sprach in ihrer Neujahrsansprache lediglich davon,
dass „dem Zivildienst ein Freiwilligendienst folgen
wird“. Es gibt also berechtigten Anlass, die Begrifflichkeiten bisheriger Dienstpflichten und künftiger
Freiwilligendienste zu klären. Artikel 12 a (1) GG
ordnet bisher den Dienst in den Streitkräften gleichrangig mit dem Dienst in einem Zivilschutzverband und damit dem Bevölkerungsschutz zu. Artikel 12a (2) GG hingegen behandelt die Voraussetzungen zur Verpflichtung zu einem Ersatzdienst.
Dem Selbstverständnis von Dienstleistenden im Zivil- und Katastrophenschutz ist daher nur schwer
zu vermitteln, weshalb die bisherigen Säulen militärischer und ziviler Dienstleistung (Streitkräfte,
Zivilschutz und Zivil- bzw. Ersatzdienst) künftig
nicht mehr unterschieden werden sollten. Schon
die Diskussion der unterschiedlichen Verpflichtungszeiten belegt den gegenwärtig bestehenden Wirrwarr um die Strukturierung künftiger Freiwilligendienste. Während der freiwillige Wehrdienst 12 bis
23 Monate betragen soll, plädiert die Bundesfamilienministerin Kristina Schröder für einen freiwilligen sechs- bis 18-monatigen Zivildienst. Mussten
die vom Wehrdienst freigestellten Helfer in den Einheiten des Zivil- und Katastrophenschutzes bisher
eine Verpflichtung von mindestens 6 bzw. 4 Jahren
bei einer der anerkannten Trägerorganisationen
oder den Regieeinheiten der Katastrophenschutzbehörden eingehen, ist die Diskussion um einen
freiwilligen Dienst im Bevölkerungsschutz noch völlig offen. Klar ist: Mit der Aussetzung der Wehrpflicht ist der Zivil- und Katastrophenschutz ausschließlich auf freiwillige Mitwirkung angewiesen. Erschwerend für die Personalgewinnung im
Bevölkerungsschutz ist zweifellos auch die sich
anbahnende Konkurrenzsituation in Anbetracht
des durch die demografische Entwicklung sinkenden Potenzials an jüngeren Freiwilligen. Überlegungen zur Einführung einer „Heimatschutzdienstpflicht“ können einen nachhaltigen Bevölkerungsschutz wohl auch kaum nachhaltig sicherstellen.
Das von Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann vorgelegte Konzept einer „2 plus 4-Dienstpflicht“ mit einer 2-monatigen Grundausbildung
und anschließender 4-monatiger Spezialausbildung alternativ bei der Bundeswehr oder einem der
Träger im Katastrophenschutz stellt zunächst nicht
sicher, dass sich die Dienstpflichtigen nach dieser
6-monatigen Ausbildung auch weiterhin freiwillig
einem der Hilfeleistungsträger im Bevölkerungsschutz für einen die Kosten dieser Ausbildung rechtfertigenden Zeitraum zu Verfügung stellen werden. So sehr das Erreichen eines ganzheitlichen Ansatzes im Bereich einer dem Gemeinwesen förderlichen Dienstpflicht im gesamtgesellschaftlichen
Interesse zu begrüßen wäre, scheinen die rechtlichen Hürden doch noch recht hoch zu sein. Die Folgen eines derartigen Systemwandels sollten sehr
sorgfältig erwogen werden. Sowohl das Bundesamt
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FORUM
für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe als
auch die Trägerorganisationen haben durch Initiativen und neue Wege in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte erzielen können, um die Attraktivität und das Ansehen des Dienstes im Bevölkerungsschutz erheblich zu steigern. So leisten inzwischen
bei den Freiwilligen Feuerwehren nur noch 3 – 5 %
nach § 13a Wehrpflichtgesetz bzw. nach § 14 Zivildienstgesetz freigestellte Helfer Dienst. Beim Tech-
Bei den Feuerwehren ist der Anteil der Ersatzdienst Leistenden
vergleichsweise gering.
