Radikal verjüngt - Astrid Hartmann
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Radikal verjüngt - Astrid Hartmann
Reportage Radikal verjüngt 1 Text: Jürgen Franke Fotos: Nick Wendt Mit den Eltern unter einem Dach leben und dennoch seinen ganz persönlichen Traum vom Wohnen ohne Abstriche in die Tat umsetzen? Christian Jöst zeigt mit seinem Anbau, dass das kein Wunschdenken bleiben muss E xakt 50 Jahre hatte das Elternhaus von Christian Jöst in Abtsteinach im Odenwald treue Dienste geleistet, als er 2007 den ersten Spatenstich setzt, um für sich und Ehefrau Corinna mit einem Anbau das ersehnte Nest für die Familiengründung zu schaffen. Mehrmals war das Anwesen im zurückliegenden halben Jahrhundert von den Eltern teilweise renoviert und 1976 sogar auch schon einmal ausgebaut worden. Sein Aussehen hatte sich dabei jedoch immer nur unwesentlich verändert. Dieses Mal allerdings ist keine oberflächliche Kosmetik angesagt. Christian und Corinna Jöst wollen sich ihren ganz persönlichen Traum vom eigenen Heim verwirklichen und dabei möglichst wenig Kompromisse machen. Es ist ein großer Traum. Der Anbau soll auf zwei Ebenen mit großzügigen Terrassenflächen mehr als 250 Quadratmeter umfassen. Und das Haus im Haus soll einen ganz eigenen individuellen Charakter haben. Nachdem die Eltern grünes Licht geben, nimmt Jöst im ersten Schritt eine umfassende Runderneuerung des ➤ 2 3 1 Durch die Ausrichtung in Hanglage kommt das Schmetterlingsdach besonders gut zur Geltung 2 Eine Stahlseil-Reling im Treppenhaus und ein in türkisfarbenes Licht getauchter gläserner Steg sorgen für maritimes Ambiente 3 Blick auf die großzügig gestaltete Terrasse 05_2010 BAUIDEE 19 Reportage 2 1 Das Schmetterlingsdach und fast durchgängige Glasfronten geben dem Anbau einen unverwechselbaren Charakter 2 Großzügige Insel- lösung: Das Erdgeschoß des Altbaus wurde größtenteils entkernt und bietet nun viel Platz für die Kochaktivitäten der Jösts 3 Starkes Zentrum: Treppenhaus, gläserner Steg und Dachfensterensemble machen die Mitte des Hauses zur Bühne 1 alten Gebäudes in Angriff: Das Obergeschoss wird nach den Wünschen der Eltern komplett renoviert, modernisiert und umgebaut, das Erdgeschoss wird größtenteils entkernt - nahezu alle Innenwände müssen weichen und werden durch Stahlträger ersetzt. So schafft Jöst einen offenen Küchen- und Essbereich, den er anschließend großzügig mit einem an den Hang geschmiegten Anbau weit in den Garten hinaus verlängert. Man muss an dieser Stelle betonen: spektakulär verlängert. Denn so kann die Konstruktion mit dem Schmetterlingsdach aus Zinkblech getrost bezeichnet werden, die sich Architektin Astrid Hartmann zusammen mit Jöst ausgedacht hat. Seine außergewöhnliche optische Wirkung erzielt der Anbau dabei vor allem dadurch, dass er zunächst der abfallenden Linie des Daches des Elternhauses und der des Hanges folgt, sich dann jedoch jäh im stumpfen Winkel aufrichtet wie ein Schanzentisch. Astrid Hartmann: „Wir haben diesen Kontrapunkt ganz bewusst gesetzt, weil hier der fließende Übergang zwischen Alt und Neu kulminiert und zum Abschluss kommt.“ Eine Dramaturgie, die die Architektin für Jöst in ähnlicher Weise dann auch im Innenbereich beim Übergang vom Altbau in den Anbau realisiert. Dort markiert symbolisch ein - abends in türkisfarbenes Licht getauchter - gläserner Steg neben der ins Untergeschoss führenden Treppe das Ende des Altbaus und den Beginn des Neubaus. Verstärkt wird dieser Effekt noch durch eine parallel zum Knick des Schmetterlingsdaches verlaufende Reihe von einzeln gesetzten Dachfenstern, die das Treppenhaus und den daneben befindlichen Wohnraum tagsüber in ein spannendes Licht- und Schattenspiel tauchen. Außer der bewusst kenntlich gemachten gläsernen Übergangszone erinnert ansonsten jedoch nichts mehr an die einstige kleinräumige Ver- ➤ 20 BAUIDEE 05_2010 Zunächst folgt das Schmetterlingsdach der Linie des Altbaus, wird dann aber zum Schanzentisch 3 Erfahrung und Kompetenz Langjährige Erfahrung und großes Fachwissen begegnet Ihnen bei Kroll. Ein vielfältiges Sortiment für jeden Bedarf: Wir sind Spezialist für Wärme-, Lüftungs- und Blechtechnik. 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Durch den Anschluss des Anbaus entlang der gesamten Breite der Gebäuderückseite gelang es Jöst und Hartmann einen rund 100 Quadratmeter großen offenen sehr lichten Raum zu schaffen, dessen ausladende Großzügigkeit zusammen mit der dezenten und zurückhaltenden Möblierung eine mondäne Atmosphäre erzeugt. Die unterstreicht der Bauherr zusätzlich durch üppige Glasfronten und das mittig in den Raum gesetzte Treppenhaus, das aufgrund der umlaufenden mit Stahlseilen bespannten Reling und seiner maritimen Anmutung dem Anbau überdies den Charakter eines Kapitänsdecks eines Kreuzfahrtschiffes gibt. Der kräftige Yachtakzent äußert sich aber auch in der schiffsdeckartigen Gestaltung der Terrasse sowie der kompletten Einfassung des oberen Stockwerks des Anbaus mit der schon im Treppenhaus verwendeten Stahlseil-Reling. Der maritime Charakter des Gestaltungskonzepts ist beabsichtigt und kommt nicht von ungefähr: Corinna Jöst ist beruflich in der Kreuzfahrt-Touristik engagiert und sowohl sie als auch Ehemann Christian lieben die Kreuzfahrt-Atmosphäre. Da war es nahe liegend, dass beide Architektin Astrid Hartmann bei der Planung mit auf den Weg gaben, mit ihrem Entwurf auch ein wenig Kreuzfahrt-Flair nach Abtsteinach zu holen. Corinna und Christian Jöst lassen keinen Zweifel, dass das Hartmann gelungen ist: „Bei uns geht jetzt täglich ein Traum in Erfüllung: Hochsee-Feeling im Odenwald.“ M Daten & Fakten OG EG Aufgabe: Anbau an ein Wohnhaus zur Vergrößerung 1959/1960 Umbau: 2007 Wohnfläche vorher: 123 m2 Wohnfläche nachher: 353 m2 Baukosten: 450.000 Euro Bauweise: Holzständer-Bauweise auf massivem Untergeschoss Architekt: Architekturbüro Astrid Hartmann Lindenstr. 44, 69518 Abtsteinach Fon 0 62 07 - 94 91 36 Fax 0 62 07 - 94 91 37 www.astrid-hartmann.de Zeichnungen: OXID.VISU und Modernisierung der EG-Wohnung Baujahr: