schweben wir bald in
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schweben wir bald in
16_ SCHWEBEN WIR BALD IN GREENPEACE MAGAZIN 1.14 32 Foto: Michael Najjar U NENDLICHEN WEITEN? Michael Najjar beim Kosmonautentraining unter Wasser: „liquid gravitiy“ (2013) 33 Die weltgrößte Zentrifuge in Russland: „gravitational rotator“ (2013), die ISS umgeben von simuliertem Weltraumschrott: „orbital debris_2020“, Welt raumbahnhof in New Mexico: „spaceport“ (2012) immer weiter will? Er klettert auf Wolkenkratzer, sogar auf die größten der Welt. Er erklimmt den höchsten Berg der Südhalbkugel, 6962 Meter hoch. Und dann, wenn er auf dem Gipfel steht, fragt er sich, wie er da oben hinkommt, in den Himmel, über den Himmel. Mit einem Raumschiff. Und das macht Michael Najjar dann auch. Wie in Zeitlupe schwebt der Astronaut nach unten, sein Atem schwer wie der von Darth Vader. Träge bewegt er seine Arme, als wollte er zeigen: Guck mal, das geht auch mit diesem monströsen Anzug. Mit einem dumpfen Gluckern stößt er auf den Grund, durch das Bullauge hinter ihm lugt die Erde. Der Astronaut, das ist Najjar, und die Erde ist nur da, weil er es so will. Es ist ein Video von seinem Kosmonautentraining im russischen Juri-Gagarin-Trainingszentrum in der „Sternenstadt“, in einem zwölf Meter tiefen Wassertank. Die Weltkugel hat er hineinretuschiert. Er träumt schon vom echten Kosmos. Bald wird er nicht mehr manipulieren müssen. Berlin-Schöneberg, ein ungewöhnlich milder Tag im Oktober. Die Sonne scheint durch die geöffnete Balkontür seines Altbau-Ateliers. Michael Najjar konferiert per Skype über eine Videoarbeit, in der er all den Weltraumschrott auf den Erdumlaufbahnen visualisieren möchte. Denn von fast jeder Mission bleibt Müll zurück. „Apollo 8 war 1968“, sagt er zu seinem Gegenüber am Bildschirm. Der erste bemannte Flug zum Mond. „Er lieferte uns zum ersten Mal ein Bild von der Erde als Kugel“, erklärt er später. Der Weltraum bestimmt all sein Tun, seit er im Sommer vor zwei Jahren den Start des letzten Space Shuttles, der Atlantis, foto grafierte. Seitdem reist der 46-Jährige für seine Serie „outer space“ durch die Welt, um Teleskope, Weltraumbahnhöfe, Versuchs anlagen und immer wieder sich selbst beim Wo geht jemand hin, der immer höher, 34 GREENPEACE MAGAZIN 1.14 Fotos: Michael Najjar Technischer Fortschritt verändert uns und macht Visionen möglich, die bis dahin in Science-FictionFilme gehörten. Michael Najjar setzt das in Kunst um. Seine Werke ent führen in eine Zukunft, die realistischer ist, als man zu glauben wagt Der letzte Start des Space Shuttles Atlantis: „final mission“ (2012), der Fotograf beim Stratosphärenflug: „gravitational stress at the edge of space“ (2013) VON SVENJA BELLER Training zu fotografieren. Denn seine Arbeit wird Anfang 2015 in eine Reise ins All münden, er wird der erste Künstler im Weltraum sein. Den Preis von gut 180.000 Euro zahlen ihm drei Sammler seiner Werke. Das Vorhaben wird überhaupt erst möglich durch die Privatisierung der Raumfahrt. Die Nationalstaaten kürzen ihre Budgets – die Nasa, einst der Stolz der amerikanischen Weltmacht, verfügt seit dem Aus der At lantis über kein eigenes Transportmittel in den Kosmos mehr. Die Reichsten der Reichen übernehmen nun und gründen ihre eigenen Raumfahrtunternehmen, darunter Microsoft-Mitgründer Paul Allen mit „Stra tolaunch Systems“, Amazon-Gründer Jeff Bezos mit „Blue Origin“ und der Gründer des Virgin-Musikkonzerns Richard Branson mit „Virgin Galactic“, in dessen Raumgleiter „SpaceShipTwo“ Michael Najjar als einer von 400 „Pionier-Astronauten“ mitfliegen wird. Der Milliardär Branson besitzt bereits eine Insel und eine Fluggesellschaft, nun hat er das All als Geschäftsfeld entdeckt. Höher, schneller, weiter. „Die Weltraumtechnologie verändert sich momentan sehr stark“, sagt Michael Najjar. Bisher war die Raumfahrt ein ökolo gischer Wahnsinn, „so als würde man von Berlin nach Hamburg mit dem Auto 35 dokumentierte Michael Najjars Gravitationstest im Deutschen Zentrum für Luft- und Raum fahrt in Köln sowie die Unter suchungen, Unterwasserübungen und den Überschallflug im Juri-Gagarin-Trainingszentrum in der russischen „Sternenstadt“ nordöstlich von Moskau 36 fahren und es dann wegschmeißen“. Die Zukunft bestehe aus Karbonfliegern mit Hybridmotoren, betrieben mit Lachgas und recyceltem Latex. „Dadurch verändert sich unser zukünftiges Leben. Es wird SpaceHotels geben, wir werden mit Raumgleitern noch schneller von A nach B kommen. Für meinen kleinen Sohn wird es ganz normal sein zu sagen: ,Papa, ich bin am Wochenen de mal im Orbit‘.“ Das Leben auf dem Mond, Fotos: Michael Najjar Der Fotograf Thomas Rusch GREENPEACE MAGAZIN 1.14 „PAPA, ICH BIN AM WOCHENENDE MAL IM ORBIT.