TÜRKISCHE REPUBLIK ÇUKUROVA UNIVERSITÄT INSTITUT FÜR

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TÜRKISCHE REPUBLIK ÇUKUROVA UNIVERSITÄT INSTITUT FÜR
TÜRKISCHE REPUBLIK
ÇUKUROVA UNIVERSITÄT
INSTITUT FÜR SOZIALWİSSENSCHAFTEN
ABTEILUNG FÜR DEUTSCHDIDAKTIK
INTERMEDIALITÄT IM RAHMEN DER KOMPARATISTIK:
DARGESTELLT AN DEN BEISPIELEN VON DEM WERK ‘DER
KAUKASISCHE KREIDEKREIS’ VON BERTOLT BRECHT UND DEM FILM
‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’ VON ATIF YILMAZ
Bahar KAHYA
Betreuerin: Cavidan ÇÖLTÜ İMREN
MASTERARBEIT
ADANA 2013
TÜRKISCHE REPUBLIK
ÇUKUROVA UNIVERSITÄT
INSTITUT FÜR SOZIALWİSSENSCHAFTEN
ABTEILUNG FÜR DEUTSCHDIDAKTIK
INTERMEDIALITÄT IM RAHMEN DER KOMPARATISTIK:
DARGESTELLT AN DEN BEISPIELEN VON DEM WERK ‘DER
KAUKASISCHE KREIDEKREIS’ VON BERTOLT BRECHT UND DEM FILM
‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’ VON ATIF YILMAZ
Bahar KAHYA
Betreuerin: Dr. Phil. Cavidan ÇÖLTÜ İMREN
MASTERARBEIT
ADANA 2013
Çukurova Üniversitesi Sosyal Bilimler Enstitüsü Müdürlüğü’ne,
Bu çalışma, jürimiz tarafından Alman Dili ve Eğitimi Anabilim Dalı’nda YÜKSEK
LİSANS TEZİ olarak kabul edilmiştir.
Başkan: Yrd. Doç. Dr. Cavidan ÇÖLTÜ İMREN
(Danışman)
Üye: Prof. Dr. Hatice SOFU
Üye: Yrd. Doç. Dr. Yasemin DARANCIK
ONAY
Yukarıdaki imzaların adı geçen öğretim elemanlarına ait olduklarını onaylarım.
01 /03/ 2013
Prof. Dr. Azmi YALÇIN
Müdür
Not: Bu tezde kullanılan özgün ve başka kaynaktan yapılan bildirişlerin, tablo, çizelge,
şekillerin, kaynak gösterilmeden kullanımı, 5846 Sayılı Fikir ve Sanat Eserleri
Kanunu’ndaki hükümlere tabidir.
iii
ZUSAMMENFASSUNG
INTERMEDIALITÄT IM RAHMEN DER KOMPARATISTIK:
DARGESTELLT AN DEN BEISPIELEN DES WERKES ‘DER KAUKASISCHE
KREIDEKREIS’ VON BERTOLT BRECHT UND DEM FILM ‘SELVI
BOYLUM AL YAZMALIM’ VON ATIF YILMAZ
Bahar KAHYA
Masterarbeit, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung für Deutschdidaktik
Betreuerin: Dr. Phil. Cavidan ÇÖLTÜ İMREN
März 2013, 146 Seiten
Intermedialität und Intertextualität sind die Unterbegriffe der Komparatistik. In
unserer Arbeit, laut unseren Forschungen stellten wir fest, dass es sehr wenige Arbeiten
und Analysen gibt, die im Rahmen der Intermedialität geschrieben wurden. In diesem
Zusammenhang haben wir in unserer Arbeit das Theaterstück ‘Der kaukasische
Kreidekreis’ von Bertolt Brecht und den Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’ von Atıf
Yılmaz, der von dem kirgisischen Schriftsteller Cengiz Aytmatov als Buch geschrieben
wurde, im Rahmen der Komparatistik und deren Arbeitsbereiche Intertextualität und
Intermedialität untersucht, indem wir in beiden Werken die Begriffe ‘Mühe’und
‘Gerechtigkeit’ detailliert zur Hand genommen haben.
Wie schon bewußt, ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ sind die Begriffe, die sowohl in
literarischen Werken, als auch in wissenschaftlichen Arbeiten, als Themen behandelt
wurden. Der Grund, warum sie häufig als Themen behandelt wurden, ist es, dass sie
auch im Leben einen wichtigen Platz haben. Was bedeutet Liebe? Warum verdient
jemand die Liebe oder geliebt werden, wenn man jemandem Mühe gibt? Und
überschlägt die Liebe zu einem anderen? Wo die Mühe nicht belohnt wird, gibt es keine
Gerechtigkeit und, wo es keine Gerechtigkeit gibt, gibt es keine Ordnung mehr. Wir
haben in unserer Arbeit diese Begriffe im Buch ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ von
Cengiz Aytmatov, das von Atıf Yılmaz im türkischen Kino als Film präsentiert wurde
und im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ von Bertolt Brecht, das auf einer
chinesischen Geschichte basiert, detailliert untersucht, weil mit dem Ziel einen großen
Beitrag zu den Arbeiten im Rahmen der Intermedialität zu leisten und zu fördern.
iv
Da wir denken, dass die Lebenserfahrungen bei der Interkultureliät ähnlich sein
könnten, hoffen wir, dass die Arbeiten sowohl theoretisch als auch didaktisch, im
Rahmen der Intermedialität erweitert werden sollten. Da unsere Arbeit eine
interkulturelle Forschung umfasst und seine eigene und fremde Kulturen umrahmt,
hoffen wir darauf, dass unsere Arbeit die folgenden Arbeiten, die im Rahmen der
Komparatistik geschrieben sind, zugleich auch fördern kann.
Schlüsselwörter: Komparatistik, Intermedialität, Intertextualität, Mühe, Gerechtigkeit.
v
ÖZET
BERTOLT BRECHT’İN ‘KAFKAS TEBEŞİR DAİRESİ’ ALI ESERİ İLE ATIF
YILMAZ’IN ‘SELV
İ BOYLUM AL YAZMALIM’ ADLI FİLMİNİN
KARŞILAŞTIRMALI YAZINBİLİM ÇERÇEVESİNDE
MEDYALARARASILIK/SANATLARARASILIK BAĞLAMINDA
UYGULAYICI BİR ÇALIŞMA
Bahar KAHYA
Yüksek Lisans Tezi, Alman Dili Eğitimi Anabilim Dalı
Danışman: Yrd. Doç. Dr. Cavidan ÇÖLTÜ İMREN
Mart 2013, 146 sayfa
Karşılaştırmalı
medyalararasılıktır.
yazınbilimin
Çalışmamızda,
bir
alt
alanı
araştırmalarımız
da
metinlerarasılık
neticesinde,
ve
karşılaştırmalı
yazınbilim alanında, medyalararasılık çalışmaların ve analizlerin ne denli az olduğunu
tespit etmiş olduk. Bu bağlamda Bertolt Brecht’in ‘Kafkas Tebe
şir Dairesi’ adlı tiyatro
eseri ile Cengiz Aytmatov’un Selvi Boylum Al Yazmalım’ adlı kitabını senaryolaştıran
Atıf
Yılmaz’ın
aynı
adlı
filmini,
karşılaştırmalı
yazınbilim
çerçevesinde,
metinlerarasılık, medyalararasılık/sanatlararasılık çerçevesinde, ‘emek’ ve ‘adalet’
kavramlarıyla derinlemesine irdeledik.
Bilindiği gibi, ‘emek’ ve ‘adalet’ kavramlar
ı, gerek edebi eserlerde gerekse
bilimsel çalışmalarda ele alınan bir konudur. Bu kadar sıkça konu edilmesinin sebebi
ise, bu kavramların hayatta önemli bir yer tutmasıdır. Sevgi ne demektir? Emek
gösteren
neden
sevgiyi
hak
eder?
Ve
emek
sevgiyi
yener
mi?
Emeğin
ödüllendirilmediği yerde adalet yoktur, adaletin olmadığı yerde ise bir düzen yoktur.
Çalışmamızda Cengiz Aytmatov’un eserini sinema filmi olarak bizlere sunan Atıf
Yılmaz’ın ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ adlı filmi ile Bertolt Brecht’in, bir Çin
öyküsünden esinlendiği ‘Kafkas Tebeşir Dairesi’ adlı eserindeki bu ana kavramlar
derinlemesine irdelenmiş ve böylelikle bu medyalararasılık/sanatlararasılık alanında
yapılacak olan çalışmalara katkı sağlanmak amaçlanmış, sonraki çalışmalar teşvik
edilmek istenmiştir.
vi
Kültürlerarasılıkta
yaşanmışlıkların
benzerlikler
gösterebileceğini
düşündüğümüz için bu alana gerek kuramsal gerekse öğretbilimsel eğilimi artıracağı
ümidiyle
karşılaştırmalı
yazınbilim
çerçevesini
genişletmeyi
amaçlamaktayız.
Çalışmamızın, kültürlerarası bir araştırmayı kapsadığından, öz ve yabancı kültürleri
kucakladığından, karşılaştırmalı yazınbilim çerçevesinde yazılan diğer çalışmaları
teşvik etmesini ummaktayız.
Anahtar sözcükler: Karşılaştırmalı yazınbilim, medyalararasılık/sanatlararasılık,
metinlerarasılık, emek, adalet.
vii
VORWORT
Die Begriffe Mühe und Gerechtigkeit sind für Menschen immer schon wichtig
gewesen; von ihnen hängt es unter anderem ab, ob man zufrieden oder sogar glücklich
ist. Alle Menschen machen bewusst oder unbewusst das Gleiche, wenn ihnen Unrechtes
begegnet. Sie fragen: ‘Gibt es auf dieser Welt keine Gerechtigkeit?’ oder auch ‘Werde
ich für meine Mühen nicht belohnt?’ Mühe und Gerechtigkeit sind also Begriffe, im
Zusammenleben in der Gesellschaft einen hohen Wert haben.
Das Ziel dieser wissenschaftlichen Arbeit ist es, zwei Werke, einen literarischen
Text und einen Film, analysierend zu vergleichen, indem wir die Begriffe Mühe und
Gerechtigkeit in den Mittelpunkt stellen. Zum einen geht es um das Theaterstück ‘Der
kaukasiche Kreidekreis (1944-1945)’ des weltbekannten deutschen Autors Bertolt
Brecht, der sich immer als ein Kämpfer der Gerechtigkeit aufgezeigt hat, zum anderen
um das Werk ‘Selvi Boylum Al Yazmalım (Du meine Pappel im roten Kopftuch;1970)
des kirgisischen Schriftstellers Cengiz Aytmatov; das von Atıf Yılmaz unter dem
gleichen Namen verfilmt wurde.
Indem diese wissenschaftliche Arbeit einen literarischen Text und einen Film
miteinander thematisiert, leistet sie einen Beitrag um Vergleich von zwei Kunstarten,
zum Problemfeld Intertextualität und zu intra- wie interkulturellen Fragestellungen.
Danken möchte ich an dieser Stelle meiner Betreuerin Dr. Phil. Cavidan ÇÖLTÜ
İMREN und meinem Flensburger Dozent Prof. Dr. Günter HELMES, der zu meiner
Abschlussthese grosse Denkaustoße gegeben und mir in Flensburg grosse Hilfe geleistet
hat. Ebenso danke ich Gabi und Kurt SCHWOHN, die mir in Flensburg zu meiner
zweiten Familie geworden sind. Für Anregungen und für das Korrekturlesen den ersten
Manuskripts danke ich zu dem Herrn Thomas E. Mein besonderer Dank gilt
selbstverständlich meiner liebevollen Mutter Hülya KAHYA und meinen Helden,
meinem Vater Caner KAHYA und meinem Bruder Coşkun KAHYA. Meine heimliche
Heldin ist Bahar TANRIKULU, denn sie hat mich auf Schritt und Tritt immer während
dieser Arbeit unterstützt. Und ich möchte gerne den Herrn Musa Osman
KARATOSUN, Ahmet BEKEN und Cengiz DUMAN danken, die mir bei der
Interpretation des Quranverses geholfen haben. Auch den Herrn Hüseyin İnan BİÇER
und Muzaffer H. KIRIKKALP möchte ich gerne für die Bilder der Theaterstücke von
Brecht danken.
viii
INHALTVERZEICHNIS
Seiten
ZUSAMMENFASSUNG .............................................................................................. iii
ÖZET ............................................................................................................................. v
VORWORT ................................................................................................................... vii
ANHANGSLISTE......................................................................................................... xi
I. TEIL
EINLEITUNG
1.1. Ziele der Arbeit .......................................................................................................... 5
1.2. Zur Methodologie der Arbeit ..................................................................................... 6
1.2.1. Komparatistik .............................................................................................. 6
1.2.2. Imagologie ................................................................................................... 9
1.2.3. Intertextualität .................................................................................. 11
1.2.4. Intermedialität .................................................................................. 12
II. TEIL
DIE ERZÄHLER BERTOLT BRECHT UND CENGIZ AYTMATOV UND DER
REGISSEUR ATIF YILMAZ
2.1. Bertolt Brecht ........................................................................................................... 14
2.1.1. Episches Theater ............................................................................................ 18
2.1.2 Verfremdungseffekt (V-Effekt) ...................................................................... 18
2.1.3. Der kaukasische Kreidekreis ......................................................................... 20
2.2. Atıf Yılmaz .............................................................................................................. 22
2.2.1. Selvi Boylum Al Yazmalım ........................................................................... 24
2.3. Cengiz Aytmatov ..................................................................................................... 28
ix
III. TEIL
CENGIZ AYTMATOVS ROMAN ‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’ (DU
MEINE PAPPEL IM ROTEN KOPFTUCH) UND ATIF YILMAZS FILM
‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’: EIN VERGLEICH
3.1. Der Begriff Intertextualität ...................................................................................... 30
3.2. Der Begriff Intermedialität ...................................................................................... 35
3.3. Die interdiziplinären Verflechtungen im Film: Intermedialität ............................... 38
3.4. Die interdiziplinären Verflechtungen im Theaterstück: Intertextualität .................. 50
3.5. Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen der Film- und der Literatursprache ..... 57
IV. TEIL
DIE BEGRIFFE ‘MÜHE’ UND ‘GERECHTIGKEIT’ IM THETERSTÜCK
‘DER KAUKASISCHE KREIDEKREIS’ UND IM FILM ‘SELVI BOYLUM
AL YAZMALIM’
4.1. Die komparatistische Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ (Vergleichende
Darstellung der ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’in der türkische und deutsche
Wörterbüchern) ........................................................................................................ 65
4.2. Die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’:
Das Muttermotiv, das Vatermotiv und das Kindsmotiv .......................................... 69
4.2.1. Das Muttermotiv ............................................................................................ 69
4.2.1.1. Die ledige Asya/Der Anfag der Liebe .............................................. 69
4.2.1.2. Die Mutter Asya ................................................................................ 70
4.2.1.3. Zusammentreffen mit Cemşit (Cemşit, ihr zukünftiger 2. Ehemann)
................................................................................................................................. 74
4.2.2. Das Vatermotiv .............................................................................................. 79
4.2.3. Kindmotiv ...................................................................................................... 85
4.3. Die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Theaterstück ‘Der kaukasische
Kreidekreis’: Das Muttermotiv, das Richtermotiv .................................................. 88
4.3.1. Das Muttermotiv ............................................................................................ 88
x
4.3.2. Richtermotiv .................................................................................................. 95
V. TEIL
DER BEGRIFF ‘HERMENEUTIK’ IM THEATERSPIEL ‘DER KAUKASISCHE
KREIDEKREIS’ UND IM FILM ‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’
5.1. Der Begriff ‘Hermeneutik’ ...................................................................................... 99
5.2. Der Begriff ‘Hermeneutik’ im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’ ...................... 103
5.3. Der Begriff ‘Hermeneutik’ im Theaterspiel ‘Der kaukasische Kreidekreis’ ......... 109
VI. TEIL
SCHLUSSBEMERKUNG
QUELLENVERZEICHNIS ...................................................................................... 124
ANHANG .................................................................................................................... 127
LEBENSLAUF ........................................................................................................... 145
xi
ANHANGSLISTE
Anhang 1: Mine ........................................................................................................ 126
Anhang 2: Dul bir Kadın .......................................................................................... 128
Anhang 3: Adı Vasfiye ............................................................................................. 130
Anhang 4: Eğreti Gelin ............................................................................................. 132
Anhang 5: Dreigroschenroman ................................................................................ 136
Anhang 6: Leben des Galilei .................................................................................... 139
Anhang 7: Der gute Mensch von Sezuan ................................................................. 141
Anhang 8: Das chinesische Schauspiel Hui Lan Ji ................................................... 145
I. TEIL
EINLEITUNG
‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’, die wir im Leben immer brauchen und deren
Abwesenheit uns verletzen, sind zwei abstrakte Begriffe. Um die Bedeutung der
Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ zu fühlen, benötigen wir nicht immer ein
besonderes Ereignis. Die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’, die sowohl individuell,
als auch international sind, treffen wir überall an, unser ganzes Leben lang.
Es ist nicht so schwer, das Verhältnis eines Mannes, der die Bäume in seinem
Garten ordentlich angießt und dadurch eine emotionale Beziehung zu ihnen aufbaut, als
Mühe zu nennen. Wenn die Bäume spüren, dass sich der Mann Mühe mit ihnen gibt,
werden sie ihn mit frischen und reifen Früchten belohnen. Das nennen wir
Gerechtigkeit.
Ich denke, dass diese zwei Begriffe für die Weltordnung unverzichtbar sind. Wir
Menschen geben uns gern Mühe, wenn wir etwas wichtig nehmen. Aber wir wollen
dafür auf jeden Fall belohnt werden. Ich denke, es gibt niemanden auf der Welt, der
glücklich ist, wenn er nicht für seine Mühen belohnt wird. In diesem Zusammenhang
müssen wir feststellen, dass ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ in einer engen Beziehung
stehen. Zu allererst ist es ein Bedürfnis, für seine Mühe belohnt zu werden.
In unserer Arbeit untersuchen wir im Theaterstück ‘Der kaukasische
Kreidekreis’ und im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’ die Begriffe ‘Mühe’ und
‘Gerechtigkeit’ im Rahmen der Komparatistik und deren Unterbegriffe Imagologie,
Intermedialität, Intertextualität und Hermeneutik.
Brecht, der Schriftsteller vom Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ ist
einer der wichtigsten Schriftsteller, Kritiker, Streiter in der Welt. In diesem
Theaterstück bearbeitet er die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ in einer
Rahmenerzählung.
Das Theaterstück von Brecht basiert auf eine chinesische Geschichte1 und/oder
Salomons Urteil.2 Obwohl in der chinesischen Geschichte der Richter das Kind der
1
Das chinesische Schauspiel Hui Lan Ji (Die Geschichte vom Kreidekreis) wurde von Li Xingdao, einem
chinesischen Dramatiker im 13. Jahrhundert während der Yuan-Dynastie, geschrieben. Laut Lu Gui Bu,
einem annotierten Nachschalgwerk der Yuan-Dramen und ihrer Autoren, war Hui Lan Ji eines der mehr
als 600 Schauspiele, die in der Yuan-Ziet geschieben und aufgeführt wurden. Diese Zeit wird daher als
das goldene Zeitalter des traditionellen chinesischen Dramas betrachtet. (Vgl. Anhang 8)
2
leiblichen Mutter gibt, sehen wir das im Theaterstück von Brecht nicht, weil Brecht die
Mühe belohnen will. Im Theaterstück von Brecht, der denkt, dass ‘Gerechtigkeit’ und
‘Mühe’ gewinnen muss, gibt der Richter am Ende des Theaterstücks das Kind nicht der
leiblichen Mutter, sondern der Mutter, die sich um das Kind bemüht hat. In diesem
Zusammenhang ist die Ähnlichkeit zwischen Brechts Theaterstück und Salomons Urteil
deutlich zu sehen. Wie oben betont, belont zu werden ist sowohl ein Bedürfniss, als
auch eine Notwendigkeit für die Gerechtigkeit.
Das andere Werk, das wir in unserer Arbeit zur Hand nehmen, ist der Film von
Atıf Yılmaz ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’, der eine Verfilmung des Buches von
kirgisischem Schriftsteller Cengiz Aytmatov ist. Im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’
heben wir die Beziehung zwischen ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Rahmen der
Vaterschaft hervor. Yılmaz, der das Buch von Aytmatov verfilmt hat, hat sein Drehbuch
gemäß dem kulturellen Leben der Türken umgeschrieben. In einer Reportage berichtet
Yılmaz:
‘Selvi Boylum Al Yazmalım adlı eser Aytmatov’un bana söylediğine göre,
Ruslar tarafından beş defa çekilmiş. Aytmatov içlerinde en çok bizim yaptığımızı
beğendiğini söyledi.’ (Çetin, 1990, s. 86)
‘Wie auch Aytmatov mir berichtet hat, wurde das Werk ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ von den Russen fünf mal verfilmt, aber Aytmatov gefiel am meisten unsere
Verfilmung.’3
Yılmaz berichtet in der gleichen Reportage über Aytmatovs Kritik:
‘Eserin orjinalindeİlyas, devletin arabasıyla Tien-Shan’ı tırmandığı, izinsiz köye
gittiği için zor durumda kalıyor. Bizim filmde ise kamyon özel sektöre ait. Kamyon bir
barajda çalışıyor. Aytmatov, bana, neden bu bölümü kitaptaki gibi olmadığını sordu.
2
Salomon, auf Türkisch Hz. Süleyman, dessen Vater David ein Prophet war, war laut dem Quran sowohl
ein König als auch ein Prophet. Er war ein Prophet, der einige Fähigkeiten hatte, die andere nicht haben
konnte. Bswp. Salomon konnte mit Tieren sprechen und sie verstehen, ausserdem war Salomon ein
kluger und gerechter König. Hier können Sie eine der Geschichten von Salomon sehen, die auch im
Quran geschrieben wurden:
‘78.Und David und Salomo richteten über den Acker, worin sich die Schafe eines Volkes zur Nachtzeit
verliefen und weideten; und Wir waren Zeugen ihres Urteilspruches. 79.Wir gaben Salomo volle Einsicht
in die Sache, und jedem (von ihnen) gaben Wir Weisheit und Wissen. Und Wir machten die Berge und
die Vögel dienstbar, mit David zusammen (Allahs) Preis zu verkünden, und Wir konnten das tun. 80.Und
Wir lehrten ihn das Verfertigen eurer Panzerhemden, auf daß sie euch in eurem Kampf schützen mögen.
Wollt ihr denn nicht dankbar sein? 81.Und Salomo (machten Wir) den Wind (dienstbar), der in seinem
Auftrage in das Land blies, das Wir gesegnet hatten. Und Wir besitzen Kenntnis von allen Dingen. 82.und
von den Satanen, die für ihn tauchten und dazu noch andere Werke verrichteten; und Wir Selbst
beaufsichtigten sie.’(Al-Anbiya, 78-82)
3
Übersetsetzt von Bahar Kahya.
3
Ben de Türkiye’de böyle bir düzenlemenin olmadığını, bu sebeple değiştirildiğini
söyledim. İkna oldu.’ (Çetin, 1990, s. 86)
‘Da Ilyas im originallen Werk mit dem Auto des Staats durch den Tien-Shan
Fluss und ohne Erlaubnis ins Dorf fuhr, war Ilyas in einer schweren Situation. Aber in
unserem Film gehört der LKW zu einer privaten Firma. Der LKW arbeitet an einem
Dammbau. Aytmatov fragte mich, warum dieser Teil im Film nicht, wie in seinem Buch
war. Ich sagte ihm, dass es in der Türkei keinen solchen Fall geben würde und
deswegen veränderte ich diesen Teil. Er war überzeugt von dieser Änderung.’4
Yılmaz berichtet weiter:
‘Filmde kullanılan kamyonun üzerinde “Aldırma gönül” şeklinde bir yazı
vardı. Bu aynı adlı şarkının o yıllarda popüler olmasından kaynaklanıyor.
Aynı zamanda bu söz kahramanımız İlyas’ın karakterine de uygundu. Bizim
insanımızın makinayla ilişkisi, batılılarınki gibi değildir. Batılı kendi icadı
olan bir makinanın bir süre sonra bir parçası gibi oluyor. Onun esiri oluyor.
Bizim insanımızda ise durum tamamen farklı. Biz o alete hükmetmeye
çalışıyoruz. Arabalarımıza, dolmuş ve taksilerimize yazdığımız yazılar
bunun en büyük delilidir. İnsanımız makinayla organik bir bağ kurmaya
çalışıyor. Onu yönetmenin, kontrol etmenin zevkini yaşıyor’ (Çetin, 1990, s.
87).
‘Im Film gab es am LKW einen Aufdruck, der ‘Ald
ırma Gönül’ hieß.Er rührte
von einem gleichnamigen Lied, das in dieser Zeit sehr populär war. Die Worte
passten Ilyas gut. Die Beziehung unseres Volks ist nicht wie beim europäischen
Volk. Die Europäer können ein Teil einer Maschine sein, die sie entdecken. Sie
können Sklave der Maschine sein. Bei uns ist es komplett anders. Wir versuchen
diese Maschiene zu kontrollieren. Die Aufdrücke, die wir an die Autos, Busse
oder Taxi schreiben, sind die besten Beweise. Unsere Völker versuchen mit der
Maschine eine organische Beziehung zu führen. Sie kosten aus, die Maschinen zu
kontrollieren und zu beherrschen.’5
4
5
Übersetzt von Bahar Kahya.
Übersetzt von Bahar Kahya
4
Die Differrenzen, die wir im Film antreffen, umfassen nicht nur visuelle Elemente,
sondern auch die Eigenschaften der Protaganisten. Beispielsweise, obwohl die
Protoganstin im Buch von Aytmatov arbeitet, arbeitet Asya am Anfang des Filmes
nicht. Cemşit, der einer der Protaganisten ist, findet später für Asya einen Job. Aber
man kann nicht feststellen, ob Asya langzeitig arbeitet, weil wir sie immer zu Hause,
mit ihrem Kind Samet und Mann sehen. Ich denke, dass Yılmaz darauf hinweisen
möchte, dass es in der Türkei Probleme mit den Rechten der Frauen gibt. Yılmaz, einer
der wichtigsten Regisseuren des türkischen Kinos, drehte besonders in seiner letzten
Periode viele Filme über die Fraunrechte in der Türkei. Er bearbeitet mutig sexuelle und
kulturelle Probleme der Frauen in der Gesellschaft. ‘Dul Bir Kadın, Adı Vasfiye, Eğreti
Gelin’ sind die Filme, in denen Yılmaz Identitätsprobleme der Frauen bearbeitet. Über
diese Filme, in denen man die Herrschaft der Männer bemerkt, können wir nicht sagen,
dass Yılmaz die Idee verteidigt, dass die Frauen die Sache der Männer sein müssen.
Sondern Yılmaz kritisiert mutig die gesellschaftlichen Regeln, die sagt, dass eine Frau
erst ihrer Familie, dann ihrem Mann gehört. Seiner Meinung nach müssen die Frauen
nicht nur in ihren Häusern leben, sondern sie haben auch draussen ihre eigenes Leben,
beispielsweise, sie müssen arbeiten gehen und produzieren. Aber dafür muss man sich
erst von der Herrschaft der Männer befreien. In diesem Zusammenhang können wir
sagen, dass Yılmaz einer der wichtigsten Fraunrechtler ist.
In der Arbeit denken wir, dass es richtiger ist, die beiden Werke, das
Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und den Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’, welche die internationallen Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ behandeln,
mit Hilfe der Komparatistik, Imagologie, Intertextualität, Intermedialität und
Hermeneutik miteinander zu vergleichen.
1.1. Ziele der Arbeit
Die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’, die sehr wichtig für die Weltordnung
sind, sind häufig sowohl in literarischen Werken, als auch in wissenschaftlichen
Arbeiten, als Thema behandelt worden. Die Ähnlichkeiten im Theaterstück von Brecht
‘Der kaukasische Kreidekreis’, und im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’ sind
auffallend. Im Prinzip betonen diese zwei Werke die ‘Gerechtigkeit’ und ‘Mühe’.
Brecht, der dieses Thema in seinem Theaterstück bearbeitet, schreibt sein Theaterstück
in zwei unterschielidhen Geschichten. Eine solche Erzählung können wir im Film ‘Selvi
5
Boylum Al Yazmalım’ nicht sehen. Atıf Yılmaz, der der Regisseur des Filmes ist, hat
das Buch vom kirgisischen Schriftsteller Cengiz Aytmatov, dessen Buch aus einer
Geschichte besteht, verfilmt. Obwohl das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’
und der Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ strukturell einige Differenzen zeigen,
können wir sagen, dass beide Werke das gleiche Thema behandeln. Für die beiden
Werke, für deren Begriffe die ‘Gerechtigkeit’ und ‘Mühe’ im Mittelpunkt stehen,
können wir sagen, dass sie zu einer der Hauptwerke im Bereich der Weltliteratur und
der Reflexion geworden sind.
Da wir verschiedene Kulturen im Bereich der Literatur zur Hand nehmen, wird
Komparatistik zu unserem Haupthandlungsbereich. Es werden nicht nur zwei
literarische Werke, sondern auch ein Film zum Vergleich gezogen. Deshalb müssen wir
die Intermedialität betonen, worin wir unsere Hauptbegriffe ‘Gerechtigkeit’ und ‘Mühe’
analysieren.
Da ein Film ein Drehbuch hat, können wir sagen, dass ein Film in einer engen
Beziehung mit der Literatur steht. Diese Beziehung wurde im Rahmen der
vergleichenden Literaturwissenschaft in der Arbeit detailiert untersucht. Das Ziel
unserer Arbeit ist es, dass wir zwei verschiedene Werke im Rahmen der Intermedialität
miteinander vergleichen. Im Unterschied zu den anderen Arbeiten, vergleichen wir ein
in Dramenform geschriebenes Werk ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und einen mit Hilfe
der Intermedialität inszenierten Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’. In diesem
Zusammenhang möchten wir nicht nur geschriebene Werke, sondern auch im Rahmen
der Intermedialität alle Werke miteinander vergleichen. Unserer Arbeit besteht aus nicht
nur einer oberflächlichen Charakteranalyse, sondern wir möchten auch betonen, dass
die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Leben des Menschen einen wichtigen Platzt
haben.
Erst möchten wir erklären, welche wissenschaftliche Begriffe wir in unserer
Arbeit verwenden.
1.2. Zur Methodologie der Arbeit
1.2.1. Komparatistik
Komparatistik, dessen Forschunsgebiet sehr breit ist, vergleicht zwei oder
mehrere Werke, Themen, Gattungen, indem sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten
untersucht. Komparatistik beschäftigt sich nicht nur mit Werken seiner eigenen Kultur,
6
sondern sie macht auch einen internationalen Vergleich; bespielsweise vergleicht sie ein
Thema in einer verschiedenen Kultur. Die Werke, die man miteinander vergleicht,
sollten struktrell oder thematisch vergleichbar sein.
Wenn wir die geschichtliche Entwicklung der Komparatistik untersuchen, sehen
wir dass die Komparatistik schon in der Antike entstanden ist Denn in der Antike kennt
man die anderen Kulturen und Werke aufgrund der Übersetzungen, mit denen man
unterschiedliche Kulturen miteinander verglichen hat. In diesem Zusammenhang
können wir behaupten, dass Goethe wie ein Friedensbotschafter zwischen den Kulturen,
weil er sowohl westliche als auch östliche Literatur sehr gut kennt. Aytaç berichtet
darüber:
‘Karşılaştırmalı edebiyat biliminin temelinde Goethe’nin ‘Weltliteratur’
dediği dünya edebiyatı düşüncesi yatar ki, bu da her şeyden önce farklı
milletlerin birinci kalite, yani klasik eserlerinin, insanlığın ortak edebiyat
hazinesini yaratmasıdır’ (Aytaç,1997, s.8).
7
Van Tieghem6, der Vertreter von ‘Ecole normale superieue’
und ein
französischer Literaturwissenschaftler ist, untersucht, ob eine nationale Literatur von
einer verschiedenen Literatur beeinflusst wird. Seiner Meinung nach kann eine
nationale Literatur von einer anderen Literatur nicht beeinflusst werden. Jean-Marie
Carre8, der ein anderer französischer Literaturwissenschaftler ist, denkt, dass
Komparatistik der Unterbegriff der vergleichenden Literaturgeschichte ist. Er behauptet,
dass man den Begriff Komparatistik noch mal bestimmen sollte. Nach Carre bedeutet
die Komparatistik nicht zwei oder mehrere Werke miteinander zu vergleichen. In der
nationalen Literatur sollte man Imagologien und Einwirkungen der anderen Länder
6
Van Tieghem ist ein französischer Literaturwissenschaftler. Er konkretisiert in seinem Werk ‘La
Littérature Comparèe’ das Thema, die Grenze und das praktische Method der vergleichenden Literatur.
(Vgl. Sakallı, 2012, s. 37)
7
Ecole normale superieue ist eine Richtung in der Literaturwissenschaft. Van Tieghem und Jean-Marie
Carre sind die Vertreter von dieser Richtung. Ecole normale superieue vertritt die Meinung, dass es
nationale Literaturen gibt und vergleichende Literaturwissenschaft nicht das Vergleichen der Literaturen
ist. Sie untersucht die Entwicklung der Literatur in der nationalen Literatur, um eine allgemeine Literatur
zu schaffen. (Vgl. Ebd., s.100)
8
Carre ist ein Literaturwissenschaftler, dessen Meinungen in der Wissenschaft Polemik schufen. Er
denkt, dass der Begriff Komparatistik von den Menschen nicht richtig interpretiert wurden. (Vgl. Ebd.,
s.43-45)
7
untersuchen. Der amerikanische Komparatistiker Wellek9, behauptet das Gegenteil. Er
glaubt, man muss die literarische Werke der verschiedenen Kulturen untersuchen.
Tieghem bemerkt, dass man aufgrund der Sprachwissenschaft immer etwas Neues über
die verschiedenen Kulturen lernt und behauptet, dass es für die Literaturwissenschaft
auch gelten kann.(Sakallı, 2012, s.37-45)
Remak10 und Levin11, die die Meinungen von Wellek unterstützen, untersuchen
die Werke im Rahmen der gesellschaftlichen und geschichtlichen Ebene, indem sie
verschiedene Medien benutzen. Man kann behaupten, dass Komparatistik nun in einer
engen Beziehung mit Intermedialität ist.
Wenn wir die Entwicklung der Komparatistik in Deutschland beobachten, sehen
wir, dass Komparatistik sich besonders nach dem zweiten Weltkrieg entwickelt. Horst
Rüdiger12 und Hugo Dysernick13, die wichtige Literaturwissenschaftler dieser Zeit sind,
haben über Komparatistik wissenschaftliche Arbeiten geschrieben. Besonders vertritt
Dysernick die Meinung, dass ‘Imagologie’ die ‘Komparatistik’ entwickeln kann.
Komparatistik, die unterschiedliche Forschungsgebiete hat, beschäftigt sich mit
verschiedenen Medien. Onur Bilge Kula, der die Komparatistik in der Türkei
insbesonders hervorgehoben hat, hat eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben, in der
er die Komparatistik detailiert definiert. Er berichtet in seinem Werk:
‘Karşılaştırmalı yazınbilimin araştırma evreni çok geniş. Herhangi bir
(ulusal) yazının çeşitli dönemlerinin veya eğilimlerinin karşılaştırılması,
ulusal boyutta açıklanamayan ve kavranamayan yazınsal bağıntılar, yazınlar
arasındaki ilişki, yazın yoluyla gerçekleşen dil ve kültür çevreleri arasındaki
9
Réne Wellek ist ein amerikanischer Literaturwissenschaftler. Seiner Meinung nach muss man zwei
Werke miteinander nicht vergleichen, wenn es zwischen zwei Werken oder Authoren keine
geschichtliche Beziehung gibt. (Vgl. Ebd., s. 47)
10
Henry H. Lemak ist ein Literaturwissenschaftler. Mit seinem Artikel ‘Vergleichende
Literaturwissenschaft am Scheideweg’ wollte er wie Levin die zwei Ideologie kombinieren. Er
untersuchte wie Wellek die methodische Probleme der vergleichenden Literaturwissenschaft. (Vgl. Ebd.,
s. 52)
11
Henry Levin ist ein Literaturwissenschaftler, der die Meinungen von Ecole normale superieue und
amerikanische Komparatistikern kombiniert. Seiner Meinung nach muss ein Literatureinterpret erst ein
Kritiker. Sie müssen erst die ästhetischen und technischen Besonderheiten eines Werkes kritisieren, dann
müssen die gesellschaftlichen und geschichtlichen Besonderheiten untersucht können werden. (Vgl. Ebd.,
s. 50)
12
Horst Rüdiger, ein Literaturwissenschaftler. Nach dem zweiten Weltkrieg schaff er in Deutschland die
vergleichende Literaturissenschaft zu führen. Er teilt einige Meinungen von Wellek, dass die
vergleichende Literaturwissenschaft, eine allgemeine Literatur ist. Aber er st nicht ein Formalist, wie
Wellek. (Vgl. Ebd, s.87)
13
Hugo Dysernick, ein Literaturwissenschaftler. Seiner Meinung nach muss ein Werk ein supranationales
Thema bearbeiten um ein vergleichende Literatur werden zu können (Vgl. Ebd, s.93)
8
düşünsel ilişkiler, çeşitli yazınlar arasındaki ayrılıklar ve benzerlikler ve
bütün bunlara bakışı içeren yazın kuramı, karşılaştırmalı yazınbilimin
başlıca konularıdır’ (Kula, 1992, s.13).
Komparatistik, die sich mit dem Vergleich der Künste beschäftigt, vergleicht ein
literarisches Werk auch mit einem anderen Medium, bzw. Malerei, Musik, Film. Das
bedeutet, dass Komparatistik nicht nur niedergeschriebenes vergleicht, sondern im
Rahmen der Intermedialität Texte mit einem anderen Medium zum Vergleich zieht. Da
wir in unserer Arbeit ein Theaterstück und einen Film miteinander vergleichen, steht die
Komparatistik im zentrallen Punkt.
“Yazın ile ilgilenen her birey günün birinde kendini karşılaştırmalı
yazınbilim alanında bulacaktır. Çünkü bir kitabı bile irdeler ve araştırırken
başka kaynaklar önerilir ve bu bir yerde şu anlama gelir; her düşünür ve
yazar elbette başka yazarların ve dönemlerin etkisi altında kalarak bu eser
veya bireylerden destek alıp örneklerden yararlanacaktır” (İmren, 2001, s.5).
‘Jeder, der sich mit Literatur beschäftigt, findet sich irgenwann im
Literaturbereich, weil wenn man ein Buch analysiert und erforscht, lernt
man viele neue Quellenverzeichnisse kennen, d.h. auch, dass; jeder Denker
und Autor unbedingt von anderen Autoren oder Epochen beeinflusst und
von diesen Werken oder Personen inspiriert wird.’14
Somit verstehen wir, dass die literarischen Werke sich gegeneinander
beeinflussen. Diese Wechselwirkung kann nicht nur thematisch, sondern auch struktrell
sein. Komparatistik ist eine Wissenschaft, die mit anderen Forschungsgebieten Hand in
Hand geht.
Das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und der Film ‘Selvi Boylu Al
Yazmalım’, die wir zum Vergleich ziehen, sind struktrell unterschiedliche Werke. Aber
da die beiden Werke die gleichen Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ bearbeiten,
können wir behaupten, dass die Werke im Rahmen der Komparatistik mit Hilfe der
Intermedialität und Intertextualität analysieren können, doch vorerst möchten wir die
14
Übersetzt von Bahar Kahya.
9
Unterbegriffe ‘Intermedialität’ und ‘Intertextualität’, der Komparatistik und deren
Definationenkritisch zur Hand nehmen.
1.2.2. Imagologie
Imagologie, die eine Unterabteilung der Komparatistik ist, stellt eine
Verbindung zwischen Sachen her. Der Begriff entwickelte sich besonders seit den 50er
Jahren als eine unabhängige Forschungsdiziplin.
‘Der Versuch, die imagologischen Studien als eine unabhängige
Forschungsdiziplin der vergleichenden Literaturwissenschaft zu betrachten,
wurde in Deutschland erst um die Mitte der 60er Jahre unternommen’
(Dellal,1997, s.1).
Imagologie, die andere Kultur durch Selbstanalyse untersucht, kann analysieren,
was in beiden Kulturen vergleichbar ist. In diesem Zusammenhang können wir
behaupten, dass Imagologie ein Forschungsgebiet ist, das die Beziehungen zwischen
den Kulturen und Völkern beobachtet. Dellal berichtet in ihrer Arbeit:
‘Die Imagologie widmet sich vor allem den Forschungen, die sich auf die
Herausarbeitungen des Bildes über ein Volk in den schriftlichen
Dokumenten eines anderen Volkes konzentrieren’ (Dellal,1997, s.1).
In dieser Arbeit hat Imagologie einen wichtigen Platz, weil wir die
Vergleichungen im Rahmen der imagologischen Forschungen erforschen. Somit können
wir auf die These der französischen Komparatisten zurückdenken. Beide unserer Werke
basieren auf eine chinesische Geschichte oder Salomons Urteil. Brecht und Yılmaz
haben diese Urgeschichte selbst reproduziert. Kula berichtet darüber:
‘İmgebilim, bu yönüyle kültürbilimsel bir yapı ve öz kazanır; çeşitli
kültürlerde geçerli olan toplumsal ilişkileri düzenleyiş, insana bakış,
sorunları algılayış, estetik beğeni, değerler dizgesi gibi alanları içerir. Bu
alanlarda geliştirilmiş olan bilimsel bilgilerden yararlanır’ (Kula, 1992,
s.14).