(Foto: Tobias dietz/pixelio)
nischen Hilfswerk sind es bundesweit noch rund
15% der Helfer, die sich noch in einer nach dieser Regelung bestehenden Mindestverpflichtungszeit
befinden. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat
gezeigt, dass mit der Flexibilisierung der Dienstzeiten der Anteil freiwilliger Helfer/innen gegenüber
dem der verpflichteten Helfer ständig größer geworden ist, und dass von den vom Wehrdienst freigestellten Helfern erfahrungsgemäß 50% auch
nach Ablauf ihrer Verpflichtungszeit in den Verbänden ehrenamtlich engagiert blieben. Die sich abzeichnende Konkurrenz zwischen den freiwilligen
Diensten wird jedoch allein aus Gründen der demografischen Entwicklung nicht ausbleiben. Es
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
stehen eben immer weniger junge Menschen für
die Übernahme von gesellschaftlichen Aufgaben
zur Verfügung. Wer sind künftig die Ansprechpartner bzw. Vermittler für potenzielle Freiwillige?
Die Bundesfreiwilligenagentur dürfte für Beratungen zugunsten von Aufgaben im Bevölkerungsschutz fachlich noch wenig prädestiniert sein. Welche Rolle werden die Katastrophenschutzbehörden
selbst übernehmen müssen, um für den Dienst im
Bevölkerungsschutz zu werben und diesen kraft
gesetzlichen Auftrages örtlich sicherstellen zu können? Unterschiedliche Überlegungen bestehen
zudem im finanziellen Bereich. So sollen freiwillig
Wehrdienst leistende Frauen und Männer künftig
bis zu 1.100 Euro monatlich erhalten. Der FDP-Zivildienst-Experte Bernschneider tritt dafür ein, dass
auch die Freiwilligen im Zivildienst Vergünstigungen erhalten müssen und nennt beispielsweise
neben einer Bevorzugung bei der Studienplatzvergabe 300 Euro Taschengeld im Monat angemessen.
Um nicht missverstanden zu werden: Die Beibehaltung des Ehrenamtes im Bevölkerungsschutz ist
ein hohes Gut und sollte nicht leichtfertig zur Disposition gestellt werden.
Fragen über Fragen also, denen sich die für das Gemeinwohl Verantwortung tragenden staatlichen
und privaten Aufgabenträger dringend stellen
müssen. Zur Stärkung der Freiwilligkeit besteht für
den Bevölkerungsschutz erheblicher Handlungsbedarf.
Wie auch der ASB-Bundesverband empfiehlt
die ARKAT mehr Menschen der Generation 40+ für
eine Mitarbeit im Bevölkerungsschutz zu gewinnen
und von deren beruflichem Wissen und Kompetenzen zu profitieren. Hier sollten Behörden auch
an die Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben mit behördlicher Nähe bei Führungskräften im öffentlichen Dienst appellieren.
Klaus-Dieter Kühn
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NACHRICHTEN
Abflusssimulationsmodell für
Extremniederschläge
ten Software ist es, die Schadensereignisse an Gebäuden und Bauwerken bei plötzlichen Extremwetter-
Anfang Juli 2010 trat nach extremen Regenfällen der
sonst eher beschauliche Mehlemer Bach in Wachtberg und Bonn über die Ufer und richtete erhebliche
Schäden an. Das BBK hat aus diesem Anlass die Entwicklung eines umfangreichen Abflusssimulationsmodells für Extremniederschläge beauftragt.
Untersucht werden dabei die dicht bebauten, hängigen Zuflussgebiete des Mehlemer Baches. Vorgesehen ist eine sehr detaillierte Abbildung der Überflutungsvorgänge in diesen Ortschaften mit dem
Ziel, die Auswirkungen der Flutwellen auf Einzelgebäude und Anlagen der Infrastruktur zu beurteilen.
Dabei werden die Geländestrukturen detailliert
selbst bis auf niedrige Bruchkanten (z.B. Bordsteine)
herunter erfasst.
Die „Jahrhundertflut“ des Mehlemer Bachee in Wachtberg und Bonn
im Juli 2010 verursachte beträchtliche Sachschäden.
(Foto: privat)
3-D Hangabfluss-Simulationsmodell. Anhand digitaler Vermessungsdaten
können die Auswirkungen von Extremregenmengen auf Gebäude und andere bauliche Anlagen abgebildet werden.
(© Hydrotec, Aachen)
Mit Computersimulationen können dann unterschiedliche Niederschlagsmengen aufgegeben und
die Abflussströme über Strassen, Wege und das Gelände nachgestellt werden. Ziel der neu entwickel-
situationen vorher zu prognostizieren, um bauliche
Präventivmaßnahmen zu entwickeln. Das Wissen
über die Zusammenhänge bei den Abflussmechanismen und den schädigenden Einwirkungen auf Gebäude sowie über das Vorhalten darauf abgestimmter baulicher Präventivmaßnahmen kann zukünftig erhebliche Bau- und Vermögensschäden bei solchen Extremereignissen vermeiden. Das Modell
kann nach einer Verifizierungsphase auch als Muster für andere Städte und Gemeinden mit ähnlichen städtebaulichen Situationen dienen.
Parallel zu diesem Vorhaben hat die Bezirksregierung Köln aufgrund der EU-Richtlinien über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken die Erarbeitung der Hochwassergefahren- und
Risikokarten für den Verlauf des eigentlichen Mehlemer Baches, womit vor allem die Auswirkungen
der Überflutungen selbst beurteilt werden können,
in Auftrag gegeben. Beide Aufträge werden von
einem Ingenieur-Büro durchgeführt, so dass die Untersuchung von der Entstehung über das Ereignis
selbst bis hin zum Abfluss in den Rhein in einer Hand
liegt und ein Optimum an Synergien möglich ist.
Es ist beabsichtigt, dieses Projekt nach der ersten
Anlaufphase auch der Gemeinde Wachtberg und
der Stadt Bonn vorzustellen. Der Abschluss der Arbeiten ist für August 2011 vorgesehen.
Michael Turley
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NACHRICHTEN
Bund übergibt Fahrzeuge für
5,6 Milionen Euro an Hamburg
Neue Löschgruppenfahrzeuge
für den Katastrophenschutz
Ole Schröder, Parlamentarischer Staatssekretär
beim Bundesminister des Innern, hat am 8. Dezember 2010 symbolisch die Fahrzeugschlüssel für 25
Die ersten 25 einer neuen Generation von Löschfahrzeugen
wurden in Hamburg übergeben.
(Foto: BBK)
Löschgruppenfahrzeuge für den Katastrophenschutz (LF-KatS) an das Bundesland Hamburg überreicht. Die Fahrzeuge sind Teil des Ausstattungs-
konzeptes des Bundes und werden vom BBK ausgeliefert. Vor dem Hauptportal der St. Michaelis Kirche übernahm Innensenator Heino Vahldieck die
Löschgruppenfahrzeuge, die einen Gesamtwert
von 5,6 Millionen Euro haben. Sie ergänzen den
Katastrophenschutz der Freien und Hansestadt
Hamburg.
„Eine moderne und effektive Technik sowie eine
fundierte Ausbildung sind wichtige Grundlagen
für einen funktionierenden Katastrophenschutz.
Doch ohne den engagierten Einsatz der zahlreichen
ehrenamtlichen und hauptamtlichen Helferinnen
und Helfer, nutzt eine noch so gute technische Ausrüstung niemandem. Mit der Bereitstellung dieser
modernen Einsatzfahrzeuge leistet der Bund auch
einen wichtigen Beitrag dazu, die Motivation der
ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in der Feuerwehr zu erhöhen.“, sagte Schröder.
Die Löschgruppenfahrzeuge sind ein wesentlicher
Bestandteil des Ausstattungskonzeptes des Bundes
für den Katastrophenschutz, das 2007 von der Innenministerkonferenz verabschiedet worden ist.
Im letzten Jahr hat Hamburg bereits 22 neue Krankentransportwagen erhalten. 2010 kamen vier
Mannschaftstransportwagen und ein Einsatzleitfahrzeug für die Analytische Task Force hinzu.
Ein Löschgruppenfahrzeug verfügt über einen
Löschwassertank mit 1000 Litern Wasser, zwei leistungsfähige Pumpen und mehr als 600 Meter
Schlauchmaterial.
Außerdem ist das Fahrzeug mit einer umfangreichen Spezialausstattung versehen.
IMPRESSUM
Herausgegeben im Auftrag des Bundesministeriums des Innern
vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK),
Provinzialstraße 93, 53127 Bonn
Postfach 1867, 53008 Bonn
[email protected]
http://www.bbk.bund.de
Erscheint im Februar, Mai, August und November
Redaktionsschluss ist jeweils der 1. Werktag des Vormonats.
Redaktion:
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Nikolaus Stein, Tel.: 022899-550-3609
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Julia Wiechers, Tel.: 022899-550-3615
Layout: Nikolaus Stein
Abo-Verwaltung: Margit Lehmann, [email protected]
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Druck, Herstellung und Vertrieb:
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Manuskripte und Bilder nur an die Redaktion. Für unverlangt eingesandte
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REGISTER 2010
KRISENMANAGEMENT
EHRENAMT
Förderung des Ehrenamtes
im Bevölkerungsschutz
Ehrenamt und Migration
Ehrenamt und Integration
Helferpotenziale
Ehrenamt ist Ehrensache
1/
1/
1/
1/
1/
S. 4
S. 8
S. 10
S. 14
S. 17
LÜKEX
LÜKEX 09/10
LÜKEX: Übungsserie und System
OHNE GRENZEN
Schweizer Bevölkerungsschutz
Handlungsgrundlagen
„Experimentelle Partnerschaft“
Psychologische Nothilfe und
psychosoziale Notfallversorgung
Dicke Luft?
Der Bevölkerungsschutz in Deutschland
Wo Schweizer Feuerwehrleute
deutsche Luft atmen
Ein Unwetter über der Landesgrenze
„Gemeinsam werden wir immer besser“
Der Mikrofilm ist auch im
digitalen Zeitalter aktuell
1/S. 27
1/S. 32
4/S. 30
Neue Handlungsgrundlage
Qualitätssicherung
Krisenmanagement in NRW
2/ S.2a
2/ S.4a
2/ S.8a
2/ S.12a
2/ S.15a
2/ S.4b
2/ S.6b
2/ S.9b
2/ S.13b
NOTFALLVORSORGE
„Unser Auftrag ist die Information
der Bevölkerung“
Panik in großen Menschenmengen
MESSE
3/S. 28
3/S. 30
Interschutz 2010
ILA 2010
KATASTROPHENMEDIZIN
Katastrophenrecht
3/ S. 7
3/ S. 10
3/ S. 14
3/ S. 18
KONGRESS
Netzwerke für den erfolgreichen
Bevölkerungsschutz
4/S. 35
ZIVILSCHUTZ-HUBSCHRAUBER
1/S. 35
4/S. 37
4/S. 2
4/S. 6
Ein Traum(a)-Hubschrauber?
Ein ganz normaler Tag ...
4/S. 13
4/S. 19
ARBEITER-SAMARITER-BUND
1/S. 22
„HiK“ – Zusammrnarbeit der Hilfsorganisationen im KatS in Rheinland-Pfalz
1/S. 37
First-Assistence-Samaritan-Teams (FAST)
3/S. 36
Schnelle Hilfe auf dem Wasser
4/S. 38
INTERNATIONAL
Katastrophenschutz made by EU
3/S. 31
3/ S. 2
CBRN-SCHUTZ
„CBRN-Aktionsplan der EU
Deutschland ist gut vorbereitet
Das BiGRUDI-Projekt – schnelle
BT-Diagnostik für unterwegs?
Da liegt was in der Luft
1/ S. 20
4/S. 25
2/ S.17b
KRITIS
Strategische Meilensteine
Werkzeuge zum Schutz
kritischer Infrastrukturen
Weitgehende Abhängigkeiten
Wege durch das Chaos
Wechselwirkungen
3/S. 21
3/S. 25
1 2011 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
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14 s55 Register2010:Layout 1
31.01.2011
13:25
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REGISTER 2010
TECHNISCHES HILFSWERK
Erster THW-Gerätekraftwagen
von Rosenbauer
Hochwasser in Polen: THW-Pumpen
lassen Pegel sinken
An die Brücke, fertig, los!
Orion 2010: In Großbritannien
bebt die Erde
JOHANNITER-UNFALL-HILFE
1/S. 40
3/S. 38
4/S. 40
4/S. 42
DEUTSCHE
LEBENS-RETTUNGSGESELLSCHAFT
Zentraler Wasserrettungsdienst Küste
neu organisiert
Strömungsretter der DLRG auf der
INTERSCHUTUZ 2010 in Leipzig
Wieder kommt die Flut im Sommer
Junger Mann mit Plan
“Hier ist jeder für den anderen da“
Hilfe zur Selbsthilfe in der Karibik
Immer noch kein einfacher Einsatz
Der Einsatz, den keiner vergisst
Bessere Hilfe für Menschen
in belastenden Situationen
1/S. 46
1/S. 47
1/S. 48
3/S. 45
4/S. 49
4/S. 50
MALTESER HILFSDIENST
1/S. 42
Üben unter extremen Bedingungen
Wetter schlecht, Einsätze normal,
Ökumene vorbildlich
Hilfe sofort und danach
Mit Hingabe dabei
1/S. 49
3/S. 47
4/S. 51
4/S. 52
3/S. 40
4/S. 44
ARKAT
DEUTSCHER
FEUERWEHRVERBAND
Feuerwehrplattform auf
EU-Ebene initiieren
Angela Merkel gegen Sparmaßnahmen
bei der Feuerwehr
„Ohne das Ehrenamt läuft nichts“
Europas Feuerwehren rücken
enger zusammen
Berliner Abend 2010
1/S. 43
3/S. 42
3/S. 42
3/S. 43
4/S. 46
DEUTSCHES ROTES KREUZ
Unterstützung des Sanitätsdienstes
der Bundeswehr im Inland
Sechs Monate nach Haiti-Erdbeben
Pakistan: Hilfe für eine Million Menschen
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BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 1 2011
1/S. 44
3/S. 44
4/S. 48
Facheinheit „Information und
Kommunikation“ (IuK) im KatS
der Stadt Cuxhaven
Bildung einer Regieeinheit IuK-Zentrale
im Gefahrenabwehrzentrum
Marburg-Biedenkopf
Der ABC-Zug Münchenn Land erhält
das erste einer Reihe neuer
Strahlenschutzfahrzeuge
1/S. 50
3/S. 48
4/S. 53
KULTURGUTSCHUTZ IN
DEUTSCHLAND
Schloss Nossen, Sachsen
Sonnenobservatorium von Coseck,
Sachsen-Anhalt
Rittersitz Salzau, Schleswig-Holstein
1/S. 57
3/S. 57
4/S. 57
15 u3 Jan 2011:Layout 1
03.02.2011
13:23
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KULTURGUTSCHUTZ IN DEUTSCHLAND
Heute: Burg Gleichen Wandersleben,
Thüringen
Bei Gotha steht die mittelalterliche Burgruine auf
einem Kalksteinfelsen etwa 100 Meter über der umgebenden Landschaft.
Im Jahr 1034 wurde die Burg in den Annalen des
Klosters Reinhardsbrunn als „Gliche“ erstmalig erwähnt; abgeleitet vom keltischen „glich“, was Felsen bedeutet.
Die Burg wurde 1088 von Truppen des Kaisers Heinrich IV vier Monate lang belagert. Auf der Burg hatte
sich Ekbert II, Markgraf von Meißen, verschanzt.
Nach dem überraschenden Ausbruch am Weihnachtsabendwurde der Belagerungsring gesprengt und die
Belagerer in die Flucht geschlagen.
1130 ging die Burg in den Besitz der Erzbischöfe von
Mainz über. Von dort gelangte sie 1162 als Lehen an
die Grafen von Tonna, die sich dann die Grafen von
Gleichen nannten. Diese residierten bis 1455 auf
der Burg.
Graf Philip Ernst von Gleichen ließ 1587 einen kostspieligen schlossähnlichen Renaissancebau errichten. Der letzte Graf von Gleichen verstarb 1631. Die
vielen nachfolgenden Burgbesitzer ließen die Burg
seit 1735 verfallen, da sie selbst nicht mehr in der
Burg wohnten. Bis zum Jahr 1793 gehörte die Burgruine den Grafen von Hatzfeld.
Danach fiel sie 1803 durch den Reichsdeputationshauptschluss an Preußen und geriet 1806 unter die
Herrschaft der Franzosen. 1816 schenkte Napoleon
die Burgruine der Universität Erfurt.
Viele Sagen und Legenden ranken sich um das alte
Adelsgeschlecht. Die romantischste ist wohl die
„Sage vom zweibeweibten Grafen“ aus der Zeit der
Kreuzzüge. Dieser Graf von Gleichen soll in Gefangenschaft der Sarazenen geraten und zu schwerer
Arbeit verurteilt worden sein. Die Sultanstochter
Melechsala verliebte sich in ihn und bat für ihn um
Gnade, sodass er leichtere Arbeiten im wunderbaren Sultansgarten erledigen durfte. Dort konnten
sich der Graf und die Sultanstochter auch unbehelligt treffen und Zukunftspläne schmieden.
Burg Gleichen Wandersleben im Burgenensemble Drei Gleichen Thüringen.
(© picture alliance)
Melechsala wollte dem Grafen zur Flucht verhelfen,
stellte jedoch die Bedingung, dass er sie als seine
Zweitfrau mitnähme.
Nach anfänglichem Zögern überwog beim Grafen
das Heimweh und die beiden flohen zunächst nach
Italien, wo der Papst, berührt vom Schicksal des
Paares, die Zweitehe des Grafen segnete.
Endlich in der Heimat angelangt, wurden der Graf
und die Sultanstochter im gräflichen Vorwerk freudig von der ersten Gattin des Grafen empfangen;
an dieser Stelle entstand das Gasthaus „Freudenthal“. Der Graf und seine beiden Gattinnen lebten
bis ans Ende ihrer Tage glücklich und in Eintracht.
Ihr gemeinsames Grabmal ist im Erfurter Dom zu
bewundern.
Mit ersten Sicherungsmaßnahmen wurde Ende des
19. Jahrhunderts begonnen und im Bergfried ein
kleines Burgmuseum eingerichtet. 1998 erfolgte
die Übernahme durch die Stiftung Thüringer
Schlösser und Gärten.
ml
1 2011 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ
16 u4 2011-1:Layout 1
03.02.2011
13:02
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Bevölkerungsschutz
Bundesamt
für Bevölkerungsschutz
und Katastrophenhilfe
Postfach 1867, 53008 Bonn
PVSt, Deutsche Post AG,
Entgelt bezahlt, G 2766
Der Nutzen von Geoinformationen für den Bevölkerungsschutz
ist unbestritten; die Risikoanalyse kann diesen Nutzen beispielhaft aufzeigen (S. 9 ff und S. 14 ff). So vielfältig wie die Daten sind
die Möglichkeiten ihrer Ermittlung. Die Palette reicht hier von
Internet-Projekten, an denen sich auch Laien ohne besondere
Vorkenntnisse beteiligen können (S. 18 ff und S. 24 ff ), über luftgestützte Aufklärungssysteme (S. 32 ff) bis hin zur Weltraumtechnik (S. 28 ff).
Das Bild oben zeigt, wie während der Mission SRTM (Shuttle Radar Topography Mission) die Oberfläche der Erde gescannt wurde. Ziel war die Herstellung einer dreidimensionalen Weltkarte.
Das Titelbild zeigt den Radarsatelliten TanDEM-X im engen Formationsflug mit seinem „Zwilling“ TerraSAR-X. Die beiden Satelliten arbeiten synchron und sind in der Lage, gleichzeitig Aufnahmen desselben Gebietes zu machen.
(Bilder: DLR)