“ auf dem Mars, auf anderen Himmelskörpern, es wird menschlich sein, davon ist Najjar überzeugt. Er glaubt an den Fortschritt, an die Grenzenlosigkeit des Menschen. Satelliten gesteuerte Landwirtschaft, Bergbau auf dem Mond, Mondbasen aus 3-D-Druckern, Leben unter Kuppeln mit von der Erde mitgebrachten Pflanzen, gentechnisch für den Weltraum optimierte menschliche Körper: „Die meisten Leute halten das für ScienceFiction und sehr weit weg“, weiß Najjar, der sich hin und wieder vorwerfen lassen muss, ein Träumer zu sein. Er aber glaubt daran. Und er ist nicht allein: Die Idee, aus Mondstaub Unterkünfte auf dem Mond zu drucken, stammt von der Europäischen Raumfahrtagent ur (ESA) und dem Star architekten Sir Norman Foster. Der entwarf auch den Weltraumbahnhof in New Mexico, von dem Michael Najjar bald abheben wird und den er in seinem Werk „spaceport“ unter bed rohlich schwarzem Himmel inszenierte. In der Mitte wacht übergroß der Mond. Das Universum zum Greifen nah. Die technischen Ideen in Kunst zu transformieren, darin sieht Najjar seine Aufgabe. Das den Technikern begreiflich zu machen, ist nicht immer einfach. Zum Beispiel den Russen. Stur hatten sie sich gegen sein Video vom Kosmonautentraining gesperrt, der mit ihm befreundete Fotograf Thomas Rusch sollte es aufnehmen. Da halfen nur zähe Überzeugungsarbeit und Verhand lungsgeschick. Bei einem Stratosphärenflug trieb er mit dem Wunsch nach einer Dreifachrotation den Piloten an die Grenzen – und auch sich selbst. Bei dem Manöver wirkte auf ihn die siebenfache Gravitationskraft, der Pilot hatte Angst, Najjar würde dabei ohnmächtig werden. „Ich hatte aber nur einen Greyout“, erzählt er. „Dabei verliert man vorübergehend das Farbsehen.“ Gerade hat er einen Parabelflug hinter sich, bei dem mit einem speziellen Flugmanöver zehnmal gut zwanzig Sekunden Schwerelosigkeit simuliert wurden. Er zeigt ein Video auf seinem Handy: Da liegt er am Boden im Bauch des Flugzeugs, es dröhnt und wackelt. Und plötzlich hebt er ab, breitet die Arme zum Flug aus. Ein Assistent packt ihn an den Beinen und dreht ihn im Kreis, wie ein Glücksrad. „Für mich als Künstler ist es wichtig, mich physisch zu involvieren“, sagt er. Nur bei einem Vorhaben wird ihm das nicht gelingen: einer Ausstellung auf dem Mond. Es ist ein Traum: die Vision da ausstellen, wo sie vielleicht Wirklichkeit wird. Die Zukunft in die Gegenwart holen. Aber natürlich darf er nicht einfach so auf den Mond, ferngesteuerte Rover müssten die Bilder installieren. In Michael Najjars Welt ist das nicht abgehoben, in seiner Welt ist so was möglich. Will we soon be floating in endless space? Svenja Beller in: Greepeace Magazine, #1.14, Hamburg, Germany, 2013 Technical progress is changing us and making reality of visions that used to belong in the celluloid realm of science fiction. Such is the stuff of Michael Najjar’s art. His works whisk us into a future that’s more realistic than we’d ever dare think. What does a man do who wants to go ever higher, ever further? He scales high buildings, skyscrapers, even the world’s biggest. He climbs the tallest mountain in the southern hemisphere, 6962 meters high. And then when he’s standing on the summit, he asks himself how he can get even higher, up into the sky, up and beyond. With a space ship of course! So Michael Najjar goes and does it. The astronaut floats down in his slow motion descent, breathing heavily like Darth Vader. He waves his arms languidly as though trying to say, look, I can still move even though wrapped in this monster-sized suit! With a muffled gurgle he hits the ground, through the porthole behind him a fake earth rises. The astronaut is none other than Michael Najjar and the earth is only there because he wants it to be. This is a video of one of his cosmonaut training sessions at the Yuri Gagarin Cosmonaut Training Center in Star City, Russia, where he’s immersed in a tank of water twelve meters deep. The earth’s globe had been digitally retouched. He’s already dreaming of real space travel, real zero gravity. Soon he won’t need to manipulate. Fast forward wind to an exceptionally mild October day in the Berlin district of Schöneberg. The sun shines in through the open balcony door of the turn of last century apartment where he now has his studio. Michael Najjar is in a Skype conference about a video work which visualizes all the space junk orbiting the earth. “Apollo 8 was in 1968, “he says to the man on the screen. The first manned flight to the moon. “That gave us our very first view of the earth as a globe,” he explains later. Space has been at the heart of everything he does ever since he