10
‘Mit dieser Eigenschaft gewinnt Imagologie eine kulturwissenschaftliche
Bedeutung; sie umfasst die Ordnung der gesellschaftlichen Beziehungen,
Wahrnehmungen
der
Menschen,
Wahrnehmungen
der
Probleme,
ästhetischen Geschmack, Valenzsystem, die in vielen Kulturen gültig sind.
Imagologie zieht von wissenschaftlichen Informationen, die sich in diesen
Bereichen erweitert haben, nutzen.’15
Somit verstehen wir, dass die Imagologie interkulturelle Forschungen umfasst.
Im Prinzip spielen die Meinungen des Anderen in imagologischen Arbeiten eine
wichtige Rolle. In diesem Zusammenhang schafft Imagologie die Probleme, das
Lebenstil, die Weltbilder des Anderen zu verstehen. Als Grund, warum Imagologie in
unserer Arbeit einen wichtigen Platz hat, können wir sagen, dass wir in unserer Arbeit
‘Literatur des Anderen’ untersuchen.
1.2.3. Intertextualität
Intertextualität, die in die Wissenschaft von Julie Kristeva16 eingebracht worden
ist, ist einer der wichtigsten Begriffe der Komparatistik. Intertextualität beschäftigt sich
mit den Beziehungen zwischen Texten, d.h. jeder Text hat einige Spüre eines anderen
Textes, deswegen kann man sagen dass, kein Text völlig original ist. So deutet auch
Kula darüber:
‘[…] metinlerarasılık ise, çeşitli metinler arasında gerçekleşen geçişlerin
yolaçtığı yeni metinsel niteliği veya yazınsal metinler arasındaki etkileşim
sürecini ve bağıntıyı anlatır’ (Kula, 1992, s.16-17).
‘[…] Und Intertextualität dagegen, erzählt von den neuen textuellen
Eigenschaften
oder
den
Wechselwirkungsprozessen
zwischen
den
17
schriftlichen Texten, die Wechselwirkungen verursachen.’
15
Übersetzt von Bahar Kahya.
Julie Kristeva ist eine bulgarische Semiotikerin und Psychoanalytikerin. ‘Der Begriff der
Intertextualität geht, we bereits erwähnt, auf die bulgarische Semiotikerin und Psychoanalytikerin Julia
Kristeva zurück, die sich jedoch auf eine frühere Begriffsbildung von Michael Bachtin, nämlich die der
Dialogizität bezieht.’ (zitiert nach: Becker, 2009, s.2)
17
Übersetzt von Bahar Kahya.
16
11
Wie im Zitat betont, hat jeder Text eine Beziehung miteinander. Die
Ähnlichkeiten, die auch Kula betont, können nicht immer bewusst passieren. Kula
schreibt darüber:
‘Her yazarın ürünü özgün ve tekil bir yaratım olmasına karşın, yazar
toplumsal bütünlüğün belirlediği bir bireydir. O nedenle yazınsal ürünler ve
yazarlar arasında koşutluk ve genel ilkelerde benzerlikler olması, ille de
karşılıklı etkileşim olmasını gerektirmez. Yazınlararası koşutluklar, yazarın
evrensele ulaşma yeteneği ile yakından ilgilidir. Evrenseli simgeleyen
yazınsal yapıtlarda benzeşmeler olması olağandır’ (Kula, 1992. s.16).
‘Obwohl das Werk des Autors ein originelles und sein eigenes Werk ist, ist
der Autor einer, der von der Gesellschaft geschaffen wurde. Deswegen
bedeutet das nicht, dass es eine gegenseitige Wechselwirkung gibt, wenn es
eine Ähnlichkeit zwischen den Werken und Parallellen zwischen Autoren
gibt. Intertextueller Parellelismus bezieht sich mit der Fähigkeit des Autors,
der die Universitalität sucht. Es ist ganz normal, wenn es Ähnlichkeiten
zwischen Texten gibt, die die Universitalität symbolisieren.’18
Mit diesen Worten betont Kula eigintlich, dass die Ähnlichkeiten zwischen
Werken nicht immer ein Zeichen einer offenen Beziehung ist. Wie wir vorher
berichteten, es gibt keinen völlig originellen Text. Aber wenn zwei verschiedene Texte
das gleiche Thema bearbeiten, bedeutet das nicht, dass ein Text den anderen Text
bewusst verwendet. Manchmal gibt es unbewusst eine Beziehung zwischen Texten.
1.2.4. Intermedialität
Intermedialität ist ein wissenschaftlicher Begriff, die von Higgins in die
Wissenschaft eingebracht worden ist.
18
Übersetzt von Bahar Kahya.
12
‘Die Konjuktur des Terminus ‘intermedia’ zur Bezeichnung dieser
Kunstformen verdankte sich einem 1966 veröffentlichen, wegweisenden
Manifest von Dick Higgins mit dem Titel ‘Intermedia’ […], in dem Higgins
seiner Überzeugung Ausdruckt verleiht, daß ‘much of the best work being
produced today seems to fall between media’ (Rajewsky, 2002, s.9).
Intermedialität vergleicht Unterschiede und/oder Ähnlichkeiten zwischen zwei
oder mehrere unterschiedlichen Medien. Sie muss mindestens zwei Medien umfassen,
die miteinander in einer Beziehung sind. Bei der Intermedialität bezieht sich ein
Medium auf ein anderes Medium. Besonders ist es in letzten Jahren sehr häufig
gesehen, in einem Medium ein anderes Medium zu sehen. Man kann keinen Film ohne
Musik oder technischen Medien denken.
‘Die
Intermedialitätsforschung
beschäftigt
sich
mit
Mediengrenzen
überschreitenden Phänomenen, die mindestens zwei konventionell als
distinkt wahrgenommene Medien involvieren’ (Rajewsky, 2002, s.199).
Wir wissen, dass der Begriff Intertextualität die Beziehung zwischen den Texten
vergleicht. Im Unterschied zur Intertextualität untersucht Intermedialität die Beziehung
der Medien im Rahmen der intermedialen Beziehung.
In der Arbeit vergleichen wir nicht nur diese beiden Werke miteinander, sondern
wir untersuchen die Werke auch einzeln, ob sie mit anderen Medien eine Beziehung
haben. Besonders für den Film kann man sagen, dass der Film aus vielen Medien
besteht. Musik, Malerei, Fotografie, visuelle und akustische Elemente stehen im
Zentrum des Filmes. Für das Theaterstück können wir nicht sagen, dass visuelle
Elemente im Zentrum des Buches sind. Im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’,
in dem die Wörter im Zentrum der Erzählung sind, kann man besonders die Beziehung
zwischen Prosa und Poesie sehen.
13
II. TEIL
DIE ERZÄHLER BERTOLT BRECHT UND CENGIZ AYTMATOV UND DER
REGISSEUR ATIF YILMAZ
2.1. Bertolt Brecht
Bild 1. Bertolt Brecht
Brecht, dessen bürgerlicher Name Eugen Berthold Friedlich Brecht ist, wurde
am 10. Februar 1898 in Augsburg geboren. Brecht ist einer der wichtigsten
Schriftsteller, Dichter, Kritiker, Streiter und Dramatiker des 20. Jahrhunderts. Seine
Werke wurden in viele Sprache übersetzt. Brecht ist der Begründer des epischen
Theaters.
14
Brecht, der Kriegsgegner ist, zeigte seine erste wichtige Reaktion, als er im
Gymnasium ein Schüler war. Er kritisierte gerne Horaz19, der in seinem Aufsatz ’süß
und ehrenvoll ist es, für das Vaterland zu sterben’ schrieb. Brecht, der diesen Aufruf
von Horaz als ‚Zweckspropaganda’ nannte, verurteilte den Krieg sein Leben lang.
Brecht wurde wegen dieser Meinung mit einem Schulverweis bestraft. Aber dank der
Mühe seines Vaters und Religonslehrer blieb es nur eine mündliche Verwarnung.
(Vgl.Völker, 1976, s.16)
Brecht studierte von 1917 bis 1918 Medizin an der Ludwig-Maximilans
Universität-München. Aber er musste sein Studium unterbrechen, weil er in Augsburger
Rezervelazarett als Militärkrankerwärter eingesetzt wurde. In 1919 bekam er einen
Antrag um an die Vorlesungen nicht teilzunehmen. Am 29. November wurde er
immatrukiliert. In 1921-1922 war er an der Philosophischen Fakültät in Berlin
eingeschrieben, aber er studierte nicht.
In 1916 lernte er seine grosse Liebe Paula Bahnholzer‚ die er ‚Bi’ nannte,
kennen. Brecht und Paula Bahnholzer hatten einen Sohn. Der Sohn von Brecht wurde
im zweiten Weltkrieg im Osten verplichtet und am 13. November 1943 starb er bei
einem Sprengstoffanschlag in Porchow.
Im Jahre 1920 starb die Mutter von Brecht. Im gleichen Jahr lernte er einen
Kaberettisten Karl Valentin kennen. Sie hatten enge Freundschaft und das beeinflusste
ihn tief. Brecht, der sich immer mit der Literatur beschäftigen wollte, wusste, dass er
mit Theaterspielern und Personen aus der literarischen Szene gute Beziehungen haben
sollte. Deswegen lernte Brecht in folgenden Jahren wichtige Personen kennen. Arnolt
Bronnen, mit dem er eine literarische Firma begründete und Carl Zuckmayer, mit dem
Brecht in Berlin als Dramaturg arbeitete, sind nur zwei wichtige Personen von ihnen. In
20
1922 erhielt Brecht ‘Kleist-Preis’
für sein Theaterstück Trommeln in der Nacht.
Neubauer berichtet es ‘als vierundzwanzigjähriger ird er mit dem Kleis-Preis
ausgezeichnet, einem namhaften Förderpreis für junge Autorhen.’(Neubauer, 2006,
s.20) und dann heiretete Brecht Scahuspielerin und Opersängerin Marianne Zoff. Ein
Jahr später kam die Tochter von Brecht, die Hane hiess, zur Welt. Brecht ließ sich nach
19
Horaz ist ein römscher Dichter, der im Jahre 65 vor Chr. geboren ist. Er ist bekannt für seine Gedichte
und Satiren. Brecht kritisierte gerne seinen Aussprung.
20
Kleist-Preis ist ein Literaturpreis in Deutschland, der den jungen Authoren auf den Namen Heinrich
von Kleist verliehen wird. Kleist war einer der wichtigsten deutscher Dichter. Er starb als er 34 Jahre
war.
15
drei Jahren von Marianne scheiden. Danach heiratete Brecht Helene Weigel. Brecht und
Weigel hatten zwei Kinder, die Stefan und Barbara hießen.
Wir möchten nochmal andeuten, dass Brecht nicht nur ein Author, sondern auch
ein Dichter und Dramatiker
war. Er verfasste Gedichte, Lieder, Kurzgeschichten,
Romane, Erzählungen. Brecht wollte mit seinen Werken lediglich der Gesellschaft die
Wahrheit vor Augen führen. Der junge Brecht, der in seinen Jahren am Gymnasium
gegen die Aufsätze von Horaz protestierte, fürchtete sich nicht, die Wahrheit zu
sagen. Diese Haltung hat Brecht sein Leben lang beibehalten. Er kritisierte mutig Hitler
und die Menschen, die die Ideologie von Hitler teilten.
In
1928 schrieb
Brecht Dreigroschenoper21, der
einen
der
grössten
Theatererfolge der Weimarer Republik wurde. Im selben Jahr lernte Brecht Hans Eisler,
der ein sehr wichtiger Komponist für seine Stücke war. Er hatte eine enge Freundschaft
mit ihm und diese Freundschaft schaftte eine der wichtigsten Dichter-MusikerPartnerschaften des 20. Jahrhunderts.
Brecht wurde sein Leben lang wegen seiner politischen Ideologie von vielen
falsch verstanden. Sein Theaterstück ‘Die Maßname’ ist von der Polizei abgebrochen
worden. Dies ist natürlich leicht verständlich, da ja Brecht ein Kriegsgegner war, dachte
man, dass er nicht für sein Vaterland kämpfen wollte. In dieser Zeit war der
Nationalsozialismus sehr populär unter den Völkern und Brecht, der keinen Krieg in der
Welt wollte und an die Gleichheit der Völker glaubte und nazifeindliche Werke
verfasste, ging für einige Zeit ins Exil.
Am 28. Februar verließ Brecht Deutschland mit seiner Familie und Freunden
und flüchtete ins Ausland. Er hat fünf Jahre lang in Dänemark gelebt. Er wollte
eigentlich Deutschland nicht verlassen. Das kann man in seinen Gedichten leicht
bemerken.
Er schrieb:
21
Die Dreigrosschenoper ist ein Theaterstück, in dem Brecht die Beziehung zwischen dem Bettlerkönig
Peachum und dem Verbrecher Mackie Messer erzählt. Mit desen Typen will Brecht eigentlich die
Beziehungen zwischen den Bourgeoisen und der Mafia kritisieren. Peachum ist ein Mann, der die Betler
zum betteln zwang um durch sie reich werden. Der Bettlerkönig verweist öfters auf die Bibel, weil er
möchte, dass die Menschen mit ihm Mitleid fühlen. Aber dieser Werk wurde von vielen falsch
aufgenommen Mit diesem Werk wollte Brecht eigentlich die Gesellschaft kritisieren, wurde aber selbst
falsch verstanden. Brecht, der mit seinem Theaterstück ein Spiegel sein wollte, verstand, dass die
Gesellschaft sein Theaterstück falsch interpretiert hat. Er wollte mit seinem Theaterstück der Gesellschaft
zeigen, dass wir in einer solchen vergammelten System leben.
16
‘Vertriebene sind wir,
Verbrannte.
Unruhig sitzen wir so, möglichst nahe den Grenzen
Wartend des Tags der Rückkehr’ (Völker, 1976, s.190).
Mit diesen Versen wollte Brecht erzählen, dass er sein Vaterland nicht mit
freiem Entschluss verließ und irgendwann wieder nach Deutschland zurückkehren wird.
22
Brecht, der ins Exil ging, schrieb in Dänemark ‘Leben des Galilei’
, das ein
Schauspiel ist. Brecht, der im Exil 15 Jahre verbracht, schrieb nicht nur Dramen,
sondern er schrieb auch Beiträge für Emigrantenzeitschriften. In diesen 15 Jahren in
anderen Ländern lebte Brecht in verschiedenen Ländern und er kerhte 1949 nach Berlin,
nach dem zweiten Weltkrieg zurück. Aber Westdeutschland war für ihn noch verboten,
weil Brecht nazifeindliche Ideologie hatte.23 Er begann sofort zu arbeiten. In Berlin
hatte er enge Freundschaften mit Personen, die Künstler und Politiker waren, geführt. Er
hat mit manchen Verlagen besprochen und dann hat seine Bücher ‘Versuche’ und
‘Gesammelte Werke’ herausbringen lassen. Aber für ihn war das Wichtigste im Theater
zu arbeiten, seine Theaterstücke inzenisieren zu lassen. Als Erich Engel nach Berlin
24
kam, inszenisierte Brecht sein Werk ‘Mutter Courouge und ihre Kinder’
und mit
diesem Theaterstück gewonnen Brecht, Engel und die Hauptcharakterin Weigel guten
Erfolg.
‘Bertolt Brecht ist einer der enigen Schriftsteller der Weltliteratur, die in
allen drei Großgattungen derDichtkunst Bedeutendes geleistet haben: in der
Dramatik, Lyrik und Epik. Daneben verfasste er noch eine Reihe
theoretischer Schriften, etwa zur Philosophie oder zur Gesellschaftspolitik’
(Neubauer, 2006, s.22.).
22
Vgl. Anhang 6.
Es gab in Deutschland im Kalten Krieg eine Berliner Mauer, die das Land in zwei Teile teilte. Ostblock
war unter Führung von Sowjetunion, Westblock war unter Führung von Vereinigten Staaten. Da Brecht
ein sozialister Schriftsteller, Krtiker, Dramatiker, Streiter war, war Westdeutsch für ihn noch verboten.
24
Mutter Courage und ihre Kinder (1941) ist ein bekanntes Theaterstück von Brecht. Brecht erzählt in
seinem Theaterstück eine Marketenderin, die Mutter Courage heißt und ihre drei Kinder. Ufgrund dem
Krieg verdient Mutter Courage viel Geld, deswegen möchte sie, dass der Krieg nicht benden muss.
Obwoh sie ihre Kinder wegen dem Krieg verliert, denkt Mutter Courage immer noch, dass der Krieg
weitr gehen muss. Als Grund, warum Brecht ‘Mutter Courage’, eine unordentliche Frau, Mutter als Motiv
auswählt, können wir sagen, dass Brecht uns erzählen, dass jeder Person im Krieg schuldig ist.
23
17
Brecht, dessen Werke immer noch von vielen Menschen gelesen und geliebt
wurde, starb am 12. August 1956 an Herzanschlag.
2.1.1. Episches Theater
Brecht ist der Gründer vom epischen Theater. Episches Theater ist ein Theater,
das eine politische Idee, ein politisches Ziel hat. Das Ziel von Brecht war es, das
Theater allen Menschen beliebt zu machen. Brecht denkt, dass das Theater nicht nur für
die Bürger sondern auch für die Völker war. Seiner Meinung nach begannen die
Menschen (nachdem sie seine Theaterstücke gesehen haben) über das System und
andere Alternativen zu denken, weil die Zuschauer von epischem Theater die
Möglichkeit dazu hatten kritisch zu denken.
Brecht, der Begründer vom epischen Theater ist, kritisiert das aristotelische
Theater. Seiner Meinung nach müssen die Zuschauer wie Beobachter sein. Beim
epischen Theater können die Zuschauer, die die Ereignisse beobachten,
mit ihren
Entscheidungen immer aktiv sein. Brecht glaubt, dass episches Theater kein Mitfühl der
Zuschauer benötigt, sondern ihre Vernunft ein wichtiger Komponent ist.
‘Aristoteles sah den Hauptzweck der Tragödie ‘Katharsis’, der Reinigung
des Zusehers durch und von ‘Furcht’ und ‘Mitleid’. Dadurch ist es
notwendig, dass sich der Zuschauer in die gezeigte Handlung einlebt. Brecht
verlagert nun den Schwerpunkt vom ‘Theater der Einfühlung’ hin zu einem
Theater, das nicht auf die Leidenschaften, sondern eher auf den Verstand
des Zuschauers zielt. Es ist nicht mehr das Ziel des Dramatikers, beim
Publikum Furcht und Mitleid zu bewirken; Brecht sieht diese beiden
aristotelischen
Begriffe
lieber
durch
‘Wissenbegierde’
und
‘Hilfsbereitschaft’ ersetz’ (Neubauer, 2006, s.32.).
Brecht, der denkt, dass das Theaterstück politisch und gesellschaftlich sein muss,
will die Wahrheit vor Augen führen, deswegen können wir behaupten, dass Brecht die
Theaterstücke, die eigentlich die Gesellschaft nicht interessieren, ‘zeitlich’ oder ‘nicht
sinnvoll’ sieht.
18
2.1.2 Verfremdungseffekt (V-Effekt)
Verfremdungseffekt ist die wichtigste Besonderheit des epischen Theaters.
Brecht, der den Zuschauer zum Betrachter machen will, will eigentlich ihre
Entscheidungen wissen. D.h., dass Brecht eine denkende Gesellschaft sehen will. Als
ein Schriftsteller, Dichter, Kritiker und Denker will er den Menschen mit dem epischen
Theater erklären, dass sie immer ihr Vernunfte im Vordergrund halten und selbst
entscheiden sollten. Um den Zuschauer zum Betrachter zu machen, denkt Brecht, dass
die Zuschauer nicht im Theaterstück mittendrin stehen müssen. Hier müssen wir die
Besonderheit des V-Effekt (Verfemdungseffekt) andeuten. V-Effekt ist ein literarisches
Stillmittel, mit dem man den Zuschauer erklären kann, dass es nur ein Theaterspiel ist.
Beim Spiel kann eine Handlung durch Kommentare oder Lieder unterbrochen werden.
‘Yabancılaşma Etmeni, teknik anlamda ‘uzaklık koyma’ yı içerir. Bu
‘uzaklık koyma’ dört düzlemde söz konusudur: 1. İzleyiciyi gözlemci
kılacak biçimde, izleyici ile sahne arasında; 2.Oyuncunun sahneyi bir oyun
yeri olduğunu belli edecek biçimde, sahne ile oyuncu arasında; 3. Gestus’u
(toplumsal davranış biçimini) ortaya koyacak biçimde, oyuncu ile rol
arasında; 4. Rol ile yer arasında’ (Çalışlar, 2004, s.213).
‘V-effekt umfasst im technischen Sinne ‘Distanz’. Diese ‘Distanz’ ist in vier
Konstellationen möglich: 1.In der Art und Weise, die dem Zuschauer als
Beobachter macht; zwischen dem Zuschauer und der Szene. 2.In der Art
und Weise, in dem der Schauspieler zeigt, dass die Szene ein Ort ist, in dem
gespielt wird; zwischen der Szene und dem Schauspieler. 3.In der Art und
Weise, die den‘Gestus’ betont; zwischen dem Schauspieler und der Rolle. 4.
Zwischen der Rolle und dem Ort.’25
Brecht, der den V-Effekt beim Theaterstück wichtig nannte, dachte, dass die
Meinung ‘Kunst für Kunst’ nicht realistisch war. Da die Entwicklung der Gesellschaft
für ihn unzweifelhaft wichtig war, können wir sagen, dass Brecht seine Theaterstücke
für die Gesellschaft schrieb. Da seine Werke die Themen ‘Krieg, Mühe, Gerechtigkeit,
25
Übersetzt on Bahar Kahya.
19
soziale Ungerechtigkeit’ reflektieren, vertrat Brecht die Meinung, dass man die
Gesellschaft mit Hilfe der Theaterstücke verändern konnte. Seine Meinung über das
Drama vertritt Brecht in der Richtung, dass ‘[…] Und wenn man sieht, dass unsere
heutige Welt nicht mehr ins Drama paßt, dann paßt das Drama eben nicht mehr in die
Welt’ (Völker, 1976, s.123). Brecht, der stets die Hoffnung auf eine bessere und
gerechtere Welt hatte und somit im Leben immer nach Gerechtigkeit, Changegleichkeit,
Gedankenfreiheit verlaufte, betonte zugleich immer wieder die Unschätzbaren Wert der
Mühe.
2.1.3. Der kaukasische Kreidekreis
26
Das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’, das von Brecht im Jahre 1944
geschrieben wurde, ist eins der bekanntesten Theaterstücke von Brecht. Das
Theaterstück, das aus zwei unterschiedlichen Geschichten besteht, zentriert die Begriffe
‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’.
Das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ ist erstmal 1925 von Klabund,
ein deutscher Schriftsteller, inszeniert. Als Brecht in USA war, hat er sich mit dem
Theater beschäftigt. Im Jahre 1944 schrieb er das Theaterstück, in dem er die
chinesische Geschichte und/oder Salomons Urteil verarbeitet.
26
Vgl. http://tiyatro.diyarbakir.bel.tr/tr/oyun/Kafkas_Tebe%C5%9Fir_Dairesi
20
Das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ besteht aus zwei Geschichten.
Im ersten Teil des Theaterstücks liest man die Geschichte von zwei Gruppen, die das
gleiche Feld haben wollen. Die erste Gruppe hat das Tal, in dem das Feld liegt, im
Krieg verlassen, die zweite Gruppe hat sich dann um das Tal und um das Feld
gekümmert. Brecht stellt sich eine Frage, wem das Feld gehört. Im zweiten Teil des
Theaterstücks liest man eine andere Gechichte, die mit der ersten Geschichte eine enge
Beziehung hat. Brecht, der die chinesiche Geschichte aus dem 13. Jahhundert kennt,
will sie in seinem Theaterstück verarbeiten. Aber er stellt die Geschichte in seinem
Theaterstück anders dar, weil er das für ungerecht hielt, das Kind der leiblichen Mutter
zu geben.
Im zweiten Teil treffen wir auf zwei Mütter, die das gleiche Kind haben wollen.
Die Geschichte spielt in den Kriegsjahren im Kaukasus. Im Palast des Gouverneurs
Georgie Abaschwili, an einem Sonntagmorgen zu Ostern, gibt es eine Revolte. Weil es
Krieg gibt, möchten einige Fürsten, die Grossfürsten, den Gouverneur und seine
Familie, besonders den Sohn des Gouverneurs, töten. Sie kommen zum Palast des
Gouverneurs. Der Gouverneur Abaschvili und seine Frau Natella Abaschvili müssen
sofort fliehen. Natella Abaschwili flieht aus dem Palast, ohne ihr Kind mitzunehmen.
Die Kinderfrau gibt das Kind Grusche, die im Palast als Küchenmädchen
arbeitet. Weil das Kind der Erbe und Thronfolger ist, wollen die Fürsten das Kind töten.
Grusche ist jetzt wegen Michel in Gefahr. Grusche, die am Anfang das Kind verlassen
will, kann es nicht machen. Mit der Zeit fühlt Grusche sich, dass sie die Mutter von
Michel ist. Sie findet für ihn etwas Milch, sie schlägt einen Panzerreiter, sie flieht 22
Tage lang ohne Essen und heiratet einen Mann, den sie nicht liebt. Grusche macht ihr
Leben wegen Michel kaputt. Und eines Tages, als der Krieg beendet, möchte die
leibliche Mutter von Michel ihr Kind zurück. Man stellt sich hier eine Frage, wem das
Kind gehört. Den Streit um das Kind Michel löst der Richter Azdak mit seiner
Vernunft. Azdak, der als Richter die richtige Mutter von Michel finden muss, findet
eine interessante Lösung. Er lässt auf den Boden einen Kreis ziehen und das Kind
Michel hinein stellen. Er sagt den Müttern, dass sie das Kind aus dem Kreis ziehen
sollten. Wer das schaffen kann, der ist die Mutter. Obwohl Natella Abaschwilli es
schafft, gibt Azdak das Kind nicht ihr, weil er weiss, dass Michel für Grusche sehr
wichtig ist.
21
2.2. Atıf Yılmaz
Bild 2. Atıf Yılmaz
Atıf Yılmaz, dessen bürgerlicher Name Atıf Yılmaz Beki ist, ist ein wichtiger
Regisseur, Drehbuchauthor und Filmproduzent des türkischen Kinos. Er wurde 1925 in
Mersin geboren und studierte Kunst an der İstanbul Universität. Er schrieb in der
Zeitschrift ‘Beş Sanat’27 über das Kino und begann dann Entwürfe und Drehbücher für
Filme zu schreiben. Seine Kino-Karriere begann mit Semih Evin28, mit dem er einige
Zeit zusammen arbeitete. Im Jahr 1952 entstand sein filmischer Erstling ‘Kanlı
Feryat’29. Zwischen 1953 und 1957 enstanden dann viele Unterhaltungsfilme, die ihn
populär machten. Während in der Zeit die Oper viel mehr der Treffpunkt für die
Reichen galt, war das Kino das einzige Vergnügen und der Luxus der Armen oder der
unteren Schicht in der Gesellschaft.
27
Monatliches Literaturzeitschrit.
Semih Evin ist ein Regisseur im türkischen Kino. At ıf Yılmazs Kariere beginnt mit Semih Evgin.
29
Kanlı Feryat ist der erste Film von Yılmaz, in dem er das Leben eines Junges, der von einer Frau eines
Scheiches bezigtigt wurden, bearbeitet. Kanl ı Feryat ist ein Melodram.
28
22
Övünç Meriç stellt in seiner Magisterarbeit 30detailiert fest, dass Atıf Yılmaz als
Regisseur drei unterschiedliche Perioden gehabt hat. Nach Övünç drehte Yılmaz in
seiner ersten Periode Melodrame, die sehr beliebt waren. In seiner zweiten Periode
machte er sozial engagierte Filme, die über das Leben in Dörfen erzählen. Mit diesen
Filmen zeigte er den Menschen, wie schwer das Leben im Dorf war und welche
Probleme die Menschen, die vom Dorf in die Stadt umgezogen sind, hatten. In seiner
dritten Periode schuf er viele feministische Filme über das Schicksal der Frauen und
über Frauenrechte. Mutig bearbeitete er die Identitätsprobleme, ökonomische Probleme,
sexuelle Verbote und die Stellung der Frauen in der Gesellschaft.
Das Kino ist ein Teil der Kultur und die Kultur wird von politischen und
gesellschaftlichen Ereignissen beeinflusst. Besonders in seiner dritten Periode wurden
viele Filme von Yılmaz durch sozial-kulturelle Ereignisse beeinflusst. Über das
türkische Kino können wir sagen, dass es unterschiedliche Perioden hat. In den
Komödien, in denen Kemal Sunal, Zeki Alaysa, Metin Akpınar und Şener Şen spielten,
verfilmte Yılmaz ‘7 Kocalı Hürmüz, Dolandırıcılar Şahı, Güllü Geliyor Güllü, Köşeyi
Dönen Adam, Kibar Feyzo’ und andere Komödien.Ich denke, dass die Filme, die in der
Tradition des ‘Yeşilçam Kinos’31 standen, auch für Yılmaz in seiner Kino-Karriere sehr
wichtig waren. In dieser Zeit, waren die Kinofilme für das türkische Volk, das einzige
Vergnügen, weil viele Menschen keinen Fernseher zu Hause hatten. Wir können sagen,
dass die Menschen aufgrund dieser Filme im Leben aktiv waren und eine besondere
Kultur geschaffen worden war. Unter diesen Kinofilmen, die man mit seinen Familien
und Freunden im Kino sehen konnten, wurden die Liebesgeschichten besonders sehr
beliebt. In der Tradition des ‘Yeşilçam Kinos’ hatte Yılmaz einen wichtigen Platz.
‘Hıçkırık, Bir Şoförün Gizli Defteri, Selvi Boylum Al Yazmalım’ sind einige Filme, die
von Yılmaz verfilmt wurden. Yılmaz, der drei Perioden in seiner Kino-Karriere hatte,
verfilmte gerne Filme über Fraunrechte. Einige von denen sind: ‘Mine, Dul Bir Kadın,
Eğreti Gelin, Adı Vasfiye’.32
Ich denke, dass Yılmaz wie Brecht die Meinung ‘Kunst für Kunst’ nicht richtig
fand. Yılmaz dachte, dass die Frauenrechte in der Türkei verbessert werden müssen,
drehte in seiner dritten Periode auch Filme über das Schicksal der Frauen in der Türkei.
Mit seinen Filmen betonte Yılmaz, dass die Frauen durch Männer nicht wie ihre
30
Vgl. Ebd., s.75-76.
Das traditionelle türkische Kino.
32
Vgl. Anhang 3
31
23
Eigentum behandelt werden können. Yılmaz wollte kritisieren, dass die Frauen nicht
nur ‘Mütter und Hausfrauen’ sein sollten. In diesem Zusammenhang können wir sagen,
dass Yılmaz einer der Regisseuren ist, der mit seinen Filmen die Menschen verändern
wollte.
2.2.1. Selvi Boylum Al Yazmalım
‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ (1977), ist die Verfilmung eines Buches des
kirgisischen Regisseur Cengiz Aytmatov, ist einer der besten Filme von Atıf Yılmaz. Im
Film geht es nicht nur um die Liebe zwischen einer Frau und einem Mann, sondern
auch den Begriff “Mühe”.
Asya ist eine Frau, die im Dorf lebt und immer vom Leben in der Stadt träumt.
Ilyas ist ein LKW-Fahrer. Da man in diesem Dorf einen Damm bauen möchte, kommen
die LKW-Fahrer oft ins Dorf. Die Mutter von Asya, die ihr Haus nicht aufgeben möchte
für den Damm, verjagt immer die LKW-Fahrer.
Eines Tages fährt Ilyas ins Dorf, aber sein Lastkraftwagen ist kaputt. Er möchte
ihn reparieren, kann es aber nicht schaffen. Er liegt unter dem Wagen und bemerkt, dass
jemand ihm zusieht. Die Kleidung der Frau ist schmutzig, weil das Wetter regnerisch
ist. Er denkt, dass diese Frau eine alte Frau ist. Ilyas möchte nicht mit ihr sprechen und
fragt sie unwillig, ob sie etwas möchte oder nicht. Als er hört, dass die Stimme einer
jungen Frau gehört, möchte er sie sehen. Als Asya wegläuft, schreit er hinter ihr her, sie
solle ihn nicht falsch verstehen. Als Ilyas und Asya sich zum ersten mal sehen,
verlieben ineinander.
Ilyas möchte Asya nach Hause bringen. Asya möchte das auch aber wegen der
gesellschaftlichen Regeln und ihrer Mutter, beginnt sie darüber nachzudenken, ob sie in
den LKW einsteigen sollte oder nicht. Ilyas lässt Asya in der Nähe ihres Hauses
aussteigen. Aber er folgt ihr bis zum Haus. Dort sieht er auch ihre Mutter. Sie sagt
Asya, dass die Familie ihres Verlobten bei ihnen sei. Nach diesem Satz fühlt Ilyas sich
schlecht. Einen Tag später treffen sich Ilyas und Asya und Ilyas fragt Asya, ob sie ihren
Verlobten heiraten möchte. Asya beantwortet sofort, sie sagt: “ich kenne ihn nicht. Ich
möchte ihn nicht heiraten aber was kann ich tun? Unsere Familien möchten es.” Nach
dieser Antwort fragt Ilyas sie, ob sie mit ihm irgendwohin fliehen möchte. Asya sagt
nichts.
24
Die ganze Nacht denkt Ilyas an Asya. Als er aufsteht fährt er direkt zum Haus
von Asya und holt sie in seinen LKW. Asya und Ilyas sind jetzt unterwegs und
obdachlos. Sie möchten heiraten. Ilyas hat einen guten Bekannten, der am gleichen
Arbeitplatz arbeitet, dessen Spitzname Hoca ist. Er bittet ihn um seine Hilfe. Hoca hilft
ihnen bei ihrer Heirat.
Die Heirat von Ilyas überrascht alle Menschen am Arbeitsplatz sehr. Besonders
Dilek, die Chefin von Ilyas ist schokiert, weil sie die Freundin von Ilyas war. İlyas, der
die echte Liebe bei Asya findet, ist sehr glücklich, weil Asya schwanger ist und er
denkt, dass mit dem Kommen seines Kindes alles besser wird. Aber er weiss auch, dass
er mehr arbeiten muss, um mehr Geld für ihr Kind zu gewinnen, deshalb ist er immer
müde. Es gibt fast nichts zwischen diesem Ehepaar zu besprechen.
Eines Nachts begegnet Ilyas auf der Strasse einigen Menschen, die seine Hilfe
brauchen. Da ihr Wagen kaputt ist, fragt der Leiter der Gruppe Ilyas, ob er sie mit
seinem LKW abschleppen kann. Am Anfang möchte er das nicht machen, weil er sofort
nach Hause fahren möchte und weil es auch verboten ist, mit dem LKW anderen zu
helfen. Aber als der Sprecher der ‘Gestrandeten’, zeigt, dass sie Familien haben und
erneut um Hilfe bittet, entschließt sich İlyas ihnen zu helfen. Aber er konnte nicht damit
25
rechnen, dass ihn ein Feind bei seiner Rettungsaktion gesehen hat. Ilyas ist wegen seiner
unerlaubten Handlung bestraft. Er ist nun nicht mehr Fahrer, sondern muss die LKW’s
reparieren. Seine neue Arbeit macht ihm keinen Spass. Er hat keine Ruhe und kein
Glück. Manchmal kommt er zu spät nach Hause und manchmal geht er erst gar nicht
nach Hause. Für ihn ist sein LKW in Lebensinhalt. Man kann sogar sagen, dass er
seinen LKW mehr als seine Frau liebt.
Wenn Ilyas kündigen möchte, sagte Dilek ihm, dass er eine Familie habe und für
sie arbeiten solle. Ilyas muss den ganzen Tag an diesen Satz denken; abends geht er zu
Dilek, um seine Zeit mit ihr zu verbringen. Er bleibt tagelang bei ihr, ohne an Asya und
seinen Sohn zu denken. Während Asya mit ihrem Sohn zu Hause auf ihn wartet,
versucht er bei Dilek all seine Probleme zu vergessen. Asya hört einige Zeit später vom
Feind von Ilyas, dass Ilyas bei Dilek ist. Asya glaubt ihm nicht und möchte sie selbst
sehen. Wenn Asya Ilyas bei Dilek sieht, verlässt sie voller Ärger und Enttäuschung das
Haus.
26
Ohne Ziel irrt Asya auf der Strasse herum. Sie möchte nur fort. Da sieht sie
einen Kastenwagen. Der fragt sie, wohin sie gehe. Sie sagt, dass sie in ein Dorf gehe.
Der Fahrer nimmt Asya mit. Sie muss sich hinten mit Cemşit hinsetzen. Während der
Reise sprechen sie nicht viel, aber trotdem versteht Cemsit, dass Asya obdachlos ist. Als
der Fahrer eine Pause macht, möchte Asya aus dem Kastenwagen aussteigen. Cemşit,
der in der Pause in einem Cafe einen Tee trinkt, sieht noch mal Asya mit ihrem Kind
ziellos auf der Strasse. Er möchte ihr und ihrem Sohn Samet helfen. Cemşit erlaubt
ihnen in seinem Haus zu bleiben. Obwohl Asya Cemşit dankbar ist, möchte sie am
nächsten Tag wieder nach Hause gehen. Aber weil ihr Sohn Samet schwer krank wird,
bringt Cemşit aus der Stadt einen Arzt. Der Arzt sagt, dass das Kind eine Woche lang
zu Hause bleiben soll. Eine Woche später kehrt Asya wieder nach Hause zurück. Sie
möchte ihrem Mann verzeihen. Aber Ilyas ist immer noch nicht zu Hause. Sie erfährt
von Hoca, dass Ilyas bei Dilek ist. Asya denkt, dass ihr Mann sie und Samet schon
vergessen hat, deswegen verlässt sie wieder das Haus mit ihrem Kind Samet. Cemşit,
der schon weiß, dass Ilyas nicht zu Hause ist, wartet am Anfang der Strasse auf Asya.
Als er sie sieht, fragt er sie, ob sie bei ihm bleiben möchte? Asya akzeptiert seinen
Vorschlag hilflos. Aber sie wartet noch immer auf ihren Mann. Sie schaut immer auf
der Strasse immer nach den LKW’s, ob der Fahrer ihr Mann ist. Cemşit weiß, dass sie
ihren Mann immer noch liebt. Aber trotzdem bemüht er sich sehr um die Tage in der
Zukunft, z.B. Er baut im Garten eine Schaukel für Samet, damit er schaukeln kann,
wenn er älter wird. Asya nimmt alles wahr; schließlich möchte sie Cemşit heiraten,
obwohl sie ihn nicht liebt. Asya und Cemşit leben ruhig miteinander, bis Asya eines
27
Tages ihren Ex-Mann Ilyas wiedersieht, der in einen Unfall in der Nähe ihres Hauses
verwickelt ist. Cemşit möchte sofort helfen. Er bringt den Fahrer nach Hause. Asya und
Ilyas sehen einander, und obwohl sie nicht miteinander sprechen, versteht Cemşit
sofort, dass dieser Mann Asyas Ex-Mann ist. Ilyas verlässt das Haus am nächsten Tag.
Aber er kommt öfter wieder, um Asya und seinen Sohn Samet zu sehen. Einmal fährt er
Samet mit seinem LKW im Kreis herum. Samet sagt im LKW, dass er bei seinem Vater
und bei seiner Mutter sein sollte und er beginnt zu weinen. Dann stoppt Ilyas seinen
LKW. Asya, die Samet im Garten nicht finden konnte und auf die Strasse gerannt ist,
rennt sofort zu Ilyas. Auch Cemşit läuft zu ihnen. Asya nimmt ihren Sohn läuft zu
Cemşit; Ilyas bleibt alleine zurück. Asya hat in Gedanken diese Frage: ‘Was bedeutet
Liebe?’ Asya denkt, dass Liebe ‘Mühe’ bedeutet und hat sich damit zugunsten von
Cemşit entschieden.
2.3. Cengiz Aytmatov
Bild 3. Cengiz Aytmatov
Cengiz Törenkulovic Aytmatov wurde am 12 Dezember 1928 in der Hauptstadt
von Kirgisien geboren und starb am 10. Juni 2008 in Nürnberg.
Aytmatovs Kindheit und Jugend waren hart. Als er 9 Jahre alt war, wurde sein
Vater, der ein wichtiger Staatsmann war, verhaftet und 1935 hingerichtet. Seine Mutter,
eine Schauspielerin, musste fortan ihn und seine Geschwister allein erziehen.
28
Als der zweite Welt Krieg ausbrach und viele in den Krieg zogen, wurden
dringend Arbeitkräfte gebraucht; auch der junge Aytmatov musste arbeiten. Zunächst
arbeitete er als Sekretär für landwirtschaftliche Maschinen. Zu dieser Zeit schrieb er
seine erste Kurzgeschichte. Nach dem Krieg studierte er Tiermedizin, dann
Landwirtschaft. Man kann in seinen Werken so viel von der Natur und von Tieren
finden. Von 1956 bis 1958 besuchte er das Gorki-Literaturinstitut. Zur gleichen Zeit
begann er an der Moskauer Universität Literatur zu studieren. Im Jahr 1963 gewann er
den Lenin-Literatur Preis. Fast all seine Bücher wurden verfilmt.
Seine Werke sind: Dshamilia (1958), Das Kamelauge (1961), Der erste Lehrer
(1962), Der Weg des Schnitters/Goldspur der Garben (1963), Abschied von
Gülsary/Wirf den Fesseln ab, Gülsary (1967), Der weiße Dampfer (1970), Die Klage
des Zugvohels (1990), Die weiße Wolke des Tschingis Khan (1990), Die Träume der
Wölfin (1996), Der Junge und das Meer (1977), Ein Tag länger als das Leben (1981),
Der Schneeleopard (2006), Der Aufstieg auf den Fudschijama (1973), Du meine Papel
im roten Kopftuch (1960).
Aytmatov, der in seinen Werken die Menschen, die Natur und die Tiere sehr gut
beschreiben konnte, beschrieb in seinem Werk ‘Du meine Pappel im roten Kopftuch’
(Selvi Boylum Al Yazmalım)’ eine von ihrem Mann betrogene aber starke Frau.
Yılmaz, der in seiner dritten Periode über die Fraunrechte wichtige Filme verfilmte,
wollte gerne dieses Werk als ein Film inszenisieren.
29
III. TEIL
CENGIZ AYTMATOVS ROMAN ‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’ (DU
MEINE PAPPEL IM ROTEN KOPFTUCH) UND ATIF YILMAZS FILM
‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’: EIN VERGLEICH
3.1. Der Begriff Intertextualität
Intertextualität beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Texten. Dieser
Begriff ist von Julia Kristeva in die Wissenschaft eingebracht worden. Für Kristeva
besteht jeder Text aus den Zitaten der anderen Texte. In diesem Zusammenhang können
wir sagen, dass es überall verwendet können wird, weil jeder Text mit einem anderen
intertextuelle Beziehungen hat.
‘Der Begriff Intertextualität wurde eigentlich ers in den 60er Jahren des 20.
Jahrhunderts eingeführt, wobei schon seit der Antike verschiedene Termini
zur Benennung von Intertextualitätsformen existieren, wie z.B. Parodie,
Travestie
und
Zitat.
Literatur
war
schließlich
zu
allen
literaturgeschichtlichen Epochen intertextuell, wobei die Formen der
Intertextualität von Epoche zu Epoche variierten. So forderte man in der
Antike von Dichtern, dass sie sich an den grossen Vorbildern orientieren
und
diese
nachahmen
sollten.
[...]
mit
der
von
der
Literaturgeschichtsschreibung als Moderne deklarierten Epoche (Beginn
etwa Anfang des 20. Jahrhunderts) setzt eine vom Umfang her bis dahin
unbekannte Phase von intertextuellen Bezugnahmen ein. Diese Intensität
von Text-Text-Bezügen setzt sich über die Postmoderne bis heute fort’(Zit.
nach: Becker, 2009, s.2).
Man kann sagen, dass jeder Text die partielle Spiegelung eines anderen Textes
ist; deswegen haben Texte sowohl thematisch als auch strukturell Ähnlichkeit
miteinander.
In dieser wissenschaftlichen Arbeit werden die Methoden, die man verwendet,
wenn man mit Hilfe der Intertextualität einen neuen Text schreiben möchte, sowie die
Ähnlichkeiten zwischen den Texten erklärt. Nach Tevfik Ekiz, der über den Begriff
30
Intertextualität einen Aufsatz schrieb33, gibt es zwischen Texten offene und
geschlossene Beziehungen. Bei der offenen Beziehung zitiert man wörtlich aus einem
anderen Text und markiert auch das Zitat, wenn man diesen anderen Text für seinen
eigenen Text benutzt. Damit stellt die offene Beziehung für den Leser kein Problem dar,
weil der Autor ja ausdrücklich darauf hinweist, dass er zitiert. Bei der geschlossenen
Beziehung hingegen weist der Autor nicht ausdrücklich in der Form eines Zitats auf die
Beziehung zu einem anderen Text hin. Ich denke, dass hier der Leser gefordert wird,
der aufgrund seines Wissens entscheiden muss, ob und wenn ja, mit welchem anderen
Text der anstehende Text in Verbindung steht. Bei dieser geschlossenen Beziehung sind
also die Vorkenntnisse der Lesers sehr wichtig. Hat der Leser grosse Vorkenntnisse,
kann er differenziert, die Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Texten
herausarbeiten.
Wir wissen, dass Brechts, ‘der kaukasiche Kreidekreis’ auf einer chinesischen
Geschichte und/oder auf Salomons Urteil34 beruht. Kennt man diese chinesische
Geschichte oder Salomons Urteil, kann man Brechts Theaterstück besser interpretieren.
In der chinesichen Geschichte gibt der Richter das Kind seiner leiblichen Mutter. Weil
Brecht es in seinem Theaterstück anders darstellen möchte, sehen wir die Liebe der
nicht leiblichen Mutter in seinem Theaterstück, weil er betont, dass die
Blutverwandschaft nicht das allerwichtigste in der Liebe ist. Ein solches Ende kann man
in der Geschichte, die ‘Salomons Urteil’ heißt, auch nicht sehen.Hier müssen wir
sagen, dass sowohl Salomon, als auch der Richter in der chinesischen Geschichte, das
Kind der leiblichen Mutter gibt, weil sie für die Güte ihrer Kinder von ihnen verzichten.
In diesen Geschichten lesen wir eigentlich, was eine leibliche und opferbereite Mutter
für ihr Kind machen kann. Die Hauptsache der drei Geschichten ist, in denen die
Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ bearbeitet werden, wird dem Guten zu seinem
Recht verholfen. Aber wenn man die originale, chinesische Geschichte nicht kennt,
kann man das Theaterstück auch anders interpretieren.
Wir wissen, dass auch der kirgisische Schriftsteller Cengiz Aytmatov die
genannte chinesische Geschichte benutzt hat. In seiner Erzählung ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ (‘Du meine Pappel im roten Kopftuch’) setzt auch er sich mit den Begriffen
‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ auseinander. Im Unterschied zu Brecht macht er aber nicht
33
Vgl. Tevfik Ekiz. (2007). ‘Alımlama Estetiği mi Metinlerarasılık mı?’. Ankara Üniversitesi Dil ve
Tarih Coğrafya Fakültesi Dergisi.47,(2):119-127.
34
Vgl. s.5
31
darauf aufmerksam, dass seine Erzählung auf dem Salomons Urteil und/oder der
chinesischen Geschichte beruhrt. Wie oben geschrieben, benötigt man ein Vorwissen,
um diese thematischen Ähnlichkeit zwischen Werken, die als Thema ‘Mühe’ und
‘Gerechtigkeit’ bearbeiten, zu bemerken. Von daher ist das Theaterstück von Brecht ein
gutes Beispiel für die offene und die Erzählung von Aytmatov ein gutes Beispiel für die
geschlossene Beziehung zwischen Texten.
Der Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ des türkischen Regisseurs Atıf Yılmaz,
vereinigt in sich beide Beziehungsformen, die Offene und die Geschlossene. Da der
Film eine Verfilmung der Erzählung von Aytmatov ist, bearbeitet Yılmaz bewusst oder
unbewusst, auch die der Erzählung zugrunde liegende Salomons Urteil und/oder
chinesische Geschichte; deshalb ist der Film auch eine unausgesprochene Spiegelung
des chinesischen Textes und steht zu dieser in der Form der geschlossenen Beziehung.
Hinsichtlich der Erzählung von Cengiz Aytmatov hingegen hat der Film offene
Beziehungseigenschaften, weil er als Verfilmung der Erzählung als Buch vielfach
zitiert.
Nach Gèrard Genette35, der ein französischer Literatuwissenschaftler ist, können
wir dann von Hypertextualität sprechen, wenn es eine notwendige Beziehung zwischen
einem Plan B (erster Text) und einem Plan A (zweiter Text) gibt. Genette behauptet,
dass der Plan A (als späterer Text) aus zwei unterschiedlichen Umformungen des Plans
B (früherer Text) besteht. Bei der sogenannten indirekten Umformung gibt es
Veränderungen auf der inhaltlichen bzw. auf der thematischen Ebene; der Stil aber bzw.
die Gattung bleibt gleich. Bei der sogenannten direkten oder auch einfachen
Umformung gibt es keine wesentlichen Veränderungen auf der inhaltlichen bzw. auf der
thematischen Ebene, der Stil aber bzw. die Gattung ist verschieden.36 Stilistische
Umformungen ergeben sich bspw. bei Übersetzungen, beim Wechsel einer Gedichtoder Reimform oder bei einem Gattungswechsel; thematische Umformungen hingegen
setzen Veränderungen bspw. hinsichtlich der Figuren, des Figurenensembles, der
Handlungen oder der Themenstellung voraus.
Michelle Becker, die über Intertextualität eine wissenschaftliche Arbeit schrieb,
schrieb über Genette:
35
Gèrard Genette ist ein französischer Literaturwissenschaftler. Genette beschäftigt sich mit Textanalysen.
Gèrard Genette entwickelt in seiner Monographie Palimpeste eine strukturalistisch anmutende
Zusammenstellung von Intertextualitätstermini. (Vgl. Becker, 2009, s. 5)
36
Vgl. www.millifolklor.com/tr/sayfalar/83/01_.pdf -
32
‘[…]
er
differenziert
fünf
verschiedene
Formen
der
sogenannten
Transtextualität, die er als das definiert, was einen Text in eine manifeste oder
geheime Beziehung zu anderen Texten bringt.’
a) Unter Intertextualität versteht Genette im Unterschied zu den meisten
anderen Intertextualitätstheoretikerin lediglich die effektive Präsens eines
Textes in einem anderen, z.B. in Form des Zitates, der Anspielung etc.
b) Paratextualität bedeutet für ihn die Beziehung eines Textes zu dem ihn
einrahmenden Paratext, d.h. zu Titel, Untertitel, Nachwort etc.
c) Metatextualität ist für ihn die als Kommentar bezeichnete Verbindung eines
Textes zu einem anderen.
d) Bei der Architextualität handelt es sich um die Bezugnahme eines Textes
auf eine Gattung.
e) Unter Hypertextualität, die im Folgenden im Fokus der Analyse stehen
wird, versteht er jede Beziehung zwischen einem Text B (Hypertext) und
einem Text A (Hypotext), ‘’wobei Text B Text A auf eine Art und Weise
überlagert, die nicht die des Kommentars ist’’ ( Genette 2006:14f.). Ein
Hypertext ist somit ein Text, der von einem früheren Text abgeleitet wird
(Klassifizierung nach Genette 2006; s. 9-15). (Zit. nach: Becker, 2009, s.910)
Hiernach wies auf Genette unterschiedliche Intertextualitätsformen. Man sollte
wissen, mit welchem Text der erste Text in Verbindung steht und was für eine
Verbindung es ist. Wenn man zwei Texte im Rahmen der Intertextualität erforschen
will, mus man erst den Bezug von einem Text auf einem anderen Text nennen. Z.B.
Obwohl es eine direkte Verbindung zwischen dem Theaterstück von Brecht und der
chinesischen Geschichte und/oder der Geschichte ‘Salomons Urteil’ gibt, eine solche
Verbindung können wir im Film von Yılmaz nicht sehen. Yılmaz, der in seinem Film
die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ bearbeitete, inszenisierte seinen Film anders.
Hier kann man von der Metatextualität sprechen.
Da das Thema in den Werken ( ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und ‘Selvi
Boylum Al Yazmalım’ ) ähnlich ist, die Gattungen aber andere sind, ist hier von einer
indirekten Umformung zu sprechen. Wie oben gesagt, sind diese Werke Spiegelungen
der unsprünglichen chinesischen Geschichte und/oder Salomons Urteil. Das Thema ist
33
in allen Werken nahezu gleich: ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’. Dennoch unterscheiden
sich die beiden Werke auch auf der inhaltichen Ebene, sind sie doch zu
unterschiedlichen Zeiten und Orten geschrieben worden; darüber hinaus spielen sie
auch an unterschiedlichen Zeiten und Orten und haben ein unterschiedliches
Figurenensemble Brecht entwarf sein Theaterstück 1940 in New York unter dem Titel
‘Augsburger Kreidekreis’; da der zweite Weltkrieg ausgebrochen war, fügte er als
Kriegsgegner und als Vertreter einer engagierten Literatur in sein Theaterstück als Folie
das Thema 30-jähriger Krieg ein, und da er den Krieg zwischen der Nazi-Regierung und
der Sowjietunion thematisieren wollte, siedelte er sein Stück in Kaukasien an.
Der Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ von Atıf Yılmaz ist eine Inzenisierung
der gleichnamigen Erzählung von Aytmatov. Mustafa Çetin, der über Aytmatov
gearbeitet hat, weist darauf hin, dass die Erzählung, wie andere Bücher von Aytmatov
auch von seinem eigenen Leben und seinen Erfahrungen, erzählt. Das ist häufig so.
Obwohl das Thema in der Erzählung und im Film identisch ist, können die Zeit, der Ort
und zeitgeschichtliche Umstände das Thema ein wenig variieren. Auf jeden Fall erlebt
man aber ein ‘Deja-vu’, wenn man die Erzählung gelesen hat und dann den Film sieht.
Das ‘Deja-vu’ geht immer mit thematischer Intertextualität einher. Das Wichtigste ist es
deshalb, die Stile der thematisch verwandten oder identischen Werke zu beschreiben.
Das gilt besonders dann, wenn wir wie bei der Erzählung und dem Film einen
Medienwechsel vorliegen haben. Wir haben dann nicht nur eine stilistische
Intertextualität bzw. eine einfache Umformung vorliegen, sondern auch das Phänomen
der Intermedialität.
Wenn wir dieses Theaterstück und diesen Film auf Intermedialität hin
vergleichen möchten, müssen wir u.a. medienwissenschaftliche Methoden anwenden.
Wir wissen, dass das Theaterstück von Brecht eine direkte Umformung der
chinesischen Geschichte und/oder von Salomons Urteil und der Film von Atıf Yılmaz
ein Repräsent eines anderen Mediums ist.
3.2. Der Begriff Intermedialität
Intermedialität beschäftigt sich mindestens mit zwei Medien, indem sie die
Beziehungen zwischen Medien untersucht. In unserer Zeit spielt ‘Intermedialität’ eine
wichtige Rolle. Man kann an keinen Film ohne Musik denken, oder warum gibt es
immer Musik in Fernsehshows? Da ein Medium ein anderes Medium braucht,
34
repräsentiert es. In der Intermedialität kann man viele verschiedene Medien in einem
Medium sehen.
Jens Schröter, der über Intermedialität eine wissenschaftliche Arbeit schriebt,
schreibt in seinem Aufsatz darüber:
‘[…] Ein Gemälde in einem Film, ein Gebäude auf einem Photo, sind kein
Gemälde
oder
Gebäude
mehr,
sondern
integraler
Teil
des
sie
repräsentierenden Mediums- sie werden eben repräsentiert. Insofern wäre
bspw. ein Photo eines geschriebenen Textes keine intermediale Beziehung,
sondern eben ein Photo, das referentiell auf einen Text verweist. Das Photo
wird Objekt der Darstellung.37
Man kann leicht bemerken, dass ein Medium ein anderes Medium verwendet.
Intermedialität muss mindestenst zwei Medien umfassen. Wenn man z. B. ein
Theaterstück sieht, kann man in diesem Theaterstück die Leute, die singen und tanzen,
sehen. Da dieses Theaterstück mit anderen Medien (Musik und Tanz) in einer
Beziehung ist, kann man drei unterschiedliche Medien gleichzeitig sehen, oder wenn
man einen Film sieht, kann man die Titelmusik hören. In unserer Zeit, unterliegt die
Beziehung zwischen den Medien nicht nur einer Veränderung, sondern stellt aufgrund
der technischen Möglichkeiten auch ein Bedürfniss dar.
Wenn wir über die Literaturverfilmungen sprechen möchten, können wir sagen,
dass sie übertragene Kunstwerke sind. Literaturverfilmungen gibt es sehr häufig. Dafür
gibt es viele Gründe. Einer besteht darin, dass es keine unendliche Anzahl an originellen
Themen gibt. Wie oben schon gesagt: jeder Text ist eine Spiegelung eines anderen
Textes, deswegen sind die Themen meist ähnlich. Aber eine Umarbeitung eines Textes
in einem Film kann für einen Regisseur nützlich sein, weil die Menschen häufig auf die
Verfilmungen von Büchern neugierig sind. Wenn sie die Bücher bereits gelesen haben,
möchten sie gerne wissen, wie der Regisseur das Thema bearbeitet. Haben sie das Buch
bereits noch nicht gelesen, möchten sie gerne wissen, was für ein Buch es ist. Hier kann
man von zwei unterschiedlichen intermedialen Bezüge sprechen: Literatur und Kino.
In dieser wissenschaftlichen Arbeit werden wir zwei unterschiedliche Medien
vergleichen: ein Theaterstück und ein Kinofilm. Hier spielt das Thema eine wichtige
37
Vgl. http://www.theorie-der-medien.de/text_detail.php?nr=12
35
Rolle. Wir wissen, dass die beiden Werke (‘Der kaukasische Kreidekreis’ und ‘Selvi
Boylum Al Yazmalım’) auf eine chinesische Geschichte und/oder Salomons Urteil
verweisen. Obwohl die Themen in zwei Werken nicht völlig gleich sind, bemühen sich
die beiden doch, ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ herauszustellen. Deshalb kann man sagen,
dass es eine Verschmelzung von zwei Medien gibt.
Rajewski beschreibt drei Subkategorien des Intermedialen.
Intermedialität
Intermediale
Bezüge
Medienwechsel
Medienkombination
Schema 1. Intermedialität
Rajeweski berichtet:
‘Medienkombinationen:
punktuelle
oder
durchgehende
Kombination
mindestens zweier, konventionell als distinkt wahrgenommener Medien, die
sämtlich im entstehenden Produkt materiell präsent sind, z.B. Photoroman,
Klangkunst,
Oper,
Film.
Medienwechsel:
Transformation
eines
Medienspezifisch fixierten Produkts bzw. Produkt-Substrats in ein anderes,
konventionell als distinkt wahrgenommenes Medium; nur letzteres ist
materiell präsent. Z.B. Literaturverfilmung bzw.-adaption. Intermediale
Bezüge: Verfahren der Bedeutungskonstitution eines medialen Produkts
durch Bezugnahme auf ein Produkt (=Einzelreferenz) oder das semiotische
System
(=Systemreferenz)
eines
konventionell
als
distinkt
wahrgenommenen Mediums mit den dem kontaktnehmenden Medium
eigenen Mitteln; nur letzteres ist materiell präsent. Bezug genommen
36
werden kann auf das fremd mediale System als solches oder aber auf ein
(oder mehrere) Subsystem(e) desselben, wobei letzteres per definitionem
auch ersteres impliziert. Z.B. Bezüge eines literarischen Textes auf einen
bestimmten Film, ein filmisches Genre oder auf den Film qua System;
entsprechend Bezüge eines Films auf die Malere, eines Gemäldes auf die
Literatur usw’ (Rajewski, 2002, s.19.).
Diese Eigenschaften, die Rajewski betont, treffen wir in unserer Zeit fast in allen
Werken. Wir wissen, dass kein Text völlig originell ist. Und da wir in jedem Medium,
die Spüre der anderen Medien sehen, können wir sagen, dass jeder Medium ein anderes
Medien benötigt. Wir schrieben im Teil ‘Intertetualität’, dass es unterschiedliche
Beziehungen zwischen Texten gibt. Eine solche Beziehung gilt auch für
unterschiedliche Medien. Literturverfilmungen sind unter den Menschen sehr beliebt.
Wenn z.B. ein Regisseur ein historische Geschichte verfilmen will, muss er natürlich
diese Geschichte richtig inzsenieren. Aber der Regisseur kann einige fiktive Elemente
in den Film hinfügen. Hier sprechen wir von einem Medienwechsel. Der Film ‘Selvi
Boylum Al Yazmalım’ von Yılmaz, der die Verfilmung eines Buches ist, hat auch
einige inhaltliche Änderungen. Da Yılmaz im Film die türkische Kultur erzählt, fügt er
einige kulturelle Elemente ein. Wie auch im Zitat angedeutet wird, gibt es
unterschiedliche Arten der Intermedialität. ‘Der kaukasische Kreidekreis’ ist ein gutes
Beispiel für die dritte Art, weil Brecht mit Hilfe eines Medium (chinesche Geschichte
und/oder Salomons Urteil) ein neues Medium (ein Theaterstück) geschaffen hat. Hier
spielt die Kreativität eine wichtige Rolle. Obwohl Brecht in seinem Theaterstück nicht
völlig originell war, schuf er mit der bereits bekannten Geschichte ein neues Werk. Man
kann sagen, dass er eine vorher bekannte Geschichte uns noch einmal, aber in einer
anderen Medienform (im Theaterstück mit zwei Geschichten), präsentierte. Das
Theaterstück, das als thematisch der ersten Geschichte gleich aber als strukturell
verschieden ist, besteht aus zwei Geschichten, die voneinander abhängig sind. Am Ende
des Werkes ist hervorzuheben, dass Mühe und Gerechtigkeit immer gewinnen sollen.
Zum Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ können wir sagen, dass der Film ein
übertragenes Kunstwerk mit Umarbeitungen ist, in diesem Zusammenhang ist der Film
von Yılmaz eine Spiegelung des Buches von Aytmatov.
Ich denke, dass die Werke von Brecht und von Atıf Yılmaz sowohl für
Intermedialität, als auch für Intertextualität gute Beispiele sind. Da Brecht in seinem
37
Theaterstück auf eine chinesische Geschichte verweist, ist sein Werk eine Spiegelung
eines anderen Textes; da kann man von Intertextualität sprechen. Wir wissen, dass ein
völlig originelles Werk zu schaffen ist, faktisch unmöglich ist. Die Schriftsteller
verweisen fast immer bewusst oder unbewusst auf andere Werke. Deshalb sind die neu
geschriebenen Werke eigentlich im Prinzip die Nachnahmungen der Alten.
3.3. Die interdiziplinären Verflechtungen im Film: Intermedialität
Das Thema Medien spielt im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ eine wichtige
Rolle. Man kann leicht bemerken, dass bestimmte Medien im Zentrum des Filmes
stehen. Im Film, dessen Musik von Cahit Berkay38 komponiert wurde, ist die Musik
beim türkischen Volk beliebt geworden. Aber man kann sehen, dass auch Malerei und
Fotografie einen wichtigen Platz finden.
Bild 4. Die Noten der Filmmusik, die von Cahit Berkay komponiert wurde.
Ina Bergler, die über eine wissenschaftliche Arbeit, die ‘Intermedialität von Film
und Fotografie in Win Wenders ‘Alice in den Städten’ (so auch der Titel) arbeitete,
verweist auf eine Definition von Werner Wolf: demnach ist Intermedialität das
38
Cahit Berkay ist ein türkischer Komponist und einer der Begründer der Gruppe ‘Moğollar’. Die Musik
von vielen Filmen wurden in der Tradition des Ye şilçam Kinos von Berkay komponiert.
38
‘innerhalb eines Kontaktaufnehmers faßliche Resultat einer Inszenisierung
eines fremdmedialen Kontaktgebers (in Form von Imitation, Integration
oder Kombination), wobei Kontaktgeber und -nehmer verschiedenen
Medien in einem weiten Sinn zugehören, d. h. unterschiedlichen
Kommunikationsmitteln, die sowohl durch technische und institutionelle
Übertragungskanäle
als
auch
duch
bestimmte
Zeichensysteme
charakterisiert werden können.’ (Zit. nach: Bergler, 2008, s. 4)
Hiernach bezieht sich jedes Medium auf ein anderes Medium. Die in ‘Selvi
Boylum Al Yazmalım’
besonders gewichteten Medien sind: Musik, Malerei und
Literatur. Es ist zu schwer, es zu bemerken. Wir berichteten schon, dass Aytmatov die
Natur sehr gut beschreiben konnte. Ich denke, dass diese Eigenschaft uns zeigt, dass er
ein guter Beobachter ist. Auch Yılmaz, der das Buch von Aytmatov als Film
inzsenierte, nahm landschaftliche Schönheiten zur Hand, wie Aytmatov. Literatur ist
das andere Medium, das im Film im Vordergrund steht. Wir wissen, dass Yılmaz nicht
nur Filme für Kino inszenierte, sondern er auch viele Drehbücher schrieb. Deswegen ist
es ganz normal, dass der Film mit der Literatur in einer engen Beziehung ist. Malerei,
Literatur und andere Medien im Film versuchen wir in unserer Arbeit festzustellen.
In den ersten Sekunden des Films fällt auf, dass Musik für den Film besonders
wichtig ist. Man hört eine Begleitmusik. In diesem Moment sind der Film und
Fotografie ineinander, d.h. der Regisseur verbindet die Musik mit dem Anblick des
Ortes bzw. des LKW.
‘Manchmal sind Bilder das einzige Mittel, eine Botschaft rüberzubringen - sie zu
sehen’39 sagt Wim Wenders und betont, dass man mit einem Bild viele Dinge erzählen
kann. Der Film, der in einem Dorf spielte, hat einen besonderen Platz mit seinen
visuellen Elementen.
In ersten guten Minuten, ab [01.18] Minute sehen wir die Mutter von der
Protagonisten Asya, die den LKW Fahrer anschreit. Das zeigt uns, dass der LKW im
Film eine wichtige Rolle spielen wird. In der 57. Minute des Films hat Asya zwei Fotos
in ihren Händen, als sie mit Cemşit, der ihr zweiter Mann ist, in seinem Haus ist.
Während Asya diese Fotos in ihren Händen hält, beginnt Cemşit seine Geschichte zu
erzählen. Cemşit, der seine Familie bei einem Erdbeben verlor, zeigt Asya seine Kinder.
39
Vgl. Ebd. s.11
39
Würden wir als Zuschauer die Fotos von den Kindern nicht sehen, würde uns das
Schicksal der Kinder bzw. derjenigen von Cemsit nicht so tief beeinflussen. Aber da wir
die Fotos sehen, beginnen wir so an diese beiden Kinder zu denken, als ob wir diese
Geschichte, die im Film erzählt wird, real-visuell erleben würden.
Spricht man über den Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’, ruft man sich
‘automatisch’ Cahit Berkay, den Komponisten ins Gedächtnis. Wie in vielen Filmen
unserer Zeit, ist nämlich auch in ‘Selvi boylum Al Yazmalım’ die Filmmusik
unverwechselbar mit der Bildebene und der Handlung verbunden.
In [04.20], als Ilyas im Büro von Dilek ist, hören wir eine sentimentale Musik,
die uns vermuten lässt, dass es zwischen Ilyas und Dilek irgendeine Art von näherer
Beziehung gibt. Und wir liegen mit dieser Vermutung richtig. Die beiden haben ein
Verhältnis miteinander. Aber während Dilek, die die Chefin von Ilyas ist, in dieser
Beziehung, ist sie nicht die Frau fürs Leben, sondern bloß eine Äffäre. Als Can, der ein
Feind von Ilyas ist, Dilek ruft, stoppt die Musik und die Gesichter von Ilyas und Dilek
verhärten sich. Gerade wollten sie einander küssen, doch Cans Rufen macht alles
kaputt. Die Romantik ist zerstört, deswegen endet auch die sentimentale Musik.
40
Ab [6.50] Minute Asya und Ilyas sehen einander zum ersten mal –wird wieder
die gleiche sentimentale Musik gespielt. Würde in diesem Moment bspw. ein
Leichenmarsch gespielt, würde man von diesem Zusammentreff eine ganz andere
Bedeutung zumessen. Aber da die Musik sehr emotional ist, kann man dieses Treffen
als erste Annäherung eines künftigen Liebespaares verstehen.
In [23.10] will Ilyas, der vorher nichts lieber tat als LKW zu fahren, nicht mehr
weiterhin fahren, da er Asya treffen und mehr mit ihr zusammen sein möchte. Als er mit
Dilek spricht, sagt er das. Dilek aber will, dass Ilyas weiterhin fährt und sie sagt ihm
das. Aber da Ilyas sowohl ein rebellischer als auch ein verliebter Mann ist, kümmert er
sich nicht darum, selbst dann nicht, als ihm Dilek mit Kündigung droht. Man fühlt nun
einen Unheil in der signalisierende Begleitmusik. Ilyas fährt sofort zu Asya, und als das
Paar gegenüber sieht, hört man wieder eine romantische Musik.
41
Ähnliches lässt sich für [38.00] beobachten. Ilyas ist kein LKW-Fahrer mehr und
deswegen immer traurig. (Wir haben ja zum Beginn des Films gesehen, dass der LKW
für ihn eine besondere Bedeutung hat). Obwohl er seinen LKW fahren will, erlaubt ihm
das sein Chef nicht, weil er bei regnerischem Wetter auf der Strasse Menschen, die eine
Panne hatten, mit seinem LKW geholfen hat. Ilyas arbeitet nun im Reparierservice.
Asya, die traurig ist, weil Ilyas am Arbeitsplatz diese Probleme hat, möchte mit seinem
Chef sprechen. Als Ilyas von Dilek erfährt, dass seine Frau jetzt im Büro seines Chefs
ist, rennt er zu seiner Frau und schlägt sie vor aller Augen. In diesem Moment hören wir
eine Art Musik, die man besonders häufig in Horrorfilmen hört. Somit empfindet man
es als realistisch oder diese dramatische Musik ist eigentlich das Signal für das
Unerfreuliches, dass wir in den folgenden Minuten sehen werden. So ist es dann auch:
Can, Ilyas Feind und er selbst beginnen zu sich gegenseitig zu prügeln.
42
Wenn wir diesen Moment, wo Ilyas von Dilek erfährt, dass Asya bei dem Chef
ist, im Szenarium lesen, treffen wir solche Monologe im Szenerium auf der 57. Seite
zwischen den Protagonisten an:
‘Dilek: Sen mi yolladın karını müdürün yanına?
İlyas: Ne saçmalıyorsun sen?
Dilek: İstanbullu, güzel karısını müdüre yollamış diyorlar.
Ilyas, öfkeyle dikilir.
Ilyas: Kim uydurdu? Can mı?
Dilek: Karın müdürün yanındaymış.’40
‘Dilek: Hast du deine Frau zum Chef geschickt?
Ilyas: Was quatschst du hier?
Dilek: Die Leute sagen, dass der Istanbuler seine schöne Frau zum Chef
geschickt habe.
Ilyas ist Nervös
Ilyas: Wer hat das fingiert? Can?
Dilek: Deine Frau sei bei dem Chef.’41
40
41
Zit. nach: http://www.aytmatov.org/tr/mustafa-cetin-yuksek-lisans-tezi
Übersetzt von Bahar Kahya.
43
Ilyas, der denkt, dass er der Herr des Hauses sein muss, geht sofort zu dem Chef,
um zu kontrollieren, ob seine Frau da ist. Und als er Asya am Arbeitplatz weinend sieht,
denkt Ilyas, dass Asya ihn vor den anderen Menschen als ein schwacher Mann
erscheinen lässt. Gemäß gesellschaftlichen Eindrücken muss Ilyas sich beweisen, dass
er nicht schwach ist. Er glaubt, dass er keine andere Möglichkeit hat, als seine Frau zu
schlagen. Diesen schrecklichen Moment lesen wir im Szenarium auf der 58. Seite so:
‘Asya, ürkek yaklaşan Ilyas’a bakar.
Hoca Ali öne çıkar, Ilyas’ı durdurmak ister…
Hoca: Ilyas…
Ilyas, Hocayı bir kenara iter…
Asya’nın karşısına dikilir…
Karmaşık duygular içinde birbirlerine bakarlar…
Ilyas, birden şiddetli bir tokat indirir Asya’nın suratına.
Asya sendeler, merdivene çöker.
Başını kaldırırken Dilek’i görür.
Ilyas’a bakar.
Hoca atılmış, Ilyas’ı yakalamıştır.
Öfkeyle bağırır.
Hoca: Ben getirdim. Benim yanımda vuramazsın ona…
Ilyas: Benim işime karışmayın. Karışmayın…’42
‘Asya ist schüchtern. Sie schaut den kommenden Ilyas an.
Hoca Ali stellt sich vor sie. Er möchte Ilyas stoppen.
Hoca: Ilyas…
Ilyas schiebt Hoca zur Seite...
Er steht Asya gegenüber…
Sie schauen mit gemischten Gefühlen einander an.
Ilyas schlägt plötlich Asya ins Gesicht…
Asya schwankt und fällt auf die Treppe…
Als Asya ihren Kopf hebt, sieht sie Dilek…
Sie schaut Ilyas an…
42
Vgl. Ebd.
44
Hoca hat Ilyas schon festgehalten.
Er schreit nervös Asya an
Hoca: Ich habe sie gebracht. Du darfst sie bei mir nicht schlagen…
Ilyas: Redet mir nicht rein… Nicht…
43
In unserer Zeit ist es fast unmöglich, ein Werk zu denken, das keine Beziehung
mit einem anderen Medium hat. Da wir in diesem Moment eine ungute Musik hören,
bemerken wir, dass wir in den folgenden Szenen etwas Schlechtes sehen. Ich denke,
dass die Hilfsmedien, die wir im Film antreffen, spielt eine wichtige Rolle bei der
Interpratation des Films.
Eine andere Szene im Film, wo die Musik im zentrallen Punkt steht, sehen wir:
wenn Samet, der Sohn von Asya und Ilyas, seinen leiblichen Vater trifft, beginnt er
diese Fragen zu stellen, wer Ilyas ist. Das wirkt rührend und die Musik macht den Film
noch sentimentaler. Gleichzeitig wird man persönlich vom Film ergriffen. Man fragt
sich, was man selbst machen würde, wenn man eine solche Situation käme.
43
Übersetzt von Bahar Kahya.
45
Wir berichten, dass sowohl Fotografie als auch Malerei im Film eine wichtige
Rolle spielen. Dank dieser Medien kann man die Wahrheit gleichzeitig sehen und
hören. Da der Film in einem Dorf spielt, stehen Natur und landschaftliche Schönheiten
im Vordergrund. Als Asya mit Ilyas in seinem LKW übernachten, weil sie kein Haus
haben, können wir die landschaftlichen Schönheiten in der Umgebung des Dorfes
sehen: Den Fluss, grüne Bäume, Vögel… Die Natur, die Zeugin für die Liebe dieses
Paares im LKW ist, wirkt wie von einem Maler angefertigt. Und als sich Asya die Frage
nach dem Glück stellt, werden wieder einige Naturbilder gezeigt. ‘Manchmal sind
Bilder das einige Mittel eine Botschaft rüberzubringen-sie zu sehen’ (zit. nach: Bergler,
2008, s.11) Die Vorstellung davon, was Glück ist, ist natürlich für alle Menschen
verschieden. In diesem Film möchte der Regisseur zeigen, dass insbesonders in der
Natur die Quelle der Liebe oder einen Liebesverhältnissen zu finden ist.
46
Sprechen wir über die interdziplinäre Beziehungen, dürfen wir auch die Literatur
nicht vergessen. Da der Film die Verfilmung eines Buches ist, spielt die Literatur eine
wichtige Rolle. Die Protagonisten (Asya, Ilyas und Cemşit) sprechen ständig mit sich
selbst. Die inneren Monologe kann man über den gesammten Film hin antreffen. Alles,
was die Figuren sagen wollen aber nicht sagen können, erfahren wir aus diesen inneren
Monologen. Aufgrund der inneren Monologe können wir die echten Gedanken der
Protagonisten besser erfahren. Z.B. Obwohl Asya immer noch ihren ex-Mann liebt,
kann sie Cemşit nicht verlassen, weil sie seine Mühen und seine Aufopferung wichtig
nicht vergessen kann.
47
Am Ende des Films entführt eigentlich Ilyas seinen Sohn mit seinem LKW.
Asya bemerkt, dass ihr Sohn nicht mehr auf dem Schaukel ist und wird schokiert. Ein
bisschen weit entfernt, bemerkt sie den LKW und ihren Sohn mit Ilyas. Asya läuft wie
verrückt hinter ihnen her, versucht über Hüpel zu klettern und einen kürzeren Weg zu
finden. Sie schafft es sich vor dem LKW zu werfen und Ilyas muss halten. Auch in dem
Moment war Cemsit nach Hause gekommen und war sich der Situation bewusst. Jetzt
auf einmal kommt die Situation, wo es wie in unserem ‘Kaukasische Kreidekreis’
ist.Der Junge steht fest in der Mitte und läuft zuerst zur Mama, auf beiden Gegenseiten
stehen Cemsit und Ilyas. Die Spannung ist auf dem Höhepunkt und der Zuschauer hält
jetzt ihr Atem. Mama vermutet schon, dass der kleine Junge zu Cemsit laufen wird,
obwohl Cemsit nichts sagt. Aber was wird jetzt Asya machen? Hier ist eigentlich Asya
wie eine Richterin. Richterin der Liebe und Mühe. Die Musik und innere Monolog
werden wieder eingesetzt.
48
Mit volles Trauer stellt sie sich und eigentlich dem Zuschauern diese Frage:
‘Was bedeutet die Liebe?’ Asya beantwortet selbst, dass die Liebe Mühe bedeutet. Asya
spricht mit ihr selbst: ‘Wie kann ich ihn verlassen? Er hat uns viel Mühe gegeben.’ Von
diesen inneren Monologen verstehen wir, dass Asya Cemşit dankbar ist und für sie die
‘Mühe’ wichtiger als die Liebe ist. In ihrer Funktion für die Zuschauer sind sie der
Regieanweisung für die Leser ähnlich. Besonders in einem Theaterstück kann man
solche Regieanweisungen finden. Dank der Regieanweisungen erfährt man mehr über
die Handlungen oder die Figuren. Im Film gibt es viele Regieanweisungen, die uns über
vieles unterrichten.
Wir wissen, dass der LKW für Ilyas sehr wichtig ist. Ilyas tut so, als ob der
LKW ein Mensch und sein bester Freund wäre. Auffallend ist es, dass Ilyas nicht ein
scheuer Mann ist. Aber obwohl Ilyas immer soziabel ist, hat er nur einen guten Freund,
mit dem er sprechen kann. Der Freund, der Ilyas immer hilft, ist älter als Ilyas und er ist
verpflichtet Ilyas zu warnen, wenn er etwas Schlechtes macht. In diesem
Zusammenhang denke ich, dass Hoca wie ein Bruder von Ilyas ist und Ilyas in der Tat
keinen richtigen Freund hat. Ilyas, der alles seinem LKW erzählt, beschäftigt sich
immer mit ihm. Die Verzierungen am LKW hat er selbst angefertigt und als er Asya
heiratete, fuhr er seinen LKW als Brautswagen. Das nennt man ‘Personifikation’.
49
Personifikation wird besonders häufig in Fabeln verwendet. Wir können also behaupten,
dass Yılmaz mit der Personifikation des LKWs eine zentrale Rolle im Film spielen ließ.
3.4. Die interdiziplinären Verflechtungen im Theaterstück: Intertextualität
44
Die Intertextualität beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Texten. Da
jeder Text eine Spiegelung eines anderen Textes ist, kann man ohne weiteres sagen,
44
Vgl. http://tiyatro.diyarbakir.bel.tr/tr/oyun/Kafkas_Tebe%C5%9Fir_Dairesi
50
dass das Theaterstück von Brecht auch eine Spiegelung eines anderen Textes, bzw.
einer chinesischen Geschichte und/oder Salomons Urteil ist. Brecht wollte in seinem
Theaterstück (‘Der kaukasische Kreidekreis’) die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’
bearbeiten, indem er auf die chinesische Geschichte zurückgriff. Nachdem Julia
Kristeva den Begriff ‘Intertextualität’ in die Wissenschaft einbracht hat, verwendet man
diesen Begriff in unterschiedlichen Formen. Die wichtigste Bedeutung von
‘Intertextualität’ ist, dass im Prinzip kein Text originel ist.
Brecht, der Schriftsteller des Theaterstücks ‘Der kaukasische Kreidekreis’,
nutzte bewusst einen anderen Text in seinem Theaterstück. Wir berichteten in der
Arbeit, dass es zwischen Texten offene und geschlossene Beziehungen gibt. Die offene
Beziehung zwischen Texten stellt für den Leser kein Promlem dar, weil sie schon
wissen, dass der Autor darauf hinweist, dass er zitiert. Bei der offenen Beziehung,
wissen die Leser oder Zuschauer, dass das Werk eine Spiegelung des originallen Textes
ist, deswegen können sie feststellen, ob das Werk gut repräsentiert wird. Man kann
behaupten, dass die Leser oder Zuschauer der offenen Beziehung das repräsentierte
Werk besser interpretieren können.
Wenn wir das Theaterstück von Brecht mit der chinesichen Geschichte
vergleichen, können wir die Kreativität bei der Unformung der echten Geschichte
sehen. Aber wenn wir das Theaterstück ‘Der kaukasiche Kreidekreis’ mit ‘Salomons
Urteil’ vergleichen, können wir sehen, dass die beiden ein ähnliches Ende haben, in
dem der Berechtige gewinnt. Das Theaterstück hat von diese Geschichten profitiert. Die
erste Geschichte, dass im alten Testament Platz hat, ist wie gefolgt:
“Damals kamen zwei Dirnen und traten vor den König. Die eine sagte:
„Bitte, Herr, ich und diese Frau wohnen im gleichen Haus, und ich habe
dort in ihrem Beisein geboren. Am dritten Tag nach meiner Niederkunft
gebar auch diese Frau. Wir waren beisammen; kein Fremder war bei uns
im Haus, nur wir beide waren dort. Nun starb der Sohn dieser Frau
während der Nacht; denn sie hatte ihn im Schlaf erdrückt. Sie stand mitten
in der Nacht auf, nahm mir mein Kind weg, während deine Magd schlief,
und legte es an ihre Seite. Ihr totes Kind aber legte sie an meine Seite. Als
ich am Morgen aufstand, um mein Kind zu stillen, war es tot. Als ich es
aber am Morgen genau ansah, war es nicht mein Kind, das ich geboren
hatte.“
51
Da rief die andere Frau: „Nein, mein Kind lebt, und dein Kind ist tot.“
Doch die erste entgegnete:„Nein, dein Kind ist tot, und mein Kind lebt.“
Man brachte es vor den König.