photographed the launch of the last space shuttle Atlantis in summer two years ago. That marked the start of his “outer space“ series for which ever since the 46 year old artist has been travelling the world photographing telescopes, space ports, experimental facilities and himself in his numerous preparatory space training sessions. Because the culminating point of all this work will be his own trip in space in early 2015 when he’ll be the first artist ever to venture into the great beyond. His ticket which costs a cool €180,000 has been paid for by three of his collectors. It’s privatization of space travel that has made this project possible. Governments are cutting back on their budgets, and NASA, once the very symbol of America’s ascendancy as a super power, no longer has its own space shuttles since the Atlantis program was terminated. The field is now open to the richest of the rich who have stepped in and set up their own space ventures – people like Microsoft co-founder Paul Allen with his “Stratolaunch Systems”, Amazon founder Jeff Bezos with his “Blue Origin” and founder of the Virgin Music Group Richard Branson with his “Virgin Galactic“in whose “SpaceShipTwo“ Michael Najjar will fly along with 400 fellow pioneer astronauts. Billionaire Branson already owns his own island and his own airline company and has now discovered space as a novel business opportunity. Higher, faster, further. “Space technology is now evolving at an exponential rate,” says Michael Najjar. Space travel used to be an ecological disaster “as though you travelled from Berlin to Hamburg in a car then trashed it on arrival.” His picture of the future is built of carbon and hybrid motors and driven by laughing gas and recycled latex. “This means changes in our future way of life. There will be hotels in space, and orbital gliders will shrink the distance from A to B. It will be perfectly normal for my small son to say things like, dad, next weekend I’ll be in orbit.” Michael Najjar is convinced that life on the moon and on Mars and other heavenly bodies will be possible for humans. He believes in progress, in humankind’s indomitable pioneering spirit. Satellite-controlled agriculture, mining on the moon, moon bases made by 3D printers, life under domes with plants brought from earth, human bodies genetically modified for life in space – Najjar knows only too well that “Most people think all this is just science fiction and light years away” and is sometimes accused of being nothing but a dreamer. But he holds firm to his convictions. And he’s not alone. The idea of using moon dust to print housing on the moon comes from the European Space Agency and star architect Sir Norman Foster. It was Forster who designed the Space Port in New Mexico from which Michael Najjar will soon lift off and which he portrays in his “spaceport“ work under an ominous black sky in the middle of which stands the sentinel of an over-dimensional moon. The universe within touching distance. Najjar sees his work as transforming technical ideas into art. But explaining this to technicians isn’t always easy. Take the Russians, for instance, who really put their foot down about a video of his cosmonaut training. His friend the photographer Thomas Rusch was to film him, but the two of them had to use all their (considerable) powers of persuasion before permission was finally – and grudgingly – granted. And his triple rotation on a flight through the stratosphere drove not only himself but the pilot too to the outer limit of endurance. Such a maneuver put him under sevenfold g force and the pilot was terrified he would pass out. “But I didn’t black out – all I had was a “grey out”, a temporary loss of your sense of color“ he explains. He’s just been on a parabolic flight, a special flight maneuver which gave him ten doses of a good twenty seconds of simulated weightlessness. And he holds up the video on his cell phone. He’s lying there on the floor in the belly of the shaking rattling plane. Suddenly he rises and spreads his arms for flight. An assistant grabs his legs and spins him round like a game show wheel. “As an artist it’s important for me to be physically involved in what I do” he says. There’s only one project where he won’t be able to realize this: the project of an exhibition on the moon. What a dream: to exhibit the vision in the very place where it could become reality. To bring the future to the present. But of course he can’t fly to the moon just like that and it’s remote-controlled rovers that will set up the pictures. In Michael Najjar’s world this is no far-fetched abstract game, in his world it’s a very distinct possibility.