So stritten sie vor dem König.
Da begann der König: „Diese sagt: 'Mein Kind lebt, und dein Kind ist tot!' und
jene sagt: 'Nein, dein Kind ist tot, und mein Kind lebt.'“
Und der König fuhr fort: „Holt mir ein Schwert!“
Nun entschied er: „Schneidet das lebende Kind entzwei, und gebt eine Hälfte der
einen und eine Hälfte der anderen!“
Doch nun bat die Mutter des lebenden Kindes den König - es regte sich nämlich
in ihr die mütterliche Liebe zu ihrem Kind: „Bitte, Herr, gebt ihr das lebende
Kind, und tötet es nicht!“
Doch die andere rief: „Es soll weder mir noch dir gehören. Zerteilt es!“
Da befahl der König: „Gebt jener das lebende Kind, und tötet es nicht; denn sie
ist seine Mutter“ (I. Kön, 3:16-28) .
Obwohl diese Geschichte im Quran nicht geschrieben wurden, hat sie in der
islamischen Kultur einen wichtigen Platz. Die Hauptsache, die in dieser Geschichte
betont wird, dass Salomon ein gerechter und kluger König ist. Das Ziel der Geschichte
von Salomon, die wir in heligen Büchern bespielweise im Quran und alten Testament
antreffen, ist es uns zu zeigen, wie gut Salomon sein Land regiert hat.
Die zweite Geschichte, de im Quran Platz hat, ist wie gefolgt:
“78. Ve Davud ve Süleyman... Hani, halkın davarının yayıldığı ekinler
hakkında hüküm veriyorlardı da biz hükümlerine tanıklar olmuştuk.
79. Onu Süleyman’a derhal kavrattık. Her birine hükümdarlık ve bilgi erdik.
Davud’a dağları boyun eğdirdik. Kuşlarla beraber tesbih ediyorlardı.
Yapmak isteyince yapanlarız biz!
80. Ona, sizi, sizin şiddetinizden koruyacak olan, zırh yapma sanatını
öğrettik. Peki siz şükrediyor musunuz?
81.
Ve
Süleyman’a
kasırgayı
boyun
eğdirdik.
İçini
bereketlerle
doldurduğumuz toprağa doğru onun emriyle akıp giderdi. Her şeyi bilenleriz
biz“
52
82. Kendisi için dalgıçlık eden, daha başka iş de yapan bazı şeytanları
da onun emrine verdik. Biz onları koruyup gözetiyorduk’ (Al-Anbiya, 25:
78-82).
‘78.Und David und Salomo richteten über den Acker, worin sich die Schafe
eines Volkes zur Nachtzeitverliefen und weideten; und Wir waren Zeugen
ihres Urteilspruches.
79.Wir gaben Salomo volle Einsicht in die Sache, und jedem (von ihnen)
gaben Wir Weisheit und Wissen. Und Wir machten die Berge und die Vögel
dienstbar, mit David zusammen (Allahs) Preis zu verkünden, und Wir
konnten das tun.
80.Und Wir lehrten ihn das Verfertigen eurer Panzerhemden, auf daß sie
euch in eurem Kampf schützen mögen. Wollt ihr denn nicht dankbar sein?
81.Und Salomo (machten Wir) den Wind (dienstbar), der in seinem
Auftrage in das Land blies, das Wir gesegnet hatten. Und Wir besitzen
Kenntnis von allen Dingen.
82.und von den Satanen, die für ihn tauchten und dazu noch andere Werke
verrichteten; und Wir Selbst beaufsichtigten sie.’ (Al-Anbiya, 25: 78-82)45
Die Geschichte, die im heiligen Quran wie oben geschrieben wurde, ist von
vielen Interpretern wie folgt interpretiert:
‘[…] Ayette geçen ‘hars’ ve ‘ganem’ kelimeleri, ‘ekin’ ve ‘sürü’ olarak
çevrilmektedir. Bu çeviri, klasik tefsirlerdeki şu rivayetlerden de destek
bulmaktadır:
Rivayete göre ‘Bir koyun sürüsü, bir ekin tarlasına girmiş ve tarlayı tahrip
etmiştir. Tarla sahibi sürü sahibinden şikayetçi olmuş ve bu şikayetini Hz.
Dâvud’a arz etmiş. Hz. Dâvud, koyun sürüsünün tamamının tazminat olarak
tarla sahibine verilmesine hükmetmiş; ancak oğlu Hz. Süleyman bu cezayı
ağır bulmuş ve koyun sürüsünün sadece bir yıllık intifah (kullanım)
hakkının tarla sahibine verilmesini uygun görmüştür. ‘Koyunları, ekin
sahibine
45
ver.
Onların
sütlerinden,
yavrularından
Vgl. http:// www.islamisches-zentrum-muenchen.de/quran01.pdf
ve
yünlerinden
53
faydalansınlar. Ekin tarlasını da, koyun sahibine ver. Eski haline gelinceye
kadar onu ıslah edip düzeltsin.’46
D.h. ‘[…] Die Wörter ‘hars’ und ‘ganem’, die in Koranversen gesehen werden,
bedeuten ‘Feld’ und ‘Schar’. Diese Übersetzung/Interpretation findet Unterstützung von
folgenden Sage: Laut den Interpreten: Die Schafe eines Mannes sind in ein fremdes
Feld gegangen und haben dort alles kaputt gemacht. Der Besitzer des Feldes klägt zum
Propheten David den Besitzer der Schafe. Der Prophet David beschloss, die Schafe, als
Entschädigung dem Kläger zu geben, dessen Feld zerstört worden war. Aber der
Prophet Salomon empfand diesen Urteil als viel zu streng, deshalb empfahl er die
Schafe für ein Jahr dem Besitzer des Feldes zu geben. Er befahl: ‘Gib die Schafe dem
Besitzer des Feldes, damit er die Milch, die Lämmer und die Wolle verwenden kann.
Und gib das Feld dem Besitzer der Schafe! Er soll das Feld wieder in Ordnung
bringen.’47
‘22 Und jeder böse und nichtswürdige Mann von den Männern, die mit David
gezogen waren, hob an und sprach: Darum daß sie nicht mit uns gezogen sind, wollen
wir ihnen von der Beute, die wir entrissen haben, nichts geben, als nur einem jeden sein
Weib und seine Kinder, daß sie sie wegführen und hingehen.
23 Aber David sprach: Tut nicht also, meine Brüder, mit dem was der HERR
uns gegeben hat; und er hat uns behütet und die Schar, die über uns gekommen war, in
unsere Hand gegeben.
24 Und wer wird in dieser Sache auf euch hören? Denn wie das Teil dessen, der
in den Streit hinabzieht, so soll auch das Teil dessen sein, der bei dem Geräte bleibt:
gemeinsam sollen sie teilen.
25 Und so geschah es von jenem Tage an und hinfort; und er machte es zur
Satzung und zum Recht für Israel bis auf diesen Tag.
26 Und David kam nach Ziklag; und er sandte von der Beute den Ältesten Judas,
seinen Freunden, und sprach: Siehe, da habt ihr ein Geschenk von der Beute der Feinde
des HERRN’ (I. Samuel,30: 22-26)
Somit verstehen wir, dass die Werke, die wir in unserer Arbeit zur Hand
nehmen, in einer engen Beziehung mit der Geschichte ‘Salomons Urteil’ sind.
Da die
46
Vgl. Ebu’l-Fida Ismail ibn Kesir, (ö.774/1373), Tefsiru’l-Kur’ani’l-Azim,I_XU, IX, cilt 9,
s.471.;Celaleddin es-suyuti(ö991/1445), ed-durru’l-Mensur et tefsir bi’l Me’sur,I-XVII,cilt 10 ,s.318-321.
47
Übersetzt von Bahar Kahya.
54
Geschichte ‘SalomonsUrteil’ chronologisch von den anderen Werken ‘Der kaukasische
Kreidekreis’ und ‘die chinesische Geschichte’, geschrieben wurde, können wir sagen,
dass die anderen Werke von dieser Geschichte beeinflusst wurden. In diesem
Zusammenhang ist ‘Salomons Urteil’ die Urgeschichte, von der die anderen Werke
inspiriert wurden.
Cengiz Duman, der eine wissenschatliche Arbeit über die Geschichte in den
heiligen Büchern schreibt, berichtet:
‘Dolayısı ile Kur'an'ı Kerim’in; Tevrat veİncil’de geçen bazı hususlardan
bahsetmesi kadar doğal bir durum olamazdı. Çünkü Allah, Kur'an inmeden
evvel yolladığı bu mukaddes kitaplarda da Kur'an'da olduğu gibi, kıssalara
yer vererek o kitaplara muhatap toplumların da bu gibi örneklerden öğüt ve
ibret almasını istemiştir.’48
‘In diesem Zusammenhang ist es ganz normal, dass der Quran einige
Geschichten, die sich sowohl im alten Testament als auch im neuen
Testament befinden, erläutert. Bevor Gott uns den Quran geschickt hat,
wollte er, dass wir, wie er es nacher auch im Quran schrieb, dass wir etwas
aus den heiligen Büchern lernen sollten.’49
Salomon, von dem in den heiligen Büchern viel geschrieben wurde, und die
Ähnlichkeit der Geschichten in den heiligen Büchern und die Chronologie der
Geschichten zeigen uns, dass ‘Salomons Urteil’ die Urgeschichte ist, von der Brecht
und chinesische Geschichte inspriert wurden.
Wenn wir nun die Beziehung zwischen dem Theaterstück von Brecht und
Salomons Urteil aufeinander beziehen, können wir sagen, dass es eine ‘offene
Beziehung’ ohne Umarbeitung ist, weil Brecht wörtlich aus Salomons Urteil vom alten
Testament inspiriert wird. Und wenn wir das Theaterstück ‘Der kaukasische
Kreidekreis’ mit der chinesischen Geschichte vergleichen, stellen wir fest, dass es mit
der chinesischen Geschichte auch eine offene Beziehung hat. In diesem Zusammenhang
bezieht sich die chinesische Geschichte auch mit dem ‘Salomons Urteil’. Hier kann man
48
Vgl. http://www.haksozhaber.net/kuran-kissalari-baska-kutsal-kitaplarda-da-yer-alabilir-mi 11062yy.htm.
49
Überssetzt von Bahar Kahya
55
von der Umarbeitung sprechen, weil das Ende der Geschichte unterschiedlich ist. Der
Richter gibt in der originalen chinesichen Geschichte das Kind der leiblichen Mutter.
Da Brecht der Ansicht war, dass das nicht Gerechtigkeit darstellt, das Kind der
leiblichen Mutter zu geben, stellte er das in seinem Theaterstück anders dar. Aber wie
oben bereits gesagt: es handelt sich um eine ‘offene Beziehung’ zwischen chinesischer
Geschichte und Brechttext, weil Brecht direkt entnimt. Hier spielt die veränderte
Aussage eine zentrale Rolle. In der chinesischen Geschichte gibt der Richter das Kind
der leiblichen Mutter, weil sie ihr Kind aus dem Kreis nicht ziehen und das Kind nicht
zerstören möchte. Man sieht die gleiche Geschichte in Brechts Theaterstück und in der
Geschichte ‘Salomons Urteil’, dass auch diejenige, die sich um das Kind kümmert,
belohnt wird. Als Unterschied zwischen drei Werken können wir die Verhältnisse der
leiblichen Müttern zeigen. Obwohl im Salomons Urteil und in der chinesischen
Geschichte die leiblichen Mütter von ihren Kinder verzichten, um das Kind nicht zu
zerstören, stellt Brecht das in seinem Theaterstück anders dar. In seinem Theaterstück
möchte die Stiefmutter das Kind nicht zerstören, deswegen verzichtet sie vom Kind.
Der Konflikt in Brechts Theaterstück ist nicht derjenige zwischen zwei beliebigen
Müttern, sondern es ist der Kampf zwischen Gut und Böse; und am Ende des Werkes
gewinnt das Gute.
Brechts Theaterstück ist eine ‘direkte Umformung’, weil das Thema gleich, aber
die Gattung aber verschieden ist. Die erste (chinesiche) Geschichte besteht nur aus einer
Geschichte und sie ist nicht in Dramenform geschrieben. In stilistischer Hinsicht sind
beide Werke deutlich unterschiedlich. Brecht, der die überragende Bedeutung der
‘Mühe’ herausstellen mochte, schrieb sein Theaterstück unter Rückgriff auf einen
anderen Text. Man kann leicht feststellen, dass Brecht eigentlich die chinesiche
Geschichte kritisiert, indem er die Geschichte verändert. Da er Blutverwandschaft in der
originalen chinesischen Geschichte nicht so wichtig fand, stellte er die Geschichte in
seinem Theaterstück anders dar. Er hat die Geschichte re-produziert.
Brecht hätte die chinesische Geschichte direkt, ohne stilistische Veränderungen
bzw. ohne Gattungswechsel noch einmal schreiben können. Aber dann wäre sein Text
eine bloße Wiederholung der chinesischen
Geschichte gewesen.
Stilistische
Umformungen in seinem Theaterstück, z. B. eine Geschichte in einer Geschichte oder
eine Geschichte in einem Theaterstück zu schreiben, unterscheidet sein Theaterstück
von der chinesischen Geschichte. Die originale chinesische Geschichte ist eine schon
seit langem bekannte und von Generation zu Generation erzählte Geschichte. Aber das
56
Theaterstück von Brecht ist ein als Drama geschriebenes und aus einer
Rahmenhandlung bestehendes Werk.
Obwohl die beiden Werke inhaltlich gleich
erscheinen, sind ihre stilistische Umformungen unterschiedlich. Wir können sagen, dass
diese Werke thematisch eine direkte, stilistisch aber eine indirekte Beziehung haben.
Die Bearbeitungen der Geschichte sind unterschiedlich. Brecht sucht nach den
Antworten auf die Fragen: ‘Wem gehört das Kind? Gehört das Kind der Mutter, die es
verlassen hat oder gehört es der, die es gefunden und erzogen hat?’ Am Ende des
Theaterstücks beantwortet er diese Frage mit seiner Entscheidung. Obwohl Azdak, der
Richter im Theaterstück, weiß, dass das Kind nicht zu Grusche gehört, gibt er es ihr,
weil sie sich immer um das Kind kümmerte. Mit diesem Urteil symbolisiert Azdak die
Gerechtigkeit, wie Salomon.
3.5. Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen der Film- und der Literatursprache
Die Frage, ob das Kino eine besondere Sprache hat, ist von vielen
Wissenschaftlern untersucht worden. Nach dem Semiologen Metz50, hat das Kino eine
Filmgrammatik. Metz schrieb in der Mitte der 1970er einen Artikel, der ‘Modern
Cinema and Narrativity’ hieß, in dem er den Begriff ‘Filmsprache’ kritisierte. Seiner
Meinung nach sind Filmsprache und Sprache unterschiedliche Begriffe, die eine
Grammatik haben. Metz denkt, dass alle Regisseure diese Filmgrammatik verwenden
sollten. Aber jeder Regisseur benutzt diese Grammatik anders. Für Metz haben die
Code eine wichtige Rolle in einem Film. Der Regisseur verwendet die Code, um den
Zuschauern seinen Text zu übermitteln. Manche Code sind die bestimmten Codes, die
alle Zuschauer verstehen können. Z.B. Wenn wir den Feind von Ilyas im Film zum
ersten mal sahen, spürten wir, dass Ilyas ihn nicht mochte, weil wir in diesem Moment
eine Musik, die uns warnten, gehört. Da der Film seine eigene Sprache hat, bedeutet das
nicht, dass jedes Code man in allen Filmen finden kann. Das Kino-Film ist ein
Oberbegriff, die aus vielen Unterbegriffen besteht. Man kann ein Code, das man in
einem Horror-Film verwendet, nicht in einer Komödie verwenden.
Der Tod, egal wie alt ein Sterbender ist, ist immer ein trauriger Fall. Wenn der
Regisseur in seinem Film eine Todeszene filmen will, sollte er in dieser Szene traurige
50
Christian Metz ist ein französischer Semiologe. Er vertritt, dass die Filme eine Grammatik haben.
57
Leute und elegische Musik verwenden. Es wäre in europäischen Gesellschaften bspw.
(in der Regel) nicht realistisch, wenn der Regisseur in dieser Szene ein Bild von Glück
und Wohlgefallen zeichnen würde. Aber wie oben gesagt, sind die Codes häufig
unterschiedlich. Hier spielen kulturelle Eigentümlichkeiten eine wichtige Rolle. Wenn
es irgendwo in der Welt Leute gibt, die das Sterben und den Tod (anderer) als Glück
empfinden, müßten die Codes im Film anders sein.
‘Nicht, weil das Kino eine Sprache ist, kann es uns so schöne Geschichten
erzählen, sondern weil es sie uns erzählt hat, ist es eine Sprache geworden’(Zit. nach:
Paech, 1988, s.25). Wir können sagen, dass jeder Film eine Filmgrammatik hat, die sich
wechselt. Diese Veränderungen sind nicht nur durch gesellschaftliche Regeln bedingt,
sondern auch durch Genrekonventionen des Films. Man kann sagen, dass jeder Film ein
Aufsatz, der seine eigene Grammatik, seine eigene Codes hat. In einem Cowboyfilm
sehen wir oft Waffen. Weil wir in Cowboyfilmen Waffen sehen, bedeutet das nicht,
dass wir bspw. in Liebesfilmen auch Waffen sehen sollten. Waffen gehören nicht zur
Grammatik von Liebesfilmen, sondern zur Grammatik von Cowboyfilmen. Diese
Grammatik kann uns über die Geschichte, die Gesellschaft und anderes, die im Film
erzählt werden, aufklären. Solche Codes gelten nicht nur für das Kino, sondern auch für
die Literatur. Wir wissen, dass auch die Literatur ihre eigene Sprache bzw. Grammatik
hat. Wenn wir den Begriff ‘Literatur’ als Oberbegriff annehmen, können wir sehen,
dass sie Unterbegriffe hat. Obwohl die Literatur eine gemeinsame Grammatik hat, hat
jeder dieser Unterbegriff seine eigene Sprache. Während Wörter, Sätze und Satzzeichen
die Grammatik der schriftlichen Literatur sind, haben die Unterbegriffe der Literatur
eigene Codes. Wenn man einen Krimi schreiben will, sollte man spannende Elemente
verwenden. Solche Elemente soll man jedoch in der Regel nicht in einer
Liebesgeschichte verwenden. Man kann also festhalten, dass jede Art besondere Codes
hat. Solche Codes treffen wir auch im Theaterstück von Brecht und im Film ‘Selvi
Boylum Al Yazmalım’ von Yilmaz an. Da ‘Der kaukasische Kreidekreis’ ein
Theaterstück ist, ist es der Form nach als Drama geschrieben. Wir wissen, dass das
Drama eine literarische Gattung mit eigenen Regeln ist, die sich von denjenigen der
Epik und der Lyrik unterscheiden. Seine bezeichnende Besonderheit ist es, dass es in
Dialog- oder Monologform geschrieben wird (inkl. Regieanweisungen) und das es
inszenisiert werden kann. Dramen haben häufig Akte und Szenen. Wie auch Paech
andeutet, bedeutet das Filmszenerium für ihn eine Art der literaturische Gattung.
58
‘Das Filmszenarium ist heute eine literarische Gattung genauso wie Roman
oder Drama, weil es mit Worten, in einer zeitlich ablaufenden Fabel
Menschengestalten und Schicksale darstellt. Das Filmszenarium ist
prinzipiell den klassischen Gattungen der Literatur ebenbürtig, selbst wenn
es keine klassischen Meisterwerke hervorgebracht haben sollte’ (Zit. nach:
Paech, 1988, s.111).
Dass das Filmszenerium eine Art der Literatur ist, gilt es nicht nur fürs
Filmszenarium, sondern auch für die Bühnenanweisung. Beide haben eine Grammatik.
Wenn man ein Filmszenarium schreiben möchte, muss man sowohl über die Regeln der
Sprache als auch über die aussersprachlichen Wirklichkeiten Bescheid wissen. Hier
spielen Geräusche, Musik, Schauspielen etc. eine wichtige Rolle hinsichtlich der
aussersprachlichen Wirklichkeiten der Sprache. Jedes Element hat eine eigene
Bedeutung und diese Elemente haben immer unterschiedliche Bedeutungen in Filmen.
Z. B. berichten in einem Horrorfilm bestimmte Geräusche über ein schreckliches
Geschehen. Diese Geräusche können in einem Liebesfilm nicht zuimindest nicht ohne
weiteres eingesetzt werden. Literatur und Kino gehen meist Hand in Hand, deshalb sind
Filme mit ihren unterschiedlichen Codes und Grammatiken ein Teil der Literatur.
‘[…] Und daher meinte Enno Patalas mit seiner Frage ‘Kann man einen
Film lesen? auch gar nicht mehr die Filme selbst, sondern Szenarien als die
Präsenz von Filmen in ihrer literarischer Form; Voraussetzung ist, dass die
Filme ihrerseits literaturfähig sind’ (Zit. nach: Paech, 1988, s.112).
Einen Film zu lesen ist mit dem Szenarium möglich. Das Kino ist nicht nur
visuelles, sondern auch schriftliches Medium, das eine enge Beziehung mit der Literatur
hat, deshalb hat es eine Sprache oder Grammatik, wie Metz gesagt hat. Aber das
bedeutet nicht, dass das Kino ohne Literatur nicht leben kann, weil die Stummfilme ein
Teil des Kinos sind.
‘Als ich ‘Der lebende Leichnam’ geschrieben habe, habe ich mir die Haare
gerauft und an den Nägeln gekaut, weil ich nicht genug Szenen, genug
Bilder darstellen konnte, weil ich nicht schnell genug von einem Ereignis
zum nächsten übergehen konnte […] Aber Filme! Sie sind wundervoll!
59
Drrrr! Und eine Szene ist fertig! Drrrr! Und da ist noch eine! Wir brauchen
nur hinzusehen: Da ist die Küste, die Stadt, der Palast- und im Palast
ereignet sich eine Tragödie [...]’ (Zit. nach: Paech, 1988, s.123),
sagte der erfolgreiche Schriftsteller Tolstoi und betonte damit, dass man mit einem Film
alles machen kann. Während man eine Situation in einem Buch manchmal über viele
Seiten hinweg beschreiben muss, macht man das in einem Film mit nur einer Szene und
manchmal sogar ganz ohne Worte. Das treffen wir auch im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ an. Wenn wir den Film anschauen, sehen wir, dass es im Film nicht so viele
gegenseitige Dialogen gibt. Der Film, der viel mehr aus kurzen inneren Monologen
besteht, spielen visuelle Elemente, Szenen eine wichtige Rolle. Wie Tolstoi auch sagte,
sind die Bilder genug um das nicht gesagte darzustellen. Mit Hilfe der Bilder können
wir Zuschauer den Film lesen. Für das Theaterstück von Brecht, das in Drama
geschrieben wurden, ist es nicht von visuellen Elementen zu sprechen. Hier spielen die
Beschriebungen eine wichtige Rolle. Brecht, der die Grammatik des Dramas sehr gut
verwendete, beschrieb in seinem Theaterstück die Charaktere und Handlungen
detailiert.
Wie wir betrachten, ist es seit langem diskutiert, ob ein Film seine eigene
Sprache/Grammatik hat. Über die Filme, die ihre eigene Grammatik haben, dachte
Dziga Vertov, der Polnischer Dokumentarfilmregisseur und der Begründer des
sogenannten Kino-Auges war, dass sie die Menschen beeinflussen konnten. Seiner
Meinung nach waren die konventionellen Filme, diejenigen also, die mit den
beschriebenen Codes und Grammatiken um der Wirklichkeitsillusion wegen arbeiten,
als bloßer Oberflächenrealismus oder platte Mimesis gefährlich für die Menschen.
Dziga Vertow sieht also in realistischen Filmen so etwas wie Drogen. Solche Filme
zeigen nicht die Wahrheit, die hinter der Oberfläche des sinnlich Erfahrbaren steckt.
Alle Codes in diesem Sinne sind fiktiv: Dekor, Ort, Schauspielen, Szenarium, Kamera.
Das Szenarium ist ein geplanntes Mittel in einem Film und mit Hilfe der Kamera sieht
man niemals die Wahrheit. Vertovs Meinung nach ist das Szenarium eine Fiktion eines
Einzelnen oder einer Gruppe. Vertov protestert gegen den Mißbrauch des Films zum
Zwecke der Wirklichkeitsillusion, deshalb begründet er seine eigene Filmwelt, indem er
Dokumentarfilme konstruiert. Sein bekannter Film ‘Ein Mann mit der Kamera’ ist ein
gutes Beispiel dafür. In diesem Film zeigt Vertov uns, was ein Mann, der auf der
60
Strasse ist, macht. In der Tat ist Vertov nicht gegen das Szenarium. Er findet aber Filme
unsinnig, deren Szenarien nicht das montierte Ergebnis eines Erkenntnisaktes sind.
‘Ich bin Kinoglaz. Von einem nehme ich die stärkesten und geschicktesten
Hände, von einem anderen die schlankesten Beine, von einem dritten den
schönesten und ausdrucksvollsten Kopf und schaffe durch die Montage
einen
neuen
volkommenden
Menschen’
(Zitiert
nach:
http://cinetext.philo.at/magazine/schaefer/vertov.html).
Seiner Meinung nach kann man nur mit den spezifischen Kinomitteln einen Film
schaffen, das sind vor allem Kamera, Schnitt und Montage. Er betont eigentlich, dass
man mit der Kamera die Welt anders sieht, mit seinen eigenen Augen sieht. Wenn die
Kamera alles anders zeigt, können die Menschen die Wahrheit nicht sehen. Wie oben
gesagt, hat der Film wie auch immer eigene Codes, Grammatiken und eine Sprache und
die Kamera ist ein Instrument, das diesen dient. Es ist möglich, mit einer Kamera alles
möglich zu machen. Besonders spielen die Aufnahme-Techniken im Film eine wichtige
Rolle. Der Standpunkt der Kamera in einem Film erzäht uns viel. Im folgenden
versuchen wir zu erklären, welche Aufnahme-Techniken man in einem Film verwenden
kann.
•
‘Weit (W): […] Ein ‘extreme long-shot’, so wird eine solche Einstellung im
Amerikanischen genannt, wird eingesetzt, um weite Wüsten, Berge, grosse
Ebenen aufzunehmen, oft von einem erhöhten Standpunkt aus, um dem
Zuschauer einen Überblick zu verschaffen, in eine Stimmung zu versetzen,
ihn auf etwas vorzubereiten.
•
Totale (T): […] Als ‘long shot’ im Amerikanischen bezeichnet, dient sie
dazu, vor Beginn einer Aktion die Szenerie als deren Rahmen zu
präsentieren. Der ‘long shot’ soll alle Elemente der Szene zeigen, die wir als
Zuschauer/innen kennen und lokalisieren müssen, um der folgenden Aktion
folgen zu können.
•
Halbtotele (HT): Hier ist die menschliche Figur von Kopf bis Fuss zu sehen.
Diese Einstellung eignet sich für die Darstellung von Menschengruppen,
sowie körperbetonter Aktionen. Im Amerikanischen sind auch diese
Einstellungen ‘long shots’.
61
•
Amerikanisch (A): Diese Einstellung hat sich aus dem Western heraus
entwickelt und zeigt die Figuren so, dass man z. B. in einem Show down
nicht nur das angespannte Gesicht sehen kann, sondern auch wie die Hand
zum Revolver greift, um den entscheidenden Schuss abzugeben. Diese
Kategorie wird nicht immer verwendet.
•
Halbnah (HN): Als Halbnah bezeichnen wir eine Einstellung, die den
Menschen von der Hüfte an aufwärts zeigt. Sie ermöglicht noch eine
Aussage über die unmittelbare Umgebung, stellt das Situative in den
Vordergrund, zeigt vom Menschen zumeist den auf den Oberkörper und das
Gesicht bezogenen Handlungsraum. Im Amerikanischen heisst sie ‘medium
shot’. Sie wird häufig auch bei Figurenkonstellationen eingesetzt und
deshalb noch einmal differenziert nach der Zahl der im Bild gezeigten
Personen zwischen einem ‘two-shot’ und einem ‘three-shot’. Die ‘two
shot’-Aufnahme zeigt zwei Personen, zumeist im Dialog miteinander, oft
Auge in Auge, während die Kamera beide im Profil zeigt. Entsprechend
zeigt die ‘three-shot’-Aufnahme drei Personen, weitere Formen sind: ‘single
shot’ und ‘group shot’
•
Nah (N): Der Mensch wrd vom Kopf bis zur Mitte des Oberkörpers gezeigt.
Mimische und gestische Elemente stehen im Vordergrund. Solche
Einstellungen werden vorzugsweise für das Zeigen von Diskussionen und
Gespächen benutzt. ‘Medium close up’ oder auch ‘close shot’ heisst es im
Amerikanischen, was schon den Übergang zur Grossaufnahme zeigt.
•
Gross (G): konzentriert den Blick des Zuschauers ganz auf den Kopf des
Abgebildeten. Hier wird der mimische Ausdruck hervorgehoben. Damit
werden auch intime Regungen der Figur gezeigt, die den Dargestellten
charakterisieren und die oft auch die Identifikation des Zuschauers mit der
Figur erhöhen sollen. ‘Close ups’ werden sie im Amerikanischen genannt,
oder auch präzier ‘Head and shoulder close up’.
•
Ganz Gross oder Detail (D): Vom Gesicht ist nur noch ein Ausschnitt zu
sehen. Alles konzentriert sich auf den Mund, die Augen, aber auch
Gegenstände können auf diese Weise dem Betrachter nahe gebracht werden’
(Zit. nach: Hickethier, 2012, s. 55-56).
62
Wir wissen, dass Aufnahmewinkel ein Element eines Films sind. Aufgrund von
unterschiedlichen Aufnahmewinkeln können wir verstehen, was der Film im Moment
betonen will. Wir Zuschauer fühlen manchmal, wenn wir eine Weitaufnahme sehen,
was wir in der folgenden Szene sehen werden. Das nennt man Sprache oder Grammatik
des Films. Jedes Element ist wie ein Berichterstatter. Da die Kamera auch
Sprach/Grammatik des Films ist, erzählt sie uns alles, das sie sieht. Die Kamera sieht
alles und was sie sieht, präsentiert sie uns mit ihrer eigenen Sprache. Hier spielen
Kameraperspektive und Kamerabewegungen eine wichtige Rolle. Wenn in einem Film
ein Sache, z. B ein Bahnhof, in einer Grossaufnahme öfters gezeigt wird, bedeutet das
in der Regel, dass dieser Bahnhof für den Film ein wichtiges Symbol ist. In der Arbeit
berichteten wir, dass der LKW einen wichtigen Platz im Film hat, weil wir den LKW im
Film öfters sahen. Er war nicht nur ein LKW, sondern auch ein Freund.
Der Film hat nicht nur visuelle, sondern auch auditive Elemente. Geräusche und
Musik spielen eine wichtige Rolle in einem Film. Die Geräusche beeinflussen uns,
wenn wir einen Film sehen. Die Geräusche bedeuten nicht nur Lärme, sondern sie
haben andere Bedeutungen und Aufgaben in einem Film. Wenn wir einen Horrorfilm
sehen, beeindrucken uns die vom Wald her kommenden Geräuschen tief, so dass wir
vermuten, dass diese Geräuschen real sind. Aber ähnlichen Geräuschen aus einem Wald
sprechen wir eine andere Bedeutung zu, wenn sie in einem Liebesfilm verwendet
werden. Das gilt auch für die Musik. Als Code hat Musik eine grosse Bedeutung im
Film; sie ist so groß, dass manche Filme mehr durch ihre Titelmusik als durch ihre
Bilder bekannt sind. Wie Geräusche, kann auch die Musik mit dem Thema des Films
harmonisch einhergehen. Wenn wir über den Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’
sprechen, können wir auf viele Szenen verweisen, in denen Musik und Sprache Hand in
Hand gehen. Wenn Asya und Ilyas sich treffen, hört man emotionale Musik, wenn es
einen Konflikt gibt, spielt häufig in diesem Moment eine harte Musik. Musik in einem
Film zu hören hat nicht nur den Aspekt von Intermedialität, sondern Musik gehört selbst
zur Filmsprache bzw. Filmgrammatik. In unserer Zeit ist es fast unmöglich einen Film
ohne Musik zu machen. So wichtig ist Musik als ein Code des Films.
Kino ist sowohl schriftliche als auch mündliche Kunst, deshalb spielt das
Schauspielen auch eine so wichtige Rolle im Film. Ein Schauspieler soll nach
realistischen Verständnis niemals zeigen, dass er nur eine Rolle spielt. Wenn der
Zuschauer die Rolle im Film für reales Leben hält und nicht mehr zwischen Rolle und
Schausspieler unterscheidet, bedeutet das, dass der Schauspieler seine Rolle gut gespielt
63
hat. Es stellt sich allerdings die Frage, ob ein Film so organisiert sein soll – man denke
an die Theorie des epischen Theaters von Brecht oder an die Aussagen von Vertov.
Nach Vertov bezaubern die Filme jedenfalls die Menschen, deswegen können sie nicht
mehr an die Wahrheit denken, die hinter dem Gezeigten steht. Und Brecht vertritt die
Meinung, dass es falsch ist, wenn die Zuschauer beim Theaterstück die Schauspieler
einfühlen. Da das Kino eine eigene Art in der Kunst ist, muss es nicht nur aus
Dokmentarfilmen bestehen, die nur die Wahrheit reflektieren, sondern es spielen in der
Filmgrammatik auch die Kreativität und Einbildungskraft eine wichtige Rolle. Hier ist
es wichtig, ob man zeigen kann, dass der Film realistisch aber nicht real ist.
64
IV. TEIL
DIE BEGRIFFE ‘MÜHE’ UND ‘GERECHTIGKEIT’ IM THETERSTÜCK
‘DER KAUKASISCHE KREIDEKREIS’ UND IM FILM ‘SELVI BOYLUM AL
YAZMALIM’
4.1. Die Komparatistik der Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ (Vergleichende
Darstellung der ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ in der türkischen und deutschen
Wörterbüchern)
In diesem Teil der Arbeit nehmen wir erst die Begriffe ‘Mühe’ und
‘Gerechtigkeit’ zur Hand, indem wir zuerst die Entsprechungen in Wörterbüchern
reflektieren und dann untersuchen wir, die Rezepzion dieser zwei Begriffe bei Brecht
und Yılmaz in ihren Werken.
Im Wörterbuch von TDK beschreibt man den Begriff ‘Gerechtigkeit’ auf
Türkisch ‘adalet’:
1. Hak ve hukuka uygunluk, hakkı gözetme, doğruluk, türe
2. Bu işi uygulayan, yerine getiren devlet kuruluşları
4. Herkese kendine uygun düşeni, kendi hakkı olanı verme (TDK, 1988, s.21).
Im ottomanisch-türkischen Wörterbuch, das von Abdullah Yeğin geschrieben
wurde, beschreibt man den Begriff ‘Gerechtigkeit’:
Adalet: Zulüm etmemek. Hak sahibine hakkını vermek. Haksızları terbiye
etmek. İnsaf, mâdelet, dâd. Cenab-ı Hakkın emrini emrettiği şekilde tatbik etmek.
Suçluya Allah’ın emrini icra etmek.
Adalet-i izafiye: f. İzafi adalet, ‘adalet-i nisbiye’ de denir. Küll’ün selameti için,
cüz’ü feda eden adalet usulüdür. (Cemaat için ferdin hakk
ını nazara almaz, ‘ehven-üş
şer’diye bir nevi adalet-i izafiyeyi yapmağa çalışır. Fakat adalet-i mahza kabil-i tatbik
iken ‘adalet-iizafiye’ ye gidilmez, gidilse zulümdür) (Yeğin, 1992, s. 5-6).
Somit verstehen wir, dass das Glück/das Recht der Gesellschaft wichtiger als das
Glück des Menschen ist. Man könnte für das Glück der Gesellschaft einen Menschen
opfern.
65
Adalet-i mahza: f. Adaletin tam hakikisi, tam adalet. Adalet-i mahza ile adalet-i
izafiyenin izahı şudur ki: (Sûre 5. Âyet: 32) ayetin mana-yı işaresi ile (Bir masumun
hakkı, bütün halk için dahi iptal edilmez. Bir fert dahi umumun selameti için feda
edilmez. Cenab-ı Hakkın nazar-ı merhametinde Hak, Haktır. Küçüğüne büyüğüne
bakılmaz. Küçük büyük için iptal edilmez. Bir cemaatin selameti için bir ferdin rızası
bulunmadan hayatı ve hakkı feda edilmez. Hamiyet namına rızası ile olsa o başka
meseledir. (Mek.) (… Adalet-i İlahiyenin tam manası ile tecelli etmesi için haşir ve
Mahkeme-i Kübra’ya lüzum vardır ki, suçlu cezasını, suçsuz mükafatını görsün…)
(Ebd., s. 5-6).
Somit verstehen wir, dass das Glück/das Recht eines Menschen sehr wichtig ist,
so dass man für das Glück/das Recht der Gesellschaft nicht das Glück/der Recht des
Einzelnen opfern sollte.
Da das Wort ‘Gerechtigkeit’,‘adalet’ in türkischer Sprache ein mehrdeutiges
Wort ist, wollen wir die Synonyme zu dem Wort erklären.
Hakk: (Batılın zıddı) Doğru. Gerçek. Vacib ve lazım olan. Her sabit ve doğru
olan şey. Adalet. Herkesin meşru olan salâhiyeti, iktidarı, bir şey üzerindeki mâlikiyeti.
Dava ve iddia. Hakikate uygunluk. Geçmiş harcanmış emek. Pay hisse. Münasib. Din.
İslamiyet. Kur’an. Vukuu vacib, geleceği şüphesiz olan kimse. Kıyamet. Haklamak.
Hak saat, amel edene amelinin Hak olduğu gün. Mahz-ı Hakikat. Yapacağını yalansız
yapan kimse. Musîbet.
Hakkaniyet: Hakk’dan ve doğruluktan ayrılmamak. Adalet üzere bulunmak.
Adalet ve insaf ile lazım olanı icra etmek (Ebd., s.188).
Laut dem Wörterbuch von Duden lautet das Wort ‘Gerechtigkeit’ so:
Gerechtigkeit:
1a)
das
Gerechtsein;
Prinzip
eines
staatlichen
od.
gesellschaftlichen Verhaltens, das jedem gleichermaßen sein Recht gewährt: die soziale
G. ; die G. Des Richters, eines Urteils; G. fordern üben; jmdm. G
verschaffen,
wiederfahren lassen; b) etw., was als gerecht (2) angesehen wird: die G. wird ihren
Lauf nehmen (Duden, 1996, s.592).
66
Laut der Beschreibungen in Wörterbüchern können wir sagen, dass das Wort
‘Gerechtigkeit’ im engeren Sinne im Unterschied zum Begriff Subjektivität, das
Richtige zu sagen oder zu tun, gerechter sein, bedeutet.
Da auch der Begriff ‘Mühe’ im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und
im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ Leitmotiv ist, muss man erst wissen, was der
Begriff ‘Mühe’ bedeutet.
Laut dem Wörterbuch von TDK bedeutet der Begriff ‘Mühe’, ‘emek’ oder
‘çaba’:
Emek:
1. Bir işin yapılması için harcanan beden ve kafa gücü
2. İnsanın bilinçli olarak belli bir amaca ulaşmak için giriştiği hem doğal ve
toplumsal çerçevesini hem de kendisini değiştiren çalışma süreci, say
3. Uzun ve yorucu, özenli çalışma (TDK, 1988, s. 705).
Çaba:
Herhangi bir işi yapmak için ortaya konan güç, zorlu, sürekli çalışma, ceht.
[…] Çaba göstermek: Bir i şi başarmak için çalışmak, uğraşmak
[…] Çaba harcamak: Bir i şi yapabilmek için elden gelen bütün gücü kullanmak
(TDK, 1988, s. 419).
Laut dem Wörterbuch von Duden bedeutet der Begriff ‘Mühe’:
Mühe: mit Schwierigkeiten, Belastungen verbundene Anstrengun; zeitraubender
[Arbeits]aufwand: große, schwere, vergebliche –n; das ist verlorene M. ( das ist
vergeblich, nützt nichts); die –n, des Tages; die kleine Mühe ist nicht umsonst gewesen;
er hatte alle M. , die Sache wieder in Ordnung zu bringen; etw. Bereitet, kostet,
verursacht M. ; er scheute keine M., sein Ziel zu erreichen; machen Sie sich bitte keine
M. (Umstände) ! ; du hast dir damit viel M. gegeben, gemacht; die M. kannst du dir
sparen (damit erreichst du doch nichts); die Schulden nur mit M. bezahlen können; sich
(Dativ) M. geben (sich bemühen, anstrengen): ich gab mir M., laut zu sprechen; der
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/(seltener:) die M. wert sein (sich lohnen); mit M. und Not (mit großen Schwierigkeiten;
gerade noch) (Duden, 1996, s.1040).
Wie die Beschreibungen betonen, bezieht sich der Begriff ‘Mühe’ mit der Arbeit
und Bemühung. Was in Beschreibungen auffallend ist, dass die Mühe einige Zeit kostet
und sogar ‘zeitraubend’ ist.
Im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’, in denen diese Begriffe als Leitmotive behandelt wurden, kann man
kulturelle Ähnlichkeiten und Unterschiede auf den ersten Blick bemerken. Diese
Ähnlichkeiten und Unterschiede erforschen wir im folgenden Teil der Arbeit im
Rahmen des Mutter-, Vater-, Kind- und Richtermotivs.
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4.2. Die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’:
Das Muttermotiv, das Vatermotiv und das Kindsmotiv
4.2.1. Das Muttermotiv
Im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’, in dem die Begriffe ‘Mühe’ und
‘Gerechtigkeit’ dargestellt werden, gibt es keinen Richter im Unterschied zu Brechts
Theaterstück. Asya, die die Protagonistin im Film ist, zugleich Mutter und Richterin,
muss über das Schicksal ihres Kindes entscheiden.
In diesem Teil der Arbeit, in dem wir die Protoganisten zur Hand nehmen,
bearbeiten wir ihre Rolle im Film in unterschiedlichen Unterbegriffen, weil wir bei
ihnen mit der Zeit einige Veränderungen beobachtet haben.
4.2.1.1. Die ledige Asya/Der Anfag der Liebe
Asya ist in einem Dorf aufgewachsen und hat keine Bildung genossen. Ihr Leben
lang ist sie der Besitz ihrer Familie gewesen; später, wenn sie heiraten wird, wird sie
ihrem Mann gehören. Und dann ist da noch die Gesellschaft, der sie sich ihr Leben lang
unterwerfen muss. All dieses legt ihr viele Bürden auf.
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Als Ilyas Asya zum ersten mal zufälligerweise sieht und sie überreden möchte,
möchte sie gerne in seinen LKW einsteigen und mit ihm Kontakt aufnehmen. Aber die
Regeln, die ihre Mutter ihr vorgegeben hat und der in ihr Leben eingebettetete
gesellschaftliche Druck erlauben ihr das nicht. Asya versucht das innerlich zu ertragen.
Aber dennoch kann man sagen, dass sie manchmal dickköpfig ist. Sie macht
keineswegs all das, was ihre Familie von ihr verlangt. Beispielsweise heiratet sie Ilyas,
obwohl ihre Familie diese Heirat nicht akzeptiert hatte. Als sie mit Ilyas im LKW ist,
denkt Asya an die Worte ihrer Mutter. ‘Man hat mir beigebracht, mich vor Männern zu
fürchten’, denkt sie. Aber weil Asya Ilyas liebt, hat sie keine Angst von ihm. Nach den
gesellschaftlichen Regeln, die man sie gelehrt hat, ist der ‘Mann’ derjenige, vor dem
eine Frau Respekt und Angst zu haben hat. Diese Rollen und Haltungen bestimmen die
Aufgaben der Frauen und Männer in der türkischen Gesellschaft. Und alle Frauen
sollten sich an diese gesellschaftlichen Regeln halten.
4.2.1.2. Die Mutter Asya
Ilyas ist Asyas erster Ehemann. Beide lieben sich sehr. Da Asya eine Frau ist,
die die Tradition respektiert, hat sie viel Respekt vor ihrem Mann. Ilyas steht immer im
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Vordergrund für sie. Als sie z. B. schwanger ist, möchte sie für ihren Mann Ilyas einen
Sohn zur Welt bringen. Ihrer Meinung nach wird Ilyas sie mehr lieben, wenn sie ihm
einen Sohn schenkt. Eine der Aufgaben einer Frau ist es auch ihrer Meinung nach, ihren
Mann glücklich zu machen. Wenn ihr Mann glücklich ist, ist auch die Frau glücklich!
Als Asya bei der Geburt erfährt, dass sie einen Sohn hat, denkt sie sofort an ihren Mann
Ilyas, indem sie “Ilyas wird glücklich” sagt. Die Gedanken und Gefühle ihres Mannes
stehen immer im Vordergrund, sie sind sehr wertvoll. In der türkischen
Familientradition ist der Sohn der Ehrerbieter und Stammenführer. Somit hat die Frau
sofort einen sozialen hohen Status in der Familie und in der Gesellschaft, als eine
Mutter, die einen Sohn hat. Und viele Frauen denken auch, dass das ihre Schuld oder
Erfolg ist, wenn sie einen Sohn auf die Welt bringen oder nicht bringen, weil sie
vielmehr von ihren Schwiegermuttern oder Männern beschuldigt werden, wenn sie eine
Tochter auf die Welt bringen. Da die Tradition und der gesellschaftliche Druck auf die
Mädchen insbesonders in den 70er und 80er Jahren vielmehr zu spüren, hoffte man
immerwieder einen Sohn auf die Welt zu bringen und auch viel ‘leichter und
problemlos’ das Leben weiterführen zu können. Leider herrscht diese absurde Idee
immer noch in vielen Kulturen: ‘Ehre’.
Als sie eine Mutter ist, lebt sie nun nicht mehr nur für ihren Mann Ilyas, sondern
auch für ihr Kind Samet. Asya möchte für Ilyas eine gute Frau und für Samet eine gute
Mutter sein, sie möchte nur das Glück ihrer Familie, mehr nicht. Hier möchten wir die
Kultur zum Vordergrund bringen. Wir wissen, dass Yılmaz den Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ in den 1970er Jahre inszenierte. Yılmaz, der die Fraunrechte in seinen
Filmen gerne bearbeitete, wollte eigentlich die Stellungen der Frauen in der
Gesellschaft in Türkei kritisieren. Denn eine Frau sollte erst eine Tochter, dann eine
Frau ihres Hauses sein. Es war nicht wert, was sie wollte. In diesem Zusammenhang
kann man sagen, dass Asya in dem gesellschaftlichen Bild eine gute Frau und Mutter
ist. Asya, die sowohl ihren Mann sehr liebt, als auch vor ihm viel Respekt hat, ist die
Frau, die man heiraten kann.
Wenn wir die Protoganistin Asya beschreiben wollen, deuten wir daraufhin, dass
sie eine stolze Frau ist. Die gleiche Asya, die ihren Mann mehr als sich selbst liebt und
immer sein Glück will, verzeiht ihrem Mann nicht, weil er sie betrogen hat. Wir wissen,
dass der Höhepunkt des Filmes das ist, wo Ilyas auf der Strasse einigen Menschen hilft,
die eine Autopanne haben. Sein Chef möchte ihn nicht mehr als LKW-Fahrer arbeiten
lassen. Er arbeitet von nun an im Reperatur-Service und dieser Umstand gefällt ihm
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ganz und gar nicht. Seine schlechte Stimmung hat auch zur Folge, dass er nicht mehr
mit Asya sprechen möchte. Immer geht er erst spät oder gar nicht nach Hause. Nichts ist
mehr wichtig für ihn. Asya und ein Freund von Ilyas, dessen Spitzname Hoca ist,
machen sich Sorgen um Ilyas. Hoca rät Asya, mit dem Chef von Ilyas zu sprechen.
Doch Asya fragt sich ob das richtig ist. ‘Mit dem Chef zu sprechen ist nicht die Aufgabe
einer Frau. Ilyas würde mir böse sein’, sagt Asya. Wir sehen, dass Asya immer noch an
ihren Mann Ilyas denkt. Asya, die zur Zeit alles machte, was ihr Mann wollte,
beschuldigt sich selbst immer noch, weil ihr Mann unglücklich ist. ‘Eine Frau muss
ihren Mann glücklich machen’ denkende Asya, spricht sie doch mit dem Chef ihres
Mannes, da sie keine andere Möglichkeit sieht.
Einer der wichtigsten Szenen des Films ist, wo Asya von ihren Mann vor aller
Augen geschlagen wird, weil alle Mitarbeiter am Arbeitplatz verspotten Ilyas, dass er
seinem Chef seine Frau geschickt hat, deshalb muss er allen beweisen, dass er der Herr
seiner Frau ist. In diesem Moment sagt Asya nichts und beschuldigt sich selber denn sie
sollte nicht so handeln. Asya geht nach Hause und wartet zu Hause auf ihren Mann.
Obwohl Ilyas tagelang nicht nach Hause kommt, wartet Asya auf ihn. Weil sie eine
Frau ist, muss sie immer geduldig und opferbereit sein. Sie handelt so nicht nur um ihrer
Liebe zu Ilyas willen, sondern auch für ihr Kind Samet. Da sie eine Mutter ist, muss sie
an die Zukunft ihres Kindes denken. Ihr Sohn Samet soll eine Familie haben, die
glücklich ist. Asya ist nur eine Frau, die von ihrem Mann Angst hat und ihn immer
glücklich machen muss. Aber als sie von Can, der Feind von Ilyas hört, dass Ilyas bei
Dilek ist, will Asya erst ihm nicht glauben. Asya, die einen Sohn von Ilyas hat, denkt,
dass Ilyas sie sehr liebt und nie betrügen wird. Obwohl Asya Can nicht glaubt, möchte
sie trotzdem mit ihren eigenen Augen sehen, ob Ilyas bei Dilek ist. In diesem Moment,
72
wo Asya die beiden im Haus von Dilek zusammen sieht, wird ihr stolz größer als dass
an die Zukunft ihres Kindes denkt. Sie glaubt, dass sie das Haus verlassen muss.
Obwohl die Frauen, die einen Sohn auf die Welt bringen, einen sozialen hohen
Status haben, können wir das bei der Beziehung zwischen Asya und Ilyas nicht sehen.
Asya, die ihren Mann liebt und ‘für ihn’ einen Sohn auf die Welt brachte, denkt, dass
Ilyas sie für immer lieben und bei ihr sein wird. Wir können nicht sagen, dass Ilyas
Asya nicht liebt. Aber es gibt einen Unterschied zwischen der Liebe von Asya und
Ilyas. Obwohl Ilyas in einer grossen Stadt, in Istanbul aufwucht, trägt er innerlich
männliche Gedanken, die viele Männer in den 70er, 80er Jahren in der Türkei hatten.
Laut diesen Gedanken kann ein Mann sich bei einer anderen Frau trösten, wenn er ein
Problem mit seiner Frau hat. In diesem Fall muss die Frau geduldig auf ihren Mann
warten. Asya, die am Anfang mit Geduld auf Ilyas wartet, verlässt das Haus, nachdem
sie gesehen hat, dass Ilyas sie betrogen hat. In diesem Zusammenhang können wir
behaupten, dass das Verlassen von Asya eine Rebellion einer Frau ist, die von ihrem
Mann nur seine Liebe will. Asya, die ihrer Familie, ihrem Mann und der Gesellschaft
gehört, macht mit ihrem Verlassen das Gegenteilige im Unterschied zu ihnen. Diese
Szene bahauptet, dass die Frauen nicht immer geduldig und opferbereit sein müssen,
sondern dass die Männer auch vor ihren Frauen Respekt haben sollen. Hier ist es
interessant, dass Ilyas gegenüber seinem Sohn uninteressiert erscheint. Nachdem Asya
das Haus verlassen hat, sucht er, als ein liebender Mann und Vater, Asya und seinen
Sohn Samet. Aber wenn Ilyas Asya nicht zu Hause findet, tröstet er sich wieder bei
Dilek, als hätte er keine Familie, statt um seine Familie und Liebe zu kämpfen. Wir
können das im Rahmen des Vatermotivs und Mannmotiv in den 70er und 80er Jahren in
der Türkei zur Hand nehmen. Da der Film in den 70er spielt, reflektiert Yılmaz uns
diese Jahre. Die Beziehungen zwischen Frauen und Männern sowie zwischen Kindern
und Vätern sind nicht mehr wie früher. Das früher akzeptierte Verständnis der
Gesellschaft, dass der Mann oder der Vater Herr des Hauses ist, ist heute nicht mehr
gültig.
73
4.2.1.3. Zusammentreffen mit Cemşit (Cemşit, ihr zukünftiger 2. Ehemann)
Asya, die das Haus verlässt, ist immer noch die Mutter ihres Kindes, deswegen
muss sie für ihr Kind Samet ein Unterkunft finden. Auf der Strasse ziellos laufende
traurige Asya begegnet einem Mann, der Cemşit heißt. Cemşit fährt mit seinem
Kollegen einen Kranker. Als der Fahrer Asya sieht, fragt er sie, wohin sie fährt. Auf
diese unerwartete Frage kann Asya nicht beantworten, weil sie das nicht gedacht hat.
Sie zeigt mit ihrer Hand das Ende des Wegs, dass sie dorthin fahren möchte. Wenn der
Fahrer akzeptiert, das sie mitfahren darf, steigt Asya in den Kastenwagen ein. Sie sitzt
mit Samet neben Cemşit. Obwohl sie mit Cemşit kein Wort spricht, versteht er, dass
74
Asya ein Problem hat. Bei der Fahrt ist Cemşit nett zu Asya, bespielsweise, wenn Samet
sich wegen dem kalten Wetter friert, möchte er ihn in seinen Händen warm machen.
Eines, was der gesellschaftliche Druck Asya beigebracht hat, ist es, dass Asya
immer schüchtern sein soll. Obwohl sie mit Cemşit im Kastenwagen reist, spricht sie
nicht mit ihm, weil Cemşit für sie ein fremder Mann ist. Als die Fahrt zu Ende geht,
sagt Asya nur ‘Danke schön’.Sie ist wieder mit ihrem Sohn unterwegs, ohne die
Zukunft zu wissen. Während Cemşit mit dem Fahrer und mit dem kranken Mann in der
Pause in einem Cafe seinen Tee trinkt, sieht er zufälligerweise Asya und ihr Kind. In
diesem Moment ist er sicher, dass Asya keine Unterkunft hat. Er will davon Asya
überzeugen, dass sie mindestens heute bei ihm bleiben sollte. Da Asya keine Unterkunft
hat, nimmt sie Cemşits Angebot an, bei ihm zu bleiben. Cemşit hilft ihr und ihrem Kind.
Obwohl Asya der Meinung ist, dass Cemşit ein guter Mensch ist, macht sie sich
trotzdem Vorwürfe, dass sie das Haus, das sie mit Ilyas bewohnt hat, verlassen hat. Sie
stellt sich die zentrale Frage: ‘Ob mein Ilyas mir böse ist?’ Hier ist es auffallend, dass
Asya immer noch eine liebende, naive Frau ist. Sie denkt, dass sie mit ihrem Verlassen
nicht nur ihren Mann Ilyas, sondern auch ihren Sohn Samet bestraft. Als ein kleines
Kind braucht Samet einen Vater, der ihn sehr liebt. Mit diesen Gedanken will Asya
sofort nach Hause zurückkehren. Aber weil Samet krank ist, kann sie das nicht tun. Der
Artz, den Cemşit nach Hause bringt, sagt Asya und Cemşit, dass das Kind eine Woche
lang nicht draußen gehen sollte. Asya akzeptiert hilflos eine Woche lang bei Cemşit zu
bleiben. In diesen sieben Tagen kümmert sich Cemşit sehr intensiv um Asya und Samet.
Am Ende der sieben Tage findet Cemşit für Asya und Samet einen Wagen, mit dem sie
nach Hause fahren können. Obwohl Asya Cemşit dankbar ist, muss sie nach Hause und
zu Ilyas gehen. Sie hat ihren Mann sehr vermisst und denkt, dass sie einen grossen
Fehler gemacht hat. Als Asya vor der Tür ihres Hauses steht, trifft sie auf den Freund
von Ilyas. Der erzählt ihr, dass Ilyas in das Haus von Dilek umgezogen ist. Asya, die
erfährt, dass Ilyas mit Dilek zusammen ist, verliert in diesem Moment alle ihre
Hoffnungen auf eine gute Zukunft. Es bleibt ihr nichts anderes als wieder zu gehen. Aus
ihrem Verhalten können wir ersehen, dass Asya, die trotz des gesellschaftlichen
Druckes Ilyas geheiratet hat, will dieses mal nicht für ihre Liebe kämpfen. Als Grund
können wir ihren Stolz nennen. Asya, die denkt, dass Ilyas sie nicht mehr in seinem
Leben möchte, bevorzugt ihn zu verlassen statt für ihn zu kämpfen Wieder ist sie
unterwegs mit ihrem Kind Samet, an den sie besonders viel denkt. Sie hat keine
Verwandte oder Freunde und weiss einfach nicht, was sie machen soll. Als sie die
75
Straße entlang läuft, sieht sie wieder Cemşit. Cemşit, der zu Asya immer opferbereit,
geduldig und respektvoll ist, wartet auf Asya auf der Straße, weil er schon voraussetzt,
dass Ilyas kein guter Ehemann und Vater ist und er nicht auf den Asyas Rückkehr
wartet. Er sagt Asya, dass sie zusammen mit Samet bei ihm bleiben könnte. Weil Asya
keine Wahl hat, denkt sie, dass sie das annehmen muss. Wir treffen im Film zwei
verschiedene Mannmodell an. Einer der Protoganisten, der Ilyas heißt, hat keine
Ahnung, was Liebe, Familie und sogar Leben bedeuten. Sein Leben besteht aus seinen
momentanen Gedanken. Er denkt nie daran, ob diese Gedanken sein Leben kaput
machen. Obwohl er in einer Firma arbeitet und obwohl diese Firma einige Regeln hat,
kann Ilyas diese Regeln ablehnen, wenn er nicht mag. Bespielsweise, er soll mit seinem
LKW in das Dorf fahren. Aber er fährt nicht, oder ohne Erlaubnis geht er tagelang nicht
in die Arbeit. Wenn jemand ihn warnt, beginnt Ilyas böse zu werden. Die gleiche
Unverantwortlichkeit können wir auch in seinem Privatleben sehen. Ilyas, der attraktiv,
hübsch und jung ist, glaubt, dass er alle Frauen beeinflussen kann. Während Ilyas noch
mit Dilek flirtet, möchte er plötzlich Asya heiraten, weil er in sie auf den ersten Blick
liebt. Er nennt Asya ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’51. Ilyas, der am Anfang Asya über
alles liebt, bemerkt mit der Zeit, dass diese Liebe ihn nicht mehr glücklich macht. In
seinen schlechten Zeiten tröstet sich Ilyas bei Dilek. In diesem Zusammenhang kann
man sagen, dass für Ilyas sein eigenes Glück im Vordergrund ist. Er kann nicht
bemerken, dass er die anderen Menschen unglücklich macht, indem er seine momentane
Gedanken führt.
51
‘Selvi Boylu’ ist eine Redewendung in türkischer Sprache, die man für lange Menschen verwendet.
Und ‘Yazma’ ist ein traditionelles Kopftuch, dass die Frauen besonders in Dörfen tragen. ‘Al Yazma’
bedeutet rotes Kopftuch.
76
Der andere Protoganist im Film, der Cemşit heißt, ist im Unterschied zu Ilyas
opferbereit, geduldig, verantwortlich und respektvoll. Wir wissen nicht, ob er studiert
hat aber von seinen Gedanken und Verhalten kann man voraussetzen, dass er ein
aufgeklärter Mensch ist. Und da er vorher bei einem Erdbeben all seine Familie verlor,
weiß er schon, was eine Familie bedeutet. Obwohl er sehr fleißig und erfolgreich bei
seiner Arbeit ist, steht trotzdem seine Familie immer im Vordergrund.
Ich denke, dass es sehr ungerecht ist, die zwei mal von ihrem Mann betrogene
Asya zu kritisieren. Obwohl der gesellschaftliche Druck ihr nicht erlaubt, dass sie ihr
77
Haus verlassen sollte, will Asya nun mehr für ihr Kind Samet mit Cemşit leben. Asya
weiß, dass Cemşit sich um ihr Kind kümmert und viel Mühe gibt. Asya, die sich sicher
bei Cemşit fühlt, bleibt bei Cemşit besonders um Samet willen. Man kann sagen, dass
Asya zu keinem Augenblick an sich denkt. Ihre eigenen Gefühle spielen keine Rolle in
ihrem Leben. Asya, die keinen Mann, keine Verwandte und kein Geld im Leben hat,
kann bei Cemşit ihre und Samets Leben garantieren. Das ist nicht nur finanziell,
sondern auch emotional. Yılmaz betont in seinem Film, dass es schwierig ist, in den
70er als eine geschiedene Frau ihr Kind zu erziehen. Mit der finanziellen und
emotionalen Hilfe von Cemşit schafft Asya für ihr Kind Samet ein schönes Leben. In
diesem Zusammenhang können wir sagen, dass Asya eine glückliche Frau ist, weil sie
einen guten Mensch wie Cemşit, der sich um Asya und ihr Kind Samet kümmert,
antrifft.
Wenn wir Asya als eine Mutter beurteilen wollen, können wir sagen, dass sie
eine gute Mutter ist. Obwohl es für sie schwer ist, mit einem Mann zusammen zu sein,
den sie nicht liebt, lebt sie mit diesem Mann zusammen, weil er sich sehr um ihr Kind
bemüht. Bespielsweise, als Cemşit für Samet ein Schaukel baut, obwohl Samet sehr
klein um zu schaukeln ist, stellt sich Asya eine Frage: ‘Was bedeutet eigentlich Liebe?’
Und ihre Antwort lautet: Liebe bedeutet Fürsorge. Während Ilyas, der leibliche Vater
von Samet, mit einer anderen Frau zusammen ist, beschäftigt sich Cemşit mit dem Kind
von Asya. Er ist immer für sie da.
78
Wir wissen, dass es im Film keinen Richter gibt. Die Protoganistin ist selbst das
Entscheidungsmechanisma wie eine Richterin in eigener Sache. Sie bemerkt alles und
hört auf ihr Gewissen. Obwohl ihr Herz immer noch für ihren ersten Mann Ilyas52
schlägt, heiratet sie Cemsit. Der Film ‘Selvi Bolum Al Yazmalım’ ist für das türkische
Kino sehr wichtig, weil in ihm nicht die körperliche Liebe gewinnt, sondern die
Fürsorge. Asya, die eine gute Richterin ist, wählt in der letzten Szene des Filmes Cemşit
aus, weil er sich um sie und ihr Kind Samet bemüht. Man kann sagen, dass Asya ein
gerechter Mensch ist.
4.2.2. Das Vatermotiv
Das Vatermotiv im Film bezieht sich nicht nur auf den leiblichen Vater, sondern
auch auf den ’Ersatzvater’. Ilyas, der leibliche Vater, kommt aus
İstanbul und arbeitet in
einer kleinen Stadt als LKW-Fahrer und der LKW ist sein Lebensinhalt. Er ist ein freier
Mann und glaubt nicht an die Liebe, bis er Asya begegnet. Mit Asya erlebt er die Liebe
auf den ersten Blick. Aber mit der Zeit findet er die gleiche Asya, die er über alles liebt,
langweilig. Wenn wir Ilyas gut betrachten, können wir bemerken, dass Ilyas Asya im
Unterschied zu Asya nur körperlich liebt. Ilyas, der mit Frauen gut kommunizieren
kann, findet ihre Schönheit anders als die Frauen, die er vorher kennt. Mit dieser
Eigenschaft symbolisiert Asya für ihn, eine Rose, die niemand riecht. Asya wird für
Ilyas mit der Zeit eine Leidenschaft, die er immer bei ihm haben möchte.
52
Die Heirat zwischen Asya und Ilyas ist eine religiöse Heirat, die formalrechtlich nicht gültig ist. Wenn
man mit jemandem religiös verheiratet ist, soll man sich nicht scheiden lassen. Derjenige, der religiöse
Heirat macht, kann vom Erbestück nichts erhalten, deswegen ist es verboten, in der Türkei vor der
stattlichen Heirat religiöse Heirat zu machen.
79
Ilyas ist ein Mann, der macht, was er will, ohne an die Folgen zu denken.
Einmal, als seine Chefin Dilek ihm sagt, dass er nicht mehr in die Dörfer reisen soll,
schreit er sie an, weil er Asya unbedingt sehen möchte. Trotz des Verbotes der Chefin
fährt er zu Asya um sie mitbringen zu können. Ilyas, der vorher in seinem Leben nie die
echte Liebe erlebt hat, gehorcht allein seinen Gefühlen.
Ilyas hat zwei wichtige Aufgaben im Film: Mann und Vater sein. Über die
Frage, ob er es geschafft hat, kann man diskutieren. Als der Mann von Asya, denkt
Ilyas, dass er alles, was er will, machen kann. Obwohl Ilyas und Asya verschiedene
Weltanschauungen haben, und obwohl Ilyas in einer grossen Stadt aufwucht, vertreten
beide die Meinung über die Stellung der Frau in der Gesellschaft, so betont auch
Yılmaz, dass es Frauenrechte Probleme in der Gescellschaft gibt. Ilyas ist ein Mann, der
von den gesellschaftlichen Unterdrücken erzogen ist und dies gibt ihm da Recht, dass er
der Herr des Hauses ist. Seine Frau muss ihn immer glücklich machen. Beispielsweise,
wenn er von seiner Frau etwas möchte, muss seine Frau es erledigen. Ilyas denkt, dass
eine Frau immer geduldig und opferbereit sein muss, versteht ganz zuletzt, dass er
eigentlich alles verloren hat. Er hat nicht nur seine Frau, sondern auch sein Kind Samet
verloren.
Für Ilyas, können wir sagen, dass er mit seinem Kind nicht viel Zeit verbachte.
Wir wissen, dass Ilyas nicht mehr als LKW Fahrer arbeitet darf, weil er einmal im
Regen auf der Strasse ‘gestrandeten’ Menschen geholfen hat und dies war eigentlich
gefährlich für seinen LKW. Ilyas, der keine LKWs reparieren will, möchte kündigen,
80
aber in diesem Moment errinnert er sich an seine Familie und glaubt, dass Asya und
sein Sohn Samet sein Leben kaputt machen kann. In diesem Zusammenhang ist es nicht
zu schwer festzustellen, dass Ilyas immer noch nur an seine Gedanken, Gefühle und
Freiheit denkt. Er arbeitet an einer Stelle, dass er nicht mag und ertragen kann und
denkt, dass Asya die einzige Schuldige ist.
Wenn wir die Szene, wo Ilyas voller Wut seine Frau vor aller Augen ins Gesicht
schlägt, aus der Perspektive Ilyas interpretieren, treffen wir wieder auf die bekannten
gesellschaftlichen Zwänge. Ilyas, der denkt, dass er allen beweisen muss, dass er der
Herr seiner Frau ist, ist ein Teil dieser Mentalität, die vor der Frauenrechte kein Respekt
hat. Er weiß aber nicht, wie sehr er Asya in diesem Moment verletzt. Er will nicht mehr
nach Hause gehen, obwohl er Asya immer noch liebt. Er sucht Trost bei Dilek und geht
Monate lang nicht nach Hause; Asya, die in diesen Tagen auf seine Rückkehr wartet,
interessiert ihn nicht mehr.
Die Bezugsperson Cemşit ist jetzt viel wichtiger als der leibeigene Vater. Laut
dem Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’, in dem man die Begrffe ‘Mühe’ und
‘Gerechtigkeit’ im Rahmen der Vaterschaft bearbeitet, hat Asya Cem
şit als den Vater
ihres Kindes gewählt, weil er sich immer um das Kind Samet und Asya kümmert. Asya,
die sowohl die Mutter, als auch die ‘Richterin’ im Film ist, macht eine Wahl zwischen
zwei Männern. Bei dieser Wahl spielen ‘Mühe’ und ‘Verteilungen’ zwischen Cem
şit
und dem Kind eine wichtige Rolle. Wenn wir den Film gut beobachten, können wir
81
leicht sehen, dass Ilyas keine Errinnerungen zwischen seinem Kind hat und mit ihm
nichts gemeinsam etwas unternommen hat. Eigentlich ist hier der Vater-Sohn Dialog
gestört und dank Cemşit fällt es dem Jungen nicht schwer ohne leibeigenen Vater zu
leben. Er war nicht bei seinem Kind Samet, wenn er Fieber hatte oder er kaufte keine
Spielzeuge für Samet. Asya, die alles sehr gut beobachtete, urteilte gerechtig und sie
wählte Cemşit als Vater, weil sie an ihr Kind Samet dachte. Wie auch Kant vor
Jahhunderten gesagt hat: ‘Habe Mut, dich deinen eigenen Verstanden zu bedienen’. Da
sie vielmehr ihr Verstand ins Vordergrund zog, traff sie eigentlich für ihren Sohn Samet
die richtige Wahl. Da für sie ab nun das Vertrauen an einem Mann viel wichtiger ist als
die körperliche Liebe. Eigentlich ist sie auch in Cemşit verliebt. Aber diese Liebe ist
vielmehr die Achtung. In diesem Zusammenhang hat Asya zwei Perioden in ihrem
Privatleben: Körperliche Liebe und menschliche Liebe.
Es ist auffallend, dass Asya sich geändert hat, nachdem sie Cemşit
kennengelernt hat. Sie begann sich Fragen zu stellen, was die Liebe bedeutet. Asya, die
die Liebe nun anders interpretiert, findet all ihre Antworten bei Cemşit. Mit der Zeit
bedeutet Liebe für Asya Cemşit, der ein guter Mensch, ein guter Freund ist. Asya, die
Cemşit immer dankbar ist, fühlt sich bei ihm sicher und besser. Sie entscheidet sich,
dass Cemşit der Vater von Samet ist.
Wir wissen, dass Asya Cemşit, den zweiten ‘Vater’ von Samet, auf der Strasse
kennenlernte, als er ihr und ihrem Sohn, die ohne Ziel unterwegs und die obdachlos
sind, helfen will. Cemşit ist ein Mann, der seine Familie bei einem Erdbeben verloren
hat. Seit diesem Unfall lebt er allein zu Hause. Am Anfang, als er seine Familie verlor,
dachte er, dass er nicht mehr leben kann; aber mit der Zeit lernte er wieder zu leben und
durch das Leiden wurde er kräftiger. Weil Cemsit seine Familie verlor, weiss er nur zu
gut, was eine Familie bedeutet. Besonders sind Kinder sehr wichtig für ihn, deswegen
bemüht er sich immer wieder um den Sohn von Asya. Als er krank ist, bringt er einen
Arzt aus der Stadt mit. Er kauft viele Spielzeuge um Samet glücklich zu machen. Als
Asya nach einer Woche zu ihm sagt, dass sie nun gehen müssen, bringt Cemşit sie nach
Hause, obwohl er das nicht will. Er hat Achtung auf die Gefühle von Asya und
präsentiert den starken Charakter im Werk. Er wartet auf Asya am Anfang der Strasse.
Er denkt, dass der Mann von Asya nicht zurükkommt. Als Cemşit Asya dann wieder auf
der Strasse sieht, weiß er, dass ihr Mann immer noch nicht zu Hause ist. Cemşit lädt
Asya und ihren Sohn Samet ein, wieder zu ihm nach Hause zu kommen. Da Asya keine
Chance hat, akzeptiert sie das.
82
Cemşit ist imagiert im Film den guten Vater und Mann, der bekümmert für seine
Familie ist. Cemşit, der wie der zweite Vater von Samet ist, liebt Asya auf den ersten
Blick. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum er Asya und ihrem Kind hilft. Wir
sehen Cemşit zum ersten mal im Film, in der Szene, wo er Ilyas um seine Hilfe bittet.
Cemşit bittet Ilyas um die Hilfe besonders für die anderen Menschen, die im LKW sind.
Als Asya bei Cemşit ist, denkt sie immer an ihren ersten Mann Ilyas. Sie denkt
nicht nur an ihn, sondern sie wartet auch auf ihn. Obwohl Cemşit weiss, dass Asya
immer noch ihren Mann liebt, wartet er darauf, dass Asya Liebe für ihn empfindet.
Cemşit denkt, dass Asya und Samet sein Leben wieder schön gemacht haben, im
Unterschied zu Ilyas. Im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ symbolisiert Cemşit nicht
nur ‘Fürsorge’, sondern auch ‘Geduld’. Cem
şit, der auf etwas geduldig wartet, ist
derjenige, der endlich gewinnt. Als er ein Schaukel für Samet baut, fragt Asya ihn, für
wen diese Schaukel ist. Cemşit antwortet, dass er diese Schaukel für Samet macht;
daraufhin sagt Asya, dass Samet noch so klein ist um zu schaukeln. Cemşit sagt
daraufhin, dass Samet schaukeln kann, wenn er größer ist. Das bedeutet, dass er
geduldig warten wird, bis Samet gross ist.
Cemşit will immer für Asya und Samet da sein, weil die beiden für ihn sehr
wichtig sind. Und das Wichtigste ist, dass es keine Blutsverwandtschaft zwischen ihnen
gibt. Der Film fragt, was Vaterschaft bedeutet. Obwohl Ilyas der leibliche Vater von
Samet ist, denkt er, dass Asya und Samet sein Leben in Chaos gebracht haben. Cemşit
hingegen empfindet Asya und Samet als Bereicherung und will das Leben für sie schön
machen, obwohl er nicht der leibliche Vater ist.
Asya, die das alles wahrnimmt, heiratet schließlich Cemşit. Ihr Leben ist sehr
glücklich, bis Ilyas zurückkehrt. Im Film zeigt der Regisseur uns, dass Cemşit ein sehr
guter, gewissenhafter Mensch ist. Als er hört, dass es einen Unfall im Dorf gegeben hat,
will er den Leuten sofort helfen. Als sofort den LKW-Fahrer sieht, erkennt er ihn sofort,
dass es Ilyas ist, der einmal im Regen Cemşits liegen gebliebenen Wagen mit seinem
LKW abgeschleppt hat. Cemşit bringt Ilyas nach Hause, um ihn zu Hause pflegen zu
können. Als Asya Ilyas zu Hause sieht, versteht Cemşit von der Aufregung von Asya
(ihre Hände zitiert und sie lässt das Holz fallen), dass Ilyas ihr Ex-Mann ist. Sofort stellt
er sich die Frage: ‘Hätte ich Ilyas auch geholfen und hergebracht, wenn ich gewusst
hätte, dass er der Exmann von Asya ist?’ An seiner Antwort kann man ersehen, dass
Cemşit allen Menschen gerne hilft: ‘Ich hätte ihn trotzdem hergebracht, er war verletzt’,
sagt sich Cemşit und er verhält sich Ilyas gegenüber so, als ob er nichts wüßte. Seit
83
diesem Moment ist Cemşit sehr unsicher. Er hat immer Angst davor, von Asya
verlassen zu werden, weil er Asya liebt. Aber andererseits denkt er, dass Asya gehen
sollte, wenn sie das will. Cemşit, der für Asya und Samet viel Mühe gibt, wartet hilflos
auf Asyas Entscheidung. Er sagte Asya niemals, dass sie Cemşit wählen oder bei ihm
bleiben muss, weil er weiß, dass er Asya nicht zwingen kann. Obwohl Asya Cemşits
Frau ist, denkt er, dass sie gehen darf, wenn sie das will. Mit dieser Eigenschaften
symbolisiert Cemşit den Mann, der Respekt vor Frauen hat. Cemşit unterdückt seine
Frau nicht, um ihn zu wählen. Hier sehen wir seinen Respekt vor seiner Frau und die
Rechtgebe ihn zu verlassen oder mit ihm zu leben. Cemşit ist ein Mann, der seine Liebe
frei lässt. Er weisst, dass Asya mit Cemşit bleiben wird, wenn sie ihn liebt. Das sollte
das Symbol für alle Lieben sein, die die echte Liebe vertreten, was leider zur Zeit nicht
sehr der Fall dies.
Asya, deren Kind Samet Cemşit als Vater akzeptiert hat, denkt immer an die
Tage, die sie mit Cemşit verbracht hat. Asya weiss, dass sie Cemşit vertrauen kann. Sie
weiss auch, dass sie bei ihm Ruhe gefunden hat, und wenn sie daran denkt, was Cemşit
für sie und Samet alles macht, glaubt sie, dass sie Cemşit nie verlassen darf. Als eine
‘Richterin’ und ‘Entscheidungstreffende Person’ stellt Asya sich häufig diese Fragen:
‘Was bedeutet die Liebe und wem gehört die Vaterschaft?’ Obwohl Asya sich
entscheiden muss, kann sie das nicht alleine machen. Sie weiss nicht, ob sie auf ihr
Gewissen oder auf ihr Herz hören soll; deswegen braucht sie die Hilfe ihres Sohnes
Samet. Ganz zuletzt stehen beide Männer gegenüber und Samet läuft zu Cemşit, das
zugleich das Resultat der Entschlussfessung betont.
84
4.2.3. Kindmotiv
Samet, der von seinem leiblichen Vater als kleines Kind verlassen wurde,
akzeptiert Cemşit als Vater. Als er Ilyas sieht, seinen leiblichen Vater, nennt er ihn
Onkel53 Ilyas. Er glaubt, dass Ilyas ein Freund seines Vaters Cemşit ist. Da Ilyas Samet
immer viele Spielzeuge mitbringt, mag er Ilyas. Aber am Ende des Films, als Samet mit
seinem leiblichen Vater im LKW ist, sieht er seinen Vater Cemşit auf der Strasse und
will zu ihm gehen. Ilyas, der Samet gerne sagen möchte, dass er selbst sein Vater ist,
verzichtet aber darauf, weil er kein Störenfried das Glück seines Kindes und dieser
Familie will. Als Samet aus dem LKW aussteigt, rennt er zu Cemşit und sagt ‘Papa’.
Die Entscheidung von Samet macht klar, was Asya machen muss. Asya, die das Glück
ihres Kindes will, denkt an die Fürsorge von Cemsit. Asya weiss, dass Samet viele
Errinnerungen mit Cemşit verbindet.
Samet ist im Film die erste Entscheidungsmechanismus seiner Mutter. Asya, die
weiss, wie schwer es ist, ein Kind zu erziehen, ist Cemşit gegenüber dankbar. Als Samet
krank war, hat Cemşit ihnen zur Seite gestanden. Als Asya und Samet kein Zuhause
hatten, konnten sie bei Cemşit bleiben. Als sie niemanden hatten, half Cemşit ihnen wie
selbstverständlich. Da er sich aufrichtig um sie bemühte, mochte Asya schließlich gerne
ihr Leben mit Cemşit teilen.
53
In türkischer Sprache nennt man nicht nur die Brüder der Mütter und Väter Onkel, sondern auch die
alten Männer, die man kennt oder nicht kennt.
85
Vergleichen wir den Film mit dem Theaterstück von Brecht, können wir sehen,
dass es hinsichtlich des Kindmotivs einen Unterschied gibt. Im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ ist das Kindmotiv stärker ausgeprägt als im Theaterstück von Brecht. Das
Kind im Film ist aufgrund seines Verhaltens und seiner Reaktionen wie ein Hilfsrichter,
der seiner Mutter hilft, um sich entscheiden zu können. Samets Gefühle und Gedanken
legen fest, zu wem er gehört. Weil er Cemşit auswählt, fühlt sich Asya, seine Mutter bei
Cemşit zu bleiben, da sie Samet nicht bekümmern will. Das Kind ist das
Entscheidungsmechanismus und zugleich der bestimmer der Zukunft von Asya und
Ilyas. Eine solche Rolle hat das Kind im Theaterstück von Brecht nicht. In Brechts
Werk entscheidet der Richter, wem das Kind gehört. Im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ hingegen weiss das Kind selbst schon, wohin es angesichts all der
Zuwendungen Cemşits gehört.
‘Gerechtigkeit’ besteht darin, demjenigen alles zu geben, der es verdient. Wenn
wir Asya im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ als Richterin vergleichen, dann können
wir sagen, dass sie eine gerechte Entscheidung hat. Obwohl sie ihren Ex-Mann immer
noch liebt, bleibt sie bei Cemşit, weil sie dessen mühevolles Kümmern als wichtig
empfindet. Immer wieder sagt sie sich: “Wie kann ich ihn verlassen, der sich so sehr um
uns viel bemüht hat!” Diese Sätze zeigen uns, dass Asya Cemşit gegenüber sehr
dankbar ist und da sie eine gewissenhafte, verantwortungsvolle Frau ist, kann sie
Cemşit nicht verlasen. Hier kann man selbstverständlich fragen, ob es richtig oder
sozusagen moralisch ist, mit jemandem zu leben, ohne dass man ihn liebt, ja mit
jemandem zu leben, wenn man insgeheim noch einen anderen liebt. Im Film sagt Asya
Cemşit niemals, dass sie ihn liebt, und Cemşit weiss ganz genau, dass Asya ihren ExMann nicht vergessen hat. Die Gefühle von Asya für Cemsit lassen sich als
mitmenschliche Liebe und als Dankbarkeit bezeichnen. Ihrer Meinung nach ist die
sogenannte Liebe auf den ersten Blick eine zeitlich begrenzte Angelegenheit, auf der
nur aufgebaut werden kann, wenn sich dann dauerhaftes Vertrauen einstellt. Eine
warme und treue Hand, Aufmerksamkeit und Zuwendung, Sorgfalt und Vertrauen: das
sind Dinge, die Asya mit ihrem Ex-Mann nicht erleben konnte; genau sie aber bedeuten
für Asya Liebe. Weil sie diese Dinge bei Cemşit findet, können wir sagen, dass sie auch
Cemşit liebt, allerdings in einem viel tieferen Sinne als dem der Liebe auf den ersten
Blick. Asya ist eine starke Frau, obwohl sie im Dorf und unter den Zwängen ihrer Eltern
aufwächst. Sie ist eine Frau, die sich entscheiden kann. Ihre erste Ehe, die sie ohne
Erlaubnis ihrer Familie eingeht, ihre Entscheidungen, das Haus zu verlassen und mit
86
Cemşit ein neues Leben zu beginnen zeigen uns, dass sie eine sehr mutige Frau ist. Aber
sie bemerkt erst spät, dass sie stark ist.
Die wichtigste Eigenschaft von Asya ist, dass sie zuallererst für andere
Menschen, vor allem für ihren Sohn und nicht für sich selber lebt. Wenn sie handelt,
handelt sie nicht für sich, sondern für andere. Das bedeutet, dass sie sich selbst in den
Hintergrund stellt. Als Ilyas das Haus verliess, blieb Asya zunächst zu Hause, weil Ilyas
der Vater ihres Sohnes ist. Erst als sie sah, dass Ilyas mit einer anderen Frau lebt,
verliess sie ihn. Aber dann dachte sie, dass sie nach Hause zurückkehren müsste, weil
Samet seinen Vater brauchte. Als Samet krank war, war Asya mit ihrem Sohn bei
Cemşit und sie dachte, dass sie falsch handelte. Sie wollte unbedingt wissen, ob Ilyas
ihr böse sei. Normalerweise hätte sie an ihre eigenen Gefühle denken müssen, weil sie
ja von ihrem Mann betrogen wurde. Doch wollte sie ihm verzeihen, deswegen kehrte sie
nach Hause zurück. Verzeihen wollte sie Ilyas aber nicht nur, weil sie ihn liebte,
sondern vor allem auch, weil sie an ihren Sohn Samet dachte. Samet, so ihre
Überzeugung, muss eine Familie haben. In dem Moment, als sie fühlte, dass Samet und
sie für Ilyas nicht mehr wichtig waren, verstand sie, dass die Liebe auf den ersten Blick
zeitlich begrenzt ist. Liebe auf den ersten Blick bedeutet irgendwann, dass man etwas
anderes bzw. einen anderen haben will. Ihrer Meinung nach aber muss Samet einen
Vater haben, der sich wie Cemşit dauerhaft um ihn kümmern will und der nicht nur ab
und zu mit Geschenken vorbeischauen will. Deshalb hat sie sich dafür entschieden mit
Cemsit zusammen zu leben. Hier sehen wir, dass Asya mit ihren Gefühlen immer hin
und her und in Dilemna ist. Obwohl Asyas Herz immer noch für Ilyas schlägt, dringt ihr
Verstand sie bei Cemşit zu bleiben, in die Richtung von Cemşit zu gehen, weil für sie
die Fürsorge ihres Kindes wichtiger ist, als ihre Leidenschaft gegenüber einem Mann.
Auch Ilyas kann nichts für diesen Entschluss sagen, weil er fühlt, dass er nicht dafür das
Recht hat. Man sieht, dass am Ende des Films Mühe und Gerechtigkeit triumphieren.
87
4.3. Die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Theaterstück ‘Der kaukasische
Kreidekreis’: Das Muttermotiv, das Richtermotiv
4.3.1. Das Muttermotiv
54
Das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’, das von Brecht im Jahre 1944
geschrieben wurde, bearbeitet die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’. In Brechts
Theaterstück, das auf eine chinesische Geschichte und/oder Salomons Urteil beruht,
gibt es zwei Geschichten, die miteinander verwoben sind, die aber nur eine Nachricht
haben. Brecht betont in seinem Theaterstück, dass die ‘Mühe’ gewinnen soll und dass
‘Gerechtigkeit’ immer währen soll.
Der erste Teil des Theaterstücks, die Hauptgeschichte, handelt von Leuten, die
das gleiche Feld haben wollen. Die erste Gruppe hat das Tal, in dem das Feld liegt, im
Krieg verlassen, die zweite Gruppe hat sich dann um das Tal und um das Feld
gekümmert. Es stellt sich im Theaterstück nun die Frage, wem das Tal gehört. Um eine
gute Lösung zu finden, muss man die zweite Geschichte, die ‘Der kaukasische
Kreidekreis’ heisst, kennen.
54
Vgl. http://www.dresden-theater.de/inet/grafik/events/der_kaukasische_kreidekreis.jpg
88
55
Im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ steht das Muttermotiv im Vordergrund.
Das gilt auch für das Buch. Weil es im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ keinen
Richter gibt, ist die Protagonistin, die Mutter Asya, zugleich auch die Richterin; deshalb
hat sie eine große Verantwortung. Aber in Brechts Theaterstück gibt es einen Richter,
der sich entscheiden muss, wem das Kind gehören soll. Hier nun spielt das Kümmern
der Mütter um das Kind eine wichtige Rolle. Während im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ die Vaterschaft im Vordergrund steht, soll im Theaterstück geklärt werden,
was ‘Mutterschaft’ bedeutet.
Wenn die Leute im ersten Teil des Theaterstücks das gleiche Tal haben möchten,
erzählt der Sänger die zweite Geschichte, in der man etwas über die Begriffe ‘Mühe’
und ‘Gerechtigkeit’ lernen kann. In der zweiten Geschichte des Theaterstücks treffen
wir auf zwei Mütter, die das gleiche Kind haben möchten. Ob ‘Mutterschaft’
Blutverwandschaft oder Mühe bedeutet, entscheidet die Grechtigkeit, die der Richter zu
finden hat! Die Geschichte spielt in den Kriegsjahren im Kaukasus. Im Palast des
Gouverneurs Georgie Abaschwili, an einem Sonntagmorgen zu Ostern, gibt es eine
Revolte. Weil es Krieg gibt, möchten einige Fürsten, die Grossfürsten, den Gouverneur
und seine Familie, besonders den Sohn des Gouverneurs, töten. Sie kommen zum Palast
des Gouverneurs. Der Gouverneur Abaschvili und seine Frau Natella Abaschvili
müssen sofort fliehen. Normalerweise müsste man in dieser Situation an sein Kind
denken, weil es in Gefahr ist und weil das Kind das Wichtigste im Leben ist, dass man
55
Vgl. http://tiyatro.diyarbakir.bel.tr/tr/oyun/Kafkas_Tebe%C5%9Fir_Dairesi
89
haben kann. Aber wir sehen, dass die Gouverneursfrau Natella Abaschwili vergisst,
dass sie ein Kind hat, weil sie ausschließlich an ihre Sachen und Kostbarkeiten denkt:
‘Dann leg ihn für einen Augenblick hin und hol mir die Saffianstiefelchen aus
dem Schlafkammer, ich brauche sie zu dem Grünen’(Brecht, 1962, s.29).
‘[…] Das Silberne muss ich haben, es hat 1000 Piaster gekostet. Und das da und
alle Pelze, und wo ist das Weinfarbene?’(Vgl. Ebd., s.29).
Solche Sätze spricht Natella Abaschwili, als sie in Gefahr sind und als ihr Mann
sogar ermordet wird. Natella Abaschwili fragt zwar nach ihrem Kind, aber sie kümmert
sich nicht wirklich um ihr Kind. Sie flieht aus dem Palast, ohne ihr Kind mitzunehmen.
Die Kinderfrau gibt das Kind Grusche, die im Palast als Küchenmädchen arbeitet.
Wenn Frau Abaschwili wegläuft, ist das Kind in den Händen von Grusche. Alle Frauen
im Palast warnen Grusche davor, sich um das Kind zu kümmern:
‘Leg ihn besser weg. Ich möchte nicht daran denken, was einer passiert, die mit
dem Kind angetroffen wird. Ich hol unsere Sachen, ihr wartet’ (Vgl. Ebd., s.31).
‘Er hat Recht. Wenn die anfangen, schlachten sie einander familienweise ab. Ich
hole meine Siebensachen’ (Vgl. Ebd., s.31).
‘Hast du nicht gehört, du sollst ihn weglegen’ (Vgl. Ebd., s.31).
Alle Leute denken, dass Grusche ohne das Kind weglaufen muss. Weil das Kind
der Erbe und Thronfolger ist, wollen die Fürsten das Kind töten und weil Grusche mit
dem Kind zusammen ist, ist auch ihr Leben in Gefahr. Erst lässt Grusche auch das Kind
zurück, dann aber macht sie sich Sorgen und beschließt das Kind, das Mischel heißt,
doch mitzunehmen. Sie tut das auch. Unterwegs muss sie für das Kind etwas Milch
finden. Sie sieht eine Bauernhütte, in der sie für das Kind etwas Milch kaufen kann. Als
Grusche an der Tür klopft, öffnet ein alter Mann die Tür und sie fragt ihn, ob er für das
Kind etwas Milch hat. Am Anfang will der alte Mann keine Milch geben. Aber als er
hört, dass Grusche für die Milch etwas bezahlen will, will er die Milch für drei Piaster
verkaufen. Den Preis findet Grusche zu hoch, dafür will sie die Milch nicht kaufen. So
gibt sie Michel schließlich ihre Brust, als ob sie seine Mutter wäre, um ihn zu
beruhigen. Als sie aber merkt, dass Michel wirklich Hunger hat, versucht sie noch
einmal mit dem alten Mann zu sprechen. Schließlich kauft sie die Milch zu einem Preis,
der für sie einem halben Wochenlohn entspricht. Dann sieht sie einen Wagen mit
reichen Flüchtlingen. Sie denkt, dass sie dort hingehen sollte und läuft mit Mischel dort
hin. Die Damen sind vor einer Karawanserei und wollen hier übernachten. Der Wirt will
180 Piaster für einen Raum. Obwohl es für Grusche zu viel Geld ist, akzeptiert sie es
90
doch mit den zwei Damen aus dem Wagen in der Karawanserei zu übernachten. Am
Anfang ist alles schön für Grusche und Mischel. Sie haben für heute ein Dach über dem
Kopf. Aber als die anderen Damen herausfinden, dass Grusche nicht reich und von Adel
ist, muss Grusche die Karawanserei verlassen. Sie trägt Mischel in den Händen und es
ist für sie schwer mit dem Kind zu laufen. Grusche ist jetzt an dem Fluss Sirra
angekommen; dort sieht sie einen Bauernhof, in dem eine Frau und ein Mann leben. Sie
beschließt, das Kind dort zu lassen, obwohl der Mann im Unterschied zu seiner Frau das
Kind nicht möchte.
Als Grusche unterwegs ist, sieht sie die Panzerreiter. Sie fragen Grusche, woher
sie komme. Aus ihren Fragen kann Grusche entnehmen, dass die Panzerreiter Mischel
suchen. Sofort rennt sie zum Bauernhof, um das Kind zu retten. Sie spricht mit der Frau
und sagt ihr, dass sie sagen soll, dass das Kind ihr gehört, falls die Panzerreiter
kommen. Die Frau sagt das zu, aber als die Panzerreiter kommen, sagt sie das
Gegenteil. Grusche ist wegen Mischel wieder in Gefahr, obwohl sie nicht seine leibliche
Mutter ist. Als ein Gefreiter das Kind im Korb sieht, schlägt Grusche ihm von hinten
über den Kopf und läuft sie mit dem Kind davon. Sie ist nunmehr seit 22 Tagen auf der
Flucht. Als die Panzerreitern Grusche und Mischel verfolgten,
kamen sie an den
Gletschersteg.
Die Leute, die vor dem Steg stehen, warnen Grusche vor dem Stegt, weil dieser
Morsch ist und der Abgrund 2000 Fuss tief ist. Mit einem kleinen Kind es zu versuchen
sei reiner Selbstmord. Doch Grusche glaubt, dass sie es schaffen kann. Sie denkt, dass
die Panzerreiter eine größere Gefahrt darstellen als ein morscher Steg und als ein
Abgrund von 2000 Fuss. Schafft sie es, über den Steg zu kommen, kann sie mit Mischel
zu ihrem Bruder gehen. Dort kann niemand sie stören.
Grusche hat es geschafft; sie ist endlich bei ihrem Bruder. Am Anfang ist auch
alles sehr schön. Aber ihre Schwägerin bringt ihren Bruder dazu, für Grusche einen
Mann zum Heiraten zu suchen, weil sie ja mit einem Kind unterwegs ist und nicht
verheiratet ist und weil deshalb alle glauben, dass sie eine ehrlose Frau sei. Man kann
leicht erkennen, dass Grusche um des Kindes willen zu allem bereit ist: Nicht nur alle
möglichen körperlichen Entbehrungen und Bedrohungen hält sie aus, sondern auch
gesellschaftliche Ausgrenzungen.
91
56
Obwohl Grusche eigentlich keinen anderen Mann als den von ihr geliebten
Simon Chachava heiraten will, glaubt sie dennoch, dass sie nunmehr heiraten muss, um
so das Kind schützen zu können. Dann nämlich käme niemand auf die Idee, dass
Mischel das Kind von Georgi Abaschwili ist. Um Mischel zu retten, nimmt es Grusche
auf sich, ihr eigenes Leben zu verpfuschen. Sie fühlt sich als die wahre Mutter von
Mischel, weil sie sich so sehr um ihn gekümmert hat. Der Mann, den Grusches Bruder
für sie gefunden hat, ist schwer krank und alle warten auf seinen Tod. Ihr Bruder und
ihre Schwiegermutter haben alles für sie geplant. Der Mann von Grusche wird bald
sterben, Grusche lebt bei ihrer Schwiegermutter und sie hilft ihr bei der Garten- und
Hausarbeit. Alles ist schon so eingerichtet worden ohne dass Grusche gefragt worden
wäre. Da Grusche Mischel sehr liebt und keine andere Change sieht, akzeptiert sie alles,
was ihr Bruder von ihr möchte.
Als der Mann von Grusche wider Erwarten gesund wird, wird die Situation für
Grusche noch schwerer, weil ihr Mann von ihr allerlei verlangt. Grusche soll immer das
machen, was ihr Mann will. Sie muss sich nun nicht nur um das Kind, das nicht ihr
eigenes ist, kümmern, sondern auch noch um ihren Mann, den sie nicht liebt, sowie um
ihre Schwiegermutter. Als dann Simon Chachava zurückkommt und erfährt, dass
Grusche verheiratet ist und ein Kind hat, will Grusche ihm eigentlich alles erzählen.
Aber sie bevorzugt es zu schweigen, weil Mischel für sie sehr wichtig ist und sie dessen
Geheimnis nicht verraten will.
56
Vgl. Ebd.
92
Zwei Jahre später will Natella Abaschwili ihren Sohn Mischel zurück haben,
doch Grusche will das Kind nicht zurück geben, weil sie in der Meinung ist, dass
nunmehr sie die Mutter sei: ‘Es ist meins: ich hab’s aufgezogen’ (Vgl. Ebd., s.104). Vor
Gericht muss sie nun beweisen, dass Mischel ihr Kind ist. Simon Chachava, den
Grusche liebt, verspricht, dass er ihr vor Gericht helfen wird, obwohl er böse auf sie ist.
Er weiß aber, dass das Kind nicht ihr leibliches Kind ist, weil ihm das die Köchin, die
mit Grusche im Palast arbeitete, erzählt hat.
Natella Abaschwili kommt mit zwei Anwälten zum Gericht. Der erste Anwalt
macht die Blutverwandschaft stark.
‘Euer Gnaden. Hoher Gerichtshof! Die Bande des Blutes sind die stärksten
aller Bande. Mutter und Kind, gibt es ein innigeres Verhältnis. Kann man
einer Mutter ihr Kind entreißen? Hoher Gerichtshof! Sie hat empfangen in
den heiligen Ekstasen der Liebe, sie trug es in ihrem Leibe, speiste es mit
ihrem Blute, gebar es mit Schmerzen’ (Vgl. Ebd., s.110).
Hier
stellt
sich
die
Frage,
ob
Mutterschaft
wirklich
so
viel
mit
Blutverwandschaft zu tun hat. Grusche hat sich ja um das Kind gekümmert, während
die Mutter es einfach zurückliess auf der Flucht, und sie hat sich so intensiv gekümmert,
dass sie ihr komplettes Leben veränderte und viele physische und gesellschaftliche
Entbehrungen auf sich genommen hat.
Als der Richter Azdak Grusche fragt:
‘Und das Kind, behauptest du, kommt von der Hurerei? Ich stell dir eine
Frage: Was für ein Kind ist es? So ein zerlumpter Strassenbankert oder ein
feines, aus einer vermögenden Familie?’ (Vgl. Ebd., s.113).
behauptet sie mit Nachdruck, dass Mischel ihr Kind sei und denkt nicht daran,
was die Leute über ihre Ehre sagen. Sie hat sich sehr um Mischel bemüht und glaubt,
dass der das auch verdient.
Am Ende der Gerichtsverhandlung ruft Azdak Grusche zu sich und sagt ihr, dass
er weiss, dass das Kind nicht Grusche gehört:
93
[…] ‘Ich glaub dir nicht, dass es dein Kind ist, aber wenn es deines wär,
Frau, würdest du da nicht wollen, es soll reich sein? Da müsstest du nur
sagen, es ist nicht deins. Und sogleich hätte es einen Palast und hätte die
vielen Pferde an seiner Krippe und die vielen Bettler an seiner Schwelle, die
vielen Soldaten in seinem Dienst und die vielen Bittsteller in seinem Hofe,
nicht? Was antwortest du mir? Willst du’s nicht reich haben?’ (Vgl. Ebd.,
s.116).
Auf diese Frage antwortet Grusche: ‘Ich geb’s nicht mehr her. Ich hab’s
aufgezogen, und es kennt mich’ (Vgl. Ebd., s.117).
Man kann leicht bemerken, dass die beiden Mütter im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ und im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ für ihre Kinder alles
machen. Aber es gibt einen Unterschied. Im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ gibt es
nur eine Mutter, die auch die leibliche Mutter ist. Wenn man über die Bande des Blutes
sprechen will, muss man bezüglich des Films erklären, was Vaterschaft bedeutet. Wir
wissen, dass es im Film zwei Väter gibt, und nach derem Engagement für das Kind
kann man sich entscheiden, was Vaterschaft bedeutet. Das gilt auch für das
Theaterstück von Brecht, nur geht es hier darum zu klären, was Mutterschaft bedeutet.
Als Azdak mit den beiden Müttern mittels eines Kreises ein Experiment machen
will, um die echte Mutter festzustellen, will Grusche nicht mehr kämpfen. Dieser Teil
ist einer der wichtigsten Teile im Theaterstück. Schawa, der ein Gehilfe von Azdak ist,
zieht einen Kreis auf den Boden und stellt das Kind hinein. Wer das Kind aus dem Kreis
ziehen kann, ist die richtige Mutter. Grusche will das aber nicht machen, weil sie denkt,
dass es dem Kind weh tun wird; deshalb schafft es Natella Abaschwili, das Kind zu sich
zu ziehen. Azdak hat bemerkt, dass Grusche nichts gemacht hat, deshalb will er die
Frauen noch einmal kämpfen lassen. Doch wieder macht Grusche nichts. Auf Azdaks
Nachfrage antwortet sie ihm, sie habe das Kind aufgezogen und könne es nicht
zerreißen. Das veranlasst Azdak dazu, das Kind Mischel Grusche zu geben, weil auch er
nun zu dem Schluss gekommen ist, dass Mutterschaft nicht zwangsläufig
Blutverwandschaft bedeutet. Grusche, die immer dazu bereit gewesen ist, für Mischel
alles zu opfern, wird endlich eine richtige Mutter. Hätte Mischel bei seiner leiblichen
Mutter gelebt, wäre er materiell sehr reich gewesen. Aber auch menschlich? Grusche
hat mit ihrem Handeln, mit ihren Gedanken und Gefühlen gezeigt, dass sie diejenige ist,
die Mischel als Mutter verdient.
94
4.3.2. Richtermotiv
57
Azdak symbolisiert mit seinem Handeln den Begriff ‘Gerechtigkeit’. Er ist ein
Richter, der unter den anfangs beschriebenen schlechten Umständen arbeiten muss, die
von Krieg, Neid, Habsucht, Egoismus und vielen anderen negativen Dingen bestimmt
sind. Azdak, der zunächst Dorfschreiber war, findet am Ostersonntag einen Flüchtling
und hilft ihm, indem er ihn in seiner Hütte versteckt. Aber er weiss nicht, dass der
Flüchtling eigentlich der Grossfürst ist. Als Azdak das erfährt, will er sich sofort selbst
vor Gericht bringen und dort verurteilen lassen. Das zeigt uns, dass Azdak ein gerechter
Mensch ist. Aber im Gericht gibt es keinen Richter mehr, der ist gehenkt worden. ‘Hier
ist der Richter’ (Vgl. Ebd., s.82), sagt ein Panzerreiter. Weil der Richter gehängt worden
ist, braucht die Stadt einen neuen Richter. Die Panzerreiter müssen einen neuen wählen.
Der fette Fürst empfiehlt den Panzerreitern, seinen Neffen zum Richter zu wählen. Die
Panzerreiter fragen Azdak, ob das möglich sei. Sie wollen zunächst mit Azdak ein
wenig spielen, aber schließlich ist Azdak dann doch der neue Richter der Stadt. Brecht
will betonen, dass die Gerechtigkeit in den Händen der Menschen zu einem Spielzeug
wurde.
Wenn wir über seine Richterschaft sprechen, können wir sagen, dass er seine
Urteile nach eigenem Gutdünken fällt. Bei einem Fall, wo ein Invalide einen Arzt
anklagt, verwundert er die Leute mit seinem Urteil. Der Invalide, der dem Arzt etwas
57
Vgl. http://data.heimat.de/pics/7/2/c/c/7/ec_72cc7cc0a6acf6dfafadceca9f932d97.jpg
95
Geld geliehen hat, damit dieser studieren konnte, ist ihm nun böse, weil er einen
Patienten, der hinkt, kostenlos untersucht hat. Azdak befragt jetzt sowohl den Invalden
als auch den Arzt und den Hinkenden. Am Ende sieht sein Urteil folgendermaßen aus:
Der Invalide soll 1000 Piaster bezahlen und wenn er einen zweiten Schlaganfall
erleiden sollte, muss ihn der Arzt gratis behandeln. Der Hinkende, dem das falsche
Beine operiert worden ist, bekommnt eine Flasche Franzbranntwein als Entschädigung.
Azdak sagt zu dem Arzt: ‘Und du, Arzt, wirst wegen unverzeihlichen Irrtums in deinem
Fach freigesprochen’ (Vgl. Ebd., s.94). Der Irrtum, den Azdak meint, bezieht sich auf
die kostenlose Untersuchung. Wir wissen, dass das Theaterstück von den schlechten
Zeiten erzählt, in denen man nur an sich denken muss. Hilfsbereit zu sein bedeutet in
solchen Zeiten ‘Irrtum’.
Azdak, der eigentlich kein schlechter Mensch ist, urteilt meist nach seinen
Wünschen. Als die Panzerreiter Azdak zum ersten mal zum Richter machten, wollten
sie eigentlich mit den Gesetzen spielen. Sie wollten zu gerne wissen, was sie machen
könnten, wenn sie einen Richter wie Azdak hätten. Aber nichts ging so, wie sie
wünschten. Azdak, der Gerechtigkeit austeilen will, beginnt nach seinen Vorstellungen
zu handeln.
Als Azdak die Ansprüche von Grusche und Natella Abaschwilli zu verhandeln
hat, muss er sich entscheiden, wem das Kind gehören soll. In diesem Teil des
Theaterstücks kann man seine Klugheit, sein Gewissen und seine Gerechtigkeit sehen.
Als Grusche mit der Köchin und mit Simon vor Gericht ist, sieht sie Natella
Abaschwilli: ‘Die Gnädigste würde dir sogleich die Haare ausreißen, wenn sie nicht
wüßte, dass der Azdak für die Niedrigen ist. Er geht nach dem Gesicht’, sagt die Köchin
und bewahrheitet damit, dass Azdak ein gerechter Mensch ist. Als Grusche das auch
denkt, kommt Azdak gerade mit den Panzerreitern ins Gericht. Einer von ihnen schlägt
Azdak. Sie wollen Azdak stürzen und einen neuen Richter finden. Als die Panzerreiter
ihn schlagen, kommt ein staubbedeckter Reiter, um eine Botschaft des Großfürsten zu
verlesen. Nach dieser Botschaft ist Azdak der neue Richter, weil er damals das Leben
des Großfürsten gerettet hat. Alle Zuschauer sind sehr verwundert.
Als der Reiter die Botschaft des Großfürsten verliest, lassen die Panzerreiter
Azdak sofort los, entschuldigen sich bei ihm und fragen ihn, ob er von ihnen etwas
wünsche: ‘Nichts, meine Mithunde. Einen Stiefel zum Lecken gelegentlich.’ Mit diesem
Worten betont Azdak, dass sie Wetterhähne sind. Das ist ein Warnung an all die
Menschen, die sich immer auf die Seite der Herrschenden schlagen. Azdak will
96
eigentlich mit diesen Menschen nach seinen eigenen Regeln spielen. Auf Seite 113 des
Theaterstücks sagt Azdak: ‘Ihr wollt eine Gerechtigkeit, aber wollt ihr zahlen? Wenn ihr
zum Fleischer geht wisst ihr, dass ihr zahlen müsst, aber zum Richter geht ihr wie zum
Leichenschmaus.’ Das ist ein Beispiel für die Beliebigkeit der Rechtsregeln. Der Glaube
‘Wer Geld hat, der wird gewinnen’ führt dazu den Gesetzen nicht zu vertrauen. Obwohl
Azdak mit seinem Verhalten den Eindruck macht, als ob er diesen Glauben teile,
handelt er doch entgegengesetzt. Er gibt das Kind nicht derjenigen, die ihm viel Geld
gibt.
Azdak denkt, dass Grusche diejenige ist, die im Leben immer Gerechtigkeit will.
Als er Grusche testet, wird ihm klar, dass Grusche das Kind verdient. Normalerweise
hätte Azdak das Kind Natella Abaschwilli geben müssen, weil auch er weiss, dass das
Kind nicht Grusches Kind ist. Aber dieser Azdak, der ein Spiel als Beweismittel vor
Gericht verwenden will, gibt Grusche das Kind, obwohl bzw. weil sie das Spiel nicht
gewinnt. Azdak weiss, dass er sich zwischen seinem Wissen und seinem Gewissen
entscheiden muss. Hier spielt seine emotionale Klugheit eine wichtige Rolle. Azdak, der
weiss, dass die Menschen zu seiner Zeit alles haben wollen und von purem Egoismus
geprägt sind, setzt voraus, warum Natella Abaschwili das Kind haben will. Sie ist
nämlich eine in allem gierige Frau. Geld, Besitz, Berühmtsein und Ähnliches sind für
sie sehr wichtig. Da Mischel der Erbe all dieser Sachen ist, denkt Azdak, dass Natella
ihn deswegen wiederhaben will, und er entscheidet sich anders. Hat er sich aber richtig
entschieden? Wenn er das Kind Natella Abaschwili gegeben hätte, könnte Mischel
zusammen mit seiner leiblichen Mutter ein reiches Leben führen. Aber würde er dann
mit einer Mutter im wahrsten Sinne des Wortes leben? Das glaubt Azdak nicht, und
deshalb gibt er Mischel Grusche, die eine Mutter wie aus dem Buche ist.
Unschwer ist es zu bemerken, dass der Richter im Theaterstück viel Macht hat.
Wenn er will, kann er einen Menschen bestrafen oder einem Menschen verzeihen. Alles
steht in seiner Macht. Azdak, der weiss, dass er viel Macht hat, will Grusche belohnen,
weil sie sich so sehr um Mischel gekümmert hat. Darin besteht für ihn Gerechtigkeit. Er
weiss, dass Grusche um Mischel willen alles verloren hat, deshalb denkt er, dass sie
jemand belohnen muss. Und weil Natella Abaschwili eine unverantwortliche Mutter ist,
denkt Azdak, dass sie weder Mischel noch Reichtum verdienen muss; deswegen bestraft
er Natella Abaschwili. Dieser Bestrafung zufolge kann Natella Abaschwili Mischel
nicht haben und all ihre Güte muss sie der Stadt verschenken, damit man einen Garten
für die Kinder bauen kann. Normalerweise, da, wo es feste Gesetze gibt, dürfte ein
97
Richter so keinesfalls handeln, und wenn er es täte, würden wir das nicht als gerecht
empfinden. Aber Azdak ist ein Richter in einer Gesellschaft ohne Regeln; deshalb muss
er die Leute nach seinen eigenen Regeln behandeln und sie mit ihren eigenen Waffen
schlagen.
98
V. TEIL
DER BEGRIFF ‘HERMENEUTIK’ IM THEATERSPIEL ‘DER KAUKASISCHE
KREIDEKREIS’ UND IM FILM ‘SELVI BOYLUM AL YAZMALIM’
5.1. Der Begriff ‘Hermeneutik’
In diesem Teil der Arbeit untersuchen wir die Protoganisten im Film und die
Hauptcharaktere mit Hilfe der Hermeneutik zu verstehen. Aber erst wollen wir erklären,
was der Begriff Hermeneutik bedeutet.
Der Begriff Hermeneutik bedeutet ‘Verstehen/Interpretieren’. Hermes, der
Götterbote in der Antike, hatte die Aufgabe, den Menschen den Willen der Götter
mitzuteilen. Eigentlich hätte er alles wortwörtlich berichten müssen. Aber weil die
Worte der Götter für die Menschen zu schwer zu verstehen waren, musste Hermes diese
Worte interpretieren und mit anderen Wörtern zum Ausdruck bringen, die die
Menschen verstehen. So konnte er den Menschen den Willen der Götter mitteilen. Man
kann sagen, dass man von dieser Zeit bis heute Hermeneutik benötigt. Wenn wir mit
unseren Familien, Freunden oder mit den Menschen sprechen, machen wir dieses
Gespäch bewusst oder unbewusst mit Hilfe der Hermeneutik. Doğan Özlem berichtet,
‘Hermeneutik etkinliği daima bir başka ‘dünya’ ya ait bir anlam ba
ğlamını o an içinde
yaşanılan dünyaya aktarma/çevirme etkinliği olmuştur.’ ( Özlem, 2003, s. 13) In diesem
Zusammanhang kann man behaupten, dass Hermeneutik eine Brücke zwischen zwei
oder mehrere Kulturen, Verständnissen oder Menschen ist. Das Verstehen zwischen
dem Sprecher und Hörer kann man aufgrund der Hermeneutik schaffen.
Nach Alans Meinung hat der Begriff Hermeneutik drei unterschiedliche
Bedeutungen. Sie berichtet in ihrer wissenschaftlichen Studie, dass die erste Bedeutung
von Hermeneutik ‘auslegen’ oder ‘sagen’ ist. ‘Auslegen’ heißt aber nichts anderes als
‘interpretieren’ und ‘sagen’ meint ‘weitergeben’. Die zweite Bedeutung von
Hermeneutik ist ‘erklären’. ‘Erklären’ ist eine Form der Interpratation; es geht nicht nur
um das ‘Was’, sondern auch um das ‘Wie’ bzw. das ‘Warum’. Die dritte Bedeutung von
Hermeneutik
ist
58
‘übersetzen’.
Die
Hermeneutik,
die
drei
unterschiedliche
Bedeutungen hat, verwendet man immer, wenn man etwas verstehen oder interpretieren
58
Zit. nach: http://www.belgeler.com/blg/22pe/bir-felsefi-yontem-olarak-hermeneutik-hermeneutic-as-a philosophical-method
99
möchte. Ich will besonders über die dritte Bedeutung sprechen. Alan berichtete, dass der
Begriff Hermeneutik auch ‘übersetzen’ bedeutet. Wie schon angedeutet, war Hermes
ein Botschafter zwischen den Göttern und Menschen. In diesem Zusammenhang,
möchte ich gerne sagen, dass ich die Meinung von Alan teile. Hermes, der ein
Botschafter ist, war auch ein Übersetzer, der die Willen der Götter deutlich machte.
Hier kann man von zwei unterschiedlichen Sprachen (menschlich und göttlich)
sprechen. Hermes, der ein Botschafter war, übersetzte die Willen der Götter von der
göttlichen Sprache in die menschliche Sprache. Wir wissen, dass die Übersetzung nicht
‘die Wörter hintereinander setzen’ bedeutet.Es gibt immer aussersprachliche
Wirklichkeiten, die man wissen muss. Hermes, der die beiden Sprachen und Welten gut
kannte, machte alles verständlich.
Es ist schon bewußt, dass Hermeneutik zum ersten mal in der griechischen
Mythologie auftrat, um die Worte der Götter verstehen zu können. Obwohl Hermes
selbst diese Worte bei seinen Übersetzungen interpretierte, waren diese Interpretationen
manchmal nicht ausreichend; es war für die Menschen nicht eindeutig, was die Götter
wollten. Deshalb haben die Menschen dann selbst noch einmal die Worte von Hermes
interpretiert. So gewann Hermeneutik einen hohen Bedeutungswert. Mit der Zeit
wurden dann auch Texte interpretiert, die von Menschen gemacht worden sind. Wir
sprechen dann entweder von philologischer Hermeneutik (Literatur) oder von
gesetzlicher Hermeneutik (Gesetzestexte).
Im antiken Griechenland wollte man gerne die Werke von Homer interpretieren
und verstehen:
‘Bestimmung des Wortsinns, diese Aufgabe stellte sich in Griechenland
schon sehr früh bei der Homerlektüre. Homers Sprache war den Athenern
der klassischen Zeit und den Alexandrinern kein unmittelbar verständliches
Buch mehr’ (Zit. nach: Szondi, 1975, s. 15).
Weil die Werke von Homer von den Menschen nicht verstanden worden sind,
sind sie interpretiert worden. Die Hermeneutik ist, einer der wichtigsten Begriffe, die
nicht nur für die Literatur gilt, sondern wir benötigen sie auch in unserem alltäglichen
Leben. Beispielsweise der Lehrer, der in der Klasse unterrichtet, ist wie ein Botschafter,
ein Übersetzer zwischen dem Buch und den Schülern, die über das Thema kein
Vorwissen haben. Damit die Schüler das Thema besser verstehen können, übersetzt
100
bzw. übertragt der Lehrer seinen Schülern, was es im Buch geschrieben ist.Der Lehrer,
der der Übersetzer des Buches ist, macht alles verständlich, indem er seine
Sprachkenntnisse verwendet.
Blicken wir wieder zurück in die Geschichte können wir sagen, dass im
Mittelalter die Religion im Vordergrund des Lebens steht. Wie in der Antike, wollte
man auch in dieser Periode die göttlichen Befehle richtig verstehen und aufnehmen.
Ernst Fuchs, der über die Hermeneutik bzw. über biblische Hermeneutik ein Buch
schrieb, berichtet uns in seinem Vorwort:
‘Hermeneutik ist im Bereich der Theologie Sprachlehre des Glaubens. Sie
will zeigen, warum sich der christliche Glaube an Texte gebunden weiß, wie
sie uns im Neuen Testament historisch faßbar vorliegen, und sie untersucht
die Bedingungen, denen das Verständnis dieser Texte unterworfen ist’
(Fuchs, 1958, Vorwort)
Wie oben gesagt, mussten die heiligen Schrifte interpretiert werden, weil sie für
die Menschen schwer verständlich waren. Wir können behaupten, dass dank der
Hermeneutik die Religionen eine wissenschaftliche Vision gewannen, über die man
denken und sprechen kann. Sie sind nicht mehr im Sinne völlig eindeutiger Aussagen
dogmatisch, es steht vielmehr um das Verstehen ‘offener’ Aussagen im Vordergrund
.
Die Menschen wollten gerne, was der Gott von ihnen will, deswegen dachten sie, dass
sie die Gehemnisse, die aussersprachlichen Wirklichkeiten der Religion entdecken
sollten. Hier spielt ‘Verstehen’ die wichtigste Rolle, weil die Menschen immer die
Wahrheiten erlernen wollen.
Im 17. Jahrhundert bewahrt Hermeneutik wegen der Entwicklungen im
Renaissasse-
und Reformzeitlalter ihre Wichtigkeit. Wenn wir über theologische
Hermeneutik sprechen, dürfen wir Martin Luther, der der Begründer der Protestanismus
ist, nicht vergessen. Er überstezte die Bibel ins Deutsche, damit die Menschen verstehen
konnten, was die Bibel sagt. Luther, der gegen die katholische Kirche protestierte,
behauptete, dass die Heilige Schrift noch einmal interpretiert werden musste. Wir
können behaupten, dass es fast unmöglich ist, etwas zu übersetzen ohne zu
interpretieren.
Wir wissen, dass die Hermeneutik einige Perioden hat. Nach der theologischen
Hermeneutik entstand die gesetzliche Hermeneutik. Die gesetzliche Hermeneutik
101
interpretiert, wie allgemeine Gesetzte zu verstehen sind. Die Bücher, die wir in unserer
Zeit in Bibliotheken finden können, sind aufgrund der Hermeneutik geschrieben
wurden, weil das Gesetz unter den Menschen immer noch schwer zu verstehen ist.
Bis zu Schleiermacher hat die Hermeneutik drei Abteilungen: theolgogische
Hermeneutik,
philologische
Hermeneutik
und
gesetzliche
Hermeneutik.
Mit
Schleiermacher gewinnt Hermeneutik eine neue Ebene. Sie wird nunmehr international.
Nach Özlem hat Schleiermacher zweierlei bewirkt: Seit Schleiermacher beschäftigt sich
Hermeneutik nicht nur mit schriftlichen, sondern auch mit mündlichen Texten. Sie wird
zudem philosophische Hermeneutik. In seiner Hermeneutik hat die Beziehung zwischen
den Erzählern und Lesern einen wichtigen Platz. Um einen Text zu verstehen ist das
Lesen nicht ausreichend. Man muss auch über die geschichtlichen Eigenschaften der
Periode, in der der Erzähler lebt, bescheid wissen.
Laut Topakkaya hat Hermeneutik in der Neuzeit kein philosophisches Ziel.
‘Nach G. Ebeling ist ein solches Ziel von W. Dilthey festgestellt worden.’59 Für
Dilthey, der der Begründer der Geisteswissenschaft ist, unterscheiden sich Natur- und
Geistenswissenschaften. Seiner Meinung nach gehört alles, um das die Menschen sich
untereinander bemühen, ist den Bereich der Geisteswissenschaften. Z. B. Philosophie,
Geschichte, Physchologie, Betriebswissenschaft usw. Naturwissenschaft hingegen
bezieht sich auf die dingliche Welt. Nach Dilthey braucht man neben Kenntnissen über
die geschichtlichen Hintergründe auch Einfühlungsvermögen, um andere besser
verstehen und ihre Handlungen besser interpretieren zu können. 60
Gadamer, der einer der wichtigsten Hermeneuten ist, beschrieb Hermeneutik auf
einer anderen Ebene. Roswitha Heinz-Prause und Thomas Heinze berichten in ihrer
Arbeit:
‘[…] Gadamer kritisiert die psychologische Grundlage der idealistischen
Hermeneutik (Schleiermacher/Dilthey) mit der Frage, ob sich der Sinn eines
Textes wirklich in dem gemeinten Sinn erschöpft. Verstehen also nichts als
die Reproduktion einer ursprünglichen Produktion ist. Demgegenüber weist
er darauf hin, daß das Verstehen nicht als eine subjektive Angelegenheit zu
denken sei, ,,sondern als Einrücken in ein Überlieferungsgeschehen, in dem
59
Zitiert nach: Topakkaya, Arslan. ‘Felsefi Hermeneutik’, Felsefe ve Sosyal Bilimler Dergisi, say
ı 4,
2007, s.79.
60
Vgl. Ebd. s. 79-83.
102
sich Vergangenheit und Gegenwart beständig vermitteln’ (Zit. nach:
Heinze-Prause&Heinze, 1992, s. 13).
Gadamer, der die Allegorese im antiken Griechenland im Mittelpunkt sieht,
denkt, dass es die Aufgabe der Hermeneutik ist, die Hauptbedeutungen in einem Text
feststellen zu können.
Die Hermeneutik, die unterschiedliche Perioden (theologisch, philologisch,
gesetzlich und philosophisch) hat, wurde mit der Zeit für die Menschen ein Mittel, um
die Wahrheit zu finden. Sie erklärt uns nicht, was das Verstehen oder Interpretieren
bedeutet, sondern sie zeigt uns, dass es unterschiedliche Methoden gibt, wenn man
verstehen oder interpretieren will. Deshalb wird die Hermeneutik in vielen Bereichen
benutzt.
In dieser Arbeit versuchen wir mit Hilfe der Hermeneutik, die Protoganisten im
Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ von Atıf Yılmaz und im Theaterstück ‘Der
kaukasische Kreidekreis’ von Brecht zu verstehen und zu interpretieren.
5.2. Der Begriff ‘Hermeneutik’ im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’
Der Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’, der wie die meisten Filme mehrere
Semiosen enthält (Bild, Sprache, Musik, Geräusch), erzählt uns insbesondere vom
Begriff ‘Mühe’, indem er die Beziehung zwischen einer Frau und zwei Männern
analysiert. In diesem Teil der Arbeit untersuchen wir mit Hilfe der Hermeneutik, warum
zwei der drei Protoganisten, die Eheleute nämlich, einander sich nicht verstehen
können.
Als sich Ilyas und Asya in der sechsten Minute des Filmes erstmals begegnen,
erleben beide die Liebe auf den ersten Blick. Doch ist Asya ganz unruhig und unsicher.
Um das zu verstehen muss man sich klar machen, in welcher gesellschaftlichen
Umgebung sie lebt und welche Rolle, welche Rechte und welche Pflichten sie als junge
Frau in dieser Gesellschaft hat. Wir müssen uns also bei unserer Interpretation ganz im
Sinne Diltheys in Asyas Lebenswelt versetzen, um sie und damit auch den Film an
dieser Satelle zu verstehen. Das ist hier besonders wichtig, da der Film in den 1970er
Jahren spielt, wir aber gut 40 Jahre später und unter deutlich veränderten Umständen
leben. Als eine ungebildete, unerfahrene und unter starker familiärer und
gesellschaftlicher Kontrolle lebende Frau kann Asya einfach nicht wissen, was sie
103
machen kann, darf und soll, als sie Ilyas zum ersten mal sieht und gleich Liebe für ihn
empfindet. Ilyas hingegen, der in einer grossen Stadt aufgewachsen ist, weiß es zwar,
kann aber Asyas vom dörflichen Leben geprägtes Handeln nicht verstehen. In der Stadt
sind die Beziehungen zwischen Mann und Frau schon damals eben nicht so schwierig
wie im Dorf. Deshalb legt Ilyas Asyas Versuch, sofort wegzulaufen (weil die
Gesellschaft ihr nicht erlaubt, ohne Heirat mit einem Mann zu sprechen oder spazieren
zu gehen), als Zimperlichkeit aus. Ilyas kann sich nicht in Asya hineinversetzen,
deshalb interpretiert er die Handlungen von Asya falsch. Ansatt sich in Asya
einzufühlen, beurteilt er sie häufig. Beurteilen ist aber nicht die Aufgabe der
Hermeneutik; ihre Aufgabe ist das Verstehen. Und wenn man die Geschichte eines
anderen wirklich verstehen will, muss man sich in ihn einfühlen können. Das ist dann
besonders wichtig, wenn die betreffenden Menschen keine ähnlichen Lebensweisen
haben; denn sonst können sie sich nur schlecht verstehen.
Nach Dilthey gibt es zwei Verstehensformen: elementares Verstehen und
höheres Verstehen. Beim elementaren Verstehen ist das Verstehen besonders im
alltäglichen Leben nötig. Wir Menschen müssen miteinander sprechen und einander
verstehen. ‘Man muss wissen, was der andere will’(Vgl. Ebd., s. 98), sagt Dilthey und
betont, dass man beim elementaren Verstehen kein tieferes Verständnis braucht.
Elementares Verstehen, das man in seinem Alltag für seine Bedürfnisse verwendet, ist
unbewusst und individuell. Dilthey, der für das elementare Verstehen die Mimik als
Bespiel heranzieht, sagt, dass elementares Verstehen in kommunikativer Hinsicht einige
Unvollkommenheiten hat.
‘Wenn ich jemanden sehe, während er lacht und wenn ich vermute, dass es
dafür keinen Grund gibt oder wenn jemand sich an meinem unschuldigen
Anblick stößt, dann kann ich all dieses nicht verstehen’ (Vgl. Ebd., s. 106).
Das Zitat zeigt, dass man in solchen Situationen eine andere Verstehensform
braucht. Beim höherem Verstehen, das auf dem elementaren Verstehen aufbaut, spielen
die Hintergründe der Handlungen oder Worte eine wichtige Rolle. Wenn elementares
Verstehen bei der Kommunikation nicht ausreichend ist, versucht man den anderen mit
höherem Verstehen zu interpretieren. Aber dafür muss man die Geschichte des anderen
gut kennen. Wir haben betont, dass die Mimik beim elementaren Verstehen wichtig ist,
z. B. sind Türken, die ihre Augenbrauen anheben, wenn sie ‘nein’ sagen, sowohl für
104
elementares, als auch für höheres Verstehen ein gutes Beispiel. Wenn zwei Türken
miteinander sprechen und wenn einer von ihnen seine Augenbrauen anhebt, versteht der
andere, dass er ‘nein’ sagen will, weil er in der gleichen Kultur lebt. Bei dieser
Kommunikation braucht man kein höheres Verstehen. Aber wenn ein Türke mit einem,
der aus einer anderen Kultur kommt, spricht, kann dieser andere diese Mimik vielleicht
nicht verstehen. Wir können sagen, dass man in dieser Situation höheres Verstehen
braucht, weil das elementare Verstehen nicht ausreichend ist.
Die Protagonisten im Film sind sowohl im elementaren als auch im höheren
Verstehen nicht erfolgreich. Da sie unterschiedliche soziokulturelle Bedingungen
haben, ist es ganz normal, wenn sie ihre Gestiken, Mimiken oder Handlungen nicht
verstehen. Aber das bedeutet, dass sie die Ernsthaftigkeit und Durchdachtheit ihres
jeweiligen Lebens nicht erkennen. Wenn bspw. die Protoganistin Asya Ilyas sagt, dass
sie bald heiraten wird, ist Ilyas böse auf sie. Ilyas kann nicht verstehen, dass eine Frau
einen unbekannten Mann heiratet. Umgekehrt kann aber auch Asya nicht verstehen,
dass Ilyas sehr böse auf sie ist, und sie denkt, dass sie unschuldig ist. Wegen
gesellschaftlichen Drücken darf sie den Mann, den sie heiraten wird, nicht auswählen.
Asya und Ilyas, die beim elementaren Verstehen versagen, wollen ihre eigene
Geschichte mit Hilfe des höheren Verstehen nicht erlernen; deswegen haben sie
einschlägige Kommunikationsprobleme. Am Anfang, als sie ineinander verliebt sind,
sind diese Probleme für sie nicht sichtbar. Aber als sie bemerken, dass Verliebtsein
nicht ausreicht, um eine dauerhafte Beziehung zu führen, wollen sie nicht mehr
zusammen sein.
Asya, die in der Beziehung immer im Hintergrund bleiben will, hat nur das
Glück ihres Mannes im Blick, weil ihr die Gesellschaft das so beigebracht hat. Sie ist
immer zu Hause, kocht und putzt für ihren Mann. Wir können sagen, dass sich Asya
ausschließlich als Hausfrau und Mutter versteht. Sie denkt, dass sie alles, was ihr Mann
will, machen muss. Am Anfang empfindet Ilyas Asyas Haltung als sehr angenehm.
Aber mit der Zeit denkt er, dass Asya zu ungebildet ist, um sich mit ihr unterhalten zu
können. Er nennt sie ‘ein unwissendes Dorfmädchen’.
Die Antwort auf die Frage, warum ihre Beziehung kaputt geht, finden wir in
ihrer Geschichte. Ilyas ist ein passionierter LKW-Fahrer. Als er seinen LKW aufgrund
einer unerlaubten Hilfeleistung verliert, hat er nur noch schlechte Laune. Er will nicht
mehr arbeiten und weder sprechen noch essen. Er tut so, als ob er sein Ein und Alles
verloren hätte. Zugleich denkt er, dass seine Frau Asya ihn nicht verstehen kann, weil
105
sie ungebildet ist. Asya, die auch in dieser Situation nur das Glück ihres Mannes will,
kann sein Verhalten nicht verstehen, vor allem auch, weil Ilyas mit ihr nicht über seine
Situation und seine Gefühle sprechen will. Schließlich will Asya mit dem Chef ihres
Mannes sprechen, um ihm auf diese Weise zu helfen. Aber dieses Gespräch macht alles
nur noch schlimmer. Ilyas schlägt seine Frau vor aller Augen, weil sie mit dem Chef
sprach. Ilyas kann nicht verstehen, warum Asya mit dem Chef sprach und Asya kann
nicht verstehen, warum Ilyas auf sie böse ist. Rückblickend auf die Geschichte der
beiden kann man sagen: Asya ist eine Frau, die denkt, dass sie ihr Leben lang ihren
Mann glücklich machen muss. Ilyas seinerseits ist ein Mann, der denkt, dass er der Herr
des Hauses ist. Asya will eine Lösung finden, weil ihr Mann unglücklich ist. Ilyas will
seine Probleme selbst lösen, weil er ein Mann ist. Würde er die Hilfe seiner Frau
annehmen, so fürchtet er, würde ihn die Gesellschaft verspotten.
Weil Ilyas glaubt, dass Asya nicht die Frau ist, die ihn verstehen kann, will er
nunmehr wieder mit seiner Ex-Freundin Dilek zusammen sein. Als Asya das erfährt,
will sie ihrerseits nicht mehr zu Hause bleiben.
Den Betrug von Ilyas können wir unter zwei Blickwinkeln sehen. Nehmen wir
die Perspektive der 70er Jahre ein, dann ist der Betrug eines Mannes für die
Gesellschaft etwas ganz Normales. Ein Mann kann seine Frau betrügen. Die Aufgabe
einer Frau ist es, zu Hause zu bleiben und auf ihren Mann zu warten. Aufgrund dieser
gesellschaftlichen Regeln, mit denen Ilyas aufgewachsen ist, kann er nicht verstehen,
warum seine Frau Asya ihn verlässt. Asya, die immer opferbereit ist, kann auch nicht
verstehen, warum Ilyas sie betrügt, obwohl er sie doch liebt.
Obwohl Asya und Ilyas aus unterschiedlichen soziokulturellen Milieus kommen,
teilen sie dennoch manche gesellschaftlichen Regeln. Der Grund, warum sie einander
nicht verstehen, kann der sein, dass diese gesellschaftlichen Regeln nicht von beiden in
gleicher Weise angenommen wurden. Während Ilyas denkt, dass er trotz seiner Äffäre
mit Dilek ‘später nach Hause zurückkommen’ kann – so leben Männer eben in den 70er
Jahren -, ist das für Asya keinjeswegs selbstverständlich; sie verletzt die Bevorzugung
von Dilek zutiefst, deshalb will sie Ilyas diese Äffäre auch niemals verzeihen.
Es gibt viele Gründe, warum Asya und Ilyas einander nicht verstehen. Nach
diesen Gründen wurde im Vorhergehenden gefragt. Fragen sollte man aber auch, warum
sich andererseits Asya und Cemşit, der zweite Mann von Asya, sehr gut verstehen?
Obwohl sich die beiden am Anfang ihrer Geschichte nicht gut kennen, können wir
sagen, dass bei ihnen das elementare Verstehen trotzdem von Anfang klappt. Der
106
wichtigste Grund dafür ist, dass sie beiden ähnliche Geschichten haben. Asya und
Cemşit wissen, was eine Familie bedeutet, weil sie beide ihre Familien verloren haben;
deshalb können sie einander sehr gut verstehen und interpretieren – anstatt sich zu bzw. zu verurteilen. Asya und Cemşit verstehen sich aufgrund ihrer ähnlichen
Erfahrungen, es gibt keine Missverständnisse zwischen ihnen.
‘[…] Zur Funktion der Sprache konstatiert Chomsky, dass Sprache vielerlei
Funktionen habe und daß Kommunikation nicht die alleinige Funktion von
Sprache sei. Vorrangige Funktion der Sprache sei vielmehr der Ausdruck
von Gedanken’ (Heinze-Prause& Heinze, 1992, s.51)
Asya und Cemşit, verstehen sich blind, müssen ihre Gedanken nicht erst
aussprechen. Als Asya z. B. das Haus, in dem sie mit Ilyas wohnt, verlässt, trifft sie auf
Cemşit, der sie nach Hause einlädt. Sie glaubt, dass sie zu einer Familie kommen wird.
Als sie bemerkt, dass Cemşit alleine lebt, beginnt sie sich Sorgen zu machen. Sie fragt
Cemşit, ob es niemanden zu Hause gebe. Cemşit, der versteht, dass Asya sich sorgt,
sagt, dass er im Zimmer, das draußen ist, wohnen wird; sie solle keine Angst haben.
Normalerweise ist das nicht die Antwort auf die gestellte Frage. Aber da Cemşit und
Asya die gesellschaftlichen Regeln gut kennen, können sie einander sehr gut verstehen.
Das tun sie auch, als Asya tagelang auf der Strasse den LKWs nachschaut.
Cemşit versteht, dass Asya auf ihren Mann wartet. Hier spielt auch die Geschichte eine
wichtige Rolle. Hätte Cemşit nicht um die Vergangenheit von Asya gewusst, hätte er sie
nicht verstehen können.
‘Die
hermeneutische
Priorität
des
Fragens
erstreckt
sich
auf
zwischenmenschliche Kommunikation im unmittelbaren Dialog, wie in der
Beziehung zwischen Gegenwart und Vergangenheit, aber auch auf das
Vestehen menschlichen Handelns, das sich nicht sprachlich artikuliert. Im
Gespräch erlauben Frage und Antwort, sich zu vergewissern, ob der andere
mitgehend versteht, anders versteht oder gar mißversteht, und ermöglicht
weiterhin das Erproben und Versuchen einer Meinung, die eigene
Vormeinung einbegriffen, was ein Gespräch allererst dialektisch macht’
(Zit. nach: Jauß, 1991, s. 393)
107
Wie im Zitat gesagt, sind sprachlich Aussagen nützlicher als Gestiken oder
Mimiken, um einander besser verstehen zu können. Aber man sieht, dass die
Protoganisten im Film, abgesehen von Ilyas, nicht zu viel Fragen stellen. Asya und
Cemşit bevorzugen es einander zuzuhören; statt ohne Ende selbst zu sprechen, wollen
sich lieber selbst befragen. Die Protoganisten, die richtige Fragen stellen, versuchen
einander zu verstehen. Ihre Vergangenheiten spielen hier eine wichtige Rolle. Wir
wissen, dass Asya und Cemşit im Leben nur nach der richtigen Liebe suchen. Aufgrund
ihrer ähnlichen Vergangenheiten denken sie auch ähnlich über die Liebe. Mühe ist der
unverzichbarste Faktor der Liebe.
Ein Kommunizieren nach den Prinzipien der Hermeneutik ermöglicht bei Asya
und Cemşit, ein gut übereinkommendes Paar zu werden. Asya und Cemşit, deren
Weltbilder, Lebensäußerungen und Träume ähnlich sind, sind sehr ruhig und gelassen,
als sie zusammen sind. Da diese Art des Umgangs für sie Liebe ist, wollen sie diese nie
wieder verlieren.‘Das hermeneutische Prinzip erklärt keineswegs das Verstehen selbst,
sondern es sagt nur, wie der gewünschte Vorgang des Verstehens in Gang
kommt.’(Fuchs, 1958, s.109) Wenn wir jemanden verstehen wollen, ist es einfacher,
wenn wir einige Gemeinsamkeiten haben. Im Film kann man sehen, dass Asya und
Cemşit ähnliche Leben haben, deswegen können sie einander gut verstehen und
interpretieren. Für Asya, die keineswegs auf den ersten Blick in Cemşit verliebt war,
können wir sagen, dass sie nunmehr aufgrund ihrer unglücklichen Geschichte anders
über die Liebe denkt. Ihrer Meinung nach, ist die körperliche Liebe zeitlich, die man
irgendwann vergessen kann. Aber Cemşit ist der Mann, mit dem Asya ihr Leben lang in
Ruhe leben möchte.
5.3. Der Begriff ‘Hermeneutik’ im Theaterspiel ‘Der kaukasische Kreidekreis’
‘Der kaukasische Kreidekreis’, der uns von Salomons Urteil und/oder einer
chinesischen Geschichte erzählt, sucht die richtige Mutter des Kindes mit Hilfe der
Mühe und Gerechtigkeit. Wir wissen, dass das Theaterspiel aus zwei unterschiedlichen
Geschichten besteht. Im ersten Teil des Theaterstücks erfahren wir vom Streit zweier
Gruppen über das Anrecht auf ein Tal. Das Tal gehört demjenigen, der es ausarbeitet.
Am Ende des ersten Teil des Theaterspiels, wenn der Streit um das Tal fertig ist, will
man das mit einem Theaterstück, das ‘Der kaukasische Kreidekreis’ heisst, feiern. In
108
dieser Arbeit versuchen wir mit Hilfe der Hermeneutik, Gedanken und Gefühle der
Mütter zu interpretieren.
Im zeiten Teil des Theaterstücks, wo die Mutterschaft bearbeitet ist, stellt man
eine Frage, was die Mutterschaft bedeutet. Wer ist die richtige Mutter? Ist es
ausreichend, wenn man eine biologische Mutter eines Kindes ist? Welche Rolle spielt
Mühe bei der Mutterschaft? Diese Fragen, die auch im Theaterspiel gestellt sind, sind
von uns allen gestellte Fragen. Um diese Fragen zu beantworten, sollten wir sowohl
Grusche, als auch Natella Abaschwili gut verstehen und interpretieren.
Wir wissen, dass Grusche im Palast von Georgi Abaschwili als Küchenmädchen
arbeitete, bevor der Krieg nicht begann. An einem Ostersonntagmorgen, als die Fürsten
gegen die Grossfürsten und Gouverneure rebellierten und Goergi Abaschwili töten,
wollten alle Leute im Palast fliehen. In der Panik konnte Natela Abaschwili nicht an ihr
Kind denken. Sie ist schon weg. Sie vergass ihr Kind Michel im Palast. Da das Kind
Michel zu haben gefährlich war, wollten alle Leute im Palast von ihm weg sein, ausser
Grusche. Sie rettete Michel von Fürsten und begann mit ihm zu fliehen. Am Anfang
war ihr Ziel, eine Familie, die Michel beschützen kann, zu finden. Aber mit der Zeit
gewöhnte sich an Michel und wollte ihn nie lassen.
Wir sehen, dass Grusche wegen Michel vom Anfang des Theaterstücks in
Gefahr ist. Als die Köchin im Palast Grusche einmal warnte, dass Michel der Erbe war,
wusste Grusche auch, dass die Fürsten nach ihr verfolgen werden. Grusche, die nicht
die Mutter von Michel ist, riskiert diese Gefahr trotzdem.
Wir wissen, dass Hermeneutik nicht nur die Auslegung eines Textes, sondern
auch aller Handlungen der Menschen bedeutet. Hier muss man verstehen, warum
Grusche dem Kind Michel helfen will, obwohl alle Leute sie warnen und wenn die
leibliche Mutter von Michel ihn verlässt. Am Anfang denkt Grusche, dass das kleines
Kind Michel unschuldig ist. Deswegen will sie nur sein Leben retten. Um für ihn eine
Familie zu finden, kidnappt Grusche Michel aus dem Palast. Unterwegs erleben sie
viele Schwierigkeiten zusammen. Z.B. Wenn Michel Hunger hat, will Grushe für ihn
Milch finden. Um etwas Milch zu bitten, läuft Grusche zu einer Bauernhütte. Obwohl
die Milch zu teuer ist, kauft Grusche die Milch für ihn. Wenn Grusche bemerkt, dass
Michel satt ist, denkt sie, dass sie einen Platz finden muss, in dem Michel und sie selbst
bleiben können. Wenn Grusche allein gewesen wäre, hätte sie vielleicht draussen
übernachten können. Als Grusche eine Karawansarei und reiche Damen vor dem
Karawanserei sah, begann sie mit den Damen zu sprechen, damit sie mit Michel da
109
übernachten konnte. Aber als die Damen verstanden, dass Grusche eigentlich ein
Küchenmädchen war, rufen die Damen den Hausknecht, damit er Grusche rauswerfen
soll. Auch in diesem Moment denkt Grusche nicht an sich, sondern an Michel. Grusche,
die denkt, dass sie ür Michel einen Unterkunft inden muss, will nur, dass Michel eine
gute Zukunft haben sollte. Grushe, die Michel mitnimmt, verhält sich unbewusst, wie
seine Mutter. Obwohl sie mit ihm nicht blutsverwandt ist, nimmt sie immer viel
Verantwortlung an. Die Beziehung zwischen Grusche und Michel ist merkwürdig.
Grusche, die Michel immer schützen will, macht eigentlich ihr Leben kaputt. Sie riskiert
bewusst/unbewusst ihr eigenes Leben.
Wenn wir die Handlungen von Grusche mit Hilfe der Hermeneutik, die nicht nur
schriftliche Werke, sondern auch menschliche Akte umfasst, interpretieren wollen,
können wir Grusche verstehen. Grusche muss das Kind Michel lassen bringen, weil ihr
Leben wegen Michel schwerer ist. Sie will in diesen Kriegszeiten bei ihrem Bruder
leben, und sie weiß, dass sie ihrem Bruder nichts erklären könnte, wenn er sie nach dem
Kind fragen würde. Grusche ist eine ledige Frau und sie macht sich Sorgen um
gesellschaftliche Vorurteile.
Wir haben gesagt, dass das Leben von Grusche wegen Michel mehr schwerer
wurde. Grusche macht für Michel alles, das niemand bis jetzt schaffen kann. Das
wichtigste und schwereste, das Grusche für Michel machte, ist es, dass sie mit Michel
über den gebrochen Pass nach der Ostseite gehst. Wir können sagen, dass Grusche mit
der Zeit wegen ihrer Opferbereitschaften eine richtige Mutter wurde, so dass sie beginnt
nur an Michel zu denken. ‘Jedes Verstehen ist auch ein falsches Verstehen’(Zit. nach:
Özlem, 2003, s. 108). Solange Grusche Michel versteht, verstehen die Menschen
Grusche nicht, warum sie so opferbereit ist.
‘In den blutigsten Zeiten
Leben freundliche Menschen’ (Vgl. Ebd., s. 47).
schreibt Brecht in seinem Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’. Man kann sagen,
dass menschliche Gefühle von Grusche in diesen blutigsten Zeiten, manchmal der
Grund sind, um zu verlieren, deswegen können die Menschen, die die Wahrheit wissen,
dass Michel nicht Grusche gehört, sie nicht verstehen, warum Grusche das Kind haben
will. Um das zu verstehen muss man erst Grusches Geschichte kennen. Bei der
Interpretation spielt die Geschichte eine wichtige Rolle. Grusche, die im Kriegsjahre im
110
Palast als Küchenmädchen arbeitete, hat Michel von Fürsten gerettet und verbracht all
ihre Ziet mit ihm. Wegen Michel verlor sie nicht nur ihr Geld und Liebe sondern sie
erlebte auch viele Schwierigkeiten. Grusche, die für Michel immer das Beste wünscht,
behauptet, dass sie die Mutter von Michel ist. Hier stellt man eine Frage, ob Grusche die
richtige Mutter ist. Wenn wir die Geschichte von Grusche und Michel beobachten,
können wir sagen, dass Grusche Michel schon verdient. Das Theaterspiel, in dem man
betont, dass die Mutterschaft nicht nur gebären bedeutet, zeigt man uns, was eine
richtige Mutter für ihr Kind machen kann. Auf der Seite 110 im Theaterspiel, wenn der
erste Anwalt berichtet, was Mutterschaft bedeutet, sind seine Worte auffallend.
‘Die Bande des Blutes sind die stärksten aller Bande. Mutter und Kind, gibt es
ein innigeres Verhältnis? Kann man einer Mutter ihr Kind entreissen? Sie hat es
empfangen in den heiligen Ekstasen der Liebe, sie trug es in ihrem Leibe, speiste
es mit ihrem Blute, gebar es mit Schmerzen’ (Vgl. Ebd., s. 110).
Von der Natur erzählende Anwalt kann über den Begriff ‘Mühe’ Nichts sagen,
weil die leibliche Mutter Natella Abaschwili keine Erinnerungen mit ihrem Kind Michel
hat. Sie verbrachte ihre Zeiten nicht mit ihrem Kind. Wenn der Richter Azdak Grusche
nach ihren Gedanken fragt, kann man bemerken, dass die Worte von Grusche
empfindlich und beeindruckend sind.
‘Ich habe’s aufgezogen nach bestem Wissen und Gewissen, ihm immer etwas
zum Essen gefunden. Es hat meistens ein Dach überm Kopf gehabt, und ich habe
allerlei Ungemach auf mich genommen seinetwegen, mir auch Ausgaben
gemacht. Ich habe nicht auf meine Bequemlichkeit geschaut. Das Kind habe ich
angehalten zur Freundlichkeit gegen jedermann und von Anfang an zur Arbeit,
so gut es gekonnt hat, es ist noch klein’ (Vgl. Ebd., s. 110).
Wie im Zitat gesehen, will Grusche die richtigen Beziehungen zwischen einer
Mutter und einem Kind betonen. Ein solches Gewissen kann man auch am Ende des
Theaterspiels sehen. Wenn Schauwa einen Kreis auf den Boden zieht und das Kind
hinein stellt, kann Grusche es nicht ziehen, weil sie das Kind nicht verletzen will.
Obwohl Grusche nicht die leibliche Mutter von Michel ist, lernte sie troztdem durch
ihre Erlebnisse, was eine Mutterschaft bedeutet. Wir wissen, dass die Erlebnisse bei der
111
Hermeneutik eine wichtige Rolle spielen. Wenn man die anderen verstehen will, muss
man seine Geschichte kennen.
‘Der kaukasische Kreidekreis’, der als Thema die Geschichte von Salomon
und/oder eine chinesiche Geschichte wählt, will gerne feststellen, wem das Kind gehört.
Die Frage, die wir im Theaterspiel beobachten, ist es, dass Grusche mit der Zeit lernt,
was die Mutterschaft bedeutet, obwohl Grusche keine leibliche Mutter von Michel ist.
Mit Hilfe des gemeinsamen Leben zwischen Grusche und Michel kennen sie einander
besser und wissen, was sie voneinander wollen. Wir wissen, dass dieses gemeinsame
Leben ist wegen Grusches Mühe begründet wurden, deswegen können wir sagen, dass
Grusche die Mutter von Michel ist, obwohl sie ihn nicht auf die Welt bracht.
Bei der philologischen Hermeneutik ist die Frage, wovon der Text erzählt sehr
wichtig. Wie gesagt, das Theaterspiel ‘Der kaukasische Kreidekreis’ hat als Thema
Salomans Geschichte und/oder eine chinesische Geschichte wählt. Obwohl der Richter
in der chinesichen Geschichte das Kind der leiblichen Frau gibt, macht Salomon das
Gegenteilige. Als zwei Frauen sagten, dass das Kind ihnen gehören, wollte Salomon das
Kind mit seinem Schwert in zwei Teilen zerteilen. Obwohl eine der beiden Frauen das
akzeptiert, beschwor die andere Frau Salomon, es nicht zu tun. In diesem Moment
verstand Salomon, dass die Frau, die ihn beschwor, die richtige Mutter war. Hier kann
man von der Opferbereitschaft, Mühe und Liebe sprechen. Die gleichen Nachrichten
gelten auch für das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’.Wenn wir fragen,
welche Absichten das Theaterstück hat, können wir feststellen, dass das Theaterstück
mit dem Leitmotiv Grusche, ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ sucht. Auf die Frage, ob das
Theaterstück die Suche nach der Mühe und Gerechtigkeit gut darstellt, können wir
sagen, dass am Ende des Theaterstücks, diejenige, die Recht hat, gewinnt. Aber das
bedeutet nicht, dass das Theaterstückt betont, dass im Leben immer die Guten und
Gerechten gewinnen. Brecht garantiert das in seinem Theaterstückt nicht, weil wir im
Text, der Regierung, die sich immer veränderd und den Schleimer jeder neuen
Regierung begegnen.
112
VI. TEIL
SCHLUSSBEMERKUNG
In dieser Arbeit versuchen wir Brechts Theaterstück ‘Der kaukasische
Kreidekreis’, Atıf Yılmaz’ Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’ (basiert auf dem
Originawerk von Cengiz Aytmatov), die auf derselben heiligen Salomons Urteil
und/oder chinesischen Vorlage basieren, mit Hilfe der Komparatistik, Imagologie,
Intermedialität, Intertextualität und Hermeneutik zu vergleichen.
Brecht, weltweit einer der wichtigsten deutschen Schriftsteller, Dichter und
Kritiker, ist der Begründer des epischen Theaters. Seiner Meinung nach muss das
Thema im epischen Theater ein gesellschaftliches Thema sein. ‘Mutter Courage und
ihre Kinder (1939)’, ‘Der gute Mensch von Sezuan (1941)’ und ‘Der kaukaische
Kreidekreis (1944)’ sind nur einige Beispiele davon. Laut Brecht, der betont, dass das
Theater lehrhaft sein soll, kann das Theater die Menschen verändern. Brecht will keine
Zuschauer, die vom Theaterstück hypnotisiert sind. Seiner Meinung nach können solche
Zuschauer nicht bemerken, was das Theatersück tatsächlich betont.
In dieser Arbeit behandeln wir was das Theaterstück ‘Der kaukasiche
Kreidekreis’, das ein Beispiel des epischen Theaters ist, indem wir die Motive ‘Mühe’
und ‘Gerechtigkeit’ zum Vordergrund gezogen haben.Über Brecht, der in diesem
Theaterstück die Beziehung zwischen Mühe und Gerechtigkeit hinterfragt, haben wir
nach unserem tiefen Bescheiden die Behauptung, dass er höchstwahrscheinlich von der
chinesischen Geschichte oder von Salomons Urteil, der im Quran und alten Testament
vorhanden ist, inspriert hat. Wie schon bewusst ist Salomon laut dem Quran ein Prophet
und König. Salomon, der ein gerechter König ist, ist auch ein Prophet, der für die Güte
seiner Völker kämpft. Seine Geschichte lautet im Quran so:
‘Und David und Salomo richteten über den Acker, worin sich die Schafe
eines Volkes zur Nachtzeitverliefen und weideten; und Wir waren Zeugen
ihres Urteilspruches.’(Al-Anbiya, 25:78)
Hier erinnert man sich an die Geschichte von Völkern, deren Feld wegen den
Schafen kaputt geworden sind. Die Kläger gingen zum David, der Vater von Salomon
und erzählte, dass die Schafe eines Mannes alles im Feld gefressen und das Feld kaputt
113
gemacht haben. Obwohl David beschloss, die Schafe des Mannes dem Kläger zu geben,
wollte Salomon, der in diesem Moment bei seinem Vater war, eine andere Lösung
empfehlen. Laut dieser Lösung sollte der Kläger die Schafe bekommen, um die Milch,
die Lämmer und die Wolle verwenden zu können. Aber er sollte das Feld dem Besitzer
der Schafe geben, damit er das Feld wieder in Ordnung bringen konnte.61 Eine solche
Geschichte liest man im Theaterstück von Brecht, als erste Geschichte oder
Rahmenerzählung.
Wir haben betont, dass Salomon und seine Geschichten nicht nur im Quran,
sondern auch im alten Testament erzählt wurden. Da die Geschichte der zwei Müttern,
die das gleiche Kind haben wollen, nicht im Quran beschrieben wurden, haben wir in
unserer Arbeit diese Geschichte vom alten Testament zitiert. Salomon sollte in der
Geschichte die richtige Mutter vom Kind finden. Laut der Geschichte wohnen zwei
Dirnen im gleichen Haus. Die beiden Frauen bringen in drei Tagen zwie Kinder auf die
Welt. Da das Kind einer von ihnen gestorben ist, will die Frau ihr Kind mit dem andren
Kind austauschen. In der Nacht nimt sie das Kind der anderen Frau. Als die andere Frau
aufsteht und bemerkt, dass das Kind nicht ihr gehört, will sie nun ihr Kind zurück. Die
beiden Frauen behaupten, dass das Kind ihnen gehört. Salomon, der die Frauen anhört,
findet eine kreative Lösung mit seinem Schwert. Er will das Kind mit dem Schwert
schneiden und eine Hälfte der Frau und eine andere Hälfte der anderen Frau geben.
Obwohl eine der Frauen diese Lösung annimmt, sagt die andere Frau, dass Salomon das
Kind der anderen Frau geben sollte. In diesem Moment beurteilt Salomon, dass diese
Frau die Mutter des Kindes ist.62 Diese Geschichte steht im Mittelpunkt im Theaterstück
von Brecht, mit der Brecht die Blutverwandschaft hinterfragt.
Das andere Werk, das wir in unserer Arbeit ins Vordergrund ziehen, ist eine
Geschichte von der chinesischen Literatur. In der chinesischen Geschichte, die im 13.
Jahrhundert von einem chinesischen Dramatiker Yuan Dynastie geschrieben wurden,
liest man auch die Geschichte zwei Müttern, die das gleiche Kind haben wollen. Laut
der Geschichte will Master Ma, der ein reicher Mann ist, seine Geliebte Haitang, die
eine Prostituierte ist, heiraten, weil er keinen Sohn von seiner Frau hat. Nach der Heirat
haben Master Ma und Haitang einen Sohn. Die erste Frau von Master Ma, die Frau Ma
heißt neidisch auf die zweite Frau Haitang, deswegen will Frau Ma mit ihrem Liebhaber
61
Vgl. Ebu’l-Fida Ismail ibn Kesir, (ö.774/1373), Tefsiru’l-Kur’ani’l-Azim,I_XU, IX, cilt 9,
s.471.;Celaleddin es-suyuti(ö991/1445), ed-durru’l-Mensur et tefsir bi’l Me’sur,I-XVII,cilt 10 ,s.318-321.
62
Vgl. Altes Testament, 1 Kön 3,16-28
114
Master Ma töten. Alles geht nach ihrem Wunsch. Wenn der Bruder von Haitang sie
besucht, sagt Frau Ma Haitang, dass sie die Kleider von Herrn Ma ihm geben sollte.
Wenn Herr Ma nach Hause kommt, bemerkt er, dass er nicht mehr die Kleider hat. Frau
Ma hetzt Herr Ma gegen Haitang. Herr Ma, der unter dem Herzinfakt leidet, stirbt
plötzlich. In diesem Moment vergiftet Frau Ma ihren Mann Herr Ma und sagt allen,
dass Herr Ma von Haitang vergiftet wurden. Haitang, die verhaftet wurde, rettet von
ihrem Bruder, der bei einem Richter arbeitet. Der Richter Bao Zeng, der denkt, dass
Haitang noch mal verurteilen sollen wird, findet eine Lösung, die Kreidekreis heißt.
Laut dieser Lösung zieht man einen Kreis auf dem Boden und die beiden Mütter sollten
das Kind aus dem Kreis ziehen. Wer das schaffen kann, ist die Mutter. Haitang ill das
nicht machen, weil sie das Kind nicht zerstören will. In diesem Moment glaubt der
Richer, dass das Kind Haitang gehört.63 Wir wissen, dass man häufig betont, dass das
Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ auf die chinesische Geschichte basiert. Eins
der Ziele unserer Arbeit ist festzustellen, dass unsere Meinung nach Salomons Urteil die
Urgeschichte ist. Wir denken, dass es nicht so schwer ist, dass sowohl chinesische
Geschichte, als auch das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ auf Salomons
Urteil basieren, wenn man die drei Geschichten liest.
Das andere Ziel der Arbeit ist zu erforschen, was für Beziehungen die Werke
haben, die wir in unserer Arbeit bearbeiten. In diesem Zusammenhang stehen
Intermedialität und Intertextualität im Vordergrund in der Arbeit. Brechts Theaterstück
‘Der kaukasische Kreidekreis’ basiert im Zirkel der Intertextualität.
Wie schon bewußt,
besteht das Theaterstück von Brecht aus zwei unterschiedlichen Geschichten. Im ersten
Teil des Theaterstücks lesen wir die Geschichte der zwei Gruppen und deren Streit über
das Tal. Hier stellt Brecht sich eine Frage, wem das Tal gehört Wir haben berichtet,
dass es einige Ähnlichkeiten zwischen dieser Geschichte und Salomons Urteil, den wir
im Quran lesen. Im zweiten Teil des Theaterstücks treffen wir die Geschichte der zwei
Müttern an, die das gleiche Kind haben wollen. Die gleiche Frage stellt sich Brecht
auch in diesem Teil. Wenn man das Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ liest,
fragt man unbewusst, wem das Kind gehört. Hier ist es auffallend, dass es einige
Ähnlichkeiten zwischen Salomons Urteil im alten Testament und dem Theaterstück von
Brecht gibt. Wir können diese Ähnlichkeiten im Rahmen der Intertextualität und
Intermedialität betrachten.
63
Zitiert nach: http://yang.case.edu/german-drama/huilanji.html
115
Der Begriff ‘Intertextualität’ ist von Julia Kristeva in die Wissenschaft etabliert
worden; Intertextualität beschäftigt sich mit den Beziehungen zwischen Texten.
Demnach haben Texte thematisch und strukturell Ähnlichkeiten miteinander. In der
Arbeit versuchen wir diese Ähnlichkeiten zwischen allen oben genannten Texten zu
zeigen. In beiden Texten gibt es Menschen, die Recht suchen. Es gibt einen Richter und
ein Ereignis, aufgrund dessen bestimmt wird, wer Recht hat. Diese Faktoren, die in
jedem Text vorhanden sind, sind solche inhaltlicher oder thematischer Art. Wenn wir
die drei Texte allerdings auf einer strukturellen Ebene betrachten wollen, können wir
sehen, dass diese manche Unterschiede aufweisen. Im Theaterstück von Brecht gibt der
Richter das Kind nicht der leiblichen Mutter, weil Brecht betonen will, dass der Begriff
‘Mühe’ im Leben eine wichtige Rolle spielt. Ein so geartetes Urteil sehen wir auch im
Salomons Urteil und in der chinesischen Geschichte. In drei Texten betont man nicht
die Blutsverwandschaft, sondern menschliche Gefühle und tatsächliche menschliche
Leistungen stehen im Vordergrund. In der chinesischen Geschichte hingegen gibt der
Richter das Kind der leiblichen Mutter, weil in der Geschichte die leibliche Mutter das
Kind nicht aus dem Kreidekreis ziehen möchte, um das Kind nicht zu zerstören Das
macht den Unterschied zwischen Brechts Text und dieser chinisischen Geschichte aus.
Obwohl im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ die leibliche Mutter ihr Kind
aus dem Kreidekreis ziehen möchte, sehen wir das in der chinesischen Geschichte nicht.
Eine solche Situation treffen wir auch im Salomons Urteil. Wie schon bewußt, möchte
die leibliche Mutter im Salomons Urteil ihr eigenes Kind nicht, als sie hört, dass
Salomon das Kind mit seinem Schwert schneiden wird. In diesem Zusammenhang
können wir behaupten, dass die Mütter in drei Werken gemeinsame Eigenschaften
haben. Die Mütter, die ihre Kinder mehr als sich selbst lieben, möchten ihre Kinder
nicht verletzen, weil sie auf ihre Kinder nicht verzichten können. Die Gegenstände, die
in den Texten verwendet werden, sind auch unterschiedlich. Brecht, der Salomons
Auffassung von Gerechtigkeit in seinem Theaterstück bestätigt, wählt am Ende des
Theaterstücks als Objekt nicht wie Salomon ein Schwert, sondern wie in der
chinesischen Geschichte einen Kreidekreis. Die drei Werke haben also auf inhaltlichthematischer und auf struktureller Ebene intertextuelle Eigenschaften. Es ist
bemerkenswert, dass die Werken eine enge Beziehung miteinander haben. Wir glauben,
dass die Werke eine offene Beziehung haben. Wir wissen, dass bei der offenen
Beziehung, kann der Leser verstehen, dass das Werk eine Spiegelung eines anderen
Textes ist. Wie wir schon betont haben, ist kein Text originell. Es gibt immer
116
thematisch oder strukturelle Beziehungen zwischen Texten. Diese Beziehung sollte
nicht nur offene, sondern auch geschlossen sein. Obwohl bei der offenen Beziehung der
Leser einfach bemerken oder verstehen kann, dass das Werk nicht originell ist, gilt das
für die geschlossene Beziehung nicht. Der Leser kann einige Schwierigkeiten haben, um
zu verstehen, dass das Werk von einem anderen Werk inspiriert, weil der Autor das
Thema anders darstellen kann, oder ein verschiedenes Thema in ähnlichen
Literaturarten präsentieren kann. In manchen Texten bearbeiten die Autoren die
ähnliche Motive, bspw. Krieg, Armut, Arbeitslosigkeit, Hilfslosigkeit. Und in manchen
Texten treffen wir die ähnliche Themen an, bspw. eine Frau, die beim Krieg ihren Mann
verliert und ohne ihren Mann ihre Kinder erzieht. Ich denke, dass bei der Feststellung
die Frage, ob Ihnn das Werk ein anderes Werk ins Gedächtnis ruft, sehr wichtig ist.
Dank dieser Ähnlichkeiten kann man zwei oder mehrere Werke miteinander
vergleichen. Da wir in unserer Arbeit zwei Werke, ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und
‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ (eine Verfilmung des Buches von Cengiz Aytmatov) im
Rahmen der Urgeschichte miteinander vergleichen, stehen die Begriffe Intertextualität
und Intermedialität im Vordergrund. Der Begriff Intermedialität zielt auf die
Beziehungen
zwischen
zwei
unterschiedlichen
Medien.
Da
der
Film
eine
Literaturverfilmung ist, sprechen wir von Intermedialität. Wir wissen, dass Rajewski
drei Arten des Intermedialen unterscheidet. Eine nennt Rajewski Medienwechsel. Beim
Medienwechsel spielen die Umarbeitungen von Kunstwerken eine wichtige Rolle. In
einer solchen Situation überträgt man die Inhalte eines Mediums auf ein anderes
Medium. In unserer Arbeit versuchen wir zu zeigen, dass der Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ diese Eigenschaften hat. Der Film ist eine Verfilmung eines Buches von
Aytmatov, das ‘Du meine Pappel im roten Kopf’ heisst; At
ıf Yılmaz hat die Geschichte
des Buches in einem neuen Medium präsentiert. Außer einigen kleinen Unterschieden,
können wir sagen, dass der türkische Regisseur Atıf Yılmaz dem Original treu
geblieben ist. Wir stellen fest, dass Musik, Malerei und Fotografie im Film einen sehr
wichtigen Platz haben.
In der Arbeit erforschen wir nicht nur die Begriffe Intertextualität und
Intermedialität, sondern auch den Begriff Hermeneutik. Wir versuchen zu erklären, was
Hermeneutik bedeutet, welche geschichtlichen Entwicklungen und Fortschritte sie
machte und was unterschiedliche Denker dazu beigetragen haben? Die Hermeneutik,
der es um das Verstehen und Interpretieren geht, hat in der Arbeit einen wichtigen Platz.
Hermeneutik, die verstehen und interpretieren bedeutet, spielt eine wichtige Rolle im
117
Leben der Protoganisten im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ und im Theaterstück
‘Der kaukasische Kreidekreis’, weil die Protagonisten im Film ‘Selvi Boylum Al
Yazmalım’ einander nicht richtig verstehen können; aufgrund von Missverständnissen
müssen sie sich voneinander trennen. Wie schon bewußt, bearbeitet der Regisseur im
Film den Begriff ‘Vaterschaft’ im Unterschied zum Theaterstük ‘Der kaukasische
Kreidekreis’. Die Protoganistin Asya, die von ihrem Mann betrogen wurde, muss sich
entscheiden, wem das Kind gehört. Als eine ungebildete Frau muss Asya immer vor den
gesellschaftlichen Regeln Respekt haben. Aber obwohl diese Regeln ihr sagt, dass sie
bei ihrem Mann bleiben sollte, macht Asya das Gegenteil. Asya, die einen Sohn von
ihrem ersten Ehemann hat, stellt sich eine Frage, was die Liebe bedeutet. Sie denkt nun
anders über die Liebe. Asya, die ihren ersten Ehemann sehr liebt, entscheidet sich mit
Cemşit zu leben, weil Cemşit sich um Asya und ihr Kind Samet viel kümmert. Asya,
die denkt, dass die Liebe Mühe bedeutet, glaubt, dass Cemşit der richtige Vater für ihr
Kind Samet ist. Im Film gewinnt derjenige, der sich um das Kind bemüht, wie im
Theaterstück. Als Unterschied können wir im Film das Kindmotiv zeigen, weil im Film
das Kind kennzeichnend ist. Das Kind Samet hilft seiner Mutter unbewusst, mit seinen
unschuldigen Gefühlen, um sie sich entscheiden zu können, wem es gehört. Ein solches
Kindmotiv treffen wir im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ nicht an. Das
Kind Michel im Theaterstück ist zu klein sich zu entscheiden, wer die richtige Mutter
ist. Hier steht die Rolle von Azdak im Vordergrund als ein und einziger Rihter im
Theaterspiel. Das Kind im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’, das seine Gedanken und
Gefühle beschreiben kann, betont, dass die Liebe der Kinder erwartungsfrei und echt ist.
Am Ende des Filmes sehen wir, dass Asya und Ilyas, die einander wiederfinden,
aufgrund der Entscheidung von Samet, müssen nun feststellen, dass es zu spät ist sich
zu entschuldigen. Da die Protoganisten im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ einander
nicht richtig verstehen können und im Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ von
den Leuten nicht verstanden wurden, wollen wir die Hermeneutik ins Vordergrund
ziehen, indem wir die Geschichte von den Protoganisten untersuchen.
Wir hoffen, dass diese Arbeit andere Arbeiten, die im Rahmen der
Komparatistik mit Hilfe der Intertextualität und/oder Intermedialität geschrieben
wurden, fordern kann, weil wir wissen, dass diese Begriffe nicht nur die Literaturen der
Länder, sondern auch der Kulturen umfassen. Wir wollen mit dieser Arbeit zeigen, dass
wir für fremde Kulturen offen sind. Bei der Feststellung der Werke, die wir in unserer
Arbeit untersuchen, ist es auffallend, dass die Werke die gleichen Motive behandeln. Im
118
engeren Sinne besteht unser Vergleich aus zwei Werken; das Theaterstück ‘Der
kaukasische Kreidekreis’ und der Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’. Aber wenn wir
detailiert forschten, haben wir die Urgeschichten, die diese Werke beeinflusst haben,
erreicht. Bspw. Salomons Urteil, chinesische Geschichte aus dem 13. Jahrhundert und
das Buch von kirgisischen Schriftsteller Cengiz Aytmatov, das ‘Du meine Pappel im
roten Kopftuch’ heißt. Wenn man betrachtet, sieht man, dass unsere Arbeit eine
multikulturelle Arbeit ist. Da man ein Märchen, eine Kurzgeschichte oder eine Legende
irgendwo in der Welt nur mit einigen Unterschieden noch mal liest, denken wir, dass
die Arbeiten, die im Rahmen der Komparatistik und mit Hilfe der Intertextualität und
Intermedialität gemacht werden, sehr wichtig sind.
Das Ausgangpunkt der Werke, die wir in unserer Arbeit zur Hand nehmen, ist
nur die Frage, wem das Kind gehört. Hier haben wir verstanden, dass Salomon ein
gerechter Prophet und König war, der mit seinen Urteilen immer das Richtige für seine
Völker machte. Und wir haben auch wie Brecht eine Frage gestellt, ob die
Blutverwandschaft wichtig ist, um eine Mutter/ein Vater werden zu können. Wir haben
betont, dass dieses Thema für die Menschen lebensnotwendig ist. Brecht, der in seinem
Theaterstück die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ bearbeitet und belohnt, schafft
ein unvergessliches Werk, das für die Weltliteratur sehr wichtig ist. Den Film ‘Selvi
Boylum Al Yazmalım’, der in 1977 von Atıf Yılmaz verfilmt wurde, sehen wir immer
noch mit gleichen Gefühlen. Die Entscheidung von Asya ist ein ausergewöhnliches
Verhalten, das man in alten türkischen Filmen nicht antreffen kann. Mit diesem Film hat
man bemerkt, dass de körperliche Liebe nicht genug ist, um eine gute Familie zu haben.
Ich denke, dass der Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ für Yılmaz, der über die
Fraunrechte und Identitätsprobleme der Frauen in der Gesellschaft viele Filme dreht,
besonders wichtig ist. Mit diesem Film zeigte Yılmaz uns, dass die Frauen nicht die
Sache der Gesellschaft und ihrer Männer sind. In diesem Zusammenhang möchte ich
dem kirgisischen Schriftsteller Cengiz Aytmatov, der solch ein schönes Buch ‘Du
meine Papel im roten Kopftuch’ schreibt, besonders danken.
Wenn wir die Beziehung zwischen Werken, die wir in unserer Arbeit zur Hand
nehmen, erklären, deutet es so an:
119
Salomons
Urteil
Chinesische Geschichte
Der kaukasische Kreidekreis
und
Selvi Boylum Al Yazmalım
Schema 2. Die Urgeschichte und die anderen.
Im Schema sehen wir, dass Salomons Urteil die Urgeschichte ist. Salomons
Urteil, den wir sowohl im Quran als auch im alten Testament gelesen haben, verändert
sich als Formal mit der Zeit. Die Urgeschichte, die wir im Quran und alten Testament in
Gedichtform mit Versen antreffen, wurde im 13. Jahhundert in der chinesischen
Literatur als eine Kurzgeschichte repräsentiert. Brecht, der diese Geschichte seit 1920
kannte, wollte er sie noch mal, aber anders darstellen. Er schreibt ein Theaterstück, das
aus zwei verschiedenen Geschichten besteht, die auf den Salomons Urteil basieren. Die
chinesische Geschichte und das Theaterstück von Brecht sehen wir im zweiten und
dritten Etappe der Pyramide. Die beiden Werke haben eine offene Beziehung zwischen
Salomons Urteil. Und unter der Pyramide sehen wir sowohl das Buch von Aytmatov,
als auch den Film von Yılmaz. Diese Werke haben auch eine Beziehung zwischen der
Urgeschichte, die Salomons Urteil heißt. Aber man kann leicht feststellen, dass es bei
der Beziehung einen Unterschied gibt. Im Buch von Aytmatov ‘Du meine Pappel im
roten Kopftuch’ können wir keine direkte Inspritation sehen, deswegen gibt es eine
geschlossene Beziehung zwischen dem Salomons Urteil und dem Buch von Aytmatov
120
‘Du meine Papel im roten Kopftuch’, bzw. dem Film ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’,
weil Yılmaz das Buch von Aytmatov direkt verfilmt hat. Auch Aytmatov und Yılmaz,
die in ihren Werken die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ im Rahmen der
Vaterschaft bearbeiten, stellen sich eine Frage, wem das Kind gehört, wie Salomon sich
damals gestellt hat.
Komparatistik
Intertextualität
Intermedialität
Schema 3. Komparatistik, Intermedialitat und Intertextualitat.
Im Schema sehen wir, dass die Begriffe Komparatistik, Intertextualität und
Intermedialität, die wir in unserer Arbeit zur Hand nehmen, immer wie in einem
Kreislauf Hand in Hand einhergehen. In dieser Beziehung verstärken die Begriffe
einander, indem sie einander ergänzen. Wenn wir Komparatistik als Oberbegriff
annehmen, können wir behaupten, dass sie ihre Unterbegriffe beeinflussen kann. Wie
121
schon bewusst, ist die Komparatistik das Ausgangspunkt unserer Arbeit. Somit
verstehen wir, dass der Vergleich im Mittelpunkt stehen sollte. Da die Werke, die wir in
unserer Arbeit zur Hand nehmen, unterschiedliche Dizipline vertreten, müssen wir in
der Arbeit die Begriffe Intertextualität und Intermedialität, ausnutzen. Wir wissen, dass
der Vergleich in beiden Diziplinen einen wichtigen Platz hat.
Komparatistik,
Intertextualität und Intermedialität erforschen nicht nur die Werke in einer Kultur,
sondern aufgrund ihrer interkulturellen Einblicke eröffnen sie uns auch, was andere
Kulturen darüber denken.
Die zwei Geschichten (Salomons Urteil und chinesische Geschichte), Brechts
Theaterstück ‘Der kaukasische Kreidekreis’ und auch das Buch von Aytmatov und der
Film von Yılmaz, die die Begriffe ‘Mühe’ und ‘Gerechtigkeit’ bearbeiten, zeigen uns,
wie sich die Wahrheit mit der Zeit und nach gesellschaftlichen Regeln verändern kann.
Während Salomon z. B. in der Geschichte als Richter zur Lösung des Konflikts ein
Schwert verwenden wollte, wollte der Richter in der chinesichen Geschichte ein
Kreidekreis zeichnen. Bei Aytmatow und bei Yilmaz gibt es gar keinen Richter. Die
Protagonistin wählt den ‘echten Vater’ mit Hilfe ihres Gewissen.
122
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125
ANHANG
ANHANG 1: Mine
Mine ist ein gelungener Film, der uns von der gesellschaftlichen Unterdrückung
und on der Macht- und Hilflosigkeit der Frauen erzählt. Im Film spielt Türkan Şoray als
Protoganistin, die auch im Film ‘Selvi Boylum Al Yazmalım’ mit ihrem Mann Cihan
Ünal. Mine ist die Protagonisten, die mit einem Mann, den sie nicht liebt, verheiratet ist.
Sie lebt mit ihrem Mann in einer Kleinstadt. Da sie eine sehr schöne Frau ist, mögen sie
alle Männer der Kleinstadt und möchten mit ihr schlafen. Da ihr Mann ein Tor ist, kann
er nicht verstehen, dass die Männer seine Frau begehren.
Eines Tages kommt ein Mann in die Kleinstadt, der der Bruder der Lehrerin ist.
Er ist Schriftsteller und möchte ein neues Buch schreiben. Das Thema seines neuen
Buches sind die Frauenrechte in der Gesellschaft. Mine spricht in der Kleinstadt nur mit
der Lehrerin, weil sie die anderen Mitbewohner für grob und fromm hällt. Mit dem
Kommen des Schriftstellers entwickelt sich eine enge Freundschaft zwischen Mine und
ihm. Alle Menschen denken sofort, dass Mine ihren Mann betrügt. Die Menschen,
besonders die Männer verhalten sich ihr gegenüber nicht gut, weil sie Mine und den
Schriftsteller nicht verstehen können. Am Anfang ist die Beziehung zwischen Mine und
dem Schriftsteller nicht durch Liebe geprägt. Mit diesem Film will uns Atıf Yılmaz auf
die Stellung der Frauen in der Gesellschaft aufmerksam machen. Zum Beispiel möchten
126
die Lehrerin und Mine ein Eis essen. Aber sie wissen, dass die Frauen auf der Strasse
nicht Eis essen dürfen. Wenn sie das machen würden, würden andere Menschen ihre
Mißbilligung zum Ausdruck bringen. Da Mine gerne Bücher liest, spricht sie mit dem
Schriftsteller über die Bücher und sie möchte auch gerne von ihm einige Bücher
ausleihen. Aber die Gesellschaft erlaubt es einer Frau nicht, mit einem Mann allein zu
sprechen oder mit ihm allein irgendwohin zu gehen. Als ihr Mann Mine fragt, ob sie mit
dem Schriftsteller geschlafen habe oder nicht, antwortet sie, dass ihr Mann sie wie
andere Männer auch immer nur als Brust und als Hüfte gesehen habe. Dieser Satz
wurde zu einem Fanal für türkischen Frauen. Von nun an wagen sie öffentlich zu sagen,
dass sie nicht das Eigentum der Männer und eine bloße Sache sind.
127
ANHANG 2: Dul Bir Kadın
‘Dul Bir Kadın’ wurde 1985 gedreht. Atıf Yılmaz war bei diesem Film nicht nur
Regisseur, sondern auch Drehbuchautor. Der Film ist eine Verfilmung eines Buches von
Necati Cumalı, der ein türkischer Schriftsteller ist. Er erzählt von der emotionallen und
sexuellen Ausbeutung der Frauen in der Türkei. Im Film treffen wir Müjde Ar als
Protoganistin an, die im türkischen Kino einen wichtigen Platz hat. Ich denke, dass
Müjde Ar, eine der wichtigsten Protoganistin im türkischen Kino. Ar teilt die Rolle mit
Nur Sürer und Yılmaz Zafer.
Die Hauptcharakterin Suna ist eine Frau, die verwitwet ist. Sie hat eine Tochter
und nachdem ihr Mann gestorben ist, lebt sie mit ihrer Tochter allein. Sie hat kein
Privatleben, weil sie verwitwet ist. Gesellschaftliche Drücke kann man auch in diesem
Film von Yılmaz sehen. Eines Tages lernt sie einen Mann kennen und es beginnt eine
Beziehung zwischen ihnen. Sie kann von dieser Beziehung niemandem erzählen, ausser
ihrer besten Freundin Ayla. Am Anfang freut sich Ayla darüber, dass Suna nun verliebt
ist. Aber mit der Zeit beginnt Ayla auch den Freund von Suna zu lieben. Als Suna sieht,
dass Ayla mit Sunas Freund im Bett ist, weißt sie nicht genau, was sie machen sollte.
Ayla ist die beste Freundin von Suna und alle Menschen wissen, dass Suna und Ayla
enge Freunde sind. Da die Beziehung, die Suna und Ayla mit gleichem Mann haben,
eine verbotene Beziehung ist, können sie darüber mit niemandem sprechen. Obwohl
Suna Ayla nicht verzeihen möchte, verändern sich mit der Zeit ihre Gedanke.
128
Mit diesem Film stellt Atıf Yılmaz die Wünsche der Frauen heraus, die sie
unterdrücken müssen, weil die gesellschaft sie ihnen nicht erlaubt.
129
ANHANG 3: Adı Vasfiye
Der Film ist ebenfalls eine Verfilmung eines Buches von Necati Cumalı, ‘Ay
Büyürken Uyuyamam’, und das aus fünf Kurzgescichten besteht und als Protoganistin
sehen wir wieder Müjde Ar. Der Film spielt im Jahr 1985. Im Film kennt man Vasfiye,
die in einem Animierlokal arbeitet, aus den Erzählungen von vier Männern. Ein
Drehbuchautor sucht für sein neues Buch ein gutes Thema. Aber er weißt nicht,
worüber er schreiben will. Eines Tages sieht er auf der Strasse an der Wand das Bild
einer Frau, die in einem Animierlokal arbeitet. Sie heisst Vasfiye. Als der
Drehbuchautor das Bild anschaut, kommt ein Mann und sagt: ‘Ihr Name ist Vasfiye. Ich
kenne sie. Was du über sie wissen möchtest, kann ich dir erzählen’ Sie beginnen dann
über Vasfiye zu sprechen.
Vasfiye ist eine Frau, die aus einem Dorf kommt. Und der Mann, der mit dem
Drehbuchauthor spricht, ist ihr Ex-Mann; er heisst Emin. Bevor er seinen Militärdienst
ableistete, heiratete er Vasfiye. Dann ging er zum Militär und Vasfiye blieb bei seiner
Familie. Als ihr Schwager mit ihr schlafen wollte, verweigerte sie dies; daraufhin
verleumdete sie ihr Schwager. Als die Wahrheit herauskommt, schlägt der vom Militär
130
zurück gekehrte Emin seinen Bruder vor aller Augen. Danach können sie nicht mehr im
Dorf leben. Sie ziehen in eine grosse Stadt.
Vasfiye ist eine sehr schöne Frau, deswegen belästigen manche Männer sie mit
Worten und Bewegungen. Aber trotzdem sagt sie ihrem Mann nichts. Eines Tages sieht
Vasfiye ihren Mann mit einer Frau in einem Cafe. Sie ist böse auf ihn und beginnt ihn
vor aller Augen anzuschreien. Da er ein Mann ist, darf seine Frau ihn aber nicht
anschreien, schon gar nicht in der Öffentlichkeit; deswegen schlägt Emin seine Frau zu
Hause. Vasfiye geht in die Poliklinik, damit die Artztin ihre Wunden versorgt heilen.
Der Sanitäter in der Poliklinik mag Vasfiye und möchte mit ihr eine Affäre beginnen.
Vasfiye will das aber nicht. Da er ein Mann ist, ist sein Stolz das Wichtigste auf der
Welt ist, sagt er trotzdem allen Menschen, dass er mit Vasfiye zusammen sei. Deshalb
greift Emin den Sanitäter mit einem Messer an und er wird verhaftet. Vasfiye bleibt
einige Zeit im Krankenhaus. In dieser Zeit lernt sie ihren zweiten Mann Rüstem kennen.
Nachdem sie wieder gesund ist, zieht sie mit Rüstem in eine andere Kleinstadt ein. Sie
beginnt dort zu arbeiten und einige Zeit später heirate sie Rüstem. Rüstem ist sehr
glücklich, obwohl Vasfiye nicht glücklich ist. Als Emin, ihr erster Mann wieder aus
dem Gefängnis kommt, findet er seine Ex-Frau. Er zieht in die gleiche Stadt, in der
Vasfiye lebt. Und sie beginnen wieder ein Paar zu werden. Rüstem sieht sie einmal im
Schlafzimmer. Vasfiye hat keine andere Möglichkeit als die Stadt zu verlassen. Sie
zieht in eine andere Kleinstadt, in der sie einen Arzt mag. Sie hat mit diesem Arzt eine
gute Beziehung, aber ihr erster Mann erlaubt ihr nicht diese Beziehung. Am Ende findet
Vasfiye sich in einem Animierlokal.
Der Drehbuchautor hört die Geschichte von Vasfiye nur von den Männern. Am
Ende des Filmes trifft er Vasfiye und fragt sie, wer sie sei. ‘Sag mir Vasfiye, wer du
bist. Ich möchte deine Geschichte jetzt von dir hören.’ Aber Vasfiye möchte nicht
sprechen.
Mit diesem Film mochte Atıf Yılmaz den Menschen zeigen, dass die Männer
immer noch über die Leben der Frauen herrschen, und so deren Schicksal bestimmen.
131
ANHANG 4: Eğreti Gelin
Der Film ‘Eğreti Gelin’ (2004), eine Verfilmung des Buches ‘E
ğreti Gelinler’
von Şükran Kozalı, ist der letzte Film von Atıf Yılmaz. Im Film treffen Nurgül
Yeşilçay, die eine Schauspielerin im türkischen Kino ist, als Eğreti Gelin an. Auch
Müjde Ar spielt im letzten Film von Yılmaz mit ihren wunderschönen Kompetenz. Der
Film ‘Eğreti Gelin’ hat auch einen wichtigen Platz, wie ‘Selvi Boylum Al Yazmal
ım’
im türkischen Kino, weil sowohl die Schauspielern, als auch das Szenerium sehr
erfolgreich sind.
Şükran Kozalı erzählt in ihrem Buch von drei sogenannten Eğreti Gelin. Das
Wort ‘Eğreti’ bedeutet ‘vorläufig, momentan, zeitlich’ und das Wort ‘Gelin’ bedeutet
‘Braut’. ğreti
E
Gelin zu sein ist eine Art Lebenstil. Der Sage und bestimmten
Forschungen nach lebten vor langer Zeit in der Stadt Denizli etliche Eğreti Gelin. Ihre
Aufgabe bestand darin junge Menschen, vor allem Männer, die bald heirateten wollten,
zu unterweisen. Besonders reiche Familien engagierten für ihre Söhne diese Bräute auf
Zeit, damit ihre Söhne vor der Heirat gut erzogen wurden.
132
Nach der Sage kam eine solche Eğreti Gelin in ein Haus und lebte dort mit ihrem
Mann auf Zeit im gleichen Schlafzimmer. Sie erklärten dem Sohn, wie man sich seiner
Frau gegenüber verhält wie man z.B mit ihr spricht. Ihre Eziehung umfasste nicht nur
die Sexualität sondern auch die Emotonialität. Manche sagen, dass Eğreti Gelin nur gute
Freunde und Lehrer waren; andere behaupten, sie seien Kurtisanen gewesen. Wir
können nicht genau wissen, ob Eğreti Gelin damals wirklich lebten oder nicht. Aber
wenn solche Frauen damals gelebt haben sollten, sind sie ein bedauerliches Beispiel für
die Mißachtung von Fraunrechten gewesen. Mit Hilfe von Arbeit und Selbstausbeutung
ein glückliches Leben für eine andere Frau zu schaffen und die Klassifizierung der
Frauen nach solchen, die man heiraten kann und solchen, die der Erziehung und
Amüsement dienen, ist unmenschlich. In diesem Film bearbeitete Atıf Yılmaz dieses
Thema sehr intensiv.
133
Emine ist die Protagtonistin des Filmes; sie war früher selbst eine Eğreti Gelin.
Sie möchte ihre Schwester erziehen lassen. Da die beiden keine Familie haben, muss
Emine alles selbst bezahlen. Der Verlobter von Emine, mit Namen Hasan ist im
Gefängnis, weil er einen Mann, der Emine angefasst hat, getötet hat. Emine hat kein
Geld und keinen Job. Eines Tages sagt ihr Çeneto, die ihre Chefin gewesen ist, dass sie
wieder als Eğreti Gelin arbeiten müsse. Sie sagt sofort ‘nein’, weil sie Angst vor Hasan
hat. Aber schließlich muss sie annehmen.
Sie geht ins Haus des Oberpräsidenten, weil dessen Sohn bald heiraten wird. Der
Sohn des Oberpräsidents ist 18 Jahre alt und er hat eine Verlobte. Obwohl er verlobt ist,
interesiert er sich nicht für seine Verlobte. Er sieht in ihr nicht mehr als eine gute
Freundin oder Schwester. Und er weiss nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten soll.
Deshalb glauben seine Eltern, dass er eine ‘Erzieherin’ braucht. Am Anfang möchte er
diese Erzieherin nicht. Er möchte nicht mit ihr in einem Zimmer bleiben und mit ihr
über die Heirat oder über Frauen sprechen. Aber dann beginnt er sie näher
kennenzulernen und sie verlieben sich ineinander. Als der Verlobter der ‘Erzieherin’
aus dem Gefängnis kommt, sieht sie ihre Aufgabe der ‘Erziherin’ als beendet an. Sie
134
möchte gehen aber der Sohn des Oberpräsidenten erlaubt ihr das nicht. Er kämpft mit
ihrem Verlobten. Es gibt keine Möglichkeit für sie ausser zu fliehen. Am Ende des
Filmes, erlaubt Hasan Emine mit dem Jungen zu gehen, obwohl er sie sehr liebt,
Atıf Yılmaz unterstreicht mit diesem Film die Herrschaft der Männer in der
Gesellschaft. Sie klassifizieren die Frauen als Schwestern, Geliebte, Ehefrauen und
Frauen auf Zeit. Sie sehen die Frauen nur als Fleisch an, die keine Gefühle haben.
135
ANHANG 5: Dreigroschenroman
64
‘Die Dreigroschenoper’ schrieb Brecht 1934 im Exil. In seinem Roman
‘Dreigroschenroman’ sind die Hauptcharakteren gleich, nur sehen wir dieses mal nicht
die Besonderheiten der Oper.65
J.J. Peachum, der Betler in London kontrolliert, möchte sein Geschäft
vergrössern. Peachum hat immer neue Idee bei seiner Arbeit. Er zeigt den Bettlern, wie
sie betteln sollten und beim Betteln verwendet er mutig den Krieg. Bspw. ziehen einige
Bettler militarische Uniform an, um zu zeigen, dass sie beim Krieg ihre Hände oder
Beine verloren haben. Brecht betont, dass die Menschen wegen nationalen Gefühlen
ausgenutzt wurden.
Peachum und seine Frau Emma möchten für ihre Töchter Polly das Beste
machen. Sie wünschen Polly ein gutes Leben mit ihren Mann, der einen guten Job hat,
indem sie andere Leute ausnutzen. Peachum, der Geschäftsmann! ist, möchte eines
Tages mit einem anderen Geschäftsmann Coax beim Transport zusammen arbeiten. Sie
64
http://media.kika-dresden.de/filmbilder_gross/3875/Dreigroschenoper-3.jpg
Vgl. Walter Benjamin, Überstzer: Haluk Barıçcan, Güven Işısağ, Brecht’i Anlamak, Metis Yayınları,
2007, s.48.
65
136
kaufen drei Schiffe, die ‘Schöne Anna’, ‘Junger Schiffersmann’ und ‘Optimist’ heisst.
Laut dieser Arbeit können sie die Transporte der Schiffe, die Krieg verwendet werden,
schaffen. Aber die Schiffe sind alt und nützslos, sie sind beim Transport versunken.
Coax betrug Peachum und seine Partner. Sie sind nun schuldig und müssen viel Geld
bezahlen. Peachum, der das Leben seiner Tochter schöner machen möchte, möchte
Polly mit Coax verheiraten, um seine Hilfe zu bekomen aber er erfährt, dass Polly mit
Mc Heath verheiratet ist.
Polly, die nach ihrem Geburtstag zwei Herren kennenlernt, deren Name Smiles
und Beckett sind, flirtet ein bisschen mit Hernn Smiles, der in einem Anwaltsbüro
arbeitet. Von dieser Beziehung bekommen sie ein Kind. Obwohl Polly schwanger ist,
möchte Smiles sie nicht heiraten, deswegen möchte Polly das Kind abtreiben. Polly
bittet die Hilfe von Fewkoombey, der ein im Krieg seinen Bein verlierener Soldat ist,
um für sie einen Artz zu finden. Fewkoombey findet für sie einen Artz aber da Polly
nicht so viel Geld, muss sie den zweiten sehen. Polly geht mit Fewkoombey zu einer
Engelmacherin. Da sie alles dort schmutzig findet, möchte Polly lieber Mc. Heath
(Beckett), der Holzhändler ist, heiraten.
Mc Heath (Beckett) ist ein Geschäftsmann! , dessen Vergangenheit dunkel ist.
Er ist der Besitzer der B. Läden und nannte man ihn früher ‘Messer Mackie’, der
Räuber war und von dem man Angst hatte. Da er für sich selbst ein sauberes Leben
möchte, verändert er seinen Name. Als Beckett begründete er einen Holzhandlung und
nacher verkaufte Beckett seinen Lager zu Mc Heath! Mc Heath, der vor kürzer Zeit
Beckett war, begründete B.Läden, in denen man die Sache billig kaufen kann. Seine alte
Freunde helfen Mc Heath, um die Sache, die er in seinen Läden verkauft, zu stehlen und
einer der besten Freund von Mc Heath ist Brown, der ein Chefinspektor ist.
Mc Heath vermietet seinen Bekannten seine Läden. Sie müssen nur die Vermiete
bezahlen und seine Sache in Läden verkaufen. Eine der Besitzerin der Läden, Mary
Sawyer, die finanzielle Probleme hat und möchte sich selbst töten. Nach dem Tod von
Mary Swayer wird Mc Heath verhaftet als Verdächtiger, weil die Polizei bei Mary ein
Zettel von Mc Heath, auf dem er das Treffpunkt schrieb, finden. Die Polizei denken,
dass Mary, die E-Freundin von Mc Heath, sich mit Mc Heath getroffen hat und dann
wurde sie von ihm getötet, weil sie vorher Mc Heat gedroht, dass sie seine
Vergangenheit allen Menschen erzählen wird. Obwohl Mc Heath in dieser Zeit bei einer
Sitzung war, sagte er das nicht, weil er einige Pläne fürseine Arbeit hat. Sein
137
Schwiegervater Peachum droht ihn, dass er sich von seiner Tochter schneiden lassen
sollte, wenn er nicht im Gefängnis sitzen möchte. Aber Mc Heath will das nicht.
Mc Heath wird im Gefängnis jeden Tag mehr stärker. Er organisiert seine
Arbeite mit seiner Frau, obwohl er nicht draußen ist. Polly, die in diesen Zeiten bei
ihren Eltern bleiben, ist für Peachum wieder eine Hoffnung. Peachum möchte sie mit
Coax verheiraten. Er möchte von seiner Tochter, dass sie von Mc Heath schneiden
lassen sollte. Peachum denkt, dass Coax nicht weißt, dass Polly mit Mc Heath
verheiratet ist. Coax, der am Anfang eine Interesse an Polly hatte, möchte sie nicht
mehr, weil sie einen anderen Mann auswählt. Peachum, der wegen Coax viel Schulde
hat, möchte von Fewkoombey, dass er Coax töten sollte. Mit einem Messer verfolgt
Fewkoombey nach Coax aber einige Zet später bemerkt er, dass zwei Männer nach
Coax verfolgen und sie töten ihn. Nach dem Tod von Coax möchte Peachum nicht, dass
Polly sich schneiden lassen sollte, weil Mc Heath ein Geschäfstmann! ist und weil Polly
schwanger ist. Als Peachum zur Bank geht, um sein Geld abzuheben, erfährt, dass die
Bank sein Gel ihm nicht geben kann, weil sein Schwiegersohn der neue Bankdirektor
ist.
Am Ende des Werkes werden die Schuldiger nicht bestraft. Mc Heath und
Peachum finden Opfer, die Schulde übernehmen. Fewkoombey wird gehängt, weil er
Mary Swayer getötet hat! O’Hara, der Mitarbeiter von Mc Heath ist, wird verhaftet,
weil er für die B. Läden etwas gestolen hat.
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ANHANG 6: Leben des Galilei
66
Brecht erzählt uns in seinem Theaterstück ‘Leben des Galilei’ von Galileo
Galilei, der Italiener Pysiker, Matematiker und Astronom war. Galilei, der behauptete,
dass die Erde nicht das Zentrum des Universium war, beobachtete die Sterne und den
Mond mit seinem Fernrohr und er entdenkte viele neue Sterne. Aber da die
Wissenschaft in den Händen der Kirche lag, durfte er nicht frei forschen.
Brecht beschreibt uns, dass Galilei seine Forschungsarbeiten unter schweren
Umständen beendete. Das Theaterstück spielt im 17. Jahrhundert. Galilei, der ein
Matematikker an einer Universität in Italien ist, lebt mit seiner Tochter Virginia, mit
seiner Haushälterin Frau Sarti und ihrem Sohn Andrea Sarti. Andrea ist sein Schüler
und hat Interesse an die Wissenschaft. Galilei verbessert ein in Holland konstruiertes
Fernrohr und verkauft es der Republik Venedig, um etwas Geld zu verdienen. Aber man
bemerkt, dass das Ferhroh nicht das erste in der Welt ist.
Galilei, die mit seinem Fernroh die Sterne beobachtet, behauptet im Unterschied
zu anderen Lehren, dass die Erde nicht im Mittelpunkt des Universiums ist. Er denkt,
dass die Sonne sich nicht um die Erde dreht, sondern die Erde um die Sonne. In diesem
Moment, denkt er, dass Copernicus Recht hatte. Galilei will mutig es beweisen und die
Weltbilder der Menschen ändern. Galilei, der einen Traum über die Neuzeit der Welt
hat, wird von der Kirche verhaftet. Die Kirche fordert von ihm, dass er sagen soll, dass
66
Vgl. http://yavuzseker.com/GALILENIN-YASAMI-GALILEO-GALILEI-29-tiyatro_ayrinti.html
139
seine Forschungsergebnisse nicht richtig sind. Obwohl er denkt wie Copernicus, der
sagt, dass die Welt und andere Planete sich um die Sonne drehen, und obwohl er am
Anfang das Gegenteilige, was die Kirche behauptet, verleugnet Galilei endlich seine
Meinungen im Inquisitionsprozess und sagt, dass die Kirche das Richtige behauptet. Da
er seine eigene Überzeugung verleuget, lässt ihn die Kirche leben. Aber er hat Hausrest.
Das Meinungsänderung, die Galilei beim Inquistionsprozess vollzieht, können seine
Schüler nicht verstehen. Besonders Andrea Sarti. Er will mit ihm nicht sprechen. Aber
am Ende des Theaterstücks besucht Andrea Galilei, um ihm zu sagen, dass er nicht
mehr in Italien leben wird. Galilei, der in seinem Bestrafungsprozess zu Hause eine
wissenschaftliche Arbeit schriebt, gibt die Arbeit zu Andrea, damit er sie publizieren
kann. Galilei erzählt Andrea, dass er für seine Forschungen kurzsfristig seine
Überzeugungen verleugnen musste. Wenn die Kirche ihn umbrächte, könnte er keine
neue Forschungen betreiben. In diesem Zusammenhang können wir nicht sagen, dass
Galilei sich vor dem Tod fürchtet. Er will nur seine Forchungen erweitern und
verbessern.
140
ANHANG 7: Der gute Mensch von Sezuan
67
Der gute Mensch von Sezuan ist eins der wichtige Werke von Brecht, das er im
Jahre 1938-1941 im Exil schrieb. Im Theaterstück sehen wir drei Götter, die auf die
Welt kommen, um zu kontrollieren, ob es jemanden gibt, der gut ist und nach ihren
Befehlungen lebt. Wang, der Wasserverkäufer ist, begrüßt die Götter, um in der Stadt
für sie einen Platz, in dem sie übernachten können, zu finden. Wang, der denkt, dass das
Kommen der Götter für Sezuan sehr gut ist, kann leider keinen ‘guten Mensch’ finden
außer Shen Te, die eine Prostituierte ist. Die drei Götter, die einen Platz finden, denken,
dass Shen Te ein guter Mensch ist. Am nächsten Tag bezahlen sie Shen Te 1000
Silberdollar für ihre Hilfe und bringen sie bei, dass sie tugendhaft leben sollte. Mit
diesem Geld eröffnet Shen Te für sich einen Tabakladen. Sie möchte für sich ein neues
Leben, in dem sie sich nicht mehr prostituert. Da die Götter ihr sagten, dass sie ein guter
Mensch sein sollte, hilft Shen Te allen Menschen.
67
Vgl. http://www.istdt.gov.tr/turkce/oyunlar/sezuan.asp
141
68
Bspw. sie kann gerne der achtköpfigen Familie, die bei Shen Te wohnt, helfen
oder die Hausbesitzerin Mi Tzü, die lernt, dass Shen Te in der Vergangenheit eine
Prostituerte war, möchte für die Miete mehr Geld. Shen Te sagt ihr, dass der Laden
ihrem Vetter gehört. Hier sehen wir Shen Te als Vetter, der Shui Ta heisst. Shui Ta ist
ein harter Mann, der in schweren Situationen Shen Te rettet. Er sagt den Gästen, dass
sie den Laden sofort verlassen sollten und ruft die Polizisten, die draußen sind.
69
68
69
Vgl. Ebd.
Vgl. Ebd.
142
70
Shen Te sollte für sich selbst und den Laden einen Mann heiraten. Sie trifft sich
im Park mit dem Mann, den sie heiraten wird. Aber auf dem Weg im Stadtpark sieht sie
einen Mann, der sich aufhängen will. Shen Te möchte dem Mann helfen, sie rettet ihn
und dann verliebt sie sich in den Mann, der arbeitslos ist und Yang Sun heißt. Mit der
Zeit beginnt eine Beziehung zwischen Shen Te und Yang Su. Yang Su, der arbeitslos
ist, möchte Flieger werden, deswegen kommt seine Mutter zum Laden und sagt Shen
Te, dass Yang Sun 500 Silberdollar braucht. Shen Te bezahlt der Mutter von Yang Sun
200 Silberdollar, die sie von einer Nachbarin für ihre Miete bekommen hat. Shen Te
lädt ein mal Yang Sun zum Laden ein, mit ihm zu sprechen. Aber sie ist nicht da, Yang
Su muss mit ihrem Vetter sprechen. Von dem Gespäch erlernt Shui Ta, dass Yang Sun
allein mit dem Geld nach Pekin gehen möchte. Shui Ta möchte Shen Te mit Shu Fu
verheiraten, aber Shen te flieht mit ihrem Geliebt Yang Su. Yang Su denkt, dass er das
Geld von Shen Te kriegen kann, wenn er sie heiratet. Bei der Hochzeit wartet Yang Su
im Restaurant auf Shui Ta aber er kommt nicht, weil er weißt, dass Yang Su eigentlich
auf das restliche 300 Silberdollar wartet. Shen Te, die traurig ist, möchte vom Laden
umziehen. In diesem Moment dreht ihr sich im Kopf. Sie bemerkt, dass sie schwanger
ist. Nach einem kurzen Glück, sieht sie ein Kind, das von Müllen etwas finden möchte.
Shen Te möchte auf diese schlechte Welt kein Kind bringen.
70
Vgl. Ebd.
143
Während Shen Te all dies erlebt, träumt Wang, der Wasserverkäufer ist, von
Göttern. Er spricht in seinen Träumen immer mit Göttern und möchte von ihnen, dass
sie manche Regeln in der Welt verändern.
71
Shen Te, die schwanger ist, lebt als Shui Ta. Wang, der Shen Te seit langem
nicht sieht, fragt im Laden Shui Ta, wo die schwangere Shen Te sei. Yang Sun, der
auch im Laden ist und erfährt, dass Shen Te schwanger ist, denkt, dass Shui Ta sie
hinten im Laden behaltet. Yang Sun kommt mit Polizisten. Shui Ta, der von Polizisten
festgenommen wird, denkt, dass er alles vor Gericht erzählen muss. Die drei Götter
sehen wir am Ende des Theaterstück als Richter, die Shen Te erlauben, dass sie ein mal
im Monat Shui Ta werden darf.
71
Vgl. Ebd.
144
ANHANG 8: Das chinesische Schauspiel Hui Lan Ji (Die Geschichte
vom Kreidekreis)
‘Das chinesische Schauspiel Hui Lan Ji (Die Geschichte vom Kreidekreis)
wurde von Li Xingdao, einem chinesischen Dramatiker im 13. Jahrhundert
während der Yuan-Dynastie, geschrieben. Laut Lu Gui Bu, einem
annotierten Nachschalgwerk der Yuan-Dramen und ihrer Autoren, war Hui
Lan Ji eines der mehr als 600 Schauspiele, die in der Yuan-Ziet geschieben
und aufgeführt wurden. Diese Zeit wird daher als das goldene Zeitalter des
traditionellen chinesischen Dramas betrachtet.
Master Ma, ein reicher Mann, hat keinen Sohn von seiner Frau, Frau Ma. Er
verliebt sich in Haitang, eine reformierte Prostituierte, bittet sie um die
Hand und heiratet sie als seine zweite Frau. Aus ihrer glücklichen Heirat
ergibt sich ein Sohn. Das macht die neidische erste Frau unglücklich, und
sie bereitet sich vor, ihren Mann mit Hilfe ihres Liebhabers zu ermorden.
Haitangs Bruder kommt ihr zu Besuch. Die erste Frau redet Haitang ein,
ihre Kleider an den Bruder zu geben. Als Herr Ma nach Hause kommt,
hetzt Frau Ma Ihren Mann gegen Haitang, indem sie ihm erzählt, daß
Haitang ihrem Bruder Dinge ohne Erlaubnis von Herrn Ma gegeben hat.
Herr Ma wird empört und leidet unter einem Herzinfarkt. Frau Ma nutzt
diese Gelegenheit aus, um ihren Mann zu vergiften. Sobald Herr Mann
gestorben ist, bezichtigt Frau Ma Haitang des Mordes. Der Richter ist ein
korrupter und unkompetenter Beamter und ist in seiner Rechtssprechung
völlig von seinem untergeordneten Beamten, der zufälligerweise der
Liebhaber der Fran Ma ist, abhängig.
Haitang wird sofort für schuldig erklärt und zum Tod verurteilt. Frau Ma
und ihr Liebhaber veranlassen, Haitang auf dem Web ihres Transports nach
Kaifeng, der damaligen Hauptstadt, zu töten. Haitang entkommt dem Mord
durch einen Zufall: Haitang trifft mit ihrem Bruder zusammen, der
inzwischen Begleiter des berühmten kaiserlichen Richters, legendären Bao
Zeng geworden ist. Dieser Richter hält ein anderes Gericht und er
durchschaut die tatsächlichen Mörder und ordnet den Kreidekreisprozeß an:
Das Kind wird in den Kreidekreis gestellt und beide sollen das Kind aus
dem Kreidekreis herausziehen. "Wer das Kind aus dem Kreis bekommt,
145
erhält das Kind", befiehlt er. Frau Ma, darauf gespannt, das Kind zu
gewinnen, um ihren Eigentum zu gewährleisten, sieht es als eine gute
Gelegenheit, diesen Fall zu gewinnen. Haitang erschreckt aber zu Tode, als
sie dazu gezwungen wird. Sie verweigert es entschieden, das Kind zu sich
zu ziehen. Nun ist der Richter ganz sicher über seine Weisheit. Er macht das
Urteil rückgängig und erklärt Haitang für die Gewinnerin des Falls und
spricht ihr das ganze Eigentum zu’ (Zit. nach:http://yang.case.edu/germandrama/huilanji.html).
146
LEBENSLAUF
PERSÖNLICHE DATEN
Vorname/Nachname
: Bahar KAHYA
Geburtsdatum
: 15.03.1982
Geburtsort
: Adana
E-Mail Adresse
: [email protected]
AUSBILDUNG
2011-2012
: Studium an der Universität Flensburg (3 Semester)
2009-2013
: Master an der Çukurova Universität, Institut für Sozialwissenschaften
2001-2007
: Deutsch Lehramt an der Çukurova Üniversität
2001-1998
: Şehit Temel Cingöz Gymnasium
1998-1994
: Özel Yeni Lise Privatschule